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insights - Roland Berger

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COO<br />

<strong>insights</strong><br />

Das magazin für den<br />

chief operating officer<br />

AUSGABE 02.2013<br />

KNAPPHEIT<br />

mythos oder<br />

wirklichkeit?<br />

Reicht das Öl? Droht ein Handelskrieg<br />

um Seltene Erden? Wie Winfried Seitz,<br />

COO von BSH, Ressourcen managt


angezählt<br />

13<br />

00<br />

Ein Magnet aus einer Neodymverbindung*<br />

kann das 1.300-Fache<br />

seines Eigengewichtes tragen<br />

(*Woraus Neodym besteht und wozu man es braucht lesen Sie auf den Seiten 28/29)


Editorial<br />

Liebe Leserinnen und liebe Leser,<br />

die Preise fallen zwar seit 2010, damit steigt aber die<br />

Hoffnung auf berechenbarere Rohstoffmärkte keineswegs.<br />

Im Gegenteil: Der Bundesverband der deutschen Industrie<br />

erwartet, dass sich die Preise wieder aufwärts bewegen<br />

werden. Natürlich kann niemand Genaues prognostizieren,<br />

aber klar ist: Knappe Rohstoffe sind die Achillesferse der<br />

Industrie. Das klassische Beispiel: Öl. Wer kann sagen, wie<br />

lange es bezahlbar bleibt? Wie sieht es mit Seltenen Erden<br />

aus? Können überraschende Funde in Deutschland oder<br />

Japan Chinas Quasimonopol brechen? Rohstoffe und Energiepreise<br />

sind die größten Unternehmensrisiken.<br />

Sich auf den nächsten Lieferengpass und die nächste Krise<br />

vorzubereiten, ist die Königsdisziplin des Managements.<br />

Überlegte Reaktionen und vorausschauendes Handeln sorgen<br />

für Sicherheit und Kalkulierbarkeit in Zeiten extremer<br />

Volatilität. Bevor Sie jetzt denken, das sei unmöglich,<br />

lesen Sie unsere Titelgeschichte ab Seite 10.<br />

Eine erkenntnisreiche Lektüre wünschen Ihnen<br />

Thomas Rinn, Partner<br />

thomas.rinn@rolandberger.com<br />

Martin Erharter, Partner<br />

martin.erharter@rolandberger.com<br />

COO Insights | 02.2013<br />

3


Inhalt | AUSGABE 02.2013<br />

14<br />

Weltsicht<br />

Rohstoffverknappung<br />

– aus geologischer<br />

Sicht bisher<br />

nicht absehbar<br />

27<br />

Kupfer<br />

Krimineller Erfindergeist.<br />

Skurriles<br />

aus der Welt der<br />

Wohlstandsdiebe<br />

titel<br />

6<br />

momentaufnahmen<br />

Bilder dieser Ausgabe<br />

Baggern für die Kohle. Schuften für das Gold. Unsere<br />

Fotos zum Thema Knappheit<br />

10<br />

knappheit<br />

Problem erkannt? Problem gebannt?<br />

Finanzkrise? War gestern. Knappe Rohstoffe sind die wahre<br />

Herausforderung für die Industrie. Wie lässt sich Knappheit managen?<br />

20<br />

interview<br />

"Wir sind nicht erpressbar"<br />

Winfried Seitz, COO bei Bosch und Siemens Haugeräte, über den täglichen<br />

Kampf gegen Angebotskonzentration und Preisturbulenzen<br />

28<br />

seltene erden<br />

Wunder gibt es immer wieder<br />

Bei Seltenen Erden stand die Monopolstellung Chinas bisher außer Frage –<br />

doch wie lange noch? Die Konkurrenz naht<br />

18<br />

stimmen<br />

Vieles ist zum Thema<br />

Knappheit gesagt<br />

worden. Auch<br />

von jedem? Klare<br />

Antwort: nein!<br />

39<br />

ausblick<br />

Frugal Products<br />

spielen auf westlichen<br />

Märkten<br />

eine immer größere<br />

Rolle<br />

werkstatt<br />

33<br />

wissens-werte<br />

Fakten und Zahlen<br />

über kritische Rohstoffe, Produktinnovationen, Modularisierung<br />

und die Transformation von Geschäftsmodellen<br />

37<br />

kiosk<br />

Buchtipp<br />

Führung und Strategie in unsicheren Zeiten<br />

38<br />

7 fragen an ...<br />

Peter Buchholz<br />

Rohstoffknappheit – welche Hilfen können Unternehmen von außen erwarten?<br />

Antworten vom Leiter der deutschen Rohstoffagentur DERA<br />

2<br />

angezählt<br />

3<br />

editorial<br />

39<br />

impressum<br />

4<br />

COO Insights | 02.2013


titel<br />

| thema der ausgabe |<br />

knappheit<br />

/knapha t/<br />

>Substantiv, feminin, Mangel, Vorhandensein<br />

nur kleiner Mengen, die Tatsache, dass<br />

nicht alle Güter in so ausreichendem Umfang<br />

bereitstehen, um damit sämtliche<br />

Bedürfnisse zu befriedigen.<<br />

Gabler/Duden Wirtschaft


titel | momentaufnahmen<br />

BIlder<br />

dieser<br />

Ausgabe<br />

Deutschland<br />

Baggern für<br />

die Kohle<br />

>Mehr als 110 Quadratkilometer groß<br />

und weit über eine Milliarde Tonnen<br />

Braunkohle schwer: Der RWE-Tagebau<br />

Garzweiler in Nordrhein-Westfalen ist<br />

ein gewaltiges Loch wie nach einem<br />

urzeitlichen Meteoriteneinschlag. Die<br />

Braunkohle entstand aus Wäldern und<br />

Mooren, die sich in der Niederrheinischen<br />

Bucht vor Millionen Jahren entwickelten.<br />

Jetzt fressen sich riesige<br />

Schaufelradbagger mit einer Tagesleistung<br />

von bis zu 240.000 Tonnen Abraum<br />

und Kohle unaufhaltsam durch<br />

den Schatz. Meter für Meter verändert<br />

die Landschaft ihr Gesicht – bis 2045.<br />

Dörfer werden umgesiedelt. Tausende<br />

Menschen müssen ihre Häuser und<br />

Heimat verlassen. Das Bundesverfassungsgericht<br />

prüft, ob die Enteignung<br />

gegen die Grundrechte verstößt.<br />

COO Insights | 02.2013 7


titel | momentaufnahmen<br />

Ghana<br />

Schuften für<br />

das gold<br />

>Wie Fliegen an der Wand, nur die Hände<br />

als Werkzeug, eine Schale für den<br />

Schatz und immer gefährlich nah am<br />

Tod: Galamseys, illegale Kleinschürfer,<br />

auf der Suche nach Gold in Obuasi,<br />

Ghana. Galamseys, die Wortkombination<br />

aus dem englischen "gather and<br />

sell", arbeiten unter extremen Bedingungen<br />

im afrikanischen Eldorado der<br />

Goldkonzerne. Hunderttausende, so<br />

Schätzungen, verdienen so ihren kargen<br />

Lebensunterhalt abseits der<br />

Claims großer Minen. Ghana rangiert<br />

unter den zehn größten Goldproduzenten<br />

der Erde. Die Obuasi-Mine im<br />

Besitz der südafrikanischen Anglo-<br />

Gold Ashanti ist die älteste in Westafrika.<br />

Aus Obuasi kommen pro Jahr<br />

annähernd 400.000 Feinunzen oder<br />

knapp 90 % der ghanaischen Gesamtförderung.<br />

COO Insights | 02.2013 9


titel | knappheit<br />

Problem<br />

erkannt?<br />

problem<br />

gebannt?<br />

Die Rohstoffmärkte spielen verrückt. Knappheit bedroht die<br />

Industrie, die Preise fahren Achterbahn. Alle reden<br />

von der Krise. Warum nicht auch von Chancen? Für die<br />

Organisation und das Produktportfolio<br />

DDie Rohstoffkrise hat für Joachim Hüttemann einen<br />

ganz besonderen Namen: "Inger". Grünbraun<br />

streckt sie sich in den Himmel, genügsam und naturverträglich.<br />

"Inger" braucht wenig Licht, Nährstoffe<br />

und Pestizide. Ihr Stockausschlag, die Ausbildung neuer<br />

Seitensprossen an den Stümpfen, dazu das äußerst<br />

schnelle Wachstum machen sie zu einer Idealbesetzung für<br />

Schnellwuchsplantagen mit maximalem Ertrag. Schon nach<br />

drei Jahren überragt die Weiderute aus schwedisch-russischer<br />

Kreuzung ihren Besitzer Hüttemann, Eigentümer eines landwirtschaftlichen<br />

Großbetriebs im niedersächsischen Soltau,<br />

um einige Meter. Zu Hackschnitzeln verarbeitet, ist die Biomasse<br />

eine Waffe gegen explodierende Gas- und Heizölpreise.<br />

Holz als Brennstoff in Kamin- und Pelletöfen wird immer<br />

beliebter. Schätzungsweise 70 Millionen Kubikmeter verfeuerten<br />

die Deutschen im Jahr 2012, 30 Millionen waren es<br />

noch 10 Jahre zuvor. Künftig, so das Zentrum für Holzwirtschaft<br />

der Universität Hamburg, soll die Menge um weitere<br />

10 % steigen.<br />

Ackerbau als Antwort auf weltweite Rohstoffverknappung,<br />

"Turbobäume" ("Wirtschaftswoche") statt Raps und<br />

Kohl gegen das Diktat und die Unberechenbarkeit Energie<br />

erzeugender Supermächte, Innovation und Einfallsreichtum<br />

als Reaktionen auf den unersättlichen Rohstoffhunger boomender<br />

Schwellenländer – sicher ist: So wenig "Inger" die<br />

Energienot in Europa beseitigen kann, umso mehr taugt die<br />

charmante Marginalie aus der deutschen Provinz als Sinnbild<br />

für eine der größten Bedrohungen fortschrittlicher Industrien:<br />

den Mangel an natürlichen Ressourcen.<br />

Längst haben Unternehmer und ihre führenden Repräsentanten<br />

jede Zurückhaltung aufgegeben. Ulrich Grillo,<br />

Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI),<br />

sieht für drei Viertel aller Unternehmen die Entwicklung der<br />

Energie- und Rohstoffpreise als "größten Risikofaktor". Schon<br />

als Vorsitzender des Ausschusses für Rohstofffragen beim BDI<br />

waren für Grillo sichere, saubere und bezahlbare Energie<br />

sowie eine verlässliche Rohstoffversorgung zu wettbewerbsfähigen<br />

Preisen "Megathemen für die Zukunft".<br />

Verblüfft notierte Commerzbank-Vorstand Markus Beumer<br />

in der Studie "UnternehmerPerspektiven", dass "die Rohstoffthematik<br />

von den Unternehmen so viel drängender beurteilt<br />

wird als das Megathema Energie". Rohstoffknappheit<br />

sei für viele Unternehmen ein existenzielles Thema.<br />

Übertrieben ist das nicht. Steigende Rohstoffpreise wirken<br />

sich bereits bei zwei Dritteln der Unternehmen negativ auf<br />

