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16 Politik orange konzentrat<br />

Der Märchenonkel<br />

Workshop mit Laurent Lüttge, Jurist und Gentechnik-Referent beim<br />

Bun<strong>de</strong>sministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />

Von Peter Borchardt<br />

Laurent Lüttge zeichnet sich durch<br />

seine sympathische, fast schon in<br />

jegliche Gesprächssituation<br />

einfühlen<strong>de</strong> Stimme aus. Ja, die<br />

Vorstellung einer Gute-Nacht-<br />

Geschichte in Kamin-zimmer-<br />

Atmosphäre breitet sich in meinem<br />

Kopf aus. Über 20 Teilnehmer, ein<br />

paar brennen<strong>de</strong> Holzscheite,<br />

Kerzenschein...<br />

Lei<strong>de</strong>r ist die Thematik für Gute-<br />

Nacht-Geschichten gänzlich ungeeignet,<br />

<strong>de</strong>nn es geht um die<br />

Rechtsverordnungen und Umsetzungen<br />

zu gentechnisch verän<strong>de</strong>rten<br />

Organismen auf EU- und<br />

Bun<strong>de</strong>sebene. Und statt Kamin und<br />

Kerzen ... Laptop und Beamer.<br />

Laurent spricht über die Herausfor<strong>de</strong>rungen,<br />

die die Novellierung<br />

<strong>de</strong>s „Gentechnik“- Gesetzes mit<br />

sich bringt, die langen Arbeits-tage,<br />

die Diskussionen und die ständigen<br />

Kompromisse. Ich möchte noch<br />

gerne fragen, wie sich die<br />

gegenwärtige (Bun<strong>de</strong>s-)<br />

Haushaltslage auf die Arbeit in<br />

seiner Abteilung auswirkt. Aber ich<br />

kann mir die Antwort schon<br />

vorstellen, <strong>de</strong>nn überall muss gespart<br />

wer<strong>de</strong>n. Wenn Gel<strong>de</strong>r feh-len<br />

um Monitoring (Zustandsbegutachtung<br />

über einen längeren<br />

Zeitraum) und Kontrollen zu<br />

gewährleisten, hilft <strong>de</strong>r Umwelt und<br />

uns Verbrauchern auch kei-ne<br />

ausgefeilte Rechtsverordnung weiter.<br />

Und wenn Verträglichkeitsprüfungen<br />

von Gentech-Firmen selber in Auftrag<br />

gegeben wer<strong>de</strong>n, und die Landwirte<br />

auf Ihren eigenen Fel<strong>de</strong>rn das Monitoring<br />

durchführen, wirkt dies auf<br />

mich nicht sehr beruhigend.<br />

Wenn das BMU auf <strong>de</strong>n letzten<br />

Drücker Richtlinien umsetzt, er-weckt<br />

dies wenigstens <strong>de</strong>n Anschein<br />

gewissenhafter Arbeit. O<strong>de</strong>r ist die<br />

Bun<strong>de</strong>sregierung wie<strong>de</strong>r dabei ein<br />

wichtiges Europathema zu<br />

verschlafen, bis Klagen und Strafen<br />

drohen? Dass in <strong>de</strong>n letzten Minuten<br />

vor <strong>de</strong>r<br />

Entscheidung<br />

Zeit- und<br />

Finanznot<br />

Regelungen so<br />

weich kochen,<br />

dass<br />

ausgepresst Politik orange 05<br />

„Wenn’s schief geht, ist es schon zu spät“<br />

Interview mit Martin Häusling<br />

Martin Häusling ist Bio-Landwirt aus Nordhessen. Seit 2003 ist er Mitglied <strong>de</strong>s<br />

Hessischen Landtags sowie agrar- und forstwissenschaftlicher Sprecher <strong>de</strong>r Fraktion<br />

Bündnis 90/Die Grünen.<br />

Von Lutz Weischer<br />

Herr Häusling, Sie haben sich<br />

sehr <strong>de</strong>utlich gegen Grüne<br />

Gentechnik ausgesprochen.<br />

Warum eigentlich?<br />

Wir Grünen sind ja im politischen<br />

Bereich die einzigen, die Gentechnik<br />

noch kritisch sehen. Die<br />

CDU ist immer noch völlig euphorisch<br />

und auch die SPD sieht nur,<br />

dass Gentechnik angeblich<br />

Arbeitsplätze schafft. Man macht<br />

sich viel zu wenig Gedanken über<br />

die Risiken. Aber das Problem bei<br />

dieser Technik ist: Wenn irgendwas<br />

schief geht, dann ist es schon zu<br />

spät.<br />

Sie for<strong>de</strong>rn, dass das Moratorium,<br />

also <strong>de</strong>r Zulassungsstopp<br />

<strong>de</strong>r EU, aufrechterhalten<br />

wird. Die EU hat sich aber an<strong>de</strong>rs<br />

entschie<strong>de</strong>n. Wenn strengere<br />

Regeln beschlossen sind, soll<br />

das Moratorium auf-gehoben<br />

wer<strong>de</strong>n. Wieso halten Sie das für<br />

falsch?<br />

Die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r neuen EU-Richt-linien<br />

ist ja Wahlfreiheit. Es soll also parallel<br />

konventionelle und gentechnisch<br />

verän<strong>de</strong>rte Produkte geben, die<br />

strikt von einan<strong>de</strong>r getrennt sind.<br />

„Wahlfreiheit“ ist ein sehr schöner<br />

Begriff, aber das ist schwer<br />

durchführbar. Ohne erhöhte Kos-ten<br />

ist das überhaupt nicht mach-bar.<br />

Um diese neuen Vorschriften<br />

umzusetzen, müsste man alles strikt<br />

trennen. Man braucht beispielsweise<br />

bei je<strong>de</strong>m Getrei<strong>de</strong>händler<br />

drei Silos, eins für<br />

konventionellen Weizen, eins für<br />

Bio-Weizen und eins für Gen-<br />

Weizen.<br />

Und selbst wenn diese Regeln<br />

eingehalten wer<strong>de</strong>n, ist wirkliche<br />

Koexistenz nicht möglich. Es wird<br />

Verunreinigungen und Auskreuzungen<br />

geben. Dann gibt es in<br />

Deutschland kein wirklich<br />

gentechnikfreies Feld mehr.<br />

Wissen Sie, wie die neuen<br />

Regeln überwacht wer<strong>de</strong>n<br />

sollen?<br />

Das ist ein Arbeitsbeschaffungsprogramm<br />

für Kontrolleure und<br />

Rechtsanwälte. Und dazu kommen

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