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Philosophis<strong>ch</strong>es Themendossier<br />

Was ist <strong>Philosophie</strong>?<br />

Dieses Themendossier zeigt auf, mit wel<strong>ch</strong>en Themen si<strong>ch</strong> die <strong>Philosophie</strong> befasst<br />

und wem die <strong>Philosophie</strong> was nützt. Wo heutzutage Philosophinnen und Philosophen<br />

wirken, wird ebenso betra<strong>ch</strong>tet, wie die Frage, weshalb es si<strong>ch</strong> überhaupt lohnt zu<br />

philosophieren.


Inhaltsverzei<strong>ch</strong>nis<br />

• Einleitung ................................................................................................................ 3<br />

• Analyse der Frage „Was ist <strong>Philosophie</strong>?“ ............................................................. 4<br />

• Über die philosophis<strong>ch</strong>e Herangehensweise .......................................................... 6<br />

• Warum <strong>Philosophie</strong> betreiben? ............................................................................... 8<br />

• Inhalte und Grundfragen der <strong>Philosophie</strong> ............................................................. 10<br />

• Entwicklung der <strong>Philosophie</strong> ................................................................................. 18<br />

• <strong>Philosophie</strong> heute ................................................................................................. 22<br />

• Interview mit Prof. Alexandrine S<strong>ch</strong>niewind .......................................................... 24<br />

• Wann ist <strong>Philosophie</strong> eine Wissens<strong>ch</strong>aft? Text von Prof. Claus Beisbart ............. 26<br />

• Re<strong>ch</strong>tfertigung der <strong>Philosophie</strong> ............................................................................. 28<br />

• Die Rolle der <strong>Philosophie</strong> in der Gesells<strong>ch</strong>aft ....................................................... 30<br />

• Philosophinnen und Philosophen in der heutigen Arbeitswelt .............................. 32<br />

• Glossar .................................................................................................................. 33<br />

• Quellen & Literaturtipps......................................................................................... 34<br />

Aufbau des Themendossiers<br />

Bevor ein erstes Bild skizziert wird, weshalb<br />

es sinnvoll ist, si<strong>ch</strong> mit <strong>Philosophie</strong> zu bes<strong>ch</strong>äftigen,<br />

wird untersu<strong>ch</strong>t, wie die Frage<br />

„Was ist <strong>Philosophie</strong>?“ verstanden werden<br />

kann. Um zu erklären, was <strong>Philosophie</strong> ist,<br />

wird man mit den Methoden und der philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Herangehensweise vertraut<br />

gema<strong>ch</strong>t, bevor die Inhalte und Grundfragen<br />

der <strong>Philosophie</strong> aufgezeigt werden. Ein<br />

klares Bild von der <strong>Philosophie</strong> erhält man<br />

jedo<strong>ch</strong> erst, wenn man si<strong>ch</strong> ebenfalls mit<br />

der Entwicklung der <strong>Philosophie</strong> befasst,<br />

wel<strong>ch</strong>e ab Seite 18 vorgestellt wird. Ans<strong>ch</strong>liessend<br />

folgt ein Interview mit Prof. Dr.<br />

Alexandrine S<strong>ch</strong>niewind mit Fragen zu ihrer<br />

persönli<strong>ch</strong>en Motivation, <strong>Philosophie</strong>professorin<br />

zu werden. Da <strong>Philosophie</strong> oftmals im<br />

Verruf steht, weder eine Wissens<strong>ch</strong>aft zu<br />

sein, no<strong>ch</strong> einen Nutzen für die Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

zu bringen, widmen si<strong>ch</strong> die Seiten 26 bis<br />

31 diesen Themen. Zuletzt wird beleu<strong>ch</strong>tet,<br />

wel<strong>ch</strong>e Berufe heutzutage Philosophinnen<br />

und Philosophen annehmen können und<br />

wel<strong>ch</strong>e Qualifikationen sie aus dem <strong>Philosophie</strong>studium<br />

mitbringen.<br />

Der Verein <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong><br />

Der Verein <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong> erstellt die Themendossiers<br />

unter dem Aspekt der Wissens<strong>ch</strong>aftskommunikation.<br />

Mehr Informationen<br />

zu <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong> finden Sie auf<br />

www.philosophie.<strong>ch</strong>/about.<br />

Die Reihe der philosophis<strong>ch</strong>en Themendossiers<br />

wurde dur<strong>ch</strong> die freundli<strong>ch</strong>e Kooperation<br />

mit der Dr. Charles Hummel Stiftung<br />

ermögli<strong>ch</strong>t.<br />

Wir danken ganz herzli<strong>ch</strong> für die Unterstützung!<br />

Das Themendossier steht online als PDF-<br />

<strong>Download</strong> auf www.philosophie.<strong>ch</strong>/themendossiers<br />

zur Verfügung.<br />

2


Einleitung<br />

„<strong>Philosophie</strong>“ ist ein S<strong>ch</strong>lagwort, wel<strong>ch</strong>es oft verfremdet wird. Zudem wissen die wenigsten<br />

Personen, wofür der Begriff eigentli<strong>ch</strong> steht, ges<strong>ch</strong>weige denn, wel<strong>ch</strong>e Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

si<strong>ch</strong> dahinter verbirgt. Im vorliegenden Dossier soll die Frage „Was ist <strong>Philosophie</strong>?“<br />

geklärt werden und dabei au<strong>ch</strong>, wie lebensnah <strong>Philosophie</strong> eigentli<strong>ch</strong> ist.<br />

„Die Philosophinnen und Philosophen verstecken<br />

si<strong>ch</strong> im Elfenbeinturm und haben<br />

ni<strong>ch</strong>ts mit dem wirkli<strong>ch</strong>en Leben mehr zu<br />

tun“ ist ein Standpunkt, der ni<strong>ch</strong>t selten<br />

vertreten wird. Oftmals rühren diese Vorbehalte<br />

aber aus einer Unkenntnis dem Fa<strong>ch</strong><br />

und seinen Methoden gegenüber her.<br />

Das vorliegende Dossier mö<strong>ch</strong>te einerseits<br />

anhand von Kommentaren einer Vielzahl<br />

von unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>sten Berufspersonen<br />

zeigen, dass die <strong>Philosophie</strong> in jedem Berufsalltag<br />

eine Rolle spielt und ihren Nutzen<br />

hat. Bis auf die Kommentare ab Seite<br />

26 sind dies alles Personen, die selbst<br />

ni<strong>ch</strong>t <strong>Philosophie</strong> studiert haben, aber umso<br />

deutli<strong>ch</strong>er die Relevanz und Nähe der <strong>Philosophie</strong><br />

zu ihrem Leben erkennen.<br />

Andererseits wird in diesem Themendossier<br />

aufgezeigt, „wie <strong>Philosophie</strong> funktioniert“,<br />

wie breit ihr Themengebiet ist und wel<strong>ch</strong>e<br />

Rolle der <strong>Philosophie</strong> in der heutigen Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

zukommt.<br />

Die Frage, was <strong>Philosophie</strong> ist, lässt si<strong>ch</strong><br />

nur äusserst unvollständig in einem Satz<br />

beantworten. Das Wort <strong>Philosophie</strong> (grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong><br />

φιλοσοφία, philosophía) bedeutet<br />

wörtli<strong>ch</strong> „Liebe zur Weisheit“. Do<strong>ch</strong> damit<br />

weiss man no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>ts über die typis<strong>ch</strong> philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Herangehensweise, die das<br />

Fa<strong>ch</strong> prägt. Um zu verstehen, was <strong>Philosophie</strong><br />

ist, ist es daher unauswei<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>, si<strong>ch</strong><br />

ihrer Methoden zu vergegenwärtigen (Seite<br />

6). Da si<strong>ch</strong> die <strong>Philosophie</strong> mit der Existenz<br />

der Welt und der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Si<strong>ch</strong>tweise<br />

auf diese bes<strong>ch</strong>äftigt, lässt si<strong>ch</strong> behaupten,<br />

dass die <strong>Philosophie</strong> gewissermassen das<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Fenster zur Welt ist. Die Allgemeingültigkeit<br />

von philosophis<strong>ch</strong>en Auseinandersetzungen<br />

und deren argumentativen<br />

Begründungen stellen somit au<strong>ch</strong> eine<br />

Verständigungsmögli<strong>ch</strong>keit über jegli<strong>ch</strong>e<br />

kulturellen, religiösen oder staatspolitis<strong>ch</strong>en<br />

Grenzen hinweg dar. Die Breite der philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Themen (Seite 10 bis 23) und<br />

die vers<strong>ch</strong>iedenen Entwicklungen und Ansätze<br />

bieten zudem einen differenzierten<br />

Hintergrund für jeden Mens<strong>ch</strong>en, der si<strong>ch</strong><br />

zu einem spezifis<strong>ch</strong>en Thema Gedanken<br />

ma<strong>ch</strong>t.<br />

Obwohl die <strong>Philosophie</strong> den Mens<strong>ch</strong>en seit<br />

Jahrhunderten begleitet und die Grundlage<br />

für alle unsere heutigen Wissens<strong>ch</strong>aftszweige<br />

darstellt, wird ihr trotzdem eine Nutzlosigkeit<br />

unterstellt: S<strong>ch</strong>einbar kommen die<br />

PhilosophInnen ni<strong>ch</strong>t vom Fleck und fragen<br />

si<strong>ch</strong> stets no<strong>ch</strong> dieselben Fragen wie vor<br />

2500 Jahren. Dass die <strong>Philosophie</strong> sehr<br />

wohl als Wissens<strong>ch</strong>aft gilt, Forts<strong>ch</strong>ritte erzielt<br />

und für die Gesells<strong>ch</strong>aft einen Nutzen<br />

hat, wird auf den Seiten 26 bis 31 gezeigt.<br />

Der Abs<strong>ch</strong>luss des Dossiers lenkt den Blick<br />

auf die Berufe der 28‘000 Philosophinnen<br />

und Philosophen, die zwis<strong>ch</strong>en 1980 und<br />

2011 in der S<strong>ch</strong>weiz <strong>Philosophie</strong> studiert<br />

haben. Auf Seite 32 erfährt man, wel<strong>ch</strong>e Berufsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

ein <strong>Philosophie</strong>studium<br />

eröffnet und au<strong>ch</strong>, weshalb die erworbenen<br />

„philosophis<strong>ch</strong>en“ Qualifikationen keineswegs<br />

als welt- oder lebensfremd angesehen<br />

werden können.<br />

3


Analyse der Frage<br />

“Was ist <strong>Philosophie</strong>?”<br />

<strong>Philosophie</strong> wird oft mit den Worten „die Liebe<br />

zur Weisheit“ bes<strong>ch</strong>rieben. So meint au<strong>ch</strong><br />

der Begriff „Philosoph“ im Grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en „der<br />

Freund der Weisheit“ (philós = Freund, sophía<br />

= Weisheit), was glei<strong>ch</strong>bedeutend ist<br />

mit dem Streben na<strong>ch</strong> jegli<strong>ch</strong>em Wissen einer<br />

Person. (1) Aber weiss man damit nun,<br />

was <strong>Philosophie</strong> ist, wie sie vorgeht oder mit<br />

wel<strong>ch</strong>en Themen sie si<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>äftigt?<br />

Der Begriff „<strong>Philosophie</strong>“ wird allzu oft im<br />

Alltag verwendet: So wie es unzählige Ges<strong>ch</strong>äfts-<br />

und Lebensphilosophien gibt oder<br />

„<strong>Philosophie</strong>“ glei<strong>ch</strong>bedeutend mit geistiger<br />

Haltung oder persönli<strong>ch</strong>er Einstellung verwendet<br />

wird und „philosophis<strong>ch</strong>“ <strong>zum</strong> Teil<br />

als negativer Ausdruck für „zu komplex“<br />

oder „irrelevant“ gebrau<strong>ch</strong>t wird – so ist mit<br />

„<strong>Philosophie</strong>“ ni<strong>ch</strong>t zuletzt au<strong>ch</strong> die akademis<strong>ch</strong>e,<br />

geisteswissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Disziplin<br />

gemeint.<br />

Im vorliegenden Dossier soll letztere gemeint<br />

sein, wobei eben diese „akademis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Philosophie</strong>“ zu grossen Teilen allen Interessierten<br />

offensteht und ni<strong>ch</strong>t als Geheimnis<br />

im Flur der philosophis<strong>ch</strong>en Institute<br />

versteckt wird. „<strong>Philosophie</strong> gehört wie das<br />

Atmen, Denken und Handeln zu den Grundlagen<br />

des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Lebens. Jeder ‚philosophiert‘<br />

aus seiner Lebenssituation, die<br />

dur<strong>ch</strong> sein Alter und sein Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t, sein<br />

familiäres und berufli<strong>ch</strong>es Umfeld, seine<br />

Interessen und Neigungen, seine Erfahrungen,<br />

seine Vorbildung und seine Anlagen<br />

geprägt ist. Je rei<strong>ch</strong>er dabei seine Vorbildung<br />

ist, je intensiver und systematis<strong>ch</strong>er<br />

er si<strong>ch</strong> mit philosophis<strong>ch</strong>en Problemen auseinandersetzt,<br />

umso differenzierter, genauer<br />

und qualifizierter werden seine Fragen werden<br />

und umso grösser wird, wenn er si<strong>ch</strong><br />

die Neugier des Anfangs bewahrt hat, sein<br />

Staunen über die Ordnung der Dinge, über<br />

die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Gedanken und über die<br />

Welt- und Lebensordnung sein.“ (2)<br />

Entspre<strong>ch</strong>end dem Hineinwa<strong>ch</strong>sen in die<br />

Komplexität philosophis<strong>ch</strong>er Probleme, wird<br />

au<strong>ch</strong> je na<strong>ch</strong> Erfahrungsgrad mit „<strong>Philosophie</strong>“<br />

etwas anderes bezei<strong>ch</strong>net. Fragt man<br />

„Was ist <strong>Philosophie</strong>?“ vers<strong>ch</strong>iedene <strong>Philosophie</strong>professorinnen<br />

und -professoren, so<br />

wählen alle einen anderen Weg, die Frage<br />

zu beantworten.<br />

Karl Jaspers drückte diese Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>keit<br />

folgendermassen aus: „Was <strong>Philosophie</strong><br />

sei und was sie wert sei, ist umstritten.<br />

Man erwartet von ihr ausserordentli<strong>ch</strong>e Aufs<strong>ch</strong>lüsse<br />

oder lässt sie als gegenstandsloses<br />

Denken glei<strong>ch</strong>gültig beiseite. Man<br />

sieht sie mit S<strong>ch</strong>eu als das bedeutende<br />

Bemühen ungewöhnli<strong>ch</strong>er Mens<strong>ch</strong>en oder<br />

vera<strong>ch</strong>tet sie als überflüssiges Grübeln von<br />

Träumern. Man hält sie für eine Sa<strong>ch</strong>e, die<br />

jedermann angeht und daher im Grunde<br />

einfa<strong>ch</strong> und verstehbar sein müsse, oder<br />

man hält sie für so s<strong>ch</strong>wierig, dass es hoffnungslos<br />

sei, si<strong>ch</strong> mit ihr zu bes<strong>ch</strong>äftigen.<br />

Was unter dem Namen der <strong>Philosophie</strong> auftritt,<br />

liefert in der Tat Beispiele für entgegengesetzte<br />

Beurteilungen.“ (3)<br />

Dass die <strong>Philosophie</strong> jedo<strong>ch</strong> einem jedem<br />

Mens<strong>ch</strong>en auf irgendeine Art nahe stehen<br />

kann, hielt Karl Popper fest: „I<strong>ch</strong> glaube,<br />

dass jeder Mens<strong>ch</strong> gewisse Einstellungen<br />

dem Leben gegenüber, dem Tod gegenüber<br />

entwickelt. Und das sind bereits philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Einstellungen – wenn au<strong>ch</strong> gewöhnli<strong>ch</strong><br />

unkritis<strong>ch</strong>e –, gute oder weniger<br />

gute <strong>Philosophie</strong>n.“ (4)<br />

Viellei<strong>ch</strong>t sollte man deshalb fragen, was<br />

das Wesentli<strong>ch</strong>e ist, was die <strong>Philosophie</strong><br />

ausma<strong>ch</strong>t? Thomas Nagel s<strong>ch</strong>rieb hierzu:<br />

„Im Zentrum des <strong>Philosophie</strong>rens stehen<br />

gewisse Fragen, die ein reflektiertes<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es Bewusstsein auf natürli<strong>ch</strong>e<br />

Weise verwunderli<strong>ch</strong> findet, und am besten<br />

beginnt man sein Na<strong>ch</strong>denken, indem man<br />

si<strong>ch</strong> ihnen unmittelbar zuwendet. In der Folge<br />

ist man dann eher in der Lage, die Arbeiten<br />

anderer zu würdigen, die diese Probleme<br />

zu lösen versu<strong>ch</strong>t haben.<br />

Die <strong>Philosophie</strong> unters<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> einerseits<br />

von den Naturwissens<strong>ch</strong>aften und<br />

4


andererseits von der Mathematik. Im Unters<strong>ch</strong>ied<br />

zu den Naturwissens<strong>ch</strong>aften stützt<br />

sie si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t auf Experimente und Beoba<strong>ch</strong>tungen,<br />

sondern allein auf das Denken.<br />

Im Unters<strong>ch</strong>ied zur Mathematik kennt<br />

sie keine formalen Beweisverfahren. Man<br />

philosophiert einzig, indem man fragt, argumentiert,<br />

bestimmte Gedanken ausprobiert<br />

und mögli<strong>ch</strong>e Argumente gegen sie erwägt,<br />

und darüber na<strong>ch</strong>denkt, wie unsere Begriffe<br />

wirkli<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>affen sind.<br />

Das Hauptanliegen der <strong>Philosophie</strong> besteht<br />

darin, sehr allgemeine Vorstellungen in Frage<br />

zu stellen und zu verstehen, die si<strong>ch</strong> ein<br />

jeder von uns tagtägli<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>t, ohne über<br />

sie na<strong>ch</strong>zudenken.“ (5)<br />

Bevor auf den kommenden Seiten aufgezeigt<br />

wird, was die Tätigkeit des <strong>Philosophie</strong>rens<br />

beinhaltet, wel<strong>ch</strong>en Themen si<strong>ch</strong><br />

die <strong>Philosophie</strong> zuwendet, und ausgeführt<br />

wird, wel<strong>ch</strong>en Nutzen die <strong>Philosophie</strong> für<br />

die Gesells<strong>ch</strong>aft hat, muss einleitend gefragt<br />

werden: Wofür das alles?<br />

In den Worten von Nigel Warburton lässt<br />

si<strong>ch</strong> die Frage folgendermassen beantworten:<br />

„Viele unserer Überzeugungen erweisen<br />

si<strong>ch</strong> bei näherem Zusehen als gut<br />

begründet; einige aber ni<strong>ch</strong>t. Die Bes<strong>ch</strong>äftigung<br />

mit <strong>Philosophie</strong> hilft uns ni<strong>ch</strong>t nur, uns<br />

über unsere Vorurteile, sondern au<strong>ch</strong> über<br />

unsere Überzeugungen klar zu werden. Dabei<br />

entwickelt si<strong>ch</strong> unsere Fähigkeit, über<br />

einen weiten Berei<strong>ch</strong> von Streitfragen zusammenhängend<br />

zu argumentieren – eine<br />

nützli<strong>ch</strong>e und auf andere Gebiete übertragbare<br />

Fähigkeit“. (6)<br />

Es lässt si<strong>ch</strong> aus all diesen Ausführungen<br />

s<strong>ch</strong>liessen, dass weder die Re<strong>ch</strong>tfertigung<br />

der <strong>Philosophie</strong> no<strong>ch</strong> die Antwort auf die<br />

Frage „Was ist <strong>Philosophie</strong>?“ eine einfa<strong>ch</strong>e<br />

Angelegenheit ist.<br />

Oftmals wird <strong>Philosophie</strong> anhand der Tätigkeit<br />

erklärt: Erst dur<strong>ch</strong> die inhaltli<strong>ch</strong>e Auseinandersetzung<br />

mit den Fragen und dem<br />

Ausüben der philosophis<strong>ch</strong>en Herangehensweise<br />

lässt si<strong>ch</strong> die Vielfältigkeit der<br />

<strong>Philosophie</strong> zeigen. Und mit ges<strong>ch</strong>ultem<br />

Auge und ges<strong>ch</strong>ärftem Denken lässt si<strong>ch</strong><br />

au<strong>ch</strong> die Qualität diverser <strong>Philosophie</strong>n,<br />

Fragen und Theorien beurteilen, mit denen<br />

si<strong>ch</strong> jeder Mens<strong>ch</strong> – auf die eine oder andere<br />

Art – auseinandersetzt.<br />

5


Über die philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Herangehensweise<br />

Wie bereits angedeutet, ist philosophieren<br />

eine Tätigkeit, die darin besteht, in einer<br />

spezifis<strong>ch</strong>en Art und Weise über gewisse<br />

Fragen na<strong>ch</strong>zudenken. Aber wie?<br />

„Ihr <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>stes Merkmal ist der Gebrau<strong>ch</strong><br />

logis<strong>ch</strong>er Argumente. Das Ges<strong>ch</strong>äft<br />

der Philosophen besteht im Argumentieren:<br />

Sie erfinden Argumente oder kritisieren die<br />

Argumente anderer Leute oder tun beides.<br />

Darüber hinaus analysieren und klären sie<br />

Begriffe.“ (7)<br />

Wenn man nun einen philosophis<strong>ch</strong>en Text<br />

vor si<strong>ch</strong> hat, geht es in erster Linie darum,<br />

diesen Text zu lesen, zu verstehen und zu<br />

analysieren. Dabei ist wesentli<strong>ch</strong>, wie der<br />

Autor seine Argumentation begründet und<br />

wel<strong>ch</strong>en Weg die Entwicklung seiner Gedanken<br />

nimmt. Meist ma<strong>ch</strong>t es Sinn, „Fragen<br />

an den Text“ zu stellen, um herauszufinden,<br />

was an einer Position oder dem<br />

eigenen Verständnis vom Text ni<strong>ch</strong>t klar ist.<br />

In einem zweiten S<strong>ch</strong>ritt – und diesen nehmen<br />

die PhilosophInnen meist s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong> in<br />

Form von Essays vor – wird festgehalten, an<br />

wel<strong>ch</strong>en Stellen der Text Unklarheiten, Ungenauigkeiten<br />

oder gar Widersprü<strong>ch</strong>e aufweist.<br />

Dabei kann es vorkommen, dass gewisse<br />

Begriffe eine ganz wesentli<strong>ch</strong>e Rolle<br />

spielen und deshalb ein klares Verständnis<br />

dieser äusserst wi<strong>ch</strong>tig ist. So kann es vorkommen,<br />

dass man<strong>ch</strong>e Argumente im Text<br />

ni<strong>ch</strong>t wirkli<strong>ch</strong> überzeugend sind. In einem<br />

Essay wird dargelegt, wel<strong>ch</strong>e Argumente<br />

aus wel<strong>ch</strong>en Gründen ni<strong>ch</strong>t überzeugend<br />

sind. In gewissen Fällen werden Gegenbeispiele<br />

benötigt, um aufzuzeigen, dass an<br />

der Theorie bspw. etwas vergessen gegangen<br />

ist. Eine sol<strong>ch</strong>e Kritik beinhaltet sodann<br />

oft au<strong>ch</strong> einen „Gegenvors<strong>ch</strong>lag“, also eine<br />

eigene Theorie, wel<strong>ch</strong>e die „Fehler“ ausmerzt<br />

oder gar eine Gegenposition zur vertretenen<br />

Auffassung darstellt. Diese Gegenvors<strong>ch</strong>läge<br />

müssen vor allem eines sein:<br />

gut begründet! Und so stellt sol<strong>ch</strong> ein Essay<br />

dann den Ausgangspunkt für den nä<strong>ch</strong>sten<br />

Philosophen oder der Philosophin dar.<br />

Dabei stellt jede qualitativ gute Auseinandersetzung<br />

mit <strong>Philosophie</strong> au<strong>ch</strong> eine historis<strong>ch</strong>e<br />