die Geschäfte aus. Belastungen durch höhere Energiepreise<br />

schlagen dagegen nur bei etwa einem Drittel durch. Die<br />

Kreditanstalt für Wiederaufbau stuft in ihrer Untersuchung<br />

10<br />

COO Insights | 02.2013


titel | knappheit<br />

"Kritische Rohstoffe für Deutschland" die Versorgungslage<br />

mit gut einem Dutzend Metallen, die für die Elektromobilität,<br />

die Informations- und Kommunikationstechnologie sowie den<br />

nachhaltigen Umbau der Energieversorgung "von herausragender<br />

Bedeutung sind", als "kritisch" ein: Indium, Wolfram,<br />

Seltene Erden, Gallium, Palladium, Silber, Zinn, Niob, Chrom<br />

und Bismut. "Sehr kritisch" sieht es sogar für Germanium,<br />

Rhenium und Antimon aus. "Niemand kann die künftige<br />

Entwicklung der Rohstoffmärkte prognostizieren", mahnt die<br />

Fraunhofer-Gesellschaft, die größte Organisation für anwendungsorientierte<br />

Forschung in Europa, in ihrem Bericht "Rohstoffe<br />

für Zukunftstechnologien". Nicht einmal teils drastische<br />

Preisrückgänge können die Forscher von ihrer kritischen<br />

Einschätzung abbringen: "Sie sollten die Anstrengungen, die<br />

Rohstoffabhängigkeit zu reduzieren, nicht in Frage stellen."<br />

Unter dem Dach der deutschen Rohstoffallianz versammeln<br />

sich Unternehmen zu einer neuen konzertierten Aktion:<br />

Industrielle forschen und graben gemeinsam nach seltenen<br />

Metallen. Die Risikosteuerung bei Rohstoffprojekten ist besonders<br />

sensibel. Geologische und technische Probleme treffen<br />

auf wirtschaftliche und politische Unwägbarkeiten. Solche<br />

Risiken sind leichter zu stemmen, wenn sie von mehreren<br />

Partnern geschultert werden. Außerdem wird die Verhandlungsposition<br />

verbessert. Gründungsunternehmen kommen<br />

im Wesentlichen aus der Auto-, Chemie- und Schwerindustrie.<br />

Finanziert werden sollen die Beteiligungen teils durch Eigeninvestitionen,<br />

teils durch einen Fonds in Milliardenumfang,<br />

aber auch durch "außenwirtschaftliche Instrumente des<br />

Bundes". Dazu zählen etwa Fördermittel für Industrieansiedlung<br />

in Entwicklungsländern. Im Fokus der Rohstoffallianz<br />

liegen Länder wie Kanada oder Australien. Wo es nötig sei,<br />

etwa in Ländern mit staatlichen Handelsschranken, werde<br />

auch "die Flankierung durch die Politik" gesucht, zum Beispiel<br />

in Form von Länderpartnerschaften wie jüngst mit der Mongolei<br />

oder Kasachstan.<br />

Auch Europa will seine Kräfte bündeln, "damit es gelingt,<br />

in den Bereichen Exploration, Gewinnung, Verarbeitung,<br />

Recycling und Substitution weltweit führende Expertise zu<br />

kritische ressourcen<br />

Viele Hightechprodukte sind durch ein Versorgungsrisiko gefährdet –<br />

ohne ausreichendes Ressourcenangebot wird Wachstum erschwert/verhindert<br />

>industrien<br />

>Technologien<br />

>kritische<br />

ressourcen<br />

Batterien<br />

Palladium<br />

Mikrokondensatoren<br />

Brennstoffzellen<br />

Automobilbau<br />

Halbleiter<br />

INDIUM<br />

tantal<br />

Platin<br />

Bildschirme<br />

Katalysator<br />

niob<br />

TANTAL<br />

NIOB<br />

Solarzellen<br />

Medizintechnologie<br />

indium<br />

gallium<br />

Alternative<br />

energien<br />

Elektrotechnik<br />

tantal<br />

Permanentmagneten<br />

Optische<br />

Technologien<br />

indium<br />

neodym<br />

germanium<br />

Quelle: <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong>


entwickeln", sagt Industriekommissar Antonio Tajani. Bis zu<br />

90 Millionen Euro jährlich sollen von 2014 an in die Rohstoffversorgung<br />

fließen. Tajani fordert außerdem, das Recycling<br />

auszubauen und heimische Ressourcen besser auszubeuten.<br />

Der Industriekommissar schätzt den Wert der nicht ausgeschöpften<br />

mineralischen Rohstoffe Europas in einer Tiefe von<br />

500 bis 1.000 Metern auf rund 100 Milliarden Euro.<br />

Globale Allianzen flankieren die Strategie. Auf dem EU-<br />

Lateinamerika-Gipfel in Santiago de Chile unterzeichnete<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Vertrag, um bei der<br />

Erschließung und Ausbeutung weiterer Lagerstätten, etwa<br />

von Kupfer, Rhenium, Lithium oder Jod, mit Chile zu kooperieren.<br />

Chile allein verfügt über 34 % der weltweiten Kupfervorkommen.<br />

Die Bergbaukooperation soll vom Bundeswirtschaftsministerium<br />

gesteuert werden, das derzeit auch mit<br />

Peru über eine ähnliche Vereinbarung verhandelt.<br />

MMal himmelhoch jauchzend, mal zu Tode betrübt<br />

– so schnell dreht sich seit der Jahrtausendwende<br />

das Preiskarussell, das selbst nervenstarke Materialkäufer<br />

sich zuweilen vorkommen müssen wie<br />

in einem Kasino. Nickel etwa verteuerte sich 2006/2007 um<br />

rund das Fünffache, um in zwei Jahren fast wieder auf den<br />

Niedrigstand von 2002 abzusacken. Platin oder Kupfer ging<br />

es im Trend nicht anders. Hatten Seltene Erden 2010 einen<br />

Anteil von durchschnittlich 45 % an der Wertschöpfung eines<br />

Zulieferers der Kategorie Tier-3, der Magnete für die Automobilindustrie<br />

herstellt, so lag dieser Wert im Juli 2011 schon<br />

bei 89 %. Bei einem Produzenten von Elektromotoren der<br />

Klasse Tier-2 schlugen explodierende Preise für Seltene Erden<br />

noch drastischer durch: Der Anteil an der Wertschöpfung<br />

stieg im gleichen Zeitraum von 6 auf 41 %. Bei Lenkungssystemen<br />

(Tier-1) verzehnfachte sich der Wert. Hersteller von<br />

Hybridautos mussten sogar Faktor 14 hinnehmen.<br />

Aber es ist nicht nur die nervenaufreibende Volatilität der<br />

Märkte, die nach Einschätzungen von <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy<br />

Consultants Rohstoffe zu einer strategischen Komponente in<br />

der Unternehmensentwicklung macht. Weitere fünf Faktoren<br />

kommen hinzu: Störfälle und Naturkatastrophen, die gefährliche<br />

Abhängigkeit von nicht substituierbaren Spezialmaterialien,<br />

rigorose Anbietermonopole, staatliche Regulierung<br />

sowie immer langwierigere und aufwändigere Explorationen<br />

neuer Vorkommen.<br />

Regionale Katastrophen oder lokale Unglücke können<br />

Industrien überall treffen: Produktionen stoppen, Preise für<br />

Rohstoffe schnellen in die Höhe. Der Tsunami in Japan im<br />

Mai 2011, der fast 19.000 Menschen das Leben kostete und<br />

das Fukushima-Desaster auslöste, riss 30 Halbleiterproduzenten<br />

in den Strudel, die 40 % des weltweiten Wafer-Markts<br />

beherrschten – mit entsprechenden Folgen für die Automobilund<br />

Elektronikindustrie in Japan, Europa und den USA. Als<br />

2012 ein Chemiepark von Evonik im nordrhein-westfälischen<br />

"Die Abhängigkeit von Rohstoffen<br />

wird nirgendwo deutlicher als bei<br />

seltenen Erden – 17 Metallen,<br />

aus denen Träume von Zukunftsindustrien<br />

gemacht sind."<br />

Marl explodierte und die Nylon-12-Produktion lahmlegte,<br />

versammelten sich Autobauer aus der ganzen Welt zu einem<br />

Krisentreffen in Detroit. Denn PA-12, wie der Stoff auch genannt<br />

wird, spielt in der Industrie eine wichtige Rolle bei der<br />

Herstellung von Benzin- und Bremsschläuchen – und demonstriert,<br />

wie fragil globale Lieferketten in Teilen sind: Selbst<br />

Evonik-Hauptkonkurrent Arkema aus Frankreich hatte kurzfristig<br />

Produktionsausfälle zu vermelden, da normalerweise<br />

Evonik die Franzosen mit dem Ausgangsstoff für die PA-<br />

12-Produktion, Cyclododecatrien, beliefert. 50 % des Nylon-<br />

12-Weltmarkts gingen für Monate verloren.<br />

Die Abhängigkeit von Rohstoffen wird nirgendwo deutlicher<br />

als bei Seltenen Erden – 17 Metallen, den Stoffen, aus<br />

denen Träume von Zukunftsindustrien gemacht sind (siehe<br />

auch Seite 31). Europium beispielsweise hat am Gesamtgewicht<br />

eines Handys nur einen Anteil von 0,0002 %. Mit<br />

Palladium, Niob und Terbium bringt es das Element nicht<br />

einmal auf 3 % Gewichtsanteil. Dennoch steht das Quartett<br />

für 40 % der Materialkosten.<br />

China hat auf Seltene Erden noch immer ein Monopol.<br />

Das Reich der Mitte reklamiert mehr als 90 % der Weltproduktion.<br />

Russland und Südafrika stehen der Rolle Chinas nicht<br />

nach. Sie kontrollieren 83 % der Palladiumproduktion weltweit.<br />

Brasilien und Kanada teilen sich sogar 99 % der Niobproduktion.<br />

Wer etwas dagegen setzen will, braucht langen Atem<br />

– und viel Geld. Die Erschließung neuer Vorkommen dauert<br />

im Fall von Seltenen Erden 5 bis 10 Jahre. Wie aber planen<br />

und riesige Investitionen sinnvoll rechnen, wenn die Preise<br />

am Markt täglich in zweistelliger Höhe schwanken?<br />

EEs ist daher kein Wunder, dass auf der Liste der größten<br />

Unternehmensrisiken nach Untersuchungen von<br />

<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Rohstoffe und Energiepreise auf Platz<br />

eins rangieren – weit vor Themen wie Binnennachfrage<br />

oder Arbeitskosten. Die Rohstoffkosten sind das größte<br />

Problem. Auf die Frage, ob sich eine spezielle Taskforce z. B.<br />

dem Einkauf Seltener Erden widmet, antwortete in einer<br />

Umfrage von <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> knapp jedes dritte Unternehmen,<br />

