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Philosophis<strong>ch</strong>es Themendossier<br />
Einstein und <strong>Philosophie</strong>?<br />
Albert Einstein ist für seine Arbeiten in der Physik weltberühmt. Nur wenige<br />
wissen jedo<strong>ch</strong>, dass Einstein selbst au<strong>ch</strong> philosophis<strong>ch</strong>e Arbeiten publiziert hat<br />
und seine Erkenntnisse weitrei<strong>ch</strong>ende Folgen für die <strong>Philosophie</strong> haben. Oder<br />
haben „Raum“ und „Zeit“ ni<strong>ch</strong>ts mit Wissen zu tun?
Inhaltsverzei<strong>ch</strong>nis<br />
• Einleitung................................................................................................................. 3<br />
• Einstein als Philosoph.............................................................................................. 4<br />
• Was hat Einstein in der <strong>Philosophie</strong> bewirkt?.......................................................... 6<br />
• Die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Erkenntnis der Welt ..................................................................... 8<br />
• Was hat unser Wissen mit Raum und Zeit zu tun?................................................ 10<br />
• Interview mit PD Tilman Sauer............................................................................... 12<br />
• <strong>Philosophie</strong> und Naturwissens<strong>ch</strong>aften................................................................... 14<br />
• Das Einstein-Podolsky-Rosen-Dilemma................................................................ 15<br />
• Weshalb war Albert Einstein ein Pazifist?.............................................................. 16<br />
• Glossar................................................................................................................... 18<br />
• Quellen................................................................................................................... 19<br />
Aufbau des Themendossiers<br />
Um dem Leser die Herkunft der Fragestellungen<br />
dieses Themendossiers aufzuzeigen,<br />
wird dieses auf Seite 4 mit dem Kapitel<br />
„Einstein als Philosoph“ eröffnet. Ans<strong>ch</strong>liessend<br />
zeigt der Text von PD Dr. Tilman Sauer<br />
auf, was Albert Einsteins Erkenntnisse in<br />
der <strong>Philosophie</strong> verursa<strong>ch</strong>t haben.<br />
Ab Seite 8 wird betra<strong>ch</strong>tet, was die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Erkenntnis der Welt ist und was diese<br />
mit Raum und Zeit zu tun hat.<br />
Im Interview mit PD Dr. Tilman Sauer, wel<strong>ch</strong>er<br />
als Wissens<strong>ch</strong>aftstheoretiker und Einsteinspezialist<br />
in Bern und Los Angeles<br />
arbeitet, erfährt der Leser ni<strong>ch</strong>t nur, was<br />
Einstein unter „Realität“ verstand, sondern<br />
au<strong>ch</strong>, wel<strong>ch</strong>e Rolle die Wissens<strong>ch</strong>aft in der<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft einnimmt. Der Zusammenhang<br />
zwis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> und Naturwissens<strong>ch</strong>aft<br />
wird ebenso wie das berühmte<br />
Einstein-Podolsky-Rosen Gedankenexperiment<br />
(EPR) auf Seite 14 und 15 gezeigt.<br />
Den Abs<strong>ch</strong>luss des Dossiers bildet Albert<br />
Einsteins Gedankengut <strong>zum</strong> Frieden und<br />
zur Abrüstung.<br />
Der Verein <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong><br />
Der Verein <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong> erstellt die Themendossiers<br />
unter dem Aspekt der Wissens<strong>ch</strong>aftskommunikation.<br />
Mehr Informationen<br />
zu <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong> finden Sie auf<br />
www.philosophie.<strong>ch</strong>/about.<br />
Es wird darauf Wert gelegt, die Herzstücke<br />
der philosophis<strong>ch</strong>en Debatten zu umreissen.<br />
Dabei werden z.T. einige Argumentationss<strong>ch</strong>ritte<br />
der einzelnen Theorien ausgelassen;<br />
der Lesers<strong>ch</strong>aft stehen jedo<strong>ch</strong><br />
mittels dem Quellenverzei<strong>ch</strong>nis und den Literaturtipps<br />
(online) beste Mögli<strong>ch</strong>keiten zur<br />
Verfügung, eigene Fragen zu den Theorien<br />
selbstständig weiterzuverfolgen.<br />
Das Themendossier steht online als PDF-<br />
<strong>Download</strong> auf www.philosophie.<strong>ch</strong>/themendossiers<br />
zur Verfügung.<br />
Die Reihe der philosophis<strong>ch</strong>en Themendossiers<br />
wird dur<strong>ch</strong> die freundli<strong>ch</strong>e Unterstützung<br />
der Dr. Charles Hummel Stiftung<br />
ermögli<strong>ch</strong>t.<br />
2
Einleitung<br />
„Raumzeit“, „Quantenme<strong>ch</strong>anik“, „Relativitätstheorie“: Was hat das mit <strong>Philosophie</strong> zu<br />
tun? Ist Albert Einstein einer der grössten Philosophen im 19. Jahrhundert? Das Dossier<br />
zeigt, dass Albert Einstein ni<strong>ch</strong>t nur ein ausgespro<strong>ch</strong>enes Interesse für philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Fragestellungen hatte und au<strong>ch</strong> sein politis<strong>ch</strong>-ethis<strong>ch</strong>es Gedankengut verteidigte, sondern<br />
seine Erkenntnisse weitrei<strong>ch</strong>ende Konsequenzen für die <strong>Philosophie</strong> haben.<br />
Albert Einstein war eine Berühmtheit, ein<br />
Physiker, ein Pazifist, aber au<strong>ch</strong> ein Philosoph.<br />
Letzteres mag nur wenigen Personen<br />
bekannt sein, do<strong>ch</strong> Albert Einstein hat mit<br />
seinen Gedanken hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> der Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie<br />
und der Erkenntnistheorie<br />
gewaltige philosophis<strong>ch</strong>e Forts<strong>ch</strong>ritte ermögli<strong>ch</strong>t.<br />
Einerseits konnten dur<strong>ch</strong> ihn die äusserst<br />
grundlegenden Begriffe von „Raum“ und<br />
„Zeit“ – wel<strong>ch</strong>e bis anhin auf Erfahrung abgestützt<br />
wurden – besser, ja sogar komplett<br />
neu verstanden werden. Andererseits ist es<br />
aber ebenfalls Albert Einsteins Verdienst,<br />
dass die philosophis<strong>ch</strong>e Herangehensweise<br />
für die Naturwissens<strong>ch</strong>aften, und somit die<br />
Analyse von wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Methoden<br />
und Begriffen, stärkeres Gewi<strong>ch</strong>t gewann.<br />
Wie auf den folgenden Seiten des Themendossiers<br />
gezeigt wird, ist es für Einstein<br />
ganz und gar wesentli<strong>ch</strong>, dass si<strong>ch</strong> ein Fors<strong>ch</strong>er<br />
mit den eigenen Fors<strong>ch</strong>ungsergebnissen<br />
tiefer bes<strong>ch</strong>äftigt und versu<strong>ch</strong>t, diese zu<br />
verstehen. Die Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> Wahrheit ist nur<br />
dann mögli<strong>ch</strong>, wenn si<strong>ch</strong> die Fors<strong>ch</strong>enden<br />
ebenfalls mit den Begriffen und Methoden<br />
auseinandersetzen, wel<strong>ch</strong>e sie alltägli<strong>ch</strong><br />
und no<strong>ch</strong> so selbstverständli<strong>ch</strong> verwenden.<br />
Ab Seite 8 wird die Frage na<strong>ch</strong> dem<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Wissen an si<strong>ch</strong> gestellt: Was<br />
ist Wissen und wo ist die Abgrenzung zu<br />
blossem Glauben oder Meinen? Sol<strong>ch</strong>e erkenntnistheoretis<strong>ch</strong>en<br />
Fragestellungen sind<br />
keineswegs eine Erfindung des 20. Jahr-<br />
hunderts, sondern gehen ganz im Gegenteil<br />
sogar bis auf die Antike zurück. Wel<strong>ch</strong>e Rolle<br />
beim mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Verständnis der Welt<br />
die Grössen „Raum“ und „Zeit“ spielen, und<br />
inwiefern die Relativitätstheorie hierbei eine<br />
Revolution ausgelöst hat, erfährt die Lesers<strong>ch</strong>aft<br />
ab Seite 10 des Dossiers.<br />
Der Einsteinfors<strong>ch</strong>er, PD Dr. Tilman Sauer,<br />
beantwortete im Interview auf Seite 12<br />
au<strong>ch</strong>, weshalb es äusserst spannend und<br />
lohnenswert ist, si<strong>ch</strong> mit dem Gedankengut<br />
von Albert Einstein auseinanderzusetzen.<br />
Zum Ende des Dossiers wird ni<strong>ch</strong>t nur das<br />
Verhältnis von <strong>Philosophie</strong> und Naturwissens<strong>ch</strong>aft<br />
im Allgemeinen beleu<strong>ch</strong>tet (Seite<br />
14), sondern au<strong>ch</strong>, wel<strong>ch</strong>e Konsequezen<br />
das berühmte Gedankenexperiment von<br />
Einstein, Podolsky und Rosen für die Quantenphysik<br />
hat (Seite 15).<br />
Da Albert Einstein aber ni<strong>ch</strong>t nur ein genialer<br />
Denker war, sondern si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> politis<strong>ch</strong><br />
in der Friedensbewegung stark engagierte,<br />
bildet das Kapitel „Weshalb war Einstein ein<br />
Pazifist?“ ab Seite 16 den Abs<strong>ch</strong>luss des<br />
philosophis<strong>ch</strong>en Themendossiers. Es wird<br />
gezeigt, dass Albert Einstein au<strong>ch</strong> hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />
seiner moralis<strong>ch</strong>en Überlegungen keineswegs<br />
unbea<strong>ch</strong>tet bleiben sollte.<br />
Online auf www.philosophie.<strong>ch</strong>/td13 finden<br />
Sie Literaturtipps und weiterführende Internetlinks.<br />
3
War Einstein ein Philosoph?<br />
Einstein hatte von Anfang an eine Affinität<br />
zur <strong>Philosophie</strong>. Sein Interesse wurde zudem<br />
dur<strong>ch</strong> sein Physikstudium genährt, da<br />
es zu jener Zeit übli<strong>ch</strong> war, dass die Physikstudierenden<br />
dazu ermuntert wurden, über<br />
die theoretis<strong>ch</strong>en Grundlagen ihrer Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
na<strong>ch</strong>zudenken. So beispielsweise in<br />
dem Kurs „Theorie wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Denkens“.<br />
(1) Die Idee, die Bedeutung wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er<br />
Begriffe zu hinterfragen, anstatt<br />
sie traditionsgemäss zu verwenden, bildet<br />
einen zentralen Teil von Einsteins wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>em<br />
Vorgehen. Dank dem, dass er<br />
ni<strong>ch</strong>t davor zurücks<strong>ch</strong>reckte, die Grundbegriffe<br />
der Physik neu zu definieren, konnte<br />
er Theorien aufstellen, die die Physik revolutionierten.<br />
(2) Obs<strong>ch</strong>on si<strong>ch</strong> sein philosophis<strong>ch</strong>es<br />
Gedankengut in vers<strong>ch</strong>iedensten<br />
S<strong>ch</strong>riften wiederfindet, verfasste er au<strong>ch</strong> diverse<br />
