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Die Rolle der <strong>Philosophie</strong><br />
in der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
Viele Mens<strong>ch</strong>en – und zwar ni<strong>ch</strong>t nur professionelle<br />
Philosophinnen und Philosophen –<br />
gehen davon aus, dass eine Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
gar ni<strong>ch</strong>t erst eine Form als „Gesells<strong>ch</strong>aft“<br />
finden könne ohne <strong>Philosophie</strong>. Do<strong>ch</strong> hängt<br />
der <strong>Philosophie</strong> der Ruf an, dass sie keinen<br />
Erkenntnisgewinn bringt und si<strong>ch</strong> stets no<strong>ch</strong><br />
mit denselben ungelösten Fragen befasst,<br />
wie vor über zweitausend Jahren.<br />
Die „grossen“ Philosophen liessen si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong><br />
stets von den Antworten und Fragen<br />
ihrer Vorgänger inspirieren und stifteten<br />
dur<strong>ch</strong> die eigene Originalität selbst ein<br />
neues Verhältnis zur Welt: „Eine begriffli<strong>ch</strong>e<br />
und argumentative, folgli<strong>ch</strong> zur allgemeinen<br />
Gültigkeit fähige Beziehung des Mens<strong>ch</strong>en<br />
zur Natur, zur Gesells<strong>ch</strong>aft und zu si<strong>ch</strong><br />
selbst.“ (74)<br />
Ottfried Höffe bes<strong>ch</strong>reibt den Prozess des<br />
Einflusses der <strong>Philosophie</strong> folgendermassen:<br />
„Zu Beginn provokativ neu, wird das<br />
neugestiftete Verhältnis na<strong>ch</strong> und na<strong>ch</strong> vertraut:<br />
die Ablösung mythis<strong>ch</strong>er Weltbewältigung<br />
dur<strong>ch</strong> eine Haltung der Aufklärung;<br />
der Gedanke einer allen Mens<strong>ch</strong>en gemeinsamen<br />
Vernunft; das Verständnis der Natur<br />
ni<strong>ch</strong>t als einer geheimnisvollen Ma<strong>ch</strong>t, sondern<br />
als Inbegriff zu erfors<strong>ch</strong>ender Gesetze<br />
und Prinzipien. Au<strong>ch</strong> die Grundsätze eines<br />
moralis<strong>ch</strong> guten Lebens und die eines gere<strong>ch</strong>ten<br />
Gemeinwesens sowie die Theorie<br />
des Völkerre<strong>ch</strong>ts und der Gedanke der<br />
Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te gehen auf Philosophen<br />
zurück. Bei all diesen Aufgaben erweist si<strong>ch</strong><br />
der Philosoph als Anwalt einer allgemeinen<br />
Mens<strong>ch</strong>envernunft, „worin ein jeder seine<br />
Stimme hat“ (Kant).“ (75)<br />
Eines der wi<strong>ch</strong>tigsten Merkmale der <strong>Philosophie</strong><br />
ist ihre Allgemeingültigkeit. Sobald<br />
die Beantwortung bspw. moralis<strong>ch</strong>er Fragen<br />
mit erklärbaren Begriffen und na<strong>ch</strong>vollziehbaren<br />
Argumenten vonstatten geht,<br />
reiht si<strong>ch</strong> diese in den universalen philosophis<strong>ch</strong>en<br />
Diskurs ein. So handelt es si<strong>ch</strong> bei<br />
vielen philosophis<strong>ch</strong>en Fragen um Themen,<br />
die religions- und staatsübergreifend sind,<br />
da sie si<strong>ch</strong> auf „Allgemeinmens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es“<br />
ri<strong>ch</strong>ten, was zu einem globalen Erbe an<br />
Erkenntnis geführt hat. In den Worten von<br />
Höffe ausgedrückt: „Besonders rei<strong>ch</strong> ist das<br />
gemeinsame Erbe im Berei<strong>ch</strong> von Re<strong>ch</strong>t und<br />
Gere<strong>ch</strong>tigkeit: Der Grundgedanke von Unparteili<strong>ch</strong>keit<br />
namentli<strong>ch</strong> der Ri<strong>ch</strong>ters<strong>ch</strong>aft,<br />
Prinzipien der Verfahrensgere<strong>ch</strong>tigkeit,<br />
der strafre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>utz der elementaren<br />
Re<strong>ch</strong>tsgüter Leib und Leben, Eigentum und<br />
guter Name und die Uns<strong>ch</strong>uldsvermutung<br />
bei Strafverfahren finden si<strong>ch</strong> in so gut wie<br />
allen Kulturen aller Epo<strong>ch</strong>en. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />
beruft si<strong>ch</strong> die Re<strong>ch</strong>tsphilosophie weder bei<br />
den normativen Grundsätzen no<strong>ch</strong> bei den<br />
empiris<strong>ch</strong>en Umständen auf europäis<strong>ch</strong>amerikanis<strong>ch</strong>e<br />
Besonderheiten und kann<br />
nur deshalb andere Kulturen, obwohl diese<br />
ein Re<strong>ch</strong>t auf Differenz haben, auf Gemeinsamkeiten<br />
verpfli<strong>ch</strong>ten. In bewusster<br />
Bes<strong>ch</strong>eidenheit entwickelt sie keine ausbu<strong>ch</strong>stabierte<br />
Re<strong>ch</strong>tsordnung, sondern nur<br />
formale Prinzipien, die zwar ohne Alternativen<br />
gültig sind, si<strong>ch</strong> bei der konkreten Ausgestaltung<br />
aber für Erfahrung, Klugheit und<br />
besondere Traditionen offenhalten.“ (76)<br />
Darüber hinaus sind ebenso Fragen einer<br />
zukünftigen, gere<strong>ch</strong>ten Weltordnung Themen<br />
der <strong>Philosophie</strong>.<br />
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