kostenlos zum Download - Philosophie.ch
kostenlos zum Download - Philosophie.ch
kostenlos zum Download - Philosophie.ch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Philosophis<strong>ch</strong>es Themendossier<br />
Was ist <strong>Philosophie</strong>?<br />
Dieses Themendossier zeigt auf, mit wel<strong>ch</strong>en Themen si<strong>ch</strong> die <strong>Philosophie</strong> befasst<br />
und wem die <strong>Philosophie</strong> was nützt. Wo heutzutage Philosophinnen und Philosophen<br />
wirken, wird ebenso betra<strong>ch</strong>tet, wie die Frage, weshalb es si<strong>ch</strong> überhaupt lohnt zu<br />
philosophieren.
Inhaltsverzei<strong>ch</strong>nis<br />
• Einleitung ................................................................................................................ 3<br />
• Analyse der Frage „Was ist <strong>Philosophie</strong>?“ ............................................................. 4<br />
• Über die philosophis<strong>ch</strong>e Herangehensweise .......................................................... 6<br />
• Warum <strong>Philosophie</strong> betreiben? ............................................................................... 8<br />
• Inhalte und Grundfragen der <strong>Philosophie</strong> ............................................................. 10<br />
• Entwicklung der <strong>Philosophie</strong> ................................................................................. 18<br />
• <strong>Philosophie</strong> heute ................................................................................................. 22<br />
• Interview mit Prof. Alexandrine S<strong>ch</strong>niewind .......................................................... 24<br />
• Wann ist <strong>Philosophie</strong> eine Wissens<strong>ch</strong>aft? Text von Prof. Claus Beisbart ............. 26<br />
• Re<strong>ch</strong>tfertigung der <strong>Philosophie</strong> ............................................................................. 28<br />
• Die Rolle der <strong>Philosophie</strong> in der Gesells<strong>ch</strong>aft ....................................................... 30<br />
• Philosophinnen und Philosophen in der heutigen Arbeitswelt .............................. 32<br />
• Glossar .................................................................................................................. 33<br />
• Quellen & Literaturtipps......................................................................................... 34<br />
Aufbau des Themendossiers<br />
Bevor ein erstes Bild skizziert wird, weshalb<br />
es sinnvoll ist, si<strong>ch</strong> mit <strong>Philosophie</strong> zu bes<strong>ch</strong>äftigen,<br />
wird untersu<strong>ch</strong>t, wie die Frage<br />
„Was ist <strong>Philosophie</strong>?“ verstanden werden<br />
kann. Um zu erklären, was <strong>Philosophie</strong> ist,<br />
wird man mit den Methoden und der philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Herangehensweise vertraut<br />
gema<strong>ch</strong>t, bevor die Inhalte und Grundfragen<br />
der <strong>Philosophie</strong> aufgezeigt werden. Ein<br />
klares Bild von der <strong>Philosophie</strong> erhält man<br />
jedo<strong>ch</strong> erst, wenn man si<strong>ch</strong> ebenfalls mit<br />
der Entwicklung der <strong>Philosophie</strong> befasst,<br />
wel<strong>ch</strong>e ab Seite 18 vorgestellt wird. Ans<strong>ch</strong>liessend<br />
folgt ein Interview mit Prof. Dr.<br />
Alexandrine S<strong>ch</strong>niewind mit Fragen zu ihrer<br />
persönli<strong>ch</strong>en Motivation, <strong>Philosophie</strong>professorin<br />
zu werden. Da <strong>Philosophie</strong> oftmals im<br />
Verruf steht, weder eine Wissens<strong>ch</strong>aft zu<br />
sein, no<strong>ch</strong> einen Nutzen für die Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
zu bringen, widmen si<strong>ch</strong> die Seiten 26 bis<br />
31 diesen Themen. Zuletzt wird beleu<strong>ch</strong>tet,<br />
wel<strong>ch</strong>e Berufe heutzutage Philosophinnen<br />
und Philosophen annehmen können und<br />
wel<strong>ch</strong>e Qualifikationen sie aus dem <strong>Philosophie</strong>studium<br />
mitbringen.<br />
Der Verein <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong><br />
Der Verein <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong> erstellt die Themendossiers<br />
unter dem Aspekt der Wissens<strong>ch</strong>aftskommunikation.<br />
Mehr Informationen<br />
zu <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong> finden Sie auf<br />
www.philosophie.<strong>ch</strong>/about.<br />
Die Reihe der philosophis<strong>ch</strong>en Themendossiers<br />
wurde dur<strong>ch</strong> die freundli<strong>ch</strong>e Kooperation<br />
mit der Dr. Charles Hummel Stiftung<br />
ermögli<strong>ch</strong>t.<br />
Wir danken ganz herzli<strong>ch</strong> für die Unterstützung!<br />
Das Themendossier steht online als PDF-<br />
<strong>Download</strong> auf www.philosophie.<strong>ch</strong>/themendossiers<br />
zur Verfügung.<br />
2
Einleitung<br />
„<strong>Philosophie</strong>“ ist ein S<strong>ch</strong>lagwort, wel<strong>ch</strong>es oft verfremdet wird. Zudem wissen die wenigsten<br />
Personen, wofür der Begriff eigentli<strong>ch</strong> steht, ges<strong>ch</strong>weige denn, wel<strong>ch</strong>e Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
si<strong>ch</strong> dahinter verbirgt. Im vorliegenden Dossier soll die Frage „Was ist <strong>Philosophie</strong>?“<br />
geklärt werden und dabei au<strong>ch</strong>, wie lebensnah <strong>Philosophie</strong> eigentli<strong>ch</strong> ist.<br />
„Die Philosophinnen und Philosophen verstecken<br />
si<strong>ch</strong> im Elfenbeinturm und haben<br />
ni<strong>ch</strong>ts mit dem wirkli<strong>ch</strong>en Leben mehr zu<br />
tun“ ist ein Standpunkt, der ni<strong>ch</strong>t selten<br />
vertreten wird. Oftmals rühren diese Vorbehalte<br />
aber aus einer Unkenntnis dem Fa<strong>ch</strong><br />
und seinen Methoden gegenüber her.<br />
Das vorliegende Dossier mö<strong>ch</strong>te einerseits<br />
anhand von Kommentaren einer Vielzahl<br />
von unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>sten Berufspersonen<br />
zeigen, dass die <strong>Philosophie</strong> in jedem Berufsalltag<br />
eine Rolle spielt und ihren Nutzen<br />
hat. Bis auf die Kommentare ab Seite<br />
26 sind dies alles Personen, die selbst<br />
ni<strong>ch</strong>t <strong>Philosophie</strong> studiert haben, aber umso<br />
deutli<strong>ch</strong>er die Relevanz und Nähe der <strong>Philosophie</strong><br />
zu ihrem Leben erkennen.<br />
Andererseits wird in diesem Themendossier<br />
aufgezeigt, „wie <strong>Philosophie</strong> funktioniert“,<br />
wie breit ihr Themengebiet ist und wel<strong>ch</strong>e<br />
Rolle der <strong>Philosophie</strong> in der heutigen Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
zukommt.<br />
Die Frage, was <strong>Philosophie</strong> ist, lässt si<strong>ch</strong><br />
nur äusserst unvollständig in einem Satz<br />
beantworten. Das Wort <strong>Philosophie</strong> (grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong><br />
φιλοσοφία, philosophía) bedeutet<br />
wörtli<strong>ch</strong> „Liebe zur Weisheit“. Do<strong>ch</strong> damit<br />
weiss man no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>ts über die typis<strong>ch</strong> philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Herangehensweise, die das<br />
Fa<strong>ch</strong> prägt. Um zu verstehen, was <strong>Philosophie</strong><br />
ist, ist es daher unauswei<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>, si<strong>ch</strong><br />
ihrer Methoden zu vergegenwärtigen (Seite<br />
6). Da si<strong>ch</strong> die <strong>Philosophie</strong> mit der Existenz<br />
der Welt und der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Si<strong>ch</strong>tweise<br />
auf diese bes<strong>ch</strong>äftigt, lässt si<strong>ch</strong> behaupten,<br />
dass die <strong>Philosophie</strong> gewissermassen das<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Fenster zur Welt ist. Die Allgemeingültigkeit<br />
von philosophis<strong>ch</strong>en Auseinandersetzungen<br />
und deren argumentativen<br />
Begründungen stellen somit au<strong>ch</strong> eine<br />
Verständigungsmögli<strong>ch</strong>keit über jegli<strong>ch</strong>e<br />
kulturellen, religiösen oder staatspolitis<strong>ch</strong>en<br />
Grenzen hinweg dar. Die Breite der philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Themen (Seite 10 bis 23) und<br />
die vers<strong>ch</strong>iedenen Entwicklungen und Ansätze<br />
bieten zudem einen differenzierten<br />
Hintergrund für jeden Mens<strong>ch</strong>en, der si<strong>ch</strong><br />
zu einem spezifis<strong>ch</strong>en Thema Gedanken<br />
ma<strong>ch</strong>t.<br />
Obwohl die <strong>Philosophie</strong> den Mens<strong>ch</strong>en seit<br />
Jahrhunderten begleitet und die Grundlage<br />
für alle unsere heutigen Wissens<strong>ch</strong>aftszweige<br />
darstellt, wird ihr trotzdem eine Nutzlosigkeit<br />
unterstellt: S<strong>ch</strong>einbar kommen die<br />
PhilosophInnen ni<strong>ch</strong>t vom Fleck und fragen<br />
si<strong>ch</strong> stets no<strong>ch</strong> dieselben Fragen wie vor<br />
2500 Jahren. Dass die <strong>Philosophie</strong> sehr<br />
wohl als Wissens<strong>ch</strong>aft gilt, Forts<strong>ch</strong>ritte erzielt<br />
und für die Gesells<strong>ch</strong>aft einen Nutzen<br />
hat, wird auf den Seiten 26 bis 31 gezeigt.<br />
Der Abs<strong>ch</strong>luss des Dossiers lenkt den Blick<br />
auf die Berufe der 28‘000 Philosophinnen<br />
und Philosophen, die zwis<strong>ch</strong>en 1980 und<br />
2011 in der S<strong>ch</strong>weiz <strong>Philosophie</strong> studiert<br />
haben. Auf Seite 32 erfährt man, wel<strong>ch</strong>e Berufsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
ein <strong>Philosophie</strong>studium<br />
eröffnet und au<strong>ch</strong>, weshalb die erworbenen<br />
„philosophis<strong>ch</strong>en“ Qualifikationen keineswegs<br />
als welt- oder lebensfremd angesehen<br />
werden können.<br />
3
Analyse der Frage<br />
“Was ist <strong>Philosophie</strong>?”<br />
<strong>Philosophie</strong> wird oft mit den Worten „die Liebe<br />
zur Weisheit“ bes<strong>ch</strong>rieben. So meint au<strong>ch</strong><br />
der Begriff „Philosoph“ im Grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en „der<br />
Freund der Weisheit“ (philós = Freund, sophía<br />
= Weisheit), was glei<strong>ch</strong>bedeutend ist<br />
mit dem Streben na<strong>ch</strong> jegli<strong>ch</strong>em Wissen einer<br />
Person. (1) Aber weiss man damit nun,<br />
was <strong>Philosophie</strong> ist, wie sie vorgeht oder mit<br />
wel<strong>ch</strong>en Themen sie si<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>äftigt?<br />
Der Begriff „<strong>Philosophie</strong>“ wird allzu oft im<br />
Alltag verwendet: So wie es unzählige Ges<strong>ch</strong>äfts-<br />
und Lebensphilosophien gibt oder<br />
„<strong>Philosophie</strong>“ glei<strong>ch</strong>bedeutend mit geistiger<br />
Haltung oder persönli<strong>ch</strong>er Einstellung verwendet<br />
wird und „philosophis<strong>ch</strong>“ <strong>zum</strong> Teil<br />
als negativer Ausdruck für „zu komplex“<br />
oder „irrelevant“ gebrau<strong>ch</strong>t wird – so ist mit<br />
„<strong>Philosophie</strong>“ ni<strong>ch</strong>t zuletzt au<strong>ch</strong> die akademis<strong>ch</strong>e,<br />
geisteswissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Disziplin<br />
gemeint.<br />
Im vorliegenden Dossier soll letztere gemeint<br />
sein, wobei eben diese „akademis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Philosophie</strong>“ zu grossen Teilen allen Interessierten<br />
offensteht und ni<strong>ch</strong>t als Geheimnis<br />
im Flur der philosophis<strong>ch</strong>en Institute<br />
versteckt wird. „<strong>Philosophie</strong> gehört wie das<br />
Atmen, Denken und Handeln zu den Grundlagen<br />
des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Lebens. Jeder ‚philosophiert‘<br />
aus seiner Lebenssituation, die<br />
dur<strong>ch</strong> sein Alter und sein Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t, sein<br />
familiäres und berufli<strong>ch</strong>es Umfeld, seine<br />
Interessen und Neigungen, seine Erfahrungen,<br />
seine Vorbildung und seine Anlagen<br />
geprägt ist. Je rei<strong>ch</strong>er dabei seine Vorbildung<br />
ist, je intensiver und systematis<strong>ch</strong>er<br />
er si<strong>ch</strong> mit philosophis<strong>ch</strong>en Problemen auseinandersetzt,<br />
umso differenzierter, genauer<br />
und qualifizierter werden seine Fragen werden<br />
und umso grösser wird, wenn er si<strong>ch</strong><br />
die Neugier des Anfangs bewahrt hat, sein<br />
Staunen über die Ordnung der Dinge, über<br />
die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Gedanken und über die<br />
Welt- und Lebensordnung sein.“ (2)<br />
Entspre<strong>ch</strong>end dem Hineinwa<strong>ch</strong>sen in die<br />
Komplexität philosophis<strong>ch</strong>er Probleme, wird<br />
au<strong>ch</strong> je na<strong>ch</strong> Erfahrungsgrad mit „<strong>Philosophie</strong>“<br />
etwas anderes bezei<strong>ch</strong>net. Fragt man<br />
„Was ist <strong>Philosophie</strong>?“ vers<strong>ch</strong>iedene <strong>Philosophie</strong>professorinnen<br />
und -professoren, so<br />
wählen alle einen anderen Weg, die Frage<br />
zu beantworten.<br />
Karl Jaspers drückte diese Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>keit<br />
folgendermassen aus: „Was <strong>Philosophie</strong><br />
sei und was sie wert sei, ist umstritten.<br />
Man erwartet von ihr ausserordentli<strong>ch</strong>e Aufs<strong>ch</strong>lüsse<br />
oder lässt sie als gegenstandsloses<br />
Denken glei<strong>ch</strong>gültig beiseite. Man<br />
sieht sie mit S<strong>ch</strong>eu als das bedeutende<br />
Bemühen ungewöhnli<strong>ch</strong>er Mens<strong>ch</strong>en oder<br />
vera<strong>ch</strong>tet sie als überflüssiges Grübeln von<br />
Träumern. Man hält sie für eine Sa<strong>ch</strong>e, die<br />
jedermann angeht und daher im Grunde<br />
einfa<strong>ch</strong> und verstehbar sein müsse, oder<br />
man hält sie für so s<strong>ch</strong>wierig, dass es hoffnungslos<br />
sei, si<strong>ch</strong> mit ihr zu bes<strong>ch</strong>äftigen.<br />
Was unter dem Namen der <strong>Philosophie</strong> auftritt,<br />
liefert in der Tat Beispiele für entgegengesetzte<br />
Beurteilungen.“ (3)<br />
Dass die <strong>Philosophie</strong> jedo<strong>ch</strong> einem jedem<br />
Mens<strong>ch</strong>en auf irgendeine Art nahe stehen<br />
kann, hielt Karl Popper fest: „I<strong>ch</strong> glaube,<br />
dass jeder Mens<strong>ch</strong> gewisse Einstellungen<br />
dem Leben gegenüber, dem Tod gegenüber<br />
entwickelt. Und das sind bereits philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Einstellungen – wenn au<strong>ch</strong> gewöhnli<strong>ch</strong><br />
unkritis<strong>ch</strong>e –, gute oder weniger<br />
gute <strong>Philosophie</strong>n.“ (4)<br />
Viellei<strong>ch</strong>t sollte man deshalb fragen, was<br />
das Wesentli<strong>ch</strong>e ist, was die <strong>Philosophie</strong><br />
ausma<strong>ch</strong>t? Thomas Nagel s<strong>ch</strong>rieb hierzu:<br />
„Im Zentrum des <strong>Philosophie</strong>rens stehen<br />
gewisse Fragen, die ein reflektiertes<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es Bewusstsein auf natürli<strong>ch</strong>e<br />
Weise verwunderli<strong>ch</strong> findet, und am besten<br />
beginnt man sein Na<strong>ch</strong>denken, indem man<br />
si<strong>ch</strong> ihnen unmittelbar zuwendet. In der Folge<br />
ist man dann eher in der Lage, die Arbeiten<br />
anderer zu würdigen, die diese Probleme<br />
zu lösen versu<strong>ch</strong>t haben.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> unters<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> einerseits<br />
von den Naturwissens<strong>ch</strong>aften und<br />
4
andererseits von der Mathematik. Im Unters<strong>ch</strong>ied<br />
zu den Naturwissens<strong>ch</strong>aften stützt<br />
sie si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t auf Experimente und Beoba<strong>ch</strong>tungen,<br />
sondern allein auf das Denken.<br />
Im Unters<strong>ch</strong>ied zur Mathematik kennt<br />
sie keine formalen Beweisverfahren. Man<br />
philosophiert einzig, indem man fragt, argumentiert,<br />
bestimmte Gedanken ausprobiert<br />
und mögli<strong>ch</strong>e Argumente gegen sie erwägt,<br />
und darüber na<strong>ch</strong>denkt, wie unsere Begriffe<br />
wirkli<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>affen sind.<br />
Das Hauptanliegen der <strong>Philosophie</strong> besteht<br />
darin, sehr allgemeine Vorstellungen in Frage<br />
zu stellen und zu verstehen, die si<strong>ch</strong> ein<br />
jeder von uns tagtägli<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>t, ohne über<br />
sie na<strong>ch</strong>zudenken.“ (5)<br />
Bevor auf den kommenden Seiten aufgezeigt<br />
wird, was die Tätigkeit des <strong>Philosophie</strong>rens<br />
beinhaltet, wel<strong>ch</strong>en Themen si<strong>ch</strong><br />
die <strong>Philosophie</strong> zuwendet, und ausgeführt<br />
wird, wel<strong>ch</strong>en Nutzen die <strong>Philosophie</strong> für<br />
die Gesells<strong>ch</strong>aft hat, muss einleitend gefragt<br />
werden: Wofür das alles?<br />
In den Worten von Nigel Warburton lässt<br />
si<strong>ch</strong> die Frage folgendermassen beantworten:<br />
„Viele unserer Überzeugungen erweisen<br />
si<strong>ch</strong> bei näherem Zusehen als gut<br />
begründet; einige aber ni<strong>ch</strong>t. Die Bes<strong>ch</strong>äftigung<br />
mit <strong>Philosophie</strong> hilft uns ni<strong>ch</strong>t nur, uns<br />
über unsere Vorurteile, sondern au<strong>ch</strong> über<br />
unsere Überzeugungen klar zu werden. Dabei<br />
entwickelt si<strong>ch</strong> unsere Fähigkeit, über<br />
einen weiten Berei<strong>ch</strong> von Streitfragen zusammenhängend<br />
zu argumentieren – eine<br />
nützli<strong>ch</strong>e und auf andere Gebiete übertragbare<br />
Fähigkeit“. (6)<br />
Es lässt si<strong>ch</strong> aus all diesen Ausführungen<br />
s<strong>ch</strong>liessen, dass weder die Re<strong>ch</strong>tfertigung<br />
der <strong>Philosophie</strong> no<strong>ch</strong> die Antwort auf die<br />
Frage „Was ist <strong>Philosophie</strong>?“ eine einfa<strong>ch</strong>e<br />
Angelegenheit ist.<br />
Oftmals wird <strong>Philosophie</strong> anhand der Tätigkeit<br />
erklärt: Erst dur<strong>ch</strong> die inhaltli<strong>ch</strong>e Auseinandersetzung<br />
mit den Fragen und dem<br />
Ausüben der philosophis<strong>ch</strong>en Herangehensweise<br />
lässt si<strong>ch</strong> die Vielfältigkeit der<br />
<strong>Philosophie</strong> zeigen. Und mit ges<strong>ch</strong>ultem<br />
Auge und ges<strong>ch</strong>ärftem Denken lässt si<strong>ch</strong><br />
au<strong>ch</strong> die Qualität diverser <strong>Philosophie</strong>n,<br />
Fragen und Theorien beurteilen, mit denen<br />
si<strong>ch</strong> jeder Mens<strong>ch</strong> – auf die eine oder andere<br />
Art – auseinandersetzt.<br />
5
Über die philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Herangehensweise<br />
Wie bereits angedeutet, ist philosophieren<br />
eine Tätigkeit, die darin besteht, in einer<br />
spezifis<strong>ch</strong>en Art und Weise über gewisse<br />
Fragen na<strong>ch</strong>zudenken. Aber wie?<br />
„Ihr <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>stes Merkmal ist der Gebrau<strong>ch</strong><br />
logis<strong>ch</strong>er Argumente. Das Ges<strong>ch</strong>äft<br />
der Philosophen besteht im Argumentieren:<br />
Sie erfinden Argumente oder kritisieren die<br />
Argumente anderer Leute oder tun beides.<br />
Darüber hinaus analysieren und klären sie<br />
Begriffe.“ (7)<br />
Wenn man nun einen philosophis<strong>ch</strong>en Text<br />
vor si<strong>ch</strong> hat, geht es in erster Linie darum,<br />
diesen Text zu lesen, zu verstehen und zu<br />
analysieren. Dabei ist wesentli<strong>ch</strong>, wie der<br />
Autor seine Argumentation begründet und<br />
wel<strong>ch</strong>en Weg die Entwicklung seiner Gedanken<br />
nimmt. Meist ma<strong>ch</strong>t es Sinn, „Fragen<br />
an den Text“ zu stellen, um herauszufinden,<br />
was an einer Position oder dem<br />
eigenen Verständnis vom Text ni<strong>ch</strong>t klar ist.<br />
In einem zweiten S<strong>ch</strong>ritt – und diesen nehmen<br />
die PhilosophInnen meist s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong> in<br />
Form von Essays vor – wird festgehalten, an<br />
wel<strong>ch</strong>en Stellen der Text Unklarheiten, Ungenauigkeiten<br />
oder gar Widersprü<strong>ch</strong>e aufweist.<br />
Dabei kann es vorkommen, dass gewisse<br />
Begriffe eine ganz wesentli<strong>ch</strong>e Rolle<br />