Aufsätze, wie „Motive des Fors<strong>ch</strong>ens“,<br />
„On the Method of Theoretical Physics“,<br />
„Time, Space, and Gravitation“, „Physik und<br />
Realität“, „Über den Frieden“ sowie „Warum<br />
Krieg?“, die si<strong>ch</strong> gezielt philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Themen zuwenden. (3) Er verfasste zudem<br />
Texte, die seine physikalis<strong>ch</strong>e Theorie allgemein<br />
verständli<strong>ch</strong> darstellen sollten. (4)<br />
In einem Brief an Robert Thorton s<strong>ch</strong>rieb<br />
er 1944 bezügli<strong>ch</strong> der Wi<strong>ch</strong>tigkeit der philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Herangehensweise folgende<br />
Zeilen: “I fully agree with you about the significance<br />
and educational value of methodology<br />
as well as history and philosophy of<br />
science. So many people today – and even<br />
professional scientists – seem to me like<br />
somebody who has seen thousands of trees<br />
but has never seen a forest. A knowledge<br />
of the historic and philosophical background<br />
gives that kind of independence from prejudices<br />
of his generation from whi<strong>ch</strong> most<br />
scientists are suffering. This independence<br />
created by philosophical insight is – in my<br />
opinion – the mark of distinction between a<br />
mere artisan or specialist and a real seeker<br />
after truth.“ (5)<br />
Einstein betonte also, dass Fors<strong>ch</strong>ungsergebnisse<br />
reflektiert verstanden werden<br />
müssen, um sie wirkli<strong>ch</strong> zu verstehen und<br />
na<strong>ch</strong> der Wahrheit zu su<strong>ch</strong>en. Die Su<strong>ch</strong>e<br />
na<strong>ch</strong> Wahrheit ist ni<strong>ch</strong>t nur das Ziel der so<br />
verstandenen Fors<strong>ch</strong>ung, sondern au<strong>ch</strong> der<br />
<strong>Philosophie</strong>, die si<strong>ch</strong> damit s<strong>ch</strong>on solange,<br />
wie es sie gibt, befasst. Dabei entwickelte sie<br />
Methoden, die es Fors<strong>ch</strong>ern erlei<strong>ch</strong>tern soll,<br />
mit Resultaten reflektiert umzugehen. Beispielsweise<br />
werden in der philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Disziplin der Erkenntnistheorie die Sinneswahrnehmung,<br />
der Gegenstand von Erkenntnis,<br />
Erkenntnisquellen und derglei<strong>ch</strong>en<br />
mehr, kritis<strong>ch</strong> diskutiert. Die <strong>Philosophie</strong> und<br />
insbesondere die Erkenntnistheorie ermögli<strong>ch</strong>en,<br />
gemäss Einstein, ein unabhängiges<br />
Urteil, wel<strong>ch</strong>es für einen e<strong>ch</strong>ten Fors<strong>ch</strong>er<br />
unabdingbar ist. (6)<br />
Einstein war ni<strong>ch</strong>t nur aufgrund seiner grundlegenden<br />
Herangehensweise an die Probleme<br />
der Physik ein Philosoph. Er lieferte<br />
au<strong>ch</strong> einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag an die <strong>Philosophie</strong><br />
der Wissens<strong>ch</strong>aft, die si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t zuletzt<br />
dank ihm im 20. Jahrhundert stark weiterentwickelte.<br />
(7) Er versu<strong>ch</strong>te aber ni<strong>ch</strong>t, ein<br />
philosophis<strong>ch</strong>es System zu entwickeln. Seine<br />
Wissens<strong>ch</strong>aftsphilosophie ist vielmehr<br />
eine originelle Synthese von vers<strong>ch</strong>iedenen<br />
Standpunkten, die jeweils unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en<br />
philosophis<strong>ch</strong>en Positionen zugeordnet werden<br />
können. Einstein lehnte es bewusst ab,<br />
seine Einstellung einem, wie er es nannte<br />
„-ismus“ (z.B. Realismus) zu zuordnen.<br />
Trotzdem wird im Folgenden versu<strong>ch</strong>t werden,<br />
seine <strong>Philosophie</strong> zusammenfassend<br />
darzustellen. (8) So lässt si<strong>ch</strong> seine Wissens<strong>ch</strong>aftsphilosophie<br />
in 5 Elemente (9) aufteilen:<br />
a) Einstein vertrat die These der sogenannten<br />
empiris<strong>ch</strong>en Unterdeterminiertheit der<br />
Theorie. Das heisst, er war der Ansi<strong>ch</strong>t,<br />
dass eine Theorie, die wir wählen, um einen<br />
bestimmten Sa<strong>ch</strong>verhalt zu erklären,<br />
ni<strong>ch</strong>t von der erfahrbaren (empiris<strong>ch</strong>en)<br />
4
Natur allein bestimmt wird. Der Wert einer<br />
Theorie misst si<strong>ch</strong> an der Nützli<strong>ch</strong>keit, die<br />
sie aufweist, um gewisse Naturphänomene<br />
zu erklären. Dabei bestimmt der Fors<strong>ch</strong>er,<br />
wel<strong>ch</strong>e Theorie dieser Aufgabe am besten<br />
gere<strong>ch</strong>t wird. Denn die Natur selbst kann<br />
ni<strong>ch</strong>t ausrei<strong>ch</strong>end genau „befragt“ werden,<br />
damit sie uns „sagen“ würde, wel<strong>ch</strong>e<br />
Theorie die ri<strong>ch</strong>tige ist. Zum Beispiel können<br />
viele Bestandteile einer physikalis<strong>ch</strong>en<br />
Theorie ni<strong>ch</strong>t beoba<strong>ch</strong>tet und somit ni<strong>ch</strong>t<br />
experimentell erfors<strong>ch</strong>t werden. Die Natur<br />
diktiert dem Fors<strong>ch</strong>er ni<strong>ch</strong>t die Theorie<br />
ihrer Erklärung, sondern der Fors<strong>ch</strong>er bestimmt,<br />
wie er die Natur erfors<strong>ch</strong>en und erklären<br />
will. Dabei fragt si<strong>ch</strong> natürli<strong>ch</strong>, was<br />
bestimmt die Wahl des Fors<strong>ch</strong>ers? Sind es<br />
wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Gepflogenheiten, Konventionen,<br />
oder sind es für angeboren gehaltene<br />
Begriffskategorien? Au<strong>ch</strong> Einstein<br />
findet darauf keine Antwort. Für ihn steht<br />
jedo<strong>ch</strong> fest, dass <strong>zum</strong>indest in der Praxis<br />
si<strong>ch</strong> der Fors<strong>ch</strong>er wann immer mögli<strong>ch</strong> an<br />
empiris<strong>ch</strong> begründeten Prinzipien orientiert.<br />
b) Zudem war er ein Vertreter des Prinzips<br />
der Einfa<strong>ch</strong>heit. Einstein war überzeugt,<br />
dass die beste physikalis<strong>ch</strong>e Theorie, die<br />
entwickelt werden kann, die einfa<strong>ch</strong>ste ist.<br />
Damit meinte er ni<strong>ch</strong>t, dass die Natur selbst<br />
simpel sei, sondern, dass unser Zugang zur<br />
Natur einfa<strong>ch</strong> gehalten werden muss. Denn<br />
nur so können die willkürli<strong>ch</strong> festgelegten<br />
Bestandteile einer Theorie auf ein Minimum<br />
reduziert werden. Da für ihn die Mathematik<br />
die einfa<strong>ch</strong>ste und verständli<strong>ch</strong>ste Methode<br />
darstellte, s<strong>ch</strong>ien ihm die Natur am besten<br />
mathematis<strong>ch</strong> erfassbar. c) Einstein vertrat<br />
ausserdem die These, dass eine Theorie<br />
aus eindeutigen Begriffen bestehen und<br />
sie als Ganzes s<strong>ch</strong>lüssig sein muss. d) Er<br />
vertrat au<strong>ch</strong> die These, dass physikalis<strong>ch</strong>e<br />
Systeme isoliert betra<strong>ch</strong>tet werden müssen<br />
und zwar einfa<strong>ch</strong> deshalb, weil sie räumli<strong>ch</strong><br />
voneinander getrennt sind. e) In einem Artikel<br />
in der „Times“ 1919 führte er die Unters<strong>ch</strong>eidung<br />
zwis<strong>ch</strong>en Theorien und sogenannten<br />
„konstitutiven Prinzipien“ ein. Als<br />
konstitutive, d.h. bestimmende Prinzipien<br />
bezei<strong>ch</strong>nete Einstein Theorien, wie z.B. die<br />
Kinetik, die ein Modell für ein bestimmtes<br />
Phänomen entwickeln. Prinzipien bestehen<br />
Einstein zufolge aus mehreren empiris<strong>ch</strong><br />
gut bestätigten Verallgemeinerungen (z.B.<br />
das 1. und 2. Gesetz der Thermodynamik).<br />
Sie bilden den Rahmen mögli<strong>ch</strong>er Theoriebildung,<br />
insofern si<strong>ch</strong> die Theorien an ihnen<br />
orientieren und sie einhalten.<br />
Zusammenfassend lässt si<strong>ch</strong> im philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Jargon sagen: Einsteins Position<br />
ers<strong>ch</strong>eint „realistis<strong>ch</strong>“, insofern er von einer<br />
vom Beoba<strong>ch</strong>ter unabhängigen Welt ausgeht;<br />
sie s<strong>ch</strong>eint „idealistis<strong>ch</strong>“, insoweit der<br />
Fors<strong>ch</strong>er eine Theorie selbst kreiert, sie ist<br />
aber au<strong>ch</strong> „positivistis<strong>ch</strong>“, da si<strong>ch</strong> der Fors<strong>ch</strong>er<br />
in der Praxis an Experimenten orientiert<br />
und sie ist sogar „platonis<strong>ch</strong>“, weil sie<br />
das Prinzip der Einfa<strong>ch</strong>heit als Voraussetzung<br />
jegli<strong>ch</strong>en Fors<strong>ch</strong>ens vorwegnimmt.<br />
Einsteins Mut <strong>zum</strong> Hinterfragen<br />
Zahllose Einsteinfors<strong>ch</strong>er haben si<strong>ch</strong> mit<br />
der Frage auseinandergesetzt: Wie war es<br />
mögli<strong>ch</strong>, dass ein Mann quasi im Alleingang<br />
die gesamte Physik revolutionieren konnte?<br />
Obs<strong>ch</strong>on viele Bestandteile von Einsteins<br />
Theorie eigentli<strong>ch</strong> bereits vorher in der Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
vorhanden waren, bedurfte es<br />
seiner, um sie ri<strong>ch</strong>tig zu verbinden. In der<br />
folgenden Bes<strong>ch</strong>reibung des Reporters<br />
Johann Grolle wird deutli<strong>ch</strong>, wie sehr Einstein<br />
au<strong>ch</strong> Philosoph war, da er über den<br />
Mut verfügte, die Physik wie kein anderer<br />
kritis<strong>ch</strong> zu hinterfragen. (10)<br />
„Einsteins Vorgehensweise ist dabei stets<br />
die glei<strong>ch</strong>e: Zunä<strong>ch</strong>st prangert er einen logis<strong>ch</strong>en<br />
Widerspru<strong>ch</strong> im Gefüge der Physik<br />
an. Die Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> einer Auflösung führt<br />
ihn dann dazu, die damals allzu unreflektiert<br />
benutzten Begriffe – Li<strong>ch</strong>t, Materie,<br />
Zeit – vorbehaltslos auf ihre Bedeutung hin<br />
abzuklopfen. Was alle Vorgänger für selbstverständli<strong>ch</strong><br />
hielten, wagte er, in Frage zu<br />
stellen.“ (11)<br />
Einstein selbst s<strong>ch</strong>rieb in einem Brief, dass<br />
seine s<strong>ch</strong>on früh angeeignete, philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Denkweise, ihm dabei geholfen<br />
habe, die Physik unvoreingenommen zu<br />
untersu<strong>ch</strong>en. (12)<br />
5
Was hat Einstein in der<br />
<strong>Philosophie</strong> bewirkt?<br />
Die <strong>Philosophie</strong> muss na<strong>ch</strong> Einstein von<br />
neuen Prämissen ausgehen und zwar in<br />
dreierlei Hinsi<strong>ch</strong>t. Vor Einstein glaubten erstens<br />
