kostenlos zum Download - Philosophie.ch
kostenlos zum Download - Philosophie.ch
kostenlos zum Download - Philosophie.ch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Analyse der Frage<br />
“Was ist <strong>Philosophie</strong>?”<br />
<strong>Philosophie</strong> wird oft mit den Worten „die Liebe<br />
zur Weisheit“ bes<strong>ch</strong>rieben. So meint au<strong>ch</strong><br />
der Begriff „Philosoph“ im Grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en „der<br />
Freund der Weisheit“ (philós = Freund, sophía<br />
= Weisheit), was glei<strong>ch</strong>bedeutend ist<br />
mit dem Streben na<strong>ch</strong> jegli<strong>ch</strong>em Wissen einer<br />
Person. (1) Aber weiss man damit nun,<br />
was <strong>Philosophie</strong> ist, wie sie vorgeht oder mit<br />
wel<strong>ch</strong>en Themen sie si<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>äftigt?<br />
Der Begriff „<strong>Philosophie</strong>“ wird allzu oft im<br />
Alltag verwendet: So wie es unzählige Ges<strong>ch</strong>äfts-<br />
und Lebensphilosophien gibt oder<br />
„<strong>Philosophie</strong>“ glei<strong>ch</strong>bedeutend mit geistiger<br />
Haltung oder persönli<strong>ch</strong>er Einstellung verwendet<br />
wird und „philosophis<strong>ch</strong>“ <strong>zum</strong> Teil<br />
als negativer Ausdruck für „zu komplex“<br />
oder „irrelevant“ gebrau<strong>ch</strong>t wird – so ist mit<br />
„<strong>Philosophie</strong>“ ni<strong>ch</strong>t zuletzt au<strong>ch</strong> die akademis<strong>ch</strong>e,<br />
geisteswissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Disziplin<br />
gemeint.<br />
Im vorliegenden Dossier soll letztere gemeint<br />
sein, wobei eben diese „akademis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Philosophie</strong>“ zu grossen Teilen allen Interessierten<br />
offensteht und ni<strong>ch</strong>t als Geheimnis<br />
im Flur der philosophis<strong>ch</strong>en Institute<br />
versteckt wird. „<strong>Philosophie</strong> gehört wie das<br />
Atmen, Denken und Handeln zu den Grundlagen<br />
des mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Lebens. Jeder ‚philosophiert‘<br />
aus seiner Lebenssituation, die<br />
dur<strong>ch</strong> sein Alter und sein Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t, sein<br />
familiäres und berufli<strong>ch</strong>es Umfeld, seine<br />
Interessen und Neigungen, seine Erfahrungen,<br />
seine Vorbildung und seine Anlagen<br />
geprägt ist. Je rei<strong>ch</strong>er dabei seine Vorbildung<br />
ist, je intensiver und systematis<strong>ch</strong>er<br />
er si<strong>ch</strong> mit philosophis<strong>ch</strong>en Problemen auseinandersetzt,<br />
umso differenzierter, genauer<br />
und qualifizierter werden seine Fragen werden<br />
und umso grösser wird, wenn er si<strong>ch</strong><br />
die Neugier des Anfangs bewahrt hat, sein<br />
Staunen über die Ordnung der Dinge, über<br />
die mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Gedanken und über die<br />
Welt- und Lebensordnung sein.“ (2)<br />
Entspre<strong>ch</strong>end dem Hineinwa<strong>ch</strong>sen in die<br />
Komplexität philosophis<strong>ch</strong>er Probleme, wird<br />
au<strong>ch</strong> je na<strong>ch</strong> Erfahrungsgrad mit „<strong>Philosophie</strong>“<br />
etwas anderes bezei<strong>ch</strong>net. Fragt man<br />
„Was ist <strong>Philosophie</strong>?“ vers<strong>ch</strong>iedene <strong>Philosophie</strong>professorinnen<br />
und -professoren, so<br />
wählen alle einen anderen Weg, die Frage<br />
zu beantworten.<br />
Karl Jaspers drückte diese Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>keit<br />
folgendermassen aus: „Was <strong>Philosophie</strong><br />
sei und was sie wert sei, ist umstritten.<br />
Man erwartet von ihr ausserordentli<strong>ch</strong>e Aufs<strong>ch</strong>lüsse<br />
oder lässt sie als gegenstandsloses<br />
Denken glei<strong>ch</strong>gültig beiseite. Man<br />
sieht sie mit S<strong>ch</strong>eu als das bedeutende<br />
Bemühen ungewöhnli<strong>ch</strong>er Mens<strong>ch</strong>en oder<br />
vera<strong>ch</strong>tet sie als überflüssiges Grübeln von<br />
Träumern. Man hält sie für eine Sa<strong>ch</strong>e, die<br />
jedermann angeht und daher im Grunde<br />
einfa<strong>ch</strong> und verstehbar sein müsse, oder<br />
man hält sie für so s<strong>ch</strong>wierig, dass es hoffnungslos<br />
sei, si<strong>ch</strong> mit ihr zu bes<strong>ch</strong>äftigen.<br />
Was unter dem Namen der <strong>Philosophie</strong> auftritt,<br />
liefert in der Tat Beispiele für entgegengesetzte<br />
Beurteilungen.“ (3)<br />
Dass die <strong>Philosophie</strong> jedo<strong>ch</strong> einem jedem<br />
Mens<strong>ch</strong>en auf irgendeine Art nahe stehen<br />
kann, hielt Karl Popper fest: „I<strong>ch</strong> glaube,<br />
dass jeder Mens<strong>ch</strong> gewisse Einstellungen<br />
dem Leben gegenüber, dem Tod gegenüber<br />
entwickelt. Und das sind bereits philosophis<strong>ch</strong>e<br />
Einstellungen – wenn au<strong>ch</strong> gewöhnli<strong>ch</strong><br />
unkritis<strong>ch</strong>e –, gute oder weniger<br />
gute <strong>Philosophie</strong>n.“ (4)<br />
Viellei<strong>ch</strong>t sollte man deshalb fragen, was<br />
das Wesentli<strong>ch</strong>e ist, was die <strong>Philosophie</strong><br />
ausma<strong>ch</strong>t? Thomas Nagel s<strong>ch</strong>rieb hierzu:<br />
„Im Zentrum des <strong>Philosophie</strong>rens stehen<br />
gewisse Fragen, die ein reflektiertes<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es Bewusstsein auf natürli<strong>ch</strong>e<br />
Weise verwunderli<strong>ch</strong> findet, und am besten<br />
beginnt man sein Na<strong>ch</strong>denken, indem man<br />
si<strong>ch</strong> ihnen unmittelbar zuwendet. In der Folge<br />
ist man dann eher in der Lage, die Arbeiten<br />
anderer zu würdigen, die diese Probleme<br />
zu lösen versu<strong>ch</strong>t haben.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> unters<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> einerseits<br />
von den Naturwissens<strong>ch</strong>aften und<br />
4