spielen und deshalb ein klares Verständnis<br />
dieser äusserst wi<strong>ch</strong>tig ist. So kann es vorkommen,<br />
dass man<strong>ch</strong>e Argumente im Text<br />
ni<strong>ch</strong>t wirkli<strong>ch</strong> überzeugend sind. In einem<br />
Essay wird dargelegt, wel<strong>ch</strong>e Argumente<br />
aus wel<strong>ch</strong>en Gründen ni<strong>ch</strong>t überzeugend<br />
sind. In gewissen Fällen werden Gegenbeispiele<br />
benötigt, um aufzuzeigen, dass an<br />
der Theorie bspw. etwas vergessen gegangen<br />
ist. Eine sol<strong>ch</strong>e Kritik beinhaltet sodann<br />
oft au<strong>ch</strong> einen „Gegenvors<strong>ch</strong>lag“, also eine<br />
eigene Theorie, wel<strong>ch</strong>e die „Fehler“ ausmerzt<br />
oder gar eine Gegenposition zur vertretenen<br />
Auffassung darstellt. Diese Gegenvors<strong>ch</strong>läge<br />
müssen vor allem eines sein:<br />
gut begründet! Und so stellt sol<strong>ch</strong> ein Essay<br />
dann den Ausgangspunkt für den nä<strong>ch</strong>sten<br />
Philosophen oder der Philosophin dar.<br />
Dabei stellt jede qualitativ gute Auseinandersetzung<br />
mit <strong>Philosophie</strong> au<strong>ch</strong> eine historis<strong>ch</strong>e<br />
Untersu<strong>ch</strong>ung dar: Ohne die Kenntnis<br />
der Auffassungen und Irrtümer früherer<br />
PhilosophInnen kann kaum ein Forts<strong>ch</strong>ritt<br />
erzielt werden. Ansonsten besteht die<br />
grosse Gefahr, dass die Fehler anderer –<br />
unbemerkt – wiederholt werden.<br />
So ist die stets gegebene Aufforderung<br />
an die Lesers<strong>ch</strong>aft eines philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Textes die Folgende:<br />
Au<strong>ch</strong> wenn eine Lösung präsentiert wird<br />
und als ri<strong>ch</strong>tig angepriesen wird, hat man<br />
keinen Grund diese zu glauben, wenn sie<br />
einen selbst ni<strong>ch</strong>t überzeugt. In sol<strong>ch</strong> einem<br />
Fall geht es darum, selbst eine „bessere“<br />
Lösung zu finden, die aufgrund ihrer Argumente<br />
überzeugender ist.<br />
Thomas Nagel hält entspre<strong>ch</strong>end fest: „Die<br />
Philosophen sind unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er Meinung,<br />
und jede einzelne philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Frage hat mehr als nur zwei mögli<strong>ch</strong>e Antworten.“<br />
(8)<br />
Analytis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> und kontinentale<br />
<strong>Philosophie</strong><br />
Während des 20. Jahrhunderts wurde die<br />
philosophis<strong>ch</strong>e Szene von einer Kluft geprägt,<br />
wel<strong>ch</strong>er eine unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Herangehensweise<br />
zu Grunde lag. (9) Einerseits<br />
war dies die eher historis<strong>ch</strong> und <strong>zum</strong> Teil an<br />
literaris<strong>ch</strong>er Stärke orientierte kontinentale<br />
<strong>Philosophie</strong> (bspw. Hegel, Nietzs<strong>ch</strong>e, Marx,<br />
S<strong>ch</strong>openhauer) und andererseits die analytis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Philosophie</strong>, deren systematis<strong>ch</strong>e<br />
Ausri<strong>ch</strong>tung viele hervorragende analytis<strong>ch</strong>e<br />
Arbeiten hervorgebra<strong>ch</strong>t hat (bspw.<br />
von Locke, Frege, Wittgenstein, Russell).<br />
Wolfgang Detel erklärt die heutige Situation<br />
folgendermassen: „Systematis<strong>ch</strong> orientierte<br />
analytis<strong>ch</strong>e Philosophen beginnen<br />
die Tiefe der besten philosophis<strong>ch</strong>en Klassiker<br />
und historis<strong>ch</strong> orientierte kontinentale<br />
Philosophen beginnen die Raffinesse der<br />
6
esten analytis<strong>ch</strong> inspirierten philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Ansätze zu würdigen. Dieser erfreuli<strong>ch</strong>e<br />
Prozess hat allem Ans<strong>ch</strong>ein na<strong>ch</strong> dazu<br />
beigetragen, dass in vielen Berei<strong>ch</strong>en der<br />
theoretis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> attraktive neue<br />
Ansätze entwickelt werden konnten. Man<br />
könnte angesi<strong>ch</strong>ts dieser Entwicklung von<br />
einer postanalytis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> spre<strong>ch</strong>en,<br />
die (<strong>zum</strong>indest in der <strong>Philosophie</strong>) die<br />
klassis<strong>ch</strong>e analytis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> und das<br />
postmoderne Denken überholt hat. (...) Der<br />
postanalytis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> geht es um alles,<br />
d.h. um Natur, Geist, Gesells<strong>ch</strong>aft und<br />
vor allem um den Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en<br />
diesen drei grossen Feldern.“ (10)<br />
Praktis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> und theoretis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Philosophie</strong><br />
Eine nützli<strong>ch</strong>e Unters<strong>ch</strong>eidung für die inhaltli<strong>ch</strong>e<br />
Einordnung von philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Fragen ist diejenige zwis<strong>ch</strong>en theoretis<strong>ch</strong>er<br />
und praktis<strong>ch</strong>er <strong>Philosophie</strong>. Diese lässt<br />
si<strong>ch</strong> am einfa<strong>ch</strong>sten anhand zweier mögli<strong>ch</strong>en<br />
geistigen Standpunkte gegenüber<br />
der Welt erklären. Einerseits sollten unsere<br />
Meinungen so sein, wie die Welt es verlangt.<br />
Andererseits sollte die Welt so sein, wie es<br />
unsere Wüns<strong>ch</strong>e verlangen. Das bedeutet:<br />
„Theoretis<strong>ch</strong>e Philosohie befasst si<strong>ch</strong> vornehmli<strong>ch</strong><br />
mit Aktivitäten und Ideen, die mit<br />
der Art und Weise zusammenhängen, wie<br />
wir die Welt auffassen und auf sie reagieren<br />
– mit dem Fühlen, dem Denken, dem Argumentieren<br />
und dem Erklären, aber au<strong>ch</strong><br />
mit unseren Ideen von der Natur, vom Geist<br />
und vom sozialen Berei<strong>ch</strong>; dabei geht es<br />
unter anderem au<strong>ch</strong> darum, was angemessenes<br />
Fühlen, Denken, Argumentieren oder<br />
Erklären ausma<strong>ch</strong>t. Die praktis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />
befasst si<strong>ch</strong> demgegenüber vornehmli<strong>ch</strong><br />
mit Aktivitäten und Ideen, die mit der Art<br />
und Weise zusammenhängen, wie wir die<br />
Welt verändern und verbessern wollen. Sie<br />
bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong> mit moralis<strong>ch</strong>em oder politis<strong>ch</strong>em<br />
Handeln, aber au<strong>ch</strong> mit unseren<br />
Ideen vom guten Leben, von Freiheit und<br />
Verantwortung, vom besten Staat oder vom<br />
moralis<strong>ch</strong>en Standpunkt.“ (11)<br />
Mehr zu den inhaltli<strong>ch</strong>en Themen der <strong>Philosophie</strong><br />
findet man im Dossier ab Seite 10.<br />
Max Nöthiger, Motorradme<strong>ch</strong>aniker<br />
<strong>Philosophie</strong> spielt in meiner tägli<strong>ch</strong>en Arbeit<br />
eine grosse Rolle wegen der Verantwortung:<br />
Die Arbeit und der Umgang mit den Kunden<br />
verlangen es, für diese Verantwortung zu<br />
übernehmen. Einerseits wird die me<strong>ch</strong>anis<strong>ch</strong>e<br />
Arbeit na<strong>ch</strong> bestem Wissen und<br />
Gewissen vorgenommen, weil i<strong>ch</strong> genauso<br />
daran interessiert bin wie der Kunde, dass<br />
die Erlebniskomponente beim Motorradfahren<br />
stimmt. Das Fahren eines Motorrads<br />
zielt s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> auf ein Fun-Erlebnis ab,<br />
wel<strong>ch</strong>es ohne gut funktionierendes Motorrad<br />
ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong> ist. Andererseits brau<strong>ch</strong>t<br />
man ein gewisses Gespür für den Kunden,<br />
seine Vorstellungen und Ansprü<strong>ch</strong>e.<br />
Somit bin i<strong>ch</strong> auf jeder Ebene mit meiner<br />
ethis<strong>ch</strong>en Haltung konfrontiert. Die Arbeitsweise<br />
ist dort mit einbezogen; den Fehler<br />
an einer Mas<strong>ch</strong>ine zu finden benötigt analytis<strong>ch</strong>es<br />
Vorgehen. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> hat man<br />
es au<strong>ch</strong> mit einer kausalen Angelegenheit<br />
zu tun: Wo ein Fehler ist, muss au<strong>ch</strong> eine<br />
Ursa<strong>ch</strong>e sein. Ein Motorrad ist wie ein Universum,<br />
wel<strong>ch</strong>es seine eigenen Gesetzmässigkeiten<br />
hat, die man respektieren muss,<br />
um die Funktionsweisen zu verstehen. Dabei<br />
ist das Zusammenspiel von statis<strong>ch</strong>en<br />
Teilen, die Bewegung ermögli<strong>ch</strong>en, ganz<br />
wesentli<strong>ch</strong> und verlangt, si<strong>ch</strong> dort hinein<br />
zu denken. Die Rolle der <strong>Philosophie</strong> ist<br />
meiner Ansi<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> daher eine wi<strong>ch</strong>tige,<br />
weil eine Gesells<strong>ch</strong>aft nur dann funktionieren<br />
kann, wenn ihr gewisse ethis<strong>ch</strong>e<br />
Lebensvorstellungen zu Grunde liegen. So<br />
wie das in meinem Beruf der Fall ist, ist es<br />
wohl au<strong>ch</strong> in anderen Fällen.<br />
7
Warum <strong>Philosophie</strong> betreiben?<br />
Bertrand Russell hat den Wert der <strong>Philosophie</strong><br />
unter anderem folgendermassen<br />
bes<strong>ch</strong>rieben: „Wer niemals eine philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Anwandlung gehabt hat, der geht<br />
dur<strong>ch</strong>s Leben und ist wie in einem Gefängnis<br />
einges<strong>ch</strong>lossen: von den Vorurteilen des<br />
gesunden Mens<strong>ch</strong>enverstands, von den habituellen<br />
Meinungen seines Zeitalters oder<br />
seiner Nation und von den Ansi<strong>ch</strong>ten, die<br />
ohne die Mitarbeit oder die Zustimmung der<br />
überlegenden Vernunft in ihm gewa<strong>ch</strong>sen<br />
sind. So ein Mens<strong>ch</strong> neigt dazu, die Welt<br />
bestimmt, endli<strong>ch</strong>, selbstverständli<strong>ch</strong> zu<br />
finden; die vertrauten Gegenstände stellen<br />
keine Fragen, und die ihm unvertrauten<br />
Mögli<strong>ch</strong>keiten weist er vera<strong>ch</strong>tungsvoll<br />
von der Hand. Sobald wir aber anfangen<br />
zu philosophieren, führen selbst die alltägli<strong>ch</strong>sten<br />
Dinge zu Fragen, die man nur sehr<br />
unvollständig beantworten kann. Die <strong>Philosophie</strong><br />
kann uns zwar ni<strong>ch</strong>t mit Si<strong>ch</strong>erheit<br />
sagen, wie die ri<strong>ch</strong>tigen Antworten auf die<br />
gestellten Fragen heissen, aber sie kann<br />
uns viele Mögli<strong>ch</strong>keiten zu bedenken geben,<br />
die unser Blickfeld erweitern und uns<br />
von der Tyrannei des Gewohnten befreien.<br />
Sie vermindert unsere Gewissheiten darüber,<br />
was die Dinge sind, aber sie vermehrt<br />
unser Wissen darüber, was die Dinge sein<br />
könnten.“ (12)<br />
Russell hebt hiermit ni<strong>ch</strong>t nur das selbstständige<br />
Denken hervor, sondern au<strong>ch</strong>, dass<br />
die <strong>Philosophie</strong> eine erhöhte Aufmerksamkeit<br />
und A<strong>ch</strong>tsamkeit gegenüber der Welt<br />
ermögli<strong>ch</strong>t. Vorausgesetzt ist dabei jedo<strong>ch</strong><br />
eine Neugierde, die ni<strong>ch</strong>t jedem Mens<strong>ch</strong>en<br />
gegeben ist; Was ni<strong>ch</strong>t weiter s<strong>ch</strong>limm ist –<br />
ein sol<strong>ch</strong>es grundsätzli<strong>ch</strong>es Desinteresse<br />
ist aber ni<strong>ch</strong>t das Problem der <strong>Philosophie</strong>.<br />
Die meisten Mens<strong>ch</strong>en, die si<strong>ch</strong> auf die eine<br />
oder andere Art mit philosophis<strong>ch</strong>en Fragen<br />
auseinandersetzen, halten es für wi<strong>ch</strong>tig,<br />
dass man das Leben ni<strong>ch</strong>t unhinterfragt und<br />
ungeprüft einfa<strong>ch</strong> hinnimmt. Die Prinzipien,<br />
an denen wir unser Leben orientieren, mögen<br />
uns zwar vernünftig ers<strong>ch</strong>einen; aber<br />
können wir dies wissen, solange wir es ni<strong>ch</strong>t<br />
überprüft haben?<br />
Ein anderer Grund, weshalb man si<strong>ch</strong> mit<br />
<strong>Philosophie</strong> bes<strong>ch</strong>äftigt, besteht darin, dass<br />
man lernt, „klarer über einen weiten Fragenberei<strong>ch</strong><br />
na<strong>ch</strong>zudenken“, wie Warburton es<br />
ausdrückt. (13) „Die Methoden des philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Denkens können in einer Vielfalt<br />
von Situationen nützli<strong>ch</strong> sein, da wir dur<strong>ch</strong><br />
die Analyse von Argumenten für und gegen<br />
eine Position Fähigkeiten erwerben,<br />
die si<strong>ch</strong> auf andere Gebiete des Lebens<br />
übertragen lassen. Viele Leute, die si<strong>ch</strong> mit<br />
<strong>Philosophie</strong> befasst haben, bringen ihre philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Fähigkeiten in so unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />
Berufsfelder ein wie Jura, Computerprogrammierung,<br />
Managementberatung,<br />
öffentli<strong>ch</strong>er Dienst und Journalistik – alles<br />
Gebiete, in denen Klarheit des Denkens<br />
eine grosse Hilfe ist.“ (14) Es lässt si<strong>ch</strong><br />
aber au<strong>ch</strong> dafür argumentieren, dass die<br />
Aus einandersetzung mit philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Fragen eine Übung des Umgangs mit entgegengesetzten<br />
Positionen und Haltungen<br />
ermög li<strong>ch</strong>t. Situationen des Widerstreits<br />
stellen für PhilosophInnen das tägli<strong>ch</strong>e Brot<br />
dar, ebenso wie die friedli<strong>ch</strong>e Konfrontation<br />
mittels guten Begründungen der Gegenposition<br />
oder au<strong>ch</strong>, gewisse Fragen und Unsi<strong>ch</strong>erheiten<br />
offen zu lassen. Vielmals haben<br />
philosophis<strong>ch</strong>e Arbeiten aber au<strong>ch</strong> etwas<br />
mit Genauigkeit und Detailrei<strong>ch</strong>tum zu tun,<br />
wel<strong>ch</strong>e im Alltag s<strong>ch</strong>nell verloren gehen und<br />
für deren Offenlegung es einen ges<strong>ch</strong>ärften<br />
und geübten Verstand brau<strong>ch</strong>t.<br />
8
Trotz alledem findet si<strong>ch</strong> die <strong>Philosophie</strong><br />
als Fa<strong>ch</strong> und die Philosophinnen und Philosophen<br />
oftmals in Re<strong>ch</strong>tfertigungssituationen<br />
wieder: „Allem Ans<strong>ch</strong>ein na<strong>ch</strong><br />
gelangen sie niemals zu irgendwel<strong>ch</strong>en<br />
bedeutsamen S<strong>ch</strong>lussfolgerungen, und ihr<br />
Beitrag zur Gesells<strong>ch</strong>aft ist praktis<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong><br />
Null. Sie streiten no<strong>ch</strong> immer über dieselben<br />
Probleme, über die si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on die alten<br />
Grie<strong>ch</strong>en den Kopf zerbro<strong>ch</strong>en haben. <strong>Philosophie</strong><br />
s<strong>ch</strong>eint ni<strong>ch</strong>ts zu verändern; <strong>Philosophie</strong><br />
lässt alles, wie es ist“. (15)<br />
Aber stimmt das wirkli<strong>ch</strong>? Au<strong>ch</strong> wenn die<br />
<strong>Philosophie</strong> methodis<strong>ch</strong> anders vorgeht als<br />
naturwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Fä<strong>ch</strong>er, bedeutet<br />
dies ni<strong>ch</strong>t, dass kein Forts<strong>ch</strong>ritt erziehlt wird.<br />
Inwiefern <strong>Philosophie</strong> als Wissens<strong>ch</strong>aft gilt,<br />
erfährt man auf Seite 26 des Dossiers. Die<br />
Diskussion des Vorwurfs, dass <strong>Philosophie</strong><br />
kaum einen Nutzen für die Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
bringt, und ein Versu<strong>ch</strong>, die <strong>Philosophie</strong> zu<br />
re<strong>ch</strong>tfertigen, finden si<strong>ch</strong> auf Seiten 28 und<br />
30. Grundsätzli<strong>ch</strong> lässt si<strong>ch</strong> sagen, dass<br />
die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> überall<br />
dort Anwendung und Nützli<strong>ch</strong>keit findet, wo<br />
„geda<strong>ch</strong>t“ wird. Ob si<strong>ch</strong> dies ganz praktis<strong>ch</strong><br />
auf Verkaufsargumente eines Autohändlers<br />
oder auf die ethis<strong>ch</strong>en Aspekte von gesetzgeberis<strong>ch</strong>en<br />
Ents<strong>ch</strong>eiden bezieht: Die <strong>Philosophie</strong><br />
bietet oftmals eine differenzierte<br />
Hintergrunddebatte <strong>zum</strong> Thema, die meist<br />
Perspektiven, Argumente oder Problempunkte<br />
enthält, die ni<strong>ch</strong>t offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> sind.<br />
So stützt beispielsweise ein Arzt seine Diagnosen<br />
tägli<strong>ch</strong> auf „Wissen“ ab, obwohl dieses<br />
Wissen überhaupt gar ni<strong>ch</strong>t so si<strong>ch</strong>er<br />
ist, wie es zu sein s<strong>ch</strong>eint.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> spannt gewissermassen<br />
um alle wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Erkenntnisse einen<br />
Bogen und ist dadur<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> die „institutionalisierte<br />
Grundlagenkrise“: „In ihr ma<strong>ch</strong>t<br />
si<strong>ch</strong> die ursprüngli<strong>ch</strong>e Naivität des Denkens<br />
gegenüber seinen eigenen Modellen, Paradigmen<br />
und Methoden geltend.“ (16)<br />
Das will bedeuten, dass die <strong>Philosophie</strong><br />
diejenige Wissens<strong>ch</strong>aft ist, die ni<strong>ch</strong>t davon<br />
ausgeht, dass der Mens<strong>ch</strong> von vornherein<br />
immer alles ri<strong>ch</strong>tig versteht und daher au<strong>ch</strong><br />
die delikate Aufgabe hat, den Finger in die<br />
Wunde zu legen.<br />
Melanie Mettler, Doktorandin, Englis<strong>ch</strong>lektorin<br />
und Stadträtin (Bern)<br />
Beim Verfassen der Doktorarbeit spielt die<br />
<strong>Philosophie</strong> eine grosse Rolle: Was kann<br />
i<strong>ch</strong> überhaupt wissen? Wel<strong>ch</strong>e Voraussetzungen<br />
müssen gegeben sein, damit i<strong>ch</strong><br />
eine fundierte Aussage ma<strong>ch</strong>en kann? I<strong>ch</strong><br />
arbeite mit zeitgenössis<strong>ch</strong>en Romanen mit<br />
Migrationshintergrund. Dabei untersu<strong>ch</strong>e<br />
i<strong>ch</strong> die Arten, wie Familienkonflikte behandelt<br />
werden. Die Texte bieten vers<strong>ch</strong>iedene<br />
Versöhnungsstrategien an – man<strong>ch</strong>e sind<br />
erfolgrei<strong>ch</strong>, und man<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t. Es stellt si<strong>ch</strong><br />
heraus, dass Gemeinsamkeiten oft in geteilten<br />
Werten gefunden werden und traditionelle<br />
Zugehörigkeitskategorien wie Nationalität,<br />
Religion oder Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t ohne geteilte<br />
Werte ni<strong>ch</strong>t ausrei<strong>ch</strong>en. Das Bewusstsein<br />
von den eigenen Werten ermögli<strong>ch</strong>t die<br />
Kommunikation zwis<strong>ch</strong>en den Konfliktparteien<br />
– dies kann zu endgültiger Entfremdung<br />
führen, aber au<strong>ch</strong> zur Akzeptanz von<br />
Unters<strong>ch</strong>ieden. Als Stadträtin befasse i<strong>ch</strong><br />
mi<strong>ch</strong> ständig mit der Frage, wel<strong>ch</strong>e Art von<br />
Politik für eine na<strong>ch</strong>haltige Entwicklung der<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft sinnvoll ist. Prioritäten setzen,<br />
Abwägen zwis<strong>ch</strong>en Realpolitik und Idealismus,<br />
Folgenabs<strong>ch</strong>ätzungen sind alles Aufgaben<br />
des Parlaments, bei wel<strong>ch</strong>en mir die<br />
Arbeit der Philosophen hilft. Persönli<strong>ch</strong> ist<br />
mir die Philosopie insofern nah, als dass sie<br />
mi<strong>ch</strong> unterstützt im Streben, die Welt und die<br />
Mens<strong>ch</strong>en zu verstehen. I<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>e die Erfahrung,<br />
dass i<strong>ch</strong> die Mens<strong>ch</strong>en und unsere<br />
Umwelt je mehr s<strong>ch</strong>ätze und respektiere, je<br />
mehr i<strong>ch</strong> versu<strong>ch</strong>e, sie zu verstehen, und<br />
immer wieder ganz genau hinzusehen. Dabei<br />
entdecke i<strong>ch</strong> oft Wunderbares.<br />
9
Inhalte und Grundfragen<br />
Auf den folgenden Seiten soll ein grober Umriss um die Inhalte und Grundfragen der<br />
<strong>Philosophie</strong> gezogen werden. Da jedo<strong>ch</strong> die einzelnen Themen stets s<strong>ch</strong>on Bibliotheken<br />
füllen, kann hier nur ein kleines Abbild gegeben werden. Dabei geht es hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />
darum zu zeigen, wie weitläufig und vielfältig das Themengebiet der <strong>Philosophie</strong> ist.<br />
Wie wir auf Seite 6 s<strong>ch</strong>on gesehen haben, lässt si<strong>ch</strong> die <strong>Philosophie</strong> in zwei unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />
Teile aufspalten, die theoretis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> einerseits und andererseits die praktis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Philosophie</strong>. Die praktis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> setzt auf eine gewisse Art die Erkenntnisse<br />
der theoretis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> voraus, wobei letztere aber ni<strong>ch</strong>t auf die Erkenntnisse der<br />
praktis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> aufbaut. (17) Deshalb wird zuerst die theoretis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> mit<br />
folgenden Hauptberei<strong>ch</strong>en beleu<strong>ch</strong>tet: Logik, Metaphysik, Naturphilosophie, <strong>Philosophie</strong><br />
des Geistes, Spra<strong>ch</strong>philosophie sowie Handlungstheorie und Ents<strong>ch</strong>eidungstheorie.<br />
Logik<br />
„Die Logik ist eine spezielle Theorie des Argumentierens. Sie will auf na<strong>ch</strong>vollziehbare<br />
und na<strong>ch</strong>prüfbare Weise zeigen, was gute und zwingende Argumente sind. (...) Oft wurde<br />
Logik als Theorie der Gesetze des Denkens bezei<strong>ch</strong>net. Aber die Logik bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t mit dem Denken allgemein, sondern nur mit einer spezifis<strong>ch</strong>en Form des Denkens:<br />
Mit dem S<strong>ch</strong>liessen.“ (18) Logik zeigt uns also auf, wie wir argumentieren sollten und<br />
ist deshalb normativ. Dabei geht die Logik<br />
anhand von S<strong>ch</strong>emata und Formen vor:<br />
Für konkrete spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Ausdrücke werden<br />
Variablen eingesetzt, weshalb man<br />
von der „formalen Logik“ spri<strong>ch</strong>t. Die Logik<br />
analysiert S<strong>ch</strong>lüsse, die anhand ihrer Form<br />
gültig sind, Argumentationen, bei denen es<br />
ausges<strong>ch</strong>lossen ist, dass die Prämissen /<br />
Voraussetzungen wahr, die Konklusion /<br />
das Beweisziel aber fals<strong>ch</strong> sind. „Sokrates<br />
ist ein Mens<strong>ch</strong>. Alle Mens<strong>ch</strong>en sind sterbli<strong>ch</strong>.<br />
Also ist Sokrates sterbli<strong>ch</strong>.“ ist bspw.<br />
ein sol<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>luss – er hat dieselbe Form<br />
wie „Sokrates ist ein Fis<strong>ch</strong>. Alle Fis<strong>ch</strong>e<br />
sind essbar. Also ist Sokrates essbar.“,<br />
ein S<strong>ch</strong>luss, der ebenfalls gültig ist, aber<br />
fals<strong>ch</strong>e Prämissen hat.<br />
Um die Idee der Logik besser verstehen zu<br />
können, sollte man den Unters<strong>ch</strong>ied zwis<strong>ch</strong>en<br />
analytis<strong>ch</strong>en Sätzen (Fakten = Extensionen)<br />
und synthetis<strong>ch</strong>en Sätzen (Bedeutungen<br />
= Intensionen) kennen.<br />
Bild von Markus Müller, Wikimedia Commons<br />
Mehr Beispiele und Erklärungen für diese<br />
Unters<strong>ch</strong>eidung findet man im Internet<br />
auf der Seite des Themendossiers.<br />
10
Die Logik kennt u.a. folgende wi<strong>ch</strong>tige Argumentationsformen<br />
(19):<br />
• Modus ponens: Wenn gilt: p; wenn p,<br />
dann q; dann gilt au<strong>ch</strong>: q<br />
• Modus tollens: Wenn gilt: Wenn p,<br />
dann q; ni<strong>ch</strong>t-q; dann gilt au<strong>ch</strong>: ni<strong>ch</strong>t-p<br />
• Allspezialisierung: Wenn gilt: Alle Gegenstände,<br />
die P sind, sind au<strong>ch</strong> Q, dann<br />
gilt au<strong>ch</strong>: Wenn P(a), dann Q(a) (wobei<br />
a ein einzelner Gegenstand ist)<br />
Metaphysik<br />
Die Frage, wel<strong>ch</strong>e Gegenstände es in der<br />
Welt gibt, ist so alt wie die <strong>Philosophie</strong> selbst<br />
und stellt eine der Grundfragen der Metaphysik<br />
dar. (20) So wie wir wenig Grund zur<br />
Annahme haben, dass wir selbst ni<strong>ch</strong>t existieren,<br />
besteht ebenso wenig Grund <strong>zum</strong><br />
Zweifel an der Existenz der Gegenstände<br />
in der Welt wie bspw. Bäume, Tis<strong>ch</strong>e oder<br />
Tiere. Aber wie verhält es si<strong>ch</strong> bspw. mit<br />
Zahlen, Naturgesetzen, Werten wie Gere<strong>ch</strong>tigkeit<br />
oder Musikstücken? „Gewiss<br />
können wir beispielsweise I can‘t get no satisfaction<br />
hören, in einem Konzert oder auf<br />
einer CD; aber ist dieser Song identis<strong>ch</strong> mit<br />
einer oder mit allen seinen Aufführungen?<br />
Eher mö<strong>ch</strong>te man sagen, dass es si<strong>ch</strong> stets<br />
um dasselbe Musikstück handelt, das immer<br />
wieder neu aufgeführt und interpretiert<br />
wird – diese Interpretation können wir hören,<br />
ni<strong>ch</strong>t aber, so könnte man meinen, das<br />
Musikstück „selbst“, das eine re<strong>ch</strong>t rätselhafte<br />
Existenz zu haben s<strong>ch</strong>eint. (...) Wenn<br />
wir über die Frage na<strong>ch</strong>denken, wel<strong>ch</strong>e<br />
Arten von Gegenständen es im Universum<br />
gibt, ist es naheliegend, weitere Fragen zu<br />
stellen, beispielsweise<br />
• was wir unter dem Begriff „Existenz“ zu<br />
verstehen haben,<br />
• was wir über die Gegenstände und ihre<br />
Struktur wissen können allein aufgrund<br />
der Tatsa<strong>ch</strong>e, dass sie existieren oder<br />
real sind,<br />
• ob es in Hinsi<strong>ch</strong>t auf die Existenz der<br />
Gegenstände Abhängigkeitsverhältnisse<br />
gibt – wel<strong>ch</strong>e Gegenstände im<br />
primären Sinne existieren, und wel<strong>ch</strong>e<br />
Gegenstände zwar existieren, aber<br />
ni<strong>ch</strong>t auf selbstständige Weise.“ (21)<br />
Benjamin Fay, Komponist und<br />
Musikproduzent<br />
In meinem Alltag muss i<strong>ch</strong> Urteile fällen, die<br />
i<strong>ch</strong> gut begründen kann. Die <strong>Philosophie</strong><br />
eröffnet mir einen besonderen Zugang zu<br />
den Bedeutungen der Dinge und hilft mir<br />
dadur<strong>ch</strong>, dass die Urteile Substanz haben.<br />
Da i<strong>ch</strong> unters<strong>ch</strong>eiden können muss, was<br />
der Musik als sol<strong>ch</strong>es dient und wann es<br />
si<strong>ch</strong> um Ges<strong>ch</strong>macksfragen handelt. Die<br />
Objektivität meiner Urteile ist dabei genau<br />
so wi<strong>ch</strong>tig, wie im Hinterkopf zu behalten,<br />
dass es oftmals kein ri<strong>ch</strong>tig und fals<strong>ch</strong> gibt.<br />
Gerade die ästhetis<strong>ch</strong>en Fragen sind sehr<br />
s<strong>ch</strong>wierig: Um manövrieren zu können,<br />
muss man den Einzelfall sehr tief ergründen.<br />
Die Leute, die si<strong>ch</strong> von mir beraten<br />
lassen, erwarten, dass i<strong>ch</strong> eine Si<strong>ch</strong>erheit<br />
vermitteln kann.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> bedeutet für mi<strong>ch</strong> deshalb<br />
ebenso, die Freiheit im Geist zu pflegen, sodass<br />
i<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on Geda<strong>ch</strong>tes neu denken kann.<br />
Dabei ermögli<strong>ch</strong>t die gedankli<strong>ch</strong>e Arbeit es<br />
uns ja überhaupt, die Aussenwelt zu verarbeiten.<br />
Meiner Ansi<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> ist es nötiger<br />
als je zuvor, diese zu s<strong>ch</strong>ulen. Der heutige<br />
Informationsüberfluss erfordert, dass wir<br />
uns orientieren können. Nur wenn i<strong>ch</strong> meine<br />
Eindrücke „sinnvoll“ verarbeiten kann, habe<br />
i<strong>ch</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keit, daraus Kreativität zu<br />
gewinnen. Die „Liebe zur Weisheit“ ist die<br />
Mögli<strong>ch</strong>keit, (Wort-)Bedeutungen genau zu<br />
verstehen, was mir wiederum erlaubt, kommunizieren<br />
zu können. Die Beurteilung von<br />
Musik hat mit Gefühlen und Empfindungen<br />
zu tun und es gilt, diese klar und für andere<br />
Leute verständli<strong>ch</strong> auszudrücken.<br />
11
Naturphilosophie<br />
Die Naturphilosophie bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong> mit<br />
den grundlegenden Begriffen der Natur<br />
und der Naturgesetze. „Die allgemeinste<br />
Idee der Natur, von der die philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Debatten heute am häufigsten ausgehen,<br />
<strong>ch</strong>arakterisiert die Natur als das Rei<strong>ch</strong> der<br />
Naturgesetze – also als Rei<strong>ch</strong> all jener Ereignisse,<br />
die dur<strong>ch</strong> Naturgesetze miteinander<br />
verbunden sind. Die allgemeine Idee<br />
der Natur greift also vor allem auf den Begriff<br />
des Naturgesetzes zurück (...).“ (22)<br />
Um die Umrisse einer modernen Naturauffassung<br />
aufzeigen zu können, untersu<strong>ch</strong>t<br />
die Naturphilosophie deshalb ni<strong>ch</strong>t nur das<br />
Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en der klassis<strong>ch</strong>en Physik,<br />
der Relativitätstheorie und der Quantenphysik,<br />
sondern beispielsweise au<strong>ch</strong> die Evolutionstheorie<br />
und Fragen zur Vorbestimmtheit<br />
(Determiniertheit) der Welt.<br />
<strong>Philosophie</strong> des Geistes<br />
„In der zeitgenössis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> des<br />
Geistes wird der Geist (...) eher als eine<br />
Menge von Zuständen (meist des Gehirns)<br />
mit geistigen (=mentalen) Eigens<strong>ch</strong>aften angesehen,<br />
die ihre Träger ni<strong>ch</strong>t nur befähigen<br />
zu denken, sondern z.B. au<strong>ch</strong> zu fühlen.“<br />
(23) Einerseits werden einzelne geistige<br />
Phänomene untersu<strong>ch</strong>t, beispielsweise die<br />
Emotion Wut, andererseits wird versu<strong>ch</strong>t<br />
Kriterien anzugeben, um den Begriff „das<br />
Geistige“ ri<strong>ch</strong>tig zu verstehen. Ein Beispiel<br />
für <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>e Merkmale geistiger Zustände<br />
sind beispielsweise folgende drei:<br />
• „Mentale Zustände von Organismen haben<br />
natürli<strong>ch</strong>e Funktionen, die im Wesentli<strong>ch</strong>en<br />
darin bestehen, dass externe<br />
Reize (=Stimuli) kausal zu inneren Gehirn-<br />
und Körperzuständen führen, die<br />
ihrerseits auf kausale Weise Reaktionen<br />
auslösen, die für den Organismus nützli<strong>ch</strong><br />
sind. = Funktionalität<br />
• Einige mentale Zustände von Organismen<br />
sind bewusst, also für ihre Träger<br />
subjektiv, d.h. die Organismen fühlen<br />
oder wissen, wie es ist, in diesen Zuständen<br />
zu sein. = Bewusstheit<br />
• Einige mentale Zustände sind Repräsentationen,<br />
d.h. sind auf etwas geri<strong>ch</strong>tet.<br />
= Repräsentationalität.“ (24)<br />
Spra<strong>ch</strong>philosophie<br />
Die Spra<strong>ch</strong>philosophie befasst si<strong>ch</strong> mit der<br />
Bedeutung von spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Zei<strong>ch</strong>en. Die<br />
zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte<br />
klassis<strong>ch</strong>e Semantik umfasst folgende drei<br />
Kernthesen:<br />
1. „Alle sinnvollen (bedeutungsvollen) Aussagen<br />
sind entweder analytis<strong>ch</strong> oder<br />
synthetis<strong>ch</strong>.<br />
2. Es gibt eine klare Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en<br />
Fakten und Bedeutungen und daher<br />
au<strong>ch</strong> eine klare Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en<br />
Physik und Semantik.<br />
3. Die Angabe der Bedeutung eines Satzes<br />
besteht in der Angabe seiner Wahrheitsbedingungen,<br />
also jener Bedingungen,<br />
unter denen er wahr bzw. fals<strong>ch</strong> ist.“ (25)<br />
12
Handlungstheorie<br />
Eine der zentralsten Fragen der Handlungstheorie<br />
ist, inwiefern si<strong>ch</strong> Handlungen vom<br />
einfa<strong>ch</strong>en Verhalten unters<strong>ch</strong>eiden lassen.<br />
„Handlungen – das ist die Kernidee der<br />
modernen Handlungstheorie – sind Verhaltensweisen,<br />
die si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Absi<strong>ch</strong>ten (Intentionen)<br />
bes<strong>ch</strong>reiben lassen. Eine Handlung<br />
wird individuiert (wenn y das x zu dem<br />
ma<strong>ch</strong>t, was es ist) und daher identifizieren<br />
wir eine Handlung dadur<strong>ch</strong>, dass wir die<br />
Absi<strong>ch</strong>t identifizieren, von der die Handlung<br />
begleitet ist und die sie zu der Handlung<br />
ma<strong>ch</strong>t, die sie ist.“ (26)<br />
Das grundlegende S<strong>ch</strong>ema einer einfa<strong>ch</strong>en<br />
Handlungserklärung hat folgende Form:<br />
a) Akteur A wüns<strong>ch</strong>t, dass Ziel Z verwirkli<strong>ch</strong>t<br />
wird.<br />
b) A glaubt, Handlung H sei ein Mittel<br />
zur Verwirkli<strong>ch</strong>ung von Z.<br />
Also c) A vollzieht H.<br />
Die Folgerung von a) und b) auf c) nennt<br />
man „praktis<strong>ch</strong>er Syllogismus“. (27)<br />
Ents<strong>ch</strong>eidungstheorie<br />
Unter Ents<strong>ch</strong>eidungstheorie versteht man<br />
„die Theorie der rationalen Wahl“ (28), wel<strong>ch</strong>e<br />
oftmals von einem idealen rationalen<br />
Akteur ausgeht und eines der „wi<strong>ch</strong>tigsten<br />
theoretis<strong>ch</strong>en Fundamente der gegenwärtigen<br />
Ökonomie“ (29) darstellt.<br />
„Rational handeln wir genau dann, wenn<br />
wir wissen, was wir wollen, wenn wir eine<br />
wohldur<strong>ch</strong>da<strong>ch</strong>te Vorstellung von den wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>en<br />
Folgen unserer Handlungen<br />
haben und wenn wir dementspre<strong>ch</strong>end das<br />
wirksamste Mittel zur Dur<strong>ch</strong>setzung unserer<br />
Ziele wählen. Die Theorie der rationalen<br />
Wahl versu<strong>ch</strong>t der Kluft zwis<strong>ch</strong>en Ideal und<br />
Wirkli<strong>ch</strong>keit des rationalen Handelns unter<br />
anderem dadur<strong>ch</strong> entgegenzukommen,<br />
dass sie zwis<strong>ch</strong>en der Handlungswahl unter<br />
Bedingungen der Si<strong>ch</strong>erheit, des Risikos<br />
und der Unsi<strong>ch</strong>erheit unters<strong>ch</strong>eidet. Zusätzli<strong>ch</strong>e<br />
Komplexität erhält die Theorie der rationalen<br />
Wahl, wenn sie ni<strong>ch</strong>t mehr nur von<br />
einem, sondern von mehreren rationalen<br />
Aktoren ausgeht. (...) Mit diesem S<strong>ch</strong>ritt ist<br />
die Erweiterung der Theorie der rationalen<br />
Wahl zur Spieltheorie errei<strong>ch</strong>t.“ (30)<br />
Bubi Rufener, Musiker und Leiter der<br />
Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige<br />
Wenn man 17 Jahre in der Anlaufstelle und<br />
somit im Berei<strong>ch</strong> Überlebenshilfe arbeitet,<br />
ist man unauswei<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> mit philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Fragen konfrontiert. Ohne Authentizität läuft<br />
gar ni<strong>ch</strong>ts: Die KlientInnen reflektieren Dir<br />
sehr klar, warum und ob sie Respekt vor<br />
Dir haben und merken au<strong>ch</strong> ganz genau,<br />
wie es Dir geht. Die Frage „Wer bin i<strong>ch</strong>?“<br />
ist in meinem Job keine Floskel. Wenn Du<br />
ni<strong>ch</strong>t der bist, der Du bist, wirst Du von den<br />
Leuten ni<strong>ch</strong>t ernst genommen. Es geht ja<br />
au<strong>ch</strong> darum, Regeln dur<strong>ch</strong>zusetzen. Aber<br />
um eine Regel argumentativ vertreten zu<br />
können, muss i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> sehr genau damit<br />
auseinandersetzen, weshalb es diese Regel<br />
gibt, wel<strong>ch</strong>en Sinn und Zweck sie hat.<br />
Zudem habe i<strong>ch</strong> es fast tägli<strong>ch</strong> mit moralis<strong>ch</strong>en<br />
Dillemmata und si<strong>ch</strong> überkreuzenden<br />
Moralvorstellungen zu tun. Dabei<br />
versu<strong>ch</strong>e i<strong>ch</strong> als Mens<strong>ch</strong>enfreund mittels<br />
Dialog Brücken ins Unmögli<strong>ch</strong>e zu bauen.<br />
Das wird mir au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> meine persönli<strong>ch</strong>e<br />
Neugierde für neues Wissen ermögli<strong>ch</strong>t. Die<br />
Faszination für Erklärungen, Begründungen<br />
und Spra<strong>ch</strong>e sowie die Auseinandersetzung<br />
mit Sinnfragen oder mit si<strong>ch</strong> selbst empfinde<br />
i<strong>ch</strong> als lustvolles Na<strong>ch</strong>denken. Ausserdem<br />
errei<strong>ch</strong>e i<strong>ch</strong> die innere Ruhe erst dann,<br />
wenn i<strong>ch</strong> den Fragen auf den Grund gegangen<br />
bin. Diese innere Ruhe, das Wissen<br />
warum und meine Selbstkenntnis sind unerlässli<strong>ch</strong><br />
für meinen Berufsalltag, denn dort<br />
kann man ni<strong>ch</strong>t wegs<strong>ch</strong>auen – au<strong>ch</strong> wenn<br />
das Fressen vor der Moral kommt.<br />
13
Praktis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />
Ethik<br />
Die „Wissens<strong>ch</strong>aft der Moral“ befasst si<strong>ch</strong> mit Handlungen, die moralis<strong>ch</strong>en Charakter aufweisen.<br />
Es wird zwis<strong>ch</strong>en zwei methodis<strong>ch</strong>en Kategorien unters<strong>ch</strong>ieden: Einerseits die<br />
deskriptive und andererseits die normative Methode. Die deskriptive Methode bes<strong>ch</strong>reibt<br />
die Handlungsweisen einer Gemeins<strong>ch</strong>aft und untersu<strong>ch</strong>t, wel<strong>ch</strong>e Werte und Moralkodices<br />
in ihr wirksam sind. Die normative Methode entwickelt hingegen Kriterien, „die eine moralis<strong>ch</strong>e<br />
Beurteilung von Handlungen ermögli<strong>ch</strong>en, ohne diese bereits vorwegzunehmen.“<br />
(31) Dabei geht es ni<strong>ch</strong>t darum, Handlungsanweisungen festzusetzen, in wel<strong>ch</strong>er Situation<br />
wie zu handeln ist.<br />
Das Ziel der Ethik wird von Annemarie Pieper in folgenden Teilzielen formuliert:<br />
1. „Die Aufklärung mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Praxis hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ihrer moralis<strong>ch</strong>en Qualität.<br />
2. Einübung in ethis<strong>ch</strong>e Argumentationsweise und Begründungsgänge, dur<strong>ch</strong> die ein kritis<strong>ch</strong>es,<br />
von der Moral bestimmtes Selbstbewusstsein entwickelt werden kann.<br />
3. Hinführung zur der Einsi<strong>ch</strong>t, dass moralis<strong>ch</strong>es Handeln ni<strong>ch</strong>t etwas Beliebiges, Willkürli<strong>ch</strong>es<br />
ist, das man na<strong>ch</strong> Gutdünken tun oder lassen kann, sondern Ausdruck einer für<br />
das Sein als Mens<strong>ch</strong> unverzi<strong>ch</strong>tbaren Qualität: Der Humanität.“ (32)<br />
Die Voraussetzung ist dabei, dass ein Mens<strong>ch</strong> über „guten Willen“ verfügt und sein Leben<br />
auf humane und verantwortungsbewusste Weise gestaltet. Die Ethik ermögli<strong>ch</strong>t es,<br />
„moralis<strong>ch</strong>e Probleme und Konflikte mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Handelns als sol<strong>ch</strong>e klar zu erfassen,<br />
mögli<strong>ch</strong>e Lösungsvors<strong>ch</strong>läge zu entwickeln und auf ihre moralis<strong>ch</strong>en Konsequenzen hin<br />
zu dur<strong>ch</strong>denken sowie si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> reifli<strong>ch</strong>er Überlegung selbstständig „mit guten Gründen“<br />
für eine bestimmte Lösung zu ents<strong>ch</strong>eiden.“ (33)<br />
Die angewandte Ethik umfasst daher viele Teilberei<strong>ch</strong>e wie die Bioethik, medizinis<strong>ch</strong>e<br />
Ethik, Sozialethik, Wirts<strong>ch</strong>aftsethik, Wissens<strong>ch</strong>aftsethik, Umweltethik, Friedensethik oder<br />
Medienethik und Te<strong>ch</strong>nikethik.<br />
Mehr Erklärungen zur Ethik findet man im Internet auf der Seite des Themendossiers.<br />
14
Re<strong>ch</strong>tsphilosophie<br />
Die Aufgabe der Re<strong>ch</strong>tsphilosophie ist es,<br />
das Re<strong>ch</strong>t umfassend zu hinterfragen und<br />
aus einer externen Perspektive Kritik oder<br />
Re<strong>ch</strong>tfertigung der Re<strong>ch</strong>tsordnung ermögli<strong>ch</strong>t.<br />
Dabei ist die Frage, inwiefern das<br />
Re<strong>ch</strong>t „gere<strong>ch</strong>t“ ist, absolut zentral. Da si<strong>ch</strong><br />
das Re<strong>ch</strong>t seit der Aufklärung jedo<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t mehr mit Moral glei<strong>ch</strong>setzen lässt und<br />
si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> den Zwangs<strong>ch</strong>arakter davon unters<strong>ch</strong>eidet,<br />
ist „der Zusammenhang von<br />
Re<strong>ch</strong>t und Gere<strong>ch</strong>tigkeit ni<strong>ch</strong>t mehr problemlos<br />
und zwingend.“ (34)<br />
In der Re<strong>ch</strong>tsphilosophie lassen si<strong>ch</strong> zwei<br />
klassis<strong>ch</strong>e Standpunkte unters<strong>ch</strong>eiden: Die<br />
Naturre<strong>ch</strong>tslehre und der Re<strong>ch</strong>tspositivismus.<br />
Die klassis<strong>ch</strong>e Naturre<strong>ch</strong>tslehre, die<br />
bis heute vertreten wird, besagt, „dass der<br />
