kostenlos zum Download - Philosophie.ch
kostenlos zum Download - Philosophie.ch
kostenlos zum Download - Philosophie.ch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Über die philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Herangehensweise<br />
Wie bereits angedeutet, ist philosophieren<br />
eine Tätigkeit, die darin besteht, in einer<br />
spezifis<strong>ch</strong>en Art und Weise über gewisse<br />
Fragen na<strong>ch</strong>zudenken. Aber wie?<br />
„Ihr <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>stes Merkmal ist der Gebrau<strong>ch</strong><br />
logis<strong>ch</strong>er Argumente. Das Ges<strong>ch</strong>äft<br />
der Philosophen besteht im Argumentieren:<br />
Sie erfinden Argumente oder kritisieren die<br />
Argumente anderer Leute oder tun beides.<br />
Darüber hinaus analysieren und klären sie<br />
Begriffe.“ (7)<br />
Wenn man nun einen philosophis<strong>ch</strong>en Text<br />
vor si<strong>ch</strong> hat, geht es in erster Linie darum,<br />
diesen Text zu lesen, zu verstehen und zu<br />
analysieren. Dabei ist wesentli<strong>ch</strong>, wie der<br />
Autor seine Argumentation begründet und<br />
wel<strong>ch</strong>en Weg die Entwicklung seiner Gedanken<br />
nimmt. Meist ma<strong>ch</strong>t es Sinn, „Fragen<br />
an den Text“ zu stellen, um herauszufinden,<br />
was an einer Position oder dem<br />
eigenen Verständnis vom Text ni<strong>ch</strong>t klar ist.<br />
In einem zweiten S<strong>ch</strong>ritt – und diesen nehmen<br />
die PhilosophInnen meist s<strong>ch</strong>riftli<strong>ch</strong> in<br />
Form von Essays vor – wird festgehalten, an<br />
wel<strong>ch</strong>en Stellen der Text Unklarheiten, Ungenauigkeiten<br />
oder gar Widersprü<strong>ch</strong>e aufweist.<br />
Dabei kann es vorkommen, dass gewisse<br />
Begriffe eine ganz wesentli<strong>ch</strong>e Rolle<br />
spielen und deshalb ein klares Verständnis<br />
dieser äusserst wi<strong>ch</strong>tig ist. So kann es vorkommen,<br />
dass man<strong>ch</strong>e Argumente im Text<br />
ni<strong>ch</strong>t wirkli<strong>ch</strong> überzeugend sind. In einem<br />
Essay wird dargelegt, wel<strong>ch</strong>e Argumente<br />
aus wel<strong>ch</strong>en Gründen ni<strong>ch</strong>t überzeugend<br />
sind. In gewissen Fällen werden Gegenbeispiele<br />
benötigt, um aufzuzeigen, dass an<br />
der Theorie bspw. etwas vergessen gegangen<br />
ist. Eine sol<strong>ch</strong>e Kritik beinhaltet sodann<br />
oft au<strong>ch</strong> einen „Gegenvors<strong>ch</strong>lag“, also eine<br />
eigene Theorie, wel<strong>ch</strong>e die „Fehler“ ausmerzt<br />
oder gar eine Gegenposition zur vertretenen<br />
Auffassung darstellt. Diese Gegenvors<strong>ch</strong>läge<br />
müssen vor allem eines sein:<br />
gut begründet! Und so stellt sol<strong>ch</strong> ein Essay<br />
dann den Ausgangspunkt für den nä<strong>ch</strong>sten<br />
Philosophen oder der Philosophin dar.<br />
Dabei stellt jede qualitativ gute Auseinandersetzung<br />
mit <strong>Philosophie</strong> au<strong>ch</strong> eine historis<strong>ch</strong>e<br />
Untersu<strong>ch</strong>ung dar: Ohne die Kenntnis<br />
der Auffassungen und Irrtümer früherer<br />
PhilosophInnen kann kaum ein Forts<strong>ch</strong>ritt<br />
erzielt werden. Ansonsten besteht die<br />
grosse Gefahr, dass die Fehler anderer –<br />
unbemerkt – wiederholt werden.<br />
So ist die stets gegebene Aufforderung<br />
an die Lesers<strong>ch</strong>aft eines philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Textes die Folgende:<br />
Au<strong>ch</strong> wenn eine Lösung präsentiert wird<br />
und als ri<strong>ch</strong>tig angepriesen wird, hat man<br />
keinen Grund diese zu glauben, wenn sie<br />
einen selbst ni<strong>ch</strong>t überzeugt. In sol<strong>ch</strong> einem<br />
Fall geht es darum, selbst eine „bessere“<br />
Lösung zu finden, die aufgrund ihrer Argumente<br />
überzeugender ist.<br />
Thomas Nagel hält entspre<strong>ch</strong>end fest: „Die<br />
Philosophen sind unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er Meinung,<br />
und jede einzelne philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Frage hat mehr als nur zwei mögli<strong>ch</strong>e Antworten.“<br />
(8)<br />
Analytis<strong>ch</strong>e <strong>Philosophie</strong> und kontinentale<br />
<strong>Philosophie</strong><br />
Während des 20. Jahrhunderts wurde die<br />
philosophis<strong>ch</strong>e Szene von einer Kluft geprägt,<br />
wel<strong>ch</strong>er eine unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Herangehensweise<br />
zu Grunde lag. (9) Einerseits<br />
war dies die eher historis<strong>ch</strong> und <strong>zum</strong> Teil an<br />
literaris<strong>ch</strong>er Stärke orientierte kontinentale<br />
<strong>Philosophie</strong> (bspw. Hegel, Nietzs<strong>ch</strong>e, Marx,<br />
S<strong>ch</strong>openhauer) und andererseits die analytis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Philosophie</strong>, deren systematis<strong>ch</strong>e<br />
Ausri<strong>ch</strong>tung viele hervorragende analytis<strong>ch</strong>e<br />
Arbeiten hervorgebra<strong>ch</strong>t hat (bspw.<br />
von Locke, Frege, Wittgenstein, Russell).<br />
Wolfgang Detel erklärt die heutige Situation<br />
folgendermassen: „Systematis<strong>ch</strong> orientierte<br />
analytis<strong>ch</strong>e Philosophen beginnen<br />
die Tiefe der besten philosophis<strong>ch</strong>en Klassiker<br />
und historis<strong>ch</strong> orientierte kontinentale<br />
Philosophen beginnen die Raffinesse der<br />
6