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Was hat unser Wissen<br />

mit Raum und Zeit zu tun?<br />

Bezugnehmend auf diese Frage folgt eine<br />

Textstelle von Hans Rei<strong>ch</strong>enba<strong>ch</strong>, in wel<strong>ch</strong>er<br />

er s<strong>ch</strong>reibt: „Die Frage na<strong>ch</strong> dem Wesen<br />

von Raum und Zeit hat die S<strong>ch</strong>öpfer<br />

philosophis<strong>ch</strong>er Systeme immer wieder<br />

gefesselt. Plato beantwortete sie, indem<br />

er eine Welt der ‚höheren‘ Wirkli<strong>ch</strong>keit, die<br />

Welt der Ideen s<strong>ch</strong>uf, die Raum und Zeit<br />

unter ihren idealen Gegenständen mit umfasst<br />

und ihre Beziehung dem Mathematiker<br />

enthüllt, der zu dem notwendigen Akt<br />

einer S<strong>ch</strong>au fähig ist. Für Spinoza war der<br />

Raum ein Attribut Gottes. Kant hingegen<br />

leugnete die Realität von Raum und Zeit<br />

und hielt diese beiden Begriffssysteme für<br />

Ans<strong>ch</strong>auungsformen, d.h. für Konstruktionen<br />

des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Geistes, mit derer<br />

Hilfe der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Beoba<strong>ch</strong>ter seine<br />

Wahrnehmung verknüpft, um sie in einem<br />

geordneten System zu sammeln. Die Antwort,<br />

die wir auf diese Frage auf Grund der<br />

Einsteins<strong>ch</strong>en Theorie geben können, unters<strong>ch</strong>eidet<br />

si<strong>ch</strong> sehr stark von den Antworten<br />

der Philosophen. Die Relativitätstheorie<br />

zeigt, dass Raum und Zeit weder ideale Gegenstände<br />

no<strong>ch</strong> Ordnungsformen sind, die<br />

der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Geist benötigt. Sie stellen<br />

vielmehr ein Bezugssystem dar, das gewisse<br />

Züge physikalis<strong>ch</strong>er Gegenstände<br />

<strong>zum</strong> Ausdruck bringt und so der Bes<strong>ch</strong>reibung<br />

der physikalis<strong>ch</strong>en Welt dient. Wollen<br />

wir uns das mögli<strong>ch</strong>st klar ma<strong>ch</strong>en.<br />

Ganz gewiss sind Raum und Zeit wie alle<br />

Begriffe Erfindungen des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />

Geistes. Aber ni<strong>ch</strong>t alle sol<strong>ch</strong>e Erfindungen<br />

vermögen die physikalis<strong>ch</strong>e Welt zu bes<strong>ch</strong>reiben.<br />

Damit wollen wir sagen, dass<br />

die Begriffe auf bestimmte physikalis<strong>ch</strong>e<br />

Gegenstände Bezug nehmen und sie von<br />

anderen unters<strong>ch</strong>eiden. So ist z.B. der Begriff<br />

‚Kentaur‘ leer, während der Begriff ‚Bär‘<br />

auf gewisse physikalis<strong>ch</strong>e Gegenstände<br />

hinweist und sie von anderen unters<strong>ch</strong>eidet.<br />

(...) In diesem Sinne spri<strong>ch</strong>t die Relativitätstheorie<br />

von der Realität von Raum und<br />

Zeit. Diese Begriffssysteme bes<strong>ch</strong>reiben<br />

Beziehungen, die zwis<strong>ch</strong>en physikalis<strong>ch</strong>en<br />

Gegenständen, nämli<strong>ch</strong> festen Körpern,<br />

Li<strong>ch</strong>tstrahlen und Uhren, gelten. Überdies<br />

formulieren diese Beziehungen physikalis<strong>ch</strong>e<br />

Gesetze von grosser Allgemeinheit,<br />

die gewisse Grundzüge der physikalis<strong>ch</strong>en<br />

Welt bestimmen. Raum und Zeit sind ebenso<br />

wirkli<strong>ch</strong> wie etwa die Beziehung ‚Vater‘<br />

oder die Newtons<strong>ch</strong>en Anziehungskräfte.“<br />

(19)<br />

Hans Rei<strong>ch</strong>enba<strong>ch</strong> weist mit seinen Ausführungen<br />

darauf hin, dass si<strong>ch</strong> das mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />

Wissen stets auf Begriffe bezieht, so<br />

wie diejenige von „Raum“ und „Zeit“. Dabei<br />

ist keineswegs gänzli<strong>ch</strong> klar, was darunter<br />

wirkli<strong>ch</strong> zu verstehen ist – womit Raum und<br />

Zeit zu Bezugspunkten für ein Verständnis<br />

der Welt werden, die selbst über einen ausserordentli<strong>ch</strong>en<br />

Präzisierungsbedarf verfügen.<br />

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