Begriff des Re<strong>ch</strong>ts den Begriff der Gere<strong>ch</strong>tigkeit<br />
notwendig mit enthalte und dass unter<br />
Umständen ein positives Re<strong>ch</strong>t, wel<strong>ch</strong>es<br />
den Geboten der Gere<strong>ch</strong>tigkeit widerspre<strong>ch</strong>e,<br />
ni<strong>ch</strong>t ungere<strong>ch</strong>tes Re<strong>ch</strong>t, sondern gar<br />
kein Re<strong>ch</strong>t sei.“ (35) Der Re<strong>ch</strong>tspositivismus<br />
hingegen besagt, dass das Re<strong>ch</strong>t unabhängig<br />
ist von einer subjektiven Re<strong>ch</strong>tsüberzeugung<br />
und dur<strong>ch</strong> die autoritär gesetzte<br />
Re<strong>ch</strong>tsordnung objektiv existiert. (36) Au<strong>ch</strong><br />
wenn die gesetzten Re<strong>ch</strong>tsnormen wegen<br />
der Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit au<strong>ch</strong> dann gelten und<br />
Vorrang haben, wenn es sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ungere<strong>ch</strong>t<br />
s<strong>ch</strong>eint – so handelt es si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mehr um<br />
Re<strong>ch</strong>t, wenn überhaupt keine Gere<strong>ch</strong>tigkeit<br />
angestrebt wird. (37)<br />
Politis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />
Die politis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> hat den Staatsbegriff<br />
als Ausgangspunkt und ist damit<br />
spezieller ausgeri<strong>ch</strong>tet als die Ethik, da sie<br />
si<strong>ch</strong> auf institutionsethis<strong>ch</strong>e Probleme begrenzt.<br />
(38) Dabei werden beispielsweise<br />
Fragen behandelt, wie si<strong>ch</strong> ein Staat legitimieren<br />
lässt, wie eine gere<strong>ch</strong>te Staatsorganisation<br />
aussieht und wel<strong>ch</strong>e Gründe es<br />
für unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Regierungsformen gibt.<br />
So sind au<strong>ch</strong> die Fragen, wie eine bestmögli<strong>ch</strong>e<br />
Organisation einer Wirts<strong>ch</strong>afts- und<br />
Sozialordnung aussehen sollte oder si<strong>ch</strong><br />
Eigentum legitimieren lässt, Teilgebiete der<br />
politis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong>.<br />
Marie-Therese Röthlisberger-Fis<strong>ch</strong>er,<br />
lic. iur. Re<strong>ch</strong>tsanwältin<br />
Philosophis<strong>ch</strong>e Fragen begleiten mi<strong>ch</strong> in<br />
meinem Berufsalltag hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> Fragen<br />
der Mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>keit und au<strong>ch</strong> meiner Selbsterfahrung.<br />
Wenn i<strong>ch</strong> beispielsweise die Verteidigung<br />
eines Vergewaltigers übernehmen<br />
soll, hilft die <strong>Philosophie</strong>, neben anderen<br />
Perspektiven, zu ents<strong>ch</strong>eiden, ob i<strong>ch</strong> das<br />
Mandat übernehmen will. So ist die grundsätzli<strong>ch</strong>e<br />
Ausri<strong>ch</strong>tung meines Berufsalltags<br />
stark beeinflusst von einer moralis<strong>ch</strong>en<br />
Auseinandersetzung mit mir selbst. Erst<br />
dur<strong>ch</strong> diese habe i<strong>ch</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keit, eine<br />
Wahl zu treffen und somit au<strong>ch</strong> über mein<br />
persönli<strong>ch</strong>es Lebensglück zu ents<strong>ch</strong>eiden.<br />
Wenn diese Auseinandersetzung ni<strong>ch</strong>t<br />
stattfindet, dann findet man letzteres wohl<br />
hö<strong>ch</strong>stens per Zufall. Ausserdem s<strong>ch</strong>afft die<br />
<strong>Philosophie</strong> no<strong>ch</strong> auf eine andere Weise einen<br />
Mehrwert: In den Geri<strong>ch</strong>tsprozessen ist<br />
die Spra<strong>ch</strong>e mein einziges Werkzeug. Da in<br />
der juristis<strong>ch</strong>en Ausbildung der Umgang mit<br />
Argumenten und logis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>lüssen nur<br />
dur<strong>ch</strong> Na<strong>ch</strong>ahmung und Einübung in der<br />
tägli<strong>ch</strong>en Tätigkeit erlernt wird, ist die <strong>Philosophie</strong><br />
der einzige Zugang, mein eigenes<br />
Werkzeug systematis<strong>ch</strong> kennen und benennen<br />
zu lernen. Au<strong>ch</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> gehört<br />
die <strong>Philosophie</strong> meiner Ansi<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> in den<br />
Alltag. So wie man Sport für die körperli<strong>ch</strong>e<br />
Gesundheit ma<strong>ch</strong>t, ist die Auseinandersetzung<br />
mit si<strong>ch</strong> und der Welt für die geistige<br />
Gesundheit essentiell. Au<strong>ch</strong> ist es äusserst<br />
befreiend, wenn man merkt, dass si<strong>ch</strong> viele<br />
Leute ganz ähnli<strong>ch</strong>e, s<strong>ch</strong>wierige – philosophis<strong>ch</strong>e<br />
– Fragen stellen.<br />
15
„Ihrem Selbstverständnis na<strong>ch</strong> sind Staaten<br />
legitime Herrs<strong>ch</strong>aftsverbände, während z.B.<br />
Räuberbanden, die einen Landstri<strong>ch</strong> beherrs<strong>ch</strong>en<br />
als illegitime Regenten betra<strong>ch</strong>tet<br />
werden. Die Basis- oder Ausgangsfrage<br />
der politis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> lautet daher:<br />
Worauf stützt si<strong>ch</strong> dieser Legitimitätsanspru<strong>ch</strong>?<br />
Wel<strong>ch</strong>e Gründe spre<strong>ch</strong>en dafür,<br />
dass Mens<strong>ch</strong>en ihr Zusammenleben staatsförmig<br />
organisieren? Man kann dieses Problem<br />
in zwei Ri<strong>ch</strong>tungen ausbu<strong>ch</strong>stabieren:<br />
Zum einen lässt si<strong>ch</strong> die Frage stellen, ob<br />
es pragmatis<strong>ch</strong> sinnvoll ist, Staaten einzuri<strong>ch</strong>ten.<br />
(...) Zum anderen kann man die<br />
Frage aufwerfen, ob es moralis<strong>ch</strong> legitim,<br />
angemessen, ja viellei<strong>ch</strong>t sogar geboten ist,<br />
Staaten zu etablieren.“ (39)<br />
Kulturphilosophie<br />
Die Kulturphilosophie untersu<strong>ch</strong>t <strong>zum</strong> einen,<br />
was unter dem Begriff „Kultur“ zu verstehen<br />
ist, wel<strong>ch</strong>e Bedingungen es für die<br />
Entstehung von Kultur gibt. Zum anderen<br />
Teil befasst si<strong>ch</strong> die philosophis<strong>ch</strong>e Kulturkritik<br />
mit kulturellen Phänomenen, wie bspw.<br />
Massenmedien oder den Auswirkungen der<br />
industrialisierten Gesells<strong>ch</strong>aft.<br />
Der Begriff „Kultur“ lässt si<strong>ch</strong> auf viele unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />
Arten ausdeuten. Dabei lassen<br />
si<strong>ch</strong> folgende vier Herangehensweisen unters<strong>ch</strong>eiden:<br />
„Der erste Kulturbegriff ist deskriptiv und<br />
bezei<strong>ch</strong>net die von Mens<strong>ch</strong>en gema<strong>ch</strong>te<br />
Welt, die Formen ihrer Produktion und<br />
Reproduktion im Rahmen fassbarer Sitten<br />
und Gebräu<strong>ch</strong>e, Mentalitäten und symbolis<strong>ch</strong>er<br />
Ordnungen. In dieser Verwendungsweise<br />
konvergiert der Kulturbegriff<br />
mit dem – ebenfalls vieldeutigen – Begriff<br />
der Zivilisation. Der zweite Kulturbegriff ist<br />
dynamis<strong>ch</strong> und trägt der Selbstverdoppelung<br />
Re<strong>ch</strong>nung, wie sie für die Kultur von<br />
altersher <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong> ist. Zur materialen<br />
kommt die reflexive Ebene hinzu und<br />
mit ihr jene Praxis fortgesetzter Selbstbes<strong>ch</strong>reibung,<br />
in deren Rahmen die Konventionen,<br />
Leitvorstellungen und Grundsätze<br />
des Zusammenlebens erfasst und reproduziert,<br />
aber au<strong>ch</strong> geprüft werden. Als <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>e<br />
Ers<strong>ch</strong>einung der Moderne ist<br />
die Kulturphilosophie selbst ein Teil dieses<br />
Feldes, ebenso die Kulturkritik. An dritter<br />
Stelle steht das ar<strong>ch</strong>äologis<strong>ch</strong>e Konzept.<br />
Es benennt die Bedingungen, die Überlieferungs-<br />
und Traditionszusammenhänge,<br />
die wir immer s<strong>ch</strong>on voraussetzen, wenn<br />
wir unser Leben führen. Es handelt si<strong>ch</strong> um<br />
einen unbewussten Berei<strong>ch</strong>, den Berei<strong>ch</strong><br />
der tiefsitzenden Überzeugungen und Sentiments,<br />
die aus der Distanz bes<strong>ch</strong>reibbar<br />
sind. Es ist ein Beitrag zur Selbstaufklärung,<br />
wenn die Kulturphilosophie in diesem<br />
Bezirk der kollektiven Ängste und Befür<strong>ch</strong>tungen,<br />
der stills<strong>ch</strong>weigenden Erwartungen<br />
und Sehnsü<strong>ch</strong>te ermittelt. Der vierte Kulturbegriff<br />
s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> ist normativ, denn er geht<br />
von der Rekonstruktion zur Fests<strong>ch</strong>reibung<br />
von Unters<strong>ch</strong>ieden über, die er in hierar<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en<br />
Ordnungen abbildet. (...) Au<strong>ch</strong> dieses<br />
Konfliktfeld gehört in das Spektrum des<br />
Kulturbegriffs, und so s<strong>ch</strong>eint es, als habe<br />
die Kultur die Positionen des Freundes oder<br />
des Feindes immer s<strong>ch</strong>on vergeben.“ (40)<br />
16
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie<br />
„Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie ri<strong>ch</strong>tet si<strong>ch</strong> sowohl<br />
auf die philosophis<strong>ch</strong>e Deutung einzelner<br />
historis<strong>ch</strong>er Ereignisse als au<strong>ch</strong> die Analyse<br />
der Gesamtvergangenheit. Allerdings<br />
muss immer vorausgesetzt werden, dass<br />
historis<strong>ch</strong>e Kenntnisse lückenhaft und oft<br />
so zufällig sind, dass erklärende Synthesen<br />
immer fragwürdig bleiben müssen.<br />
Von grundlegender Bedeutung für die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie<br />
ist die Tatsa<strong>ch</strong>e, dass<br />
sie si<strong>ch</strong> seit ihren Anfängen als eine Lehre<br />
zur Erklärung des jeweiligen Weltzustandes<br />
versteht (...).“ (41)<br />
Erstaunli<strong>ch</strong>erweise ist die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie<br />
kein Themengebiet, wel<strong>ch</strong>es die<br />
<strong>Philosophie</strong> seit Beginn an bes<strong>ch</strong>äftigte.<br />
Erst mit Voltaire (1765), der den Begriff <strong>zum</strong><br />
ersten Mal verwendete, beginnt die philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Auseinandersetzung mit der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te.<br />
(42) Das bedeutet wiederum ni<strong>ch</strong>t,<br />
dass si<strong>ch</strong> keinerlei Ansätze von ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophis<strong>ch</strong>er<br />
Reflexion bspw. bei Platon<br />
ausma<strong>ch</strong>en liessen.<br />
Do<strong>ch</strong> erst in der Neuzeit erhält die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie<br />
dur<strong>ch</strong> Kant, Fi<strong>ch</strong>te und<br />
Hegel ihre klassis<strong>ch</strong>e Ausformulierung und<br />
zwar dur<strong>ch</strong> den „für die Neuzeit als Leitideal<br />
fungierenden Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en<br />
dem rationalen Begreifen von Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />
und deren realer Vernünftigkeit. Historis<strong>ch</strong>e<br />
Erkenntnis gewinnt ihren hö<strong>ch</strong>sten Rang<br />
und entfaltet ihr grösstes Potential; zuglei<strong>ch</strong><br />
ers<strong>ch</strong>eint Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te als Gang der Vernunft<br />
und Realisierung mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Freiheit. Es<br />
ist dies gewissermassen die unüberbietbare<br />
Konstellation affirmativer Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie.<br />
Ihren emphatis<strong>ch</strong>en Leitgedanken<br />
teilt no<strong>ch</strong> Marx, der in Opposition <strong>zum</strong> bürgerli<strong>ch</strong>en<br />
Forts<strong>ch</strong>rittsdenken historis<strong>ch</strong>e<br />
Vernunft als erst herzustellende begreift;<br />
dana<strong>ch</strong> verliert diese als politis<strong>ch</strong>e wie wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Leitperspektive zunehmend<br />
ihre Glaubwürdigkeit.“ (43)<br />
Wie si<strong>ch</strong> erkennen lässt, befasst si<strong>ch</strong> die<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie somit ni<strong>ch</strong>t mit der<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>, sondern mit<br />
den Grundlagen des historis<strong>ch</strong>en Denkens<br />
und der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te an si<strong>ch</strong>.<br />
Mi<strong>ch</strong>ael Lehmann, Ko<strong>ch</strong> bei<br />
Genussreise.<strong>ch</strong> und Hausmann<br />
Der Berufsstolz der Kö<strong>ch</strong>e besteht im Umgang<br />
mit der Auswahl der Zutaten, wel<strong>ch</strong>e<br />
multipliziert mit den mögli<strong>ch</strong>en Zubereitungsweisen<br />
einen zahllosen Variantenrei<strong>ch</strong>tum<br />
eröffnet. Dabei lassen si<strong>ch</strong> mehrere philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Aspekte ausma<strong>ch</strong>en: Erstens<br />
manifestiert si<strong>ch</strong> die Betriebsphilosophie<br />
im Stil des Ko<strong>ch</strong>s. Jedo<strong>ch</strong> gilt: Egal, ob es<br />
si<strong>ch</strong> um „cuisine naturelle“, einen avantgardistis<strong>ch</strong>en<br />
oder klassis<strong>ch</strong> französis<strong>ch</strong>en Stil<br />
handelt, das Ziel eines Ko<strong>ch</strong>s ist es, seinen<br />
eigenen, individuellen Stil zu entwickeln,<br />
der ihn – und im besten Fall au<strong>ch</strong> das Lokal<br />
– unverwe<strong>ch</strong>selbar werden lässt. Zweitens<br />
geht es beim Essen und dessen Zubereitung<br />
immer au<strong>ch</strong> um Wahrnehmung und<br />
das Spiel mit an Erinnerungen geknüpften<br />
Ges<strong>ch</strong>mäckern und Gerü<strong>ch</strong>en, worin die eigentli<strong>ch</strong>e<br />
Kernfrage des Ko<strong>ch</strong>ens besteht.<br />
Drittens gibt es au<strong>ch</strong> viele ethis<strong>ch</strong>e Aspekte,<br />
wie bspw. die Frage, wieviel man wegwirft,<br />
für wel<strong>ch</strong>e regionalen Produkte man si<strong>ch</strong><br />
ents<strong>ch</strong>eidet oder wie man mit den Produkten<br />
umgeht – z.B. wie sorgfältig man die<br />
Mohrrübe beim Zubereiten behandelt. Die<br />
<strong>Philosophie</strong> existiert aber ni<strong>ch</strong>t nur in der<br />
Kü<strong>ch</strong>e und das ist au<strong>ch</strong> gut so. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />
fragen si<strong>ch</strong> die Mens<strong>ch</strong>en immer no<strong>ch</strong><br />
dieselben Fragen wie vor hunderten von<br />
Jahren. Der Drang na<strong>ch</strong> Wissen hält den<br />
Mens<strong>ch</strong>en wa<strong>ch</strong>: Solange wir ni<strong>ch</strong>t wissen,<br />
woher wir kommen und wohin wir gehen<br />
als Mens<strong>ch</strong>en, hat die <strong>Philosophie</strong> ni<strong>ch</strong>t nur<br />
eine Daseinsbere<strong>ch</strong>tigung, sondern sollte<br />
au<strong>ch</strong> den jungen Generationen offenstehen.<br />
17
Entwicklung der <strong>Philosophie</strong><br />
Antike<br />
Der Übergang vom „Mythos <strong>zum</strong> Logos“<br />
zog si<strong>ch</strong> über hunderte von Jahren hin und<br />
fand seinen Ursprung rund 600 v.Chr. in<br />
Grie<strong>ch</strong>enland.<br />
Die Vorsokratiker (Thales, Demokrit und die<br />
Sophisten) entdeckten, „dass die uns vorgegebene<br />
Welt als Ganzes anzusehen ist<br />
(physis), das eine Ordnung hat (kosmos),<br />
die erkannt werden kann (logos), aber ni<strong>ch</strong>t<br />
an der Oberflä<strong>ch</strong>e liegt (ar<strong>ch</strong>e), und deren<br />
Erkenntnis – so ein weiteres Element – vom<br />
Irrtum bedroht ist“ (44). Sokrates (ca. 470-<br />
399 v.Chr.), Platon (ca. 428-348 v.Chr.) und<br />
Aristoteles (384-322 v.Chr.) gelten als die<br />
grössten Denker der Antike. Sie befassten<br />
si<strong>ch</strong> u.a. mit den unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Formen<br />
des Wissens, Gere<strong>ch</strong>tigkeit, Logik und Dialektik,<br />
Metaphysik, Ethik, Politik und der <strong>Philosophie</strong><br />
der Natur. Die S<strong>ch</strong>riften von Platon<br />
(bspw. „Politeia“ = „Der Staat“) und Aristoteles<br />
(bspw. „Nikoma<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Ethik“) zählen<br />
zu den bekanntesten Werken der Weltliteratur.<br />
Hierzu zählt au<strong>ch</strong> Aristoteles‘ Bu<strong>ch</strong> der<br />
„Metaphysik“, wel<strong>ch</strong>es ein Begriffslexikon<br />
der <strong>Philosophie</strong> enthält, wel<strong>ch</strong>es <strong>zum</strong> Teil<br />
bis heute einen essentiellen Teil unserer<br />
Weltorientierung darstellt. (45) Als Beispiel:<br />
„Für Aristoteles unters<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> die Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
von blosser Erfahrung dur<strong>ch</strong> die<br />
Frage: „Warum?“. Unter den zugehörigen<br />
Antworten sind all die Faktoren zu verstehen,<br />
die am Zustandekommen einer Gegebenheit<br />
„s<strong>ch</strong>uld“ sind. (...) Während si<strong>ch</strong> die<br />
Neuzeit vornehmli<strong>ch</strong> bloss mit einer Art von<br />
Ursa<strong>ch</strong>en, der Wirkursa<strong>ch</strong>e, befasst, sieht<br />
Aristoteles vier Arten, „Warum“ zu fragen,<br />
kennt entspre<strong>ch</strong>end vier Klassen von Ursa<strong>ch</strong>en<br />
(...). Vor allem die vierte Klasse, die<br />
Ziel- oder Zweckursa<strong>ch</strong>e (Teleologie), wird<br />
in der Neuzeit s<strong>ch</strong>arf kritisiert. Für Aristoteles<br />
ist sie aber vor allem dort zu Hause,<br />
wo man ihr au<strong>ch</strong> heute ni<strong>ch</strong>t jeden Sinn abstreitet:<br />
in der Biologie. Zu Re<strong>ch</strong>t geht er von<br />
der Erfahrung aus, dass si<strong>ch</strong> Lebewesen<br />
auf eine bestimmte Gestalt hin entwickeln<br />
und dass es unter den ausgewa<strong>ch</strong>senen<br />
Pflanzen und Tieren vollkommenere und<br />
weniger vollkommene (bspw. verkrüppelte)<br />
Exemplare gibt.“ (46)<br />
<strong>Philosophie</strong> im Mittelalter<br />
In der Zeitspanne zwis<strong>ch</strong>en dem 5. und<br />
dem 15. Jahrhundert bestand die Aufgabe<br />
der <strong>Philosophie</strong> hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> darin, „die im<br />
Glauben vorgegebenen Ansi<strong>ch</strong>ten widerspru<strong>ch</strong>sfrei<br />
und überzeugend zu denken.<br />
Darüber hinaus su<strong>ch</strong>t sie die umfassende<br />
Aufklärung einer von Religion bestimmten<br />
Kultur. Zwar soll die Vernunft ergründen,<br />
was der Glaube bekennt. Viele <strong>ch</strong>ristli<strong>ch</strong>en<br />
Wahrheiten kommen aber erst auf<br />
diesem Weg zu si<strong>ch</strong> selbst: die Lehre von<br />
der S<strong>ch</strong>öpfung als Entfaltung des göttli<strong>ch</strong>en<br />
Willens, die der Ideen als Gehalte göttli<strong>ch</strong>en<br />
Denkens und vor allem die der Dreifaltigkeit.<br />
Ein zweites Merkmal der Epo<strong>ch</strong>e: In der Auseinandersetzung<br />
mit einem ihr heterogenen<br />
Element, der göttli<strong>ch</strong>en Offenbarung, sieht<br />
si<strong>ch</strong> die Vernunft gezwungen, über ihre Leistungsfähigkeit<br />
und Grenzen Re<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aft<br />
abzulegen. Hier greift die <strong>Philosophie</strong> des<br />
Mittelalters dem neuzeitli<strong>ch</strong>en, Kantis<strong>ch</strong>en<br />
Projekt einer Kritik der reinen Vernunft vor.<br />
Dass si<strong>ch</strong> die <strong>Philosophie</strong> dur<strong>ch</strong> die Erfahrung,<br />
sowohl die Natur- als au<strong>ch</strong> die Sozialerfahrung,<br />
inspirieren lässt, verliert dagegen<br />
erhebli<strong>ch</strong> an Gewi<strong>ch</strong>t.“ (47)<br />
Renaissance und Humanismus<br />
Die Ablösung des Mittelalters dur<strong>ch</strong> die<br />
Neuzeit, wel<strong>ch</strong>e zwis<strong>ch</strong>en dem 14. und 16.<br />
Jahrhundert stattfand, wird Renaissance<br />
genannt und löste die <strong>Philosophie</strong> „ni<strong>ch</strong>t nur<br />
aus dem Raum der Kir<strong>ch</strong>e, sondern au<strong>ch</strong><br />
aus den in ihrer Kreativität ers<strong>ch</strong>öpften Universitäten“<br />
(48). Der Begriff Humanismus<br />
bezei<strong>ch</strong>net den literaris<strong>ch</strong>-philosophis<strong>ch</strong>en<br />
18
Anteil der Renaissance, wel<strong>ch</strong>er „die Studiengebiete<br />
der „Mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>keit“ (lat. humanitas)<br />
pflegt: Rhetorik, Di<strong>ch</strong>tung, Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te,<br />
Moralphilosophie und Politik.“ (49) So verstärkt<br />
si<strong>ch</strong> die Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en der<br />
Naturwissens<strong>ch</strong>aft und den Spra<strong>ch</strong>-, Literatur-,<br />
und Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aften.<br />