Untersu<strong>ch</strong>ung dar: Ohne die Kenntnis<br />

der Auffassungen und Irrtümer früherer<br />

PhilosophInnen kann kaum ein Forts<strong>ch</strong>ritt<br />

erzielt werden. Ansonsten besteht die<br />

grosse Gefahr, dass die Fehler anderer –<br />

unbemerkt – wiederholt werden.<br />

So ist die stets gegebene Aufforderung<br />

an die Lesers<strong>ch</strong>aft eines philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Textes die Folgende:<br />

Au<strong>ch</strong> wenn eine Lösung präsentiert wird<br />

und als ri<strong>ch</strong>tig angepriesen wird, hat man<br />

keinen Grund diese zu glauben, wenn sie<br />

einen selbst ni<strong>ch</strong>t überzeugt. In sol<strong>ch</strong> einem<br />

Fall geht es darum, selbst eine „bessere“<br />

Lösung zu finden, die aufgrund ihrer Argumente<br />

überzeugender ist.<br />

Thomas Nagel hält entspre<strong>ch</strong>end fest: „Die<br />

Philosophen sind unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er Meinung,<br />

und jede einzelne philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Frage hat mehr als nur zwei mögli<strong>ch</strong>e Antworten.“<br />

(8)<br />

Analytis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> und kontinentale<br />

<strong>Philosophie</strong><br />

Während des 20. Jahrhunderts wurde die<br />

philosophis<strong>ch</strong>e Szene von einer Kluft geprägt,<br />

wel<strong>ch</strong>er eine unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Herangehensweise<br />

zu Grunde lag. (9) Einerseits<br />

war dies die eher historis<strong>ch</strong> und <strong>zum</strong> Teil an<br />

literaris<strong>ch</strong>er Stärke orientierte kontinentale<br />

<strong>Philosophie</strong> (bspw. Hegel, Nietzs<strong>ch</strong>e, Marx,<br />

S<strong>ch</strong>openhauer) und andererseits die analytis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Philosophie</strong>, deren systematis<strong>ch</strong>e<br />

Ausri<strong>ch</strong>tung viele hervorragende analytis<strong>ch</strong>e<br />

Arbeiten hervorgebra<strong>ch</strong>t hat (bspw.<br />

von Locke, Frege, Wittgenstein, Russell).<br />

Wolfgang Detel erklärt die heutige Situation<br />

folgendermassen: „Systematis<strong>ch</strong> orientierte<br />

analytis<strong>ch</strong>e Philosophen beginnen<br />

die Tiefe der besten philosophis<strong>ch</strong>en Klassiker<br />

und historis<strong>ch</strong> orientierte kontinentale<br />

Philosophen beginnen die Raffinesse der<br />

6


esten analytis<strong>ch</strong> inspirierten philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Ansätze zu würdigen. Dieser erfreuli<strong>ch</strong>e<br />

Prozess hat allem Ans<strong>ch</strong>ein na<strong>ch</strong> dazu<br />

beigetragen, dass in vielen Berei<strong>ch</strong>en der<br />

theoretis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> attraktive neue<br />

Ansätze entwickelt werden konnten. Man<br />

könnte angesi<strong>ch</strong>ts dieser Entwicklung von<br />

einer postanalytis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> spre<strong>ch</strong>en,<br />

die (<strong>zum</strong>indest in der <strong>Philosophie</strong>) die<br />

klassis<strong>ch</strong>e analytis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> und das<br />

postmoderne Denken überholt hat. (...) Der<br />

postanalytis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> geht es um alles,<br />

d.h. um Natur, Geist, Gesells<strong>ch</strong>aft und<br />

vor allem um den Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en<br />

diesen drei grossen Feldern.“ (10)<br />

Praktis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> und theoretis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Philosophie</strong><br />

Eine nützli<strong>ch</strong>e Unters<strong>ch</strong>eidung für die inhaltli<strong>ch</strong>e<br />

Einordnung von philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Fragen ist diejenige zwis<strong>ch</strong>en theoretis<strong>ch</strong>er<br />

und praktis<strong>ch</strong>er <strong>Philosophie</strong>. Diese lässt<br />

si<strong>ch</strong> am einfa<strong>ch</strong>sten anhand zweier mögli<strong>ch</strong>en<br />

geistigen Standpunkte gegenüber<br />

der Welt erklären. Einerseits sollten unsere<br />

Meinungen so sein, wie die Welt es verlangt.<br />

Andererseits sollte die Welt so sein, wie es<br />

unsere Wüns<strong>ch</strong>e verlangen. Das bedeutet:<br />

„Theoretis<strong>ch</strong>e Philosohie befasst si<strong>ch</strong> vornehmli<strong>ch</strong><br />

mit Aktivitäten und Ideen, die mit<br />

der Art und Weise zusammenhängen, wie<br />

wir die Welt auffassen und auf sie reagieren<br />

– mit dem Fühlen, dem Denken, dem Argumentieren<br />

und dem Erklären, aber au<strong>ch</strong><br />

mit unseren Ideen von der Natur, vom Geist<br />

und vom sozialen Berei<strong>ch</strong>; dabei geht es<br />

unter anderem au<strong>ch</strong> darum, was angemessenes<br />

Fühlen, Denken, Argumentieren oder<br />

Erklären ausma<strong>ch</strong>t. Die praktis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />

befasst si<strong>ch</strong> demgegenüber vornehmli<strong>ch</strong><br />

mit Aktivitäten und Ideen, die mit der Art<br />

und Weise zusammenhängen, wie wir die<br />

Welt verändern und verbessern wollen. Sie<br />

bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong> mit moralis<strong>ch</strong>em oder politis<strong>ch</strong>em<br />

Handeln, aber au<strong>ch</strong> mit unseren<br />

Ideen vom guten Leben, von Freiheit und<br />

Verantwortung, vom besten Staat oder vom<br />

moralis<strong>ch</strong>en Standpunkt.“ (11)<br />

Mehr zu den inhaltli<strong>ch</strong>en Themen der <strong>Philosophie</strong><br />

findet man im Dossier ab Seite 10.<br />

Max Nöthiger, Motorradme<strong>ch</strong>aniker<br />

<strong>Philosophie</strong> spielt in meiner tägli<strong>ch</strong>en Arbeit<br />

eine grosse Rolle wegen der Verantwortung:<br />

Die Arbeit und der Umgang mit den Kunden<br />

verlangen es, für diese Verantwortung zu<br />

übernehmen. Einerseits wird die me<strong>ch</strong>anis<strong>ch</strong>e<br />

Arbeit na<strong>ch</strong> bestem Wissen und<br />

Gewissen vorgenommen, weil i<strong>ch</strong> genauso<br />

daran interessiert bin wie der Kunde, dass<br />

die Erlebniskomponente beim Motorradfahren<br />

stimmt. Das Fahren eines Motorrads<br />

zielt s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> auf ein Fun-Erlebnis ab,<br />

wel<strong>ch</strong>es ohne gut funktionierendes Motorrad<br />

ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong> ist. Andererseits brau<strong>ch</strong>t<br />

man ein gewisses Gespür für den Kunden,<br />

seine Vorstellungen und Ansprü<strong>ch</strong>e.<br />

Somit bin i<strong>ch</strong> auf jeder Ebene mit meiner<br />

ethis<strong>ch</strong>en Haltung konfrontiert. Die Arbeitsweise<br />

ist dort mit einbezogen; den Fehler<br />

an einer Mas<strong>ch</strong>ine zu finden benötigt analytis<strong>ch</strong>es<br />

Vorgehen. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> hat man<br />

es au<strong>ch</strong> mit einer kausalen Angelegenheit<br />

zu tun: Wo ein Fehler ist, muss au<strong>ch</strong> eine<br />

Ursa<strong>ch</strong>e sein. Ein Motorrad ist wie ein Universum,<br />

wel<strong>ch</strong>es seine eigenen Gesetzmässigkeiten<br />

hat, die man respektieren muss,<br />

um die Funktionsweisen zu verstehen. Dabei<br />

ist das Zusammenspiel von statis<strong>ch</strong>en<br />

Teilen, die Bewegung ermögli<strong>ch</strong>en, ganz<br />

wesentli<strong>ch</strong> und verlangt, si<strong>ch</strong> dort hinein<br />

zu denken. Die Rolle der <strong>Philosophie</strong> ist<br />

meiner Ansi<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> daher eine wi<strong>ch</strong>tige,<br />

weil eine Gesells<strong>ch</strong>aft nur dann funktionieren<br />

kann, wenn ihr gewisse ethis<strong>ch</strong>e<br />

Lebensvorstellungen zu Grunde liegen. So<br />

wie das in meinem Beruf der Fall ist, ist es<br />

wohl au<strong>ch</strong> in anderen Fällen.<br />

7


Warum <strong>Philosophie</strong> betreiben?<br />

Bertrand Russell hat den Wert der <strong>Philosophie</strong><br />

unter anderem folgendermassen<br />

bes<strong>ch</strong>rieben: „Wer niemals eine philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Anwandlung gehabt hat, der geht<br />

dur<strong>ch</strong>s Leben und ist wie in einem Gefängnis<br />

einges<strong>ch</strong>lossen: von den Vorurteilen des<br />

gesunden Mens<strong>ch</strong>enverstands, von den habituellen<br />

Meinungen seines Zeitalters oder<br />

seiner Nation und von den Ansi<strong>ch</strong>ten, die<br />

ohne die Mitarbeit oder die Zustimmung der<br />

überlegenden Vernunft in ihm gewa<strong>ch</strong>sen<br />

sind. So ein Mens<strong>ch</strong> neigt dazu, die Welt<br />

bestimmt, endli<strong>ch</strong>, selbstverständli<strong>ch</strong> zu<br />

finden; die vertrauten Gegenstände stellen<br />

keine Fragen, und die ihm unvertrauten<br />

Mögli<strong>ch</strong>keiten weist er vera<strong>ch</strong>tungsvoll<br />

von der Hand. Sobald wir aber anfangen<br />

zu philosophieren, führen selbst die alltägli<strong>ch</strong>sten<br />

Dinge zu Fragen, die man nur sehr<br />

unvollständig beantworten kann. Die <strong>Philosophie</strong><br />

kann uns zwar ni<strong>ch</strong>t mit Si<strong>ch</strong>erheit<br />

sagen, wie die ri<strong>ch</strong>tigen Antworten auf die<br />

gestellten Fragen heissen, aber sie kann<br />

uns viele Mögli<strong>ch</strong>keiten zu bedenken geben,<br />

die unser Blickfeld erweitern und uns<br />

von der Tyrannei des Gewohnten befreien.<br />

Sie vermindert unsere Gewissheiten darüber,<br />

was die Dinge sind, aber sie vermehrt<br />

unser Wissen darüber, was die Dinge sein<br />

könnten.“ (12)<br />

Russell hebt hiermit ni<strong>ch</strong>t nur das selbstständige<br />

Denken hervor, sondern au<strong>ch</strong>, dass<br />

die <strong>Philosophie</strong> eine erhöhte Aufmerksamkeit<br />

und A<strong>ch</strong>tsamkeit gegenüber der Welt<br />

ermögli<strong>ch</strong>t. Vorausgesetzt ist dabei jedo<strong>ch</strong><br />

eine Neugierde, die ni<strong>ch</strong>t jedem Mens<strong>ch</strong>en<br />

gegeben ist; Was ni<strong>ch</strong>t weiter s<strong>ch</strong>limm ist –<br />

ein sol<strong>ch</strong>es grundsätzli<strong>ch</strong>es Desinteresse<br />

ist aber ni<strong>ch</strong>t das Problem der <strong>Philosophie</strong>.<br />

Die meisten Mens<strong>ch</strong>en, die si<strong>ch</strong> auf die eine<br />

oder andere Art mit philosophis<strong>ch</strong>en Fragen<br />

auseinandersetzen, halten es für wi<strong>ch</strong>tig,<br />

dass man das Leben ni<strong>ch</strong>t unhinterfragt und<br />

ungeprüft einfa<strong>ch</strong> hinnimmt. Die Prinzipien,<br />

an denen wir unser Leben orientieren, mögen<br />

uns zwar vernünftig ers<strong>ch</strong>einen; aber<br />

können wir dies wissen, solange wir es ni<strong>ch</strong>t<br />

überprüft haben?<br />

Ein anderer Grund, weshalb man si<strong>ch</strong> mit<br />

<strong>Philosophie</strong> bes<strong>ch</strong>äftigt, besteht darin, dass<br />

man lernt, „klarer über einen weiten Fragenberei<strong>ch</strong><br />

na<strong>ch</strong>zudenken“, wie Warburton es<br />

ausdrückt. (13) „Die Methoden des philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Denkens können in einer Vielfalt<br />

von Situationen nützli<strong>ch</strong> sein, da wir dur<strong>ch</strong><br />

die Analyse von Argumenten für und gegen<br />

eine Position Fähigkeiten erwerben,<br />

die si<strong>ch</strong> auf andere Gebiete des Lebens<br />

übertragen lassen. Viele Leute, die si<strong>ch</strong> mit<br />

<strong>Philosophie</strong> befasst haben, bringen ihre philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Fähigkeiten in so unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />

Berufsfelder ein wie Jura, Computerprogrammierung,<br />

Managementberatung,<br />

öffentli<strong>ch</strong>er Dienst und Journalistik – alles<br />

Gebiete, in denen Klarheit des Denkens<br />

eine grosse Hilfe ist.“ (14) Es lässt si<strong>ch</strong><br />

aber au<strong>ch</strong> dafür argumentieren, dass die<br />

Aus einandersetzung mit philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Fragen eine Übung des Umgangs mit entgegengesetzten<br />

Positionen und Haltungen<br />

ermög li<strong>ch</strong>t. Situationen des Widerstreits<br />

stellen für PhilosophInnen das tägli<strong>ch</strong>e Brot<br />

dar, ebenso wie die friedli<strong>ch</strong>e Konfrontation<br />

mittels guten Begründungen der Gegenposition<br />

oder au<strong>ch</strong>, gewisse Fragen und Unsi<strong>ch</strong>erheiten<br />

offen zu lassen. Vielmals haben<br />

philosophis<strong>ch</strong>e Arbeiten aber au<strong>ch</strong> etwas<br />

mit Genauigkeit und Detailrei<strong>ch</strong>tum zu tun,<br />

wel<strong>ch</strong>e im Alltag s<strong>ch</strong>nell verloren gehen und<br />

für deren Offenlegung es einen ges<strong>ch</strong>ärften<br />

und geübten Verstand brau<strong>ch</strong>t.<br />

8


Trotz alledem findet si<strong>ch</strong> die <strong>Philosophie</strong><br />

als Fa<strong>ch</strong> und die Philosophinnen und Philosophen<br />

oftmals in Re<strong>ch</strong>tfertigungssituationen<br />

wieder: „Allem Ans<strong>ch</strong>ein na<strong>ch</strong><br />

gelangen sie niemals zu irgendwel<strong>ch</strong>en<br />

bedeutsamen S<strong>ch</strong>lussfolgerungen, und ihr<br />

Beitrag zur Gesells<strong>ch</strong>aft ist praktis<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong><br />

Null. Sie streiten no<strong>ch</strong> immer über dieselben<br />

Probleme, über die si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on die alten<br />

Grie<strong>ch</strong>en den Kopf zerbro<strong>ch</strong>en haben. <strong>Philosophie</strong><br />

s<strong>ch</strong>eint ni<strong>ch</strong>ts zu verändern; <strong>Philosophie</strong><br />

lässt alles, wie es ist“. (15)<br />

Aber stimmt das wirkli<strong>ch</strong>? Au<strong>ch</strong> wenn die<br />

<strong>Philosophie</strong> methodis<strong>ch</strong> anders vorgeht als<br />

naturwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Fä<strong>ch</strong>er, bedeutet<br />

dies ni<strong>ch</strong>t, dass kein Forts<strong>ch</strong>ritt erziehlt wird.<br />

Inwiefern <strong>Philosophie</strong> als Wissens<strong>ch</strong>aft gilt,<br />

erfährt man auf Seite 26 des Dossiers. Die<br />

Diskussion des Vorwurfs, dass <strong>Philosophie</strong><br />

kaum einen Nutzen für die Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

bringt, und ein Versu<strong>ch</strong>, die <strong>Philosophie</strong> zu<br />

re<strong>ch</strong>tfertigen, finden si<strong>ch</strong> auf Seiten 28 und<br />

30. Grundsätzli<strong>ch</strong> lässt si<strong>ch</strong> sagen, dass<br />

die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> überall<br />

dort Anwendung und Nützli<strong>ch</strong>keit findet, wo<br />

„geda<strong>ch</strong>t“ wird. Ob si<strong>ch</strong> dies ganz praktis<strong>ch</strong><br />

auf Verkaufsargumente eines Autohändlers<br />

oder auf die ethis<strong>ch</strong>en Aspekte von gesetzgeberis<strong>ch</strong>en<br />

Ents<strong>ch</strong>eiden bezieht: Die <strong>Philosophie</strong><br />

bietet oftmals eine differenzierte<br />

Hintergrunddebatte <strong>zum</strong> Thema, die meist<br />

Perspektiven, Argumente oder Problempunkte<br />

enthält, die ni<strong>ch</strong>t offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> sind.<br />

So stützt beispielsweise ein Arzt seine Diagnosen<br />

tägli<strong>ch</strong> auf „Wissen“ ab, obwohl dieses<br />

Wissen überhaupt gar ni<strong>ch</strong>t so si<strong>ch</strong>er<br />

ist, wie es zu sein s<strong>ch</strong>eint.<br />

Die <strong>Philosophie</strong> spannt gewissermassen<br />

um alle wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Erkenntnisse einen<br />

Bogen und ist dadur<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> die „institutionalisierte<br />

Grundlagenkrise“: „In ihr ma<strong>ch</strong>t<br />

si<strong>ch</strong> die ursprüngli<strong>ch</strong>e Naivität des Denkens<br />

gegenüber seinen eigenen Modellen, Paradigmen<br />

und Methoden geltend.“ (16)<br />

Das will bedeuten, dass die <strong>Philosophie</strong><br />

diejenige Wissens<strong>ch</strong>aft ist, die ni<strong>ch</strong>t davon<br />

ausgeht, dass der Mens<strong>ch</strong> von vornherein<br />

immer alles ri<strong>ch</strong>tig versteht und daher au<strong>ch</strong><br />

die delikate Aufgabe hat, den Finger in die<br />

Wunde zu legen.<br />

Melanie Mettler, Doktorandin, Englis<strong>ch</strong>lektorin<br />

und Stadträtin (Bern)<br />

Beim Verfassen der Doktorarbeit spielt die<br />

<strong>Philosophie</strong> eine grosse Rolle: Was kann<br />

i<strong>ch</strong> überhaupt wissen? Wel<strong>ch</strong>e Voraussetzungen<br />

müssen gegeben sein, damit i<strong>ch</strong><br />

eine fundierte Aussage ma<strong>ch</strong>en kann? I<strong>ch</strong><br />

arbeite mit zeitgenössis<strong>ch</strong>en Romanen mit<br />

Migrationshintergrund. Dabei untersu<strong>ch</strong>e<br />

i<strong>ch</strong> die Arten, wie Familienkonflikte behandelt<br />

werden. Die Texte bieten vers<strong>ch</strong>iedene<br />

Versöhnungsstrategien an – man<strong>ch</strong>e sind<br />

erfolgrei<strong>ch</strong>, und man<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t. Es stellt si<strong>ch</strong><br />

heraus, dass Gemeinsamkeiten oft in geteilten<br />

Werten gefunden werden und traditionelle<br />

Zugehörigkeitskategorien wie Nationalität,<br />

Religion oder Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t ohne geteilte<br />

Werte ni<strong>ch</strong>t ausrei<strong>ch</strong>en. Das Bewusstsein<br />

von den eigenen Werten ermögli<strong>ch</strong>t die<br />

Kommunikation zwis<strong>ch</strong>en den Konfliktparteien<br />

– dies kann zu endgültiger Entfremdung<br />

führen, aber au<strong>ch</strong> zur Akzeptanz von<br />

Unters<strong>ch</strong>ieden. Als Stadträtin befasse i<strong>ch</strong><br />

mi<strong>ch</strong> ständig mit der Frage, wel<strong>ch</strong>e Art von<br />

Politik für eine na<strong>ch</strong>haltige Entwicklung der<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft sinnvoll ist. Prioritäten setzen,<br />

Abwägen zwis<strong>ch</strong>en Realpolitik und Idealismus,<br />

Folgenabs<strong>ch</strong>ätzungen sind alles Aufgaben<br />

des Parlaments, bei wel<strong>ch</strong>en mir die<br />

Arbeit der Philosophen hilft. Persönli<strong>ch</strong> ist<br />

mir die Philosopie insofern nah, als dass sie<br />

mi<strong>ch</strong> unterstützt im Streben, die Welt und die<br />

Mens<strong>ch</strong>en zu verstehen. I<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>e die Erfahrung,<br />

dass i<strong>ch</strong> die Mens<strong>ch</strong>en und unsere<br />

Umwelt je mehr s<strong>ch</strong>ätze und respektiere, je<br />

mehr i<strong>ch</strong> versu<strong>ch</strong>e, sie zu verstehen, und<br />

immer wieder ganz genau hinzusehen. Dabei<br />

entdecke i<strong>ch</strong> oft Wunderbares.<br />

9


Inhalte und Grundfragen<br />

Auf den folgenden Seiten soll ein grober Umriss um die Inhalte und Grundfragen der<br />

<strong>Philosophie</strong> gezogen werden. Da jedo<strong>ch</strong> die einzelnen Themen stets s<strong>ch</strong>on Bibliotheken<br />

füllen, kann hier nur ein kleines Abbild gegeben werden. Dabei geht es hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />

darum zu zeigen, wie weitläufig und vielfältig das Themengebiet der <strong>Philosophie</strong> ist.<br />

Wie wir auf Seite 6 s<strong>ch</strong>on gesehen haben, lässt si<strong>ch</strong> die <strong>Philosophie</strong> in zwei unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />

Teile aufspalten, die theoretis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> einerseits und andererseits die praktis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Philosophie</strong>. Die praktis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> setzt auf eine gewisse Art die Erkenntnisse<br />

der theoretis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> voraus, wobei letztere aber ni<strong>ch</strong>t auf die Erkenntnisse der<br />

praktis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> aufbaut. (17) Deshalb wird zuerst die theoretis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> mit<br />

folgenden Hauptberei<strong>ch</strong>en beleu<strong>ch</strong>tet: Logik, Metaphysik, Naturphilosophie, <strong>Philosophie</strong><br />

des Geistes, Spra<strong>ch</strong>philosophie sowie Handlungstheorie und Ents<strong>ch</strong>eidungstheorie.<br />

Logik<br />

„Die Logik ist eine spezielle Theorie des Argumentierens. Sie will auf na<strong>ch</strong>vollziehbare<br />

und na<strong>ch</strong>prüfbare Weise zeigen, was gute und zwingende Argumente sind. (...) Oft wurde<br />

Logik als Theorie der Gesetze des Denkens bezei<strong>ch</strong>net. Aber die Logik bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t mit dem Denken allgemein, sondern nur mit einer spezifis<strong>ch</strong>en Form des Denkens:<br />

Mit dem S<strong>ch</strong>liessen.“ (18) Logik zeigt uns also auf, wie wir argumentieren sollten und<br />

ist deshalb normativ. Dabei geht die Logik<br />

anhand von S<strong>ch</strong>emata und Formen vor:<br />

Für konkrete spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Ausdrücke werden<br />