viele Philosophen, das mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Erkenntnisvermögen sei vor aller Erfahrung<br />
in seinen wesentli<strong>ch</strong>en Eigens<strong>ch</strong>aften fest<br />
bestimmt. Sie meinten, sie könnten etwas<br />
über die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Erkenntnis lernen, indem<br />
sie nur genau genug in den eigenen<br />
Geist hineins<strong>ch</strong>auten. Sie glaubten au<strong>ch</strong>,<br />
dass viele Grundbegriffe unserer wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Erkenntnis uns ein für alle Mal<br />
gegeben sind. Der Raum, so glaubten sie,<br />
sei in seinen Eigens<strong>ch</strong>aften bestimmt dur<strong>ch</strong><br />
die euklidis<strong>ch</strong>e Geometrie, die Zeit flösse<br />
absolut und überall glei<strong>ch</strong>förmig im gesamten<br />
Universum.<br />
Einstein zeigte mit seiner Relativitätstheorie,<br />
dass diese Voraussetzungen fals<strong>ch</strong><br />
waren. Indem er das Verhältnis unserer<br />
wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Grundbegriffe zur empiris<strong>ch</strong>en<br />
Erfahrung tiefer analysierte, zeigte<br />
er, dass wir tief verwurzelte Ansi<strong>ch</strong>ten über<br />
Raum und Zeit revidieren mussten.<br />
Die Struktur des Raumes ist komplizierter<br />
als es die Geometrie der Grie<strong>ch</strong>en lehrt.<br />
Unsere Urteile über zeitli<strong>ch</strong>e Vorgänge und<br />
über die Glei<strong>ch</strong>zeitigkeit räumli<strong>ch</strong> entfernter<br />
Ereignisse hängen vom Bewegungszustand<br />
des Beoba<strong>ch</strong>ters ab. Die Struktur des Kosmos<br />
und unsere Ansi<strong>ch</strong>ten über seine Entstehung<br />
und Entwicklung sind Gegenstand<br />
physikalis<strong>ch</strong>er Spekulationen, die auf der<br />
Relativitätstheorie basieren müssen und<br />
dabei mit vielfältigen astrophysikalis<strong>ch</strong>en<br />
Beoba<strong>ch</strong>tungsdaten in Übereinstimmung zu<br />
bringen sind.<br />
Grundbegriffe kritis<strong>ch</strong> überprüfen<br />
Indem Einstein zeigte, dass die Grundbegriffe<br />
unserer naturwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Erkenntnis Raum, Zeit, Ges<strong>ch</strong>windigkeit,<br />
Masse und Energie andere Eigens<strong>ch</strong>aften<br />
haben, als die Mens<strong>ch</strong>en über viele Jahrhunderte<br />
hinweg glaubten, veränderte er<br />
zweitens au<strong>ch</strong> das Verhältnis der <strong>Philosophie</strong><br />
zur Naturwissens<strong>ch</strong>aft überhaupt. Der<br />
Wissens<strong>ch</strong>aftler, so s<strong>ch</strong>rieb Einstein einmal,<br />
wisse und fühle selbst am besten, wo<br />
ihn der S<strong>ch</strong>uh drückt. Es gebe Situationen,<br />
in denen der Wissens<strong>ch</strong>aftler die kritis<strong>ch</strong>e<br />
Betra<strong>ch</strong>tung der Grundlagen der Physik<br />
ni<strong>ch</strong>t den Philosophen überlassen, sondern<br />
selbst in die Hand nehmen müsse. Es seien<br />
dies Situationen, in denen die Fundamentalbegriffe<br />
und Fundamentalgesetze zweifelhaft<br />
geworden seien und der kritis<strong>ch</strong>en<br />
Überprüfung bedürften.<br />
Für die <strong>Philosophie</strong> bedeutet dies, dass sie<br />
si<strong>ch</strong> im Na<strong>ch</strong>denken über die Grundlagen<br />
der Erkenntnis ni<strong>ch</strong>t mehr nur auf si<strong>ch</strong> selbst<br />
und ihre eigene Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te beziehen kann.<br />
Wenn die <strong>Philosophie</strong> etwas zur Klärung<br />
der Grundlagen und Grundbegriffe moderner<br />
Naturwissens<strong>ch</strong>aft beitragen mö<strong>ch</strong>te,<br />
muss sie si<strong>ch</strong> mit den Methoden und Ergebnissen<br />
einer arbeitsteilig organisierten Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
auseinandersetzen.<br />
6
<strong>Philosophie</strong> der Naturwissens<strong>ch</strong>aft kann<br />
seit Einstein nur no<strong>ch</strong> im Dialog und in der<br />
Auseinandersetzung mit den Naturwissens<strong>ch</strong>aften<br />
stattfinden.<br />
Es gibt no<strong>ch</strong> eine dritte Voraussetzung moderner<br />
<strong>Philosophie</strong> der Naturwissens<strong>ch</strong>aften,<br />
die si<strong>ch</strong> mit Einstein verändert hat.<br />
Einstein selbst wurde wider seinem Willen<br />
ni<strong>ch</strong>t nur zu einer Ikone moderner Wissens<strong>ch</strong>aft;<br />
er wurde au<strong>ch</strong> zu einem Symbol für<br />
einen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Konflikt, der für unsere<br />
moderne Naturwissens<strong>ch</strong>aft <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong><br />
ist. Seine tiefgreifenden Reflexionen<br />
auf die begriffli<strong>ch</strong>en Grundlagen unseres<br />
Naturverständnisses waren zwar dur<strong>ch</strong> empiris<strong>ch</strong>e<br />
Erfahrungen begründet, wurden<br />
von ihm aber unabhängig von praktis<strong>ch</strong>en<br />
Anwendungsfragen angestellt.<br />
Si<strong>ch</strong> der Verantwortung stellen<br />
Wissens<strong>ch</strong>aft und Fors<strong>ch</strong>ung müssen si<strong>ch</strong><br />
frei von praktis<strong>ch</strong>en Zwecken, Erwartungen,<br />
und Planvorgaben entfalten und ungehindert<br />
Neues ausprobieren können. Erst später<br />
stellte Einstein fest, dass das bessere<br />
und tiefere Naturverständnis, das si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong><br />
seine begriffli<strong>ch</strong>en Revolutionen ergab,<br />
au<strong>ch</strong> zu einem mä<strong>ch</strong>tigeren Eingreifen der<br />
Mens<strong>ch</strong>en in die Naturvorgänge führte. Mit<br />
seiner berühmten Formel über die Äquivalenz<br />
von Energie und Masse E=mc² und mit<br />
der speziellen Relativitätstheorie von 1905<br />
hat er begriffli<strong>ch</strong>e Grundlagen ges<strong>ch</strong>affen,<br />
die Jahrzehnte später einem Heer von Wissens<strong>ch</strong>aftlern<br />
und Ingenieuren in Los Alamos<br />
die te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e Konstruktion der Atombombe<br />
ermögli<strong>ch</strong>ten.<br />
Einstein hat si<strong>ch</strong> der Verantwortung, die<br />
si<strong>ch</strong> für ihn aus der Anwendung seiner<br />
Grundlagenfors<strong>ch</strong>ung ergab, dur<strong>ch</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es<br />
und politis<strong>ch</strong>es Engagement<br />
gestellt.<br />
Sein Engagement gegen atomare Rüstung,<br />
für Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te und internationale<br />
Verständigung war seine Antwort<br />
auf den grundlegenden Konflikt zwis<strong>ch</strong>en<br />
zweck- und anwendungsfreier Grundlagenfors<strong>ch</strong>ung<br />
und zunehmender Gefährdung<br />
unserer Lebensgrundlagen dur<strong>ch</strong> die Freisetzung<br />
von Naturpotenzen, die wir nur teilweise<br />
te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong> und gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> kontrollieren<br />
können.<br />
Die Widerlegung eines erkenntnistheoretis<strong>ch</strong>en<br />
Apriorismus, der Notwendigkeit für<br />
die Erkenntnistheorie, si<strong>ch</strong> auf die Ergebnisse<br />
und Methoden der Naturwissens<strong>ch</strong>aft<br />
zu beziehen, und der Konflikt zwis<strong>ch</strong>en<br />
zweckfreier Grundlagenfors<strong>ch</strong>ung und der<br />
Bedeutung ihrer Konsequenzen für unsere<br />
Lebensgrundlagen sind drei Grundvoraussetzungen<br />
moderner Wissens<strong>ch</strong>aftsphilosophie<br />
seit Einstein.<br />
(Text: PD Tilman Sauer, Universität Bern)<br />
7
Die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Erkenntnis<br />
der Welt<br />
Die philosophis<strong>ch</strong>en Theorien, wel<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> mit der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Erkenntnis und dem Wissen<br />
auseinandersetzen, werden als „Erkenntnistheorien“ (englis<strong>ch</strong>: Epistemology) oder<br />
„Epistemologie“ bezei<strong>ch</strong>net. Albert Einstein äusserte si<strong>ch</strong> <strong>zum</strong> Verhältnis von Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
und Erkenntnistheorie folgendermassen: „The reciprocal relationship of epistemology and<br />
science is of noteworthy kind. They are dependent upon ea<strong>ch</strong> other. Epistemology without<br />
contact with science becomes an empty s<strong>ch</strong>eme. Science without epistemology is – insofar<br />
as it is thinkable at all – primitive and muddled.“ (13) Damit sagt er, dass die Erkenntnistheorie<br />
und die (Natur-)Wissens<strong>ch</strong>aft voneinander abhängig sind.<br />
Aber was bedeutet es denn, Erkenntnistheorie zu betreiben? Um epistemologis<strong>ch</strong>e Gedanken<br />
handelt es si<strong>ch</strong>, wenn beispielsweise dana<strong>ch</strong> gefragt wird, wie Wissen zustande<br />
kommt und wel<strong>ch</strong>e Voraussetzungen dafür bestehen müssen. Sol<strong>ch</strong>erlei Fragen stützen<br />
auf eine lange Tradition, wel<strong>ch</strong>e bis in die vorsokratis<strong>ch</strong>e Zeit um ca. 300 v. Chr. zurück verfolgt<br />
werden kann. Um die philosophis<strong>ch</strong>en Konsequenzen von Albert Einsteins hervorgebra<strong>ch</strong>ten<br />
Erkenntnissen in der Physik besser einordnen zu können, werden im folgenden<br />
einige Beispiele an epistemologis<strong>ch</strong>en Theorien vorgestellt, wel<strong>ch</strong>e über die Jahrhunderte<br />
hinweg entwickelt wurden.<br />
Do<strong>ch</strong> zuerst gilt es, si<strong>ch</strong> vor Auge zu führen, weshalb Einsteins Erkenntnisse überhaupt ein<br />
philosophis<strong>ch</strong>es Problem hervorbringen: Albert Einstein zeigte, „dass das Li<strong>ch</strong>t, das bis dahin<br />
auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> als elektromagnetis<strong>ch</strong>e Welleners<strong>ch</strong>einung verstanden wurde, au<strong>ch</strong> als<br />
Strahlung von Li<strong>ch</strong>tquanten auftreten kann (Photonen). Damit entstand das Problem des<br />
Welle-Teil<strong>ch</strong>en-Dualismus, wona<strong>ch</strong> Li<strong>ch</strong>t nur entweder als Welle oder als Teil<strong>ch</strong>enstrom in<br />
Ers<strong>ch</strong>einung tritt (in Abhängigkeit von den experimentellen Bedingungen). Damit war die<br />
„Eindeutigkeit“ physikalis<strong>ch</strong>er Phänomene erstmals grundsätzli<strong>ch</strong> infrage gestellt.“ (14) In<br />
anderen Worten ausgedrückt: Wenn uns die Physik keine eindeutige Erkenntnisgrundlage<br />
bietet – und die Frage „Was ist das Phänomen Z?“ damit beantwortet, dass das Phänomen<br />
