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1. Konzept der präventiven Rückenschule Das Konzept der ...

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Fitness III/IV<br />

12.5.05, SS 2005<br />

Dozenten: PD Dr. Theo Stemper, Dr. Peter Wastl<br />

Thema: <strong>1.</strong> <strong>Konzept</strong> <strong>der</strong> <strong>präventiven</strong> <strong>Rückenschule</strong><br />

2. Beispielhaftes Übungsprogramm zur Körperwahrnehmung /<br />

Haltungsschulung<br />

<strong>1.</strong> <strong>Konzept</strong> <strong>der</strong> <strong>präventiven</strong> <strong>Rückenschule</strong><br />

Die <strong>Rückenschule</strong><br />

Die <strong>Rückenschule</strong> ist ein gezieltes Verhaltungstraining, das neben Einstellungs- und Verhaltensän<strong>der</strong>ungen<br />

auch ein verbessertes Körperbewusstsein anstrebt. Ebenso steht <strong>der</strong> Erwerb<br />

eines belastungsreduzierenden, wirbelsäulengerechten Bewegungsverhalten im Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Die <strong>Rückenschule</strong> zielt ganz im Sinne <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung darauf ab, den Menschen<br />

zu einem eigenverantwortlichen gesundheits- und umweltbewussten Handeln hinzuführen<br />

und ihn damit zu befähigen, sein Wohlbefinden und seine Gesundheit zu verbessern. Risikofaktoren<br />

sollen vermieden und Schutzfaktoren aufgebaut werden.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Konzept</strong> <strong>der</strong> <strong>präventiven</strong> <strong>Rückenschule</strong><br />

In <strong>der</strong> <strong>präventiven</strong> <strong>Rückenschule</strong> wird beson<strong>der</strong>en Wert auf den ganzheitlichen Ansatz gelegt,<br />

wozu auch Entspannungsverfahren, Verhaltenstraining, Rückenschulung sowie kleine<br />

Spielformen gehören. Der Mensch soll als Einheit von Körper, Geist und Seele betrachtet<br />

werden.<br />

Es handelt sich jedoch nicht um ein therapeutisches <strong>Konzept</strong>, welches die Arbeit eines Arztes<br />

o<strong>der</strong> Krankengymnasten ersetzen kann. <strong>Das</strong> <strong>Konzept</strong> wendet sich an den Gesunden<br />

o<strong>der</strong> an den gerade behandelten Patienten. Es stellt vielmehr eine Zwischenstufe zwischen<br />

Rehabilitation und organisiertem Sport o<strong>der</strong> Freizeitsport dar.<br />

Ziele <strong>der</strong> <strong>präventiven</strong> <strong>Rückenschule</strong><br />

Ziel ist die langfristige Motivation des Menschen zur Anwendung wirkungsvoller und akzeptierter<br />

Alltagsstrategien, als effizienter Weg zur Verhütung von Zivilisationskrankheiten. Hier<br />

steht beson<strong>der</strong>s die Hinführung zu einer rückenfreundlichen Verhaltensweise im Alltag im<br />

Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Um dies zu erreichen, ist ein ganzheitlicher Lernprozess nötig, <strong>der</strong> in seinem Ablauf durch<br />

Erkennen, Entwickeln, Verän<strong>der</strong>n und Festhalten eine Verhaltensän<strong>der</strong>ung hervorruft.<br />

Der ganzheitliche Lernprozess lässt sich in Einzelkomponenten unterglie<strong>der</strong>n:<br />

• Der geistige (kognitive) Lernprozess – Aneignung von Wissen<br />

• Der (psycho) motorische Lernprozess – Erwerb von körperlichen<br />

Fertigkeiten und Verhaltensweisen<br />

• Der soziale Lernprozess – Erlernen von sozialen Verhaltensweisen<br />

Folgende Zielsetzungen verfolgt die präventive <strong>Rückenschule</strong> im einzelnen:<br />

Motivationale und affektive (gefühlsbetonte) Ziele<br />

Gemeint sind damit alle Ziele, welche direkt mit dem emotionalen Bereich des Menschen<br />

gekoppelt sind und Antriebe für gesunde Verhaltensweisen und Verhaltensän<strong>der</strong>ungen geben<br />

können.<br />

Kognitive Ziele<br />

Hierzu gehören in erster Linie alle Ziele, die in den Bereich des Denkens und fachspezifischen<br />