das Seltene Erden verarbeitet, im September 2011 mit "ja".<br />

Fast ein Jahr später, im Juni 2012, war es schon jedes zweite.<br />

Problem erkannt, Problem gebannt? Mitnichten. Vier von<br />

zehn Mittelständlern in Deutschland wissen nach Untersuchungen<br />

der Commerzbank nicht einmal zu sagen, ob ihr<br />

COO Insights | 02.2013<br />

13


titel | wissen<br />

Kritische Rohstoffe finden sich in zahlreichen Ländern,<br />

doch es gibt ein paar Quasimonopole<br />

weltsicht<br />

NORWEGEN<br />

KANADA<br />

USA<br />

GroSSbritannien<br />

Niederlande<br />

TSCHECHIEN<br />

KUWAIT<br />

IRAN<br />

Algerien<br />

Saudi-arabien<br />

MExiko<br />

venezuela<br />

SURINAME<br />

NIGERIA<br />

vereinigte<br />

arabische emirate<br />

BRASILIEN<br />

PERU<br />

Dr KONGO<br />

Südafrika<br />

Nicht energetische Stoffe<br />

Germanium (Ge)<br />

>Es ist eines der seltensten<br />

Metalle der Erde und<br />

verblüfft mit einer erstaunlichen<br />

Dichteanomalie:<br />

Die Dichte von Germanium<br />

ist in festem Zustand<br />

niedriger als in flüssigem.<br />

Vorkommen: China,<br />

Russland, Südafrika, USA<br />

Verwendung: Solarzellen,<br />

Halbleiter, Herstellung<br />

von LEDs<br />

neodym (Nd)<br />

>Neodym gilt als eines<br />

der wichtigsten Hightechmetalle;<br />

die Nachfrage soll<br />

bis 2030 das Vierfache<br />

der heutigen Produktion<br />

betragen. Es wird wegen<br />

seiner hervorragenden<br />

magnetischen Eigenschaften<br />

besonders geschätzt.<br />

Vorkommen: China,<br />

Australien<br />

Verwendung: starke<br />

Magnete, Smartphones,<br />

Elektromotoren<br />

tantal (TA)<br />

>Die hohe Korrosionsbeständigkeit<br />

von Tantal<br />

machen das Element so<br />

interessant. Verwendung<br />

findet es in der Industrie<br />

und in der Medizin, z. B.<br />

bei Implantaten und Instrumenten.<br />

Vorkommen:<br />

Australien, Brasilien<br />

Verwendung: Mikrokondensatoren,<br />

Implantate<br />

Indium (IN)<br />

>Die Nachfrage nach<br />

dem besonders knappen<br />

Metall, um das die Display-Industrie<br />

als auch<br />

die Photovoltaikhersteller<br />

konkurrieren, wird bis<br />

zum Jahr 2030 mehr<br />

als dreimal so hoch sein.<br />

Indium ist ein sehr weiches<br />

Metall, das sich<br />

schon mit dem Messer<br />

zerteilen lässt.<br />

Vorkommen: China,<br />

Japan, Kanada, Russland,<br />

Peru<br />

Verwendung: Leiter für<br />

Flachbildschirme, Touchscreens,<br />

Solarzellen<br />

niob (NB)<br />

>Niob zeichnet sich durch<br />

seine gute Beständigkeit<br />

gegen zahlreiche Chemikalien<br />

bei relativ geringem<br />

Gewicht aus. In den letzten<br />

Jahren ist die Produktion<br />

von Niob stark angestiegen.<br />

Vorkommen:<br />

Australien, Brasilien,<br />

Kanada, Nigeria,<br />

Demokratische Republik<br />

Kongo, Russland<br />

Verwendung:<br />

Legierungen<br />

14<br />

COO Insights | 02.2013


titel | knappheit<br />

RUSSLAND<br />

Energetische Stoffe<br />

erdGAS<br />

>Erdgas ist ein brennbares<br />

Naturgas (Methan, CH 4 ),<br />

das in unterirdischen Lagerstätten<br />

vorkommt. Es<br />

tritt häufig zusammen mit<br />

Erdöl auf, da es auf ähnliche<br />

Weise entsteht. Mit<br />

Erdgas kann man heizen,<br />

Wasser erwärmen, kochen,<br />

kühlen, Strom produzieren<br />

und sogar Auto fahren.<br />

Vorkommen: Russland,<br />

USA, Kanada, Norwegen,<br />

Iran, Großbritannien,<br />

Algerien, Niederlande,<br />

Indonesien, Saudi-Arabien<br />

CHINA<br />

JAPAN<br />

INDONESIEN<br />

erdöl<br />

>Erdöl ist ein Stoffgemisch<br />

aus mehr als 500 Komponenten,<br />

das hauptsächlich<br />

aus Kohlenwasserstoffen<br />

besteht. Es dient zur Erzeugung<br />

von Elektrizität und<br />

als Treibstoff fast aller Verkehrs-<br />

und Transportmittel.<br />

Erdöl steckt in Kunststoffen,<br />

Farben, Medikamenten<br />

und Kosmetika.<br />

Vorkommen: Saudi-<br />

Arabien, Russland, USA,<br />

China, Iran, Mexiko,<br />

Kanada, Vereinigte Arabische<br />

Emirate, Venezuela,<br />

Kuwait, Brasilien<br />

Unternehmen bei der Ressourcenversorgung gut oder schlecht<br />

aufgestellt ist. Es herrscht das Gefühl, schwer nachvollziehbaren<br />

Vorgängen ausgeliefert zu sein. Dazu zählen die zunehmende<br />

Spekulation an den Rohstoffmärkten, die steigende<br />

globale Nachfrage und soziale Unruhen in Rohstoffländern.<br />

Obwohl jeder zweite Unternehmer einräumt, Ressourcenknappheit<br />

zwinge ihn zu Innovationen, versucht nur jeder<br />

dritte, Rohstoffe effizienter zu nutzen.<br />

Lediglich jedes zehnte Unternehmen sichert Rohstoff-<br />

Preisrisiken ab. Entsprechende Finanzinstrumente sind entweder<br />

zu teuer, zu komplex, zu riskant oder von allem ein<br />

bisschen. Professionelles Risikomanagement beim Rohstoffeinkauf<br />

ist eher die Ausnahme als die Regel. Die meisten<br />

Unternehmen reagieren auf höhere Rohstoff- und Energiepreise<br />

mit den klassischen Mitteln der Betriebswirtschaft: günstiger<br />

einkaufen, Kosten senken, teuer weitergeben. Unflexible<br />

Vertragsgestaltungen, die auf Marktveränderungen kaum<br />

reagieren können, Konzentration auf die Abwehr von Preiserhöhungen<br />

sowie langfristige Liefervereinbarungen kennzeichnen<br />

den Alltag. "Es macht mir schon Sorge, dass so<br />

viele Unternehmen nicht wissen, ob sie für die Zukunft bezüglich<br />

Rohstoff- und Energieversorgung gut genug gerüstet<br />

sind", sagt Commerzbank-Vorstand Beumer. "Ich sehe ganz<br />

deutlich Beratungsbedarf."<br />

Gallium (Ga)<br />

>Gallium ist ein bleiartiges<br />

Metall, dass bereits<br />

bei Handwärme schmilzt.<br />

Durch den weltweit zunehmenden<br />

LED-Einsatz kann<br />

man einen regelrechten<br />

Gallium-Boom beobachten.<br />

Die Nachfrage soll<br />

bis 2030 um das Sechsfache<br />

steigen.<br />

Vorkommen: USA,<br />

China, Suriname, Tschechien,<br />

Japan<br />

Verwendung: LEDs,<br />

Handys, Computer, Laser,<br />

Solarzellen<br />

KOBALT (Co)<br />

>Kobaltverbindungen<br />

werden seit dem 3. Jh. v.<br />

Chr. zum Blaufärben<br />

von Glas und Glasuren<br />

benutzt. 80 % der Kobaltproduktion<br />

werden für<br />

Legierungen verwendet.<br />

Kobalt ist das Zentralatom<br />

in Vitamin B12 und ein<br />

wichtiges Spurenelement.<br />

Vorkommen: Kanada,<br />

Demokratische Republik<br />

Kongo, Russland, USA,<br />

Australien<br />

Verwendung: Legierungen,<br />

Katalysatoren,<br />

Batterien<br />

AUSTRALIEN<br />

DDie effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen erstreckt<br />

sich über die gesamte Wertschöpfungskette,<br />

von der nachhaltigen Rohstoffbewirtschaftung über<br />

materialsparende Produktionsprozesse bis hin zum<br />

langlebigen Produktdesign. "Natürlich lässt sich durch Innovationskraft<br />

der Rohstoffeinsatz mindern, zum Beispiel durch<br />

stärkere Energieeffizienz oder durch den Einsatz von Alternativen.<br />

Wer seine Forschung und Entwicklung auch in<br />

dieser Frage vorantreibt und zum Beispiel in der Lage ist,<br />

Kunststoffe durch Kunstfasern zu ersetzen, verringert seine<br />

Abhängigkeit von Rohöl", meint Beumer.<br />

Die Stahl- oder Aluminiumindustrie hingegen bleibt dauerhaft<br />

von bestimmten Rohstoffen abhängig. Für sie ist es<br />

besonders wichtig, die Volatilität der Preise zu senken und<br />

die Versorgung sicherzustellen. Innovationen sind deshalb<br />

umso mehr gefragt, je weniger klassische Mittel ausreichen,<br />

um mit steigenden und stark schwankenden Rohstoffpreisen<br />

fertig zu werden.<br />

Manchmal kommt beides zusammen: Forscher des Massachusetts<br />

Institute of Technology (MIT) fanden heraus, dass<br />

die begehrten Seltenen Erden selbst unter Extrembedingungen<br />

wasserabweisend sind – ideal etwa für Flugzeugtragflächen,<br />

die im Winter leicht vereisen. Materialien werden bisher<br />

meist mit Kunststoff ummantelt, um sie gegen Wasser zu<br />

wappnen. In einem Experiment schliffen die Forscher das<br />

15


fünf schritte zum optimalen<br />

rohstoffmanagement<br />

Einkäufer brauchen eine feste Kalkulations- oder Preisbasis,<br />

auf der sie mittelfristig planen können. Die Volatilität<br />

der Märkte macht Rohstoffpreise unberechenbar. Tatsächlich?<br />

<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy<br />

Consultants glaubt<br />

nicht, dass die Volatilität<br />

der Rohstoffmärkte<br />

einfach "erlitten"<br />

werden muss.<br />

Es gibt einen Weg,<br />

die Planungssicherheit<br />

deutlich zu erhöhen.<br />

In fünf Schritten kann<br />

ein optimales Rohstoffmanagement<br />

erreicht<br />

werden.<br />

1<br />

Phase Eins /<br />

Transparenz und<br />

Einordnung<br />

Schritt eins unseres<br />

Ansatzes ist die systematische<br />

Analyse<br />

kritischer Rohstoffe im<br />

Produktionsprozess:<br />

Welche Materialien<br />

werden verwendet? In<br />

welchen Mengen?<br />

Für welches Produkt?<br />

Das Ziel: die exakte<br />

Identifikation von Risiken<br />

und Schwachstellen<br />

entlang der gesamten<br />

Lieferkette. <strong>Roland</strong><br />

<strong>Berger</strong> verfolgt dabei<br />

einen holistischen,<br />

ganzheitlichen Ansatz.<br />

Er gibt nicht nur über<br />

den Rohstoffeinsatz in<br />

der Eigenfertigung Auskunft,<br />

sondern auch<br />

über den in den Komponenten<br />

und Produkten<br />

von Zulieferern.<br />

So wird der Gebrauch<br />

der Rohstoffe transparent<br />

und kann präzise<br />

eingeordnet werden.<br />

2<br />

Phase zwei /<br />

Risikobewertung<br />

Schritt zwei gilt der<br />

Bewertung identifizierter<br />

Risiken: Was genau<br />

treibt die Kosten? Welche<br />

Folgen haben<br />

reale oder fiktive Lieferengpässe?<br />

Sind strategische<br />

Ziele damit<br />

gefährdet? Nicht alle<br />

kritischen Rohstoffe<br />

wirken sich gleich stark<br />

auf die Produktion aus;<br />

sie werden deshalb,<br />

so das Ziel, priorisiert<br />

oder gewichtet.<br />

3<br />

Phase drei /<br />

Szenarioentwicklung<br />

Schritt drei soll klären,<br />

welche Faktoren teilweise<br />

extrem volatile<br />

Rohstoffpreise und deren<br />

Verfügbarkeit beeinflussen<br />

und mit welcher<br />

Wahrscheinlichkeit<br />

sie eintreten können.<br />

Ziel dabei ist, kritische<br />

Unsicherheiten von<br />

Trends und sekundären<br />

Einflussfaktoren zu<br />

trennen und auf dieser<br />

Grundlage möglichst<br />

realistische Aussagen<br />

über künftige Preisentwicklungen<br />

zu machen.<br />

4<br />

Phase vier /<br />

Strategische<br />

Maßnahmen<br />

Schritt vier antwortet<br />

auf die Frage: Welche<br />

konkreten Schritte<br />

soll das Unternehmen<br />

nun einleiten? Unter-<br />

nehmen reagieren ganz<br />

unterschiedlich auf<br />

die Herausforderungen<br />

der Rohstoffmärkte:<br />

Sie sichern ihre Lieferketten<br />

etwa durch die<br />

systematische Auswahl<br />

bestehender oder die<br />

Entwicklung neuer Lieferanten.<br />

Oder sie verlagern<br />

ihre Produktion<br />

z. B. nach China, um<br />

als lokaler Hersteller<br />

bei der Belieferung von<br />

Seltenen Erden bevorzugt<br />

zu werden. Sie<br />

sparen. Oder sie geben<br />

steigende Kosten<br />

an Verbraucher weiter.<br />

Auch Hedging gehört<br />

dazu, eine Möglichkeit,<br />

Preise mittelfristig zu<br />

fixieren: Eine Risikoposition<br />

wird gegen negative<br />

Marktpreisentwicklungen<br />

durch eine<br />

adäquate Gegenposition<br />

abgesichert. Die<br />

Voraussetzung: Es gibt<br />

für den Rohstoff einen<br />

Kontrakt, der an der<br />

Börse gehandelt wird.<br />

5<br />

Phase fünf /<br />

Implementierung<br />

Der letzte und entscheidende<br />

Schritt:<br />

Die entwickelten Maßnahmen<br />

werden tatsächlich<br />

täglich gelebt.<br />

Nur so können sie<br />

das Rohstoffmanagement<br />

zum Erfolg führen.<br />

Deshalb müssen<br />

sie nachgehalten und<br />

gemessen werden.