Z sowohl als X als au<strong>ch</strong> als Y auftritt und zu verstehen ist – so erhält die philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Frage na<strong>ch</strong> der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Erkenntnis der Welt eine ganz neue Brisanz.<br />
8
„Am Anfang aller Erkenntnistheorie steht die<br />
Frage, was man überhaupt unter ‚Wissen‘<br />
verstehen soll, und zwar in Abgrenzung von<br />
‚Meinen‘ und ‚Glauben‘. Der grösste Teil allgemein<br />
verfügbarer Kenntnisse besitzt entweder<br />
den Status wahrer Meinung oder wird<br />
geglaubt. Wissen in einem engeren philosophis<strong>ch</strong>-wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Sinne aber liegt<br />
dann vor, wenn zur Haltung des Überzeugtseins<br />
(wie beim Glauben) die (selbstständige)<br />
Kenntnis von guten Gründen hinzukommt,<br />
die zur Bestätigung oder Re<strong>ch</strong>tfertigung<br />
der fragli<strong>ch</strong>en Aussagen hinrei<strong>ch</strong>en. Daran<br />
s<strong>ch</strong>liesst si<strong>ch</strong> ein zweites zentrales Problem<br />
der Erkenntnistheorie an: Wann liegen so<br />
gute, überzeugende Gründe vor, dass man<br />
sagen kann, etwas sei Wissen? Oder: Unter<br />
wel<strong>ch</strong>en Bedingungen ist für Aussagen das<br />
Prädikat ‚wahr‘ angemessen?“ (15)<br />
Traditionell lassen si<strong>ch</strong> in der Erkenntnistheorie<br />
zwei grundsätzli<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>iedene Herangehensweisen<br />
unters<strong>ch</strong>eiden, je na<strong>ch</strong>dem<br />
ob „der Ort der Wahrheit“ in der Aussenwelt<br />
oder im erkennenden Subjekt – also dem<br />
Mens<strong>ch</strong>en – angesiedelt wird.<br />
Der Idealismus geht davon aus, dass die<br />
Realität im Wahrgenommenwerden besteht,<br />
wie George Berkeley dies vertrat: Die Realität<br />
der Dinge beruht auf unserer Vorstellungskraft<br />
– ohne unsere Vorstellungskraft<br />
besitzen die Dinge keine Realität. (16) Der<br />
Realismus setzt hingegen die Existenz der<br />
Realität voraus und räumt den Mens<strong>ch</strong>en<br />
eine Erkenntnisfähigkeit dieser ein. (17)<br />
Seit dem späten 18. Jahrhundert verlagerte<br />
si<strong>ch</strong> der S<strong>ch</strong>werpunkt des Interesses weg<br />
von den Objekten und hin zu den erkennenden<br />
Subjekten, was die Fähigkeiten des<br />
Mens<strong>ch</strong>en in den Vordergrund stellte: Was<br />
muss ein Mens<strong>ch</strong> können, um überhaupt si<strong>ch</strong>ere<br />
Erkenntnis von der Aussenwelt haben<br />
zu können? „Positionen des Rationalismus<br />
sehen dabei in Verstand und/oder Vernunft,<br />
Positionen des Empirismus dagegen in<br />
sinnli<strong>ch</strong>er Wahrnehmungsfähigkeit die ents<strong>ch</strong>eidenden,<br />
Erkenntnis ermögli<strong>ch</strong>enden<br />
Eigens<strong>ch</strong>aften. Kants <strong>Philosophie</strong> kann als<br />
Versu<strong>ch</strong> verstanden werden, die kontroversen<br />
Standpunkte des Rationalismus und<br />
des Empirismus zu vermitteln, indem er ein<br />
gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis von<br />
Sinnli<strong>ch</strong>keit und Verstand etablierte. (...)<br />
Die Pointe der kantis<strong>ch</strong>en Erkenntnistheorie<br />
besteht aber v.a. darin, dass Kant das Erkenntnisobjekt<br />
zuallererst dur<strong>ch</strong> das erkennende<br />
Subjekt „ers<strong>ch</strong>affen“ lässt: Dur<strong>ch</strong> die<br />
na<strong>ch</strong> Art unserer Sinnesorgane begrenzten<br />
Mögli<strong>ch</strong>keiten sinnli<strong>ch</strong>er Datenverarbeitung,<br />
dur<strong>ch</strong> die Ans<strong>ch</strong>auungsformen Raum und<br />
Zeit sowie dur<strong>ch</strong> die reinen Verstandesbegriffe<br />
(Kategorien) als Ordnungsstrukturen<br />
wird ein Erkenntnisgegenstand produziert,<br />
wie er nur für den mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Geist existiert;<br />
darüber hinaus kann ni<strong>ch</strong>ts von den<br />
Dingen, wie sie an si<strong>ch</strong> sein mögen erkannt<br />
werden.“ (18)<br />
Mit der Kopernikanis<strong>ch</strong>en Wende und dem<br />
Eintritt in das 19. Jahrhundert wurde die<br />
Erkenntnistheorie gewissermassen <strong>zum</strong><br />
Messinstrument für den geistigen Forts<strong>ch</strong>ritt<br />
der Mens<strong>ch</strong>en, wel<strong>ch</strong>er je länger umso mehr<br />
wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Erkenntnisse mit einbezog.<br />
Eine äusserst wi<strong>ch</strong>tige Entwicklung<br />
der Erkenntnistheorie stellt die sogenannte<br />
„linguistis<strong>ch</strong>e Wende“ dar, wel<strong>ch</strong>e zu Beginn<br />
des 20. Jahrhunderts stattfand und dur<strong>ch</strong><br />
Gottlob Frege und Ludwig Wittgenstein geprägt<br />
war. Die Spra<strong>ch</strong>philosophie sowie die<br />
spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Begriffe nehmen hierbei eine<br />
S<strong>ch</strong>lüsselrolle ein. Die Aussagenlogik hat<br />
gewisse Teilfragen (bspw. „Was ist Wahrheit?“)<br />
der Erkenntnistheorie übernommen.<br />
9
Was hat unser Wissen<br />
mit Raum und Zeit zu tun?<br />
Bezugnehmend auf diese Frage folgt eine<br />
Textstelle von Hans Rei<strong>ch</strong>enba<strong>ch</strong>, in wel<strong>ch</strong>er<br />
er s<strong>ch</strong>reibt: „Die Frage na<strong>ch</strong> dem Wesen<br />
von Raum und Zeit hat die S<strong>ch</strong>öpfer<br />
philosophis<strong>ch</strong>er Systeme immer wieder<br />
gefesselt. Plato beantwortete sie, indem<br />
er eine Welt der ‚höheren‘ Wirkli<strong>ch</strong>keit, die<br />
Welt der Ideen s<strong>ch</strong>uf, die Raum und Zeit<br />
unter ihren idealen Gegenständen mit umfasst<br />
und ihre Beziehung dem Mathematiker<br />
enthüllt, der zu dem notwendigen Akt<br />
einer S<strong>ch</strong>au fähig ist. Für Spinoza war der<br />
Raum ein Attribut Gottes. Kant hingegen<br />
leugnete die Realität von Raum und Zeit<br />
und hielt diese beiden Begriffssysteme für<br />
Ans<strong>ch</strong>auungsformen, d.h. für Konstruktionen<br />
des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Geistes, mit derer<br />
Hilfe der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Beoba<strong>ch</strong>ter seine<br />
Wahrnehmung verknüpft, um sie in einem<br />
geordneten System zu sammeln. Die Antwort,<br />
die wir auf diese Frage auf Grund der<br />
Einsteins<strong>ch</strong>en Theorie geben können, unters<strong>ch</strong>eidet<br />
si<strong>ch</strong> sehr stark von den Antworten<br />
der Philosophen. Die Relativitätstheorie<br />
zeigt, dass Raum und Zeit weder ideale Gegenstände<br />
no<strong>ch</strong> Ordnungsformen sind, die<br />
der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Geist benötigt. Sie stellen<br />
vielmehr ein Bezugssystem dar, das gewisse<br />
Züge physikalis<strong>ch</strong>er Gegenstände<br />
<strong>zum</strong> Ausdruck bringt und so der Bes<strong>ch</strong>reibung<br />
der physikalis<strong>ch</strong>en Welt dient. Wollen<br />
wir uns das mögli<strong>ch</strong>st klar ma<strong>ch</strong>en.<br />
Ganz gewiss sind Raum und Zeit wie alle<br />
Begriffe Erfindungen des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />
Geistes. Aber ni<strong>ch</strong>t alle sol<strong>ch</strong>e Erfindungen<br />
vermögen die physikalis<strong>ch</strong>e Welt zu bes<strong>ch</strong>reiben.<br />
Damit wollen wir sagen, dass<br />
die Begriffe auf bestimmte physikalis<strong>ch</strong>e<br />
Gegenstände Bezug nehmen und sie von<br />
anderen unters<strong>ch</strong>eiden. So ist z.B. der Begriff<br />
‚Kentaur‘ leer, während der Begriff ‚Bär‘<br />
auf gewisse physikalis<strong>ch</strong>e Gegenstände<br />
hinweist und sie von anderen unters<strong>ch</strong>eidet.<br />
(...) In diesem Sinne spri<strong>ch</strong>t die Relativitätstheorie<br />
von der Realität von Raum und<br />
Zeit. Diese Begriffssysteme bes<strong>ch</strong>reiben<br />
Beziehungen, die zwis<strong>ch</strong>en physikalis<strong>ch</strong>en<br />
Gegenständen, nämli<strong>ch</strong> festen Körpern,<br />
Li<strong>ch</strong>tstrahlen und Uhren, gelten. Überdies<br />
formulieren diese Beziehungen physikalis<strong>ch</strong>e<br />
Gesetze von grosser Allgemeinheit,<br />
die gewisse Grundzüge der physikalis<strong>ch</strong>en<br />
Welt bestimmen. Raum und Zeit sind ebenso<br />
wirkli<strong>ch</strong> wie etwa die Beziehung ‚Vater‘<br />
oder die Newtons<strong>ch</strong>en Anziehungskräfte.“<br />
(19)<br />
Hans Rei<strong>ch</strong>enba<strong>ch</strong> weist mit seinen Ausführungen<br />
darauf hin, dass si<strong>ch</strong> das mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Wissen stets auf Begriffe bezieht, so<br />
wie diejenige von „Raum“ und „Zeit“. Dabei<br />
ist keineswegs gänzli<strong>ch</strong> klar, was darunter<br />
wirkli<strong>ch</strong> zu verstehen ist – womit Raum und<br />
Zeit zu Bezugspunkten für ein Verständnis<br />
der Welt werden, die selbst über einen ausserordentli<strong>ch</strong>en<br />
Präzisierungsbedarf verfügen.<br />
10
Albert Einstein s<strong>ch</strong>rieb in seinem Bu<strong>ch</strong><br />
„Relativitätstheorie“ zu Raum und Zeit im<br />
Verständnis der klassis<strong>ch</strong>en Me<strong>ch</strong>anik Folgendes:<br />
„Wenn i<strong>ch</strong> ohne s<strong>ch</strong>were Bedenken und<br />
eingehende Erläuterungen die Aufgabe der<br />
Me<strong>ch</strong>anik so formuliere: ‚Die Me<strong>ch</strong>anik hat<br />
zu bes<strong>ch</strong>reiben, wie die Körper mit der Zeit<br />
ihren Ort im Raume ändern‘, so nehme i<strong>ch</strong><br />
einige Todsünden gegen den heiligen Geist<br />
der Klarheit auf mein Gewissen; diese Sünden<br />
sollen zunä<strong>ch</strong>st aufgedeckt werden. Es<br />
ist unklar, was hier unter ‚Ort‘ und ‚Raum‘ zu<br />
verstehen ist. I<strong>ch</strong> stehe am Fenster eines<br />
glei<strong>ch</strong>förmig fahrenden Eisenbahnwagens<br />
und lasse einen Stein auf den Bahndamm<br />
fallen, ohne ihm einen S<strong>ch</strong>wung zu geben.<br />
Dann sehe i<strong>ch</strong> (abgesehen vom Einfluss<br />
des Luftwiderstandes) den Stein geradlinig<br />
herabfallen. Ein Fussgänger, der die Übeltat<br />
vom Fusswege aus mit ansieht, bemerkt,<br />
dass der Stein in einem Parabelbogen zur<br />
Erde herabfällt. I<strong>ch</strong> frage nun: Liegen die<br />
‚Orte‘, wel<strong>ch</strong>e der Stein dur<strong>ch</strong>läuft, ‚in Wirkli<strong>ch</strong>keit‘<br />
auf einer Geraden oder auf einer<br />
Parabel? Was bedeutet hier ferner Bewegung<br />
‚im Raume‘?“ (20)<br />
Die Relativitätstheorie von Einstein beinhaltet<br />
einerseits die Bes<strong>ch</strong>reibung des Verhaltens<br />
von Zeit und Raum aus der Perspektive<br />
von unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Beoba<strong>ch</strong>tern,<br />