Rationalismus und Empirismus<br />
Seit Beginn des 17. Jahrhunderts ist der<br />
<strong>Philosophie</strong> viel an einer klaren Orientierung<br />
ihrer selbst gelegen, was si<strong>ch</strong> als<br />
„Streit zwis<strong>ch</strong>en einem Rationalismus, der<br />
den Verstand bzw. die Vernunft, und einem<br />
Empirismus, der die Erfahrung bevorzugt“<br />
(50), äussert. Beiden Herangehensweisen<br />
s<strong>ch</strong>webt die Vorstellung einer universalen<br />
Einheitswissens<strong>ch</strong>aft vor. So behandeln der<br />
Rationalismus (bspw. René Descartes) und<br />
der Empirismus (bspw. John Locke) dieselbe<br />
Frage „na<strong>ch</strong> der Erkenntnis und der<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Freiheit“ (51) und damit au<strong>ch</strong>,<br />
ob es Gott und die Unsterbli<strong>ch</strong>keit der Seele<br />
gibt.<br />
Zeitalter der Aufklärung<br />
Mit der Aufklärung und der französis<strong>ch</strong>en<br />
Revolution fanden viele dieser Fragen eine<br />
breitere gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Bea<strong>ch</strong>tung. Die<br />
Aufklärung, na<strong>ch</strong> Kant „der Ausgang des<br />
Mens<strong>ch</strong>en aus seiner selbst vers<strong>ch</strong>uldeten<br />
Unmündigkeit“, stellt den Mens<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t<br />
nur philosophis<strong>ch</strong>, sondern au<strong>ch</strong> politis<strong>ch</strong><br />
und moralis<strong>ch</strong> ins Zentrum.<br />
„Vier Leitbegriffe bestimmen die Epo<strong>ch</strong>e:<br />
1. die Vernunft als Wesensmerkmal des<br />
Mens<strong>ch</strong>en und als Vermögen, allgemeingültige<br />
Massstäbe für Erkennen,<br />
Handeln und Politik bereitzustellen;<br />
2. die Freiheit als Prinzip persönli<strong>ch</strong>en,<br />
gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en und politis<strong>ch</strong>en Handelns;<br />
3. der Forts<strong>ch</strong>ritt als Inbegriff der Neuerungen,<br />
die <strong>zum</strong> Besseren führen; und<br />
4. die Kritik aller Ansi<strong>ch</strong>ten und Institutionen,<br />
namentli<strong>ch</strong> des absolutistis<strong>ch</strong>en<br />
Staates und einer bevormundenden Kir<strong>ch</strong>e.“<br />
(52)<br />
Jacqueline Ifert, Mutter und Therapeutin<br />
Traditionelle Chinesis<strong>ch</strong>e Medizin<br />
<strong>Philosophie</strong> spielt in der Kindererziehung<br />
eine sehr grosse Rolle, weil es gilt konsequent<br />
zu sein. Denn, wenn man selbst keine<br />
Vorstellung von der Erziehung hat und was<br />
man den Kindern auf den Weg geben will,<br />
hat man au<strong>ch</strong> keine Linie. Ni<strong>ch</strong>t zuletzt ist es<br />
au<strong>ch</strong> so, dass die Kinder einem sehr s<strong>ch</strong>nell<br />
reflektieren, wenn man si<strong>ch</strong> an die eigenen<br />
aufgestellten Regeln ni<strong>ch</strong>t hält. Ausserdem<br />
ist man spätestens in der „Wieso“-Phase<br />
damit konfrontiert, dass man gute Begründungen<br />
liefern muss. Mir ist es beispielsweise<br />
ein Anliegen, dass meine Kinder lernen,<br />
auf die Umwelt zu a<strong>ch</strong>ten und keine Ressourcen<br />
zu vers<strong>ch</strong>wenden. Das bedeutet<br />
aber au<strong>ch</strong> erklären zu können, weshalb<br />
man das Wasser beim Zähneputzen ni<strong>ch</strong>t<br />
laufen lassen sollte und weshalb man mit<br />
Wasser sparsam umgeht, au<strong>ch</strong> wenn wir in<br />
der S<strong>ch</strong>weiz davon mehr als genug haben.<br />
A<strong>ch</strong>tsamkeit findet aber au<strong>ch</strong> in einer Therapie<br />
gegenüber dem Patienten statt: Zu<br />
wissen, was man in der Therapie errei<strong>ch</strong>en<br />
will, ist essentiell, gedankli<strong>ch</strong>e Abwesenheit<br />
kann man si<strong>ch</strong> dabei aber ni<strong>ch</strong>t leisten.<br />
Ni<strong>ch</strong>t für alle Mens<strong>ch</strong>en spielt <strong>Philosophie</strong><br />
eine Rolle und ni<strong>ch</strong>t mit allen findet man<br />
eine Ebene für einen Gedankenaustaus<strong>ch</strong>.<br />
Aber <strong>Philosophie</strong> ist kein Glaube und wird<br />
ni<strong>ch</strong>t übernommen, sondern selbst erarbeitet.<br />
Sie besteht gerade im Gedankenaustaus<strong>ch</strong><br />
und ermögli<strong>ch</strong>t, dass alle Stimmen<br />
gehört werden. Ideen einfa<strong>ch</strong> zu übernehmen,<br />
ohne diese zu hinterfragen, stellt für<br />
mi<strong>ch</strong> etwas äusserst Gefährli<strong>ch</strong>es dar.<br />
19
Neben bedeutenden Philosophen wie Leibniz,<br />
Newton, Rousseau und Hume kommt<br />
Immanuel Kant (1724-1804) eine Sonderstellung<br />
zu, dessen Denken den Höhepunkt<br />
der europäis<strong>ch</strong>en Aufklärung darstellt. „Ob<br />
Erkenntnis überhaupt oder Mathematik<br />
und Naturwissens<strong>ch</strong>aft, ob Moral, Re<strong>ch</strong>t,<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te und Religion, ob Ästhetik und<br />
Biologie – Kant stellt fast alle Themen der<br />
<strong>Philosophie</strong> auf eine neue Grundlage.“ (53)<br />
Kant entwickelt in der „Kritik der reinen<br />
Vernunft“ eine neue Methode, und begräbt<br />
mit dieser sogenannten „transzendentalen<br />
Vernunftkritik“ den Streit zwis<strong>ch</strong>en dem Rationalismus<br />
und dem Empirismus: „Ohne<br />
Sinnli<strong>ch</strong>keit würde uns kein Gegenstand<br />
gegeben und ohne Verstand könnte keiner<br />
geda<strong>ch</strong>t werden. Gedanken ohne Inhalt<br />
sind leer, Ans<strong>ch</strong>auungen ohne Begriffe sind<br />
blind.“ (54)<br />
Deuts<strong>ch</strong>er Idealismus<br />
Philosophen wie Hegel, Fi<strong>ch</strong>te und S<strong>ch</strong>elling<br />
gingen eine intensive Auseinandersetzung<br />
mit den S<strong>ch</strong>riften von Kant ein und<br />
versu<strong>ch</strong>ten die von Kant gesetzten Grenzen<br />
und Unters<strong>ch</strong>eidungen, beispielsweise die<br />
von Subjekt und Objekt, zu überwinden und<br />
entwickelten den Gedanken des Systems.<br />
Eine besondere Rolle spielt die Versöhnung<br />
von fünf Gegensatzpaaren: Einheit und<br />
Vielheit, Absolutes und Endli<strong>ch</strong>es, Geist<br />
und Natur, Vernunft und göttli<strong>ch</strong>e Offenbarung<br />
sowie Vernunft und Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te.<br />
Das na<strong>ch</strong>idealistis<strong>ch</strong>e Quartett und<br />
Lebensphilosophien<br />
S<strong>ch</strong>openhauer, Kierkegaard, Mill und Marx<br />
bilden gemeinsam das „na<strong>ch</strong>idealistis<strong>ch</strong>e<br />
Quartett“, wel<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> alle – man<strong>ch</strong>e mehr<br />
und man<strong>ch</strong>e weniger – gegen den spekulativen<br />
Idealismus von Hegel wenden. Ein<br />
zweites na<strong>ch</strong>idealistis<strong>ch</strong>es Quartett bilden<br />
die Lebensphilosophien von Friedri<strong>ch</strong> Nietzs<strong>ch</strong>e,<br />
Wilhelm Dilthey, der amerikanis<strong>ch</strong>e<br />
Pragmatismus von Pierce und James sowie<br />
Henri Bergson‘s Vitalismus. Alle „Lebensphilosophen“<br />
haben unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>ste Antworten<br />
auf die gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en und kulturellen<br />
Umbrü<strong>ch</strong>e ihrer Zeit, sind si<strong>ch</strong> aber<br />
darin einig, dass die Psy<strong>ch</strong>ologie eine wesentli<strong>ch</strong>e<br />
Rolle spielt.<br />
Phänomenologie<br />
Der prominenteste Vertreter ist Edmund<br />
Husserl, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
eine Bes<strong>ch</strong>reibung des Wesens innerer<br />
(geistiger) Phänomene verfasste. Beeinflusst<br />
war er dur<strong>ch</strong> Franz von Brentano, der<br />
den Begriff der Intentionalität prägte. Dieser<br />
besagt, dass geistige Phänomene – beispielsweise<br />
lieben, sehen oder bewerten –<br />
immer auf etwas geri<strong>ch</strong>tet sind.<br />
Existenzphilosophie<br />
Die Existenzphilosophie, wel<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> Martin<br />
Heidegger, Karl Jaspers und Jean-Paul<br />
Sartre geprägt wurde, befasste si<strong>ch</strong> auf<br />
eine neue Weise mit der Frage „na<strong>ch</strong> dem<br />
Sein des Seienden“ (55).<br />
Dabei wird das Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en dem<br />
Wesen der Existenz, dem Mens<strong>ch</strong>en und<br />
der Freiheit neu ausgelotet, was vor allem<br />
dur<strong>ch</strong> Sartre bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts<br />
den Existentialismus zu einer weltweiten<br />
Mode werden lässt. (56)<br />
Hermeneutik<br />
Hans-Georg Gadamer begründete eine<br />
„Kunst der Auslegung“, wel<strong>ch</strong>e die Geistesund<br />
Humanwissens<strong>ch</strong>aften vom Zwang befreien<br />
sollte, si<strong>ch</strong> den Naturwissens<strong>ch</strong>aften<br />
zu unterwerfen. (57) „Da das für die Geisteswissens<strong>ch</strong>aften<br />
<strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>e Ver-<br />
20
stehen au<strong>ch</strong> ausserhalb der Wissens<strong>ch</strong>aft,<br />
in der Kunst und im Gesprä<strong>ch</strong>, gefordert ist,<br />
weitet si<strong>ch</strong> das Programm zu einer universalen<br />
Hermeneutik aus, die „ein Jenseits<br />
des Selbstbewussten“ betont: die unaufhebbare<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er<br />
Welterfahrung und deren unaufhebbare<br />
Spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>keit.“ (58)<br />
Logik und Mathematik<br />
Die Grundlagenkrise der Mathematik zu Beginn<br />
des 20. Jahrhunderts und die Entwicklung<br />
der Relativitätstheorie warfen grundsätzli<strong>ch</strong>e<br />
philosophis<strong>ch</strong>e Fragen auf. Die<br />
formale Logik und die Spra<strong>ch</strong>philosophie<br />
des Mathematikers Gottlob Frege sowie die<br />
Begriffsanalysen des Wiener Kreises (Carnap,<br />
S<strong>ch</strong>lick) leisteten hierbei bedeutende<br />
Beiträge.<br />
Analytis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />
Seit der Renaissance ergab si<strong>ch</strong> eine Entwicklung<br />
hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> der Ausdifferenzierung<br />
der wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Themenberei<strong>ch</strong>e,<br />
wel<strong>ch</strong>e die <strong>Philosophie</strong> in zwei konkurrierende<br />
Ri<strong>ch</strong>tungen spaltete: „Gegen eine<br />
<strong>Philosophie</strong>, die si<strong>ch</strong> an der erlebbaren Welt<br />
und an den Geisteswissens<strong>ch</strong>aften orientiert:<br />
Phänomenologie, Existenzphilosophie,<br />
Hermeneutik, setzt si<strong>ch</strong> eine andere Ri<strong>ch</strong>tung<br />
ab, die von Logik, Mathematik und den<br />
Naturwissens<strong>ch</strong>aften geprägte Analytis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Philosophie</strong>. (...) In der Regel ist die Ri<strong>ch</strong>tung<br />
in einem doppelten Sinn analytis<strong>ch</strong>:<br />
methodis<strong>ch</strong>, weil sie die Spra<strong>ch</strong>e analysiert<br />
(zergliedert), und inhaltli<strong>ch</strong> weil sie der <strong>Philosophie</strong><br />
nur analytis<strong>ch</strong>e Aussagen und ni<strong>ch</strong>t<br />
das synthetis<strong>ch</strong>e Apriori der Metaphysik<br />
zutraut.“ (59) Neben der Untersu<strong>ch</strong>ung der<br />
ideal- oder formal-spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Seite, bildet<br />
si<strong>ch</strong> in den 1940er- und 50er-Jahren, ausgehend<br />
von Ludwig Wittgenstein, die analytis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Philosophie</strong> der Umgangs- und der<br />
Alltagsspra<strong>ch</strong>e heraus, wel<strong>ch</strong>e, ebenso wie<br />
die formal-spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Untersu<strong>ch</strong>ungen, in<br />
einer Spra<strong>ch</strong>kritik besteht. (60) Dies bildet<br />
die Grundlage u.a. für die aktuelle Weiterentwicklung<br />
der formalen Logik, der analytis<strong>ch</strong>en<br />
<strong>Philosophie</strong> des Geistes und der<br />
Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie.<br />
Trine Pauli-Gasser, Wirtin und „Mutter“<br />
vom Café Kairo in Bern<br />
Folgende philosophis<strong>ch</strong>e Fragen stellen<br />
si<strong>ch</strong> im Café Kairo: Was ist das für ein Ort?<br />
Wer ist Gast? Wer ist das Team? Wie errei<strong>ch</strong>e<br />
i<strong>ch</strong>, dass diejenigen Gäste kommen,<br />
die kommen sollen? Dabei mö<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> einen<br />
Ort ermögli<strong>ch</strong>en, wo si<strong>ch</strong> interessante<br />
und liebenswerte Mens<strong>ch</strong>en treffen können.<br />
Die soziale Seite fällt dabei stark ins<br />
Gewi<strong>ch</strong>t: Au<strong>ch</strong> Leute die alleine sind, sollen<br />
herkommen können und Offenheit sowie<br />
Toleranz erleben. Da steckt si<strong>ch</strong>erli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />
ein Stück Fürsorge drin, was mir wohl den<br />
Spitznamen „Müettr“ verliehen hat. Sol<strong>ch</strong><br />
ein offener Ort wird hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die<br />
Teampflege ermögli<strong>ch</strong>t, wo die Förderung<br />
von gegenseitiger Fürsorgli<strong>ch</strong>keit und Harmonie<br />
im Vordergrund steht. Spannend dabei<br />
ist, dass i<strong>ch</strong> das Glück habe „genau die<br />
ri<strong>ch</strong>tigen Leute“ – Team und Gäste – damit<br />
anzuziehen und die gegenseitige Toleranz<br />
allgegenwärtig ist. Wenn nun wirkli<strong>ch</strong> einmal<br />
Störenfriede auftau<strong>ch</strong>en, stellt si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> die<br />
Frage, wo die Toleranz aufhört. Das kann<br />
au<strong>ch</strong> philosophis<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>wierig werden: Intoleranz<br />
wird ni<strong>ch</strong>t toleriert! I<strong>ch</strong> denke, dass<br />
wir Mens<strong>ch</strong>en eine Verantwortung gegenüber<br />
der Welt haben und es gilt, die eigene<br />
Freiheit zu bewahren, ohne die von anderen<br />
einzus<strong>ch</strong>ränken. Die Anregungung <strong>zum</strong><br />
Gebrau<strong>ch</strong> des Hirns und des Bewusstseins<br />
ist au<strong>ch</strong> eine der Aufgaben der <strong>Philosophie</strong><br />
in der Gesells<strong>ch</strong>aft – obwohl diese ni<strong>ch</strong>t auf<br />
Moral reduziert werden sollte. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />
ist es s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>t etwas S<strong>ch</strong>önes, si<strong>ch</strong> die Zeit<br />
<strong>zum</strong> Na<strong>ch</strong>denken zu nehmen.<br />
21
<strong>Philosophie</strong> heute<br />
Theoretis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> heute<br />
Ottfried Höffe sieht die theoretis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />
der Gegenwart anhand folgender<br />
Themenberei<strong>ch</strong>e <strong>ch</strong>arakterisiert: Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie,<br />
Logik, Spra<strong>ch</strong>pragmatik, die<br />
Erkenntnistheorie und die Naturalisierung<br />
des Geistes. (61) Die heutigen philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Debatten der theoretis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong><br />
befassen si<strong>ch</strong> aber ni<strong>ch</strong>t auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />
mit neuen Publikationen, sondern ebenfalls<br />
mit „älteren“ Theorien, wie denjenigen von<br />
Russell, Kant, Descartes, Wittgenstein und<br />
vielen anderen mehr.<br />
„Zu den Wegbereitern der neueren theoretis<strong>ch</strong>en<br />
Debatten gehört der Logiker, Mathematiker<br />
und Philosoph Willard Van Orman<br />
Quine (1908-2000). (...) In Zwei Dogmen<br />
des Empirismus (1951) verwirft er die Annahme,<br />
zwis<strong>ch</strong>en tatsa<strong>ch</strong>enunabhängigen,<br />
analytis<strong>ch</strong>en Wahrheiten und davon abhängigen<br />
synthetis<strong>ch</strong>en Wahrheiten gebe<br />
es einen grundlegenden Unters<strong>ch</strong>ied. Ausserdem<br />
lehnt er den Reduktionismus ab:<br />
die Annahme, jede sinnvolle Aussage lasse<br />
si<strong>ch</strong> auf Aussagen unmittelbarer Erfahrung<br />
zurückführen. Bei Quine vers<strong>ch</strong>windet die<br />
„angebli<strong>ch</strong>e Grenze zwis<strong>ch</strong>en spekulativer<br />
Metaphysik und Naturwissens<strong>ch</strong>aft.“ (62)<br />
Quines Position kann als „starker Naturalismus“<br />
bezei<strong>ch</strong>net werden, da – in seinen<br />
Worten ausgedrückt – „letztli<strong>ch</strong> ja die Reizungen<br />
der eigenen Sinnesrezeptoren das<br />
Einzige sind, was man hatte, um zu seinem<br />
Bild der Welt zu kommen. Warum sollte man<br />
ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong> zu ermitteln su<strong>ch</strong>en, wie diese<br />
Konstruktion wirkli<strong>ch</strong> vorgeht?“ (63)<br />
Quines Ausgangspunkt – und ebenso der<br />
von vielen heutigen Philosophinnen und<br />
Philosophen – ist somit der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Bezug zur erlebbaren Aussenwelt. So wird<br />
das Geistige ni<strong>ch</strong>t als unabhängiger Seinsberei<strong>ch</strong><br />
aufgefasst, sondern kausal erklärt.<br />
Dabei zeigt die breit gefä<strong>ch</strong>erte Debatte der<br />
<strong>Philosophie</strong> des Geistes auf, dass das Verhältnis<br />
zwis<strong>ch</strong>en der äusseren Wirkli<strong>ch</strong>keit<br />
und dem Geist s<strong>ch</strong>wer erklärbar ist. So sind<br />
die vers<strong>ch</strong>iedenen Standpunkte äusserst<br />
zahlrei<strong>ch</strong>, und lassen si<strong>ch</strong> hier nur als Aufzählung<br />
wiedergeben: Semantis<strong>ch</strong>er Externalismus,<br />
semantis<strong>ch</strong>er Internalismus,<br />
Funktionalismus, Substanz-Dualismus, Epiphänomenalismus,<br />
eliminativer Materialismus,<br />
anomaler Monismus, Interpretationismus,<br />
etc. Mehr zu diesen Begriffen bietet die<br />
Einführung in die <strong>Philosophie</strong> des Geistes<br />
von Professor Mi<strong>ch</strong>ael Esfeld. (64)<br />
Praktis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> heute<br />
Da die Moral vor und au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> dem Zweiten<br />
Weltkrieg, im Sinne des logis<strong>ch</strong>en Empirismus<br />
(siehe Mitte Seite 21), keine objektiven<br />
Erkenntnisse hervorbringen konnte,<br />
sondern nur als Ausdruck von subjektiven<br />
Gefühlen angesehen wurde, entwickelte sie<br />
si<strong>ch</strong> zunä<strong>ch</strong>st unabhängig von der politis<strong>ch</strong>en<br />
<strong>Philosophie</strong>. (65)<br />
Erst na<strong>ch</strong> dem Ers<strong>ch</strong>einen von Gertrude<br />
E.M. Anscombe‘s Werk „Intention“ im Jahr<br />
1957 findet die spra<strong>ch</strong>analytis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />
einen Einstieg für die Handlungstheorie<br />
(siehe Seite 13). Anscombe versteht „das<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Handeln von einer Absi<strong>ch</strong>t her<br />
und kritisiert damit den logis<strong>ch</strong>en Empirismus.<br />
Denn als Grund der Handlung bildet<br />
die Absi<strong>ch</strong>t eine eigene, praktis<strong>ch</strong>e Art von<br />
Wissen: Ein Wissen ohne Bea<strong>ch</strong>tung, das<br />
si<strong>ch</strong> in der Handlung selbst zeigt. Der Zusammenhang<br />
von Gründen einer Handlung<br />
und dieser selbst stellt Anscombe als prak-<br />
22
tis<strong>ch</strong>en Syllogismus dar.“ (66) Au<strong>ch</strong> wenn<br />
si<strong>ch</strong> hieraus Theorien von rationalen Ents<strong>ch</strong>eidungen<br />
ableiten lassen, so bestand<br />
für John Rawls (1921-2002) stets no<strong>ch</strong> eine<br />
Hürde zur Herleitung eines objektiven Verständnisses<br />
von Gere<strong>ch</strong>tigkeit. Seine Theorie<br />
der Gere<strong>ch</strong>tigkeit (1971) stellt das bedeutendste<br />
Werk für die politis<strong>ch</strong>e Ethik im<br />
20. Jahrhundert dar und erneuert die Theorie<br />
des Gesells<strong>ch</strong>aftsvertrages von Rousseau<br />
und Kants Verständnis von Gere<strong>ch</strong>tigkeit.<br />
(67)<br />
Die zwei Grundsätze seiner Theorie sind<br />
die folgenden:<br />
1. „Jedermann hat glei<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>t auf das<br />
umfangrei<strong>ch</strong>ste Gesamtsystem glei<strong>ch</strong>er<br />
Grundfreiheiten, das für alle mögli<strong>ch</strong> ist.<br />
2. Soziale und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Unglei<strong>ch</strong>heit<br />
müssen a) unter der Eins<strong>ch</strong>ränkung des<br />
gere<strong>ch</strong>ten Spargrundsatzes dem am<br />
wenigsten Begünstigten den grösstmögli<strong>ch</strong>en<br />
Vorteil bringen und b) mit Ämtern<br />
und Positionen verbunden sein, die allen<br />
gemäss fairer Chancenglei<strong>ch</strong>heit offenstehen.“<br />
(68)<br />
