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Ausflugstipps für die Ferien - Revierkind

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kolumne<br />

Der Kolumnist ganz unten<br />

Der Mensch stammt vom Affen ab, keine Frage. Charles Darwins Beiträge<br />

zur Evolutionstheorie haben uns das bereits vor 150 Jahren gelehrt. Forscher<br />

haben mittlerweile herausgefunden, dass der genetische Code von<br />

Menschenaffen mit dem unseren eine bis zu 98-prozentige<br />

Übereinstimmung aufweist. (Die Übereinstimmung zwischen<br />

Frau und Mann kann zuweilen unter 96 Prozent liegen!)<br />

Nun habe ich eine weitere große Entdeckung gemacht, <strong>die</strong> Darwins<br />

Theorie ein neues, spektakuläres Puzzleteilchen hinzufügen<br />

und <strong>die</strong> Wissenschaft einen großen Schritt weiterbringen<br />

wird. Nach einigen Zufallsbeobachtungen, ersten gezielten<br />

Datensammlungen und einer mittlerweile fortgeschrittenen<br />

Auswertung, wage ich mich damit an <strong>die</strong> Öffentlichkeit. Ich<br />

habe einen zusätzlichen Genstrang entdeckt, der sich um <strong>die</strong><br />

männliche DNA schlängelt und windet – quasi ein genetischer Blinddarm<br />

– und nur dann aktiviert wird, wenn zur ersten Bedingung des Mann-Seins<br />

eine zweite, <strong>die</strong> der Vaterschaft, hinzukommt.<br />

Zu den Beobachtungen: Ein Kind wird geboren. Hurra! Bei Tieren wie Menschen<br />

hat schon während der Schwangerschaft das eingesetzt, was man<br />

den Nestbautrieb nennt: Kühlschrankgroße Kartons werden in dem eigens<br />

da<strong>für</strong> erfundenen Family-Van rangekarrt, ausgepackt und aufgebaut, reklamiert<br />

und zurückgebracht und so weiter und so fort. Bunte Borten mit Fantasy-Motiven,<br />

putzige Tapetentiere und laubgesägte Buchstaben werden an<br />

Wände und Türen gepflastert. Der Dekorierungseifer der Frauen lässt sich<br />

nur noch durch <strong>die</strong> gezielte Bestechung der Ärztin bremsen, <strong>die</strong> mindestens<br />

vierwöchige Bettruhe verordnet. Der totale Wahnsinn, aber nichts Neues.<br />

Was aber passiert bei den Männern?<br />

Ganz tief in ihnen regt sich etwas. Ein neues Gefühl, eine neue Lust. Zum<br />

ersten Mal verspüren sie sie bei einem ganz harmlosen Gang zur Wasserkiste<br />

drunten im Keller: Dieser seltsame Geruch, <strong>die</strong>se kühle Feuchte auf der<br />

Haut. Diese Ruhe! Bereits beim zweiten Gang ist aus der lustvollen Neugier<br />

ein unbändiger Trieb geworden, ist der Gen-Code bereits unwiderruflich<br />

aktiviert. Ich nenne ihn den Maulwurfs-Code. Und ich bin mir sicher: Werden<br />

meine Forscherkollegen bald <strong>die</strong> Genstränge des Maulwurfs mit dem<br />

neu entdeckten Nebenstrang des Mannes vergleichen, <strong>die</strong> Kongruenz wird<br />

nahezu 99 Prozent betragen. Väter sind Maulwürfe! So ist es ganz erklärlich<br />

und geradezu selbstverständlich, dass der Vater instinktiv weiß: Hier unten<br />

ist mein Reich, meine Heimat, meine Bestimmung. Und während sich das<br />

Leben in der Oberwelt bei Tag und Nacht lautstark Bahn bricht, steigt der<br />

Mann immer häufiger, immer tiefer, immer länger hinab. Emsig beginnt er<br />

nun zu arbeiten. Mit schlafwandlerischer Sicherheit und sagenhafter Lautlosigkeit<br />

versteht er es, sich in dem neuen Lebensraum zu bewegen und sich<br />

einzurichten. Wunderbare, nie gesehene Welten existieren dort: Neben Wäschekammern<br />

und Spielzeugendlagern (siehe: „Der Kolumnist,<br />

Otto Hahn und <strong>die</strong> Spielzeug-Guerilla“, <strong>Revierkind</strong>-Ausgabe<br />

