KIDS Aktuell - preprintmedia OHG Agentur für Digitale Medien
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Gründe <strong>für</strong> ein übermäßiges Gewicht, was gesundheitlich<br />
sehr nachteilig ist und auch nicht mit mehr<br />
Bewegung auszugleichen ist. Auf Essen zu verzichten,<br />
wenn sich wie hier in Köln, an jeder Straßenecke eine<br />
Bäckerei oder Pommesbude befindet, ist schon eine<br />
ständige Herausforderung. Es gibt in manchen Fällen<br />
keine andere Essensbremse als Kontrolle.<br />
Routinen und Ritualen nutzen<br />
Ob es sich um neu zu erlernenden Fertigkeiten oder<br />
zu korrigierenden Verhaltensweisen handelt, man<br />
kann sich den Hang zu festen Gewohnheiten, Routinen<br />
und Ritualen der Menschen mit Down-Syndrom<br />
geschickt <strong>für</strong> neue Verhaltensweisen zu Nutze machen.<br />
Auch Abläufe oder Aufgaben zu visualisieren<br />
ist unentbehrlich, wenn man Menschen mit Down-<br />
Syndrom etwas nahe bringen oder abgewöhnen will.<br />
Manche so genannten Marotten oder Rituale geben<br />
aber auch Halt. Die Selbstgespräche haben z. B. einen<br />
wichtigen regulierenden Einfluss auf das eigene<br />
Handeln. Sie helfen die Aufmerksamkeit besser zu<br />
richten, sind oft ein emotionales Ventil oder geben<br />
Sicherheit im täglichen Ablauf. Entsteht eine Marotte<br />
aus tiefer Verunsicherung, so muss sie berücksichtigt<br />
oder gar aufrechterhalten werden. Man muss versuchen,<br />
die Ursachen <strong>für</strong> das Verhalten zu entdecken<br />
und nur dann einzugreifen, wenn es wirklich störend<br />
ist. Es macht also Sinn, ähnlich wie in einem Hilfeplan,<br />
genau zu analysieren, welche Eigenschaften oder Fertigkeiten<br />
das Kind lernen muss bzw. was es sich abgewöhnen<br />
muss, damit es bestmöglich zurechtkommt.<br />
In Frankreich gibt es z. B. Sommerworkshops, in denen<br />
junge Erwachsene auf die Selbständigkeit vorbereitet<br />
werden. In Italien organisiert man sogar Kurse über 3<br />
Jahre, in denen systematisch alle wichtigen Bereiche<br />
und auch alle Problembereiche behandelt oder geübt<br />
werden.<br />
Einschränkungen und<br />
Begrenzungen akzeptieren<br />
Loslassen heißt auch, Dinge und Situationen auszuhalten,<br />
die wir lieber anders sehen möchten. Wenn<br />
unsere Jugendlichen an der Kasse stehen und ewig<br />
brauchen, um das Geld aus dem Portemonnaie zusammenzuzählen,<br />
sind wir vielleicht zu sehr geneigt,<br />
das schnell zu übernehmen. Für die Selbständigkeit<br />
ist das nicht förderlich und <strong>für</strong> das Selbstwertgefühl<br />
der Jugendlichen auch nicht! Auch der Kleidergeschmack<br />
oder das Fernsehprogram mögen nicht<br />
immer unseren Vorstellungen entsprechen.<br />
Die Gefahr, das eigene Kind zu überschätzen, ist nie<br />
ganz weit entfernt. Wir müssen unser Kind und seine<br />
Möglichkeiten auch realistisch sehen: Wir müssen akzeptieren,<br />
dass wir unserem Kind nicht alles beibringen<br />
konnten, was wir <strong>für</strong> wichtig halten, ob es sich<br />
nun darum handelt, seine Wäsche selbst zu versorgen<br />
ist oder sich frei in der Stadt zu bewegen.<br />
Wir müssen auch akzeptieren, dass unser Kind<br />
ein Grundrecht auf Selbstbestimmung hat,<br />
und dennoch auch manchmal Kontrolle braucht.<br />
Hin- und wieder wird man mit so genannten „Erfolgsstorys“<br />
konfrontiert. Menschen mit Down-Syndrom,<br />
die fast vergessen lassen, dass sie das Syndrom auch<br />
Eine langfristige Vorbereitung verbunden mit einem<br />
gezielten Training gibt uns die Möglichkeit, Wünsche<br />
zu identifizieren, Lern-/Übungsziele festzusetzen,<br />
diese Schrittweise umzusetzen und durch Übung<br />
Routinen zu schaffen. All dies gibt letztlich dem<br />
jungen Erwachsenen und auch uns Halt, Sicherheit<br />
und Vertrauen in die Zukunft. Unser Ziel muss dabei<br />
sein, soviel Unterstützung wie nötig zu bieten und so<br />
wenig Bevormundung wie möglich auszuüben.<br />
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<strong>KIDS</strong> Sommerfest<br />
<strong>KIDS</strong> <strong>Aktuell</strong> / Nr. 28 – Herbst 2013