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Unterrichtsmaterialien zum Thema „Hexenverfolgung im Stift Verden und in den Herzogtümern Bremen-Verden“ 79<br />

der Bitte, dass der Scharfrichter „zu Winsen an der Luhe zu examinirung etlicher<br />

eingezogenen Hexen gefolget werden mögte.“ Dessen Folterungen waren dann so<br />

schlimm, dass Mettke Ottenberg, Hibbel Brenner und Margarethe von Ahlden im<br />

Gefängnis an drei unterschiedlichen Tagen tot aufgefunden wurden. Und die drei als<br />

„Gutachter“ hinzugezogenen Barbiere stellten fest, dass der Teufel den Frauen den<br />

Hals gebrochen haben musste. Das Domkapitel legte Wert darauf festzustellen, dass<br />

die Frauen vor der Tortur verstorben wären. Auf Grund dieser vier merkwürdigen<br />

Todesfälle befürchtete man, dass der Teufel auch Margarethe Sievers im Gefängnis<br />

nachstellen und sie töten könnte. Deshalb wurde sie aus dem Gefängnis „zu<br />

errettunge ihrer Seelenheyl und fähligkeit" entlassen und in ihrem Elternhaus an eine<br />

Kette angeschlossen, „woselbst sie viel consultirt wurde und Rath ertheilte.“ Das<br />

Aufsehen, das um sie gemacht wurde, schien sie so zu genießen, dass das<br />

Domkapitel jeglichen Kontakt zu ihr verbieten musste. In den vorangegangenen<br />

Verhören hatte Margarethe Sievers auch einige adelige Personen, darunter die<br />

Witwe Anna des Domdechanten Frese und deren Tochter der Zauberei beschuldigt.<br />

Das Domkapitel hielt diese Anklagen für hinlänglich begründet, um sie in die für<br />

Margarethe entworfene Urgicht aufzunehmen. Als dann am 21. März, gemäß des<br />

Helmstedter Gutachtens, das 16-jährige Mädchen im Peinlichen Halsgericht, der<br />

öffentlichen formellen Gerichtssitzung, zum Tode verurteilt wurde, kam es zu einen<br />

Zwischenfall. Denn in der verlesenen Urgicht, der gekürzten Fassung des<br />

Geständnisses, fehlten die Namen der denunzierten Patrizierfamilie. Daraufhin rief<br />

Margarethe – offenbar erbost darüber, dass man diesen vornehmen Personen nicht<br />

auch schon den Prozess gemacht hatte – die Namen laut in die Menge.<br />

Nach der Aussage von Margarethe sollten Anna Frese 1 und ihre Tochter Maria der<br />

Schwester von Bischof Sigismund einen goldenen Löffel abgezaubert, ihn bei einem<br />

Teufelsmahl benutzt und später für 40 oder 50 Taler verkauft haben. Das Essbesteck<br />

war aber tatsächlich gestohlen worden. Und der Dieb, der den Löffel an einen<br />

Goldschmied in Bremen verkauft hatte, konnte überführt werden. Er gestand die Tat,<br />

wurde mit Ruten geschlagen und abgeführt. Das Domkapitel geriet nun in arge<br />

Erklärungsnöte, denn dadurch waren die Behauptungen des Mädchens als Lüge<br />

entlarvt. Die Familie Frese reagierte dann auch sofort auf die vom Domkapitel<br />

verbreiteten Anschuldigungen. Die Gebrüder Frese ließen eine <strong>Druck</strong>schrift in der<br />

Stadt und im Stift Verden, aber auch in benachbarten Städten und Territorien<br />

veröffentlichen. Daraufhin veranlasste das Domkapitel Anfang 1618 den <strong>Druck</strong> der<br />

Widerlegungsschrift „Apologia“, in der bestritten wurde, das Verfahren unrechtmäßig<br />

1 Margarethe hatte die beiden Frauen im Februar 1617 besagt und deren Namen im März öffentlich genannt.<br />

Anna Frese verstarb dann drei Monate später.

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