22.05.2014 Aufrufe

Josef Bordat (Berlin) - Philosophia online

Josef Bordat (Berlin) - Philosophia online

Josef Bordat (Berlin) - Philosophia online

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Terror und Katastrophen – zu verzweifeln drohen, als Trost dienen, nicht mehr und nicht<br />

weniger, nicht weniger und nicht mehr.<br />

Auch das Martyrium Christi bleibt eine Antwort auf die Frage nach dem Ursprung des Bösen<br />

schuldig. Es zeigt aber die Möglichkeit der Überwindung des als unvermeidlich angesehenen<br />

Bösen, das entweder in augustinisch-leibnizscher Tradition als Mangel an Gutem verharmlost<br />

oder aber - nach Jonas - als Herausforderung für ein in Verantwortung tätiges Christentum<br />

verstanden wird.<br />

7. Die Technodizee<br />

Wenn Naturkatastrophen heute die Menschen erschüttern, wie dies beim Tsunami in<br />

Südostasien (2004) der Fall war, lauten die Fragen: Wer hat da was versäumt? Wo liegt der<br />

technische Mangel und wer hat ihn zu verantworten? Wie lassen sich Katastrophen wie diese<br />

durch den Einsatz von Technik vermeiden und wann sind technische Systeme gerechtfertigt,<br />

die selbst potentielles Übel für die Menschheit in sich tragen? Hans Poser hat dafür in<br />

Analogie zur Theodizee den Begriff „Technodizee“ geprägt.[16] Er spricht davon, dass wir<br />

heute nach Antworten für das malum technologicum suchen. Dieses malum technologicum<br />

besteht in der Möglichkeit der Einschränkung menschlicher Freiheit durch die Zerstörung der<br />

natürlichen Lebensgrundlagen oder die ständig virulente Gefahr von Katastrophen als<br />

Ergebnis der Technik. Häufig eben so oder so. Kohlekraft erzeugt zu viel CO 2 (Zerstörung der<br />

natürlichen Lebensgrundlagen), Atomkraft kann im Fall eines Unfalls katastrophale Zustände<br />

herbeiführen (ständig virulente Gefahr von Katastrophen).<br />

Zur Strukturanalogie von Theodizee und Technodizee. Die Argumentation bei Leibniz, ich<br />

habe das hier nur andeuten können, läuft über drei Ebenen: 1. die der Möglichkeit, also Gott<br />

wählt aus den Möglichkeiten die beste aus, 2. die der Individualität und der Verantwortung<br />

Gottes für die erschaffene Welt und 3. die der Wertung, d. h. es muss ja klar, was „gut“ und<br />

was „böse“ bedeutet. Und diese Ebenen, das ist nun Posers Argument, finden sich im<br />

Technikdiskurs auch wieder.<br />

In der Technodizee gehe es zunächst (erste Ebene) um den „Ermöglichungsgrund einer<br />

besseren Welt“[17]. Es gibt nun drei Varianten des Technikgeneseverständnisses, die jeweils<br />

einen anderen modalen Status haben. Zum einen kann der Ingenieur als derjenige angesehen<br />

werden, der an die Stelle des Schöpfergottes tritt, der aus einem Ideenreich die beste<br />

Möglichkeit für eine Maschine o. ä. identifiziert, auswählt und konstruiert, so wie Gott aus<br />

den möglichen Welten die beste identifiziert und erschaffen hat. Nun, das setzt eine<br />

platonische Denkweise voraus, dass es nämlich ein solches „Ideenreich“ gibt.[18] Zum

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!