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Tag 5<br />
Der Endurance<br />
Liebes Tagebuch,<br />
Heute war der Tag des grossen Auftritts. Bühne frei für das Ausdauerrennen<br />
Endurance. Bei den Blicken meines Teams am Morgen, war ich mir nicht ganz<br />
sicher, ob ich mich freuen oder aufgeregt sein sollte. Da waren grosse Erwartungen,<br />
Skepsis, Hoffnung und Vertrauen in ihren Augen. Wie es gelaufen ist, erzähle ich<br />
dir gleich.<br />
Der Tag begann ziemlich ruhig und entspannt. Die Elektroniker haben mir mein<br />
Dashboard zurückgegeben. Sie haben gesagt, dass sie das neu programmiert haben,<br />
damit ein Warnlicht aufleuchtet, wenn mein Motor über 110°Grad hat. Das ist gut,<br />
da kann ich den Fahrern jetzt immer sagen, wenn mir zu heiss wird und ich mir<br />
in voller Ekstase die Finger verbrühe. Dann haben mir Jonas, Michel, Marcus und<br />
Anton noch so komische Bleche angebaut. Die pusten mir jetzt immer frische Luft<br />
unter den Rock. Hoffentlich konnte mir da keiner unter die Wäsche gucken.<br />
Gegen Mittag schob mich mein lieber Sascha mit Christian zum Auftanken. Endlich<br />
auch für mich etwas zu essen. Da hatte ich sehr gute Laune. Ausserdem haben<br />
mich alle ganz lieb getätschelt und nochmal alle Stellen angesehen und überprüft.<br />
Am frühen Nachmittag ging es dann los. Showtime.<br />
Als erstes fuhr ich mit Paddy los. Anfangs ein bisschen einfühlen, nicht, dass<br />
ich mir die Fingernägel breche und dann legten wir solide Zeiten mit soliden<br />
Motortemperaturen von konstanten 97°Grad hin. Jedes Mal, wenn wir am Team<br />
vorbeigefahren sind, hab ich sie verschmitzt angezwinkert und sie haben laut<br />
applaudiert und gejubelt. Ein tolles Gefühl.<br />
Dann kam der Fahrerwechsel. Darum hatten meine Leute die allergrösste Angst,<br />
weil ich mir in Hockenheim dabei ja die Finger verbrüht hatte. Das Bangen und<br />
die Spannung hab ich bis über den ganzen Endurance Platz gefühlt. Und den Jubel<br />
hättest du hören sollen, liebes Tagebuch, als ich meinen kühlen Kopf bewahrt hab<br />
und Eins A angesprungen bin, nachdem sich Daniel zu mir gesetzt hatte. Stolz<br />
wie Oscar drehten wir unsere ersten Runden. Grandios das Gefühl und die stolzen<br />
Gesichter meines Teams. Und dann.<br />
Autsch! Mein Schraubenkopf vom Kettenblatt. Daniel pass auf! Die Beschleunigung<br />
haben wir gerade so noch hinbekommen, dann die Linkskurve und die nächsten<br />
Schraubenköpfe brachen. Das tat weh, aber ein Stück ging es noch. Dann rutschte<br />
mein Kettenblatt ab und meine ersten Schrauben flogen heraus. Der Daniel trat ins<br />
Gaspedal, aber es ging einfach nicht mehr. Gerollt sind wir noch ein ganzes Viertel<br />
der Strecke. Vorbei an meinem Team, dem der Schock ins Gesicht geschrieben<br />
stand, als sie meine Kette auf dem Boden schleifen sahen.<br />
Und dann war es vorbei. Und es tat so weh. Und traurig war ich, als ich<br />
gesenkten Hauptes an den Rand geschoben wurde. Mein Team kam gleich<br />
angelaufen, um zu sehen was mit mir passiert war. Tief enttäuscht, traurig und<br />
mitleidig begutachteten sie meinen gebrochenen Antrieb. Dann musste ich allein<br />
am Rand stehen bleiben und warten bis das Endurance vorbei war. Dabei tat<br />
mir mein Kettenblatt doch immer noch so weh.<br />
Währenddessen hat mein Team schon die Box aufgeräumt und zur Abfahrt<br />
gepackt. Sobald sie durften, zogen sie los, um meine gebrochenen Gliedmassen<br />
auf der Strecke einzusammeln. Fünf Schrauben mit Mutter und Unterlegscheiben<br />
haben sie gefunden. Von den Köpfen kamen nur noch vier zum Antriebs-Eric<br />
zurück, aber damit konnten sie schon gut rekonstruieren was passiert war.<br />
Für Italien lässt sich der Eric etwas Neues einfallen, sodass ich mir nicht<br />
wieder alle Schrauben breche.<br />
Während alle Teams noch eine riesige Wasserschlacht feierten, glänzte ich<br />
traurig in der Sonne. Aber es kamen immer wieder Teammitglieder vorbei<br />
um meine Wunden zu lecken und mir gut zuzureden. Es wird alles wieder<br />
gut, sobald wir zu Hause sind, versprachen sie.<br />
Und dann wurde ich auch schon in den LKW geladen. Heute Nacht wird<br />
es ein bisschen ungemütlich. Meine Nase steckt in meinem Sitz und ich<br />
bin ganz schön festgezurrt. Aber morgen geht es endlich heim in die<br />
vertraute Werkstatt. Freu mich schon darauf, wieder Tag und Nacht<br />
umsorgt zu werden. Sie lieben mich eben doch, meine Leute.<br />
Gute Nacht, liebes Tagebuch.<br />
- 11 - Endurance