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Textbuch - Richard-Müller-Schule Fulda

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Ich bin zwar eigentlich immer einsam, aber die Enge stellt für mich keineswegs etwas Negatives<br />

dar.<br />

Zu meinen Eltern ist zu sagen, dass diese mich nicht nur finanziell unterstützen, denn schon<br />

meine Mutter stammt aus gutem Hause und auch mein Vater genoss eine sehr gute Bildung.<br />

Die beiden sind die einzigen, welche mich verstehen und an meine Ziele glauben.<br />

Meine Nachbarn hingegen, welche in der Umgebung meiner kleinen Wohnung leben, sind<br />

mir fremd. Lediglich wenige von ihnen sehe ich manchmal.<br />

Soziale Kontakte sind nicht mein Fall, wie bei der Liebe, handelt es sich bei ihnen nur um<br />

Illusionen und leere Worte.<br />

Meistens reagieren die Leute ähnlich auf meine Erscheinung.<br />

In meiner Zeit ist es nicht üblich, dass Frauen eine hohe Bildung erreichen und für meine<br />

Mitmenschen ist dies auch oft ein Grund mich zu meiden.<br />

Im Moment befinde ich mich im Abteil des Zuges in Richtung Temeswar.<br />

Der einzige geschlossene Raum, welchen ich gelegentlich aufsuche, ist ein Haute-Couture-<br />

Salon in Wien. Dieser wird von Emilie Flöge, einer langjährigen Freundin von Gustav Klimt<br />

geführt.<br />

Hier finde ich stets außergewöhnliche Kleider, welche meine Persönlichkeit gekonnt widerspiegeln<br />

und mit einem geheimnisvollen Schleier umspielen.<br />

Schon oft stand ich vor den Bildern Klimts in der österreichischen Galerie in Wien und bewunderte<br />

seine Werke. Eines dieser Werke ist ein Portrait von Emilie Flöge, welches für<br />

mich so viel Anmut, Stärke und Individualität ausstrahlt, wie kein anderes.<br />

Klimts traditionelle Werke - die bekleideten Frauen – haben mich schon oft inspiriert. Jedoch<br />

gehe ich oft ins Haus der Sezession, wo ich die berühmten Jugendstilwerke – und die Akte –<br />

bewundere.<br />

Das Geheimnisvolle und Fremdartige der Genien des Beethovenfrieses führt mir immer wieder<br />

die Schönheit der Individualität vor Augen und lässt mich spüren, welches große Loch die<br />

Vorurteile und Abgestumpftheit der heutigen Gesellschaft in meine Seele reißen.<br />

Vollkommen zufrieden werde ich zwar nie mit meinem Leben sein, da es immer weitere natürliche<br />

Problematiken aufwirft, jedoch bin ich überzeugt, dass mich meine Art, die Gegebenheiten<br />

nicht einfach hinzunehmen, meinem Traum eines Tages den Nobelpreis überreicht zu<br />

bekommen, näher bringen wird.<br />

Ein träumender Hysteriker<br />

von Jan Niklas Holler<br />

Ich laufe den Strand entlang, das Meer rauscht, ein Zug fährt mitten hindurch, er setzt seine<br />

Segel und wird schneller.<br />

Die Straße, auf der ich gehe führt mich in die Wildnis, die sich plötzlich vor mir auftut. So<br />

weit das Auge reicht, ist flaches Land, außer da, ein dunkler Fleck. Ich gehe auf ihn zu. Je<br />

näher ich komme, desto schärfer werden die Konturen. Ich entdecke Häuser und Menschen.<br />

Als ich an dem Dorf ankomme, versuche ich mich mit den Einheimischen zu unterhalten,<br />

aber niemand versteht mich. Ich spreche diese Menschen direkt an, aber es hallt in<br />

einer fremden Sprache zurück. Diese Versuche rauben mir die Kraft. Am Horizont erkenne<br />

ich ein anderes Dorf. Es ist sehr nahe. Ich entferne mich immer weiter von dem alten Dorf,<br />

bis ich es nicht mehr sehen kann, doch das neue liegt jetzt auf einer riesigen Anhöhe, die<br />

ich erst erklettern muss. Auf halbem Weg stürze ich ab und falle in die Tiefe.

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