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Ausgabe November 2010 - Januar 2011 - Website Pfarramt Kirchvers

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4<br />

Die Strophen 3 und 5:<br />

3. Die Nacht ist schon im Schwinden,<br />

macht euch zum Stalle auf!<br />

Ihr sollt das Heil dort finden,<br />

das aller Zeiten Lauf<br />

von Anfang an verkündet,<br />

seit eure Schuld geschah.<br />

Nun hat sich euch verbündet,<br />

den Gott selbst ausersah.<br />

5. Gott will im Dunkel wohnen<br />

und hat es doch erhellt!<br />

Als wollte er belohnen,<br />

so richtet er die Welt!<br />

Der sich den Erdkreis baute,<br />

der lässt den Sünder nicht.<br />

Wer hier dem Sohn vertraute,<br />

kommt dort aus dem Gericht.<br />

Jochen Klepper, der niederschlesische<br />

Pfarrersohn, Theologe und<br />

Dichter, schreibt dieses Lied 1938.<br />

Im selben Jahr noch lässt sich seine<br />

jüdische Ehefrau, Hanni Stein heißt<br />

sie, taufen. Nicht zuletzt deshalb,<br />

weil beide hoffen, so der Verfolgung<br />

durch die Nationalsozialisten<br />

entkommen zu können. Doch die<br />

Taufe bot keinen Schutz, weder vor<br />

dem tödlichen Zugriff des Staates,<br />

noch vor dem gleichermaßen tödlichen<br />

Verrat der Kirche.<br />

Als Jochen Klepper aus der Zeitung<br />

Die Nacht ist vorgedrungen<br />

vom Ausschluss aller Judenchristen<br />

und Judenchristinnen aus der evangelischen<br />

Landeskirche Thüringens<br />

liest – es ist der 28. Februar 1939 –<br />

da notiert er tief bestürzt in sein<br />

Tagebuch:<br />

„Das habe ich nicht für möglich<br />

gehalten. Ich sehe darin das Ungeheuerlichste<br />

nämlich, dass die Kirche<br />

das Sakrament der Taufe entheiligt<br />

und dem Rassenwahn erliegt:<br />

Jud bleibt Jud, da ändert auch<br />

die Taufe nichts.“<br />

(Tagebuch „Unter dem Schatten<br />

deiner Flügel“, S. 730)<br />

Hanni Stein hat zwei Töchter mit in<br />

die Ehe mit Jochen Klepper gebracht.<br />

Die ältere Tochter kann<br />

nach England gerettet werden, und<br />

auch für die jüngere Tochter Renate,<br />

zärtlich Renerle genannt,<br />

scheint sich eine Rettungsmöglichkeit<br />

nach Schweden zu eröffnen.<br />

Dann kommt die niederschmetternde<br />

Nachricht, nur die Töchter dürfen<br />

emigrieren, nicht aber die Eltern.<br />

Das Nazi-Regime bedroht Jochen<br />

Klepper mit Zwangsscheidung von<br />

seiner jüdischen Ehefrau. Danach<br />

würde die Deportation unmittelbar<br />

erfolgen und Jochen Klepper weiß,<br />

dass er seiner Frau nicht beistehen

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