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Thalia Magazin 02/14

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THALIA | Reiseziele 31<br />

Fotos: © Dirk und Milena Heißerer<br />

Erzähler der Zeit von Königin Viktoria. Das Haus<br />

48 Doughty Street, das Dickens mit seiner Familie<br />

nur zwei Jahre, 1837 bis 1839, bewohnte,<br />

ist das einzige von seinen Wohnstätten, das<br />

aus diesen Zeiten erhalten ist. Hier schrieb er<br />

„The Pickwick Papers“ zu Ende, hier entstand<br />

„Oliver Twist“. Die Besichtigung dieses Hauses,<br />

von der Küche im Keller bis zum Dachboden<br />

und hinaus in den kleinen Garten mit Brunnen<br />

und Bänken, gerät zu einer geradezu magischen<br />

Lektüre. Was ist wirklich, was ist eingebildet?<br />

Im Essraum ist der lange Tisch gedeckt<br />

und Stimmen aus versteckten Lautsprechern<br />

lassen sich vernehmen, als säße eine Gesellschaft<br />

zu Tisch. Eine Schattenfigur weist den<br />

Weg die Treppe hinauf. In einem Zimmer des<br />

ersten Stocks steht der Schreibtisch mit dem<br />

schräg gestellten, abgeschabten Pult, daneben<br />

ein Papierkorb samt zusammengeknüllten<br />

Entwürfen, ringsum historische Schränke,<br />

hinter deren Glasscheiben Manuskripte und<br />

aufgeschlagene Bücher locken. Doch gegenüber<br />

hängt eine Zeichnung, die Dickens<br />

eingeschlafen in seinem Sessel zeigt, umgeben<br />

von den Fantasiefiguren seiner Bücher. So<br />

geht es weiter, eine moderne Timeline neben<br />

alten Gewändern. Und an der Garderobe fragt<br />

ein Schild zum Abschied: „Where would you<br />

take Dickens and what would you two do<br />

together?” Gute Frage, mit einem Buch “Walking<br />

Dickens’ London” geht es gleich weiter, und<br />

es ist dann auch kein Wunder, wenn aus heiterem<br />

Himmel plötzlich Wassertropfen fallen,<br />

gehören sie doch zu Fensterputzern weit<br />

oben an einer Glaswand.<br />

Sherlock Holmes<br />

Verwandelt Dickens die Realität in Fiktion, so<br />

geht sein viel jüngerer Kollege, der Arzt und<br />

Autor Arthur Conan Doyle, den umgekehrten<br />

Weg und verleiht seiner erfundenen Figur<br />

des Detektivs Sherlock Holmes eine solche<br />

Realität, dass ihr heute sogar ein ganzes Haus<br />

gewidmet ist, The Sherlock Holmes Museum<br />

an der Baker Street. Hier stimmt noch nicht<br />

einmal die Hausnummer 221b, zwischen den<br />

richtigen Nummern 237 und 241. Auch der<br />

Polizist vor der Tür, der wachsame Bobby mit<br />

dem markanten Konstabler-Helm, ist nur ein<br />

verkleideter Schauspieler. Das Haus ist vollgestopft<br />

mit Bildern, Requisiten. Im ersten Stock<br />

ist eine Wohnung rekonstruiert worden, in<br />

der Sherlock Holmes und sein Assistent<br />

Dr. Watson von 1881 bis 1904 gewohnt<br />

haben sollen. Man zeigt dort in einer Vitrine<br />

Holmes‘ „Supporting Cast“: Mütze, Pfeife,<br />

Lupe, Maßband, Pistole – von Holmes (und<br />

Watson) zu James Bond (und Mr. Q) geht<br />

ein direkter Weg. Im Dachstübchen steht die<br />

Zeit still, Wachsfiguren sind bei Mord und<br />

Totschlag erstarrt, und Conan Doyle schreibt<br />

alles auf. Das schräge Wesen setzt sich<br />

nebenan im Holmes-Shop nahtlos fort. Dort<br />

gibt es allen nur erdenklichen Krimskrams,<br />

bis zum Holmes’schen Badeentchen.<br />

Zauberwelten<br />

Schein und Sein gehen in London also<br />

unablässig ineinander über. Im Garten des<br />

Dickens-Museums erinnert eine kleine<br />

bemooste Schwelle (original step) daran, dass<br />

auf ihr die Heldin und ihr Ehemann am Ende<br />

von “Little Dorrit“ gestanden haben sollen.<br />

Das sieht aber nur derjenige, der das weiß,<br />

also das kleine Schildchen darüber entdeckt.<br />

Es gibt aber auch Häuser, die nicht jeder sieht,<br />

etwa in der Gegend um den Bahnhof King’s<br />

Cross. Harry-Potter-Fans wissen: Hier liegt die<br />

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