Variablen eingesetzt, weshalb man<br />

von der „formalen Logik“ spri<strong>ch</strong>t. Die Logik<br />

analysiert S<strong>ch</strong>lüsse, die anhand ihrer Form<br />

gültig sind, Argumentationen, bei denen es<br />

ausges<strong>ch</strong>lossen ist, dass die Prämissen /<br />

Voraussetzungen wahr, die Konklusion /<br />

das Beweisziel aber fals<strong>ch</strong> sind. „Sokrates<br />

ist ein Mens<strong>ch</strong>. Alle Mens<strong>ch</strong>en sind sterbli<strong>ch</strong>.<br />

Also ist Sokrates sterbli<strong>ch</strong>.“ ist bspw.<br />

ein sol<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>luss – er hat dieselbe Form<br />

wie „Sokrates ist ein Fis<strong>ch</strong>. Alle Fis<strong>ch</strong>e<br />

sind essbar. Also ist Sokrates essbar.“,<br />

ein S<strong>ch</strong>luss, der ebenfalls gültig ist, aber<br />

fals<strong>ch</strong>e Prämissen hat.<br />

Um die Idee der Logik besser verstehen zu<br />

können, sollte man den Unters<strong>ch</strong>ied zwis<strong>ch</strong>en<br />

analytis<strong>ch</strong>en Sätzen (Fakten = Extensionen)<br />

und synthetis<strong>ch</strong>en Sätzen (Bedeutungen<br />

= Intensionen) kennen.<br />

Bild von Markus Müller, Wikimedia Commons<br />

Mehr Beispiele und Erklärungen für diese<br />

Unters<strong>ch</strong>eidung findet man im Internet<br />

auf der Seite des Themendossiers.<br />

10


Die Logik kennt u.a. folgende wi<strong>ch</strong>tige Argumentationsformen<br />

(19):<br />

• Modus ponens: Wenn gilt: p; wenn p,<br />

dann q; dann gilt au<strong>ch</strong>: q<br />

• Modus tollens: Wenn gilt: Wenn p,<br />

dann q; ni<strong>ch</strong>t-q; dann gilt au<strong>ch</strong>: ni<strong>ch</strong>t-p<br />

• Allspezialisierung: Wenn gilt: Alle Gegenstände,<br />

die P sind, sind au<strong>ch</strong> Q, dann<br />

gilt au<strong>ch</strong>: Wenn P(a), dann Q(a) (wobei<br />

a ein einzelner Gegenstand ist)<br />

Metaphysik<br />

Die Frage, wel<strong>ch</strong>e Gegenstände es in der<br />

Welt gibt, ist so alt wie die <strong>Philosophie</strong> selbst<br />

und stellt eine der Grundfragen der Metaphysik<br />

dar. (20) So wie wir wenig Grund zur<br />

Annahme haben, dass wir selbst ni<strong>ch</strong>t existieren,<br />

besteht ebenso wenig Grund <strong>zum</strong><br />

Zweifel an der Existenz der Gegenstände<br />

in der Welt wie bspw. Bäume, Tis<strong>ch</strong>e oder<br />

Tiere. Aber wie verhält es si<strong>ch</strong> bspw. mit<br />

Zahlen, Naturgesetzen, Werten wie Gere<strong>ch</strong>tigkeit<br />

oder Musikstücken? „Gewiss<br />

können wir beispielsweise I can‘t get no satisfaction<br />

hören, in einem Konzert oder auf<br />

einer CD; aber ist dieser Song identis<strong>ch</strong> mit<br />

einer oder mit allen seinen Aufführungen?<br />

Eher mö<strong>ch</strong>te man sagen, dass es si<strong>ch</strong> stets<br />

um dasselbe Musikstück handelt, das immer<br />

wieder neu aufgeführt und interpretiert<br />

wird – diese Interpretation können wir hören,<br />

ni<strong>ch</strong>t aber, so könnte man meinen, das<br />

Musikstück „selbst“, das eine re<strong>ch</strong>t rätselhafte<br />

Existenz zu haben s<strong>ch</strong>eint. (...) Wenn<br />

wir über die Frage na<strong>ch</strong>denken, wel<strong>ch</strong>e<br />

Arten von Gegenständen es im Universum<br />

gibt, ist es naheliegend, weitere Fragen zu<br />

stellen, beispielsweise<br />

• was wir unter dem Begriff „Existenz“ zu<br />

verstehen haben,<br />

• was wir über die Gegenstände und ihre<br />

Struktur wissen können allein aufgrund<br />

der Tatsa<strong>ch</strong>e, dass sie existieren oder<br />

real sind,<br />

• ob es in Hinsi<strong>ch</strong>t auf die Existenz der<br />

Gegenstände Abhängigkeitsverhältnisse<br />

gibt – wel<strong>ch</strong>e Gegenstände im<br />

primären Sinne existieren, und wel<strong>ch</strong>e<br />

Gegenstände zwar existieren, aber<br />

ni<strong>ch</strong>t auf selbstständige Weise.“ (21)<br />

Benjamin Fay, Komponist und<br />

Musikproduzent<br />

In meinem Alltag muss i<strong>ch</strong> Urteile fällen, die<br />

i<strong>ch</strong> gut begründen kann. Die <strong>Philosophie</strong><br />

eröffnet mir einen besonderen Zugang zu<br />

den Bedeutungen der Dinge und hilft mir<br />

dadur<strong>ch</strong>, dass die Urteile Substanz haben.<br />

Da i<strong>ch</strong> unters<strong>ch</strong>eiden können muss, was<br />

der Musik als sol<strong>ch</strong>es dient und wann es<br />

si<strong>ch</strong> um Ges<strong>ch</strong>macksfragen handelt. Die<br />

Objektivität meiner Urteile ist dabei genau<br />

so wi<strong>ch</strong>tig, wie im Hinterkopf zu behalten,<br />

dass es oftmals kein ri<strong>ch</strong>tig und fals<strong>ch</strong> gibt.<br />

Gerade die ästhetis<strong>ch</strong>en Fragen sind sehr<br />

s<strong>ch</strong>wierig: Um manövrieren zu können,<br />

muss man den Einzelfall sehr tief ergründen.<br />

Die Leute, die si<strong>ch</strong> von mir beraten<br />

lassen, erwarten, dass i<strong>ch</strong> eine Si<strong>ch</strong>erheit<br />

vermitteln kann.<br />

Die <strong>Philosophie</strong> bedeutet für mi<strong>ch</strong> deshalb<br />

ebenso, die Freiheit im Geist zu pflegen, sodass<br />

i<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on Geda<strong>ch</strong>tes neu denken kann.<br />

Dabei ermögli<strong>ch</strong>t die gedankli<strong>ch</strong>e Arbeit es<br />

uns ja überhaupt, die Aussenwelt zu verarbeiten.<br />

Meiner Ansi<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> ist es nötiger<br />

als je zuvor, diese zu s<strong>ch</strong>ulen. Der heutige<br />

Informationsüberfluss erfordert, dass wir<br />

uns orientieren können. Nur wenn i<strong>ch</strong> meine<br />

Eindrücke „sinnvoll“ verarbeiten kann, habe<br />

i<strong>ch</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keit, daraus Kreativität zu<br />

gewinnen. Die „Liebe zur Weisheit“ ist die<br />

Mögli<strong>ch</strong>keit, (Wort-)Bedeutungen genau zu<br />

verstehen, was mir wiederum erlaubt, kommunizieren<br />

zu können. Die Beurteilung von<br />

Musik hat mit Gefühlen und Empfindungen<br />

zu tun und es gilt, diese klar und für andere<br />

Leute verständli<strong>ch</strong> auszudrücken.<br />

11


Naturphilosophie<br />

Die Naturphilosophie bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong> mit<br />

den grundlegenden Begriffen der Natur<br />

und der Naturgesetze. „Die allgemeinste<br />

Idee der Natur, von der die philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Debatten heute am häufigsten ausgehen,<br />

<strong>ch</strong>arakterisiert die Natur als das Rei<strong>ch</strong> der<br />

Naturgesetze – also als Rei<strong>ch</strong> all jener Ereignisse,<br />

die dur<strong>ch</strong> Naturgesetze miteinander<br />

verbunden sind. Die allgemeine Idee<br />

der Natur greift also vor allem auf den Begriff<br />

des Naturgesetzes zurück (...).“ (22)<br />

Um die Umrisse einer modernen Naturauffassung<br />

aufzeigen zu können, untersu<strong>ch</strong>t<br />

die Naturphilosophie deshalb ni<strong>ch</strong>t nur das<br />

Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en der klassis<strong>ch</strong>en Physik,<br />

der Relativitätstheorie und der Quantenphysik,<br />

sondern beispielsweise au<strong>ch</strong> die Evolutionstheorie<br />

und Fragen zur Vorbestimmtheit<br />

(Determiniertheit) der Welt.<br />

<strong>Philosophie</strong> des Geistes<br />

„In der zeitgenössis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> des<br />

Geistes wird der Geist (...) eher als eine<br />

Menge von Zuständen (meist des Gehirns)<br />

mit geistigen (=mentalen) Eigens<strong>ch</strong>aften angesehen,<br />

die ihre Träger ni<strong>ch</strong>t nur befähigen<br />

zu denken, sondern z.B. au<strong>ch</strong> zu fühlen.“<br />

(23) Einerseits werden einzelne geistige<br />

Phänomene untersu<strong>ch</strong>t, beispielsweise die<br />

Emotion Wut, andererseits wird versu<strong>ch</strong>t<br />

Kriterien anzugeben, um den Begriff „das<br />

Geistige“ ri<strong>ch</strong>tig zu verstehen. Ein Beispiel<br />

für <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>e Merkmale geistiger Zustände<br />

sind beispielsweise folgende drei:<br />

• „Mentale Zustände von Organismen haben<br />

natürli<strong>ch</strong>e Funktionen, die im Wesentli<strong>ch</strong>en<br />

darin bestehen, dass externe<br />

Reize (=Stimuli) kausal zu inneren Gehirn-<br />

und Körperzuständen führen, die<br />

ihrerseits auf kausale Weise Reaktionen<br />

auslösen, die für den Organismus nützli<strong>ch</strong><br />

sind. = Funktionalität<br />

• Einige mentale Zustände von Organismen<br />

sind bewusst, also für ihre Träger<br />

subjektiv, d.h. die Organismen fühlen<br />

oder wissen, wie es ist, in diesen Zuständen<br />

zu sein. = Bewusstheit<br />

• Einige mentale Zustände sind Repräsentationen,<br />

d.h. sind auf etwas geri<strong>ch</strong>tet.<br />

= Repräsentationalität.“ (24)<br />

Spra<strong>ch</strong>philosophie<br />

Die Spra<strong>ch</strong>philosophie befasst si<strong>ch</strong> mit der<br />

Bedeutung von spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Zei<strong>ch</strong>en. Die<br />

zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte<br />

klassis<strong>ch</strong>e Semantik umfasst folgende drei<br />

Kernthesen:<br />

1. „Alle sinnvollen (bedeutungsvollen) Aussagen<br />

sind entweder analytis<strong>ch</strong> oder<br />

synthetis<strong>ch</strong>.<br />

2. Es gibt eine klare Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en<br />

Fakten und Bedeutungen und daher<br />

au<strong>ch</strong> eine klare Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en<br />

Physik und Semantik.<br />

3. Die Angabe der Bedeutung eines Satzes<br />

besteht in der Angabe seiner Wahrheitsbedingungen,<br />

also jener Bedingungen,<br />

unter denen er wahr bzw. fals<strong>ch</strong> ist.“ (25)<br />

12


Handlungstheorie<br />

Eine der zentralsten Fragen der Handlungstheorie<br />

ist, inwiefern si<strong>ch</strong> Handlungen vom<br />

einfa<strong>ch</strong>en Verhalten unters<strong>ch</strong>eiden lassen.<br />

„Handlungen – das ist die Kernidee der<br />

modernen Handlungstheorie – sind Verhaltensweisen,<br />

die si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Absi<strong>ch</strong>ten (Intentionen)<br />

bes<strong>ch</strong>reiben lassen. Eine Handlung<br />

wird individuiert (wenn y das x zu dem<br />

ma<strong>ch</strong>t, was es ist) und daher identifizieren<br />

wir eine Handlung dadur<strong>ch</strong>, dass wir die<br />

Absi<strong>ch</strong>t identifizieren, von der die Handlung<br />

begleitet ist und die sie zu der Handlung<br />

ma<strong>ch</strong>t, die sie ist.“ (26)<br />

Das grundlegende S<strong>ch</strong>ema einer einfa<strong>ch</strong>en<br />

Handlungserklärung hat folgende Form:<br />

a) Akteur A wüns<strong>ch</strong>t, dass Ziel Z verwirkli<strong>ch</strong>t<br />

wird.<br />

b) A glaubt, Handlung H sei ein Mittel<br />

zur Verwirkli<strong>ch</strong>ung von Z.<br />

Also c) A vollzieht H.<br />

Die Folgerung von a) und b) auf c) nennt<br />

man „praktis<strong>ch</strong>er Syllogismus“. (27)<br />

Ents<strong>ch</strong>eidungstheorie<br />

Unter Ents<strong>ch</strong>eidungstheorie versteht man<br />

„die Theorie der rationalen Wahl“ (28), wel<strong>ch</strong>e<br />

oftmals von einem idealen rationalen<br />

Akteur ausgeht und eines der „wi<strong>ch</strong>tigsten<br />

theoretis<strong>ch</strong>en Fundamente der gegenwärtigen<br />

Ökonomie“ (29) darstellt.<br />

„Rational handeln wir genau dann, wenn<br />

wir wissen, was wir wollen, wenn wir eine<br />

wohldur<strong>ch</strong>da<strong>ch</strong>te Vorstellung von den wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>en<br />

Folgen unserer Handlungen<br />

haben und wenn wir dementspre<strong>ch</strong>end das<br />

wirksamste Mittel zur Dur<strong>ch</strong>setzung unserer<br />

Ziele wählen. Die Theorie der rationalen<br />

Wahl versu<strong>ch</strong>t der Kluft zwis<strong>ch</strong>en Ideal und<br />

Wirkli<strong>ch</strong>keit des rationalen Handelns unter<br />

anderem dadur<strong>ch</strong> entgegenzukommen,<br />

dass sie zwis<strong>ch</strong>en der Handlungswahl unter<br />

Bedingungen der Si<strong>ch</strong>erheit, des Risikos<br />

und der Unsi<strong>ch</strong>erheit unters<strong>ch</strong>eidet. Zusätzli<strong>ch</strong>e<br />

Komplexität erhält die Theorie der rationalen<br />

Wahl, wenn sie ni<strong>ch</strong>t mehr nur von<br />

einem, sondern von mehreren rationalen<br />

Aktoren ausgeht. (...) Mit diesem S<strong>ch</strong>ritt ist<br />

die Erweiterung der Theorie der rationalen<br />

Wahl zur Spieltheorie errei<strong>ch</strong>t.“ (30)<br />

Bubi Rufener, Musiker und Leiter der<br />

Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige<br />

Wenn man 17 Jahre in der Anlaufstelle und<br />

somit im Berei<strong>ch</strong> Überlebenshilfe arbeitet,<br />

ist man unauswei<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> mit philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Fragen konfrontiert. Ohne Authentizität läuft<br />

gar ni<strong>ch</strong>ts: Die KlientInnen reflektieren Dir<br />

sehr klar, warum und ob sie Respekt vor<br />

Dir haben und merken au<strong>ch</strong> ganz genau,<br />

wie es Dir geht. Die Frage „Wer bin i<strong>ch</strong>?“<br />

ist in meinem Job keine Floskel. Wenn Du<br />

ni<strong>ch</strong>t der bist, der Du bist, wirst Du von den<br />

Leuten ni<strong>ch</strong>t ernst genommen. Es geht ja<br />

au<strong>ch</strong> darum, Regeln dur<strong>ch</strong>zusetzen. Aber<br />

um eine Regel argumentativ vertreten zu<br />

können, muss i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> sehr genau damit<br />

auseinandersetzen, weshalb es diese Regel<br />

gibt, wel<strong>ch</strong>en Sinn und Zweck sie hat.<br />

Zudem habe i<strong>ch</strong> es fast tägli<strong>ch</strong> mit moralis<strong>ch</strong>en<br />

Dillemmata und si<strong>ch</strong> überkreuzenden<br />

Moralvorstellungen zu tun. Dabei<br />

versu<strong>ch</strong>e i<strong>ch</strong> als Mens<strong>ch</strong>enfreund mittels<br />

Dialog Brücken ins Unmögli<strong>ch</strong>e zu bauen.<br />

Das wird mir au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> meine persönli<strong>ch</strong>e<br />

Neugierde für neues Wissen ermögli<strong>ch</strong>t. Die<br />

Faszination für Erklärungen, Begründungen<br />

und Spra<strong>ch</strong>e sowie die Auseinandersetzung<br />

mit Sinnfragen oder mit si<strong>ch</strong> selbst empfinde<br />

i<strong>ch</strong> als lustvolles Na<strong>ch</strong>denken. Ausserdem<br />

errei<strong>ch</strong>e i<strong>ch</strong> die innere Ruhe erst dann,<br />

wenn i<strong>ch</strong> den Fragen auf den Grund gegangen<br />

bin. Diese innere Ruhe, das Wissen<br />

warum und meine Selbstkenntnis sind unerlässli<strong>ch</strong><br />

für meinen Berufsalltag, denn dort<br />

kann man ni<strong>ch</strong>t wegs<strong>ch</strong>auen – au<strong>ch</strong> wenn<br />

das Fressen vor der Moral kommt.<br />

13


Praktis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />

Ethik<br />

Die „Wissens<strong>ch</strong>aft der Moral“ befasst si<strong>ch</strong> mit Handlungen, die moralis<strong>ch</strong>en Charakter aufweisen.<br />

Es wird zwis<strong>ch</strong>en zwei methodis<strong>ch</strong>en Kategorien unters<strong>ch</strong>ieden: Einerseits die<br />

deskriptive und andererseits die normative Methode. Die deskriptive Methode bes<strong>ch</strong>reibt<br />

die Handlungsweisen einer Gemeins<strong>ch</strong>aft und untersu<strong>ch</strong>t, wel<strong>ch</strong>e Werte und Moralkodices<br />

in ihr wirksam sind. Die normative Methode entwickelt hingegen Kriterien, „die eine moralis<strong>ch</strong>e<br />

Beurteilung von Handlungen ermögli<strong>ch</strong>en, ohne diese bereits vorwegzunehmen.“<br />

(31) Dabei geht es ni<strong>ch</strong>t darum, Handlungsanweisungen festzusetzen, in wel<strong>ch</strong>er Situation<br />

wie zu handeln ist.<br />

Das Ziel der Ethik wird von Annemarie Pieper in folgenden Teilzielen formuliert:<br />

1. „Die Aufklärung mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Praxis hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ihrer moralis<strong>ch</strong>en Qualität.<br />

2. Einübung in ethis<strong>ch</strong>e Argumentationsweise und Begründungsgänge, dur<strong>ch</strong> die ein kritis<strong>ch</strong>es,<br />

von der Moral bestimmtes Selbstbewusstsein entwickelt werden kann.<br />

3. Hinführung zur der Einsi<strong>ch</strong>t, dass moralis<strong>ch</strong>es Handeln ni<strong>ch</strong>t etwas Beliebiges, Willkürli<strong>ch</strong>es<br />

ist, das man na<strong>ch</strong> Gutdünken tun oder lassen kann, sondern Ausdruck einer für<br />

das Sein als Mens<strong>ch</strong> unverzi<strong>ch</strong>tbaren Qualität: Der Humanität.“ (32)<br />

Die Voraussetzung ist dabei, dass ein Mens<strong>ch</strong> über „guten Willen“ verfügt und sein Leben<br />

auf humane und verantwortungsbewusste Weise gestaltet. Die Ethik ermögli<strong>ch</strong>t es,<br />

„moralis<strong>ch</strong>e Probleme und Konflikte mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Handelns als sol<strong>ch</strong>e klar zu erfassen,<br />

mögli<strong>ch</strong>e Lösungsvors<strong>ch</strong>läge zu entwickeln und auf ihre moralis<strong>ch</strong>en Konsequenzen hin<br />

zu dur<strong>ch</strong>denken sowie si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> reifli<strong>ch</strong>er Überlegung selbstständig „mit guten Gründen“<br />

für eine bestimmte Lösung zu ents<strong>ch</strong>eiden.“ (33)<br />

Die angewandte Ethik umfasst daher viele Teilberei<strong>ch</strong>e wie die Bioethik, medizinis<strong>ch</strong>e<br />

Ethik, Sozialethik, Wirts<strong>ch</strong>aftsethik, Wissens<strong>ch</strong>aftsethik, Umweltethik, Friedensethik oder<br />

Medienethik und Te<strong>ch</strong>nikethik.<br />

Mehr Erklärungen zur Ethik findet man im Internet auf der Seite des Themendossiers.<br />

14


Re<strong>ch</strong>tsphilosophie<br />

Die Aufgabe der Re<strong>ch</strong>tsphilosophie ist es,<br />

das Re<strong>ch</strong>t umfassend zu hinterfragen und<br />

aus einer externen Perspektive Kritik oder<br />

Re<strong>ch</strong>tfertigung der Re<strong>ch</strong>tsordnung ermögli<strong>ch</strong>t.<br />

Dabei ist die Frage, inwiefern das<br />

Re<strong>ch</strong>t „gere<strong>ch</strong>t“ ist, absolut zentral. Da si<strong>ch</strong><br />

das Re<strong>ch</strong>t seit der Aufklärung jedo<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t mehr mit Moral glei<strong>ch</strong>setzen lässt und<br />

si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> den Zwangs<strong>ch</strong>arakter davon unters<strong>ch</strong>eidet,<br />

ist „der Zusammenhang von<br />

Re<strong>ch</strong>t und Gere<strong>ch</strong>tigkeit ni<strong>ch</strong>t mehr problemlos<br />

und zwingend.“ (34)<br />

In der Re<strong>ch</strong>tsphilosophie lassen si<strong>ch</strong> zwei<br />

klassis<strong>ch</strong>e Standpunkte unters<strong>ch</strong>eiden: Die<br />

Naturre<strong>ch</strong>tslehre und der Re<strong>ch</strong>tspositivismus.<br />

Die klassis<strong>ch</strong>e Naturre<strong>ch</strong>tslehre, die<br />

bis heute vertreten wird, besagt, „dass der<br />

Begriff des Re<strong>ch</strong>ts den Begriff der Gere<strong>ch</strong>tigkeit<br />

notwendig mit enthalte und dass unter<br />

Umständen ein positives Re<strong>ch</strong>t, wel<strong>ch</strong>es<br />

den Geboten der Gere<strong>ch</strong>tigkeit widerspre<strong>ch</strong>e,<br />

ni<strong>ch</strong>t ungere<strong>ch</strong>tes Re<strong>ch</strong>t, sondern gar<br />

kein Re<strong>ch</strong>t sei.“ (35) Der Re<strong>ch</strong>tspositivismus<br />

hingegen besagt, dass das Re<strong>ch</strong>t unabhängig<br />

ist von einer subjektiven Re<strong>ch</strong>tsüberzeugung<br />

und dur<strong>ch</strong> die autoritär gesetzte<br />

Re<strong>ch</strong>tsordnung objektiv existiert. (36) Au<strong>ch</strong><br />

wenn die gesetzten Re<strong>ch</strong>tsnormen wegen<br />

der Re<strong>ch</strong>tssi<strong>ch</strong>erheit au<strong>ch</strong> dann gelten und<br />

Vorrang haben, wenn es sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ungere<strong>ch</strong>t<br />

s<strong>ch</strong>eint – so handelt es si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mehr um<br />