titel | knappheit<br />

Seltenerdmetall Cer sowie Aluminium und rostfreien Stahl<br />

an. Dabei fiel die Verschleißrate von Cer deutlich geringer aus<br />

als bei Aluminium und war so gut wie bei rostfreiem Stahl.<br />

Das Beste: Cer behielt seine wasserabweisende Eigenschaft<br />

auch nach dem Abrieb.<br />

Für <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants bestimmt der<br />

systematische Ansatz die Professionalität. Dessen Grundlage<br />

ist die genaue Analyse der Rohstoffe, die für die Produktion<br />

eine kritische Größe darstellen. Was wird wo in welchen<br />

Mengen wofür gebraucht? Darauf folgt die Risikobewertung:<br />

Welche Kosten entstehen? Wo drohen mögliche Lieferengpässe?<br />

Welche strategischen Risiken sind damit verbunden?<br />

Schritt drei gilt der Identifizierung von Faktoren, die das<br />

Preisgefüge und die Lieferbedingungen beeinflussen. Daraus<br />

entstehen wiederum bestimmte Szenarien, die Basis von<br />

Schritt vier sind: der Entwicklung pro- und reaktiver Strategien.<br />

Am Ende der Kette steht die Umsetzung eines Maßnahmenkatalogs,<br />

der – nachvollzieh- und messbar – künftige<br />

Entwicklungen vorwegnimmt und aktuellen Handlungsbedarf<br />

definiert.<br />

WWas sich vordergründig wie ein elegantes<br />

5-Punkte-Schema liest, ist in Wirklichkeit ein<br />

hochkomplexer Prozess, der Wahrscheinlichkeiten<br />

greifbar macht. Die Schwierigkeiten beginnen<br />

damit, dass rohstoffintensive Unternehmen nicht nur<br />

selbst als Rohstoffeinkäufer auftreten und wissen sollten, wo<br />

sie stehen, sondern abhängig von Lieferanten sind, die wiederum<br />

von anderen Lieferanten bedient werden, von denen<br />

sie nicht unbedingt wissen können, wo sie stehen. Welche<br />

Probleme, welche Risiken sich genau wo in der Lieferkette<br />

für welche Komponenten verstecken, lässt sich häufig nur<br />

schwer ermitteln. <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> hat dafür einen "Critical<br />

Material Cube" entwickelt – einen holistischen Ansatz. Er<br />

gibt verlässlich Auskunft darüber, welche möglichen Konsequenzen<br />

der Einsatz kritischer Rohstoffe unter bestimmten<br />

Voraussetzungen für jedes einzelne Produkt hat.<br />

Auch die "Szenariotechnik" folgt einem methodischen<br />

Ansatz. Zu Beginn geht es darum, relevante Einflussfaktoren<br />

3<br />

1<br />

COO Insights | 02.2013<br />

businesstipps<br />

Die drei Faustregeln<br />

auf einen Blick<br />

/<br />

Transparenz<br />

in der Lieferkette<br />

Prüfen und bewerten<br />

Sie auch die<br />

Vorlieferanten Ihrer<br />

direkten Lieferanten<br />

auf mögliche<br />

Versorgungsrisiken.<br />

"Obwohl jeder zweite Unternehmer<br />

einräumt, Ressourcenknappheit<br />

zwinge ihn zu Innovationen,<br />

versucht nur jeder dritte, Rohstoffe<br />

effizienter zu nutzen."<br />

für die Rohstoffketten zu identifizieren. Diese werden dann<br />

je nach Einfluss und Wahrscheinlichkeit in Trends, Unsicherheiten<br />

und zusätzliche Einflussfaktoren gruppiert. Trends<br />

bilden die Grundlage der Szenarien, die sich anhand der<br />

kritischen Unsicherheit unterscheiden. Jedes Szenario wird<br />

mit konkreten Handlungsempfehlungen hinterlegt.<br />

Beispiel Seltene Erden: Kritisch und unsicher ist zum<br />

Beispiel, ob der Hauptlieferant China die Exportrestriktionen<br />

verschärft oder lockert oder ob sich bestimmte Seltene Erden<br />

substituieren lassen. Außerdem ist unklar, wie sich die Exploration<br />

neuer Vorkommen in Nordamerika, Australien oder<br />

Deutschland (siehe Seite 30) auswirkt, wie der Bedarf durch<br />

das weltweite Wachstum von Zukunftsindustrien etwa in der<br />

Kommunikationsbranche oder bei den erneuerbaren Energien<br />

gesteigert wird oder ob die Schließung illegaler Minen das<br />

Angebot zusätzlich verknappt. Sekundäre Faktoren in diesem<br />

komplizierten Spiel sind politischer Druck auf den Monopolisten<br />

China, etwa durch die Welthandelsorganisation, oder<br />

durchschlagende Erfolge beim Recycling. Die aus der Szenarioplanung<br />

entwickelten Preisszenarien helfen dieses Problem<br />

zu dimensionieren und zu quantifizieren – vor allem, wenn<br />

sie dazu dienen sollen, Preis- und Lieferrisiken signifikant und<br />

dauerhaft zu mindern, zum Beispiel durch Hedging, ein Absicherungsinstrument<br />

