für alle Felle Mähnen-, Fell - Euroriding
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Der Fall: Als Silke (S) sechzehn Jahre<br />
alt wurde, bekam sie von ihren Eltern<br />
das Pferd Charlotte (C) geschenkt. Als S<br />
zwanzig wurde, wollte sie in München<br />
studieren. Ihre Eltern meinten, sie solle<br />
C verkaufen, denn in München seien die<br />
Einstellkosten <strong>für</strong> ein Pferd doppelt so<br />
hoch wie zu Hause. S wollte sich nicht<br />
von C trennen, und sie fand in F eine pferdebegeisterte<br />
Freundin, die ihr versprach,<br />
sich an Pension, Versicherung, Tierarzt<br />
und Hufschmied zur Hälfte zu beteiligen.<br />
So wurde es abgemacht, und an einem<br />
Tage ritt S, am anderen F das Pferd.<br />
Eines Tages war S im Urlaub, und da<strong>für</strong><br />
kümmerte sich F um C. Sie ritt auf dem<br />
Reitplatz, der etwa 100 Meter vom Stall<br />
entfernt liegt. Dazwischen befindet sich<br />
eine Straße, auf der sehr selten Autos<br />
fahren. Der Vater (V) eines sechsjährigen<br />
Mädchens (M) schaute F beim Reiten zu,<br />
und M war begeistert. Als F abstieg, kam<br />
V auf sie zu und fragte, ob sich M auf den<br />
paar Metern zum Stall auf C setzen dürfte,<br />
während F das Pferd führte. F meinte,<br />
dies sei gar kein Problem, setzte M in den<br />
Sattel und ging los. Eine Reitkappe <strong>für</strong> M<br />
war nicht zur Hand. V ging nebenher. Als<br />
sie noch 30 Meter zur Straße Richtung<br />
Stall vor sich hatten, brauste ein Motorrad<br />
daher. Der Fahrer ließ den Motor kurz<br />
besonders laut aufheulen, um der hübschen<br />
F zu imponieren. Darüber erschrak<br />
C so sehr, dass sie einen großen Satz zur<br />
Seite machte. M stürzte und zog sich eine<br />
gefährliche Schädelverletzung zu. Sie<br />
kam ins Krankenhaus. Nach einer komplizierten<br />
Operation und vielen Wochen<br />
Aufenthalt wurde M schließlich wieder<br />
6<br />
Im Focus<br />
Pferd<br />
& Recht<br />
Was passiert, wenn die Reitbeteiligung<br />
aus Gefälligkeit ein<br />
Kind aufs Pferd setzt, letzteres<br />
scheut und das Kind trägt nach<br />
einem Sturz bleibende Schäden<br />
davon? Rechtsanwalt Uwe Th.<br />
Haug berichtet.<br />
Kommt jemand ernsthaft zu Schaden,<br />
kann darüber die Freundschaft zerbrechen<br />
Foto: www.Ramona-Duenisch.de<br />
entlassen, aber eine leichte Behinderung<br />
wird zurückbleiben.<br />
Die Krankenkasse der M verlangt 30.000 €<br />
Heilungskosten von S als Eigentümerin,<br />
und V verlangt <strong>für</strong> M ein beträchtliches<br />
Schmerzensgeld von F, weil sie M ohne<br />
Reitkappe hatte reiten lassen. Als dann<br />
auch noch ein Brief von der Haftpflichtversicherung<br />
eintrifft, sie lehne die<br />
Übernahme des Schadens ab, weil F grob<br />
fahrlässig gehandelt hätte, ist die Freundschaft<br />
zwischen S und F dahin.<br />
Wie ist die Rechtslage?<br />
S haftet als Tierhalterin gegenüber M und<br />
deren Krankenkasse <strong>für</strong> den Schaden, da<br />
sich in dem Erschrecken des Pferdes eine<br />
typische Tiergefahr verwirklicht hat. Zur<br />
Halterin des Pferdes wird F nicht, auch<br />
