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<strong>PSV</strong> <strong>Wien</strong><br />
Speis und Trank<br />
Brigitte Mramor<br />
Essig – ein Zufallsprodukt<br />
Essig ist neben Wein und Olivenöl eines der<br />
ältesten Kulturgüter der Welt und ein unersetzliches<br />
Würz- und Konservierungsmittel.<br />
Beim ersten Essig wird es sich kaum um<br />
eine Erfindung gehandelt haben, eher um<br />
eine zufällige Entdeckung – weil Wein stehen<br />
blieb und sauer wurde. Diese biologische<br />
Mechanik war bereits im alten China<br />
bekannt und auch die Ägypter und Babylonier<br />
wussten davon. Der erste erwähnte Essig<br />
wurde vor über 4.000 Jahren in Mesopotamien<br />
als „saures Bier“ bezeichnet.<br />
„Bieressig“ war in den Hochkulturen des<br />
Altertums ein ausgesprochen beliebtes<br />
Hausmittel.<br />
Geschichte geschrieben hat jedoch der<br />
Weinessig, der sich vom billigen Nebenprodukt<br />
der Weinerzeugung zum Trendprodukt<br />
Balsamico entwickelte.<br />
Weinessig wird bereits in der Heiligen<br />
Schrift erwähnt, diente Hannibal für strategische<br />
Zwecke, wurde von Kleopatra verwendet<br />
und war immer wieder Thema von<br />
Predigern. Die römischen Legionäre hatten<br />
in ihren Feldflaschen die so genannte<br />
„posca“, ein Gemisch aus Wasser und Essig,<br />
Schmankerln für Sportler unterwegs<br />
Sicherlich steht in Ihrem Küchenschrank auch Tafel- oder Weinessig,<br />
wie er überall im Lebensmittelhandel erhältlich ist. Nur bei einem<br />
Bruchteil der angebotenen Essigmenge handelt es sich um qualitativ<br />
hochstehende Vollfruchtessige. Warum diese Essige die „richtigen“<br />
sind und wie man dazu kommt, lüften wir auf unserer Essig-Reise durch<br />
Österreich.<br />
Fruchtessig liegt im Trend<br />
um die Abwehrkräfte zu stärken. Im Mittelalter<br />
waren Kräuteressige das Allheilmittel<br />
und hinter Klostermauern wurde eifrig<br />
mit Essig experimentiert, wie ein Kochbuch<br />
der Äbtissin Hildegard von Bingen bezeugt.<br />
Was kann der Essig?<br />
Essig hat fast keinen Nährwert, regt aber<br />
durch eine Fülle von Inhaltsstoffen (Mineralstoffen,<br />
Vitaminen und Aromastoffen)<br />
die Bauchspeicheldrüse an und wirkt verdauungsfördernd.<br />
Neben dem gesundheitlichen<br />
Aspekt hatte Essig auch in der Heilkunde<br />
wegen seiner desinfizierenden Wirkung<br />
im Kampf gegen verschiedene Seuchen<br />
schon immer einen hohen Stellenwert.<br />
Als Schutz vor Infektionen der Atemwege<br />
verwendete man in Essig getränkte Tücher.<br />
Die Entwicklung der industriellen<br />
Essig-Produktion<br />
Der niederländische Mediziner und Botaniker<br />
Hermann Boerhaave (1668–1738)<br />
kam bei seinen Experimenten zu dem Ergebnis,<br />
dass mehr Säure entsteht, wenn<br />
mehr Luft mit dem Wein in Berührung<br />
kommt.<br />
Die erste wissenschaftlich exakte Formel<br />
der biochemischen Vorgänge rund um die<br />
Alkohol-Oxidation und die Essigsäurebakterien<br />
verfasste der Chemiker Sir Humphrey<br />
Davy (1778–1829). Louis Pasteur<br />
(1822–1895) gelang es, wie schon in seinem<br />
Experiment zur alkoholischen Gärung, Essig<br />
aus einer Mischung mit dem Organismus<br />
aus der Essigmutter (die feine Haut auf<br />
der Oberfläche) zu gewinnen. Der industriellen<br />
Herstellung von Essig stand damit<br />
nichts mehr im Wege.<br />
Heute gibt es – auch für private Hersteller<br />
– Anlagen mit gesteuerter Belüftung und<br />
schonender Bewegung, in denen das Gärungs-<br />
und Oxidationsprodukt Essig auf<br />
mehr oder minder einfache Weise entsteht.<br />
Grundsätzlich ist bei allen Gärungsessigen<br />
Alkohol das Grundprodukt. Bei industriell<br />
hergestellten Essigen (Balsamessig,<br />
Weingeistessig oder vielen Kräuteressigen)<br />
ist das Ausgangsprodukt Ethylalkohol<br />
landwirtschaftlichen Ursprungs.<br />
Für den menschlichen Gaumen ist dieser<br />
Essig nur sauer und bietet keine Aromen.<br />
Der Genussfaktor steht daher im Hintergrund.<br />
34 RUNDSCHAU POLIZEI SPORT <strong>03</strong>–<strong>04</strong>/<strong>2013</strong>