Aus Rawls Gere<strong>ch</strong>tigkeitstheorie ergab<br />
si<strong>ch</strong> aber au<strong>ch</strong> die „neue soziale Frage“ der<br />
Gere<strong>ch</strong>tigkeit zwis<strong>ch</strong>en den Generationen.<br />
Andere ethis<strong>ch</strong>e Fragen, beispielsweise<br />
hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> der Umwelt oder der Medizin<br />
werden in Fa<strong>ch</strong>diskursen der angewandten<br />
Ethik behandelt.<br />
Au<strong>ch</strong> wenn <strong>zum</strong> Beispiel der moralis<strong>ch</strong>e<br />
Grundsatz des medizinis<strong>ch</strong>en Handelns –<br />
der sogenannte hippokratis<strong>ch</strong>e Eid – aus<br />
der Antike stammt, so klärt dieser gewisse<br />
Fragen, wel<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> den te<strong>ch</strong>nologis<strong>ch</strong>en<br />
Forts<strong>ch</strong>ritt entstanden sind, ni<strong>ch</strong>t wirkli<strong>ch</strong>:<br />
Ist Embryonenfors<strong>ch</strong>ung ethis<strong>ch</strong> vertretbar,<br />
wenn dabei zwar der Embryo stirbt, aber<br />
langfristig dadur<strong>ch</strong> therapeutis<strong>ch</strong>e Zwecke<br />
errei<strong>ch</strong>t werden können? Darf man alten<br />
Mens<strong>ch</strong>en, die ni<strong>ch</strong>t über physis<strong>ch</strong>e oder<br />
psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Gebre<strong>ch</strong>en verfügen, mittels direkter<br />
aktiver Sterbehilfe helfen zu sterben?<br />
Sol<strong>ch</strong>e und ähnli<strong>ch</strong>e Fragen werden heutzutage<br />
dur<strong>ch</strong> Ethikerinnen und Ethiker, gemeinsam<br />
mit Re<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aftlern, untersu<strong>ch</strong>t<br />
und beantwortet.<br />
Dr. Christoph König, Gynäkologe<br />
Als Mediziner spielt mir die <strong>Philosophie</strong><br />
eine grosse Rolle, arbeiten wir do<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong><br />
dem grundphilosophis<strong>ch</strong>en Gedanken des<br />
Hippokrates und halten uns an dessen ethis<strong>ch</strong>e<br />
Grundprinzipien. Was immer <strong>Philosophie</strong><br />
für einen Mediziner bedeutet, sie ist als<br />
Lehre sehr weit gefä<strong>ch</strong>ert und deshalb au<strong>ch</strong><br />
weitläufig interpretierbar.<br />
<strong>Philosophie</strong> im weitesten Sinne bedeutet<br />
für mi<strong>ch</strong> in meinem Beruf als Gynäkologen<br />
und Geburtshelfer, si<strong>ch</strong> an philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Grundsätzen, Lehren und Prinzipien zu orientieren,<br />
si<strong>ch</strong> daran zu halten und dana<strong>ch</strong><br />
zu ri<strong>ch</strong>ten, au<strong>ch</strong> wenn dies wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong><br />
<strong>ch</strong>arakter-, erziehungs-, kultur- und milieubezogen<br />
vonstatten geht. Gänzli<strong>ch</strong> ohne<br />
philosophis<strong>ch</strong>e Grundgedanken liesse si<strong>ch</strong><br />
mein Beruf jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t ausführen, da die<br />
Ethik fehlen würde.<br />
So würde i<strong>ch</strong> sogar sagen, dass es ohne<br />
<strong>Philosophie</strong> wohl keine funktionierende Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
gäbe. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> bildet sie die<br />
Grundlage für unser Denken und bildet das<br />
gedankli<strong>ch</strong>e Fundament eines funktionierenden<br />
Zusammenlebens, sei es politis<strong>ch</strong>,<br />
kulturell, religiös oder zwis<strong>ch</strong>enmens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>.<br />
Die Mens<strong>ch</strong>en orientieren si<strong>ch</strong> in einer Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
an den vorgelebten Werten, man<strong>ch</strong>e<br />
davon werden hinterfragt, andere – wie<br />
die universellen Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te oder der<br />
hippokratis<strong>ch</strong>e Eid – haben, glückli<strong>ch</strong>erweise,<br />
einen festen Platz. Ohne sol<strong>ch</strong>e philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Grundlagen liesse es si<strong>ch</strong> wohl<br />
nur unvorstellbar s<strong>ch</strong>wer leben.<br />
23
Interview mit Prof. Dr. Dr.<br />
Alexandrine S<strong>ch</strong>niewind<br />
Prof. Dr. Dr. Alexandrine S<strong>ch</strong>niewind unterri<strong>ch</strong>tet seit 2007 antike <strong>Philosophie</strong> an der<br />
Universität Lausanne. Für das vorliegende philosophis<strong>ch</strong>e Themendossier beantwortete<br />
sie die Fragen, wel<strong>ch</strong>e Motivation sie in der <strong>Philosophie</strong> vorantreibt, wel<strong>ch</strong>e Rolle die akademis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Philosophie</strong> in der Gesells<strong>ch</strong>aft ihrer Meinung na<strong>ch</strong> spielt und was die heutige<br />
universitäre <strong>Philosophie</strong> auszei<strong>ch</strong>net.<br />
Es ist selten geworden, dass man mi<strong>ch</strong><br />
heute na<strong>ch</strong> meiner Motivation, <strong>Philosophie</strong><br />
zu betreiben, fragt. Das mag wohl daran<br />
liegen, dass man insgesamt selten ProfessorInnen<br />
na<strong>ch</strong> ihrer eigentli<strong>ch</strong>en Motivation<br />
fragt, das Fa<strong>ch</strong>, das sie betreiben, an der<br />
Uni zu lehren und darin zu fors<strong>ch</strong>en. Von<br />
unseren Studenten werden wir oft ‚nur’ als<br />
Lehrer gesehen; von unseren Fa<strong>ch</strong>kollegen<br />
meistens nur als Fors<strong>ch</strong>er; von der weiteren<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft hingegen werden wir oft gar<br />
ni<strong>ch</strong>t wahrgenommen. Letzteres liegt bestimmt<br />
an uns.<br />
Den Ents<strong>ch</strong>luss, <strong>Philosophie</strong> zu studieren<br />
habe i<strong>ch</strong> mit 16 Jahren gefasst. Wir lasen<br />
in der S<strong>ch</strong>ule im Deuts<strong>ch</strong>unterri<strong>ch</strong>t Platons<br />
Höhlenglei<strong>ch</strong>nis und letzterer hatte auf mi<strong>ch</strong><br />
den Effekt einer umwälzenden Entdeckung.<br />
Es packte mi<strong>ch</strong> wie kein anderer Text je zuvor.<br />
Platons Theorie der zwei Welten (der<br />
sinnli<strong>ch</strong>en und der geistigen Welt) wurde<br />
mir ein extrem fru<strong>ch</strong>tbarer Denkansatz. In<br />
stundenlangen Gesprä<strong>ch</strong>en mit meinem<br />
damaligen Deuts<strong>ch</strong>lehrer vertiefte i<strong>ch</strong> das<br />
Thema. Meine Begeisterung für die antike<br />
<strong>Philosophie</strong> war entstanden und ist seitdem<br />
nie gewi<strong>ch</strong>en. Mein Fors<strong>ch</strong>ungss<strong>ch</strong>werpunkt<br />
wurde die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Seele (und<br />
alles, was fern und nah mit ihr zusammen<br />
hängt, spri<strong>ch</strong>: sehr vieles) als Bindeglied<br />
24
zwis<strong>ch</strong>en der sinnli<strong>ch</strong>en und der geistigen<br />
Welt. Die akademis<strong>ch</strong>e Laufbahn und in ihr<br />
die Lehre und Fors<strong>ch</strong>ung der <strong>Philosophie</strong><br />
hat mir immer grosse Freude bereitet. Relativ<br />
früh wurde es mir aber ein Anliegen, ni<strong>ch</strong>t<br />
nur in theoretis<strong>ch</strong>en Überlegungen zu verweilen,<br />
sondern au<strong>ch</strong> einen Bezug zu konkreten<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Fragen und S<strong>ch</strong>icksalen<br />
herzustellen. Aus dem Grund habe<br />
i<strong>ch</strong> ein Parallelstudium in klinis<strong>ch</strong>er Psy<strong>ch</strong>ologie<br />
gema<strong>ch</strong>t mit psy<strong>ch</strong>otherapeutis<strong>ch</strong>er<br />
Ausbildung. Damit hat mein Interesse für<br />
die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Seele eine konkrete Verankerung<br />
bekommen, wurde aber stets au<strong>ch</strong><br />
weiter geleitet von meiner akademis<strong>ch</strong>en<br />
philosophis<strong>ch</strong>en Tätigkeit.<br />
<strong>Philosophie</strong> heute hat mit Si<strong>ch</strong>erheit mindestens<br />
zwei Facetten : eine akademis<strong>ch</strong>e, die<br />
Grundlagenarbeit leistet und die Fors<strong>ch</strong>ung<br />
stetig weiterführt; und eine populäre, die<br />
dem mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Drang na<strong>ch</strong> philosophis<strong>ch</strong>er<br />
Reflexion Nahrung bietet. Die Universitäten<br />
bemühen si<strong>ch</strong> mehr und mehr, kein<br />
Elfenbeinturm mehr zu sein; die <strong>Philosophie</strong><br />
ist davon au<strong>ch</strong> betroffen. Neben der unabdingbaren<br />
Fors<strong>ch</strong>ung, die man weiterhin immer<br />
treiben will und wird, könnte man au<strong>ch</strong><br />
hoffen, dass akademis<strong>ch</strong>e Philosophen vermehrt<br />
au<strong>ch</strong> in den Medien zu Wort kommen<br />
und dort eine gut dur<strong>ch</strong>da<strong>ch</strong>te Meinung zu<br />
aktuellen Debatten liefern könnten. Letzteres<br />
ist aber ni<strong>ch</strong>t immer einfa<strong>ch</strong>, <strong>zum</strong>al uns<br />
in der <strong>Philosophie</strong> oft Themen interessieren,<br />
die ni<strong>ch</strong>t unbedingt von einem Allgemeinpublikum<br />
als relevant empfunden werden.<br />
Wir Akademiker müssen vermehrt den unglaubli<strong>ch</strong><br />
s<strong>ch</strong>wierigen und heiklen Spagat<br />
versu<strong>ch</strong>en, seriöse Fors<strong>ch</strong>ung zu betreiben<br />
und glei<strong>ch</strong>zeitig einen für Laien na<strong>ch</strong>vollziehbaren<br />
und interessanten Diskurs praktizieren<br />
zu können. Ni<strong>ch</strong>t nur der ri<strong>ch</strong>tige Ton<br />
ist dabei wi<strong>ch</strong>tig; das Thema ist meistens<br />
auss<strong>ch</strong>laggebend. Als Mitautorin eines<br />
Bu<strong>ch</strong>s über die Sexualität wurde i<strong>ch</strong> sofort<br />
vom S<strong>ch</strong>weizer Fernsehen im Kulturmagazin<br />
interviewt; als Fors<strong>ch</strong>erin <strong>zum</strong> Begriff der<br />
Seele und seinen kulturellen Wandlungen<br />
bin i<strong>ch</strong> hingegen sehr viel mehr gefordert,<br />
die zeitgenössis<strong>ch</strong>e Relevanz dieses Themas<br />
aufzuzeigen. Antike <strong>Philosophie</strong> mutet<br />
<strong>zum</strong> Teil weltfremd an und selbst unsere<br />
Studenten tun si<strong>ch</strong> man<strong>ch</strong>mal s<strong>ch</strong>wer, den<br />
antiken Debatten eine für sie relevante Dimension<br />
abgewinnen zu können. Mein Kollege<br />
Mi<strong>ch</strong>ael Groneberg hat diesbezügli<strong>ch</strong><br />
an der Universität Lausanne ein Projekt ins<br />
Leben gerufen, „Les maîtres de la caverne“<br />
(„Die Meister der Höhle“), das angeregt<br />
dur<strong>ch</strong> Platons Höhlenglei<strong>ch</strong>nis Studenten<br />
die Mögli<strong>ch</strong>keit bietet, aktuelle Gesells<strong>ch</strong>aftsthemen<br />
und philosophis<strong>ch</strong>e Fragestellungen<br />
mit künstleris<strong>ch</strong>en Mitteln vor<br />
einem breiten Publikum <strong>zum</strong> Ausdruck zu<br />
bringen. <strong>Philosophie</strong>professorin zu sein, hat<br />
für mi<strong>ch</strong> sehr viel mit der in Platons Höhlenglei<strong>ch</strong>nis<br />
präsentierten Notwendigkeit zu<br />
tun, das, worin man selbst Einsi<strong>ch</strong>t erlangt<br />
hat, mit anderen zu teilen.<br />
25
Wann ist <strong>Philosophie</strong><br />
eine Wissens<strong>ch</strong>aft?<br />
Von Prof. Dr. Claus Beisbart, Extraordinarius<br />
mit S<strong>ch</strong>werpunkt Wissens<strong>ch</strong>aftsphilosophie<br />
Universität Bern<br />
Um diese Frage zu beantworten, müssen<br />
wir zunä<strong>ch</strong>st klären, was Wissens<strong>ch</strong>aft ist.<br />
Diese Klärung ist selbst bereits eine philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Aufgabe, der si<strong>ch</strong> die Wissens<strong>ch</strong>aftsphilosophie<br />
widmet. Karl Popper<br />
beispielsweise <strong>ch</strong>arakterisiert die Erfahrungs-<br />
oder Naturwissens<strong>ch</strong>aften dur<strong>ch</strong><br />
die Falsifizierbarkeit. Damit ist einmal gemeint,<br />
dass wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Hypothesen<br />
und Theorien an der Erfahrung s<strong>ch</strong>eitern<br />
können. Sie müssen also dur<strong>ch</strong> Beoba<strong>ch</strong>tungen<br />
überprüft werden können. Zum anderen<br />
fordert Popper von Personen, die<br />
empiris<strong>ch</strong>e Wissens<strong>ch</strong>aft betreiben, dass<br />
sie kritis<strong>ch</strong> gegenüber ihren eigenen Auffassungen<br />
sind und ihre Hypothesen testen,<br />
<strong>zum</strong> Beispiel dur<strong>ch</strong> Experimente.<br />
Der kritis<strong>ch</strong>e Geist zei<strong>ch</strong>net nun si<strong>ch</strong>er<br />
au<strong>ch</strong> die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> aus.<br />
S<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter ist es dagegen um Poppers erstes<br />
Kriterium bestellt. Denn viele philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Theorien sind so abstrakt, dass sie<br />
kaum an der Erfahrung s<strong>ch</strong>eitern können.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> ist also keine Erfahrungswissens<strong>ch</strong>aft<br />
und kann ni<strong>ch</strong>t wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong><br />
werden, indem sie die Methoden der<br />
empiris<strong>ch</strong>en Wissens<strong>ch</strong>aften verwendet.<br />
Historis<strong>ch</strong> betra<strong>ch</strong>tet hat die <strong>Philosophie</strong><br />
zwar früher Fragen zu beantworten versu<strong>ch</strong>t,<br />
die später wenigstens teilweise einer<br />
erfahrungswissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Untersu<strong>ch</strong>ung<br />
zugängli<strong>ch</strong> wurden – man denke<br />
etwa an die Frage, ob si<strong>ch</strong> der Raum ins<br />
Unendli<strong>ch</strong>e ausdehnt. Do<strong>ch</strong> die betroffenen<br />
Sa<strong>ch</strong>gebiete wurden dann au<strong>ch</strong> aus der<br />
<strong>Philosophie</strong> ausgelagert.<br />
Gegensätzli<strong>ch</strong>e Positionen<br />
Nun kennen wir aber neben den Naturwissens<strong>ch</strong>aften<br />
no<strong>ch</strong> andere Wissens<strong>ch</strong>aften,<br />
vor allem die Geistes- und Kulturwissens<strong>ch</strong>aften.<br />
Diese können ni<strong>ch</strong>t direkt an der<br />
Erfahrung s<strong>ch</strong>eitern, teilen aber mit den<br />
Naturwissens<strong>ch</strong>aften Kennzei<strong>ch</strong>en, die wir<br />
au<strong>ch</strong> von einer wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong><br />
verlangen können. Sinn dieser Kennzei<strong>ch</strong>en<br />
ist es, den Mens<strong>ch</strong>en in den Stand<br />
zu versetzen, bestimmte Fragen besser zu<br />
beantworten.<br />
Wissens<strong>ch</strong>aft betreiben heisst erstens, die<br />
Antworten auf bestimmte Fragen gut zu begründen.<br />
In den Naturwissens<strong>ch</strong>aften stützt<br />
man si<strong>ch</strong> dazu auf die Erfahrung, aber wo<br />
das ni<strong>ch</strong>t mehr mögli<strong>ch</strong> ist, bleiben andere<br />
Mögli<strong>ch</strong>keiten der Begründung. Die <strong>Philosophie</strong><br />
setzt auf das Gesprä<strong>ch</strong> und die geistige<br />
Auseinandersetzung mit einem Gegenüber.<br />
Dabei werden Argumente ausgetaus<strong>ch</strong>t, die<br />
für oder gegen eine Auffassung spre<strong>ch</strong>en.<br />
Auf diese Weise soll si<strong>ch</strong> die ri<strong>ch</strong>tige, die<br />
beste Antwort auf eine Frage herauskristallisieren<br />
und im Konsens akzeptiert werden.<br />
Dabei ist die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />
im poppers<strong>ch</strong>en Sinne kritis<strong>ch</strong>: Man su<strong>ch</strong>t<br />
besonders die Auseinandersetzung mit Positionen,<br />
die der eigenen entgegengesetzt<br />
sind. Denn gute Gründe für eine Auffassung<br />
sind nur so lange ents<strong>ch</strong>eidend, als sie ni<strong>ch</strong>t<br />
dur<strong>ch</strong> Gegengründe aufgewogen werden.<br />
Dadur<strong>ch</strong> haben si<strong>ch</strong> in der <strong>Philosophie</strong> so<br />
viele Positionen herausgebildet, die einander<br />
oft s<strong>ch</strong>roff gegenüberstehen wie der<br />
Empirismus und der Rationalismus oder der<br />
Realismus und der Idealismus.<br />
Zusammenhänge und Verknüpfungen<br />
Wissens<strong>ch</strong>aft betreiben heisst zweitens,<br />
ni<strong>ch</strong>t nur bestimmte Fragen isoliert zu beantworten,<br />
sondern grössere Zusammenhänge<br />
zu sehen und Verknüpfungen zu<br />
anderen Fragen herzustellen. Wie Kant betont,<br />
hat Wissens<strong>ch</strong>aft die Aufgabe, Einheit<br />
in der Erkenntnis zu s<strong>ch</strong>affen. Die Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
tut dies, indem sie Theorien entwickelt,<br />
die unser Wissen in systematis<strong>ch</strong>er<br />
Form zusammenfassen und uns besser ver-<br />
26
stehen lassen, was wir wissen. <strong>Philosophie</strong><br />
ist daher dann wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>, wenn sie<br />
zusammendenkt, was zusammengehört.<br />
So versu<strong>ch</strong>t Kant in seiner „Kritik der reinen<br />
Vernunft“, einen vollständigen Aufriss<br />
des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Erkenntnisvermögens<br />
zu geben. Ähnli<strong>ch</strong> formuliert der amerikanis<strong>ch</strong>e<br />
Philosoph John Rawls ni<strong>ch</strong>t nur eine<br />
Antwort auf die Frage na<strong>ch</strong> der gere<strong>ch</strong>ten<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft. Er legt vielmehr au<strong>ch</strong> systematis<strong>ch</strong><br />
dar, wie Gere<strong>ch</strong>tigkeit zur Stabilität<br />
einer Gesells<strong>ch</strong>aft beiträgt und wie si<strong>ch</strong> das<br />
Gute und das Gere<strong>ch</strong>te vereinbaren lassen.<br />
Daher darf si<strong>ch</strong> sein Hauptwerk zu Re<strong>ch</strong>t<br />
„Eine Theorie der Gere<strong>ch</strong>tigkeit“ nennen. In<br />
einer Zeit, in der si<strong>ch</strong> die anderen Wissens<strong>ch</strong>aften<br />
immer mehr spezialisieren, ist es<br />
notwendig, dass die <strong>Philosophie</strong> Erkenntnisse<br />
aus unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong>en zusammenführt<br />
und miteinander verknüpft.<br />
Forts<strong>ch</strong>ritt in der <strong>Philosophie</strong><br />
Kant fordert überdies, dass eine Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
ni<strong>ch</strong>t in blossem „Herumtappen“ gefangen<br />
bleibt, sondern Forts<strong>ch</strong>ritte ma<strong>ch</strong>t<br />
und Ergebnisse erzielt, die Gegenstand<br />
eines vernünftigen Konsens sind. Au<strong>ch</strong><br />
wenn die <strong>Philosophie</strong> die beiden bisher genannten<br />
Kriterien erfüllt und ihre Antworten<br />
auf philosophis<strong>ch</strong>e Fragen gut begründet<br />
und systematis<strong>ch</strong> verknüpft, mag einem<br />
bange bei diesem dritten Kriterium werden.<br />
Denn die gegenwärtige <strong>Philosophie</strong><br />
bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong> teilweise no<strong>ch</strong> mit denselben<br />
Fragen, die s<strong>ch</strong>on Platon umgetrieben<br />
haben, ohne dass si<strong>ch</strong> immer ein Konsens<br />
abzei<strong>ch</strong>net.<br />
Denno<strong>ch</strong> sind au<strong>ch</strong> in der <strong>Philosophie</strong> Forts<strong>ch</strong>ritte<br />
zu verzei<strong>ch</strong>nen. Es gibt begriffli<strong>ch</strong>e<br />
Differenzierungen, die alle berücksi<strong>ch</strong>tigen,<br />
Argumente, auf die man eingehen muss,<br />
und Ideen, hinter die niemand zurückfallen<br />
zu können glaubt. Daher führt die philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Diskussion zu immer mehr<br />
Erkenntnisgewinn. Insgesamt können also<br />
gute Begründungen und systematis<strong>ch</strong>e<br />
Vernetzungen zu einem philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Forts<strong>ch</strong>ritt führen, der „wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>“ genannt<br />
werden kann.<br />
Janine Pulli<strong>ch</strong>, lic.phil., Doktorandin und<br />
Projektleiterin, Universität St. Gallen<br />
<strong>Philosophie</strong> als wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Disziplin<br />
steht nur selten im Zentrum des öffentli<strong>ch</strong>en<br />
Interesses. Im Gegensatz zu Ökonomen<br />
oder Ärzten werden Philosophen kaum als<br />
Fa<strong>ch</strong>experten zu Tagesaktualitäten befragt.<br />
Viellei<strong>ch</strong>t weil für die <strong>Philosophie</strong> die präzise<br />
Frage Vorrang vor der präzisen Antwort<br />
hat?<br />
Präzise philosophis<strong>ch</strong>e Fragen, wie sie die<br />
Wissens<strong>ch</strong>afts- oder Erkenntnistheorie aufwerfen,<br />
sollten jedo<strong>ch</strong> allen Bestrebungen<br />
der spezialisierten Wissens<strong>ch</strong>aften vorausgehen<br />