Wissens fallen.<br />

1


Motorische und psychomotorische Ziele<br />

Gemeint ist damit das Erlernen und Automatisieren von körperlichen und regulativen Bewegungsabläufen<br />

und Übungen, die Verbesserung motorischer Eigenschaften(Ausdauer, Kraft,<br />

etc.) und <strong>der</strong> Ausgleich von Alltagsbelastungen durch Bewegungstraining.<br />

Soziale Ziele<br />

Vernünftige Kommunikation, Rücksichtnahme auf an<strong>der</strong>e Gruppenmitglie<strong>der</strong>, gemeinsames<br />

Spielen und kooperative Aufgaben zu erarbeiten sind Zielsetzungen, die in einem Gruppenkurs<br />

für einen situationsgerechten und humanen Umgang <strong>der</strong> Gruppenmitglie<strong>der</strong> untereinan<strong>der</strong><br />

anzustreben sind.<br />

Die Inhalte <strong>der</strong> <strong>Rückenschule</strong><br />

Die inhaltliche <strong>Konzept</strong>ion einer <strong>präventiven</strong> <strong>Rückenschule</strong> orientieren sich an ihrer Zielsetzung<br />

und an den Bedürfnissen <strong>der</strong> Teilnehmer.<br />

Die <strong>Rückenschule</strong> als Gesundheitsför<strong>der</strong>ungsprogramm umfasst dabei ein ganzes Maßnahmebündel,<br />

um <strong>der</strong> Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> Einstellungen und Motive von<br />

angezielten Gruppen gerecht zu werden.<br />

Folgende inhaltliche Elemente wurden für das <strong>Konzept</strong> ausgewählt:<br />

Aufwärmen: In <strong>der</strong> <strong>Rückenschule</strong> erfolgt das Aufwärmen durch großräumige, aktive Bewegungsformen<br />

wie Gehen, Laufen und leichte Gymnastik, die zu einer allgemeinen Steigerung<br />

<strong>der</strong> physischen und psychischen Leistungsbereitschaft führen.<br />

Funktionelle Gymnastik: Die Funktionelle Gymnastik bildet mit dem Verhaltenstraining den<br />

Schwerpunkt des Rückenschulprogramms. Unter Berücksichtigung <strong>der</strong> anatomischen und<br />

physiologischen Grundlagen des Körpers zielt sie auf die Erhaltung, Verbesserung und Wie<strong>der</strong>herstellung<br />

bestimmter Organfunktionen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit des Stütz-<br />

und Bewegungsapparates. In <strong>der</strong> Funktionellen Gymnastik werden auch Übungen zur Körperwahrnehmung,<br />

Koordinationsübungen, Mobilisationsübungen, Dehnungsübungen und<br />

Kräftigungsübungen behandelt.<br />

Kleine Spiele: Kleine Spiele dienen zum spielerischen Aufwärmen, abschalten vom Alltag<br />

und zur Sensibilisierung für die kommenden Stundeninhalte.<br />

Entspannung: Die Entspannung nimmt durch ihre zahlreichen positiven Eigenschaften eine<br />

wichtige Stellung innerhalb eines Rückenkurs ein. Entspannung schafft eine Grundlage für<br />

Wohlbefinden und Lebensfreude zur Erhaltung und Verbesserung <strong>der</strong> allgemeinen Lebensqualität.<br />

<strong>Rückenschule</strong> – Verhaltenstraining und Bewegungslernen: Dieser Bereich befasst sich<br />

mit dem Umlernen alltäglicher Bewegungen zu rückenschonenden Alltagsbewegungen. Verbesserte<br />

körperliche Vorraussetzungen erleichtern die Bewegungsausführung und erschweren<br />

den Rückfall in das falsche Bewegungsmuster.<br />

Erfahrungsaustausch, Gespräch – Aufklärung und Information: In Form von Theorieeinheiten,<br />

Materialien o<strong>der</strong> Vorträgen werden Kenntnisse vermittelt, die im rückengerechten<br />

Alltag von Bedeutung sind. Durch Erfahrungsaustausch erhalten die Kursteilnehmer die<br />

Möglichkeit zur intensiveren Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Thematik und zum Gespräch mit<br />

Gruppenmitglie<strong>der</strong>n.<br />

2. Beispielhaftes Übungsprogramm zur Körperwahrnehmung /<br />

Haltungsschulung<br />

Körperwahrnehmung<br />

Körperbewusstsein setzt die Wahrnehmung von Raum-, Zeit- und Spannungszuständen des<br />

eigenen Körpers in Ruhe und Bewegung voraus.<br />

Rezeptoren im gesamten Körper geben Informationen über Spannungszustände <strong>der</strong> Muskulatur<br />

und <strong>der</strong> räumlichen Lage <strong>der</strong> Körperteile zueinan<strong>der</strong>.<br />