Re<strong>ch</strong>t, wenn überhaupt keine Gere<strong>ch</strong>tigkeit<br />

angestrebt wird. (37)<br />

Politis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />

Die politis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> hat den Staatsbegriff<br />

als Ausgangspunkt und ist damit<br />

spezieller ausgeri<strong>ch</strong>tet als die Ethik, da sie<br />

si<strong>ch</strong> auf institutionsethis<strong>ch</strong>e Probleme begrenzt.<br />

(38) Dabei werden beispielsweise<br />

Fragen behandelt, wie si<strong>ch</strong> ein Staat legitimieren<br />

lässt, wie eine gere<strong>ch</strong>te Staatsorganisation<br />

aussieht und wel<strong>ch</strong>e Gründe es<br />

für unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Regierungsformen gibt.<br />

So sind au<strong>ch</strong> die Fragen, wie eine bestmögli<strong>ch</strong>e<br />

Organisation einer Wirts<strong>ch</strong>afts- und<br />

Sozialordnung aussehen sollte oder si<strong>ch</strong><br />

Eigentum legitimieren lässt, Teilgebiete der<br />

politis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong>.<br />

Marie-Therese Röthlisberger-Fis<strong>ch</strong>er,<br />

lic. iur. Re<strong>ch</strong>tsanwältin<br />

Philosophis<strong>ch</strong>e Fragen begleiten mi<strong>ch</strong> in<br />

meinem Berufsalltag hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> Fragen<br />

der Mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>keit und au<strong>ch</strong> meiner Selbsterfahrung.<br />

Wenn i<strong>ch</strong> beispielsweise die Verteidigung<br />

eines Vergewaltigers übernehmen<br />

soll, hilft die <strong>Philosophie</strong>, neben anderen<br />

Perspektiven, zu ents<strong>ch</strong>eiden, ob i<strong>ch</strong> das<br />

Mandat übernehmen will. So ist die grundsätzli<strong>ch</strong>e<br />

Ausri<strong>ch</strong>tung meines Berufsalltags<br />

stark beeinflusst von einer moralis<strong>ch</strong>en<br />

Auseinandersetzung mit mir selbst. Erst<br />

dur<strong>ch</strong> diese habe i<strong>ch</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keit, eine<br />

Wahl zu treffen und somit au<strong>ch</strong> über mein<br />

persönli<strong>ch</strong>es Lebensglück zu ents<strong>ch</strong>eiden.<br />

Wenn diese Auseinandersetzung ni<strong>ch</strong>t<br />

stattfindet, dann findet man letzteres wohl<br />

hö<strong>ch</strong>stens per Zufall. Ausserdem s<strong>ch</strong>afft die<br />

<strong>Philosophie</strong> no<strong>ch</strong> auf eine andere Weise einen<br />

Mehrwert: In den Geri<strong>ch</strong>tsprozessen ist<br />

die Spra<strong>ch</strong>e mein einziges Werkzeug. Da in<br />

der juristis<strong>ch</strong>en Ausbildung der Umgang mit<br />

Argumenten und logis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>lüssen nur<br />

dur<strong>ch</strong> Na<strong>ch</strong>ahmung und Einübung in der<br />

tägli<strong>ch</strong>en Tätigkeit erlernt wird, ist die <strong>Philosophie</strong><br />

der einzige Zugang, mein eigenes<br />

Werkzeug systematis<strong>ch</strong> kennen und benennen<br />

zu lernen. Au<strong>ch</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> gehört<br />

die <strong>Philosophie</strong> meiner Ansi<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> in den<br />

Alltag. So wie man Sport für die körperli<strong>ch</strong>e<br />

Gesundheit ma<strong>ch</strong>t, ist die Auseinandersetzung<br />

mit si<strong>ch</strong> und der Welt für die geistige<br />

Gesundheit essentiell. Au<strong>ch</strong> ist es äusserst<br />

befreiend, wenn man merkt, dass si<strong>ch</strong> viele<br />

Leute ganz ähnli<strong>ch</strong>e, s<strong>ch</strong>wierige – philosophis<strong>ch</strong>e<br />

– Fragen stellen.<br />

15


„Ihrem Selbstverständnis na<strong>ch</strong> sind Staaten<br />

legitime Herrs<strong>ch</strong>aftsverbände, während z.B.<br />

Räuberbanden, die einen Landstri<strong>ch</strong> beherrs<strong>ch</strong>en<br />

als illegitime Regenten betra<strong>ch</strong>tet<br />

werden. Die Basis- oder Ausgangsfrage<br />

der politis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> lautet daher:<br />

Worauf stützt si<strong>ch</strong> dieser Legitimitätsanspru<strong>ch</strong>?<br />

Wel<strong>ch</strong>e Gründe spre<strong>ch</strong>en dafür,<br />

dass Mens<strong>ch</strong>en ihr Zusammenleben staatsförmig<br />

organisieren? Man kann dieses Problem<br />

in zwei Ri<strong>ch</strong>tungen ausbu<strong>ch</strong>stabieren:<br />

Zum einen lässt si<strong>ch</strong> die Frage stellen, ob<br />

es pragmatis<strong>ch</strong> sinnvoll ist, Staaten einzuri<strong>ch</strong>ten.<br />

(...) Zum anderen kann man die<br />

Frage aufwerfen, ob es moralis<strong>ch</strong> legitim,<br />

angemessen, ja viellei<strong>ch</strong>t sogar geboten ist,<br />

Staaten zu etablieren.“ (39)<br />

Kulturphilosophie<br />

Die Kulturphilosophie untersu<strong>ch</strong>t <strong>zum</strong> einen,<br />

was unter dem Begriff „Kultur“ zu verstehen<br />

ist, wel<strong>ch</strong>e Bedingungen es für die<br />

Entstehung von Kultur gibt. Zum anderen<br />

Teil befasst si<strong>ch</strong> die philosophis<strong>ch</strong>e Kulturkritik<br />

mit kulturellen Phänomenen, wie bspw.<br />

Massenmedien oder den Auswirkungen der<br />

industrialisierten Gesells<strong>ch</strong>aft.<br />

Der Begriff „Kultur“ lässt si<strong>ch</strong> auf viele unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />

Arten ausdeuten. Dabei lassen<br />

si<strong>ch</strong> folgende vier Herangehensweisen unters<strong>ch</strong>eiden:<br />

„Der erste Kulturbegriff ist deskriptiv und<br />

bezei<strong>ch</strong>net die von Mens<strong>ch</strong>en gema<strong>ch</strong>te<br />

Welt, die Formen ihrer Produktion und<br />

Reproduktion im Rahmen fassbarer Sitten<br />

und Gebräu<strong>ch</strong>e, Mentalitäten und symbolis<strong>ch</strong>er<br />

Ordnungen. In dieser Verwendungsweise<br />

konvergiert der Kulturbegriff<br />

mit dem – ebenfalls vieldeutigen – Begriff<br />

der Zivilisation. Der zweite Kulturbegriff ist<br />

dynamis<strong>ch</strong> und trägt der Selbstverdoppelung<br />

Re<strong>ch</strong>nung, wie sie für die Kultur von<br />

altersher <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong> ist. Zur materialen<br />

kommt die reflexive Ebene hinzu und<br />

mit ihr jene Praxis fortgesetzter Selbstbes<strong>ch</strong>reibung,<br />

in deren Rahmen die Konventionen,<br />

Leitvorstellungen und Grundsätze<br />

des Zusammenlebens erfasst und reproduziert,<br />

aber au<strong>ch</strong> geprüft werden. Als <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>e<br />

Ers<strong>ch</strong>einung der Moderne ist<br />

die Kulturphilosophie selbst ein Teil dieses<br />

Feldes, ebenso die Kulturkritik. An dritter<br />

Stelle steht das ar<strong>ch</strong>äologis<strong>ch</strong>e Konzept.<br />

Es benennt die Bedingungen, die Überlieferungs-<br />

und Traditionszusammenhänge,<br />

die wir immer s<strong>ch</strong>on voraussetzen, wenn<br />

wir unser Leben führen. Es handelt si<strong>ch</strong> um<br />

einen unbewussten Berei<strong>ch</strong>, den Berei<strong>ch</strong><br />

der tiefsitzenden Überzeugungen und Sentiments,<br />

die aus der Distanz bes<strong>ch</strong>reibbar<br />

sind. Es ist ein Beitrag zur Selbstaufklärung,<br />

wenn die Kulturphilosophie in diesem<br />

Bezirk der kollektiven Ängste und Befür<strong>ch</strong>tungen,<br />

der stills<strong>ch</strong>weigenden Erwartungen<br />

und Sehnsü<strong>ch</strong>te ermittelt. Der vierte Kulturbegriff<br />

s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> ist normativ, denn er geht<br />

von der Rekonstruktion zur Fests<strong>ch</strong>reibung<br />

von Unters<strong>ch</strong>ieden über, die er in hierar<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en<br />

Ordnungen abbildet. (...) Au<strong>ch</strong> dieses<br />

Konfliktfeld gehört in das Spektrum des<br />

Kulturbegriffs, und so s<strong>ch</strong>eint es, als habe<br />

die Kultur die Positionen des Freundes oder<br />

des Feindes immer s<strong>ch</strong>on vergeben.“ (40)<br />

16


Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie<br />

„Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie ri<strong>ch</strong>tet si<strong>ch</strong> sowohl<br />

auf die philosophis<strong>ch</strong>e Deutung einzelner<br />

historis<strong>ch</strong>er Ereignisse als au<strong>ch</strong> die Analyse<br />

der Gesamtvergangenheit. Allerdings<br />

muss immer vorausgesetzt werden, dass<br />

historis<strong>ch</strong>e Kenntnisse lückenhaft und oft<br />

so zufällig sind, dass erklärende Synthesen<br />

immer fragwürdig bleiben müssen.<br />

Von grundlegender Bedeutung für die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie<br />

ist die Tatsa<strong>ch</strong>e, dass<br />

sie si<strong>ch</strong> seit ihren Anfängen als eine Lehre<br />

zur Erklärung des jeweiligen Weltzustandes<br />

versteht (...).“ (41)<br />

Erstaunli<strong>ch</strong>erweise ist die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie<br />

kein Themengebiet, wel<strong>ch</strong>es die<br />

<strong>Philosophie</strong> seit Beginn an bes<strong>ch</strong>äftigte.<br />

Erst mit Voltaire (1765), der den Begriff <strong>zum</strong><br />

ersten Mal verwendete, beginnt die philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Auseinandersetzung mit der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te.<br />

(42) Das bedeutet wiederum ni<strong>ch</strong>t,<br />

dass si<strong>ch</strong> keinerlei Ansätze von ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophis<strong>ch</strong>er<br />

Reflexion bspw. bei Platon<br />

ausma<strong>ch</strong>en liessen.<br />

Do<strong>ch</strong> erst in der Neuzeit erhält die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie<br />

dur<strong>ch</strong> Kant, Fi<strong>ch</strong>te und<br />

Hegel ihre klassis<strong>ch</strong>e Ausformulierung und<br />

zwar dur<strong>ch</strong> den „für die Neuzeit als Leitideal<br />

fungierenden Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en<br />

dem rationalen Begreifen von Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

und deren realer Vernünftigkeit. Historis<strong>ch</strong>e<br />

Erkenntnis gewinnt ihren hö<strong>ch</strong>sten Rang<br />

und entfaltet ihr grösstes Potential; zuglei<strong>ch</strong><br />

ers<strong>ch</strong>eint Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te als Gang der Vernunft<br />

und Realisierung mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Freiheit. Es<br />

ist dies gewissermassen die unüberbietbare<br />

Konstellation affirmativer Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie.<br />

Ihren emphatis<strong>ch</strong>en Leitgedanken<br />

teilt no<strong>ch</strong> Marx, der in Opposition <strong>zum</strong> bürgerli<strong>ch</strong>en<br />

Forts<strong>ch</strong>rittsdenken historis<strong>ch</strong>e<br />

Vernunft als erst herzustellende begreift;<br />

dana<strong>ch</strong> verliert diese als politis<strong>ch</strong>e wie wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Leitperspektive zunehmend<br />

ihre Glaubwürdigkeit.“ (43)<br />

Wie si<strong>ch</strong> erkennen lässt, befasst si<strong>ch</strong> die<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie somit ni<strong>ch</strong>t mit der<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>, sondern mit<br />

den Grundlagen des historis<strong>ch</strong>en Denkens<br />

und der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te an si<strong>ch</strong>.<br />

Mi<strong>ch</strong>ael Lehmann, Ko<strong>ch</strong> bei<br />

Genussreise.<strong>ch</strong> und Hausmann<br />

Der Berufsstolz der Kö<strong>ch</strong>e besteht im Umgang<br />

mit der Auswahl der Zutaten, wel<strong>ch</strong>e<br />

multipliziert mit den mögli<strong>ch</strong>en Zubereitungsweisen<br />

einen zahllosen Variantenrei<strong>ch</strong>tum<br />

eröffnet. Dabei lassen si<strong>ch</strong> mehrere philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Aspekte ausma<strong>ch</strong>en: Erstens<br />

manifestiert si<strong>ch</strong> die Betriebsphilosophie<br />

im Stil des Ko<strong>ch</strong>s. Jedo<strong>ch</strong> gilt: Egal, ob es<br />

si<strong>ch</strong> um „cuisine naturelle“, einen avantgardistis<strong>ch</strong>en<br />

oder klassis<strong>ch</strong> französis<strong>ch</strong>en Stil<br />

handelt, das Ziel eines Ko<strong>ch</strong>s ist es, seinen<br />

eigenen, individuellen Stil zu entwickeln,<br />

der ihn – und im besten Fall au<strong>ch</strong> das Lokal<br />

– unverwe<strong>ch</strong>selbar werden lässt. Zweitens<br />

geht es beim Essen und dessen Zubereitung<br />

immer au<strong>ch</strong> um Wahrnehmung und<br />

das Spiel mit an Erinnerungen geknüpften<br />

Ges<strong>ch</strong>mäckern und Gerü<strong>ch</strong>en, worin die eigentli<strong>ch</strong>e<br />

Kernfrage des Ko<strong>ch</strong>ens besteht.<br />

Drittens gibt es au<strong>ch</strong> viele ethis<strong>ch</strong>e Aspekte,<br />

wie bspw. die Frage, wieviel man wegwirft,<br />

für wel<strong>ch</strong>e regionalen Produkte man si<strong>ch</strong><br />

ents<strong>ch</strong>eidet oder wie man mit den Produkten<br />

umgeht – z.B. wie sorgfältig man die<br />

Mohrrübe beim Zubereiten behandelt. Die<br />

<strong>Philosophie</strong> existiert aber ni<strong>ch</strong>t nur in der<br />

Kü<strong>ch</strong>e und das ist au<strong>ch</strong> gut so. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

fragen si<strong>ch</strong> die Mens<strong>ch</strong>en immer no<strong>ch</strong><br />

dieselben Fragen wie vor hunderten von<br />

Jahren. Der Drang na<strong>ch</strong> Wissen hält den<br />

Mens<strong>ch</strong>en wa<strong>ch</strong>: Solange wir ni<strong>ch</strong>t wissen,<br />

woher wir kommen und wohin wir gehen<br />

als Mens<strong>ch</strong>en, hat die <strong>Philosophie</strong> ni<strong>ch</strong>t nur<br />

eine Daseinsbere<strong>ch</strong>tigung, sondern sollte<br />

au<strong>ch</strong> den jungen Generationen offenstehen.<br />

17


Entwicklung der <strong>Philosophie</strong><br />

Antike<br />

Der Übergang vom „Mythos <strong>zum</strong> Logos“<br />

zog si<strong>ch</strong> über hunderte von Jahren hin und<br />

fand seinen Ursprung rund 600 v.Chr. in<br />

Grie<strong>ch</strong>enland.<br />

Die Vorsokratiker (Thales, Demokrit und die<br />

Sophisten) entdeckten, „dass die uns vorgegebene<br />

Welt als Ganzes anzusehen ist<br />

(physis), das eine Ordnung hat (kosmos),<br />

die erkannt werden kann (logos), aber ni<strong>ch</strong>t<br />

an der Oberflä<strong>ch</strong>e liegt (ar<strong>ch</strong>e), und deren<br />

Erkenntnis – so ein weiteres Element – vom<br />

Irrtum bedroht ist“ (44). Sokrates (ca. 470-<br />

399 v.Chr.), Platon (ca. 428-348 v.Chr.) und<br />

Aristoteles (384-322 v.Chr.) gelten als die<br />

grössten Denker der Antike. Sie befassten<br />

si<strong>ch</strong> u.a. mit den unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Formen<br />

des Wissens, Gere<strong>ch</strong>tigkeit, Logik und Dialektik,<br />

Metaphysik, Ethik, Politik und der <strong>Philosophie</strong><br />

der Natur. Die S<strong>ch</strong>riften von Platon<br />

(bspw. „Politeia“ = „Der Staat“) und Aristoteles<br />

(bspw. „Nikoma<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Ethik“) zählen<br />

zu den bekanntesten Werken der Weltliteratur.<br />

Hierzu zählt au<strong>ch</strong> Aristoteles‘ Bu<strong>ch</strong> der<br />

„Metaphysik“, wel<strong>ch</strong>es ein Begriffslexikon<br />

der <strong>Philosophie</strong> enthält, wel<strong>ch</strong>es <strong>zum</strong> Teil<br />

bis heute einen essentiellen Teil unserer<br />

Weltorientierung darstellt. (45) Als Beispiel:<br />

„Für Aristoteles unters<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> die Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

von blosser Erfahrung dur<strong>ch</strong> die<br />

Frage: „Warum?“. Unter den zugehörigen<br />

Antworten sind all die Faktoren zu verstehen,<br />

die am Zustandekommen einer Gegebenheit<br />

„s<strong>ch</strong>uld“ sind. (...) Während si<strong>ch</strong> die<br />

Neuzeit vornehmli<strong>ch</strong> bloss mit einer Art von<br />

Ursa<strong>ch</strong>en, der Wirkursa<strong>ch</strong>e, befasst, sieht<br />

Aristoteles vier Arten, „Warum“ zu fragen,<br />

kennt entspre<strong>ch</strong>end vier Klassen von Ursa<strong>ch</strong>en<br />

(...). Vor allem die vierte Klasse, die<br />

Ziel- oder Zweckursa<strong>ch</strong>e (Teleologie), wird<br />

in der Neuzeit s<strong>ch</strong>arf kritisiert. Für Aristoteles<br />

ist sie aber vor allem dort zu Hause,<br />

wo man ihr au<strong>ch</strong> heute ni<strong>ch</strong>t jeden Sinn abstreitet:<br />

in der Biologie. Zu Re<strong>ch</strong>t geht er von<br />

der Erfahrung aus, dass si<strong>ch</strong> Lebewesen<br />

auf eine bestimmte Gestalt hin entwickeln<br />

und dass es unter den ausgewa<strong>ch</strong>senen<br />

Pflanzen und Tieren vollkommenere und<br />

weniger vollkommene (bspw. verkrüppelte)<br />

Exemplare gibt.“ (46)<br />

<strong>Philosophie</strong> im Mittelalter<br />

In der Zeitspanne zwis<strong>ch</strong>en dem 5. und<br />

dem 15. Jahrhundert bestand die Aufgabe<br />

der <strong>Philosophie</strong> hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> darin, „die im<br />

Glauben vorgegebenen Ansi<strong>ch</strong>ten widerspru<strong>ch</strong>sfrei<br />

und überzeugend zu denken.<br />

Darüber hinaus su<strong>ch</strong>t sie die umfassende<br />

Aufklärung einer von Religion bestimmten<br />

Kultur. Zwar soll die Vernunft ergründen,<br />

was der Glaube bekennt. Viele <strong>ch</strong>ristli<strong>ch</strong>en<br />

Wahrheiten kommen aber erst auf<br />

diesem Weg zu si<strong>ch</strong> selbst: die Lehre von<br />

der S<strong>ch</strong>öpfung als Entfaltung des göttli<strong>ch</strong>en<br />

Willens, die der Ideen als Gehalte göttli<strong>ch</strong>en<br />

Denkens und vor allem die der Dreifaltigkeit.<br />

Ein zweites Merkmal der Epo<strong>ch</strong>e: In der Auseinandersetzung<br />

mit einem ihr heterogenen<br />

Element, der göttli<strong>ch</strong>en Offenbarung, sieht<br />

si<strong>ch</strong> die Vernunft gezwungen, über ihre Leistungsfähigkeit<br />

und Grenzen Re<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aft<br />

abzulegen. Hier greift die <strong>Philosophie</strong> des<br />

Mittelalters dem neuzeitli<strong>ch</strong>en, Kantis<strong>ch</strong>en<br />

Projekt einer Kritik der reinen Vernunft vor.<br />

Dass si<strong>ch</strong> die <strong>Philosophie</strong> dur<strong>ch</strong> die Erfahrung,<br />

sowohl die Natur- als au<strong>ch</strong> die Sozialerfahrung,<br />

inspirieren lässt, verliert dagegen<br />

erhebli<strong>ch</strong> an Gewi<strong>ch</strong>t.“ (47)<br />

Renaissance und Humanismus<br />

Die Ablösung des Mittelalters dur<strong>ch</strong> die<br />

Neuzeit, wel<strong>ch</strong>e zwis<strong>ch</strong>en dem 14. und 16.<br />

Jahrhundert stattfand, wird Renaissance<br />

genannt und löste die <strong>Philosophie</strong> „ni<strong>ch</strong>t nur<br />

aus dem Raum der Kir<strong>ch</strong>e, sondern au<strong>ch</strong><br />

aus den in ihrer Kreativität ers<strong>ch</strong>öpften Universitäten“<br />

(48). Der Begriff Humanismus<br />

bezei<strong>ch</strong>net den literaris<strong>ch</strong>-philosophis<strong>ch</strong>en<br />

18


Anteil der Renaissance, wel<strong>ch</strong>er „die Studiengebiete<br />

der „Mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>keit“ (lat. humanitas)<br />

pflegt: Rhetorik, Di<strong>ch</strong>tung, Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te,<br />

Moralphilosophie und Politik.“ (49) So verstärkt<br />

si<strong>ch</strong> die Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en der<br />

Naturwissens<strong>ch</strong>aft und den Spra<strong>ch</strong>-, Literatur-,<br />

und Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aften.<br />

Rationalismus und Empirismus<br />

Seit Beginn des 17. Jahrhunderts ist der<br />

<strong>Philosophie</strong> viel an einer klaren Orientierung<br />

ihrer selbst gelegen, was si<strong>ch</strong> als<br />

„Streit zwis<strong>ch</strong>en einem Rationalismus, der<br />

den Verstand bzw. die Vernunft, und einem<br />

Empirismus, der die Erfahrung bevorzugt“<br />

(50), äussert. Beiden Herangehensweisen<br />

s<strong>ch</strong>webt die Vorstellung einer universalen<br />

Einheitswissens<strong>ch</strong>aft vor. So behandeln der<br />

Rationalismus (bspw. René Descartes) und<br />

der Empirismus (bspw. John Locke) dieselbe<br />

Frage „na<strong>ch</strong> der Erkenntnis und der<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Freiheit“ (51) und damit au<strong>ch</strong>,<br />

ob es Gott und die Unsterbli<strong>ch</strong>keit der Seele<br />

gibt.<br />

Zeitalter der Aufklärung<br />

Mit der Aufklärung und der französis<strong>ch</strong>en<br />

Revolution fanden viele dieser Fragen eine<br />

breitere gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Bea<strong>ch</strong>tung. Die<br />

