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Lifestyle Text: Bernd Ratmeyer TOMATENBÜCHSE ALS VERGASER: „HARLEY-DAVIDSON NO. 1“ Fotos: Harley-Davidson 44 2/13
Lifestyle Vor 110 Jahren entstand in einer Hinterhofgarage in Milwaukee die Firma Harley-Davidson. Sie ist bis heute die bekannteste Motorradmarke der Welt und der Inbegriff von Freiheit, Stil und Männlichkeit. Eine Würdigung Das frühe 20. Jahrhundert markiert bahnbrechende technologische und wissenschaftliche Neuerungen. Es ist die Zeit der Erfinder und Pioniere. Die Gebrüder Wright experimentieren mit motorisierten Flugzeugen, die Bauarbeiten am Panamakanal beginnen, Henry Ford revolutioniert den Autobau und Wilhelm Röntgen die Medizintechnologie. Soweit denkt der Schreiner Arthur Davidson gar nicht, als er mit seinem Kumpel William Harley in einem klapprigen Schuppen in der 38. Straße von Milwaukee, Wisconsin, ein altes, verstaubtes Fahrrad begutachtet. Die Vision der beiden soll weder den Globus noch die Weltwirtschaft retten, sondern das harte Leben einfach ein wenig leichter machen: Ein Fahrrad mit Motor! Und so schrauben die beiden zunächst eifrig, aber erfolglos, in ihrer Behelfsgarage herum. Schließlich gesellt sich Arthurs Bruder Walter Davidson zu der Bastel runde. Der gelernte Eisenbahn-Maschinist bringt sein Fachwissen mit ein – mit Erfolg: 1903 entsteht ein Motorrad. Beileibe nicht das erste der Welt, aber eines, das erschwinglich und funktionstüchtig ist. Die drei Freunde sind begeistert und pinseln rasch in unbeholfenen Lettern den Namen ihres kleinen Startups auf die morschen Türbretter: „Harley- Davidson Motor Co.“ Noch sieht man dieser ersten Bastelarbeit nicht an, welche Legende aus ihr einst werden soll. Die „Harley-Davidson No. 1“ ist schließlich nicht mehr als ein schwarzes Fahrrad mit einem angeschraubten Ein-Zylinder-Motor von 400 cm 3 Hubraum und gerade mal drei PS. Eine Tomatenbüchse dient als Vergaser, es existieren Leiser, grauer Kumpel weder Federung noch Kupplung. Die Produktion umfasst in diesem ersten Jahr 1903 gerade mal drei Stück, gebaut werden sie nach Feierabend. Tante Janet Davidson malt mit goldener Farbe die beiden Familiennamen auf den kleinen schwarzen Tank. Die „No. 1“ erweist sich als solide und laufstark, so dass die Nachfrage steigt. Nach und nach verbessert das Trio die Ur-Harley: Das Vorderrad erhält durch eine Springergabel die nötige Federung, eine Kupplung wird eingebaut. Mittlerweile basteln Arthur, William und Walter nicht mehr nach Feierabend, sondern produzieren in Vollzeit. Aus den drei Freunden sind professionelle Motorradbauer geworden. 1906 bieten sie die technisch mehrfach modifizierte „No. 1“ auch in der Farbe Grau an. Zugleich gelingt es ihnen, den Motor vergleichsweise geräuscharm zu halten. Das bringt der Harley- Davidson den berühmten Spitznamen „Silent Grey Fellow“ ein – leiser, grauer Kumpel. So werden die Maschinen nun auch vermarktet; der erste Verkaufskatalog erscheint. Der graue Kumpel knattert sich in die Herzen von Farmern, Ranchern, Postboten, jugendlichen Draufgängern – und Polizisten: 1908 trägt die erste Harley-Davidson das Symbol des Detroit Police Departments auf dem Tank. Ein Jahr später fertigen auf einem neuen Fabrikgelände bereits 35 Angestellte über 1.000 Motorräder. Darunter befinden sich 27 ganz besondere Exemplare. Sie werden die eigentliche Legende Harley-Davidson begründen. Denn die Modelle des Typs „5D“ verfügen nicht nur über einen beeindruckenden Hubraum von 800 cm 3 , sondern haben auch zwei statt einen Zylinder, die in einem 45-Grad-Winkel zueinander angeordnet sind. Die v-förmige Konstruktion ist nicht wie üblich durch eine Karosserie abgedeckt, sondern liegt offen und glänzt elegant verchromt. Dies wird 1909 das Markenzeichen der Harley- Davidson – und ist es bis heute. EINE „FAT BOB“ VON 2008 2/13 45
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