für hohe Preisvolatilität.<br />

Mit beherrschbaren Risiken steigen die Chancen. Knappheit<br />

und Preissteigerungen sind jedoch nicht nur eine Gefahr,<br />

sie sind auch Innovationstreiber neuer Industrien. Innovationsfähigkeit<br />

und Kreativität sind die entscheidenden intellektuellen<br />

Voraussetzungen, um mit knapper werdenden Ressourcen<br />

effizienter zu wirtschaften. "Technologievorsprung",<br />

so das Berliner Bundesumweltministerium, "ist die wichtige<br />

Rohstoffquelle des Landes."<br />

2 /<br />

Präventivmaßnahmen<br />

gegen Versorgungsengpässe<br />

Haben Sie dabei<br />

Versorgungsrisiken<br />

identifiziert, müssen<br />

Gegenmaßnahmen<br />

katalogisiert werden.<br />

3 /<br />

Notfallpläne für<br />

eingetretene Versorgungsengpässe<br />

Entwickeln Sie alternative<br />

Bezugsquellen<br />

und Stücklisten ohne<br />

die kritischen Bauteile,<br />

schließen Sie vertragliche<br />

Notfallabsicherungen.<br />

17


titel | stimmen<br />

1 /<br />

burkhard<br />

schwenker<br />

geschäftsführer<br />

<strong>Roland</strong><br />

berger strategy<br />

consultants<br />

Knappe Ressourcen sind<br />

keine Wachstumsbremse,<br />

sondern können – wenn<br />

wir es richtig gestalten – ein<br />

Wachstumshebel sein.<br />

2 /<br />

william<br />

shakespeare<br />

englischer<br />

dramatiker<br />

Wo Worte selten, haben<br />

sie Gewicht.<br />

3 /<br />

John <strong>Berger</strong><br />

englischer<br />

Schriftsteller<br />

Die Armut unserer Zeit gleicht<br />

nicht der Armut vergangener<br />

Jahrhunderte. Es ist nicht so<br />

wie früher, wo Armut ein<br />

Resultat natürlicher Knappheit<br />

war, sondern ein Privilegsrecht<br />

der Reichen gegenüber<br />

dem Rest der Welt.<br />

gedanken<br />

zum thema<br />

knappheit<br />

Von William Shakespeare über Milton<br />

Friedman, von Albert Einstein bis hin zum<br />

Fußballbundestrainer Joachim Löw. Zum<br />

Thema Knappheit haben sich viele geäußert:<br />

klug, nachdenklich, witzig – und manchmal<br />

alles andere als politisch korrekt.<br />

4 /<br />

albert einstein<br />

deutscher physiker<br />

Es gibt nur zwei Dinge, die unendlich sind: das<br />

Universum und die menschliche Dummheit. Wobei<br />

ich mir beim Universum nicht ganz sicher bin.<br />

5 /<br />

Friedrich Nietzsche<br />

deutscher Philosoph<br />

Das Bedürfnis gilt als<br />

die Ursache der Entstehung:<br />

in Wahrheit ist<br />

es oft nur eine Wirkung<br />

des Entstandenen.<br />

6 /<br />

Thomas<br />

Love Peacock<br />

englischer dichter<br />

und dramatiker<br />

Die Verschwendung<br />

der Fülle ist die<br />

Quelle der Knappheit.<br />

7 /<br />

Horst Köhler<br />

Alt-Bundespräsident<br />

Wissen ist der einzige Rohstoff,<br />

der auf unserer Erde<br />

unbeschränkt zur Verfügung<br />

steht und der sich durch<br />

Gebrauch nicht abnutzt, sondern<br />

sogar vermehrt.<br />

8 /<br />

benjamin franklin<br />

amerikanischer<br />

Schriftsteller<br />

und Staatsmann<br />

Zeit ist Geld.<br />

18<br />

COO Insights | 02.2013


12 /<br />

Marianne<br />

Gronemeyer<br />

deutsche<br />

Autorin<br />

9 /<br />

Peter Coyote<br />

amerikanischer<br />

Schauspieler<br />

Geld erzeugt Knappheit.<br />

Wir leben in einer Überflussgesellschaft,<br />

aber: Je<br />

größer der Überfluss, desto<br />

bedürftiger die Menschen.<br />

10 /<br />

Henrik Müller<br />

deutscher<br />

Redakteur<br />

Sieben Knappheiten<br />

bedrohen unsere Zukunft:<br />

Arbeitskraft, Energie,<br />

Land, Wasser, Zeit,<br />

Geist und Macht. Wie<br />

können wir dagegen angehen?<br />

Mit Arbeit, Sparsamkeit,<br />

Kreativität, Offenheit,<br />

Solidarität, Originalität<br />

und Kooperation.<br />

11 /<br />

Milton Friedman<br />

amerikanischer<br />

Ökonom<br />

und Autor<br />

Würde man der US-Regierung<br />

die Verantwortung<br />

für die Sahara übertragen,<br />

würde dort in fünf Jahren<br />

der Sand knapp werden.<br />

13 /<br />

daniel yergin<br />

amerikanischer<br />

autor<br />

Perioden der Knappheit<br />

und des Überflusses<br />

charakterisieren<br />

die gesamte<br />

Geschichte des Öls.<br />

14 /<br />

David Ricardo<br />

englischer<br />

Wirtschaftswissenschaftler<br />

Gold und Silber, so<br />

wie andere Rohstoffe,<br />

haben keinen beliebigen<br />

Sachwert, sondern<br />

werden an ihrem Vorkommen<br />

gemessen,<br />

ihrer Beschaffungszeit<br />

und dem Wert der Minen,<br />

aus denen sie abgetragen<br />

werden.<br />

15 /<br />

joachim löw, deutscher fussballbundesTrainer<br />

Ich kann sie mir im Moment auch<br />

nicht schnitzen.<br />

(Hintergrund war die problematische Außenverteidigersituation<br />

vor einem Länderspiel)<br />

16 /<br />

burkhard schwenker,<br />

geschäftsführer <strong>Roland</strong> berger<br />

strategy consultants<br />

Selbst wenn es wie eine gefährliche Wette auf die Zukunft<br />

klingt: Gerade weil die Ressourcen zur Neige gehen, brauchen<br />

wir Wachstum und damit die Chance auf neue Erfindungen,<br />

die einen ganz anderen Ressourceneinsatz ermöglichen.<br />

17 /<br />

THomas sowell<br />

amerikanischer<br />

Ökonom und autor<br />

Das erste Gesetz der<br />

Ökonomie ist Knappheit.<br />

Es gibt nie genug,<br />

um den Bedarf<br />

derjenigen vollständig<br />

zu befriedigen, die<br />

etwas haben wollen.<br />

Das erste Gesetz<br />

der Politik ist, das erste<br />

Gesetz der Ökonomie<br />

zu ignorieren.<br />

COO Insights | 02.2013<br />

19


titel | Interview<br />

Der Engpass-Manager<br />

"Materialengpässe verursachen<br />

höhere Kosten<br />

und damit Erlös- oder<br />

Ergebnisprobleme", sagt<br />

Winfried Seitz<br />

20<br />

COO Insights | 02.2013


"Wir sind<br />

nicht<br />

erpressbar"<br />

Winfried Seitz, COO bei Europas Marktführer<br />

BSH Bosch und Siemens<br />

Hausgeräte, spricht über die richtigen<br />

Strategien, um Engpässe zu vermeiden,<br />

bevor sie auftreten, über die Lehren<br />

aus Krisen wie Fukushima und das erfolgreiche<br />

Geschäft mit Kaffeemaschinen<br />

Herr Seitz, ist Ihr Unternehmen<br />

erpressbar?<br />

Inwiefern?<br />

Durch die Abhängigkeit<br />

von Materialien und<br />

die Probleme, die sich aus<br />

Knappheit und Preissteigerungen<br />

ergeben können.<br />

Nein. Dazu sind wir zu gut<br />

vorbereitet. Natürlich erleben<br />

wir in dem einen oder anderen<br />

Fall Materialengpässe,<br />

die zu höheren Kosten und<br />

damit auch zu Erlös- oder Ergebnisproblemen<br />

führen.<br />

Aber erpressbar sind wir nicht.<br />

Was für Materialengpässe<br />

sind das?<br />

Zunächst einmal zum Verständnis<br />

von Material: Wenn<br />

wir von Material sprechen,<br />

meinen wir nicht nur die reinen<br />

Rohstoffe, sondern Zulieferteile<br />

aller Art. Die setzen<br />

sich in der Regel zusammen<br />

aus Rohstoffen und deren Verarbeitung.<br />

Beim einen wie<br />

beim anderen haben wir teilweise<br />

Engpass- und Monopolsituationen,<br />

die Abhängigkeiten<br />

schaffen und denen<br />

wir begegnen müssen. In der<br />

Summe gelingt uns das äußerst<br />

erfolgreich, in Einzelfällen<br />

natürlich auch einmal<br />

weniger gut.<br />

Wie sehr beeinflusst der<br />

Faktor Material Ihr Ergebnis?<br />

Seltene Erden beispielsweise<br />

haben sich<br />

zwischenzeitlich massiv<br />

COO Insights | 02.2013<br />

21


titel | Interview<br />

Unternehmenszahlen<br />

46.000<br />

9,8<br />

42<br />

bSH<br />

MITARBEITER<br />

arbeiten in 50 Ländern und<br />

rund 70 Gesellschaften.<br />

milliarden euro<br />

(Umsatz 2012). Damit<br />

ist die BSH Bosch und Siemens<br />

Hausgeräte GmbH<br />

der größte Hausgerätehersteller<br />

in Europa und<br />

gehört zu den weltweit<br />

führenden Unternehmen<br />

der Branche.<br />

fabriken<br />

in 13 Ländern in Europa,<br />

USA, Lateinamerika und<br />

Asien.<br />

verteuert. Ein Beispiel aus<br />

der Lichtindustrie: Da gibt<br />

es große Akteure, die allein<br />

die gestiegenen Preise<br />

von Europium, Yttrium und<br />

Terbium schon mal rund<br />

300 Millionen Euro im Jahr<br />

kosten.<br />

Seltene Erden haben sich bei<br />

uns nie massiv niedergeschlagen<br />

und heute sind sie wieder<br />

fast komplett unbedeutend.<br />

Wir haben zwar einige Jahre<br />

lang Motoren mit Seltenen<br />

Erden gebaut, aber uns ganz<br />

schnell wieder umorientiert<br />

zu ferritischen Lösungen, als<br />

die Preise explodiert sind.<br />

Wir sind mit die Ersten gewesen,<br />

die Seltene Erden eingesetzt<br />

haben, aber auch die Ersten,<br />

die sie dann wieder durch<br />

andere Stoffe ersetzt haben.<br />

Und welche Materialien<br />

schlagen sich bei<br />

Ihnen massiv nieder?<br />

Vor allem Metalle wie Stahl<br />

und Kupfer, Kunststoffe und<br />

Schäume, dazu kommen noch<br />

ein paar "Kleinigkeiten" wie<br />

Nickel. Nickel ist übrigens ein<br />

gutes Beispiel dafür, dass<br />

Knappheit mindestens zwei<br />

wichtige Facetten hat: Verfügbarkeit<br />

und Kosten. Man muss<br />

unterscheiden zwischen Rohstoffen,<br />

die wirklich knapp<br />

sind wie Seltene Erden, und<br />

solchen, wo eher die Kostenseite<br />

kritisch ist. Nickel ist –<br />

genauso wie Stahl und Kunststoffgranulat<br />

– per se kein<br />

knapper Rohstoff, aber der<br />

Preis wird tendenziell steigen,<br />

weil die Produktion teurer<br />

wird und die Nachfrage weltweit<br />

langfristig steigt. Darauf<br />

müssen wir reagieren.<br />

Wie viel kostet die<br />

BSH der Materialeinkauf<br />

insgesamt pro Jahr?<br />

Etwa 4,5 Milliarden Euro, davon<br />

entfallen ungefähr 900<br />

Millionen auf die genannten<br />

Vormaterialien.<br />

Bei welchen Rohstoffen<br />

ist der Markt derzeit am<br />

schwierigsten?<br />

Im Kunststoffbereich. Auch<br />

hier liegt das weniger an<br />

der Verfügbarkeit als daran,<br />

dass dort die stärkste Monopolsituation<br />

herrscht, weil<br />

viele Zulieferer fusioniert oder<br />

sich gegenseitig aufgekauft<br />

haben. Für viele Bereiche gibt<br />

es nur noch zwei, drei Anbieter.<br />

Hinzu kommt, dass die<br />

BSH teilweise nur 0,5 % von<br />

deren Produktion abnimmt.<br />

Wir sind für sie also kein großer<br />

Kunde. Heißt: Für uns<br />

sind die Lieferverträge wichtig,<br />

für die großen Lieferanten<br />