wel<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> zueinander bewegen. Andererseits<br />
wird in der sogenannten „allgemeinen<br />
Relativitätstheorie“ die Erdanziehungskraft<br />
auf eine Krümmung von Raum und Zeit<br />
zurückgeführt. Dabei stellen weder Raumno<strong>ch</strong><br />
Zeitangaben fixe Strukturen dar, sondern<br />
werden stets als Ereignisse aus der<br />
Perspektive eines Beoba<strong>ch</strong>ters verstanden.<br />
Der jeweilige räumli<strong>ch</strong>e und zeitli<strong>ch</strong>e<br />
Abstand zwis<strong>ch</strong>en zwei Ereignissen, sind<br />
somit aus der jeweiligen Perspektive des<br />
Beoba<strong>ch</strong>ters unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>. Der Raum<br />
ist somit ni<strong>ch</strong>t absolut, sondern vom Beoba<strong>ch</strong>ter<br />
abhängig, weshalb „Raum und Zeit“<br />
von Hermann Minkowski als „Raumzeit“ bezei<strong>ch</strong>net<br />
werden konnte. (21)<br />
Abbildung re<strong>ch</strong>ts: Minkowski-Diagramm<br />
In einem Interview des Magazins Spiegel<br />
antwortete der Teil<strong>ch</strong>enphysiker Brian<br />
Greene auf die Frage, ob unser Glaube daran,<br />
dass die Vergangenheit festgelegt, die<br />
Zukunft aber offen ist, nur eine Illusion ist,<br />
folgendermassen:<br />
„Einstein jedenfalls hat es so gesehen. Unser<br />
Geist s<strong>ch</strong>eint zwar unfähig, si<strong>ch</strong> die Welt<br />
vorzustellen, ohne ihr diese Struktur von<br />
Zukunft und Vergangenheit überzustülpen.<br />
Aber diese Begriffe sind so subjektiv, dass<br />
es s<strong>ch</strong>wer fällt, eine fundamentale Bedeutung<br />
darin zu erkennen.“ (22)<br />
Im Weiteren bes<strong>ch</strong>reibt Brian Greene, dass<br />
einige Physiker sogar sagen würden, dass<br />
der US-Präsident des Jahres 2100 ebenso<br />
unverrückbar feststeht wie der des Jahres<br />
1900. „Intuitiv haben wir ja das Gefühl:<br />
Zukunft ist die Ri<strong>ch</strong>tung der Zeit, in der die<br />
Dinge no<strong>ch</strong> offen sind; in Ri<strong>ch</strong>tung Vergangenheit<br />
dagegen sind sie ents<strong>ch</strong>ieden oder<br />
festgelegt. Es ist jedo<strong>ch</strong> äußerst s<strong>ch</strong>wierig,<br />
für dieses Konzept von „festgelegt sein“ irgendeine<br />
Heimat innerhalb der Gesetze der<br />
Physik zu finden. So sehr Sie au<strong>ch</strong> su<strong>ch</strong>en:<br />
Sie finden keinen Zeitpfeil in den fundamentalen<br />
Gesetzen der Physik. Deshalb ist ja<br />
au<strong>ch</strong> der freie Wille so ein problematis<strong>ch</strong>es<br />
Phänomen: Im Grunde lässt die Physik dafür<br />
keinen Platz.“ (23)<br />
11
Interview mit PD Tilman Sauer<br />
PD Dr. Tilman Sauer ist Privatdozent für Wissens<strong>ch</strong>aftsges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te an der Universität<br />
Bern und Visiting Associate am California Institute of Te<strong>ch</strong>nology. Er promovierte 1994<br />
an der FU Berlin in theoretis<strong>ch</strong>er Physik und ist Mitherausgeber der Gesammelten Werke<br />
Albert Einsteins. Sein Fors<strong>ch</strong>ungss<strong>ch</strong>werpunkt ist die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der Allgemeinen Relativitätstheorie<br />
und der Quantenme<strong>ch</strong>anik sowie das wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Werk von Albert<br />
Einstein. So untersu<strong>ch</strong>te er Einsteins Zür<strong>ch</strong>er Notizbu<strong>ch</strong> von 1912, das wi<strong>ch</strong>tig für die<br />
Entstehungsge s<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der Allgemeinen Relativitätstheorie ist. Es stellte si<strong>ch</strong> heraus,<br />
dass Einstein s<strong>ch</strong>on 1912 die Feldglei<strong>ch</strong>ungen der Gravitation (in linearer Näherung)<br />
in diesem Notizbu<strong>ch</strong> nieders<strong>ch</strong>rieb, aber erst drei Jahre später erkannte, das sie das<br />
Problem einer relativistis<strong>ch</strong>en Gravitationstheorie und damit einer allgemeinen Relativitätstheorie<br />
lösen.<br />
Was versteht Albert Einstein unter dem<br />
Begriff „Realität“?<br />
Einstein versteht unter Realität eine vom<br />
erkennenden Mens<strong>ch</strong>en unabhängige materielle<br />
Welt, die ihren eigenen Gesetzmässigkeiten<br />
unterliegt. Es ist Aufgabe der<br />
Naturwissens<strong>ch</strong>aft, diese Gesetze herauszufinden.<br />
Einstein hat seinen Begriff von Realität<br />
der Physik gelegentli<strong>ch</strong> genauer konkretisiert.<br />
Zwei Beispiele mö<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> nenen.<br />
Erstens: Na<strong>ch</strong> der Vollendung der allgemeinen<br />
Relativitätstheorie im Jahre 1915 fragte<br />
si<strong>ch</strong> Einstein, warum es so lange brau<strong>ch</strong>te,<br />
diese Theorie konsequent aufzustellen. Seine<br />
Antwort, bestand darin, dass er betonte,<br />
wie s<strong>ch</strong>wer es gewesen war, si<strong>ch</strong> von dem<br />
Vorurteil zu lösen, dass raumzeitli<strong>ch</strong>e Angaben,<br />
die wir mit Hilfe bestimmter Koordinaten<br />
ma<strong>ch</strong>en eine unabhängige Bedeutung<br />
haben. Man erkennt bei genauerem Na<strong>ch</strong>denken,<br />
so Einstein, dass das physikalis<strong>ch</strong><br />
Reale in der Welt nur die raumzeitli<strong>ch</strong>en<br />
Koinzidenzen der materiellen Teil<strong>ch</strong>en sind,<br />
also einzig und allein die Tatsa<strong>ch</strong>e, dass si<strong>ch</strong><br />
zwei materielle Teil<strong>ch</strong>en irgendwann und<br />
irgendwo treffen (oder au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t treffen).<br />
Dieses sogenannte Punktkoinzidenzargument<br />
ist die tiefere Begründung dafür, dass<br />
kein Bezugssystem für die Bes<strong>ch</strong>reibung<br />
der physikalis<strong>ch</strong>en Realität irgendwie ausgezei<strong>ch</strong>net<br />
sein kann. Denn alle Bezugssysteme<br />
müssen in der Bes<strong>ch</strong>reibung aller<br />
Punktkoinzidenzen übereinstimmen und<br />
nur in diesen. 2) Der zweite Anlass für Einstein<br />
den Begriff des physikalis<strong>ch</strong> Realen<br />
genauer zu präzisieren ergab si<strong>ch</strong> bei der<br />
Diskussion des Einstein-Podolsky-Rosen<br />
Paradoxons in der Quantenme<strong>ch</strong>anik. Hier<br />
bezei<strong>ch</strong>nete Einstein als eine hinrei<strong>ch</strong>ende<br />
Bedingung für die physikalis<strong>ch</strong>e Realität einer<br />
Grösse die Mögli<strong>ch</strong>keit, dass wir ohne<br />
Eingriff in oder We<strong>ch</strong>selwirkung mit einem<br />
räumli<strong>ch</strong> isolierten System mit Gewissheit<br />
vorhersagen können, wel<strong>ch</strong>en Wert eine<br />
physikalis<strong>ch</strong>e Grösse annehmen wird. Mit<br />
diesen beiden näheren Bestimmungen des<br />
physikalis<strong>ch</strong> Realen bes<strong>ch</strong>reibt Einstein als<br />
Realität eine vom Erkenntnissubjekt unabhängige,<br />
eigengesetzli<strong>ch</strong>e materielle Welt.<br />
Was versteht Einstein unter „Physik“?<br />
Die Physik ist eine Wissens<strong>ch</strong>aft, deren<br />
Wesen darin besteht, ein Begriffssystem<br />
zu entwickeln, wel<strong>ch</strong>es die erfahrungsmässig<br />
gewonnenen Einzeltatsa<strong>ch</strong>en der<br />
unbelebten Natur in einen geordneten, gesetzmässigen<br />
Zusammenhang bringt. Die<br />
Quelle dieser Begriffsbildungen liegt dabei<br />
dur<strong>ch</strong>aus in der Kreativität des fors<strong>ch</strong>enden<br />
Geistes und entspringt ni<strong>ch</strong>t notläufig<br />
12
aus der Bes<strong>ch</strong>äftigung mit der Empirie. Die<br />
gesetzmässigen Zusammenhänge, die in<br />
dem Begriffsgebäude der Physik repräsentiert<br />
und enthalten sind, müssen aber mit<br />
den beoba<strong>ch</strong>teten und beoba<strong>ch</strong>tbaren Erfahrungen<br />
übereinstimmen und si<strong>ch</strong> jeweils<br />
neu der empiris<strong>ch</strong>en Ueberprüfung unterwerfen<br />
lassen.<br />
Wel<strong>ch</strong>e Rolle nimmt die Wissens<strong>ch</strong>aft in<br />
der Gesells<strong>ch</strong>aft ein?<br />
Einstein hat si<strong>ch</strong> selbst in seiner Rolle als<br />
theoretis<strong>ch</strong>er Physiker als einsamen Grübler<br />
bezei<strong>ch</strong>net, dessen Lebenstätigkeit im<br />
ungestörten Na<strong>ch</strong>denken im stllen Kämmerlein<br />
besteht. Das bedeutete für Einstein<br />
aber ni<strong>ch</strong>t, dass die Ergebnisse sol<strong>ch</strong>es<br />
Na<strong>ch</strong>denkens für die Gesells<strong>ch</strong>aft ohne Interesse<br />
und Konsequenzen wären. Im Gegenteil,<br />
Einstein hat stets betont, dass die<br />
Wissens<strong>ch</strong>aftler eine Verantwortung haben,<br />
die Ergebnisse ihres Tuns einer breiten Oeffentli<strong>ch</strong>keit<br />
verständli<strong>ch</strong> zu ma<strong>ch</strong>en.<br />
Er hat in diesem Sinne au<strong>ch</strong> selbst immer<br />
wieder, unermüdli<strong>ch</strong> und mit grossem Einsatz<br />
und Erfolg seine eigenen Theorien, vor<br />
allem die Relativitätstheorie, in allgemeinverständli<strong>ch</strong>en<br />
S<strong>ch</strong>riften und Vorträgen<br />
einem breiten Publikum vorgestellt. Na<strong>ch</strong><br />
dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima<br />
und Nagaskai hat si<strong>ch</strong> Einstein zudem<br />
au<strong>ch</strong> immer wieder na<strong>ch</strong>drückli<strong>ch</strong> und mit<br />
dem ganzen Gewi<strong>ch</strong>t seiner Persönli<strong>ch</strong>keit<br />
dafüreingesetzt, dass die Physiker die gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Verantwortung ihres Tuns<br />
wahrnehmen. Das bedeutete für ihn die<br />
Aufklärung über die atomare Bedrohung<br />
und ernste Bemühungen zur atomaren Abrüstung.<br />
Was hat sie persönli<strong>ch</strong> dazu motiviert,<br />
si<strong>ch</strong> mit Einstein auseinanderzusetzen?<br />
PD Dr. Tilman Sauer<br />
Mi<strong>ch</strong> hat natürli<strong>ch</strong>, wie viele Physiker, die<br />
Persönli<strong>ch</strong>keit Einsteins fasziniert. Mehr<br />
no<strong>ch</strong> aber hat mi<strong>ch</strong> die oft geäusserte Ansi<strong>ch</strong>t<br />
provoziert, dass Einstein ein Genie<br />
ohne Beispiel gewesen ist, und dass seine<br />
Einsi<strong>ch</strong>ten nur ihm oder einigen wenigen genialen<br />
Physikern mögli<strong>ch</strong> sind und von den<br />
gemeinen Mens<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t geleistet werden<br />
könnten. Die Erklärung seiner Kreativität<br />
aus einer irgendwie besonderen Genialität<br />
s<strong>ch</strong>eint mir überhaupt keine Erklärung zu<br />