oder diese <strong>zum</strong>indest kritis<strong>ch</strong> begleiten.<br />
Mein Berufsalltag in Fors<strong>ch</strong>ung, Lehre<br />
und Beratung ist von der Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> Antworten<br />
geprägt. Dabei erlebe i<strong>ch</strong> Grenzen<br />
zwis<strong>ch</strong>en Praxis und Theorie, Phänomen<br />
und Methode oder Realität und Mögli<strong>ch</strong>keit<br />
als fliessend und spannungsrei<strong>ch</strong>.<br />
Praxis und Phänomen erfordern s<strong>ch</strong>nelle<br />
Reaktionen, gute Ents<strong>ch</strong>eidungen sowie<br />
präzise und langfristig gültige Antworten.<br />
Dabei bleibt oft ni<strong>ch</strong>t genug Zeit für präzise<br />
und wi<strong>ch</strong>tige Fragen. Theorie und Methode<br />
zeigen auf, dass gesi<strong>ch</strong>ertes Wissen ein<br />
fragiles Gut ist und wir für neue Interpretationsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
offen bleiben müssen.<br />
Wer nur na<strong>ch</strong> Antworten su<strong>ch</strong>t und aufhört<br />
zu fragen, kann ni<strong>ch</strong>t fors<strong>ch</strong>en, innovativ<br />
sein oder die unbestimmte Zukunft willkommen<br />
heissen. Zu philosophieren bedeutet<br />
für mi<strong>ch</strong>, Fragen und Unsi<strong>ch</strong>erheiten zuzulassen<br />
und na<strong>ch</strong> vorne zu s<strong>ch</strong>auen.<br />
27
Re<strong>ch</strong>tfertigung der <strong>Philosophie</strong><br />
„Wozu <strong>Philosophie</strong>?“ ist eine häufig gestellte<br />
Frage, der oftmals die s<strong>ch</strong>einbare Nutzlosigkeit<br />
der <strong>Philosophie</strong> zu Grunde liegt.<br />
Dabei wird der <strong>Philosophie</strong> meist glei<strong>ch</strong>zeitig<br />
unterstellt, dass sie weder eine Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
sei, no<strong>ch</strong> „wertvolle“ Ergebnisse<br />
hervorbringe. Letzteres wurde auf den vorherigen<br />
zwei Seiten bereits beleu<strong>ch</strong>tet.<br />
Au<strong>ch</strong> die Studierenden der <strong>Philosophie</strong><br />
sind si<strong>ch</strong> gewöhnt, gefragt zu werden, was<br />
man denn mit einem <strong>Philosophie</strong>studium<br />
anfangen kann. Hans-Mi<strong>ch</strong>ael Baumgartner<br />
führte hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> des <strong>Philosophie</strong>studiums<br />
Folgendes aus: „In der Perspektive<br />
der Gesells<strong>ch</strong>aft ist die Universität Ausbildungs-Dienstleistungsgrossbetrieb<br />
und<br />
Dur<strong>ch</strong>gangsinstitution für viele Studierende,<br />
die si<strong>ch</strong> die Grundlagen ihres Berufs<br />
dort aneignen und Qualifikationen für bestimmte,<br />
wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Kenntnisse voraussetzende<br />
Tätigkeiten im Rahmen der<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft erwerben. In diesem Zusammenhang<br />
wird öfters übersehen, dass der<br />
Bedarf der Gesells<strong>ch</strong>aft über eine blosse<br />
Ausbildung hinausrei<strong>ch</strong>t. Ihr Anspru<strong>ch</strong> geht<br />
ni<strong>ch</strong>t auf wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Erkenntnisse<br />
bloss reproduzierende Fa<strong>ch</strong>leute, sondern<br />
auf wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>ulte und<br />
zuglei<strong>ch</strong> der Urteilskraft fähige Mitglieder<br />
der Gesells<strong>ch</strong>aft. Es wird zure<strong>ch</strong>t erwartet,<br />
dass der wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> Ausgebildete in<br />
der Lage sei, das angeeignete Wissen in<br />
je konkreten Situtionen anzuwenden, also<br />
eine Kunst, die ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on im Lernen von<br />
Wissens<strong>ch</strong>aft mit angeeignet werden kann.<br />
(...) Im We<strong>ch</strong>selbezug von <strong>Philosophie</strong> und<br />
Wissens<strong>ch</strong>aft hat die Universität gerade<br />
dieser Mögli<strong>ch</strong>keit Raum gegeben, dass die<br />
Studierenden ni<strong>ch</strong>t nur lernen und wissen,<br />
sondern das Gewusste im Li<strong>ch</strong>te des als<br />
Idee entworfenen Ganzen des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />
Wissens und Lebens au<strong>ch</strong> beurteilen.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> als Fa<strong>ch</strong> bietet die Chance,<br />
re<strong>ch</strong>tzeitig die Unters<strong>ch</strong>eidung von Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
und Leben, von Praxis und Theorie<br />
einzuüben und zu begreifen.“ (69) Mehr zu<br />
den Berufsbildern der Philosophinnen und<br />
Philosophen findet man auf Seite 32.<br />
Des Öfteren wird der <strong>Philosophie</strong> jedo<strong>ch</strong><br />
au<strong>ch</strong> aus lauter Unkenntnis ein Misstrauen<br />
gegenüber ihrer Nützli<strong>ch</strong>keit entgegengebra<strong>ch</strong>t.<br />
Diese Unkenntnis ist jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />
zu verwe<strong>ch</strong>seln mit einem Desinteresse<br />
der Welt und dem Denkapparat gegenüber:<br />
„Was das reine Denken soll, hat no<strong>ch</strong> niemand<br />
verstanden, der es ni<strong>ch</strong>t selbst versu<strong>ch</strong>te.“<br />
(70)<br />
Wer si<strong>ch</strong> mit der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong><br />
auseinandersetzt, bemerkt s<strong>ch</strong>nell,<br />
dass sie – s<strong>ch</strong>einbar in einer Legitimitätskrise<br />
steckend – entweder ihre Untersu<strong>ch</strong>ungsgegenstände,<br />
ihre Methoden oder<br />
aber den Zweck des <strong>Philosophie</strong>rens an<br />
28
si<strong>ch</strong> in Frage gestellt hat. Entspre<strong>ch</strong>end hält<br />
Rüdiger Bubner fest: „Die <strong>Philosophie</strong>ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />
liefert ni<strong>ch</strong>t nur Beispiele einer permanenten<br />
Legitimitätskrise, sondern belehrt<br />
au<strong>ch</strong> darüber, dass im Falle der <strong>Philosophie</strong><br />
mindestens die Legitimitätskrise ni<strong>ch</strong>t fatal<br />
ausgeht.“ (71)<br />
Wird der <strong>Philosophie</strong> eine Sinnlosigkeit unterstellt,<br />
weil si<strong>ch</strong> diese im ewigen Widerstreit<br />
zwis<strong>ch</strong>en den PhilosophInnen stets<br />
um dieselben Fragen dreht, muss dabei vorausgesetzt<br />
werden, dass si<strong>ch</strong> der Streit in<br />
alle Ewigkeit fortsetzt und dass es in Bezug<br />
auf das Thema des Streits keine Erkenntnis<br />
geben kann. Beides s<strong>ch</strong>eint zweifelhaft,<br />
woraus aber umgekehrt ni<strong>ch</strong>t unbedingt ges<strong>ch</strong>lossen<br />
werden kann, dass <strong>Philosophie</strong><br />
sinnvoll ist. (72)<br />
Mö<strong>ch</strong>te man die Sinnhaftigkeit der <strong>Philosophie</strong><br />
aufzeigen, so eignet si<strong>ch</strong> die Form des<br />
philosophis<strong>ch</strong>en Denkens als sol<strong>ch</strong>e am<br />
Besten. In den Worten von Joseph Pieper<br />
ausgedrückt: „Im <strong>Philosophie</strong>ren geht es<br />
ni<strong>ch</strong>t allein darum, Fähigkeiten zu betätigen<br />
und Kräfte anzuspannen. Der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Geist sieht si<strong>ch</strong> vielmehr dazu aufgefordert,<br />
seine äussere Seinsmögli<strong>ch</strong>keit zu realisieren;<br />
ni<strong>ch</strong>t allein zu tun, was er kann, sondern<br />
zu werden, was er ist: Empfängli<strong>ch</strong>keit<br />
für das Totum der Welt.“ (73) Anders ausgedrückt<br />
bedeutet dies, dass der Mens<strong>ch</strong>, um<br />
si<strong>ch</strong> selbst und die Welt kennen zu können,<br />
ein Werkzeug benötigt, wel<strong>ch</strong>es die <strong>Philosophie</strong><br />
für ihn sein kann.<br />
Die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> bietet<br />
dem Mens<strong>ch</strong>en jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t nur eine ausgereifte<br />
Herangehensweise für die Erkenntnis<br />
der Welt und seiner selbst, sondern<br />
bietet ebenfalls in der Beantwortung von<br />
Fa<strong>ch</strong>fragen differenzierte Perspektiven an.<br />
Ob si<strong>ch</strong> dies auf die Einwanderungsdebatte,<br />
ethis<strong>ch</strong>e Fragen oder auf persönli<strong>ch</strong>e<br />
Fragen – wie beispielsweise, was Liebe ist<br />
– bezieht: Zu fast jedem Thema gibt es einen,<br />
teilweise Jahrhunderte langen Diskurs<br />
und vers<strong>ch</strong>iedene Antworten, die den eigenen<br />
Gedankengang in eine neue Ri<strong>ch</strong>tung<br />
lenken und ein Weiterkommen ermögli<strong>ch</strong>en<br />
können.<br />
Tobias Zür<strong>ch</strong>er, Dr. iur., lic. phil.,<br />
<strong>Philosophie</strong>lehrer am Gymnasium und<br />
an der FMS Thun Seefeld<br />
Bis i<strong>ch</strong> gemerkt habe, dass <strong>Philosophie</strong> das<br />
beste Fa<strong>ch</strong> ist von allen, habe i<strong>ch</strong> einige<br />
Umwege gema<strong>ch</strong>t. Es sind die allgemeinen<br />
Fragen, die mi<strong>ch</strong> interessieren: Etwa „Was<br />
ist Wissens<strong>ch</strong>aft?“ zur Physik oder „Was ist<br />
gere<strong>ch</strong>t?“ <strong>zum</strong> Re<strong>ch</strong>t. Beim <strong>Philosophie</strong>ren<br />
mit jungen Erwa<strong>ch</strong>senen an der Mittels<strong>ch</strong>ule<br />
profitiere i<strong>ch</strong> davon, wenn wir über<br />
diese Dinge na<strong>ch</strong>denken. Die Fragen sind<br />
immer breit und direkt, oder man könnte sagen<br />
„gross“, und es ist meine Aufgabe, diese<br />
in bearbeitbare Stücke aufzuteilen. Den<br />
S<strong>ch</strong>ülerInnen fällt es lei<strong>ch</strong>t zu hinterfragen<br />
– am Anfang <strong>zum</strong>indest –, man<strong>ch</strong>mal mit<br />
dem Ergebnis, dass umgeda<strong>ch</strong>t wird, aber<br />
no<strong>ch</strong> wi<strong>ch</strong>tiger, damit eine Überzeugung<br />
überda<strong>ch</strong>t und viellei<strong>ch</strong>t gere<strong>ch</strong>tfertigt wird.<br />
<strong>Philosophie</strong>ren bedeutet für mi<strong>ch</strong>, auf einer<br />
Begründung zu beharren. Es beginnt damit,<br />
ernst Gemeintes ernst zu nehmen und jemanden<br />
dadur<strong>ch</strong> zu respektieren, dass i<strong>ch</strong><br />
kritisiere. Als Lehrer muss i<strong>ch</strong> A<strong>ch</strong>t geben,<br />
selber genug kritisiert zu werden. I<strong>ch</strong> darf<br />
ni<strong>ch</strong>t zur Autorität werden; ni<strong>ch</strong>ts soll dem<br />
Selberdenken in die Quere kommen. Allerdings<br />
lassen si<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>üler ohnehin kaum mit<br />
Dogmen einer philosophis<strong>ch</strong>en „Szene“ abspeisen.<br />
<strong>Philosophie</strong> geht nahe: Kaum jemand<br />
prahlt damit, ni<strong>ch</strong>t gut in <strong>Philosophie</strong><br />
zu sein. Andererseits: Wer einmal mit <strong>Philosophie</strong>ren<br />
begonnen hat, wird ni<strong>ch</strong>t mehr<br />
aufhören und die neue Verunsi<strong>ch</strong>erung viellei<strong>ch</strong>t<br />
gar als Glück empfinden.<br />
29
Die Rolle der <strong>Philosophie</strong><br />
in der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
Viele Mens<strong>ch</strong>en – und zwar ni<strong>ch</strong>t nur professionelle<br />
Philosophinnen und Philosophen –<br />
gehen davon aus, dass eine Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
gar ni<strong>ch</strong>t erst eine Form als „Gesells<strong>ch</strong>aft“<br />
finden könne ohne <strong>Philosophie</strong>. Do<strong>ch</strong> hängt<br />
der <strong>Philosophie</strong> der Ruf an, dass sie keinen<br />
Erkenntnisgewinn bringt und si<strong>ch</strong> stets no<strong>ch</strong><br />
mit denselben ungelösten Fragen befasst,<br />
wie vor über zweitausend Jahren.<br />
Die „grossen“ Philosophen liessen si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong><br />
stets von den Antworten und Fragen<br />
ihrer Vorgänger inspirieren und stifteten<br />
dur<strong>ch</strong> die eigene Originalität selbst ein<br />
neues Verhältnis zur Welt: „Eine begriffli<strong>ch</strong>e<br />
und argumentative, folgli<strong>ch</strong> zur allgemeinen<br />
Gültigkeit fähige Beziehung des Mens<strong>ch</strong>en<br />
zur Natur, zur Gesells<strong>ch</strong>aft und zu si<strong>ch</strong><br />
selbst.“ (74)<br />
Ottfried Höffe bes<strong>ch</strong>reibt den Prozess des<br />
Einflusses der <strong>Philosophie</strong> folgendermassen:<br />
„Zu Beginn provokativ neu, wird das<br />
neugestiftete Verhältnis na<strong>ch</strong> und na<strong>ch</strong> vertraut:<br />
die Ablösung mythis<strong>ch</strong>er Weltbewältigung<br />
dur<strong>ch</strong> eine Haltung der Aufklärung;<br />
der Gedanke einer allen Mens<strong>ch</strong>en gemeinsamen<br />
Vernunft; das Verständnis der Natur<br />
ni<strong>ch</strong>t als einer geheimnisvollen Ma<strong>ch</strong>t, sondern<br />
als Inbegriff zu erfors<strong>ch</strong>ender Gesetze<br />
und Prinzipien. Au<strong>ch</strong> die Grundsätze eines<br />
moralis<strong>ch</strong> guten Lebens und die eines gere<strong>ch</strong>ten<br />
Gemeinwesens sowie die Theorie<br />
des Völkerre<strong>ch</strong>ts und der Gedanke der<br />
Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te gehen auf Philosophen<br />
zurück. Bei all diesen Aufgaben erweist si<strong>ch</strong><br />
der Philosoph als Anwalt einer allgemeinen<br />
Mens<strong>ch</strong>envernunft, „worin ein jeder seine<br />
Stimme hat“ (Kant).“ (75)<br />
Eines der wi<strong>ch</strong>tigsten Merkmale der <strong>Philosophie</strong><br />
ist ihre Allgemeingültigkeit. Sobald<br />
die Beantwortung bspw. moralis<strong>ch</strong>er Fragen<br />
mit erklärbaren Begriffen und na<strong>ch</strong>vollziehbaren<br />
Argumenten vonstatten geht,<br />
reiht si<strong>ch</strong> diese in den universalen philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Diskurs ein. So handelt es si<strong>ch</strong> bei<br />
vielen philosophis<strong>ch</strong>en Fragen um Themen,<br />
die religions- und staatsübergreifend sind,<br />
da sie si<strong>ch</strong> auf „Allgemeinmens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es“<br />
ri<strong>ch</strong>ten, was zu einem globalen Erbe an<br />
Erkenntnis geführt hat. In den Worten von<br />
Höffe ausgedrückt: „Besonders rei<strong>ch</strong> ist das<br />
gemeinsame Erbe im Berei<strong>ch</strong> von Re<strong>ch</strong>t und<br />
Gere<strong>ch</strong>tigkeit: Der Grundgedanke von Unparteili<strong>ch</strong>keit<br />
namentli<strong>ch</strong> der Ri<strong>ch</strong>ters<strong>ch</strong>aft,<br />
Prinzipien der Verfahrensgere<strong>ch</strong>tigkeit,<br />
der strafre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>utz der elementaren<br />
Re<strong>ch</strong>tsgüter Leib und Leben, Eigentum und<br />
guter Name und die Uns<strong>ch</strong>uldsvermutung<br />
bei Strafverfahren finden si<strong>ch</strong> in so gut wie<br />
allen Kulturen aller Epo<strong>ch</strong>en. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />
beruft si<strong>ch</strong> die Re<strong>ch</strong>tsphilosophie weder bei<br />
den normativen Grundsätzen no<strong>ch</strong> bei den<br />
empiris<strong>ch</strong>en Umständen auf europäis<strong>ch</strong>amerikanis<strong>ch</strong>e<br />
Besonderheiten und kann<br />
nur deshalb andere Kulturen, obwohl diese<br />
ein Re<strong>ch</strong>t auf Differenz haben, auf Gemeinsamkeiten<br />
verpfli<strong>ch</strong>ten. In bewusster<br />
Bes<strong>ch</strong>eidenheit entwickelt sie keine ausbu<strong>ch</strong>stabierte<br />
Re<strong>ch</strong>tsordnung, sondern nur<br />
formale Prinzipien, die zwar ohne Alternativen<br />
gültig sind, si<strong>ch</strong> bei der konkreten Ausgestaltung<br />
aber für Erfahrung, Klugheit und<br />
besondere Traditionen offenhalten.“ (76)<br />
Darüber hinaus sind ebenso Fragen einer<br />
zukünftigen, gere<strong>ch</strong>ten Weltordnung Themen<br />
der <strong>Philosophie</strong>.<br />
30
Die <strong>Philosophie</strong> nimmt jedo<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> eine andere<br />
Rolle in der Gesells<strong>ch</strong>aft ein. Die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Welt wird dur<strong>ch</strong> zunehmende<br />
Spezialisierung in Fa<strong>ch</strong>wissens<strong>ch</strong>aften zunehmend<br />
„zersplittert“ und ein fä<strong>ch</strong>erübergreifender<br />
Austaus<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>wert.<br />
Ni<strong>ch</strong>t zuletzt, weil sie selbst die älteste<br />
Geisteswissens<strong>ch</strong>aft und Naturwissens<strong>ch</strong>aft<br />
ist, hat die <strong>Philosophie</strong> die Aufgabe,<br />
gemeinsame Kriterien und Strukturen<br />
der Fa<strong>ch</strong>wissens<strong>ch</strong>aften herauszuarbeiten<br />
sowie den Sinn der Entwicklung oder teilweise<br />
au<strong>ch</strong> deren ethis<strong>ch</strong>e Probleme aufzuzeigen.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> erlei<strong>ch</strong>tert dadur<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t nur den Wissens<strong>ch</strong>aften, eine neue Integrität<br />
oder Identität zu erkennen, sondern<br />
hilft au<strong>ch</strong> dabei, das Erbe der Mens<strong>ch</strong>heit<br />
zu vergegenwärtigen. (77)<br />
Höffe weist aber au<strong>ch</strong> auf Folgendes hin:<br />
„Über all diesen Dienst-Leistungen darf die<br />
<strong>Philosophie</strong> aber ihre ‚weltbürgerli<strong>ch</strong>e Bedeutung‘<br />
(Kant) ni<strong>ch</strong>t vergessen, die Auseinandersetzung<br />
mit den Grundfragen der<br />
Mens<strong>ch</strong>heit: Was kann man wissen; was<br />
soll man tun; was darf man hoffen? Ohne<br />
mit ewig gültigen Antworten zu re<strong>ch</strong>nen,<br />
su<strong>ch</strong>t die <strong>Philosophie</strong> derartige Fragen zu<br />
klären und Antworten zu geben, auf dass<br />
das mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Wissen zu einer gewissen<br />
Vollendung gelange. Denn ni<strong>ch</strong>t nur im<br />
Künstler, Naturfors<strong>ch</strong>er, Staatsmann oder<br />
Wohltäter errei<strong>ch</strong>t das Mens<strong>ch</strong>sein eine<br />
Hö<strong>ch</strong>stform, sondern au<strong>ch</strong> in jener Su<strong>ch</strong>e<br />
na<strong>ch</strong> einem uneinges<strong>ch</strong>ränkten Wissen,<br />
das begriffli<strong>ch</strong>-argumentative Klarheit mit<br />
methodis<strong>ch</strong>er Strenge verbinde. Und diese<br />
Su<strong>ch</strong>e heisst seit den Grie<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong>.“<br />
(78)<br />
Anhand aller Kommentare in der re<strong>ch</strong>ten<br />
Spalte des Themendossiers erfuhr man<br />
ebenfalls, dass die <strong>Philosophie</strong> in jegli<strong>ch</strong>en<br />
Situationen des Berufsalltags eine<br />
Rolle spielt und als wertvoller Zugang<br />
oder Beistand zur Komplexität des Lebens<br />
empfunden wird.<br />
Prof. Dr. Viktor Hobi<br />
emeritierter Professor für klinis<strong>ch</strong>e Psy<strong>ch</strong>ologie<br />
Universität Basel<br />
Seit i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> auf universitärer Ebene mit<br />
Psy<strong>ch</strong>ologie, Klinis<strong>ch</strong>er Psy<strong>ch</strong>ologie, Psy<strong>ch</strong>opharmakologie,<br />
Psy<strong>ch</strong>opathologie, Psy<strong>ch</strong>otherapie<br />
und Psy<strong>ch</strong>ophysiologie zu befassen<br />
habe bzw. hatte, ist die <strong>Philosophie</strong><br />
für mi<strong>ch</strong> jenes Wissens<strong>ch</strong>aftsgebiet geblieben,<br />
von dem Thomas von Aquin irgendwo<br />
in seinem grossen Werk festhält, dass<br />
sie, die <strong>Philosophie</strong>, die „scientia omnium<br />
rerum“ sei. Damit wird ganz klar, dass die<br />
<strong>Philosophie</strong> glei<strong>ch</strong>sam eine übergeordnete<br />
Wissens<strong>ch</strong>aft ist und somit keine Einzelwissens<strong>ch</strong>aft.<br />
Soweit i<strong>ch</strong> die derzeitige Situation überblicke,<br />
ist die sehr erfreuli<strong>ch</strong>e und positive<br />
Tendenz gemeinsamer, kollegialer Diskussion<br />
zwis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> und naturwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er<br />
und experimenteller Disziplin im<br />
Wa<strong>ch</strong>sen. Au<strong>ch</strong> dies soll ein Hinweis darauf<br />
sein, dass die <strong>Philosophie</strong> als Königsdisziplin<br />
der wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong>e<br />
gegenwärtig und zukünftig in ihrer Bedeutung<br />
voll <strong>zum</strong> Tragen kommen möge.<br />
I<strong>ch</strong> freue mi<strong>ch</strong>, wenn i<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> zukünftig lesen<br />
darf: „Das Kluge ist das Mass des Guten;<br />
das Mass der Klugheit aber ist ni<strong>ch</strong>t<br />
wiederum etwas innerhalb des Subjektes,<br />
au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t unmittelbar Gott im Gewissen,<br />
sondern das Seinswirkli<strong>ch</strong>e. Was gut ist,<br />
das bestimmt die Klugheit; was aber klug<br />