Im Erleben einer Bewegung und in <strong>der</strong> Wahrnehmung des Körpers liegen die Chancen einer<br />

längerfristigen Verhaltensän<strong>der</strong>ung.<br />

2


Erst wenn die Teilnehmer ihren Körper als sensibles Empfindungsorgan für Belastungen<br />

aber auch für Freude, Lust und angenehme Empfindungen kennen lernen, werden sie auch<br />

begreifen, dass sie nicht nur in einem Körper wohnen, son<strong>der</strong>n dass sie selbst „Körper sind“.<br />

Ziel einer <strong>Rückenschule</strong> ist es, dass die Teilnehmer eine verän<strong>der</strong>te und erweiterte Wahrnehmungsfähigkeit<br />

für den eigenen Körper entwickeln. Ebenso sollen die Teilnehmer bewusst<br />

in ihren Körper hineinhorchen und die Sensibilität für funktionelle Abläufe im Organismus<br />

steigern, um sich dadurch neue und intensivere Erfahrungen mit dem eigenen Körper<br />

zu ermöglichen.<br />

Die Wahrnehmung <strong>der</strong> Bewegungszusammenhänge im Körper ermöglichen wichtige<br />

Erfahrungen. Diese Erfahrungen bieten die Grundlage, Verhaltensweisen qualitativ zu<br />

verbessern und sie einer gesunden Lebensweise anzupassen.<br />

Übungen zur Körperwahrnehmung<br />

• Wahrnehmung <strong>der</strong> WS: In gestreckter Rückenlage die Augen schließen und spüren,<br />

wo die WS am Boden aufliegt und wo Hohlräume vorhanden sind. Mit den<br />

Händen kontrollieren. Variante: die Beine aufstellen und die neue Position mit <strong>der</strong><br />

vorherigen Haltung vergleichen.<br />

• Rückenspiele mit dem Partner: Ein Partner legt sich auf den Bauch, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

schreibt o<strong>der</strong> malt etwas auf den Rücken. Der Liegende soll erraten was auf den<br />

Rücken geschrieben wurde. Variante: <strong>Das</strong> Wetter darstellen.<br />

• Spiegelbild: Die Partner stehen gegenüber, einer stellt Alltagsbewegungen dar und<br />

<strong>der</strong> An<strong>der</strong>e imitiert diese. Im nächsten Durchgang sollen die Bewegungen rückenfreundlich<br />

ausgeführt werden.<br />

• Fußmassage mit dem Igelball: Der Fuß wird durch leichte Bewegungen mit dem<br />

Igelball massiert, dabei soll die ganze Fußsohle durchwan<strong>der</strong>t werden, und <strong>der</strong><br />

Druck variiert werden. Danach beide Füße auf den Boden stellen und den massierten<br />

mit dem unmassiertem Fuß vergleichen.<br />

• Vorfuß-/Fersenbelastung im Wechsel spüren. Was passiert mit dem restlichen Körper?<br />

• Bildhauer: Ein Teilnehmer modelliert eine Skulptur aus seinem Partner. Dabei unterschiedliche<br />

Freiheitsgrade <strong>der</strong> verschiedenen Gelenke, Gelenkfunktionen,<br />

Gelenkbeweglichkeit erarbeiten.<br />

• Vertrauen: Alle Teilnehmer stehen hintereinan<strong>der</strong>, die Hände auf die Schultern des<br />

Vor<strong>der</strong>manns; <strong>der</strong> Letzte gibt mit den Händen den Impuls zum Starten und für die<br />

Richtungswechsel nach vorne durch. Der Hintere läuft zum Wechseln nach vorne.<br />

Literatur:<br />

• Kempf: Die <strong>Rückenschule</strong>. Rowohlt, Reinbeck 2005.<br />

• Kempf/Fischer: <strong>Rückenschule</strong> für Kin<strong>der</strong>. Rowohlt, Reinbeck 1995.<br />

• Reinhardt: Ein ganzheitliches Rückenkurskonzept. In Sporttherapie 6/89, 1/90.<br />

• Kursleitermappe für die Ausbildung zum Rückenschulleiter, Forum Gesun<strong>der</strong> Rücken-<br />

besser leben, Heidelberg/ Karlsruhe, 1996.<br />

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