wenn sie sich als Reitbeteiligung noch<br />
so sehr um die wirtschaftlichen Belange<br />
rund um das Pferd kümmert. Dabei muss<br />
der Halter nicht unbedingt identisch mit<br />
dem Eigentümer des Pferdes sein. Halter<br />
ist derjenige, der das Risiko übernimmt,<br />
dass das Pferd Schaden anrichtet und<br />
seinerseits zu Schaden kommt. Das Risiko,<br />
dass das Pferd selbst zu Schaden kommt,<br />
hat F jedoch nicht übernommen. Sie ist<br />
<strong>alle</strong>nfalls Tierhüterin, aber als Tierhüterin<br />
haftet F nicht, da sie kein Verschulden<br />
trifft (der Tierhalter haftet <strong>für</strong> <strong>alle</strong> Gefahren,<br />
die vom Tier ausgehen, auch wenn<br />
er selbst keinen Fehler macht, während<br />
der Tierhüter nur <strong>für</strong> ein Verschulden<br />
haften muss, d.h. wenn er einen Fehler<br />
begeht): Die Sorgfaltspflicht, darauf zu<br />
achten, dass der Reiter eine Reitkappe<br />
trägt, trifft zwar einen Reitlehrer im<br />
Rahmen seiner Unterrichtspflicht, aber<br />
nicht F, die sich nur um das Pferd zu<br />
kümmern hat. Dass C erschrak, ist auf<br />
keinen Fehler der F zurückzuführen.<br />
Ein erhebliches Mitverschulden trifft<br />
aber V und damit M selbst, da er durch<br />
seine Bitte an F, sie einmal auf C sitzen<br />
zu lassen, die Gefahrenlage erst hat<br />
entstehen lassen, und zwar erst recht,<br />
weil M keine Reitkappe trug. S kann<br />
sich als Tierhalterin nicht an F als Tierhüterin<br />
halten, da F – wie gesagt – kein<br />
Verschulden trifft.<br />
Die Haftpflichtversicherung lehnt<br />
zu Unrecht ab: Grobe Fahrlässigkeit<br />
schließt den Versicherungsschutz nur in<br />
der Sachversicherung aus, nicht in der<br />
Haftpflichtversicherung. Sie muss deshalb<br />
den Schaden der M zahlen.<br />
Im Ergebnis blieb F unbehelligt – vom<br />
Ärger des Prozesses abgesehen. S musste<br />
einen Teil des Schadens zahlen, und die<br />
Haftpflichtversicherung musste diesen<br />
übernehmen.<br />
Expertentipp<br />
Tierhalter ist nicht unbedingt nur der<br />
Eigentümer, sonst würde das Gesetz<br />
auch von einer „Eigentümerhaftung“<br />
sprechen, nicht von der Haftung des<br />
Tierhalters. Wenn man eine Reitbeteiligung<br />
eingeht, sollte man sich<br />
darüber Gedanken machen, wie man<br />
den Vertrag so ausgestaltet, dass man<br />
nicht zum Tierhalter wird. Da<strong>für</strong>, dass<br />
man Tierhalter ist, kann sprechen, dass<br />
man <strong>für</strong> das Tier Versicherungen im<br />
eigenen Namen abschließt, weil dies<br />
darauf hindeutet, dass man selbst <strong>für</strong><br />
die Risiken einstehen möchte, dass<br />
das Tier Schaden anrichtet oder selbst<br />
zu Schaden kommt. Wenn man aber<br />
dem Eigentümer nur einen Teil der<br />
Versicherungsprämien erstattet, um<br />
als Reitbeteiligung reiten zu dürfen, so<br />
ist dies unschädlich. Im Übrigen gilt:<br />
Auch wenn man das Tier noch so gern<br />
hat und deshalb <strong>alle</strong>in besitzen möchte,<br />
sollte man es unterlassen, den (Mit-)<br />
Eigentümer zu spielen.<br />
RA Uwe Th. Haug<br />
www.haugpartner.de