sein. Deswegen faszinierte mi<strong>ch</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keit,<br />
Einsteins Fros<strong>ch</strong>ungsmanuskripte<br />
und Notizbü<strong>ch</strong>er genau zu analysieren, in<br />
denen man studieren kann, wie Einstein<br />
tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> gearbeitet hat. Wenn man Einsteins<br />
Manuskripte analysiert, ist es als<br />
könne man ihm geradezu über die S<strong>ch</strong>ulter<br />
s<strong>ch</strong>auen. Und man sieht dann, dass au<strong>ch</strong><br />
Einstein Fehler ma<strong>ch</strong>t, dass er si<strong>ch</strong> verre<strong>ch</strong>net,<br />
dass er in Sackgassen läuft, und wie<br />
si<strong>ch</strong> seine Fors<strong>ch</strong>ungsstrategien langsam<br />
und mit vielen Rücks<strong>ch</strong>lägen entwickeln.<br />
Man bekommt aber au<strong>ch</strong> eine Werts<strong>ch</strong>ätzung<br />
für die Ernsthaftigkeit seines Bemühens,<br />
für seine Fähigkeit, bei der Untersu<strong>ch</strong>ung<br />
eines Problems ni<strong>ch</strong>t locker zu<br />
lassen, und für die Unabhängigkeit seines<br />
Urteils und seiner Fantasie, alles Eigens<strong>ch</strong>aften,<br />
die viellei<strong>ch</strong>t jeden guten theoretis<strong>ch</strong>en<br />
Physiker und jede gute theoretis<strong>ch</strong>e<br />
Physikerin mehr oder weniger auszei<strong>ch</strong>nen.<br />
13
<strong>Philosophie</strong> und<br />
Naturwissens<strong>ch</strong>aft<br />
Albert Einsteins Arbeiten, aber au<strong>ch</strong> diejenigen<br />
von Max Planck und Niels Bohr, leisteten<br />
für die philosophis<strong>ch</strong>e Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie<br />
einen bedeutenden Erkenntnisgewinn.<br />
Mitte der 1920er-Jahre wurde am Institut für<br />
Physik an der Universität Berlin ein Lehrstuhl<br />
für Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie ges<strong>ch</strong>affen,<br />
wel<strong>ch</strong>en Hans Rei<strong>ch</strong>enba<strong>ch</strong> einnahm. Er<br />
– selbst Physiker und Philosoph zuglei<strong>ch</strong><br />
– untersu<strong>ch</strong>te in dieser Zeit hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />
Einsteins Relativitätstheorie, entwickelte<br />
aber au<strong>ch</strong> die Theorie des logis<strong>ch</strong>en Empirismus<br />
und legte damit den Grundstein für<br />
die heutige analytis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong>. Seine<br />
Position, wel<strong>ch</strong>e wesentli<strong>ch</strong> abwei<strong>ch</strong>t von<br />
derjenigen von Rudolph Carnap und dem<br />
Wiener Kreis, fasste er folgendermassen<br />
in die Formel zusammen: „<strong>Philosophie</strong> ist<br />
ni<strong>ch</strong>t als isolierte Wissens<strong>ch</strong>aft, sondern im<br />
engsten Zusammenhang mit den einzelnen<br />
Fa<strong>ch</strong>wissens<strong>ch</strong>aften zu treiben.“ (24)<br />
Die Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie ist ein Teilgebiet<br />
der <strong>Philosophie</strong> und befasst si<strong>ch</strong> mit der<br />
Untersu<strong>ch</strong>ung der Ziele, Voraussetzungen<br />
und Methoden von geistes- und naturwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er<br />
Erkenntnis. Da die Entwicklung<br />
der Naturwissens<strong>ch</strong>aften erst mit der<br />
Aufklärung Aufs<strong>ch</strong>wung erhielt und „naturwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Fragestellungen“ bis zu<br />
diesem Zeitpunkt als natur-philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Fragen behandelt wurden, liegt nahe, dass<br />
die Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie au<strong>ch</strong> eng mit erkenntnistheoretis<strong>ch</strong>en<br />
Fragen verbunden<br />
ist. Die Naturphilosophie behandelte jedo<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t nur Fragen der Physik, sondern ebenfalls<br />
der Astronomie, Biologie und Chemie.<br />
Die experimentelle Methode, wel<strong>ch</strong>e den<br />
Ausgangspunkt für die heutigen Naturwissens<strong>ch</strong>aften<br />
darstellt, geht auf den Philosophen<br />
Francis Bacon (1561–1626) und<br />
Galileo Galilei (1564–1642) zurück.<br />
Eine in der S<strong>ch</strong>weiz bedeutende Persönli<strong>ch</strong>keit<br />
für die Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie ist der<br />
Berner Philosoph Henri Lauener (1933–<br />
2002): Er si<strong>ch</strong>erte ni<strong>ch</strong>t nur die Existenz<br />
der analytis<strong>ch</strong>-philosophis<strong>ch</strong>en Zeits<strong>ch</strong>rift<br />
Dialectica – wel<strong>ch</strong>e ebenfalls Artikel von<br />
Albert Einstein veröffentli<strong>ch</strong>te –, sondern<br />
verhalf dieser ebenfalls zu einem, für eine<br />
S<strong>ch</strong>weizer Zeits<strong>ch</strong>rift ungewöhnli<strong>ch</strong>en, fast<br />
weltumspannenden Ruf.<br />
Au<strong>ch</strong> wenn si<strong>ch</strong> die Entwicklung der Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie<br />
bis zu Aristoteles zurückverfolgen<br />
lässt und die Fragen na<strong>ch</strong><br />
den Methoden von wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Untersu<strong>ch</strong>ungen<br />
au<strong>ch</strong> vor 1900 s<strong>ch</strong>on philosophis<strong>ch</strong><br />
problematisiert wurden, stellt<br />
die Entwicklung des logis<strong>ch</strong>en Empirismus<br />
trotzdem einen Wendepunkt für die <strong>Philosophie</strong><br />
und die Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie dar.<br />
Kernfragen der Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie<br />
• „Wel<strong>ch</strong>e Charakteristika weist wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Erkenntnis auf?<br />
• Was zei<strong>ch</strong>net wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Erkenntnisgewinn<br />
aus (Methodologie)?<br />
• Gibt es wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Forts<strong>ch</strong>ritt?<br />
• Wel<strong>ch</strong>en erkenntnistheoretis<strong>ch</strong>en Status<br />
haben wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Theorien?<br />
• Wel<strong>ch</strong>en Einfluss haben ästhetis<strong>ch</strong>e<br />
Faktoren auf wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Erkenntnisse<br />
und auf die Entwicklung der Wissens<strong>ch</strong>aften?<br />
• Wie soll das Verhältnis Wissens<strong>ch</strong>aft –<br />
Ethik sein?“ (25)<br />
14
Einstein-Podolsky-Rosen-<br />
Dilemma<br />
Kann die Quantenme<strong>ch</strong>anik die Realität<br />
vollständig bes<strong>ch</strong>reiben? Diese Frage stellte<br />
die Leitfrage des 1935 publizierten Artikels<br />
von Albert Einstein, Boris Podolsky<br />
und Nathan Rosen dar, wel<strong>ch</strong>e heutzutage<br />
meist als „EPR“ abgekürzt wird. Dieser Artikel<br />
bildet au<strong>ch</strong> heute no<strong>ch</strong> das Herzstück<br />
der Debatte über die Interpretation der<br />
Quantenphysik. (26) In diesem Aufsatz wird<br />
zuerst allgemein untersu<strong>ch</strong>t, was eine physikalis<strong>ch</strong>e<br />
Theorie zu einer erfolgrei<strong>ch</strong>en<br />
und ri<strong>ch</strong>tigen Theorie ma<strong>ch</strong>t. Die Autoren<br />
s<strong>ch</strong>lagen zunä<strong>ch</strong>st zwei Kriterien vor, wel<strong>ch</strong>e<br />
erfüllt sein müssen:<br />
1. „Korrektheit der Theorie,<br />
2. Vollständige Bes<strong>ch</strong>reibung dur<strong>ch</strong> die<br />
Theorie“. (27)<br />
Die Korrektheit der Theorie kann damit<br />
überprüft werden, dass die Vorhersagen<br />
mit den physikalis<strong>ch</strong>en Messungen und<br />
Experimenten übereinstimmen. Das zweite<br />
Kriterium s<strong>ch</strong>liesst die Bedingung der<br />
Vollständigkeit mit ein und bezieht si<strong>ch</strong> auf<br />
die Quantenphysik. Die Vollständigkeit wird<br />
folgendermassen <strong>ch</strong>arakterisiert: „Every<br />
element of the physical reality must have a<br />
counterpart in the physical theory.“ (28)<br />
Do<strong>ch</strong> was ist hierbei mit „Element der physikalis<strong>ch</strong>en<br />
Realität“ gemeint? Die Antwort<br />
besteht im sogenannten Realitätskriterium:<br />
Wenn si<strong>ch</strong> mit Si<strong>ch</strong>erheit die Grösse eines<br />
Messergebnisses voraussagen lässt, ohne<br />
diese messen zu müssen, so handelt es<br />
si<strong>ch</strong> um eine reale physikalis<strong>ch</strong>e Grösse.<br />
(29) Werden diese Kriterien nun in Bezug<br />
gesetzt mit dem Unbestimmtheitsprinzip,<br />
ergibt si<strong>ch</strong>, dass die Quantenme<strong>ch</strong>anik unvollständig<br />
sein muss. Dies zu zeigen stellt<br />
au<strong>ch</strong> das Ziel der Autoren dar: „Sie beabsi<strong>ch</strong>tigen<br />
zu beweisen, dass die Annahme<br />
der Kopenhagener Interpretation der<br />
Quantenme<strong>ch</strong>anik, – die in der Wellenfunktion<br />
enthaltenen Informationen korrespondierten,<br />
exakt mit dem, was ohne Störung<br />
am System (Zustandsänderung der Wellenfunktion)<br />
gemessen werden könne –, zusammen<br />
mit dem Realitätskriterium einen<br />
Widerspru<strong>ch</strong> erzeugt.“ (30)<br />
Die von Einstein, Podolsky und Rosen behandelte<br />
Frage der Vollständigkeit einer<br />
Theorie ist im Grunde genommen der <strong>Philosophie</strong><br />
und ni<strong>ch</strong>t der Physik zu zuordnen.<br />
Da in der klassis<strong>ch</strong>en Physik die Frage der<br />
Vollständigkeit einer Theorie nie aufgekommen<br />
ist, sondern erst mit der Quantenme<strong>ch</strong>anik<br />
Einzug in die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Debatte<br />
der Physiker erhalten hat, stellte der<br />
Artikel von Einstein, Podolsky und Rosen<br />
einen weitrei<strong>ch</strong>enden Entwicklungss<strong>ch</strong>ritt<br />
dar. (31)<br />
Einsteins Grundposition zur Interpretation<br />
der Quantenme<strong>ch</strong>anik besteht darin, dass<br />
die Uns<strong>ch</strong>ärfe als erkenntnistheoretis<strong>ch</strong>es<br />
Problem aufzufassen ist. Das bedeutet,<br />
dass die Heisenbergs<strong>ch</strong>e Uns<strong>ch</strong>ärferelation<br />
nur aufzeigt, dass der Mens<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t alles<br />
messen kann. Niels Bohr hingegen fasste<br />
die Uns<strong>ch</strong>ärfe als ontologis<strong>ch</strong>es Problem<br />
auf und vertrat somit, dass die Uns<strong>ch</strong>ärferelation<br />
Aussagen über die Natur ermögli<strong>ch</strong>t.<br />
(32) Die damalige Auseinandersetzung zwis<strong>ch</strong>en<br />
Einstein und Bohr ist heute unter dem<br />
Namen „Bohr-Einstein-Debatte“ bekannt.<br />
15
Weshalb war Einstein ein Pazifist?<br />
Albert Einstein s<strong>ch</strong>rieb Sigmund Freud 1931 in seinem Brief „Für einen militanten Pazifismus“<br />