Aufklärung, na<strong>ch</strong> Kant „der Ausgang des<br />

Mens<strong>ch</strong>en aus seiner selbst vers<strong>ch</strong>uldeten<br />

Unmündigkeit“, stellt den Mens<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t<br />

nur philosophis<strong>ch</strong>, sondern au<strong>ch</strong> politis<strong>ch</strong><br />

und moralis<strong>ch</strong> ins Zentrum.<br />

„Vier Leitbegriffe bestimmen die Epo<strong>ch</strong>e:<br />

1. die Vernunft als Wesensmerkmal des<br />

Mens<strong>ch</strong>en und als Vermögen, allgemeingültige<br />

Massstäbe für Erkennen,<br />

Handeln und Politik bereitzustellen;<br />

2. die Freiheit als Prinzip persönli<strong>ch</strong>en,<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en und politis<strong>ch</strong>en Handelns;<br />

3. der Forts<strong>ch</strong>ritt als Inbegriff der Neuerungen,<br />

die <strong>zum</strong> Besseren führen; und<br />

4. die Kritik aller Ansi<strong>ch</strong>ten und Institutionen,<br />

namentli<strong>ch</strong> des absolutistis<strong>ch</strong>en<br />

Staates und einer bevormundenden Kir<strong>ch</strong>e.“<br />

(52)<br />

Jacqueline Ifert, Mutter und Therapeutin<br />

Traditionelle Chinesis<strong>ch</strong>e Medizin<br />

<strong>Philosophie</strong> spielt in der Kindererziehung<br />

eine sehr grosse Rolle, weil es gilt konsequent<br />

zu sein. Denn, wenn man selbst keine<br />

Vorstellung von der Erziehung hat und was<br />

man den Kindern auf den Weg geben will,<br />

hat man au<strong>ch</strong> keine Linie. Ni<strong>ch</strong>t zuletzt ist es<br />

au<strong>ch</strong> so, dass die Kinder einem sehr s<strong>ch</strong>nell<br />

reflektieren, wenn man si<strong>ch</strong> an die eigenen<br />

aufgestellten Regeln ni<strong>ch</strong>t hält. Ausserdem<br />

ist man spätestens in der „Wieso“-Phase<br />

damit konfrontiert, dass man gute Begründungen<br />

liefern muss. Mir ist es beispielsweise<br />

ein Anliegen, dass meine Kinder lernen,<br />

auf die Umwelt zu a<strong>ch</strong>ten und keine Ressourcen<br />

zu vers<strong>ch</strong>wenden. Das bedeutet<br />

aber au<strong>ch</strong> erklären zu können, weshalb<br />

man das Wasser beim Zähneputzen ni<strong>ch</strong>t<br />

laufen lassen sollte und weshalb man mit<br />

Wasser sparsam umgeht, au<strong>ch</strong> wenn wir in<br />

der S<strong>ch</strong>weiz davon mehr als genug haben.<br />

A<strong>ch</strong>tsamkeit findet aber au<strong>ch</strong> in einer Therapie<br />

gegenüber dem Patienten statt: Zu<br />

wissen, was man in der Therapie errei<strong>ch</strong>en<br />

will, ist essentiell, gedankli<strong>ch</strong>e Abwesenheit<br />

kann man si<strong>ch</strong> dabei aber ni<strong>ch</strong>t leisten.<br />

Ni<strong>ch</strong>t für alle Mens<strong>ch</strong>en spielt <strong>Philosophie</strong><br />

eine Rolle und ni<strong>ch</strong>t mit allen findet man<br />

eine Ebene für einen Gedankenaustaus<strong>ch</strong>.<br />

Aber <strong>Philosophie</strong> ist kein Glaube und wird<br />

ni<strong>ch</strong>t übernommen, sondern selbst erarbeitet.<br />

Sie besteht gerade im Gedankenaustaus<strong>ch</strong><br />

und ermögli<strong>ch</strong>t, dass alle Stimmen<br />

gehört werden. Ideen einfa<strong>ch</strong> zu übernehmen,<br />

ohne diese zu hinterfragen, stellt für<br />

mi<strong>ch</strong> etwas äusserst Gefährli<strong>ch</strong>es dar.<br />

19


Neben bedeutenden Philosophen wie Leibniz,<br />

Newton, Rousseau und Hume kommt<br />

Immanuel Kant (1724-1804) eine Sonderstellung<br />

zu, dessen Denken den Höhepunkt<br />

der europäis<strong>ch</strong>en Aufklärung darstellt. „Ob<br />

Erkenntnis überhaupt oder Mathematik<br />

und Naturwissens<strong>ch</strong>aft, ob Moral, Re<strong>ch</strong>t,<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te und Religion, ob Ästhetik und<br />

Biologie – Kant stellt fast alle Themen der<br />

<strong>Philosophie</strong> auf eine neue Grundlage.“ (53)<br />

Kant entwickelt in der „Kritik der reinen<br />

Vernunft“ eine neue Methode, und begräbt<br />

mit dieser sogenannten „transzendentalen<br />

Vernunftkritik“ den Streit zwis<strong>ch</strong>en dem Rationalismus<br />

und dem Empirismus: „Ohne<br />

Sinnli<strong>ch</strong>keit würde uns kein Gegenstand<br />

gegeben und ohne Verstand könnte keiner<br />

geda<strong>ch</strong>t werden. Gedanken ohne Inhalt<br />

sind leer, Ans<strong>ch</strong>auungen ohne Begriffe sind<br />

blind.“ (54)<br />

Deuts<strong>ch</strong>er Idealismus<br />

Philosophen wie Hegel, Fi<strong>ch</strong>te und S<strong>ch</strong>elling<br />

gingen eine intensive Auseinandersetzung<br />

mit den S<strong>ch</strong>riften von Kant ein und<br />

versu<strong>ch</strong>ten die von Kant gesetzten Grenzen<br />

und Unters<strong>ch</strong>eidungen, beispielsweise die<br />

von Subjekt und Objekt, zu überwinden und<br />

entwickelten den Gedanken des Systems.<br />

Eine besondere Rolle spielt die Versöhnung<br />

von fünf Gegensatzpaaren: Einheit und<br />

Vielheit, Absolutes und Endli<strong>ch</strong>es, Geist<br />

und Natur, Vernunft und göttli<strong>ch</strong>e Offenbarung<br />

sowie Vernunft und Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te.<br />

Das na<strong>ch</strong>idealistis<strong>ch</strong>e Quartett und<br />

Lebensphilosophien<br />

S<strong>ch</strong>openhauer, Kierkegaard, Mill und Marx<br />

bilden gemeinsam das „na<strong>ch</strong>idealistis<strong>ch</strong>e<br />

Quartett“, wel<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> alle – man<strong>ch</strong>e mehr<br />

und man<strong>ch</strong>e weniger – gegen den spekulativen<br />

Idealismus von Hegel wenden. Ein<br />

zweites na<strong>ch</strong>idealistis<strong>ch</strong>es Quartett bilden<br />

die Lebensphilosophien von Friedri<strong>ch</strong> Nietzs<strong>ch</strong>e,<br />

Wilhelm Dilthey, der amerikanis<strong>ch</strong>e<br />

Pragmatismus von Pierce und James sowie<br />

Henri Bergson‘s Vitalismus. Alle „Lebensphilosophen“<br />

haben unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>ste Antworten<br />

auf die gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en und kulturellen<br />

Umbrü<strong>ch</strong>e ihrer Zeit, sind si<strong>ch</strong> aber<br />

darin einig, dass die Psy<strong>ch</strong>ologie eine wesentli<strong>ch</strong>e<br />

Rolle spielt.<br />

Phänomenologie<br />

Der prominenteste Vertreter ist Edmund<br />

Husserl, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

eine Bes<strong>ch</strong>reibung des Wesens innerer<br />

(geistiger) Phänomene verfasste. Beeinflusst<br />

war er dur<strong>ch</strong> Franz von Brentano, der<br />

den Begriff der Intentionalität prägte. Dieser<br />

besagt, dass geistige Phänomene – beispielsweise<br />

lieben, sehen oder bewerten –<br />

immer auf etwas geri<strong>ch</strong>tet sind.<br />

Existenzphilosophie<br />

Die Existenzphilosophie, wel<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> Martin<br />

Heidegger, Karl Jaspers und Jean-Paul<br />

Sartre geprägt wurde, befasste si<strong>ch</strong> auf<br />

eine neue Weise mit der Frage „na<strong>ch</strong> dem<br />

Sein des Seienden“ (55).<br />

Dabei wird das Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en dem<br />

Wesen der Existenz, dem Mens<strong>ch</strong>en und<br />

der Freiheit neu ausgelotet, was vor allem<br />

dur<strong>ch</strong> Sartre bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts<br />

den Existentialismus zu einer weltweiten<br />

Mode werden lässt. (56)<br />

Hermeneutik<br />

Hans-Georg Gadamer begründete eine<br />

„Kunst der Auslegung“, wel<strong>ch</strong>e die Geistesund<br />

Humanwissens<strong>ch</strong>aften vom Zwang befreien<br />

sollte, si<strong>ch</strong> den Naturwissens<strong>ch</strong>aften<br />

zu unterwerfen. (57) „Da das für die Geisteswissens<strong>ch</strong>aften<br />

<strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>e Ver-<br />

20


stehen au<strong>ch</strong> ausserhalb der Wissens<strong>ch</strong>aft,<br />

in der Kunst und im Gesprä<strong>ch</strong>, gefordert ist,<br />

weitet si<strong>ch</strong> das Programm zu einer universalen<br />

Hermeneutik aus, die „ein Jenseits<br />

des Selbstbewussten“ betont: die unaufhebbare<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>keit mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er<br />

Welterfahrung und deren unaufhebbare<br />

Spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>keit.“ (58)<br />

Logik und Mathematik<br />

Die Grundlagenkrise der Mathematik zu Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts und die Entwicklung<br />

der Relativitätstheorie warfen grundsätzli<strong>ch</strong>e<br />

philosophis<strong>ch</strong>e Fragen auf. Die<br />

formale Logik und die Spra<strong>ch</strong>philosophie<br />

des Mathematikers Gottlob Frege sowie die<br />

Begriffsanalysen des Wiener Kreises (Carnap,<br />

S<strong>ch</strong>lick) leisteten hierbei bedeutende<br />

Beiträge.<br />

Analytis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />

Seit der Renaissance ergab si<strong>ch</strong> eine Entwicklung<br />

hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> der Ausdifferenzierung<br />

der wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Themenberei<strong>ch</strong>e,<br />

wel<strong>ch</strong>e die <strong>Philosophie</strong> in zwei konkurrierende<br />

Ri<strong>ch</strong>tungen spaltete: „Gegen eine<br />

<strong>Philosophie</strong>, die si<strong>ch</strong> an der erlebbaren Welt<br />

und an den Geisteswissens<strong>ch</strong>aften orientiert:<br />

Phänomenologie, Existenzphilosophie,<br />

Hermeneutik, setzt si<strong>ch</strong> eine andere Ri<strong>ch</strong>tung<br />

ab, die von Logik, Mathematik und den<br />

Naturwissens<strong>ch</strong>aften geprägte Analytis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Philosophie</strong>. (...) In der Regel ist die Ri<strong>ch</strong>tung<br />

in einem doppelten Sinn analytis<strong>ch</strong>:<br />

methodis<strong>ch</strong>, weil sie die Spra<strong>ch</strong>e analysiert<br />

(zergliedert), und inhaltli<strong>ch</strong> weil sie der <strong>Philosophie</strong><br />

nur analytis<strong>ch</strong>e Aussagen und ni<strong>ch</strong>t<br />

das synthetis<strong>ch</strong>e Apriori der Metaphysik<br />

zutraut.“ (59) Neben der Untersu<strong>ch</strong>ung der<br />

ideal- oder formal-spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Seite, bildet<br />

si<strong>ch</strong> in den 1940er- und 50er-Jahren, ausgehend<br />

von Ludwig Wittgenstein, die analytis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Philosophie</strong> der Umgangs- und der<br />

Alltagsspra<strong>ch</strong>e heraus, wel<strong>ch</strong>e, ebenso wie<br />

die formal-spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Untersu<strong>ch</strong>ungen, in<br />

einer Spra<strong>ch</strong>kritik besteht. (60) Dies bildet<br />

die Grundlage u.a. für die aktuelle Weiterentwicklung<br />

der formalen Logik, der analytis<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Philosophie</strong> des Geistes und der<br />

Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie.<br />

Trine Pauli-Gasser, Wirtin und „Mutter“<br />

vom Café Kairo in Bern<br />

Folgende philosophis<strong>ch</strong>e Fragen stellen<br />

si<strong>ch</strong> im Café Kairo: Was ist das für ein Ort?<br />

Wer ist Gast? Wer ist das Team? Wie errei<strong>ch</strong>e<br />

i<strong>ch</strong>, dass diejenigen Gäste kommen,<br />

die kommen sollen? Dabei mö<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> einen<br />

Ort ermögli<strong>ch</strong>en, wo si<strong>ch</strong> interessante<br />

und liebenswerte Mens<strong>ch</strong>en treffen können.<br />

Die soziale Seite fällt dabei stark ins<br />

Gewi<strong>ch</strong>t: Au<strong>ch</strong> Leute die alleine sind, sollen<br />

herkommen können und Offenheit sowie<br />

Toleranz erleben. Da steckt si<strong>ch</strong>erli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />

ein Stück Fürsorge drin, was mir wohl den<br />

Spitznamen „Müettr“ verliehen hat. Sol<strong>ch</strong><br />

ein offener Ort wird hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die<br />

Teampflege ermögli<strong>ch</strong>t, wo die Förderung<br />

von gegenseitiger Fürsorgli<strong>ch</strong>keit und Harmonie<br />

im Vordergrund steht. Spannend dabei<br />

ist, dass i<strong>ch</strong> das Glück habe „genau die<br />

ri<strong>ch</strong>tigen Leute“ – Team und Gäste – damit<br />

anzuziehen und die gegenseitige Toleranz<br />

allgegenwärtig ist. Wenn nun wirkli<strong>ch</strong> einmal<br />

Störenfriede auftau<strong>ch</strong>en, stellt si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> die<br />

Frage, wo die Toleranz aufhört. Das kann<br />

au<strong>ch</strong> philosophis<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>wierig werden: Intoleranz<br />

wird ni<strong>ch</strong>t toleriert! I<strong>ch</strong> denke, dass<br />

wir Mens<strong>ch</strong>en eine Verantwortung gegenüber<br />

der Welt haben und es gilt, die eigene<br />

Freiheit zu bewahren, ohne die von anderen<br />

einzus<strong>ch</strong>ränken. Die Anregungung <strong>zum</strong><br />

Gebrau<strong>ch</strong> des Hirns und des Bewusstseins<br />

ist au<strong>ch</strong> eine der Aufgaben der <strong>Philosophie</strong><br />

in der Gesells<strong>ch</strong>aft – obwohl diese ni<strong>ch</strong>t auf<br />

Moral reduziert werden sollte. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

ist es s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>t etwas S<strong>ch</strong>önes, si<strong>ch</strong> die Zeit<br />

<strong>zum</strong> Na<strong>ch</strong>denken zu nehmen.<br />

21


<strong>Philosophie</strong> heute<br />

Theoretis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> heute<br />

Ottfried Höffe sieht die theoretis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />

der Gegenwart anhand folgender<br />

Themenberei<strong>ch</strong>e <strong>ch</strong>arakterisiert: Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie,<br />

Logik, Spra<strong>ch</strong>pragmatik, die<br />

Erkenntnistheorie und die Naturalisierung<br />

des Geistes. (61) Die heutigen philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Debatten der theoretis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong><br />

befassen si<strong>ch</strong> aber ni<strong>ch</strong>t auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

mit neuen Publikationen, sondern ebenfalls<br />

mit „älteren“ Theorien, wie denjenigen von<br />

Russell, Kant, Descartes, Wittgenstein und<br />

vielen anderen mehr.<br />

„Zu den Wegbereitern der neueren theoretis<strong>ch</strong>en<br />

Debatten gehört der Logiker, Mathematiker<br />

und Philosoph Willard Van Orman<br />

Quine (1908-2000). (...) In Zwei Dogmen<br />

des Empirismus (1951) verwirft er die Annahme,<br />

zwis<strong>ch</strong>en tatsa<strong>ch</strong>enunabhängigen,<br />

analytis<strong>ch</strong>en Wahrheiten und davon abhängigen<br />

synthetis<strong>ch</strong>en Wahrheiten gebe<br />

es einen grundlegenden Unters<strong>ch</strong>ied. Ausserdem<br />

lehnt er den Reduktionismus ab:<br />

die Annahme, jede sinnvolle Aussage lasse<br />

si<strong>ch</strong> auf Aussagen unmittelbarer Erfahrung<br />

zurückführen. Bei Quine vers<strong>ch</strong>windet die<br />

„angebli<strong>ch</strong>e Grenze zwis<strong>ch</strong>en spekulativer<br />

Metaphysik und Naturwissens<strong>ch</strong>aft.“ (62)<br />

Quines Position kann als „starker Naturalismus“<br />

bezei<strong>ch</strong>net werden, da – in seinen<br />

Worten ausgedrückt – „letztli<strong>ch</strong> ja die Reizungen<br />

der eigenen Sinnesrezeptoren das<br />

Einzige sind, was man hatte, um zu seinem<br />

Bild der Welt zu kommen. Warum sollte man<br />

ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong> zu ermitteln su<strong>ch</strong>en, wie diese<br />

Konstruktion wirkli<strong>ch</strong> vorgeht?“ (63)<br />

Quines Ausgangspunkt – und ebenso der<br />

von vielen heutigen Philosophinnen und<br />

Philosophen – ist somit der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />

Bezug zur erlebbaren Aussenwelt. So wird<br />

das Geistige ni<strong>ch</strong>t als unabhängiger Seinsberei<strong>ch</strong><br />

aufgefasst, sondern kausal erklärt.<br />

Dabei zeigt die breit gefä<strong>ch</strong>erte Debatte der<br />

<strong>Philosophie</strong> des Geistes auf, dass das Verhältnis<br />

zwis<strong>ch</strong>en der äusseren Wirkli<strong>ch</strong>keit<br />

und dem Geist s<strong>ch</strong>wer erklärbar ist. So sind<br />

die vers<strong>ch</strong>iedenen Standpunkte äusserst<br />

zahlrei<strong>ch</strong>, und lassen si<strong>ch</strong> hier nur als Aufzählung<br />

wiedergeben: Semantis<strong>ch</strong>er Externalismus,<br />

semantis<strong>ch</strong>er Internalismus,<br />

Funktionalismus, Substanz-Dualismus, Epiphänomenalismus,<br />

eliminativer Materialismus,<br />

anomaler Monismus, Interpretationismus,<br />

etc. Mehr zu diesen Begriffen bietet die<br />

Einführung in die <strong>Philosophie</strong> des Geistes<br />

von Professor Mi<strong>ch</strong>ael Esfeld. (64)<br />

Praktis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> heute<br />

Da die Moral vor und au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> dem Zweiten<br />

Weltkrieg, im Sinne des logis<strong>ch</strong>en Empirismus<br />

(siehe Mitte Seite 21), keine objektiven<br />

Erkenntnisse hervorbringen konnte,<br />

sondern nur als Ausdruck von subjektiven<br />

Gefühlen angesehen wurde, entwickelte sie<br />

si<strong>ch</strong> zunä<strong>ch</strong>st unabhängig von der politis<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Philosophie</strong>. (65)<br />

Erst na<strong>ch</strong> dem Ers<strong>ch</strong>einen von Gertrude<br />

E.M. Anscombe‘s Werk „Intention“ im Jahr<br />

1957 findet die spra<strong>ch</strong>analytis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />

einen Einstieg für die Handlungstheorie<br />

(siehe Seite 13). Anscombe versteht „das<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Handeln von einer Absi<strong>ch</strong>t her<br />

und kritisiert damit den logis<strong>ch</strong>en Empirismus.<br />

Denn als Grund der Handlung bildet<br />

die Absi<strong>ch</strong>t eine eigene, praktis<strong>ch</strong>e Art von<br />

Wissen: Ein Wissen ohne Bea<strong>ch</strong>tung, das<br />

si<strong>ch</strong> in der Handlung selbst zeigt. Der Zusammenhang<br />

von Gründen einer Handlung<br />

und dieser selbst stellt Anscombe als prak-<br />

22


tis<strong>ch</strong>en Syllogismus dar.“ (66) Au<strong>ch</strong> wenn<br />

si<strong>ch</strong> hieraus Theorien von rationalen Ents<strong>ch</strong>eidungen<br />

ableiten lassen, so bestand<br />

für John Rawls (1921-2002) stets no<strong>ch</strong> eine<br />

Hürde zur Herleitung eines objektiven Verständnisses<br />

von Gere<strong>ch</strong>tigkeit. Seine Theorie<br />

der Gere<strong>ch</strong>tigkeit (1971) stellt das bedeutendste<br />

Werk für die politis<strong>ch</strong>e Ethik im<br />

20. Jahrhundert dar und erneuert die Theorie<br />

des Gesells<strong>ch</strong>aftsvertrages von Rousseau<br />

und Kants Verständnis von Gere<strong>ch</strong>tigkeit.<br />

(67)<br />

Die zwei Grundsätze seiner Theorie sind<br />

die folgenden:<br />

1. „Jedermann hat glei<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>t auf das<br />

umfangrei<strong>ch</strong>ste Gesamtsystem glei<strong>ch</strong>er<br />

Grundfreiheiten, das für alle mögli<strong>ch</strong> ist.<br />

2. Soziale und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Unglei<strong>ch</strong>heit<br />

müssen a) unter der Eins<strong>ch</strong>ränkung des<br />

gere<strong>ch</strong>ten Spargrundsatzes dem am<br />

wenigsten Begünstigten den grösstmögli<strong>ch</strong>en<br />

Vorteil bringen und b) mit Ämtern<br />

und Positionen verbunden sein, die allen<br />

gemäss fairer Chancenglei<strong>ch</strong>heit offenstehen.“<br />

(68)<br />

Aus Rawls Gere<strong>ch</strong>tigkeitstheorie ergab<br />

si<strong>ch</strong> aber au<strong>ch</strong> die „neue soziale Frage“ der<br />

Gere<strong>ch</strong>tigkeit zwis<strong>ch</strong>en den Generationen.<br />

Andere ethis<strong>ch</strong>e Fragen, beispielsweise<br />

hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> der Umwelt oder der Medizin<br />

werden in Fa<strong>ch</strong>diskursen der angewandten<br />

Ethik behandelt.<br />

Au<strong>ch</strong> wenn <strong>zum</strong> Beispiel der moralis<strong>ch</strong>e<br />

Grundsatz des medizinis<strong>ch</strong>en Handelns –<br />

der sogenannte hippokratis<strong>ch</strong>e Eid – aus<br />

der Antike stammt, so klärt dieser gewisse<br />

Fragen, wel<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> den te<strong>ch</strong>nologis<strong>ch</strong>en<br />

Forts<strong>ch</strong>ritt entstanden sind, ni<strong>ch</strong>t wirkli<strong>ch</strong>:<br />

Ist Embryonenfors<strong>ch</strong>ung ethis<strong>ch</strong> vertretbar,<br />

wenn dabei zwar der Embryo stirbt, aber<br />

langfristig dadur<strong>ch</strong> therapeutis<strong>ch</strong>e Zwecke<br />

errei<strong>ch</strong>t werden können? Darf man alten<br />

Mens<strong>ch</strong>en, die ni<strong>ch</strong>t über physis<strong>ch</strong>e oder<br />

psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Gebre<strong>ch</strong>en verfügen, mittels direkter<br />

aktiver Sterbehilfe helfen zu sterben?<br />

Sol<strong>ch</strong>e und ähnli<strong>ch</strong>e Fragen werden heutzutage<br />

dur<strong>ch</strong> Ethikerinnen und Ethiker, gemeinsam<br />

mit Re<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aftlern, untersu<strong>ch</strong>t<br />

und beantwortet.<br />

Dr. Christoph König, Gynäkologe<br />

Als Mediziner spielt mir die <strong>Philosophie</strong><br />

eine grosse Rolle, arbeiten wir do<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong><br />

dem grundphilosophis<strong>ch</strong>en Gedanken des<br />

Hippokrates und halten uns an dessen ethis<strong>ch</strong>e<br />

Grundprinzipien. Was immer <strong>Philosophie</strong><br />

für einen Mediziner bedeutet, sie ist als<br />

Lehre sehr weit gefä<strong>ch</strong>ert und deshalb au<strong>ch</strong><br />

weitläufig interpretierbar.<br />

<strong>Philosophie</strong> im weitesten Sinne bedeutet<br />

für mi<strong>ch</strong> in meinem Beruf als Gynäkologen<br />

und Geburtshelfer, si<strong>ch</strong> an philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Grundsätzen, Lehren und Prinzipien zu orientieren,<br />

si<strong>ch</strong> daran zu halten und dana<strong>ch</strong><br />

zu ri<strong>ch</strong>ten, au<strong>ch</strong> wenn dies wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong><br />