ist, das bestimmt die Sa<strong>ch</strong>e selbst“. (Josef<br />
Pieper: Die Wirkli<strong>ch</strong>keit und das Gute. Kösel-Verlag,<br />
Mün<strong>ch</strong>en 1949).<br />
31
Philosophinnen und Philosophen<br />
in der Arbeitswelt<br />
Philosophinnen und Philosophen erwerben<br />
während ihres Studiums, neben inhaltli<strong>ch</strong>en<br />
Kenntnissen, u.a. folgende Qualitäten:<br />
• Analyse von Texten, Theoriegebäuden,<br />
Strukturen und Ideen<br />
• kritis<strong>ch</strong>e Auseinandersetzung mit Ideen<br />
• folgeri<strong>ch</strong>tige, logis<strong>ch</strong>e Argumentation<br />
• Aufzeigen von Begründungen, Zusammenhängen,<br />
Widersprü<strong>ch</strong>en und übersehenen<br />
Details<br />
• Hervorbringen von konstruktiven und<br />
gut begründeten Vors<strong>ch</strong>lägen<br />
• Offenheit gegenüber ungelösten Fragen<br />
• Vers<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>ung komplexer Gedanken<br />
in eine verständli<strong>ch</strong>e Form<br />
Die dur<strong>ch</strong> das Studium entstandene Einübung<br />
und Erarbeitung der aufgeführten<br />
Fähigkeiten ermögli<strong>ch</strong>t den Studierenden,<br />
diese in anderen (ni<strong>ch</strong>t philosophis<strong>ch</strong>en)<br />
Themengebieten anzuwenden.<br />
Die Berufe der über 28‘000 Personen, wel<strong>ch</strong>e<br />
zwis<strong>ch</strong>en 1980 und 2011 in der S<strong>ch</strong>weiz<br />
<strong>Philosophie</strong> studiert haben, sind äusserst<br />
vielfältig. Ni<strong>ch</strong>t nur Berufsbran<strong>ch</strong>en, deren<br />
Arbeit si<strong>ch</strong> mit Texten oder Kommunikation<br />
befasst (Journalismus, Verlagswesen,<br />
Kommunikation oder Bibliotheken), kommen<br />
für Philosophen in Frage. Au<strong>ch</strong> in den<br />
Berei<strong>ch</strong>en Kultur, NGOs, öffentli<strong>ch</strong>e Verwaltung<br />
oder bei Stiftungen finden Philo-<br />
sophinnen und Philosophen Anwendungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
ihrer Fähigkeiten.<br />
Dazu kommt, dass die ausgeprägte Spra<strong>ch</strong>und<br />
Argumentationskompetenz ebenso als<br />
wi<strong>ch</strong>tige Fähigkeit für VerkäuferInnen oder<br />
BeraterInnen gilt. So werden in Grossbritannien<br />
beispielsweise häufig PhilosophInnen<br />
als AnalystInnen von Banken rekrutiert.<br />
Neben all diesen fa<strong>ch</strong>fremden Tätigkeiten<br />
bieten die Universitäten und Gymnasien<br />
weitere Mögli<strong>ch</strong>keiten, die inhaltli<strong>ch</strong>en<br />
Kenntnisse anzuwenden, ob als Fors<strong>ch</strong>erIn,<br />
DozentIn oder als Lehrperson. Ebenfalls<br />
gibt es au<strong>ch</strong> viele Verbände, die si<strong>ch</strong><br />
auf gewisse philosophieverwandte Themen<br />
spezialisiert haben und auf inhaltli<strong>ch</strong> ausgebildetes<br />
Personal angewiesen sind. So stellen<br />
au<strong>ch</strong> die Ethikkommissionen eine Berufsmögli<strong>ch</strong>keit<br />
für <strong>Philosophie</strong>studierende<br />
dar. Ni<strong>ch</strong>t zuletzt gibt es in der S<strong>ch</strong>weiz au<strong>ch</strong><br />
einige Philosophinnen und Philosophen, die<br />
si<strong>ch</strong> selbstständig gema<strong>ch</strong>t haben und z.B.<br />
philosophis<strong>ch</strong>e Beratungen oder Ähnli<strong>ch</strong>es<br />
anbieten.<br />
Grundsätzli<strong>ch</strong> ist es aber allen <strong>Philosophie</strong>studierenden<br />
ebenso ans Herz gelegt, dass<br />
si<strong>ch</strong> diese – wie beispielsweise Mike Müllers<br />
Faszination für das Theater (ein früherer<br />
<strong>Philosophie</strong>student, bekannt aus Giacobbo/<br />
Müller) – s<strong>ch</strong>on während des Studiums in<br />
einem anderen Berei<strong>ch</strong> engagieren, um den<br />
Berufseinstieg zu erlei<strong>ch</strong>tern.<br />
Trotz den relativ rar gesäten „philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Berufen“ verliert das Studium aber<br />
ni<strong>ch</strong>t an Attraktivität und Nützli<strong>ch</strong>keit. Ein<br />
<strong>Philosophie</strong>studium wird oft au<strong>ch</strong> als Denks<strong>ch</strong>ule<br />
erlebt, die für das Leben als sol<strong>ch</strong>es<br />
als äusserst wertvoll empfunden wird. Ob es<br />
si<strong>ch</strong> hierbei um eine inhaltli<strong>ch</strong>e, historis<strong>ch</strong>e<br />
Übersi<strong>ch</strong>t über die gedankli<strong>ch</strong>e Entwicklung<br />
der Mens<strong>ch</strong>heit dreht oder um die Fähigkeit<br />
handelt, klarer zu denken, zu spre<strong>ch</strong>en und<br />
zu s<strong>ch</strong>reiben: Kaum jemand würde das eigene<br />
<strong>Philosophie</strong>studium als gänzli<strong>ch</strong> nutzlos<br />
bes<strong>ch</strong>reiben.<br />
32
Glossar<br />
• Affirmativ<br />
Die Affirmation (lateinis<strong>ch</strong> affirmatiō für „Versi<strong>ch</strong>erung,<br />
Beteuerung“) ist eine wertende Eigens<strong>ch</strong>aft<br />
für prozedurale, kognitive oder logis<strong>ch</strong>e Entitäten,<br />
die mit „Bejahung“, „Zustimmung“ oder „Zuordnung“<br />
bes<strong>ch</strong>rieben werden kann.<br />
• Falsifizierbarkeit<br />
Falsifikation, au<strong>ch</strong> Falsifizierung (von lat. falsificare<br />
„als fals<strong>ch</strong> erkennen“) oder Widerlegung, ist der<br />
Na<strong>ch</strong>weis der Ungültigkeit einer Aussage, Methode,<br />
These, Hypothese oder Theorie. Aussagen oder<br />
experimentelle Ergebnisse, die Ungültigkeit na<strong>ch</strong>weisen<br />
können, heißen „Falsifikatoren“.<br />
• Hypothese<br />
Eine Hypothese (altgrie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong> ὑπόθεσις, hypóthesis<br />
= ‚Unterstellung‘, ‚Voraussetzung‘, ‚Grundlage‘)<br />
ist eine Aussage, deren Gültigkeit man für mögli<strong>ch</strong><br />
hält, die aber ni<strong>ch</strong>t bewiesen oder verifiziert ist. Für<br />
Hypothesen ist es übli<strong>ch</strong>, dass die Bedingungen angegeben<br />
werden, unter denen sie gültig sein sollen.<br />
• konvergieren<br />
Konvergenz (abgeleitet von lat. convergere = si<strong>ch</strong><br />
einander zuwenden) bedeutet die Annäherung vers<strong>ch</strong>iedener<br />
Methoden und Theoriensysteme an ein<br />
si<strong>ch</strong> als tragfähig zu erweisendes Ziel. Konvergenz<br />
bes<strong>ch</strong>reibt somit die Voraussetzung und Garantie<br />
dafür, dass naturwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Erkenntnis<br />
objektive Gültigkeit zukommt.<br />
• Normativ<br />
Philosophis<strong>ch</strong>e Normativität gibt an, wie etwas<br />
sein sollte. „Normativ“ ist in der <strong>Philosophie</strong> in der<br />
Regel dem Attribut „deskriptiv“ (bes<strong>ch</strong>reibend) als<br />
Bes<strong>ch</strong>reibung für Theorien und Begriffe entgegengesetzt.<br />
Deskriptive Aussagen sind Sätze über die<br />
Realität und können überprüft und gegebenenfalls<br />
au<strong>ch</strong> widerlegt werden (Falsifikation). Normative<br />
Sätze geben vor, wie etwas sein soll, also wie etwas<br />
zu bewerten ist. Erst im 18. Jahrhundert wies David<br />
Hume darauf hin, dass es diesen logis<strong>ch</strong>en Unters<strong>ch</strong>ied<br />
zwis<strong>ch</strong>en wertenden und bes<strong>ch</strong>reibenden<br />
Sätzen gibt und argumentierte dafür, dass wir<br />
ni<strong>ch</strong>t von deskriptiven Sätzen auf normative Sätze<br />
s<strong>ch</strong>liessen können (Humes Gesetz). Vers<strong>ch</strong>iedene<br />
philosophis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ulen bes<strong>ch</strong>äftigen si<strong>ch</strong> mit der<br />
Frage na<strong>ch</strong> der Rationalität und objektiven Begründbarkeit<br />
normativer Sätze. Während Ansätze<br />
wie die von Platon, Aristoteles über Kant bis Habermas<br />
von dieser Mögli<strong>ch</strong>keit ausgehen, bestreiten<br />
dies neben anderen die empiris<strong>ch</strong>-analytis<strong>ch</strong> arbeitenden<br />
S<strong>ch</strong>ulen (z. B. logis<strong>ch</strong>er Empirismus).<br />
• <strong>Philosophie</strong><br />
Alles kann dem Philosophen <strong>zum</strong> Gegenstand des<br />
<strong>Philosophie</strong>rens werden. <strong>Philosophie</strong>ren heisst,<br />
si<strong>ch</strong> argumentativ und im Dialog über theoretis<strong>ch</strong>e<br />
Mögli<strong>ch</strong>keiten zu verständigen.<br />
• Synthetis<strong>ch</strong>es a priori<br />
Der Ausdruck „synthetis<strong>ch</strong>es Urteil a priori“ entstammt<br />
der <strong>Philosophie</strong> Immanuel Kants. Kant<br />
bezei<strong>ch</strong>net damit Urteile, die ni<strong>ch</strong>t auf der Basis<br />
von Erfahrung gefällt werden, also a priori sind, und<br />
deren Wahrheit ni<strong>ch</strong>t auf der Zerlegung von Begriffen<br />
beruht, weswegen die Urteile ni<strong>ch</strong>t analytis<strong>ch</strong><br />
sind. Reine synthetis<strong>ch</strong>e Urteile a priori sind na<strong>ch</strong><br />
Kant das Ziel einer wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Metaphysik.<br />
Insofern diese Metaphysik au<strong>ch</strong> die Strukturen der<br />
Alltagserkenntnis bes<strong>ch</strong>reibt, enthält diese ebenfalls<br />
synthetis<strong>ch</strong>e Urteile a priori. Die Frage, wie<br />
wir zu sol<strong>ch</strong>en Urteilen kommen und unter wel<strong>ch</strong>en<br />
Bedingungen sie wahr sind, nimmt einen zentralen<br />
Platz in Kants Erkenntnistheorie ein. Urteile a priori<br />
erkennt man a) an ihrer Notwendigkeit: Sie können<br />
ni<strong>ch</strong>t fals<strong>ch</strong> sein, ihre Negation enthält einen<br />
logis<strong>ch</strong>en oder realen Widerspru<strong>ch</strong>. Und b) an der<br />
strengen Allgemeinheit: Sie gelten ohne Ausnahme<br />
und unter allen Umständen.<br />
Mehr zu der Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en synthetis<strong>ch</strong>en<br />
und analytis<strong>ch</strong>en Urteilen findet man auf<br />
Seite 12 des Themendossiers.<br />
Quellen: Gesamtes Glossar siehe (79).<br />
33
Quellen<br />
(1) Peter Kunzmann, Franz-Peter Burkard, Franz Wiedmann,<br />
„DTV-Atlas zur <strong>Philosophie</strong>“, dtv, Mün<strong>ch</strong>en 1994, S.11<br />
(2) Diether Krywalski, „Wege zur <strong>Philosophie</strong>“, Ehrenwirth Verlag,<br />
Mün<strong>ch</strong>en 1996, S. 11<br />
(3) Karl Jaspers, „Was ist <strong>Philosophie</strong>?“, Piper Verlag, Mün<strong>ch</strong>en<br />
1976, S. 31<br />
(4) Karl Popper, „Alle Mens<strong>ch</strong>en sind Philosophen“, Piper Verlag,<br />
Mün<strong>ch</strong>en 2002, S. 11<br />
(5) Thomas Nagel, „Was bedeutet das alles?“, Reclam Verlag,<br />
Stuttgart 1987, S. 6<br />
(6) Nigel Warburton, „Was können wir wissen, was dürfen wir<br />
tun?“, Rowohlt Tas<strong>ch</strong>enbu<strong>ch</strong> Verlag, Reinbek bei Hamburg<br />
1998, S. 10<br />
(7) Nigel Warburton, „Was können wir wissen, was dürfen wir<br />
tun?“, Rowohlt Tas<strong>ch</strong>enbu<strong>ch</strong> Verlag, Reinbek bei Hamburg<br />
1998, S. 9<br />
(8) Thomas Nagel, „Was bedeutet das alles?“, Reclam Verlag,<br />
Stuttgart 1987, S. 7<br />
(9) Wolfgang Detel, „Grundkurs <strong>Philosophie</strong> – Band 1, Logik“,<br />
Reclam Verlag, Stuttgart 2007, S. 10<br />
(10) ebenda S. 10<br />
(11) ebenda S. 8<br />
(12) Bertrand Russell, „Der Wert der <strong>Philosophie</strong>“, in: „Was ist<br />
<strong>Philosophie</strong>?“, Kurt Salamun (Hrsg.), UTB, Tübingen 2009,<br />
S. 264<br />
(13) Nigel Warburton, „Was können wir wissen, was dürfen wir<br />
tun?“, Rowohlt Tas<strong>ch</strong>enbu<strong>ch</strong> Verlag, Reinbek bei Hamburg<br />
1998, S. 13<br />
(14) ebenda<br />
(15) ebenda S. 11<br />
(16) Robert Spaemann, „Der Streit der Philosophen“, in: „Wozu<br />
<strong>Philosophie</strong>?“, Herman Lübbe (Hrsg.), de Gruyter Studienbu<strong>ch</strong>,<br />
Berlin 1978, S. 92<br />
(17) Wolfgang Detel, „Grundkurs <strong>Philosophie</strong> – Band 1, Logik“,<br />
Reclam Verlag, Stuttgart 2007, S. 11<br />
(18) ebenda S. 61<br />
(19) ebenda S. 65<br />
(20) Wolfgang Detel, „Grundkurs <strong>Philosophie</strong> – Band 2, Metaphysik<br />
und Naturphilosophie“, Reclam Verlag, Stuttgart 2007,<br />
S. 12<br />
(21) ebenda<br />
(22) ebenda S. 60<br />
(23) Wolfgang Detel, „Grundkurs <strong>Philosophie</strong> – Band 3, <strong>Philosophie</strong><br />
des Geistes und der Spra<strong>ch</strong>e“, Reclam Verlag, Stuttgart<br />
2007, S. 12<br />
(24) ebenda S. 17<br />
(25) ebenda S. 83<br />
(26) Wolfgang Detel, „Grundkurs <strong>Philosophie</strong> – Band 5, <strong>Philosophie</strong><br />
des Sozialen“, Reclam Verlag, Stuttgart 2007, S. 15<br />
(27) Vgl. ebenda S. 20<br />
(28) ebenda S. 26<br />
(29) ebenda S. 27<br />
(30) ebenda S. 29<br />
(31) Annemarie Pieper, „Einführung in die Ethik“, UTB, Tübingen<br />
2007, S.12<br />
(32) ebenda<br />
(33) ebenda S. 15<br />
(34) Karl-Ludwig Kunz, Martino Mona, „Re<strong>ch</strong>tsphilosophie,<br />
Re<strong>ch</strong>tstheorie, Re<strong>ch</strong>tssoziologie, UTB, Tübingen 2006, S. 35<br />
(35) ebenda S. 36<br />
(36) Vgl. ebenda<br />
(37) Vgl. ebenda S. 143 und in Zusammenhang mit Gustav Radbru<strong>ch</strong>,<br />
„Gesetzli<strong>ch</strong>es Unre<strong>ch</strong>t und übergesetzli<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>t,“<br />
in: Dreier, Paulson (Hrsg.), „Re<strong>ch</strong>tsphilosophie – Studienausgabe“,<br />
Heidelberg 1999, S. 216<br />
(38) Vgl. Christoph Horn, „Einführung in die politis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong>“,<br />
Wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Bu<strong>ch</strong>gesells<strong>ch</strong>aft, Darmstadt 2003,<br />
S. 9<br />
(39) ebenda S. 15<br />
(40) Ralf Konersmann, „Kulturphilosophie – zur Einführung“,<br />
Junius Verlag, Hamburg 2003, S. 15<br />
(41) Diether Krywalski, „Wege zur <strong>Philosophie</strong>“, Ehrenwirth Verlag,<br />
Mün<strong>ch</strong>en 1996, S. 140<br />
(42) Vgl. Emil Angehrn, „Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie“, S<strong>ch</strong>wabe<br />
reflexe, Basel 2012, S. 9<br />
(43) Emil Angehrn, „Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie“, S<strong>ch</strong>wabe reflexe,<br />
Basel 2012, S. 76<br />
(44) Ottfried Höffe, „Kleine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>“,<br />
C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en 2001, S.18<br />
(45) Vgl. ebenda S. 45<br />
(46) ebenda S. 50<br />
(47) ebenda<br />
(48) ebenda S. 85-87<br />
(49) ebenda S. 137<br />
(50) ebenda S. 149<br />
(51) ebenda<br />
(52) ebenda S. 169<br />
(53) ebenda S. 189<br />
(54) Immanuel Kant, „Kritik der reinen Vernunft“ – 2. Auflage – Kapitel<br />
22, 2. Absatz in der Einleitung: Idee einer transzendentalen<br />
Logik. Online verfügbar auf: http://gutenberg.spiegel.de/<br />
bu<strong>ch</strong>/3502/22<br />
(55) Ottfried Höffe, „Kleine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>“,<br />
C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en 2001, S. 268<br />
(56) ebenda S. 273<br />
(57) Vgl. ebenda S. 277<br />
(58) ebenda S. 278<br />
(59) ebenda S. 281<br />
(60) Vgl. ebenda S. 282<br />
(61) Vgl. ebenda S. 297–309<br />
(62) ebenda S. 297<br />
(63) Willard van Orman Quine: „Naturalisierte Erkenntnistheorie“,<br />
in: ders.: „Ontologis<strong>ch</strong>e Relativität und andere S<strong>ch</strong>riften“,<br />
Stuttgart, Reclam, 1975, S.105<br />
(64) Mi<strong>ch</strong>ael Esfeld: „<strong>Philosophie</strong> des Geistes – Eine Einführung“,<br />
Bern Studies in the History and Philosophy of Science, Bern<br />
2005, ISBN 3-9522882-5-X<br />
(65) Vgl. Ottfried Höffe, „Kleine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>“,<br />
C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en 2001, S. 316<br />
(66) ebenda S. 317<br />
(67) Vgl. S. 319<br />
(68) John Rawls, „Eine Theorie der Gere<strong>ch</strong>tigkeit“, Suhrkamp,<br />
Frankfurt 1975, S. 81<br />
(69) Hans Mi<strong>ch</strong>ael Baumgartner, „Wozu no<strong>ch</strong> <strong>Philosophie</strong>?“ in:<br />
„Wozu <strong>Philosophie</strong>?“, Herman Lübbe (Hrsg.), de Gruyter<br />
Studienbu<strong>ch</strong>, Berlin 1978, S. 257<br />
34
(70) Rüdiger Bubner, „Was kann, soll und darf <strong>Philosophie</strong>?“ in:<br />
„Wozu <strong>Philosophie</strong>?“, Herman Lübbe (Hrsg.), de Gruyter<br />
Studienbu<strong>ch</strong>, Berlin 1978, S. 1<br />
(71) ebenda S. 6<br />
(72) Vgl. Hans Mi<strong>ch</strong>ael Baumgartner, „Wozu no<strong>ch</strong> <strong>Philosophie</strong>?“<br />
in: „Wozu <strong>Philosophie</strong>?“, Herman Lübbe (Hrsg.), de Gruyter<br />
Studienbu<strong>ch</strong>, Berlin 1978, S. 243<br />
(73) Joseph Pieper, „Was heisst akademis<strong>ch</strong>? Zwei Versu<strong>ch</strong>e<br />
über die Chancen der Universität heute“, Kösel, Mün<strong>ch</strong>en<br />
1964, S. 107<br />
(74) Ottfried Höffe, „Kleine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>“,<br />
C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en 2001, S. 325<br />
(75) ebenda<br />
(76) ebenda S. 327<br />
(77) vgl. 330<br />
(78) ebenda<br />
(79) Alle Einträge aus Wikipedia übernommen.<br />
Literaturtipps<br />
Zur Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong><br />
• Ottfried Höffe: „Kleine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der<br />
<strong>Philosophie</strong>“, C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en 2001<br />
• Wolfgang Röd: „Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>“<br />
in 14 Bänden, C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en<br />
1989–2013<br />
Einführungen in die <strong>Philosophie</strong><br />
• Wolfgang Detel: „Grundkurs <strong>Philosophie</strong><br />
– Band 1 bis 5“, Reclam Verlag, Stuttgart<br />
2007<br />
• Jonas Pfister: „<strong>Philosophie</strong>. Ein Lehrbu<strong>ch</strong>“,<br />
Reclam Verlag, Stuttgart 2006,<br />
ISBN: 978-3-15-018767-8<br />
• Kurt Salamun (Hrsg.): „Was ist <strong>Philosophie</strong>?“,<br />
UTB, Tübingen 2009<br />
• Holm Tetens: „Philosophis<strong>ch</strong>es Argumentieren.<br />
Eine Einführung“. C.H. Beck,<br />
Mün<strong>ch</strong>en, 2004. ISBN 978-3406511141<br />
• Robert Zimmer: „Basis-Bibliothek <strong>Philosophie</strong>.<br />
100 klassis<strong>ch</strong>e Werke“, Reclam,<br />
Leipzig 2009, ISBN: 978-3-15-020137-4<br />
Themenbezogene Einführungen<br />
• Emil Angehrn: „Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie“,<br />
S<strong>ch</strong>wabe reflexe, Basel 2012<br />
• Georg W. Bertram: „Spra<strong>ch</strong>philosophie<br />
zur Einführung“, Junius Verlag, Hamburg<br />
2011, 978-3-88506-681-1<br />
• Alan F. Chalmers: „Wege der Wissens<strong>ch</strong>aft:<br />
Einführung in die Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie“,<br />
Springer; 6. Auflage, verb. Aufl.,<br />
Berlin 2007<br />
• Mi<strong>ch</strong>ael Esfeld: „<strong>Philosophie</strong> des<br />
Geistes – Eine Einführung“, Bern Studies<br />
in the History and Philosophy of Science,<br />
Bern 2005, ISBN 3-9522882-5-X<br />
• Thomas Grundmann: „Analytis<strong>ch</strong>e<br />
Einführung in die Erkenntnistheorie“, De<br />
Gruyter Berlin, 2008<br />
• Detlef Horster: „Sozialphilosophie:<br />
Grundwissen <strong>Philosophie</strong>“, Reclam, Leipzig<br />
2005, ISBN 978-3-15-020118-3<br />
• Ralf Konersmann: „Kulturphilosophie –<br />
zur Einführung“, Junius Verlag, Hamburg<br />
2003<br />
• Karl-Ludwig Kunz, Martino Mona:<br />
„Re<strong>ch</strong>tsphilosophie, Re<strong>ch</strong>tstheorie, Re<strong>ch</strong>tssoziologie,<br />
UTB, Tübingen 2006<br />
• Reinhard Mehring: „Politis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong>:<br />
Grundwissen <strong>Philosophie</strong>“, Reclam,<br />
Leipzig 2012, ISBN: 978-3-15-020121-3<br />
• Annemarie Pieper: „Einführung in die<br />
Ethik“, UTB, Tübingen 2007, S. 12<br />
• Willard van Orman Quine: „Grundzüge<br />
der Logik“, Suhrkamp, Frankfurt 1974<br />
• Saskia Wendel: „Religionsphilosophie:<br />
Grundwissen <strong>Philosophie</strong>“, Reclam, Leipzig<br />
2010, ISBN: 978-3-15-020333-0<br />
• Dan Zahavi: „Phänomenologie für Einsteiger“,<br />
UTB, Tübingen 2007, ISBN 978-<br />
3825229351<br />
35
Impressum<br />
<strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong><br />
Turnweg 6<br />
CH-3013 Bern<br />
Verfasst von Anja Leser<br />
info@philosophie.<strong>ch</strong><br />
Projektleitung: Dr. Philipp Blum<br />
© <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong>, 2013<br />
9. Themendossier,<br />
Doppelausgabe Mai / Juni 2013<br />
ISSN 1662937X Vol. 105<br />
Cartoon: Max Nöthiger<br />
Fotos: Martina Walder<br />
Zitiervors<strong>ch</strong>lag:<br />
„Was ist <strong>Philosophie</strong>? – Philosophis<strong>ch</strong>es<br />
Themendossier“, Swiss<br />
Philosophical Preprint Series #105,<br />
26.6.2013, ISSN 1662937X<br />
Die Reihe der philosophis<strong>ch</strong>en Themendossiers<br />
wird dur<strong>ch</strong> die freundli<strong>ch</strong>e<br />
Unterstützung der Dr. Charles<br />
Hummel Stiftung ermögli<strong>ch</strong>t.