Okt./Nov. 2012) entstehen dort Musik-, Werk- und Hantelräume;<br />

Carrera-, Kicker-und Filmpaläste. Hier gibt es ein Leben abseits<br />

von Licht und Luft, ein stilles, untertägiges Grubenglück.<br />

Bereits ein kurzer Blick unter <strong>die</strong> Betondecken der nächsten Umgebung<br />

reicht aus, um <strong>die</strong> kulturelle Vielfalt, aber auch berührende<br />

Demut und Hingabe <strong>die</strong>ser subterranen Lebensformen<br />

sichtbar zu machen: Ich habe einen Freund, der putzt Schuhe,<br />

alle Schuhe. Seine, <strong>die</strong> seiner Frau, der Kinder, der Großeltern,<br />

der Nachbarn, der ortsansässigen Fußballmannschaft. Er hat mittlerweile<br />

ein unglaubliches Gespür <strong>für</strong> Bürsten und Borsten, Dreck, Textilfasern und<br />

Profile entwickelt. Ein Nachbar faltet und bemalt in detailversessener Kleinstarbeit<br />

Papierschürzen <strong>für</strong> Muffins, <strong>die</strong> dann bei lichten und luftigen Gartenfesten<br />

in <strong>die</strong> Oberwelt gereicht werden. Dass <strong>die</strong>se meist ungeachtet ihrer<br />

liebevollen Gestaltung zerknüllt und weggeschmissen werden, mag man<br />

Ironie des Schicksals nennen. Man kann über <strong>die</strong>se Männer auch mitleidig<br />

lächeln oder verächtlich auf sie hinabblicken, aber sie sind glücklich.<br />

Ich zum Beispiel habe vor einiger Zeit damit begonnen, mit der Wäsche zu<br />

reden. Mit den Hosen meiner Kinder führe ich <strong>die</strong> Gespräche, zu denen man<br />

in der Hektik der Oberwelt nicht kommt: „Mensch, bist du groß geworden.“<br />

„Ja ja,“ antwortet <strong>die</strong> Hose, „das sagt Tante Gisela auch immer“. Ich sehe <strong>die</strong><br />

Hemden meiner Frau: „Wow, bist du schl…“ „Sag jetzt nichts mehr“, unterbricht<br />

mich das Hemd. So entstehen wunderbare kleine Dialoge, Miniaturen<br />

der nie gesprochenen Gespräche.<br />

Nun wird aber <strong>die</strong>se ökologische Nische bereits seit Längerem bedroht.<br />

Immer häufiger werden schützende Türen und Wände eingerissen, Betondecken<br />

durchbrochen, Schächte zu Fenstern aufgestemmt. In Neubauvorhaben<br />

werden Keller häufig gar nicht mehr mitgeplant, da sie zu teuer sind.<br />

Hier werden wichtige Psychotope nachhaltig zerstört oder verhindert. Die<br />

Folgen <strong>für</strong> das gesamtgesellschaftliche, vor allem aber <strong>für</strong> das familiäre soziale<br />

Gleichgewicht sind dabei weder mitbedacht noch absehbar.<br />

Während ich <strong>die</strong>se Zeilen niederschreibe, sitze ich hier, ganz unten. Diese<br />

Kolumne ist eine Botschaft, ein Ruf an <strong>die</strong> Welt da oben: Versucht nicht, <strong>die</strong><br />

Natur zu verändern. Der Maulwurf ist der Vater der Väter. Ernennt ihre Keller<br />

zum Weltkulturerbe.<br />

Kain Pardon<br />

ab enDe august<br />

in ihrer Filiale<br />

in bochum<br />

<br />

<br />

Die neue kollektion ist Da!<br />

<br />

<br />

<strong>Revierkind</strong>August13_profo.indd 1<br />

05.07.2013 8:23:34 Uhr<br />

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