ALLTAG IM RHEINLAND - Institut für Landeskunde und ...
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<strong>IM</strong> NETZ<br />
dem ihre Webstühle selber instand halten<br />
<strong>und</strong> reparieren mussten. So belief sich die<br />
wöchentliche Arbeitszeit der Hausbandweber<br />
auf etwa 50 bis 60 St<strong>und</strong>en. 9<br />
Zudem sorgte die Maschinisierung da<strong>für</strong>,<br />
dass die Bandwebstühle zunächst in<br />
den Fabriken aufgerüstet <strong>und</strong> mit Dampf<br />
betrieben wurden. Diese Neuerungen waren<br />
jedoch kostspielig <strong>und</strong> kamen deshalb<br />
<strong>für</strong> Hausbandweber kaum in Frage. Ende<br />
des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts kamen Gasmotoren<br />
auf den Markt, welche erschwinglicher<br />
waren. Nun mussten die Hausbandweber<br />
ihre Webstühle nicht mehr von Hand betreiben<br />
<strong>und</strong> es konnten mehrere Webstühle<br />
gleichzeitig betrieben werden: das Einkommen<br />
steigerte sich. 10<br />
War es am Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
eher der Modemarkt, welcher von<br />
den Bandwebern bedient wurde <strong>und</strong> von<br />
welchem sie in gleichem Maße abhängig<br />
waren – denn was gestern noch en vogue<br />
war, konnte morgen schon nicht mehr der<br />
<br />
es während des Zweiten Weltkriegs die<br />
Militärindustrie, die die Bandweberei am<br />
Leben hielt <strong>und</strong> <strong>für</strong> welche beispielsweise<br />
Fallschirmgurte oder Schnürriemen<br />
hergestellt wurden. 11 In der Nachkriegszeit<br />
richtete die Bandweberindustrie sich<br />
mit ihrer Produktpalette nach den dringend<br />
benötigten Utensilien <strong>und</strong> stellte<br />
beispielsweise Därme aus Kunstseide <strong>für</strong><br />
Wurst her. 12<br />
Die fortschreitende Maschinisierung<br />
sorgte Mitte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts dann<br />
jedoch endgültig <strong>für</strong> einen Rückgang der<br />
Hausbandwebereien: Mit dem Aufkommen<br />
von Nadelautomaten <strong>und</strong> diversen Maschinen,<br />
welche Zuarbeiten <strong>und</strong> Fertigung<br />
vereinfachten, war es den Hausbandwebern<br />
nahezu unmöglich, mit den Fabriken<br />
mitzuhalten <strong>und</strong> <strong>für</strong> sich <strong>und</strong> die Familie<br />
den Lebensunterhalt zu verdienen. 13<br />
Gegen Ende des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
spaltete sich zudem die Produktpalette<br />
der Bandweberei auf: die Hausbandweberei<br />
war eher <strong>für</strong> die Bedienung der Modeindustrie<br />
zuständig, wobei der Bedarf hier<br />
einen rasanten Rückgang verzeichnet.<br />
Der Produktionsbereich der technischen<br />
Bänder wurde von Fabriken übernommen.<br />
Heute werden sie fast ausschließlich dort<br />
produziert, wobei hier durch neue, vor allem<br />
synthetische Stoffe die Produktpalette<br />
erweitert wurde. 14<br />
Die nahezu ausschließliche Spezialisierung<br />
auf den modischen Bereich sowie<br />
die Kosten einer Umstellung auf die neue<br />
Technik beinhalteten <strong>für</strong> viele Hausband-<br />
siko,<br />
sodass sie sukzessiv ihre Betriebe<br />
schließen mussten. Dies führte dazu, dass<br />
heutzutage fast keine Hausbandwebereien<br />
mehr existieren. 15<br />
Durch das In-Bezug-Setzen von heterogenen<br />
Quellen, wie es das DFG-Projekt<br />
ermöglicht, lässt sich anhand der Hausbandwebereien<br />
im Bergischen Raum der<br />
Wandel des Alltags im Rheinland im 20.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert exemplarisch darstellen:<br />
Generell ist ein Rückgang von Heimarbeit<br />
<strong>und</strong> kleineren Betrieben zu Gunsten von<br />
größeren Unternehmen <strong>und</strong> Fabriken zu<br />
Bandwebstuhl in der Werkskammer<br />
des Bandweberhauses aus Ronsdorf im<br />
LVR-Freilichtmuseum Lindlar.<br />
10 Alltag im Rheinland 2013