Folgendes: „Was für eine Welt könnten wir bauen, wenn wir die Kräfte, die ein Krieg<br />
entfesselt, für den Aufbau einsetzten... Wir müssen uns stellen, für die Sa<strong>ch</strong>e des Friedens<br />
die glei<strong>ch</strong>en Opfer zu bringen, die wir widerstandslos für die Sa<strong>ch</strong>e des Kriegs gebra<strong>ch</strong>t haben.<br />
Es gibt ni<strong>ch</strong>ts, das mir wi<strong>ch</strong>tiger ist und mir mehr am Herzen liegt. Was i<strong>ch</strong> sonst ma<strong>ch</strong>e<br />
oder sage, kann die Struktur des Universums ni<strong>ch</strong>t ändern. Aber viellei<strong>ch</strong>t kann meine Stimme<br />
der größten Sa<strong>ch</strong>e dienen: Eintra<strong>ch</strong>t unter den Mens<strong>ch</strong>en und Friede auf Erden.“ (33)<br />
Uns<strong>ch</strong>wer lässt si<strong>ch</strong> an Einsteins Worten erkennen, mit wel<strong>ch</strong>er Ernsthaftigkeit er si<strong>ch</strong> mit<br />
Frieden und Krieg unter den Mens<strong>ch</strong>en auseinandersetzte. So argumentierte er an anderer<br />
Stelle ebenfalls, dass dur<strong>ch</strong> die Entwicklung der Te<strong>ch</strong>nik die Lösung des Friedensproblems<br />
zu einer unauswei<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Angelegenheit geworden ist. (34) Da Einstein von jüdis<strong>ch</strong>er Abstammung<br />
war, gab er 1933 seinen deuts<strong>ch</strong>en Pass ab und kehrte auf Grund von Hitlers<br />
Ma<strong>ch</strong>tübernahme 1933 ni<strong>ch</strong>t mehr aus den USA na<strong>ch</strong> Deuts<strong>ch</strong>land zurück. Albert Einstein<br />
wird dur<strong>ch</strong> seine Fors<strong>ch</strong>ungsergebnisse in den Zusammenhang mit der Entwicklung der<br />
16
Atombombe gebra<strong>ch</strong>t, was einen weiteren<br />
Grund für seine pazifistis<strong>ch</strong>e Grundhaltung<br />
darstellt. 1952 s<strong>ch</strong>rieb er in seinem Aufsatz<br />
„Zur Abs<strong>ch</strong>affung der Kriegsgefahr“ hierzu:<br />
„Meine Beteiligung bei der Erzeugung der<br />
Atombombe bestand in einer einzigen<br />
Handlung: i<strong>ch</strong> unterzei<strong>ch</strong>nete einen Brief an<br />
Präsident Roosevelt, in dem die Notwendigkeit<br />
betont wurde, Experimente im grossen<br />
anzustellen zur Untersu<strong>ch</strong>ung der Mögli<strong>ch</strong>keit<br />
der Herstellung einer Atombombe.<br />
I<strong>ch</strong> war mir der fur<strong>ch</strong>tbaren Gefahr wohl bewusst,<br />
die das Gelingen dieses Unternehmens<br />
für die Mens<strong>ch</strong>heit bedeutete. Aber<br />
die Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>keit, dass die Deuts<strong>ch</strong>en<br />
am selben Problem mit Aussi<strong>ch</strong>t auf Erfolg<br />
arbeiten dürften, hat mi<strong>ch</strong> zu diesem S<strong>ch</strong>ritt<br />
gezwungen. Es blieb mir ni<strong>ch</strong>ts anderes<br />
übrig, obwohl i<strong>ch</strong> stets ein überzeugter Pazifist<br />
gewesen bin. Töten im Krieg ist na<strong>ch</strong><br />
meiner Auffassung um ni<strong>ch</strong>ts besser als gewöhnli<strong>ch</strong>er<br />
Mord.<br />
Solange aber die Nationen ni<strong>ch</strong>t dazu ents<strong>ch</strong>lossen<br />
sind, dur<strong>ch</strong> gemeinsame Aktionen<br />
den Krieg abzus<strong>ch</strong>affen und dur<strong>ch</strong><br />
friedli<strong>ch</strong>e Ents<strong>ch</strong>eidungen auf gesetzli<strong>ch</strong>er<br />
Basis ihre Konflikte zu lösen und ihre Interessen<br />
zu s<strong>ch</strong>ützen, sehen sie si<strong>ch</strong> genötigt,<br />
si<strong>ch</strong> auf einen Krieg vorzubereiten. Sie<br />
sehen si<strong>ch</strong> dann genötigt, alle, au<strong>ch</strong> die<br />
verabs<strong>ch</strong>euungswürdigsten Mittel vorzubereiten,<br />
um im allgemeinen Wettrüsten ni<strong>ch</strong>t<br />
überflügelt zu werden. Dieser Weg führt mit<br />
Notwendigkeit <strong>zum</strong> Krieg, der unter den<br />
heutigen Verhältnissen allgemeine Verni<strong>ch</strong>tung<br />
bedeutet.<br />
Unter diesen Umständen hat die Bekämpfung<br />
der Mittel keine Aussi<strong>ch</strong>t auf Erfolg.<br />
Nur die radikale Abs<strong>ch</strong>affung der Kriege<br />
und der Kriegsgefahr kann helfen. Dafür<br />
soll man arbeiten und dazu ents<strong>ch</strong>lossen<br />
sein, si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t zu Handlungen zwingen zu<br />
lassen, die diesem Ziel zuwiderlaufen. Dies<br />
ist eine harte Forderung an das Individuum,<br />
das si<strong>ch</strong> seiner sozialen Abhängigkeit<br />
bewusst ist. Aber es ist keine unerfüllbare<br />
Forderung.“ (35)<br />
Vor 1933 setzte si<strong>ch</strong> Einstein hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />
für die straflose Militärdienstverweigerung<br />
ein. Zeitglei<strong>ch</strong> mit der Ma<strong>ch</strong>tergreifung von<br />
Hitler wandte si<strong>ch</strong> Einstein hin <strong>zum</strong> militanten<br />
Pazifismus, was si<strong>ch</strong> anhand seiner<br />
Einstellung <strong>zum</strong> Fas<strong>ch</strong>ismus na<strong>ch</strong>vollziehen<br />
lässt: „Bis 1933 habe i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> für die Verweigerung<br />
des Militärdienstes eingesetzt.<br />
Als aber der Fas<strong>ch</strong>ismus aufkam, erkannte<br />
i<strong>ch</strong>, dass dieser Standpunkt ni<strong>ch</strong>t aufre<strong>ch</strong>tzuerhalten<br />
war, wenn ni<strong>ch</strong>t die Ma<strong>ch</strong>t der<br />
Welt in die Hände der s<strong>ch</strong>limmsten Feinde<br />
der Mens<strong>ch</strong>heit geraten soll. Gegen organisierte<br />
Ma<strong>ch</strong>t gibt es nur organisierte Ma<strong>ch</strong>t;<br />
i<strong>ch</strong> sehe kein anderes Mittel, so sehr i<strong>ch</strong> es<br />
au<strong>ch</strong> bedaure.“ (36)<br />
Frieden dur<strong>ch</strong> Vertrauen<br />
Trotzdem engagierte si<strong>ch</strong> Albert Einstein<br />
bis zu seinem Tod für das friedli<strong>ch</strong>e Zusammenleben<br />
der Nationen, wie beispielsweise<br />
im Beitrag zu Mrs. Roosevelts Television-<br />
Programm: „Der leitende Gedanke allen<br />
politis<strong>ch</strong>en Handelns müsste deshalb sein:<br />
Was können wir tun, um ein friedli<strong>ch</strong>es, im<br />
Rahmen des Mögli<strong>ch</strong>en befriedigendes Zusammenleben<br />
der Nationen herbeizuführen?<br />
Erstes Problem ist die Beseitigung der<br />
gegenseitigen Fur<strong>ch</strong>t und des Misstrauens.<br />
Feierli<strong>ch</strong>er Verzi<strong>ch</strong>t auf gegenseitige Gewaltanwendung<br />
(ni<strong>ch</strong>t nur Verzi<strong>ch</strong>t auf Verwendung<br />
von Mitteln der Massenverni<strong>ch</strong>tung) ist<br />
zweifellos nötig. Sol<strong>ch</strong>er Verzi<strong>ch</strong>t kann aber<br />
nur dann wirksam sein, wenn er mit der Einführung<br />
einer übernationalen ri<strong>ch</strong>terli<strong>ch</strong>en<br />
und exekutiven Instanz verbunden ist, der<br />
die Ents<strong>ch</strong>eidung der mit Si<strong>ch</strong>erheit der Nationen<br />
unmittelbar verknüpften Probleme<br />
übertragen wird. S<strong>ch</strong>on eine Erklärung der<br />
Nationen, an der Realisierung einer sol<strong>ch</strong>en<br />
‚bes<strong>ch</strong>ränkten Weltregierung‘ loyal mitzuarbeiten,<br />
würde die eminente Kriegsgefahr<br />
bedeutend herabsetzen.<br />
Letzten Endes beruht jedes friedli<strong>ch</strong>e Zusammenleben<br />
der Mens<strong>ch</strong>en in erster Linie<br />
auf gegenseitigem Vertrauen und erst<br />
in zweiter Linie auf Institutionen wie Geri<strong>ch</strong>t<br />
und Polizei; dies gilt ebenso für Nationen<br />
wie für Einzelindividuen. Das Vertrauen<br />
aber gründet si<strong>ch</strong> auf eine loyale Beziehung<br />
des ‚give and take‘, d.h. des Nehmens und<br />
Gebens.“ (37)<br />
17
Glossar<br />
• Albert Einstein<br />
Albert Einstein (* 14. März 1879 in Ulm; † 18. April<br />
1955 in Princeton, New Jersey) war ein theoretis<strong>ch</strong>er<br />
Physiker. Seine Fors<strong>ch</strong>ungen zur Struktur<br />
von Materie, Raum und Zeit sowie dem Wesen der<br />
Gravitation veränderten maßgebli<strong>ch</strong> das physikalis<strong>ch</strong>e<br />
Weltbild. Er gilt daher als einer der größten<br />
Physiker aller Zeiten.<br />
• E=mc²<br />
Die Äquivalenz von Masse und Energie (oder kurz:<br />
E=mc²) ist die Erkenntnis der relativistis<strong>ch</strong>en Physik,<br />
dass Masse und Energie ni<strong>ch</strong>t unabhängig sind;<br />
vielmehr besitzt jedes physikalis<strong>ch</strong>e System mit der<br />
Masse m eine Ruheenergie. Dabei ist c die Li<strong>ch</strong>tges<strong>ch</strong>windigkeit.<br />
Diese Erkenntnis wurde 1905 dur<strong>ch</strong><br />
Albert Einstein formuliert.<br />
• Kategorien (na<strong>ch</strong> Kant)<br />
Kategorien sind na<strong>ch</strong> Kant aprioris<strong>ch</strong> und unmittelbar<br />
gegeben. Sie sind Werkzeuge des Urteilens<br />
und Werkzeuge des Denkens. Als sol<strong>ch</strong>e dienen<br />
sie nur der Anwendung und haben keine Existenz.<br />
Sie bestehen somit nur im mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Verstand.<br />
Sie sind ni<strong>ch</strong>t an Erfahrung gebunden.[5] Dur<strong>ch</strong><br />
ihre Unmittelbarkeit sind sie au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t an Zei<strong>ch</strong>en<br />
gebunden.[6] Kants erkenntnistheoretis<strong>ch</strong>es Ziel ist<br />
es, über die Bedingungen der Geltungskraft von Urteilen<br />
Auskunft zu geben. Ohne diese Auskunft können<br />
zwar vielerlei Urteile gefällt werden, sie müssen<br />
dann allerdings als „systematis<strong>ch</strong>e Doktrin(en)“<br />
bezei<strong>ch</strong>net werden.[7] Kant kritisiert damit das rein<br />
analytis<strong>ch</strong>e Denken der Wissens<strong>ch</strong>aft als fals<strong>ch</strong> und<br />
stellt ihm die Notwendigkeit des synthetisierenden<br />
Denkens gegenüber.[8] Kant begründet die Geltungskraft<br />
mit dem Transzendentalen Subjekt.[9]<br />
Das Transzendentalsubjekt ist dabei ein reiner Reflexionsbegriff,<br />
wel<strong>ch</strong>er das synthetisierende Dritte<br />
darstellt (wie in späteren <strong>Philosophie</strong>n Geist (Hegel),<br />
Wille, Ma<strong>ch</strong>t, Spra<strong>ch</strong>e und Wert (Marx)), das<br />
ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> die Sinne wahrnehmbar ist. Kant su<strong>ch</strong>t<br />
hier die Antwort auf die Frage, wie der Mens<strong>ch</strong> als<br />
vernunftbegabtes Wesen konstituiert werden kann,<br />
ni<strong>ch</strong>t in der Analyse sondern in einer Synthesis.<br />
• linguistis<strong>ch</strong>e Wende<br />