sind sie eher unwichtig. Das<br />

ist nicht unbedingt die beste<br />

Position für Verhandlungen.<br />

Wie ist die Lage beim Stahl?<br />

Etwas leichter: Es gibt mehr<br />

Wettbewerber, daher es ist<br />

für uns einfacher, die Abhängigkeit<br />

von extremen Preisschwankungen<br />

über Langfristverträge<br />

und Wettbewerb<br />

zumindest zu reduzieren.<br />

Wenn Sie zurückblicken,<br />

Herr Seitz: Welche Entwicklungen<br />

haben in den<br />

vergangenen Jahren das<br />

Rohstoffgeschäft für die BSH<br />

am stärksten verändert?<br />

Ich sehe zwei Themen: einmal<br />

die Konzentration des Angebots<br />

durch gegenseitige Akquisitionen<br />

und wechselseitige<br />

Übernahmen der Zulieferer.<br />

Zweitens die Volatilität. Auch<br />

wenn Sie Halbfertigprodukte<br />

beziehen, sind Sie ja abhängig<br />

von den Preisschwankungen<br />

bei dahinter liegenden Rohstoffen<br />

– im Stahlbereich etwa<br />

von den Erz- und Schrottpreisen.<br />

Verstärkt wird die Volatilität<br />

seit einigen Jahren noch<br />

dadurch, dass sich die Preise<br />

der Vormaterialien nicht<br />

mehr nur durch Angebot und<br />

Nachfrage definieren, sondern<br />

immer häufiger auch durch<br />

Finanzspekulationen institutioneller<br />

Anleger.<br />

Inwiefern betrifft das die<br />

BSH?<br />

Früher waren die Preise berechenbarer,<br />

weil stärker konjunkturabhängig:<br />

In der Hochkonjunktur<br />

hat man mehr<br />

bezahlt, konnte aber auch<br />

mehr erlösen. Wenn die Wirtschaft<br />

weniger gut lief und<br />

man ohnehin schlechter verdient<br />

hat, hat man zumindest<br />

auch weniger im Einkauf<br />

gezahlt. Das ist heute leider<br />

nicht mehr unbedingt so –<br />

und man kann sich weniger<br />

gut vorbereiten. Damit wächst<br />

das Risiko, dass Geschäftsergebnisse<br />

viel stärker schwanken<br />

und man im ungünstigsten<br />

Fall in schlechten Zeiten<br />

auch noch mit hohen Materialpreisen<br />

belastet wird.<br />

Wie können Sie darauf<br />

reagieren?<br />

Nur begrenzt – über länger<br />

laufende Lieferverträge<br />

oder Hedging und langfristig<br />

noch am ehesten über Substitution.<br />

Da haben wir in den<br />

vergangenen Jahren auch sehr<br />

viel getan, um uns weniger<br />

abhängig zu machen. Das Beispiel<br />

mit den Motoren, bei<br />

denen wir statt Seltenen Erden<br />

Ferrite verwenden, habe ich<br />

ja schon genannt.<br />

Wie weit denken Sie voraus<br />

bei solchen Planungen:<br />

5 Jahre oder eher 20?<br />

Ganz unterschiedlich. Beim<br />

Hedging geht es maximal um<br />

ein bis zwei Jahre. Denn nie-<br />

22<br />

COO Insights | 02.2013


Interview<br />

<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Partner<br />

Thomas Rinn<br />

und Jochen Gleisberg<br />

im Gespräch<br />

mit Winfried Seitz<br />

Zur Person<br />

winfried<br />

seitz<br />

>Der gebürtige Nürnberger<br />

(Jahrgang 1953) absolvierte<br />

eine Ausbildung zum<br />

Industriekaufmann bei<br />

Siemens und studierte Betriebswirtschaft<br />

an der<br />

Friedrich-Alexander-Universität<br />

Erlangen/Nürnberg.<br />

mand kann die Preise längerfristig<br />

prognostizieren. Bei der<br />

Frage, wie wir uns weniger abhängig<br />

machen von knappen<br />

mineralischen Ressourcen, reden<br />

wir eher über fünf bis zehn<br />

Jahre. Diesen Vorlauf brauchen<br />

wir auch, denn Produkte entsprechend<br />

weiterzuentwickeln<br />

und Spezifikationen oder Materialbedarf<br />

zu verändern, dauert<br />

zunächst ein bis drei Jahre.<br />

Und dann wollen wir die neuen<br />

Lösungen ja auch noch mindestens<br />

fünf Jahre lang erfolgreich<br />

nutzen.<br />

Was ist wichtiger für Sie<br />

beim Umgang mit kritischen<br />

Rohstoffen: kaufmännische<br />

Lösungen wie Langfristverträge<br />

oder technische<br />

wie Substitution?<br />

Das hält sich die Waage. Beides<br />

geht Hand in Hand, wobei<br />

die Produktentwicklung<br />

ja eher langfristig wirksam ist,<br />

während betriebswirtschaftliche<br />

Methoden meist kurzfristiger<br />

greifen.<br />

Hatten Sie schon mal einen<br />

Bandstillstand, weil Ihnen<br />

das Material an irgendeiner<br />

Stelle ausgegangen ist?<br />

Das gibt es leider immer wieder<br />

mal. Bei uns halten sich<br />

diese Fälle zum Glück sehr in<br />

Grenzen, weil wir die Prozesse<br />

im Einkauf und in der<br />

Supply Chain sehr stark professionalisiert<br />

haben.<br />

An welchen Fall aus der<br />

letzten Zeit erinnern Sie<br />

sich noch?<br />

Viel gelernt haben wir 2008/<br />

2009, als die Automobilbranche<br />

massive Absatzprobleme<br />

hatte. Die Situation hat uns die<br />

verschiedenen Abhängigkeiten<br />

vor Augen geführt, auch wenn<br />

es damals nicht zu Bandstillständen<br />

kam. Wir hatten allerdings<br />

alle Hände voll zu tun,<br />

sie zu vermeiden: Damals haben<br />

viele Elektronikzulieferer<br />

infolge der Automobilkrise<br />

ihre Produktion zum Teil massiv<br />

heruntergefahren. Da das<br />

teilweise die gleichen Zulieferer<br />

waren, die auch uns beliefert<br />

haben, waren auch wir<br />

plötzlich mit Angebotsengpässen<br />

konfrontiert.<br />

Verfügbarkeitsprobleme<br />

also eher wegen fehlender<br />

Zuliefererkapazitäten als<br />

wegen knapper Materialien?<br />

Sagen wir es so: Beim Thema<br />

Knappheit muss man sehr viele<br />

Aspekte und ihre langfristigen<br />

Einflüsse bedenken: natürlich<br />

die Rohstoffe, aber auch die Lieferanten,<br />

Maschinen und<br />

Werkzeuge, die ausfallen können,<br />

und immer häufiger auch<br />

andere Branchen, deren Einfluss<br />

man früher gar nicht auf<br />

dem Schirm hatte. Einen Faktor<br />

kann man meist leicht kontrollieren,<br />

aber wenn plötzlich<br />

mehrere in Kombination auftreten,<br />

wird es schwierig. Und<br />

dann kommt bei uns noch die<br />

Saisonalität dazu. Extrem ist<br />

beispielsweise das Geschäft mit<br />

den "Tassimo"-Kaffeemaschinen.<br />

Da haben wir im Jahresverlauf<br />

Schwankungen von 10:1.<br />

>1979 begann er seine<br />

berufliche Karriere als<br />

Trainee bei der Robert<br />

Bosch GmbH in Nürnberg<br />

und stieg dort auf bis<br />

zum stellvertretenden<br />

Leiter Rechnungswesen.<br />

>Als Leiter der Abteilung<br />

Zentrales Werkscontrolling<br />

kam er 1983 zur BSH<br />

Bosch und Siemens<br />

Hausgeräte GmbH nach<br />

München.<br />

>Nach Stationen als Leiter<br />

des Werkes in Dillingen,<br />

des Produktbereiches Geschirrspüler<br />

und des Bereiches<br />

Wäschepflege ist<br />

Seitz seit 2009 Mitglied<br />

der Geschäftsführung der<br />

BSH und Chief Operating<br />

Officer.<br />

>Seitz ist verheiratet und<br />

hat zwei Kinder. Er ist<br />

leidenschaftlicher Ballsportler<br />

und Skifahrer.<br />

COO Insights | 02.2013<br />

23


titel | Interview<br />

Bezogen auf den Absatz<br />

pro Monat?<br />

Genau, beim Absatz und daher<br />

auch in der Produktion. Bei<br />

Kaffeemaschinen ist tendenziell<br />

das vierte Quartal am<br />

stärksten und hier vor allem<br />

das Weihnachtsgeschäft im<br />

Dezember. Entsprechend<br />

präzise müssen wir auch den<br />

Materialeinkauf planen. Aber<br />

da uns dies in der Regel sehr<br />

gut gelingt, ist das Kaffeemaschinen-Geschäft<br />

für uns ein<br />

sehr erfolgreiches.<br />

Mit wie viel Vorlauf disponieren<br />

Sie?<br />

Nehmen Sie das Beispiel Stahl:<br />

Da disponieren wir systematisch<br />

ca. 12 Monate im Voraus,<br />

rollierend auf monatlicher<br />

Basis. Es ist für uns sehr wichtig,<br />

Kapazitäten entsprechend<br />

zu reservieren. Denn wenn<br />

es in anderen Branchen wie<br />

der Autoindustrie plötzlich<br />

nach oben geht, sind wir sonst<br />

schnell nur zweiter Sieger. Daher<br />

besprechen wir kontinuierlich<br />

mit unseren Lieferanten,<br />

welche Mengen wir erwarten.<br />

Wie laufen diese Planungsgespräche<br />

ab?<br />

Unsere Lieferanten bekommen<br />

von uns in der Regel einen<br />

Jahres-Forecast, damit sie planen<br />

können. Abgerufen werden<br />

die Lieferungen von uns<br />

dann natürlich sehr kurzfristig,<br />

um Lagerposten gering zu<br />

halten. Diese rollierende Planung<br />

ist unglaublich wichtig,<br />

denn beim Stahl haben Sie 9<br />

bis 12 Wochen Lieferfrist.<br />

Wenn man sich also verkalkuliert<br />

und nachbestellen muss,<br />

dauert es bis zu drei Monate,<br />

bis das Material verfügbar ist.<br />

Und wenn die Lieferkette dann<br />

noch entsprechend lang ist,<br />

weil Materialien zum Beispiel<br />

aus Asien nach Deutschland<br />

verschifft werden müssen,<br />

kann es schnell zu kurzfristigen<br />

Engpässen kommen.<br />

Gibt es Punkte, wo diese<br />

Planung an Grenzen stößt?<br />

Bei unvorhersehbaren Ereignissen<br />

wie der Nuklearkatastrophe<br />

in Fukushima 2011 zum<br />

Beispiel. Da hilft die ganze<br />

Langfristplanung nichts mehr.<br />

"Nickel ist ein Beispiel<br />

dafür, dass<br />

die Knappheit<br />

von material zwei<br />

wichtige Facetten<br />

hat: Kosten und<br />

Verfügbarkeit."<br />

Was damals aber sehr gut<br />

funktioniert hat, war unser<br />

Krisenmanagement. Wir haben<br />

in kürzester Zeit die gesamte<br />

Zuliefererkette bis auf<br />

die Ebenen Tier-2 und Tier-3<br />

durchleuchtet. Das wäre uns<br />

vor zehn Jahren sicherlich<br />

nicht gelungen. Somit war<br />

schnell klar, wo es Engpässe<br />

geben würde – beispielsweise<br />

bei speziellen Folien in der<br />

Elektronik, die nur in Japan<br />

produziert wurden – und so<br />

konnten wir rasch Ersatzzulieferer<br />

finden. Schlussendlich<br />

sind wir ohne nennenswerte<br />

Produktionsausfälle durch die<br />

Krise gekommen.<br />

So traurig sie sind, aber so<br />

tragische Ereignisse wie<br />

Fukushima machen Sie als<br />

Firma besser?<br />

Ja, überspitzt gesagt, trifft das<br />

zu. Wir haben natürlich auch<br />

vorher schon versucht, Alternativzulieferer<br />

auch auf der<br />

Tier-2-Ebene aufzubauen. Aber<br />

durch Fukushima haben wir<br />

gelernt, dass die Tier-3-/Tier-<br />

4-Lieferanten teilweise die viel<br />

kritischeren sind, auch weil<br />

man sie in der Regel nicht<br />

kennt und sich entsprechend<br />

schlechter vorbereiten kann.<br />

Es gibt in der Beratung<br />

den Satz "Never miss a<br />