<strong>ch</strong>arakter-, erziehungs-, kultur- und milieubezogen<br />

vonstatten geht. Gänzli<strong>ch</strong> ohne<br />

philosophis<strong>ch</strong>e Grundgedanken liesse si<strong>ch</strong><br />

mein Beruf jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t ausführen, da die<br />

Ethik fehlen würde.<br />

So würde i<strong>ch</strong> sogar sagen, dass es ohne<br />

<strong>Philosophie</strong> wohl keine funktionierende Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

gäbe. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> bildet sie die<br />

Grundlage für unser Denken und bildet das<br />

gedankli<strong>ch</strong>e Fundament eines funktionierenden<br />

Zusammenlebens, sei es politis<strong>ch</strong>,<br />

kulturell, religiös oder zwis<strong>ch</strong>enmens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>.<br />

Die Mens<strong>ch</strong>en orientieren si<strong>ch</strong> in einer Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

an den vorgelebten Werten, man<strong>ch</strong>e<br />

davon werden hinterfragt, andere – wie<br />

die universellen Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te oder der<br />

hippokratis<strong>ch</strong>e Eid – haben, glückli<strong>ch</strong>erweise,<br />

einen festen Platz. Ohne sol<strong>ch</strong>e philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Grundlagen liesse es si<strong>ch</strong> wohl<br />

nur unvorstellbar s<strong>ch</strong>wer leben.<br />

23


Interview mit Prof. Dr. Dr.<br />

Alexandrine S<strong>ch</strong>niewind<br />

Prof. Dr. Dr. Alexandrine S<strong>ch</strong>niewind unterri<strong>ch</strong>tet seit 2007 antike <strong>Philosophie</strong> an der<br />

Universität Lausanne. Für das vorliegende philosophis<strong>ch</strong>e Themendossier beantwortete<br />

sie die Fragen, wel<strong>ch</strong>e Motivation sie in der <strong>Philosophie</strong> vorantreibt, wel<strong>ch</strong>e Rolle die akademis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Philosophie</strong> in der Gesells<strong>ch</strong>aft ihrer Meinung na<strong>ch</strong> spielt und was die heutige<br />

universitäre <strong>Philosophie</strong> auszei<strong>ch</strong>net.<br />

Es ist selten geworden, dass man mi<strong>ch</strong><br />

heute na<strong>ch</strong> meiner Motivation, <strong>Philosophie</strong><br />

zu betreiben, fragt. Das mag wohl daran<br />

liegen, dass man insgesamt selten ProfessorInnen<br />

na<strong>ch</strong> ihrer eigentli<strong>ch</strong>en Motivation<br />

fragt, das Fa<strong>ch</strong>, das sie betreiben, an der<br />

Uni zu lehren und darin zu fors<strong>ch</strong>en. Von<br />

unseren Studenten werden wir oft ‚nur’ als<br />

Lehrer gesehen; von unseren Fa<strong>ch</strong>kollegen<br />

meistens nur als Fors<strong>ch</strong>er; von der weiteren<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft hingegen werden wir oft gar<br />

ni<strong>ch</strong>t wahrgenommen. Letzteres liegt bestimmt<br />

an uns.<br />

Den Ents<strong>ch</strong>luss, <strong>Philosophie</strong> zu studieren<br />

habe i<strong>ch</strong> mit 16 Jahren gefasst. Wir lasen<br />

in der S<strong>ch</strong>ule im Deuts<strong>ch</strong>unterri<strong>ch</strong>t Platons<br />

Höhlenglei<strong>ch</strong>nis und letzterer hatte auf mi<strong>ch</strong><br />

den Effekt einer umwälzenden Entdeckung.<br />

Es packte mi<strong>ch</strong> wie kein anderer Text je zuvor.<br />

Platons Theorie der zwei Welten (der<br />

sinnli<strong>ch</strong>en und der geistigen Welt) wurde<br />

mir ein extrem fru<strong>ch</strong>tbarer Denkansatz. In<br />

stundenlangen Gesprä<strong>ch</strong>en mit meinem<br />

damaligen Deuts<strong>ch</strong>lehrer vertiefte i<strong>ch</strong> das<br />

Thema. Meine Begeisterung für die antike<br />

<strong>Philosophie</strong> war entstanden und ist seitdem<br />

nie gewi<strong>ch</strong>en. Mein Fors<strong>ch</strong>ungss<strong>ch</strong>werpunkt<br />

wurde die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Seele (und<br />

alles, was fern und nah mit ihr zusammen<br />

hängt, spri<strong>ch</strong>: sehr vieles) als Bindeglied<br />

24


zwis<strong>ch</strong>en der sinnli<strong>ch</strong>en und der geistigen<br />

Welt. Die akademis<strong>ch</strong>e Laufbahn und in ihr<br />

die Lehre und Fors<strong>ch</strong>ung der <strong>Philosophie</strong><br />

hat mir immer grosse Freude bereitet. Relativ<br />

früh wurde es mir aber ein Anliegen, ni<strong>ch</strong>t<br />

nur in theoretis<strong>ch</strong>en Überlegungen zu verweilen,<br />

sondern au<strong>ch</strong> einen Bezug zu konkreten<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Fragen und S<strong>ch</strong>icksalen<br />

herzustellen. Aus dem Grund habe<br />

i<strong>ch</strong> ein Parallelstudium in klinis<strong>ch</strong>er Psy<strong>ch</strong>ologie<br />

gema<strong>ch</strong>t mit psy<strong>ch</strong>otherapeutis<strong>ch</strong>er<br />

Ausbildung. Damit hat mein Interesse für<br />

die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Seele eine konkrete Verankerung<br />

bekommen, wurde aber stets au<strong>ch</strong><br />

weiter geleitet von meiner akademis<strong>ch</strong>en<br />

philosophis<strong>ch</strong>en Tätigkeit.<br />

<strong>Philosophie</strong> heute hat mit Si<strong>ch</strong>erheit mindestens<br />

zwei Facetten : eine akademis<strong>ch</strong>e, die<br />

Grundlagenarbeit leistet und die Fors<strong>ch</strong>ung<br />

stetig weiterführt; und eine populäre, die<br />

dem mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Drang na<strong>ch</strong> philosophis<strong>ch</strong>er<br />

Reflexion Nahrung bietet. Die Universitäten<br />

bemühen si<strong>ch</strong> mehr und mehr, kein<br />

Elfenbeinturm mehr zu sein; die <strong>Philosophie</strong><br />

ist davon au<strong>ch</strong> betroffen. Neben der unabdingbaren<br />

Fors<strong>ch</strong>ung, die man weiterhin immer<br />

treiben will und wird, könnte man au<strong>ch</strong><br />

hoffen, dass akademis<strong>ch</strong>e Philosophen vermehrt<br />

au<strong>ch</strong> in den Medien zu Wort kommen<br />

und dort eine gut dur<strong>ch</strong>da<strong>ch</strong>te Meinung zu<br />

aktuellen Debatten liefern könnten. Letzteres<br />

ist aber ni<strong>ch</strong>t immer einfa<strong>ch</strong>, <strong>zum</strong>al uns<br />

in der <strong>Philosophie</strong> oft Themen interessieren,<br />

die ni<strong>ch</strong>t unbedingt von einem Allgemeinpublikum<br />

als relevant empfunden werden.<br />

Wir Akademiker müssen vermehrt den unglaubli<strong>ch</strong><br />

s<strong>ch</strong>wierigen und heiklen Spagat<br />

versu<strong>ch</strong>en, seriöse Fors<strong>ch</strong>ung zu betreiben<br />

und glei<strong>ch</strong>zeitig einen für Laien na<strong>ch</strong>vollziehbaren<br />

und interessanten Diskurs praktizieren<br />

zu können. Ni<strong>ch</strong>t nur der ri<strong>ch</strong>tige Ton<br />

ist dabei wi<strong>ch</strong>tig; das Thema ist meistens<br />

auss<strong>ch</strong>laggebend. Als Mitautorin eines<br />

Bu<strong>ch</strong>s über die Sexualität wurde i<strong>ch</strong> sofort<br />

vom S<strong>ch</strong>weizer Fernsehen im Kulturmagazin<br />

interviewt; als Fors<strong>ch</strong>erin <strong>zum</strong> Begriff der<br />

Seele und seinen kulturellen Wandlungen<br />

bin i<strong>ch</strong> hingegen sehr viel mehr gefordert,<br />

die zeitgenössis<strong>ch</strong>e Relevanz dieses Themas<br />

aufzuzeigen. Antike <strong>Philosophie</strong> mutet<br />

<strong>zum</strong> Teil weltfremd an und selbst unsere<br />

Studenten tun si<strong>ch</strong> man<strong>ch</strong>mal s<strong>ch</strong>wer, den<br />

antiken Debatten eine für sie relevante Dimension<br />

abgewinnen zu können. Mein Kollege<br />

Mi<strong>ch</strong>ael Groneberg hat diesbezügli<strong>ch</strong><br />

an der Universität Lausanne ein Projekt ins<br />

Leben gerufen, „Les maîtres de la caverne“<br />

(„Die Meister der Höhle“), das angeregt<br />

dur<strong>ch</strong> Platons Höhlenglei<strong>ch</strong>nis Studenten<br />

die Mögli<strong>ch</strong>keit bietet, aktuelle Gesells<strong>ch</strong>aftsthemen<br />

und philosophis<strong>ch</strong>e Fragestellungen<br />

mit künstleris<strong>ch</strong>en Mitteln vor<br />

einem breiten Publikum <strong>zum</strong> Ausdruck zu<br />

bringen. <strong>Philosophie</strong>professorin zu sein, hat<br />

für mi<strong>ch</strong> sehr viel mit der in Platons Höhlenglei<strong>ch</strong>nis<br />

präsentierten Notwendigkeit zu<br />

tun, das, worin man selbst Einsi<strong>ch</strong>t erlangt<br />

hat, mit anderen zu teilen.<br />

25


Wann ist <strong>Philosophie</strong><br />

eine Wissens<strong>ch</strong>aft?<br />

Von Prof. Dr. Claus Beisbart, Extraordinarius<br />

mit S<strong>ch</strong>werpunkt Wissens<strong>ch</strong>aftsphilosophie<br />

Universität Bern<br />

Um diese Frage zu beantworten, müssen<br />

wir zunä<strong>ch</strong>st klären, was Wissens<strong>ch</strong>aft ist.<br />

Diese Klärung ist selbst bereits eine philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Aufgabe, der si<strong>ch</strong> die Wissens<strong>ch</strong>aftsphilosophie<br />

widmet. Karl Popper<br />

beispielsweise <strong>ch</strong>arakterisiert die Erfahrungs-<br />

oder Naturwissens<strong>ch</strong>aften dur<strong>ch</strong><br />

die Falsifizierbarkeit. Damit ist einmal gemeint,<br />

dass wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Hypothesen<br />

und Theorien an der Erfahrung s<strong>ch</strong>eitern<br />

können. Sie müssen also dur<strong>ch</strong> Beoba<strong>ch</strong>tungen<br />

überprüft werden können. Zum anderen<br />

fordert Popper von Personen, die<br />

empiris<strong>ch</strong>e Wissens<strong>ch</strong>aft betreiben, dass<br />

sie kritis<strong>ch</strong> gegenüber ihren eigenen Auffassungen<br />

sind und ihre Hypothesen testen,<br />

<strong>zum</strong> Beispiel dur<strong>ch</strong> Experimente.<br />

Der kritis<strong>ch</strong>e Geist zei<strong>ch</strong>net nun si<strong>ch</strong>er<br />

au<strong>ch</strong> die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> aus.<br />

S<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter ist es dagegen um Poppers erstes<br />

Kriterium bestellt. Denn viele philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Theorien sind so abstrakt, dass sie<br />

kaum an der Erfahrung s<strong>ch</strong>eitern können.<br />

Die <strong>Philosophie</strong> ist also keine Erfahrungswissens<strong>ch</strong>aft<br />

und kann ni<strong>ch</strong>t wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong><br />

werden, indem sie die Methoden der<br />

empiris<strong>ch</strong>en Wissens<strong>ch</strong>aften verwendet.<br />

Historis<strong>ch</strong> betra<strong>ch</strong>tet hat die <strong>Philosophie</strong><br />

zwar früher Fragen zu beantworten versu<strong>ch</strong>t,<br />

die später wenigstens teilweise einer<br />

erfahrungswissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Untersu<strong>ch</strong>ung<br />

zugängli<strong>ch</strong> wurden – man denke<br />

etwa an die Frage, ob si<strong>ch</strong> der Raum ins<br />

Unendli<strong>ch</strong>e ausdehnt. Do<strong>ch</strong> die betroffenen<br />

Sa<strong>ch</strong>gebiete wurden dann au<strong>ch</strong> aus der<br />

<strong>Philosophie</strong> ausgelagert.<br />

Gegensätzli<strong>ch</strong>e Positionen<br />

Nun kennen wir aber neben den Naturwissens<strong>ch</strong>aften<br />

no<strong>ch</strong> andere Wissens<strong>ch</strong>aften,<br />

vor allem die Geistes- und Kulturwissens<strong>ch</strong>aften.<br />

Diese können ni<strong>ch</strong>t direkt an der<br />

Erfahrung s<strong>ch</strong>eitern, teilen aber mit den<br />

Naturwissens<strong>ch</strong>aften Kennzei<strong>ch</strong>en, die wir<br />

au<strong>ch</strong> von einer wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong><br />

verlangen können. Sinn dieser Kennzei<strong>ch</strong>en<br />

ist es, den Mens<strong>ch</strong>en in den Stand<br />

zu versetzen, bestimmte Fragen besser zu<br />

beantworten.<br />

Wissens<strong>ch</strong>aft betreiben heisst erstens, die<br />

Antworten auf bestimmte Fragen gut zu begründen.<br />

In den Naturwissens<strong>ch</strong>aften stützt<br />

man si<strong>ch</strong> dazu auf die Erfahrung, aber wo<br />

das ni<strong>ch</strong>t mehr mögli<strong>ch</strong> ist, bleiben andere<br />

Mögli<strong>ch</strong>keiten der Begründung. Die <strong>Philosophie</strong><br />

setzt auf das Gesprä<strong>ch</strong> und die geistige<br />

Auseinandersetzung mit einem Gegenüber.<br />

Dabei werden Argumente ausgetaus<strong>ch</strong>t, die<br />

für oder gegen eine Auffassung spre<strong>ch</strong>en.<br />

Auf diese Weise soll si<strong>ch</strong> die ri<strong>ch</strong>tige, die<br />

beste Antwort auf eine Frage herauskristallisieren<br />

und im Konsens akzeptiert werden.<br />

Dabei ist die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />

im poppers<strong>ch</strong>en Sinne kritis<strong>ch</strong>: Man su<strong>ch</strong>t<br />

besonders die Auseinandersetzung mit Positionen,<br />

die der eigenen entgegengesetzt<br />

sind. Denn gute Gründe für eine Auffassung<br />

sind nur so lange ents<strong>ch</strong>eidend, als sie ni<strong>ch</strong>t<br />

dur<strong>ch</strong> Gegengründe aufgewogen werden.<br />

Dadur<strong>ch</strong> haben si<strong>ch</strong> in der <strong>Philosophie</strong> so<br />

viele Positionen herausgebildet, die einander<br />

oft s<strong>ch</strong>roff gegenüberstehen wie der<br />

Empirismus und der Rationalismus oder der<br />

Realismus und der Idealismus.<br />

Zusammenhänge und Verknüpfungen<br />

Wissens<strong>ch</strong>aft betreiben heisst zweitens,<br />

ni<strong>ch</strong>t nur bestimmte Fragen isoliert zu beantworten,<br />

sondern grössere Zusammenhänge<br />

zu sehen und Verknüpfungen zu<br />

anderen Fragen herzustellen. Wie Kant betont,<br />

hat Wissens<strong>ch</strong>aft die Aufgabe, Einheit<br />

in der Erkenntnis zu s<strong>ch</strong>affen. Die Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

tut dies, indem sie Theorien entwickelt,<br />

die unser Wissen in systematis<strong>ch</strong>er<br />

Form zusammenfassen und uns besser ver-<br />

26


stehen lassen, was wir wissen. <strong>Philosophie</strong><br />

ist daher dann wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>, wenn sie<br />

zusammendenkt, was zusammengehört.<br />

So versu<strong>ch</strong>t Kant in seiner „Kritik der reinen<br />

Vernunft“, einen vollständigen Aufriss<br />

des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Erkenntnisvermögens<br />

zu geben. Ähnli<strong>ch</strong> formuliert der amerikanis<strong>ch</strong>e<br />

Philosoph John Rawls ni<strong>ch</strong>t nur eine<br />

Antwort auf die Frage na<strong>ch</strong> der gere<strong>ch</strong>ten<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft. Er legt vielmehr au<strong>ch</strong> systematis<strong>ch</strong><br />

dar, wie Gere<strong>ch</strong>tigkeit zur Stabilität<br />

einer Gesells<strong>ch</strong>aft beiträgt und wie si<strong>ch</strong> das<br />

Gute und das Gere<strong>ch</strong>te vereinbaren lassen.<br />

Daher darf si<strong>ch</strong> sein Hauptwerk zu Re<strong>ch</strong>t<br />

„Eine Theorie der Gere<strong>ch</strong>tigkeit“ nennen. In<br />

einer Zeit, in der si<strong>ch</strong> die anderen Wissens<strong>ch</strong>aften<br />

immer mehr spezialisieren, ist es<br />

notwendig, dass die <strong>Philosophie</strong> Erkenntnisse<br />

aus unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong>en zusammenführt<br />

und miteinander verknüpft.<br />

Forts<strong>ch</strong>ritt in der <strong>Philosophie</strong><br />

Kant fordert überdies, dass eine Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

ni<strong>ch</strong>t in blossem „Herumtappen“ gefangen<br />

bleibt, sondern Forts<strong>ch</strong>ritte ma<strong>ch</strong>t<br />

und Ergebnisse erzielt, die Gegenstand<br />

eines vernünftigen Konsens sind. Au<strong>ch</strong><br />

wenn die <strong>Philosophie</strong> die beiden bisher genannten<br />

Kriterien erfüllt und ihre Antworten<br />

auf philosophis<strong>ch</strong>e Fragen gut begründet<br />

und systematis<strong>ch</strong> verknüpft, mag einem<br />

bange bei diesem dritten Kriterium werden.<br />

Denn die gegenwärtige <strong>Philosophie</strong><br />

bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong> teilweise no<strong>ch</strong> mit denselben<br />

Fragen, die s<strong>ch</strong>on Platon umgetrieben<br />

haben, ohne dass si<strong>ch</strong> immer ein Konsens<br />

abzei<strong>ch</strong>net.<br />

Denno<strong>ch</strong> sind au<strong>ch</strong> in der <strong>Philosophie</strong> Forts<strong>ch</strong>ritte<br />

zu verzei<strong>ch</strong>nen. Es gibt begriffli<strong>ch</strong>e<br />

Differenzierungen, die alle berücksi<strong>ch</strong>tigen,<br />

Argumente, auf die man eingehen muss,<br />

und Ideen, hinter die niemand zurückfallen<br />

zu können glaubt. Daher führt die philosophis<strong>ch</strong>e<br />

Diskussion zu immer mehr<br />

Erkenntnisgewinn. Insgesamt können also<br />

gute Begründungen und systematis<strong>ch</strong>e<br />

Vernetzungen zu einem philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Forts<strong>ch</strong>ritt führen, der „wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>“ genannt<br />

werden kann.<br />

Janine Pulli<strong>ch</strong>, lic.phil., Doktorandin und<br />

Projektleiterin, Universität St. Gallen<br />

<strong>Philosophie</strong> als wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Disziplin<br />

steht nur selten im Zentrum des öffentli<strong>ch</strong>en<br />

Interesses. Im Gegensatz zu Ökonomen<br />

oder Ärzten werden Philosophen kaum als<br />

Fa<strong>ch</strong>experten zu Tagesaktualitäten befragt.<br />

Viellei<strong>ch</strong>t weil für die <strong>Philosophie</strong> die präzise<br />

Frage Vorrang vor der präzisen Antwort<br />

hat?<br />

Präzise philosophis<strong>ch</strong>e Fragen, wie sie die<br />

Wissens<strong>ch</strong>afts- oder Erkenntnistheorie aufwerfen,<br />

sollten jedo<strong>ch</strong> allen Bestrebungen<br />

der spezialisierten Wissens<strong>ch</strong>aften vorausgehen<br />

oder diese <strong>zum</strong>indest kritis<strong>ch</strong> begleiten.<br />

Mein Berufsalltag in Fors<strong>ch</strong>ung, Lehre<br />

und Beratung ist von der Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> Antworten<br />

geprägt. Dabei erlebe i<strong>ch</strong> Grenzen<br />

zwis<strong>ch</strong>en Praxis und Theorie, Phänomen<br />

und Methode oder Realität und Mögli<strong>ch</strong>keit<br />

als fliessend und spannungsrei<strong>ch</strong>.<br />

Praxis und Phänomen erfordern s<strong>ch</strong>nelle<br />

Reaktionen, gute Ents<strong>ch</strong>eidungen sowie<br />

präzise und langfristig gültige Antworten.<br />

Dabei bleibt oft ni<strong>ch</strong>t genug Zeit für präzise<br />

und wi<strong>ch</strong>tige Fragen. Theorie und Methode<br />

zeigen auf, dass gesi<strong>ch</strong>ertes Wissen ein<br />

fragiles Gut ist und wir für neue Interpretationsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

offen bleiben müssen.<br />

Wer nur na<strong>ch</strong> Antworten su<strong>ch</strong>t und aufhört<br />

zu fragen, kann ni<strong>ch</strong>t fors<strong>ch</strong>en, innovativ<br />

sein oder die unbestimmte Zukunft willkommen<br />

heissen. Zu philosophieren bedeutet<br />

für mi<strong>ch</strong>, Fragen und Unsi<strong>ch</strong>erheiten zuzulassen<br />

und na<strong>ch</strong> vorne zu s<strong>ch</strong>auen.<br />

27


Re<strong>ch</strong>tfertigung der <strong>Philosophie</strong><br />

„Wozu <strong>Philosophie</strong>?“ ist eine häufig gestellte<br />

Frage, der oftmals die s<strong>ch</strong>einbare Nutzlosigkeit<br />

der <strong>Philosophie</strong> zu Grunde liegt.<br />

Dabei wird der <strong>Philosophie</strong> meist glei<strong>ch</strong>zeitig<br />

unterstellt, dass sie weder eine Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

sei, no<strong>ch</strong> „wertvolle“ Ergebnisse<br />

hervorbringe. Letzteres wurde auf den vorherigen<br />

zwei Seiten bereits beleu<strong>ch</strong>tet.<br />

Au<strong>ch</strong> die Studierenden der <strong>Philosophie</strong><br />

sind si<strong>ch</strong> gewöhnt, gefragt zu werden, was<br />

man denn mit einem <strong>Philosophie</strong>studium<br />

anfangen kann. Hans-Mi<strong>ch</strong>ael Baumgartner<br />

führte hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> des <strong>Philosophie</strong>studiums<br />