Die linguistis<strong>ch</strong>e Wende (engl.: linguistic turn)<br />
bezei<strong>ch</strong>net in der <strong>Philosophie</strong> eine Entwicklung,<br />
die mit einer verstärkten Hinwendung zur Spra<strong>ch</strong>e,<br />
d.h. der Verwendung und Bedeutung spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er<br />
Äußerungen, einhergeht. Viele Vertreter des linguistic<br />
turn hatten das Fors<strong>ch</strong>ungsprogramm, ni<strong>ch</strong>t<br />
mehr „Dinge an si<strong>ch</strong>“ zu untersu<strong>ch</strong>en, sondern die<br />
spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Bedingungen zu analysieren, wie von<br />
Dingen gespro<strong>ch</strong>en wird.<br />
• Unbestimmtheitsprinzip<br />
Die Heisenbergs<strong>ch</strong>e Uns<strong>ch</strong>ärferelation oder Unbestimmtheitsrelation<br />
ist die Aussage der Quantenphysik,<br />
dass zwei komplementäre Eigens<strong>ch</strong>aften<br />
eines Teil<strong>ch</strong>ens ni<strong>ch</strong>t glei<strong>ch</strong>zeitig beliebig genau<br />
bestimmbar sind. Das bekannteste Beispiel für ein<br />
Paar sol<strong>ch</strong>er Eigens<strong>ch</strong>aften sind Ort und Impuls.<br />
Die Uns<strong>ch</strong>ärferelation ist ni<strong>ch</strong>t die Folge von<br />
te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong> behebbaren Unzulängli<strong>ch</strong>keiten eines<br />
entspre<strong>ch</strong>enden Messinstrumentes, sondern prinzipieller<br />
Natur. Sie wurde 1927 von Werner Heisenberg<br />
im Rahmen der Quantenme<strong>ch</strong>anik formuliert.<br />
Die Heisenbergs<strong>ch</strong>e Uns<strong>ch</strong>ärferelation kann als<br />
Ausdruck des Wellen<strong>ch</strong>arakters der Materie betra<strong>ch</strong>tet<br />
werden. Sie gilt als Grundlage der Kopenhagener<br />
Deutung der Quantenme<strong>ch</strong>anik.<br />
• Quantenme<strong>ch</strong>anik<br />
Die Quantenme<strong>ch</strong>anik ist eine physikalis<strong>ch</strong>e<br />
Theorie zur Bes<strong>ch</strong>reibung der Materie, ihrer Eigens<strong>ch</strong>aften<br />
und Gesetzmäßigkeiten. Sie erlaubt im<br />
Gegensatz zu den Theorien der klassis<strong>ch</strong>en Physik<br />
eine präzise Bere<strong>ch</strong>nung der physikalis<strong>ch</strong>en Eigens<strong>ch</strong>aften<br />
von Materie au<strong>ch</strong> im mikroskopis<strong>ch</strong>en<br />
bis hin <strong>zum</strong> subatomaren Größenberei<strong>ch</strong>. Die<br />
Quantenme<strong>ch</strong>anik ist damit eine der Hauptsäulen<br />
der modernen Physik und bildet die Grundlage zur<br />
Bes<strong>ch</strong>reibung der Phänomene der Atomphysik, der<br />
Festkörperphysik und der Kern- und Elementarteil<strong>ch</strong>enphysik,<br />
aber au<strong>ch</strong> verwandter Wissens<strong>ch</strong>aften<br />
wie der Quanten<strong>ch</strong>emie.<br />
Quellen: Gesamtes Glossar siehe (38).<br />
18
Quellen<br />
(1) Don A. Howard, Einstein‘s Philosophy of Science, The Stanford<br />
Encyclopedia of Philosophy, Summer 2010 Edition, Edward N.<br />
Zalta (ed.) S. 25.<br />
(2) Don A. Howard, Einstein‘s Philosophy of Science, The Stanford<br />
Encyclopedia of Philosophy, Summer 2010 Edition, Edward N.<br />
Zalta (ed.), (abrufbar unter: http://plato.stanford.edu/ar<strong>ch</strong>ives/<br />
sum2010/entries/einstein-philscience/), S. 1–7; “Das Wunder von<br />
Bern” in Der Spiegel, 3/2005 (abrufbar unter: http://www.spiegel.<br />
de/spiegel/print/d-38998500.html).<br />
(3) “Motive des Fors<strong>ch</strong>ens.” In Zu Max Plancks se<strong>ch</strong>zigstem<br />
Geburtstag. Anspra<strong>ch</strong>en, gehalten am 26. April 1918 in der<br />
Deuts<strong>ch</strong>en Physikalis<strong>ch</strong>en Gesells<strong>ch</strong>aft. Karlsruhe: C. F. Müller,<br />
pp. 29–32; “Time, Space, and Gravitation.” Times (London), 28<br />
November 1919, 13–14; On the Method of Theoretical Physics,<br />
The Herbert Spencer Lecture, delivered at Oxford, 10 June 1933.<br />
Oxford: Clarendon Press; “Physik und Realität.” Journal of The<br />
Franklin Institute 221: 313–347; Albert Einstein, Über den Frieden.<br />
Weltordnung oder Weltuntergang, Köln 2004, Glb Parkland.<br />
Otto Nathan (Herausgeber), Heinz Norden (Herausgeber), Albert<br />
Einstein (Autor), Bertrand Russell (Vorwort); Sigmund Freud,<br />
Albert Einstein, Warum Krieg?: Ein Briefwe<strong>ch</strong>sel., Diogenes,<br />
Züri<strong>ch</strong> 1996.<br />
(4) Albert Einstein, „Relativitätstheorie“, in: Sammlung Vieweg<br />
– Arbeiten aus den Gebieten der Naturwissens<strong>ch</strong>aften und<br />
der Te<strong>ch</strong>nik, Heft 38, Verlag Friedri<strong>ch</strong> Vieweg & Sohn, Brauns<strong>ch</strong>weig,<br />
1963<br />
(5) Einstein an Thornton, 7 Dezember 1944, EA 61–574.<br />
(6) Don A. Howard, Einstein‘s Philosophy of Science, The Stanford<br />
Encyclopedia of Philosophy ,Summer 2010 Edition, Edward N.<br />
Zalta (ed.) S. 1–7.<br />
(7) Don A. Howard, Einstein‘s Philosophy of Science, The Stanford<br />
Encyclopedia of Philosophy, Summer 2010 Edition, Edward N.<br />
Zalta (ed.) S. 1–7.<br />
(8) Don A. Howard, Einstein‘s Philosophy of Science, The Stanford<br />
Encyclopedia of Philosophy, Summer 2010 Edition, Edward N.<br />
Zalta (ed.) S. 6 & 20.<br />
(9) Die fünf Elemente Einsteins Wissens<strong>ch</strong>aftsphilosophie a) bis e)<br />
stützen si<strong>ch</strong> auf folgende Quellen: Don A. Howard, Einstein‘s<br />
Philosophy of Science, The Stanford Encyclopedia of Philosophy,<br />
Summer 2010 Edition, Edward N. Zalta (ed.) S. 7–32.; Duden<br />
<strong>Philosophie</strong>, 2. Auflage, S. 109 f.; Friedri<strong>ch</strong> Kir<strong>ch</strong>ner Wörterbu<strong>ch</strong><br />
der philosophis<strong>ch</strong>en Grundbegriffe (abrufbar unter: http://www.<br />
textlog.de).<br />
(10) „Das Wunder von Bern“ in Der Spiegel, 3/2005; Immanuel Kant,<br />
Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?, CreateSpace<br />
Independent Publishing Platform, 6. September 2012.<br />
(11) „Das Wunder von Bern“ in Der Spiegel, 3/2005.<br />
(12) Einstein an Thornton, 7 Dezember 1944, EA 61-574.<br />
(13) Albert Einstein, “Remarks Concerning the Essays Brought together<br />
in this Co-operative Volume” In S<strong>ch</strong>ilpp 1949, S. 683<br />
(14) S<strong>ch</strong>ülerduden <strong>Philosophie</strong>, Abs<strong>ch</strong>nitt zur Quantentheorie, Dudenverlag,<br />
Mannheim, 2002, ISBN: 3-411-71262-7, S. 318<br />
(15) ebenda, S. 116<br />
(16) Vgl. ebenda, S. 184<br />
(17) Vgl. ebenda, S. 324<br />
(18) ebenda, S. 116<br />
(19) Hans Rei<strong>ch</strong>enba<strong>ch</strong> (Bu<strong>ch</strong> 3 Gesammelte Werke), S. 200<br />
(20) Albert Einstein, „Relativitätstheorie“, in: Sammlung Vieweg<br />
– Arbeiten aus den Gebieten der Naturwissens<strong>ch</strong>aften und<br />
der Te<strong>ch</strong>nik, Heft 38, Verlag Friedri<strong>ch</strong> Vieweg & Sohn, Brauns<strong>ch</strong>weig,<br />
1963, S. 5<br />
(21) http://de.wikipedia.org/wiki/Minkowski-Diagramm<br />
(22) Der Spiegel, Warum ist ni<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>ts?, Von Johann Grolle,<br />
20.09.2004, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-32205256.html<br />
(23) ebenda<br />
(24) Rudolf Carnap / Hans Rei<strong>ch</strong>enba<strong>ch</strong> (Hg.): Erkenntnis 1, Leipzig<br />
1930–31, zuglei<strong>ch</strong> „Annalen der <strong>Philosophie</strong>“, Bd. 9<br />
(25) http://de.wikipedia.org/wiki/Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie#Logis<strong>ch</strong>er_Empirismus<br />
(26) Arthur Fine, „The Einstein-Podolsky-Rosen Argument in Quantum<br />
Theory“, The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Winter<br />
2012 Edition), Edward N. Zalta (ed.), http://plato.stanford.edu/<br />
ar<strong>ch</strong>ives/win2012/entries/qt-epr/<br />
(27) A. Einstein, B. Podolsky and N. Rosen, Phys. Rev. 47, 1935,<br />
S. 777<br />
(28) ebenda<br />
(29) vgl. ebenda<br />
(30) Amos Drobis<strong>ch</strong>, Das EPR – Gedankenexperiment, die Bells<strong>ch</strong>e<br />
Unglei<strong>ch</strong>ung und der experimentelle Na<strong>ch</strong>weis von Quantenkorrelationen,<br />
S.10, online auf: http://llp.ilt.fhg.de/skripten/hausarbeit_drobis<strong>ch</strong>.pdf,<br />
i.V.m. A. Einstein, B. Podolsky and N. Rosen,<br />
Phys. Rev. 47, 1935, S. 779<br />
(31) Vgl. Max Jammer, The EPR Problem in its Historical Development,<br />
in: Symposium on the Foundation of Modern Physics. 50<br />
years of the Einstein-Podolsky-Rosen Gedankenexperiment,<br />
edited by P. Lahti & P.Mittelstaedt, Singapore, 1985), S. 130 ff.<br />
(32) Vgl. A. Zeilinger, Einsteins Spuk. Teleportation und weitere<br />
Mysterien der Quantenphysik, Mün<strong>ch</strong>en, 2007, S. 80f<br />
(33) Albert Einstein, Sigmund Freud, Albert Einstein/Sigmund Freud,<br />
Warum Krieg?, Züri<strong>ch</strong>, Diogenes Verlag 1972, S. 10f., online<br />
auf: http://www.nightfall-project.com/uploads/3/6/5/0/3650795/<br />
albert_einstein__sigmund_freud_-_warum_krieg.swf<br />
(34) Albert Einstein, Mein Weltbild, Hrsg. von Carl Seelig, 31. Auflage,<br />
Ullstein Tas<strong>ch</strong>enbu<strong>ch</strong>, Mün<strong>ch</strong>en, 2010, S. 53<br />
(35) ebenda, S. 54<br />
(36) zitiert na<strong>ch</strong> Ingo Teßmann und Wolfgang Frede: Albert Einstein:<br />
Leben und Werk. Abs<strong>ch</strong>nitt Einsteins Erfahrungen in der Weimarer<br />
Republik, seine Haltung <strong>zum</strong> Fas<strong>ch</strong>ismus.<br />
(37) Albert Einstein, Mein Weltbild, Hrsg. von Carl Seelig, 31. Auflage,<br />
Ullstein Tas<strong>ch</strong>enbu<strong>ch</strong>, Mün<strong>ch</strong>en, 2010, S. 89<br />
(38) Alle Glossareinträge sind Wikipedia entnommen.<br />
19
Impressum<br />
<strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong><br />
Turnweg 6<br />
CH-3013 Bern<br />
Verfasst von Anja Leser,<br />
Angela Krenger (Seite 4 und 5),<br />
PD Dr. Tilman Sauer (Seite 6 und 7)<br />
info@philosophie.<strong>ch</strong><br />
Projektleitung: Dr. Philipp Blum<br />
© <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong>, 2013<br />
13. Themendossier, Oktober 2013<br />
ISSN 1662937X Vol. 109<br />
Cartoon: Max Nöthiger<br />
Fotos: Martina Walder<br />
Zitiervors<strong>ch</strong>lag:<br />
„Einstein und die <strong>Philosophie</strong>? – Philosophis<strong>ch</strong>es<br />
Themendossier“, Swiss<br />
Philosophical Preprint Series #109,<br />
30.10.2013, ISSN 1662937X<br />
Die Reihe der philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Themendossiers wird dur<strong>ch</strong> die<br />
freundli<strong>ch</strong>e Unterstützung der<br />
Dr. Charles Hummel Stiftung<br />
ermögli<strong>ch</strong>t.