good crisis". Sind Sie froh<br />

über manche Krisen, weil<br />

Sie als Marktführer Ihre<br />

Position dadurch noch festigen<br />

können, gerade<br />

was den Umgang mit Materialengpässen<br />

angeht?<br />

Wir haben aus verschiedenen<br />

Krisen der Vergangenheit<br />

einiges gelernt, aber darüber<br />

froh zu sein wäre zynisch.<br />

Außerdem wirken sich Krisenzeiten<br />

auf die verschiedenen<br />

Teile eines Unternehmens ja<br />

sehr unterschiedlich aus: Für<br />

den Einkauf sind sie tendenziell<br />

gute Zeiten, aber das<br />

erkaufen Sie mit einer schlechteren<br />

Vertriebssituation.<br />

Herr Seitz, wie lernen<br />

denn Organisationen<br />

wie BSH konkret aus solchen<br />

Fällen? Und wie<br />

kann man dieses Wissen<br />

übertragen auf das<br />

Thema Materialengpass?<br />

Wir haben uns in der Folge<br />

auch andere Zuliefererketten,<br />

etwa die bei Kunststoffgranulaten,<br />

genauer angeschaut.<br />

Ganz wichtig sind eine konsequente<br />

Mehr-Lieferanten-Strategie,<br />

der enge und ständige<br />

Kontakt mit den Zulieferern –<br />

was auch für mich als COO<br />

eine zentrale Aufgabe ist – und<br />

eine klare Priorisierung. Wo<br />

sind wir besonders abhängig?<br />

Denn dort sollten wir auch<br />

entsprechend stärker vorsorgen.<br />

Allerdings – und das<br />

haben wir ebenfalls gelernt –<br />

ist es sicherlich nicht möglich<br />

und auch finanziell nicht sinnvoll,<br />

präventiv alle Ketten bis<br />

ins Tier-X zu überwachen und<br />

sich Notfallpläne in die Schublade<br />

zu legen. Da braucht es<br />

auch ein gewisses Selbstvertrauen,<br />

im Notfall das Richtige<br />

zu tun. Denn der Versuch,<br />

sich gegen alles abzusichern,<br />

kann nur schiefgehen.<br />

Welche Funktionen bei<br />

BSH kümmern sich um<br />

das Thema Prävention?<br />

Uns erscheint es so, dass<br />

die Prozesse hier immer<br />

komplexer werden für<br />

Konzerne: Früher hat sich<br />

der Einkauf darum gekümmert,<br />

vielleicht noch die<br />

R&D-Abteilung, wenn es<br />

um Substitution ging ...<br />

Das reicht heute natürlich<br />

nicht mehr. Bei uns ist<br />

Prävention für fast alle Funk-<br />

24<br />

COO Insights | 02.2013


tionen ein Thema: angefangen<br />

von der Entwicklung,<br />

über Einkauf, Supply-Chain-<br />

Management und Fertigung<br />

bis zur Finanzabteilung<br />

und zur Qualitätskontrolle.<br />

Wobei natürlich nicht<br />

alle überall mitmischen:<br />

Finanz-Audits bei Zulieferern<br />

in Spanien haben zuletzt<br />

zum Beispiel Einkauf und<br />

Finanzabteilung gemeinsam<br />

gemacht – als Vorsichtsmaßnahme<br />

angesichts des allgemein<br />

gestiegenen Insolvenzrisikos<br />

dort.<br />

Gibt es weitere Strategien<br />

im Kampf gegen Materialengpässe?<br />

Eine wichtige ist Standardisierung<br />

– bei Elektronikbauteilen<br />

genauso wie bei<br />

Kunststoffgranulat. Je mehr<br />

Lieferanten vergleichbare<br />

Vorprodukte anbieten und<br />

je standardisiertere Vorprodukte<br />

wir als Kunde einsetzen,<br />

desto leichter können wir im<br />

Krisenfall wechseln.<br />

Wir dachten auch noch<br />

an Recycling ...<br />

Natürlich, in dem Bereich tut<br />

sich viel – und da tun auch<br />

wir viel: Momentan diskutieren<br />

wir einerseits darüber,<br />

wie Recyclingziele, die vermehrt<br />

auch von der EU kommen,<br />

auf Produktgestaltung<br />

und -entwicklung Einfluss<br />

nehmen. Stichwörter hier<br />

sind Reparaturfreundlichkeit<br />

und Sortenreinheit von Materialien.<br />

Andererseits arbeiten<br />

wir daran, wie wir eigene Altprodukte<br />

verstärkt recyceln<br />

können. Das sind beides wichtige<br />

Themen, allerdings<br />

stecken sie noch in den Kinderschuhen.<br />

Wie sehen Sie die Vorgaben<br />

der Politik zum Recycling?<br />

Es ist an der Zeit, einmal darüber<br />

nachzudenken, ob unsere<br />

Chefregulierer in der EU<br />

da nicht ein Eigentor nach<br />

dem anderen schießen: Denn<br />

zu Recht zu wünschen, dass<br />

man Rohstoffe recycelt, gleichzeitig<br />

aber vorzuschreiben,<br />

dass in den eingesetzten Materialien<br />

irgendwelche ppm-<br />

Vorgaben einzuhalten sind, ist<br />

ein Widerspruch in sich.<br />

Selbstverständlich können wir<br />

beispielsweise die europäische<br />

Richtlinie zur Beschränkung<br />

bestimmter gefährlicher Stoffe<br />

in unseren Geräten einhalten.<br />

Allerdings nur, wenn wir die<br />

Materialien neu kaufen. Wenn<br />

wir aber – wie wir es laut<br />

einer anderen Richtlinie sollen<br />

– recycelte Materialien verwenden,<br />

ist das einfach unmöglich.<br />

Und damit beißt sich<br />

die Katze in den Schwanz.<br />

Ist Rückwärtsintegration<br />

für Sie eine Option? Manche<br />

Konzerne haben – zum<br />

Beispiel als Reaktion auf<br />

die Preisschübe bei Seltenen<br />

Erden – Zulieferer am<br />

Anfang der Wertschöpfungskette<br />

übernommen.<br />

BSH könnte sich zum<br />

Beispiel eine eigene Erzmine<br />

leisten ...<br />

(lacht) Eine Mine wohl kaum!<br />

Aber wir haben vor gar<br />

nicht allzu langer Zeit zumindest<br />

teilweise einen Lieferanten<br />

übernommen.<br />

Wie war Ihre Erfahrung<br />

damit?<br />

Sehr gut, allerdings war das<br />

ein absoluter Einzelfall und<br />

eher eine Notlösung: Der Lieferant<br />

hatte finanziell massive<br />

Probleme und war zugleich<br />

für uns extrem wichtig –<br />

in einigen Bereichen sogar als<br />

Monopolist. Daher mussten<br />

wir teilweise Anlagen, Stand-<br />

Produkte von BSH<br />

BEISPIELE<br />

Abholbereit<br />

Fertig verpackte Ware<br />

in einem Lager am<br />

BSH-Standort Dillingen<br />

Cleverer Saubermann<br />

>Wer Waschmittel und Wasser beim Waschen richtig dosiert,<br />

spart Geld, schützt Umwelt und Maschine. Die Dosierautomatik<br />

i-DOS von BSH nimmt einem die Mühe ab. Sie ermittelt<br />

den Bedarf anhand von Wasserhärte, Beladung und Verschmutzung.<br />

Ersparnis/Jahr laut BSH: über 7.000 l Wasser.<br />

Eiskalt Energie sparen<br />

>Ein Stück Energiewende für daheim: Die Kühl-Gefrier-Kombi<br />

KG39EAI40 kann mit dem Effizienz-Label A+++ werben.<br />

Das erhalten Kühlschränke nur, die im Vergleich zu A-Klasse-Geräten<br />

nochmals 60 Prozent sparen. Zum geringen<br />

Stromverbrauch trägt auch die LED-Innenbeleuchtung bei.<br />

Kaffee ganz individuell<br />

>Im Vollautomat EQ.7 Plus aromaSense können bis zu sechs<br />

Kaffeetrinker ihre Vorlieben im Gerät speichern. Das Gerät<br />

merkt sich das bevorzugte Heißgetränk (zum Beispiel Espresso<br />

oder Latte Macchiato), Wunschgröße und Stärke und<br />

bereitet es zu, wenn man seinen Namen auswählt.<br />

Herdplatten sind Vergangenheit<br />

>Auf dem Induktionskochfeld "FreeInduction" der BSH-<br />

Marke Neff kann man seine Töpfe hinstellen, wo man möchte:<br />

Die Technik erkennt Größe, Form und Position des<br />

Kochgeschirrs. Ein TFT-Display zeigt den belegten Bereich<br />

an, und per Touch-Funktion wählt man die Kochtemperatur.<br />

COO Insights | 02.2013<br />

25


titel | Interview<br />

orte und Mitarbeiter übernehmen.<br />

Generell sind solche<br />

Übernahmen aber sicher nicht<br />

unsere Wunschlösung.<br />

Wieso nicht – in anderen<br />

Industrien wie der Automobilbranche<br />

übernehmen<br />

OEMs auch reihenweise<br />

Zulieferer?<br />

Das kann man nicht vergleichen.<br />

Die Akteure dort sind<br />

erstens 10- bis 20-mal größer<br />

und haben daher finanziell<br />

ganz andere Möglichkeiten.<br />

Zweitens legen wir sehr<br />

viel Wert auf die Trennung<br />

von Kern- und Nichtkernkompetenzen.<br />

Und drittens<br />

haben wir bereits eine sehr<br />

große Fertigungs- und Wertschöpfungstiefe<br />

– mit Blick<br />

auf die Kernbereiche ist sie<br />

sicherlich größer als in der<br />

Autobranche.<br />

Inwiefern?<br />

Wir fertigen zum Beispiel unsere<br />

Elektromotoren selbst –<br />

das macht kaum ein Automobilhersteller.<br />

Stimmt unsere Beobachtung,<br />

dass BSH und Ihre<br />

Branche insgesamt trotzdem<br />

sehr stark von einzelnen<br />

Lieferanten abhängig sind?<br />

Ja, ich denke, dass das schon<br />

in gewisser Weise branchenspezifisch<br />

ist. Ein Hauptgrund<br />

ist, dass wir sehr hohe Anforderungen<br />

an Zulieferer<br />

stellen: hohe Präzision, Qualität<br />

und Zuverlässigkeit bei<br />

zugleich niedrigen Preisen.<br />

Wir haben oft schon erlebt,<br />

dass Lieferanten, die sowohl<br />

für uns als auch für die<br />

Automobilindustrie fertigen<br />

können, entweder bei uns<br />

deutliche Abschläge akzeptieren<br />

müssen oder für uns<br />

preislich einfach nicht wettbewerbsfähig<br />

sind.<br />

Welche Strategie fahren<br />

Sie bei der Lieferantenauswahl<br />

mit Blick auf das<br />

internationale Wachstum<br />

der BSH? Es gibt ja sehr<br />

unterschiedliche Ansätze:<br />

Japaner und Koreaner zum<br />

Beispiel vertrauen häufig<br />

auf das traditionelle<br />

"Keiretsu", also auf Heimlieferanten,<br />

die sie eng<br />

an sich binden und dann<br />

mitnehmen – nicht zuletzt,<br />

um Engpässe in der Beschaffung<br />

zu vermeiden.<br />

Wie gehen Sie vor?<br />

Historisch kommen wir auch<br />

eher aus der Keiretsu-Ecke,<br />

allerdings deutlich schwächer<br />

ausgeprägt als bei Japanern<br />

und Koreanern, bei denen<br />

ja totale wirtschaftliche Abhängigkeit<br />

besteht. Wir haben<br />

in der Vergangenheit stark<br />

auf etablierte Lieferanten gesetzt.<br />

Mit Blick auf Low-Cost<br />

Country Sourcing lernen<br />

wir aber seit einiger Zeit, dass<br />

dies häufig nur die zweitbeste<br />

Lösung ist: So sind sie vielleicht<br />

technisch etwas besser,<br />

aber kostenmäßig in den<br />

entsprechenden Märkten<br />

meist nicht konkurrenzfähig.<br />

Daher schauen wir uns immer<br />

häufiger auch nach Zulieferern<br />

der Kategorie "truly<br />

local" um, die also im entsprechenden<br />

Niedriglohnmarkt<br />

beheimatet und daher günstiger<br />

sind. Im Endeffekt brauchen<br />

Sie aber meist einen<br />

guten Mix aus beiden Zulieferergruppen.<br />

Herr Seitz, Ihr Resümee<br />

bitte: Wo sehen Sie in Zukunft<br />

noch Verbesserungspotenzial<br />

im Management<br />

von Knappheit?<br />

Lieferantenertüchtigung ist<br />

hier ein wichtiges Stichwort<br />