Folgendes aus: „In der Perspektive<br />

der Gesells<strong>ch</strong>aft ist die Universität Ausbildungs-Dienstleistungsgrossbetrieb<br />

und<br />

Dur<strong>ch</strong>gangsinstitution für viele Studierende,<br />

die si<strong>ch</strong> die Grundlagen ihres Berufs<br />

dort aneignen und Qualifikationen für bestimmte,<br />

wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Kenntnisse voraussetzende<br />

Tätigkeiten im Rahmen der<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft erwerben. In diesem Zusammenhang<br />

wird öfters übersehen, dass der<br />

Bedarf der Gesells<strong>ch</strong>aft über eine blosse<br />

Ausbildung hinausrei<strong>ch</strong>t. Ihr Anspru<strong>ch</strong> geht<br />

ni<strong>ch</strong>t auf wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Erkenntnisse<br />

bloss reproduzierende Fa<strong>ch</strong>leute, sondern<br />

auf wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>ulte und<br />

zuglei<strong>ch</strong> der Urteilskraft fähige Mitglieder<br />

der Gesells<strong>ch</strong>aft. Es wird zure<strong>ch</strong>t erwartet,<br />

dass der wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> Ausgebildete in<br />

der Lage sei, das angeeignete Wissen in<br />

je konkreten Situtionen anzuwenden, also<br />

eine Kunst, die ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on im Lernen von<br />

Wissens<strong>ch</strong>aft mit angeeignet werden kann.<br />

(...) Im We<strong>ch</strong>selbezug von <strong>Philosophie</strong> und<br />

Wissens<strong>ch</strong>aft hat die Universität gerade<br />

dieser Mögli<strong>ch</strong>keit Raum gegeben, dass die<br />

Studierenden ni<strong>ch</strong>t nur lernen und wissen,<br />

sondern das Gewusste im Li<strong>ch</strong>te des als<br />

Idee entworfenen Ganzen des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />

Wissens und Lebens au<strong>ch</strong> beurteilen.<br />

Die <strong>Philosophie</strong> als Fa<strong>ch</strong> bietet die Chance,<br />

re<strong>ch</strong>tzeitig die Unters<strong>ch</strong>eidung von Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

und Leben, von Praxis und Theorie<br />

einzuüben und zu begreifen.“ (69) Mehr zu<br />

den Berufsbildern der Philosophinnen und<br />

Philosophen findet man auf Seite 32.<br />

Des Öfteren wird der <strong>Philosophie</strong> jedo<strong>ch</strong><br />

au<strong>ch</strong> aus lauter Unkenntnis ein Misstrauen<br />

gegenüber ihrer Nützli<strong>ch</strong>keit entgegengebra<strong>ch</strong>t.<br />

Diese Unkenntnis ist jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

zu verwe<strong>ch</strong>seln mit einem Desinteresse<br />

der Welt und dem Denkapparat gegenüber:<br />

„Was das reine Denken soll, hat no<strong>ch</strong> niemand<br />

verstanden, der es ni<strong>ch</strong>t selbst versu<strong>ch</strong>te.“<br />

(70)<br />

Wer si<strong>ch</strong> mit der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong><br />

auseinandersetzt, bemerkt s<strong>ch</strong>nell,<br />

dass sie – s<strong>ch</strong>einbar in einer Legitimitätskrise<br />

steckend – entweder ihre Untersu<strong>ch</strong>ungsgegenstände,<br />

ihre Methoden oder<br />

aber den Zweck des <strong>Philosophie</strong>rens an<br />

28


si<strong>ch</strong> in Frage gestellt hat. Entspre<strong>ch</strong>end hält<br />

Rüdiger Bubner fest: „Die <strong>Philosophie</strong>ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

liefert ni<strong>ch</strong>t nur Beispiele einer permanenten<br />

Legitimitätskrise, sondern belehrt<br />

au<strong>ch</strong> darüber, dass im Falle der <strong>Philosophie</strong><br />

mindestens die Legitimitätskrise ni<strong>ch</strong>t fatal<br />

ausgeht.“ (71)<br />

Wird der <strong>Philosophie</strong> eine Sinnlosigkeit unterstellt,<br />

weil si<strong>ch</strong> diese im ewigen Widerstreit<br />

zwis<strong>ch</strong>en den PhilosophInnen stets<br />

um dieselben Fragen dreht, muss dabei vorausgesetzt<br />

werden, dass si<strong>ch</strong> der Streit in<br />

alle Ewigkeit fortsetzt und dass es in Bezug<br />

auf das Thema des Streits keine Erkenntnis<br />

geben kann. Beides s<strong>ch</strong>eint zweifelhaft,<br />

woraus aber umgekehrt ni<strong>ch</strong>t unbedingt ges<strong>ch</strong>lossen<br />

werden kann, dass <strong>Philosophie</strong><br />

sinnvoll ist. (72)<br />

Mö<strong>ch</strong>te man die Sinnhaftigkeit der <strong>Philosophie</strong><br />

aufzeigen, so eignet si<strong>ch</strong> die Form des<br />

philosophis<strong>ch</strong>en Denkens als sol<strong>ch</strong>e am<br />

Besten. In den Worten von Joseph Pieper<br />

ausgedrückt: „Im <strong>Philosophie</strong>ren geht es<br />

ni<strong>ch</strong>t allein darum, Fähigkeiten zu betätigen<br />

und Kräfte anzuspannen. Der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />

Geist sieht si<strong>ch</strong> vielmehr dazu aufgefordert,<br />

seine äussere Seinsmögli<strong>ch</strong>keit zu realisieren;<br />

ni<strong>ch</strong>t allein zu tun, was er kann, sondern<br />

zu werden, was er ist: Empfängli<strong>ch</strong>keit<br />

für das Totum der Welt.“ (73) Anders ausgedrückt<br />

bedeutet dies, dass der Mens<strong>ch</strong>, um<br />

si<strong>ch</strong> selbst und die Welt kennen zu können,<br />

ein Werkzeug benötigt, wel<strong>ch</strong>es die <strong>Philosophie</strong><br />

für ihn sein kann.<br />

Die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> bietet<br />

dem Mens<strong>ch</strong>en jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t nur eine ausgereifte<br />

Herangehensweise für die Erkenntnis<br />

der Welt und seiner selbst, sondern<br />

bietet ebenfalls in der Beantwortung von<br />

Fa<strong>ch</strong>fragen differenzierte Perspektiven an.<br />

Ob si<strong>ch</strong> dies auf die Einwanderungsdebatte,<br />

ethis<strong>ch</strong>e Fragen oder auf persönli<strong>ch</strong>e<br />

Fragen – wie beispielsweise, was Liebe ist<br />

– bezieht: Zu fast jedem Thema gibt es einen,<br />

teilweise Jahrhunderte langen Diskurs<br />

und vers<strong>ch</strong>iedene Antworten, die den eigenen<br />

Gedankengang in eine neue Ri<strong>ch</strong>tung<br />

lenken und ein Weiterkommen ermögli<strong>ch</strong>en<br />

können.<br />

Tobias Zür<strong>ch</strong>er, Dr. iur., lic. phil.,<br />

<strong>Philosophie</strong>lehrer am Gymnasium und<br />

an der FMS Thun Seefeld<br />

Bis i<strong>ch</strong> gemerkt habe, dass <strong>Philosophie</strong> das<br />

beste Fa<strong>ch</strong> ist von allen, habe i<strong>ch</strong> einige<br />

Umwege gema<strong>ch</strong>t. Es sind die allgemeinen<br />

Fragen, die mi<strong>ch</strong> interessieren: Etwa „Was<br />

ist Wissens<strong>ch</strong>aft?“ zur Physik oder „Was ist<br />

gere<strong>ch</strong>t?“ <strong>zum</strong> Re<strong>ch</strong>t. Beim <strong>Philosophie</strong>ren<br />

mit jungen Erwa<strong>ch</strong>senen an der Mittels<strong>ch</strong>ule<br />

profitiere i<strong>ch</strong> davon, wenn wir über<br />

diese Dinge na<strong>ch</strong>denken. Die Fragen sind<br />

immer breit und direkt, oder man könnte sagen<br />

„gross“, und es ist meine Aufgabe, diese<br />

in bearbeitbare Stücke aufzuteilen. Den<br />

S<strong>ch</strong>ülerInnen fällt es lei<strong>ch</strong>t zu hinterfragen<br />

– am Anfang <strong>zum</strong>indest –, man<strong>ch</strong>mal mit<br />

dem Ergebnis, dass umgeda<strong>ch</strong>t wird, aber<br />

no<strong>ch</strong> wi<strong>ch</strong>tiger, damit eine Überzeugung<br />

überda<strong>ch</strong>t und viellei<strong>ch</strong>t gere<strong>ch</strong>tfertigt wird.<br />

<strong>Philosophie</strong>ren bedeutet für mi<strong>ch</strong>, auf einer<br />

Begründung zu beharren. Es beginnt damit,<br />

ernst Gemeintes ernst zu nehmen und jemanden<br />

dadur<strong>ch</strong> zu respektieren, dass i<strong>ch</strong><br />

kritisiere. Als Lehrer muss i<strong>ch</strong> A<strong>ch</strong>t geben,<br />

selber genug kritisiert zu werden. I<strong>ch</strong> darf<br />

ni<strong>ch</strong>t zur Autorität werden; ni<strong>ch</strong>ts soll dem<br />

Selberdenken in die Quere kommen. Allerdings<br />

lassen si<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>üler ohnehin kaum mit<br />

Dogmen einer philosophis<strong>ch</strong>en „Szene“ abspeisen.<br />

<strong>Philosophie</strong> geht nahe: Kaum jemand<br />

prahlt damit, ni<strong>ch</strong>t gut in <strong>Philosophie</strong><br />

zu sein. Andererseits: Wer einmal mit <strong>Philosophie</strong>ren<br />

begonnen hat, wird ni<strong>ch</strong>t mehr<br />

aufhören und die neue Verunsi<strong>ch</strong>erung viellei<strong>ch</strong>t<br />

gar als Glück empfinden.<br />

29


Die Rolle der <strong>Philosophie</strong><br />

in der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

Viele Mens<strong>ch</strong>en – und zwar ni<strong>ch</strong>t nur professionelle<br />

Philosophinnen und Philosophen –<br />

gehen davon aus, dass eine Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

gar ni<strong>ch</strong>t erst eine Form als „Gesells<strong>ch</strong>aft“<br />

finden könne ohne <strong>Philosophie</strong>. Do<strong>ch</strong> hängt<br />

der <strong>Philosophie</strong> der Ruf an, dass sie keinen<br />

Erkenntnisgewinn bringt und si<strong>ch</strong> stets no<strong>ch</strong><br />

mit denselben ungelösten Fragen befasst,<br />

wie vor über zweitausend Jahren.<br />

Die „grossen“ Philosophen liessen si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong><br />

stets von den Antworten und Fragen<br />

ihrer Vorgänger inspirieren und stifteten<br />

dur<strong>ch</strong> die eigene Originalität selbst ein<br />

neues Verhältnis zur Welt: „Eine begriffli<strong>ch</strong>e<br />

und argumentative, folgli<strong>ch</strong> zur allgemeinen<br />

Gültigkeit fähige Beziehung des Mens<strong>ch</strong>en<br />

zur Natur, zur Gesells<strong>ch</strong>aft und zu si<strong>ch</strong><br />

selbst.“ (74)<br />

Ottfried Höffe bes<strong>ch</strong>reibt den Prozess des<br />

Einflusses der <strong>Philosophie</strong> folgendermassen:<br />

„Zu Beginn provokativ neu, wird das<br />

neugestiftete Verhältnis na<strong>ch</strong> und na<strong>ch</strong> vertraut:<br />

die Ablösung mythis<strong>ch</strong>er Weltbewältigung<br />

dur<strong>ch</strong> eine Haltung der Aufklärung;<br />

der Gedanke einer allen Mens<strong>ch</strong>en gemeinsamen<br />

Vernunft; das Verständnis der Natur<br />

ni<strong>ch</strong>t als einer geheimnisvollen Ma<strong>ch</strong>t, sondern<br />

als Inbegriff zu erfors<strong>ch</strong>ender Gesetze<br />

und Prinzipien. Au<strong>ch</strong> die Grundsätze eines<br />

moralis<strong>ch</strong> guten Lebens und die eines gere<strong>ch</strong>ten<br />

Gemeinwesens sowie die Theorie<br />

des Völkerre<strong>ch</strong>ts und der Gedanke der<br />

Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te gehen auf Philosophen<br />

zurück. Bei all diesen Aufgaben erweist si<strong>ch</strong><br />

der Philosoph als Anwalt einer allgemeinen<br />

Mens<strong>ch</strong>envernunft, „worin ein jeder seine<br />

Stimme hat“ (Kant).“ (75)<br />

Eines der wi<strong>ch</strong>tigsten Merkmale der <strong>Philosophie</strong><br />

ist ihre Allgemeingültigkeit. Sobald<br />

die Beantwortung bspw. moralis<strong>ch</strong>er Fragen<br />

mit erklärbaren Begriffen und na<strong>ch</strong>vollziehbaren<br />

Argumenten vonstatten geht,<br />

reiht si<strong>ch</strong> diese in den universalen philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Diskurs ein. So handelt es si<strong>ch</strong> bei<br />

vielen philosophis<strong>ch</strong>en Fragen um Themen,<br />

die religions- und staatsübergreifend sind,<br />

da sie si<strong>ch</strong> auf „Allgemeinmens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es“<br />

ri<strong>ch</strong>ten, was zu einem globalen Erbe an<br />

Erkenntnis geführt hat. In den Worten von<br />

Höffe ausgedrückt: „Besonders rei<strong>ch</strong> ist das<br />

gemeinsame Erbe im Berei<strong>ch</strong> von Re<strong>ch</strong>t und<br />

Gere<strong>ch</strong>tigkeit: Der Grundgedanke von Unparteili<strong>ch</strong>keit<br />

namentli<strong>ch</strong> der Ri<strong>ch</strong>ters<strong>ch</strong>aft,<br />

Prinzipien der Verfahrensgere<strong>ch</strong>tigkeit,<br />

der strafre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>utz der elementaren<br />

Re<strong>ch</strong>tsgüter Leib und Leben, Eigentum und<br />

guter Name und die Uns<strong>ch</strong>uldsvermutung<br />

bei Strafverfahren finden si<strong>ch</strong> in so gut wie<br />

allen Kulturen aller Epo<strong>ch</strong>en. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

beruft si<strong>ch</strong> die Re<strong>ch</strong>tsphilosophie weder bei<br />

den normativen Grundsätzen no<strong>ch</strong> bei den<br />

empiris<strong>ch</strong>en Umständen auf europäis<strong>ch</strong>amerikanis<strong>ch</strong>e<br />

Besonderheiten und kann<br />

nur deshalb andere Kulturen, obwohl diese<br />

ein Re<strong>ch</strong>t auf Differenz haben, auf Gemeinsamkeiten<br />

verpfli<strong>ch</strong>ten. In bewusster<br />

Bes<strong>ch</strong>eidenheit entwickelt sie keine ausbu<strong>ch</strong>stabierte<br />

Re<strong>ch</strong>tsordnung, sondern nur<br />

formale Prinzipien, die zwar ohne Alternativen<br />

gültig sind, si<strong>ch</strong> bei der konkreten Ausgestaltung<br />

aber für Erfahrung, Klugheit und<br />

besondere Traditionen offenhalten.“ (76)<br />

Darüber hinaus sind ebenso Fragen einer<br />

zukünftigen, gere<strong>ch</strong>ten Weltordnung Themen<br />

der <strong>Philosophie</strong>.<br />

30


Die <strong>Philosophie</strong> nimmt jedo<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> eine andere<br />

Rolle in der Gesells<strong>ch</strong>aft ein. Die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Welt wird dur<strong>ch</strong> zunehmende<br />

Spezialisierung in Fa<strong>ch</strong>wissens<strong>ch</strong>aften zunehmend<br />

„zersplittert“ und ein fä<strong>ch</strong>erübergreifender<br />

Austaus<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>wert.<br />

Ni<strong>ch</strong>t zuletzt, weil sie selbst die älteste<br />

Geisteswissens<strong>ch</strong>aft und Naturwissens<strong>ch</strong>aft<br />

ist, hat die <strong>Philosophie</strong> die Aufgabe,<br />

gemeinsame Kriterien und Strukturen<br />

der Fa<strong>ch</strong>wissens<strong>ch</strong>aften herauszuarbeiten<br />

sowie den Sinn der Entwicklung oder teilweise<br />

au<strong>ch</strong> deren ethis<strong>ch</strong>e Probleme aufzuzeigen.<br />

Die <strong>Philosophie</strong> erlei<strong>ch</strong>tert dadur<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t nur den Wissens<strong>ch</strong>aften, eine neue Integrität<br />

oder Identität zu erkennen, sondern<br />

hilft au<strong>ch</strong> dabei, das Erbe der Mens<strong>ch</strong>heit<br />

zu vergegenwärtigen. (77)<br />

Höffe weist aber au<strong>ch</strong> auf Folgendes hin:<br />

„Über all diesen Dienst-Leistungen darf die<br />

<strong>Philosophie</strong> aber ihre ‚weltbürgerli<strong>ch</strong>e Bedeutung‘<br />

(Kant) ni<strong>ch</strong>t vergessen, die Auseinandersetzung<br />

mit den Grundfragen der<br />

Mens<strong>ch</strong>heit: Was kann man wissen; was<br />

soll man tun; was darf man hoffen? Ohne<br />

mit ewig gültigen Antworten zu re<strong>ch</strong>nen,<br />

su<strong>ch</strong>t die <strong>Philosophie</strong> derartige Fragen zu<br />

klären und Antworten zu geben, auf dass<br />

das mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Wissen zu einer gewissen<br />

Vollendung gelange. Denn ni<strong>ch</strong>t nur im<br />

Künstler, Naturfors<strong>ch</strong>er, Staatsmann oder<br />

Wohltäter errei<strong>ch</strong>t das Mens<strong>ch</strong>sein eine<br />

Hö<strong>ch</strong>stform, sondern au<strong>ch</strong> in jener Su<strong>ch</strong>e<br />

na<strong>ch</strong> einem uneinges<strong>ch</strong>ränkten Wissen,<br />

das begriffli<strong>ch</strong>-argumentative Klarheit mit<br />

methodis<strong>ch</strong>er Strenge verbinde. Und diese<br />

Su<strong>ch</strong>e heisst seit den Grie<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong>.“<br />

(78)<br />

Anhand aller Kommentare in der re<strong>ch</strong>ten<br />

Spalte des Themendossiers erfuhr man<br />

ebenfalls, dass die <strong>Philosophie</strong> in jegli<strong>ch</strong>en<br />

Situationen des Berufsalltags eine<br />

Rolle spielt und als wertvoller Zugang<br />

oder Beistand zur Komplexität des Lebens<br />

empfunden wird.<br />

Prof. Dr. Viktor Hobi<br />

emeritierter Professor für klinis<strong>ch</strong>e Psy<strong>ch</strong>ologie<br />

Universität Basel<br />

Seit i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> auf universitärer Ebene mit<br />

Psy<strong>ch</strong>ologie, Klinis<strong>ch</strong>er Psy<strong>ch</strong>ologie, Psy<strong>ch</strong>opharmakologie,<br />

Psy<strong>ch</strong>opathologie, Psy<strong>ch</strong>otherapie<br />

und Psy<strong>ch</strong>ophysiologie zu befassen<br />

habe bzw. hatte, ist die <strong>Philosophie</strong><br />

für mi<strong>ch</strong> jenes Wissens<strong>ch</strong>aftsgebiet geblieben,<br />

von dem Thomas von Aquin irgendwo<br />

in seinem grossen Werk festhält, dass<br />

sie, die <strong>Philosophie</strong>, die „scientia omnium<br />

rerum“ sei. Damit wird ganz klar, dass die<br />

<strong>Philosophie</strong> glei<strong>ch</strong>sam eine übergeordnete<br />

Wissens<strong>ch</strong>aft ist und somit keine Einzelwissens<strong>ch</strong>aft.<br />

Soweit i<strong>ch</strong> die derzeitige Situation überblicke,<br />

ist die sehr erfreuli<strong>ch</strong>e und positive<br />

Tendenz gemeinsamer, kollegialer Diskussion<br />

zwis<strong>ch</strong>en <strong>Philosophie</strong> und naturwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er<br />

und experimenteller Disziplin im<br />

Wa<strong>ch</strong>sen. Au<strong>ch</strong> dies soll ein Hinweis darauf<br />

sein, dass die <strong>Philosophie</strong> als Königsdisziplin<br />

der wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong>e<br />

gegenwärtig und zukünftig in ihrer Bedeutung<br />

voll <strong>zum</strong> Tragen kommen möge.<br />

I<strong>ch</strong> freue mi<strong>ch</strong>, wenn i<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> zukünftig lesen<br />

darf: „Das Kluge ist das Mass des Guten;<br />

das Mass der Klugheit aber ist ni<strong>ch</strong>t<br />

wiederum etwas innerhalb des Subjektes,<br />

au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t unmittelbar Gott im Gewissen,<br />

sondern das Seinswirkli<strong>ch</strong>e. Was gut ist,<br />

das bestimmt die Klugheit; was aber klug<br />

ist, das bestimmt die Sa<strong>ch</strong>e selbst“. (Josef<br />

Pieper: Die Wirkli<strong>ch</strong>keit und das Gute. Kösel-Verlag,<br />

Mün<strong>ch</strong>en 1949).<br />

31


Philosophinnen und Philosophen<br />

in der Arbeitswelt<br />

Philosophinnen und Philosophen erwerben<br />

während ihres Studiums, neben inhaltli<strong>ch</strong>en<br />

Kenntnissen, u.a. folgende Qualitäten:<br />

• Analyse von Texten, Theoriegebäuden,<br />

Strukturen und Ideen<br />

• kritis<strong>ch</strong>e Auseinandersetzung mit Ideen<br />

• folgeri<strong>ch</strong>tige, logis<strong>ch</strong>e Argumentation<br />

• Aufzeigen von Begründungen, Zusammenhängen,<br />

Widersprü<strong>ch</strong>en und übersehenen<br />

Details<br />

• Hervorbringen von konstruktiven und<br />

gut begründeten Vors<strong>ch</strong>lägen<br />

• Offenheit gegenüber ungelösten Fragen<br />

• Vers<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong>ung komplexer Gedanken<br />

in eine verständli<strong>ch</strong>e Form<br />

Die dur<strong>ch</strong> das Studium entstandene Einübung<br />

und Erarbeitung der aufgeführten<br />

Fähigkeiten ermögli<strong>ch</strong>t den Studierenden,<br />

diese in anderen (ni<strong>ch</strong>t philosophis<strong>ch</strong>en)<br />

Themengebieten anzuwenden.<br />

Die Berufe der über 28‘000 Personen, wel<strong>ch</strong>e<br />

zwis<strong>ch</strong>en 1980 und 2011 in der S<strong>ch</strong>weiz<br />

<strong>Philosophie</strong> studiert haben, sind äusserst<br />

vielfältig. Ni<strong>ch</strong>t nur Berufsbran<strong>ch</strong>en, deren<br />

