Download - Rhein Center
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Reisen<br />
Im Rausch<br />
der Bilder<br />
Die meisten Touristen fahren nach Jordanien, um<br />
Petra zu sehen, die Felsenstadt der Nabatäer. Doch<br />
das Land hat weit mehr zu bieten. Eine Rundreise<br />
EINGANG ZUM<br />
URNENGRAB,<br />
EINEM DER 13<br />
GRABBAUTEN DER<br />
KÖNIGSWAND<br />
Wer nach Petra kommt, hat ein Bild vor Augen. Es ist immer das<br />
gleiche: der Blick auf das von der Sonne beschienene „Schatzhaus<br />
des Pharao“, das legendäre Khazne al-Firaun, eingerahmt<br />
von kantigen Felsen, die im Schatten zu Schemen werden. Wie<br />
achtlos freigerubbelt lugt die rosa Fassade in der Mitte aus dem<br />
Schwarz. Unwirklich wirkt das, fantastisch – anziehend. Doch<br />
wer dann da ist, durch den Siq läuft, jene anderthalb Kilometer<br />
lange Schlucht, die zu dem berühmtesten Bau der Nabatäer<br />
führt, wünscht sich mitunter, er hätte dieses Bild nie gesehen.<br />
Man weiß ja leider schon, was kommt.<br />
Text und Fotos: Cornelia Tomerius<br />
„Jetzt am besten links halten“, sagt Raed, der Guide, kurz vor<br />
unserem Ziel, „dann schön langsam an der Felswand lang und<br />
den Blick nach oben richten“. Im Gänsemarsch, die Kameras<br />
über den Köpfen, so nähern wir uns dem großen Anblick, den<br />
wir von den Bildern kennen. Wie ein gigantischer Vorhang gibt<br />
die Felsspalte erst ein schmales Stück der berühmten Fassade<br />
frei – und mit jedem Schritt ein weiteres, bis man plötzlich vor<br />
dem Khazne al-Firaun steht: staunend, ergriffen und letztlich<br />
sogar froh, gewarnt gewesen zu sein. Der Anblick ist einfach<br />
überwältigend.<br />
Die alten Nabatäer hatten offenbar ein Faible für große Auftritte.<br />
Sonst weiß man nicht viel von dem Nomadenvolk, das sich<br />
um 500 vor Christus hier ansiedelte, später in nur wenigen<br />
Jahrzehnten seine Hauptstadt aus dem Fels schlug – und nach<br />
schweren Erdbeben in den Jahren 363 und 551 nahezu spurlos<br />
verschwand. Denn wer hinter die schöne Fassade des Khazne<br />
al-Firaun schaut, findet: nichts. Leer sind die Kammern. Und<br />
bieten somit reichlich Raum für Theorien, für Träume, für<br />
Hirngespinste.<br />
So erwies sich die ursprüngliche Vermutung, die dem Gebäude<br />
seinen Namen gab, als Irrtum. Das Khazne al-Firaun beherbergt<br />
keinen Schatz. Die Einschüsse an der Fassade sind das,<br />
was übrig blieb, als verzweifelte Schatzsucher mit Gewalt versuchten,<br />
dem Bau seine Kostbarkeiten abzutrotzen. Als würde<br />
sich die wundersame Fassade einfach öffnen, solange man nur<br />
ordentlich draufballert. Heute sind die Methoden, um den<br />
Geheimnissen von Petra auf die Spur zu kommen, natürlich<br />
andere. Seit den 1920ern wird hier archäologisch geforscht, doch<br />
bis heute sind vermutlich<br />
Ein Schild<br />
führt ans Ende<br />
der Welt.<br />
WIE GEMALT WIRKT DER VOM WIND<br />
GESCHLIFFENE SANDSTEIN<br />
erst 20 Prozent des antiken<br />
Petra ausgegraben.<br />
Das ist allerdings immer<br />
noch mehr, als ein Tourist<br />
an einem Tag schaffen<br />
kann. Wir besichtigen<br />
das römische Amphitheater, die Königswand mit den 13<br />
Tempeln und den Felsentempel Ad Deir hoch oben auf dem<br />
Berg. Von hier führt uns ein Schild ans „Ende der Welt“, das<br />
sich als kleines Felsplateau mit Beduinenzelt entpuppt. Ein Beduine<br />
sitzt dort und schlürft an seinem Tee – die Augen mit<br />
Kajal umrandet, die schwarzen Locken geölt, ein Tuch zum<br />
Turban gewickelt. Man muss an Johnny Depp denken, der in<br />
„Fluch der Karibik“ ganz ähnlich aussah, und nicht nur unser<br />
Guide ist überzeugt davon, dass sich die Maskenbildner aus<br />
Hollywood für diesen Film hier in Petra vom traditionellen<br />
Look der Beduinen inspirieren ließen.<br />
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