Arbeit si<strong>ch</strong> mit Texten oder Kommunikation<br />

befasst (Journalismus, Verlagswesen,<br />

Kommunikation oder Bibliotheken), kommen<br />

für Philosophen in Frage. Au<strong>ch</strong> in den<br />

Berei<strong>ch</strong>en Kultur, NGOs, öffentli<strong>ch</strong>e Verwaltung<br />

oder bei Stiftungen finden Philo-<br />

sophinnen und Philosophen Anwendungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

ihrer Fähigkeiten.<br />

Dazu kommt, dass die ausgeprägte Spra<strong>ch</strong>und<br />

Argumentationskompetenz ebenso als<br />

wi<strong>ch</strong>tige Fähigkeit für VerkäuferInnen oder<br />

BeraterInnen gilt. So werden in Grossbritannien<br />

beispielsweise häufig PhilosophInnen<br />

als AnalystInnen von Banken rekrutiert.<br />

Neben all diesen fa<strong>ch</strong>fremden Tätigkeiten<br />

bieten die Universitäten und Gymnasien<br />

weitere Mögli<strong>ch</strong>keiten, die inhaltli<strong>ch</strong>en<br />

Kenntnisse anzuwenden, ob als Fors<strong>ch</strong>erIn,<br />

DozentIn oder als Lehrperson. Ebenfalls<br />

gibt es au<strong>ch</strong> viele Verbände, die si<strong>ch</strong><br />

auf gewisse philosophieverwandte Themen<br />

spezialisiert haben und auf inhaltli<strong>ch</strong> ausgebildetes<br />

Personal angewiesen sind. So stellen<br />

au<strong>ch</strong> die Ethikkommissionen eine Berufsmögli<strong>ch</strong>keit<br />

für <strong>Philosophie</strong>studierende<br />

dar. Ni<strong>ch</strong>t zuletzt gibt es in der S<strong>ch</strong>weiz au<strong>ch</strong><br />

einige Philosophinnen und Philosophen, die<br />

si<strong>ch</strong> selbstständig gema<strong>ch</strong>t haben und z.B.<br />

philosophis<strong>ch</strong>e Beratungen oder Ähnli<strong>ch</strong>es<br />

anbieten.<br />

Grundsätzli<strong>ch</strong> ist es aber allen <strong>Philosophie</strong>studierenden<br />

ebenso ans Herz gelegt, dass<br />

si<strong>ch</strong> diese – wie beispielsweise Mike Müllers<br />

Faszination für das Theater (ein früherer<br />

<strong>Philosophie</strong>student, bekannt aus Giacobbo/<br />

Müller) – s<strong>ch</strong>on während des Studiums in<br />

einem anderen Berei<strong>ch</strong> engagieren, um den<br />

Berufseinstieg zu erlei<strong>ch</strong>tern.<br />

Trotz den relativ rar gesäten „philosophis<strong>ch</strong>en<br />

Berufen“ verliert das Studium aber<br />

ni<strong>ch</strong>t an Attraktivität und Nützli<strong>ch</strong>keit. Ein<br />

<strong>Philosophie</strong>studium wird oft au<strong>ch</strong> als Denks<strong>ch</strong>ule<br />

erlebt, die für das Leben als sol<strong>ch</strong>es<br />

als äusserst wertvoll empfunden wird. Ob es<br />

si<strong>ch</strong> hierbei um eine inhaltli<strong>ch</strong>e, historis<strong>ch</strong>e<br />

Übersi<strong>ch</strong>t über die gedankli<strong>ch</strong>e Entwicklung<br />

der Mens<strong>ch</strong>heit dreht oder um die Fähigkeit<br />

handelt, klarer zu denken, zu spre<strong>ch</strong>en und<br />

zu s<strong>ch</strong>reiben: Kaum jemand würde das eigene<br />

<strong>Philosophie</strong>studium als gänzli<strong>ch</strong> nutzlos<br />

bes<strong>ch</strong>reiben.<br />

32


Glossar<br />

• Affirmativ<br />

Die Affirmation (lateinis<strong>ch</strong> affirmatiō für „Versi<strong>ch</strong>erung,<br />

Beteuerung“) ist eine wertende Eigens<strong>ch</strong>aft<br />

für prozedurale, kognitive oder logis<strong>ch</strong>e Entitäten,<br />

die mit „Bejahung“, „Zustimmung“ oder „Zuordnung“<br />

bes<strong>ch</strong>rieben werden kann.<br />

• Falsifizierbarkeit<br />

Falsifikation, au<strong>ch</strong> Falsifizierung (von lat. falsificare<br />

„als fals<strong>ch</strong> erkennen“) oder Widerlegung, ist der<br />

Na<strong>ch</strong>weis der Ungültigkeit einer Aussage, Methode,<br />

These, Hypothese oder Theorie. Aussagen oder<br />

experimentelle Ergebnisse, die Ungültigkeit na<strong>ch</strong>weisen<br />

können, heißen „Falsifikatoren“.<br />

• Hypothese<br />

Eine Hypothese (altgrie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong> ὑπόθεσις, hypóthesis<br />

= ‚Unterstellung‘, ‚Voraussetzung‘, ‚Grundlage‘)<br />

ist eine Aussage, deren Gültigkeit man für mögli<strong>ch</strong><br />

hält, die aber ni<strong>ch</strong>t bewiesen oder verifiziert ist. Für<br />

Hypothesen ist es übli<strong>ch</strong>, dass die Bedingungen angegeben<br />

werden, unter denen sie gültig sein sollen.<br />

• konvergieren<br />

Konvergenz (abgeleitet von lat. convergere = si<strong>ch</strong><br />

einander zuwenden) bedeutet die Annäherung vers<strong>ch</strong>iedener<br />

Methoden und Theoriensysteme an ein<br />

si<strong>ch</strong> als tragfähig zu erweisendes Ziel. Konvergenz<br />

bes<strong>ch</strong>reibt somit die Voraussetzung und Garantie<br />

dafür, dass naturwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Erkenntnis<br />

objektive Gültigkeit zukommt.<br />

• Normativ<br />

Philosophis<strong>ch</strong>e Normativität gibt an, wie etwas<br />

sein sollte. „Normativ“ ist in der <strong>Philosophie</strong> in der<br />

Regel dem Attribut „deskriptiv“ (bes<strong>ch</strong>reibend) als<br />

Bes<strong>ch</strong>reibung für Theorien und Begriffe entgegengesetzt.<br />

Deskriptive Aussagen sind Sätze über die<br />

Realität und können überprüft und gegebenenfalls<br />

au<strong>ch</strong> widerlegt werden (Falsifikation). Normative<br />

Sätze geben vor, wie etwas sein soll, also wie etwas<br />

zu bewerten ist. Erst im 18. Jahrhundert wies David<br />

Hume darauf hin, dass es diesen logis<strong>ch</strong>en Unters<strong>ch</strong>ied<br />

zwis<strong>ch</strong>en wertenden und bes<strong>ch</strong>reibenden<br />

Sätzen gibt und argumentierte dafür, dass wir<br />

ni<strong>ch</strong>t von deskriptiven Sätzen auf normative Sätze<br />

s<strong>ch</strong>liessen können (Humes Gesetz). Vers<strong>ch</strong>iedene<br />

philosophis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ulen bes<strong>ch</strong>äftigen si<strong>ch</strong> mit der<br />

Frage na<strong>ch</strong> der Rationalität und objektiven Begründbarkeit<br />

normativer Sätze. Während Ansätze<br />

wie die von Platon, Aristoteles über Kant bis Habermas<br />

von dieser Mögli<strong>ch</strong>keit ausgehen, bestreiten<br />

dies neben anderen die empiris<strong>ch</strong>-analytis<strong>ch</strong> arbeitenden<br />

S<strong>ch</strong>ulen (z. B. logis<strong>ch</strong>er Empirismus).<br />

• <strong>Philosophie</strong><br />

Alles kann dem Philosophen <strong>zum</strong> Gegenstand des<br />

<strong>Philosophie</strong>rens werden. <strong>Philosophie</strong>ren heisst,<br />

si<strong>ch</strong> argumentativ und im Dialog über theoretis<strong>ch</strong>e<br />

Mögli<strong>ch</strong>keiten zu verständigen.<br />

• Synthetis<strong>ch</strong>es a priori<br />

Der Ausdruck „synthetis<strong>ch</strong>es Urteil a priori“ entstammt<br />

der <strong>Philosophie</strong> Immanuel Kants. Kant<br />

bezei<strong>ch</strong>net damit Urteile, die ni<strong>ch</strong>t auf der Basis<br />

von Erfahrung gefällt werden, also a priori sind, und<br />

deren Wahrheit ni<strong>ch</strong>t auf der Zerlegung von Begriffen<br />

beruht, weswegen die Urteile ni<strong>ch</strong>t analytis<strong>ch</strong><br />

sind. Reine synthetis<strong>ch</strong>e Urteile a priori sind na<strong>ch</strong><br />

Kant das Ziel einer wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Metaphysik.<br />

Insofern diese Metaphysik au<strong>ch</strong> die Strukturen der<br />

Alltagserkenntnis bes<strong>ch</strong>reibt, enthält diese ebenfalls<br />

synthetis<strong>ch</strong>e Urteile a priori. Die Frage, wie<br />

wir zu sol<strong>ch</strong>en Urteilen kommen und unter wel<strong>ch</strong>en<br />

Bedingungen sie wahr sind, nimmt einen zentralen<br />

Platz in Kants Erkenntnistheorie ein. Urteile a priori<br />

erkennt man a) an ihrer Notwendigkeit: Sie können<br />

ni<strong>ch</strong>t fals<strong>ch</strong> sein, ihre Negation enthält einen<br />

logis<strong>ch</strong>en oder realen Widerspru<strong>ch</strong>. Und b) an der<br />

strengen Allgemeinheit: Sie gelten ohne Ausnahme<br />

und unter allen Umständen.<br />

Mehr zu der Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en synthetis<strong>ch</strong>en<br />

und analytis<strong>ch</strong>en Urteilen findet man auf<br />

Seite 12 des Themendossiers.<br />

Quellen: Gesamtes Glossar siehe (79).<br />

33


Quellen<br />

(1) Peter Kunzmann, Franz-Peter Burkard, Franz Wiedmann,<br />

„DTV-Atlas zur <strong>Philosophie</strong>“, dtv, Mün<strong>ch</strong>en 1994, S.11<br />

(2) Diether Krywalski, „Wege zur <strong>Philosophie</strong>“, Ehrenwirth Verlag,<br />

Mün<strong>ch</strong>en 1996, S. 11<br />

(3) Karl Jaspers, „Was ist <strong>Philosophie</strong>?“, Piper Verlag, Mün<strong>ch</strong>en<br />

1976, S. 31<br />

(4) Karl Popper, „Alle Mens<strong>ch</strong>en sind Philosophen“, Piper Verlag,<br />

Mün<strong>ch</strong>en 2002, S. 11<br />

(5) Thomas Nagel, „Was bedeutet das alles?“, Reclam Verlag,<br />

Stuttgart 1987, S. 6<br />

(6) Nigel Warburton, „Was können wir wissen, was dürfen wir<br />

tun?“, Rowohlt Tas<strong>ch</strong>enbu<strong>ch</strong> Verlag, Reinbek bei Hamburg<br />

1998, S. 10<br />

(7) Nigel Warburton, „Was können wir wissen, was dürfen wir<br />

tun?“, Rowohlt Tas<strong>ch</strong>enbu<strong>ch</strong> Verlag, Reinbek bei Hamburg<br />

1998, S. 9<br />

(8) Thomas Nagel, „Was bedeutet das alles?“, Reclam Verlag,<br />

Stuttgart 1987, S. 7<br />

(9) Wolfgang Detel, „Grundkurs <strong>Philosophie</strong> – Band 1, Logik“,<br />

Reclam Verlag, Stuttgart 2007, S. 10<br />

(10) ebenda S. 10<br />

(11) ebenda S. 8<br />

(12) Bertrand Russell, „Der Wert der <strong>Philosophie</strong>“, in: „Was ist<br />

<strong>Philosophie</strong>?“, Kurt Salamun (Hrsg.), UTB, Tübingen 2009,<br />

S. 264<br />

(13) Nigel Warburton, „Was können wir wissen, was dürfen wir<br />

tun?“, Rowohlt Tas<strong>ch</strong>enbu<strong>ch</strong> Verlag, Reinbek bei Hamburg<br />

1998, S. 13<br />

(14) ebenda<br />

(15) ebenda S. 11<br />

(16) Robert Spaemann, „Der Streit der Philosophen“, in: „Wozu<br />

<strong>Philosophie</strong>?“, Herman Lübbe (Hrsg.), de Gruyter Studienbu<strong>ch</strong>,<br />

Berlin 1978, S. 92<br />

(17) Wolfgang Detel, „Grundkurs <strong>Philosophie</strong> – Band 1, Logik“,<br />

Reclam Verlag, Stuttgart 2007, S. 11<br />

(18) ebenda S. 61<br />

(19) ebenda S. 65<br />

(20) Wolfgang Detel, „Grundkurs <strong>Philosophie</strong> – Band 2, Metaphysik<br />

und Naturphilosophie“, Reclam Verlag, Stuttgart 2007,<br />

S. 12<br />

(21) ebenda<br />

(22) ebenda S. 60<br />

(23) Wolfgang Detel, „Grundkurs <strong>Philosophie</strong> – Band 3, <strong>Philosophie</strong><br />

des Geistes und der Spra<strong>ch</strong>e“, Reclam Verlag, Stuttgart<br />

2007, S. 12<br />

(24) ebenda S. 17<br />

(25) ebenda S. 83<br />

(26) Wolfgang Detel, „Grundkurs <strong>Philosophie</strong> – Band 5, <strong>Philosophie</strong><br />

des Sozialen“, Reclam Verlag, Stuttgart 2007, S. 15<br />

(27) Vgl. ebenda S. 20<br />

(28) ebenda S. 26<br />

(29) ebenda S. 27<br />

(30) ebenda S. 29<br />

(31) Annemarie Pieper, „Einführung in die Ethik“, UTB, Tübingen<br />

2007, S.12<br />

(32) ebenda<br />

(33) ebenda S. 15<br />

(34) Karl-Ludwig Kunz, Martino Mona, „Re<strong>ch</strong>tsphilosophie,<br />

Re<strong>ch</strong>tstheorie, Re<strong>ch</strong>tssoziologie, UTB, Tübingen 2006, S. 35<br />

(35) ebenda S. 36<br />

(36) Vgl. ebenda<br />

(37) Vgl. ebenda S. 143 und in Zusammenhang mit Gustav Radbru<strong>ch</strong>,<br />

„Gesetzli<strong>ch</strong>es Unre<strong>ch</strong>t und übergesetzli<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>t,“<br />

in: Dreier, Paulson (Hrsg.), „Re<strong>ch</strong>tsphilosophie – Studienausgabe“,<br />

Heidelberg 1999, S. 216<br />

(38) Vgl. Christoph Horn, „Einführung in die politis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong>“,<br />

Wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Bu<strong>ch</strong>gesells<strong>ch</strong>aft, Darmstadt 2003,<br />

S. 9<br />

(39) ebenda S. 15<br />

(40) Ralf Konersmann, „Kulturphilosophie – zur Einführung“,<br />

Junius Verlag, Hamburg 2003, S. 15<br />

(41) Diether Krywalski, „Wege zur <strong>Philosophie</strong>“, Ehrenwirth Verlag,<br />

Mün<strong>ch</strong>en 1996, S. 140<br />

(42) Vgl. Emil Angehrn, „Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie“, S<strong>ch</strong>wabe<br />

reflexe, Basel 2012, S. 9<br />

(43) Emil Angehrn, „Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie“, S<strong>ch</strong>wabe reflexe,<br />

Basel 2012, S. 76<br />

(44) Ottfried Höffe, „Kleine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>“,<br />

C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en 2001, S.18<br />

(45) Vgl. ebenda S. 45<br />

(46) ebenda S. 50<br />

(47) ebenda<br />

(48) ebenda S. 85-87<br />

(49) ebenda S. 137<br />

(50) ebenda S. 149<br />

(51) ebenda<br />

(52) ebenda S. 169<br />

(53) ebenda S. 189<br />

(54) Immanuel Kant, „Kritik der reinen Vernunft“ – 2. Auflage – Kapitel<br />

22, 2. Absatz in der Einleitung: Idee einer transzendentalen<br />

Logik. Online verfügbar auf: http://gutenberg.spiegel.de/<br />

bu<strong>ch</strong>/3502/22<br />

(55) Ottfried Höffe, „Kleine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>“,<br />

C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en 2001, S. 268<br />

(56) ebenda S. 273<br />

(57) Vgl. ebenda S. 277<br />

(58) ebenda S. 278<br />

(59) ebenda S. 281<br />

(60) Vgl. ebenda S. 282<br />

(61) Vgl. ebenda S. 297–309<br />

(62) ebenda S. 297<br />

(63) Willard van Orman Quine: „Naturalisierte Erkenntnistheorie“,<br />

in: ders.: „Ontologis<strong>ch</strong>e Relativität und andere S<strong>ch</strong>riften“,<br />

Stuttgart, Reclam, 1975, S.105<br />

(64) Mi<strong>ch</strong>ael Esfeld: „<strong>Philosophie</strong> des Geistes – Eine Einführung“,<br />

Bern Studies in the History and Philosophy of Science, Bern<br />

2005, ISBN 3-9522882-5-X<br />

(65) Vgl. Ottfried Höffe, „Kleine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>“,<br />

C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en 2001, S. 316<br />

(66) ebenda S. 317<br />

(67) Vgl. S. 319<br />

(68) John Rawls, „Eine Theorie der Gere<strong>ch</strong>tigkeit“, Suhrkamp,<br />

Frankfurt 1975, S. 81<br />

(69) Hans Mi<strong>ch</strong>ael Baumgartner, „Wozu no<strong>ch</strong> <strong>Philosophie</strong>?“ in:<br />

„Wozu <strong>Philosophie</strong>?“, Herman Lübbe (Hrsg.), de Gruyter<br />

Studienbu<strong>ch</strong>, Berlin 1978, S. 257<br />

34


(70) Rüdiger Bubner, „Was kann, soll und darf <strong>Philosophie</strong>?“ in:<br />

„Wozu <strong>Philosophie</strong>?“, Herman Lübbe (Hrsg.), de Gruyter<br />

Studienbu<strong>ch</strong>, Berlin 1978, S. 1<br />

(71) ebenda S. 6<br />

(72) Vgl. Hans Mi<strong>ch</strong>ael Baumgartner, „Wozu no<strong>ch</strong> <strong>Philosophie</strong>?“<br />

in: „Wozu <strong>Philosophie</strong>?“, Herman Lübbe (Hrsg.), de Gruyter<br />

Studienbu<strong>ch</strong>, Berlin 1978, S. 243<br />

(73) Joseph Pieper, „Was heisst akademis<strong>ch</strong>? Zwei Versu<strong>ch</strong>e<br />

über die Chancen der Universität heute“, Kösel, Mün<strong>ch</strong>en<br />

1964, S. 107<br />

(74) Ottfried Höffe, „Kleine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>“,<br />

C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en 2001, S. 325<br />

(75) ebenda<br />

(76) ebenda S. 327<br />

(77) vgl. 330<br />

(78) ebenda<br />

(79) Alle Einträge aus Wikipedia übernommen.<br />

Literaturtipps<br />

Zur Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong><br />

• Ottfried Höffe: „Kleine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der<br />

<strong>Philosophie</strong>“, C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en 2001<br />

• Wolfgang Röd: „Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Philosophie</strong>“<br />

in 14 Bänden, C.H. Beck, Mün<strong>ch</strong>en<br />

1989–2013<br />

Einführungen in die <strong>Philosophie</strong><br />

• Wolfgang Detel: „Grundkurs <strong>Philosophie</strong><br />

– Band 1 bis 5“, Reclam Verlag, Stuttgart<br />

2007<br />

• Jonas Pfister: „<strong>Philosophie</strong>. Ein Lehrbu<strong>ch</strong>“,<br />

Reclam Verlag, Stuttgart 2006,<br />

ISBN: 978-3-15-018767-8<br />

• Kurt Salamun (Hrsg.): „Was ist <strong>Philosophie</strong>?“,<br />

UTB, Tübingen 2009<br />

• Holm Tetens: „Philosophis<strong>ch</strong>es Argumentieren.<br />

Eine Einführung“. C.H. Beck,<br />

Mün<strong>ch</strong>en, 2004. ISBN 978-3406511141<br />

• Robert Zimmer: „Basis-Bibliothek <strong>Philosophie</strong>.<br />

100 klassis<strong>ch</strong>e Werke“, Reclam,<br />

Leipzig 2009, ISBN: 978-3-15-020137-4<br />

Themenbezogene Einführungen<br />

• Emil Angehrn: „Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsphilosophie“,<br />

S<strong>ch</strong>wabe reflexe, Basel 2012<br />

• Georg W. Bertram: „Spra<strong>ch</strong>philosophie<br />

zur Einführung“, Junius Verlag, Hamburg<br />

2011, 978-3-88506-681-1<br />

• Alan F. Chalmers: „Wege der Wissens<strong>ch</strong>aft:<br />

Einführung in die Wissens<strong>ch</strong>aftstheorie“,<br />

Springer; 6. Auflage, verb. Aufl.,<br />

Berlin 2007<br />

• Mi<strong>ch</strong>ael Esfeld: „<strong>Philosophie</strong> des<br />

Geistes – Eine Einführung“, Bern Studies<br />

in the History and Philosophy of Science,<br />

Bern 2005, ISBN 3-9522882-5-X<br />

• Thomas Grundmann: „Analytis<strong>ch</strong>e<br />

Einführung in die Erkenntnistheorie“, De<br />

Gruyter Berlin, 2008<br />

• Detlef Horster: „Sozialphilosophie:<br />

Grundwissen <strong>Philosophie</strong>“, Reclam, Leipzig<br />

2005, ISBN 978-3-15-020118-3<br />

• Ralf Konersmann: „Kulturphilosophie –<br />

zur Einführung“, Junius Verlag, Hamburg<br />

2003<br />

• Karl-Ludwig Kunz, Martino Mona:<br />

„Re<strong>ch</strong>tsphilosophie, Re<strong>ch</strong>tstheorie, Re<strong>ch</strong>tssoziologie,<br />

UTB, Tübingen 2006<br />

• Reinhard Mehring: „Politis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong>:<br />

Grundwissen <strong>Philosophie</strong>“, Reclam,<br />

Leipzig 2012, ISBN: 978-3-15-020121-3<br />

• Annemarie Pieper: „Einführung in die<br />

Ethik“, UTB, Tübingen 2007, S. 12<br />

• Willard van Orman Quine: „Grundzüge<br />

der Logik“, Suhrkamp, Frankfurt 1974<br />

• Saskia Wendel: „Religionsphilosophie:<br />

Grundwissen <strong>Philosophie</strong>“, Reclam, Leipzig<br />

2010, ISBN: 978-3-15-020333-0<br />

• Dan Zahavi: „Phänomenologie für Einsteiger“,<br />

UTB, Tübingen 2007, ISBN 978-<br />

3825229351<br />

35


Impressum<br />

<strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong><br />

Turnweg 6<br />

CH-3013 Bern<br />

Verfasst von Anja Leser<br />

info@philosophie.<strong>ch</strong><br />

Projektleitung: Dr. Philipp Blum<br />

© <strong>Philosophie</strong>.<strong>ch</strong>, 2013<br />

9. Themendossier,<br />

Doppelausgabe Mai / Juni 2013<br />

ISSN 1662937X Vol. 105<br />

Cartoon: Max Nöthiger<br />

Fotos: Martina Walder<br />

Zitiervors<strong>ch</strong>lag:<br />

„Was ist <strong>Philosophie</strong>? – Philosophis<strong>ch</strong>es<br />

Themendossier“, Swiss<br />

Philosophical Preprint Series #105,<br />

26.6.2013, ISSN 1662937X<br />

Die Reihe der philosophis<strong>ch</strong>en Themendossiers<br />

wird dur<strong>ch</strong> die freundli<strong>ch</strong>e<br />

Unterstützung der Dr. Charles<br />

Hummel Stiftung ermögli<strong>ch</strong>t.

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