für uns, Fertigungstiefe –<br />

dies zumindest in bestimmten<br />

4 x Winfried Seitz<br />

erkenntnisse<br />

1 /<br />

planung<br />

"Für mich ist das Thema<br />

Planung essenziell. Egal,<br />

ob es um kurz-, mittel- oder<br />

langfristige Prozesse geht.<br />

Auf einer vernünftigen<br />

Planung baut alles auf."<br />

2 /<br />

beziehungen<br />

"Den Kontakt zu Zulieferern<br />

sollte man sehr kontinuierlich<br />

pflegen. Das geht bis<br />

zu Financial-Health-Checks<br />

beim Lieferanten und zum<br />

gemeinschaftlichen Bemühen<br />

um Produktivitätssteigerungen."<br />

3 /<br />

wettbewerb<br />

"Es erleichtert Verhandlungen<br />

enorm, wenn es Wettbewerb<br />

unter den Zulieferern<br />

gibt. Man sollte sich<br />

nie von Monopolisten abhängig<br />

machen – wenn man<br />

es denn vermeiden kann."<br />

4 /<br />

mut<br />

"Egal, wie weit man vorausdenkt<br />

und wie gut man<br />

sich vorbereitet: Niemand<br />

kann sich auf alle Eventualitäten<br />

vorbereiten. Umso<br />

wichtiger ist das Selbstvertrauen,<br />

dass man im Krisenfall<br />

schnell und richtig<br />

reagieren wird."<br />

Bereichen und sicherlich<br />

auch Dual oder Triple Sourcing.<br />

Letzteres ist freilich<br />

auch eine Reaktion auf die<br />

verschiedenen Krisen der<br />

vergangenen Jahre. In<br />

den einzelnen Funktionen<br />

arbeiten wir intern heute<br />

schon übergreifend gut und<br />

lösungsorientiert zusammen<br />

– sicher kann man aber<br />

auch hier noch eine Schippe<br />

drauflegen.<br />

Und in welchen Bereichen<br />

sind Sie heute schon<br />

besser als der Wettbewerb?<br />

Auf jeden Fall bei der Zuverlässigkeit<br />

und der Qualität der<br />

Produkte, weil wir darauf<br />

in der Beschaffung und beim<br />

Material stark achten. In<br />

der Solidität und Langfristigkeit<br />

der Zusammenarbeit mit<br />

Zulieferern. Und wahrscheinlich<br />

inzwischen auch in der<br />

Flexibilität, was Beschaffung<br />

angeht. Da haben wir viel<br />

gelernt.<br />

Zum Abschluss noch eine<br />

Frage zum "daily business":<br />

Wann wird das<br />

Thema Knappheit für Sie<br />

im Alltag zur Chefsache?<br />

Es "wird" nicht, es ist es<br />

kontinuierlich – angefangen<br />

damit, dass wir regelmäßig<br />

gemeinsam überlegen, wie<br />

wir Engpässe vermeiden<br />

können, bevor sie auftreten.<br />

Wenn trotzdem etwas im<br />

Team passiert, muss ich mich<br />

natürlich sowieso kümmern.<br />

Und im Nachhinein sitzen<br />

wir dann wieder zusammen,<br />

um zu besprechen, was wir<br />

für die Zukunft gelernt haben.<br />

Insofern: Der Kampf gegen<br />

Materialknappheit ist bei<br />

uns zwar auch Chefsache –<br />

braucht aber permanent<br />

ein sehr gutes Team, das erfolgreich<br />

zusammenspielt.<br />

26<br />

COO Insights | 02.2013


titel | wissen<br />

Hohe Metallpreise lassen eine neue Form<br />

organisierter Kriminalität entstehen<br />

Unverzichtbar<br />

Die Einsatzmenge von<br />

Kupfer gilt auch heute<br />

noch als Indikator<br />

für den Industriealisierungsgrad<br />

eines Landes<br />

kupfer<br />

45 2.700 17 423 20.000<br />

prozent:<br />

In Europa beträgt die<br />

Recyclingrate heute rund<br />

45 %. Die Wiederverwertung<br />

von Kupfer wird<br />

daher als größte und<br />

wirtschaftlichste Kupfermine<br />

der Welt betrachtet.<br />

Kupfer und seine Legierungen<br />

können aus<br />

Altmaterialien ohne<br />

Qualitätseinbußen beliebig<br />

oft recycelt werden.<br />

zugriffe:<br />

Metalldiebe haben<br />

bei der Deutschen Bahn<br />

im vergangenen Jahr<br />

2.700 Mal zugeschlagen.<br />

17.000 Züge wurden gestoppt,<br />

weil Diebe zuvor<br />

Kupferkabel und andere<br />

Metallteile verschwinden<br />

ließen. Die Fahrten<br />

verspäteten sich dadurch<br />

um 240.000 Minuten<br />

oder 4.000 Stunden.<br />

millionen:<br />

Der Materialschaden betrug<br />

17 Millionen Euro.<br />

Rohstoffdiebstahl hat mit<br />

dem Anziehen der Preise<br />

eine neue Dimension<br />

erreicht. EU-weit wird<br />

der Schaden auf knapp 9<br />

Milliarden Euro veranschlagt.<br />

Die Bahn ist besonders<br />

anfällig, aber<br />

lange nicht die einzige<br />

Leidtragende.<br />

diebstähle:<br />

Der Energieversorger RWE<br />

etwa zählte 423 Diebstähle<br />

im Jahr 2012. Der<br />

Schaden lag bei 2,1 Millionen<br />

Euro. Hinter der<br />

wachsenden Zahl von Metalldiebstählen<br />

stehen<br />

straff organisierte, grenzüberschreitend<br />

agierende<br />

Banden.<br />

EURO:<br />

Kunst, Betriebe und selbst<br />

die Kirche ist nicht mehr<br />

sicher: Vom Friedhof von<br />

Groß Ridsenow in Mecklenburg-Vorpommern<br />

verschwand eine mehr als<br />

500 Jahre alte und 600<br />

Kilogramm schwere<br />

Glocke aus der Gießerei<br />

Mönkenhagen. Geschätzter<br />

Wert: 20.000 Euro.<br />

27


titel | seltene erden<br />

Nd<br />

Neodym<br />

60<br />

PEriodensystem<br />

Chinesisches Gold<br />

Etwa 97 % des weltweit<br />

produzierten Neodyms<br />

stammen aus China. Das<br />

Quasi-Monopol erhöht<br />

das Risiko von Engpässen<br />

und Preisschwankungen<br />

28<br />

COO Insights | 02.2013


Neodym<br />

Gruppe: Lanthanoide<br />

Periode: 6<br />

Masse (exakt): 144,242 u +/-<br />

3 Digit(s) [1]<br />

Entdeckungsjahr: 1895<br />

Entdecker: Carl Auer von Welsbach<br />

Vorkommen: natürlich<br />

Häufigkeit: 2,00 · 10 -3 %<br />

(prozentualer Massenanteil<br />

der Erdhülle, d. h. der Erdkruste/<br />

Ozeane bis 16 km Tiefe)<br />

eigenschaften<br />

Wunder<br />

gibt es immer<br />

wieder<br />

Wüstenstaaten kontrollieren das Öl. China beherrscht<br />

den Markt für Seltene Erden.<br />

Können neue Vorkommen und Recycling gefährliche<br />

Rohstoffengpässe vergessen lassen?<br />

Vorkommen<br />

CHINA<br />

r<br />

Atomradius (errechnet): 206 pm<br />

Atomvolumen: 20,6 cm 3 /mol<br />

Ionenradius: 108 pm<br />

Gitterenergie: 3,55 eV/Teilchen<br />

Elektronegativität (Pauling): 1,14<br />

Schmelzpunkt:<br />

1289 K (~1015,85 °C)<br />

Siedepunkt:<br />

3347 K (~3073,85 °C)<br />

Aggregatzustand: fest<br />

Metalleigenschaften: inneres<br />

Übergangsmetall<br />

Spezifische Schmelzwärme:<br />

10,88 kJ/mol<br />

Thermische Leitfähigkeit:<br />

16,5 W/m/K<br />

Spezifische Wärmekapazität:<br />

0,19 J/gK<br />

Dichte: 7,007 g/cm3<br />

Magnetismus<br />

N<br />

Binnen<br />

S<br />

Baußen<br />

Neodym ist "paramagnetisch" – entwickelt also<br />

nur dann ein Magnetfeld (B), wenn ein weiteres von<br />

außen wirkt. Dieses verstärkt sich dann in<br />

seinem Inneren (erkennbar an den dichten Feldlinien).<br />

Daher wird Neodym für starke Magnete genutzt.<br />

Australien<br />

Kristallstruktur<br />

Kristallstruktur der Neodym-Legierung<br />

Nd 2 Fe 14 B – dies ist der Werkstoff,<br />

aus dem die derzeit stärksten Dauermagnete<br />

der Welt gefertigt werden.<br />

COO Insights | 02.2013<br />

29


titel | seltene erden<br />

Die erste urkundliche Erwähnung: 1166 als "Dielc". 1348 wütet die Pest, 1539 greift die Reformation<br />

nach der Stadt. Am 19. April 1795 wird dort der spätere Naturforscher und Humboldt-Gefolgsmann<br />

Christian Gottfried Ehrenberg geboren. Dann kommen nacheinander: die Eisenbahn, die Gasversorgung,<br />

der Terror der Nationalsozialisten, die Amerikaner, die Sowjets, die SED, Braunkohlebagger,<br />

die friedliche Revolution und der wiederbegründete Freistaat Sachsen. Vom Breiten Turm, 1396 errichtet,<br />

kann man aus 46 Metern Höhe und mit etwas Glück auf den 1,5 Kilometer westlich liegenden Ortsteil<br />

Storkwitz schauen. Dort hat die nordwestsächsische Kreisstadt Delitzsch ihr Eldorado gefunden – wenn<br />

man sich für Seltene Erden interessiert.<br />

F<br />

"Früher haben wir Seltene Erden zum Preis von Salz<br />

verkauft", sagt Chinas Ex-Ministerpräsident Wen Jiabao.<br />

"Aber sie sind wertvoll wie Gold." Geht es danach,<br />

sitzt Storkwitz laut "Bild-Zeitung" auf einem "Milliardenschatz":<br />

den Seltenen Erden Cer, Praseodym, Neodym,<br />

Europium und Yttrium sowie dem Schwermetall Niob, das<br />

Stahl härtet und Autos leichter macht. Damit ist Storkwitz eines<br />

der wichtigsten Rohstofflager der europäischen Hightechwelt.<br />

Schon allein der Name ist verwirrend. Seltene Erden sind eigentlich<br />

Metalle und keineswegs selten. Selbst Thulium, das seltenste<br />

Element der Seltenen Erden, ist häufiger zu finden als Gold.<br />

Die Schwierigkeit: Abbau und Aufbereitung sind eine aufwändige<br />

Sache. Die einzelnen Elemente kommen in den entsprechenden<br />

Gesteinsformationen und Mineralien nur in geringen Mengen<br />

vor. Dabei sind sie unentbehrlich.<br />

Ohne sie gäbe es kein Smartphone. Weder Computer, Flachbildschirme,<br />

DVD-Spieler noch Akkus, Hochleistungsmagnete,<br />

Halbleiter oder Solaranlagen kommen ohne sie aus. Die größten<br />

Verbraucher sind China, Japan und die USA. Wegen der zunehmen-<br />

| Was sind ...? |<br />

seltene<br />

erden<br />

Der Begriff "Seltene Erden"<br />

ist gleich doppelt irreführend:<br />

Gemeint sind<br />

damit eigentlich Metalle –<br />

und selten sind sie schon<br />

gar nicht. Die ersten dieser<br />

Metalle wurden Ende<br />

des 18. Jahrhunderts in<br />

Schweden entdeckt, das<br />

letzte vor nicht ganz 70<br />

Jahren. Sie kommen in seltenen<br />

Mineralien vor und<br />

wurden zuerst in Form ihrer<br />

Oxide – den früheren "Erden"<br />

– isoliert. Daher der<br />

Begriff "Seltene Erden". Ihre<br />

Grundstoffe selbst kommen<br />

in Erzen weltweit relativ<br />

häufig vor: Allerdings ist der<br />

Abbau der Metalle teuer und<br />

aufwändig. Zu den Seltenen<br />

Erden werden 17 Metalle<br />

gezählt: Scandium, Yttrium<br />

und Lanthan – und die 14<br />

im Periodensystem auf das<br />

Lanthan folgenden Metalle,<br />

die sogenannten Lanthanoide.<br />

Dazu gehören etwa<br />

Cer, Praseodym, Neodym,<br />

Europium und Ytterbium.<br />

den Bedeutung der Umwelttechnologien steigt der Bedarf. Wurden<br />

2006 weltweit noch rund 108.000 Tonnen Seltene Erden verbraucht,<br />

erwarten Experten bis 2020 einen dramatischen Anstieg<br />

auf 240.000 Tonnen. 70.000 bis 90.000 Tonnen davon werden<br />

voraussichtlich auf den nicht chinesischen Teil der Welt entfallen.<br />

Eine alarmierende Prognose, denn rohstoffarme Länder wie<br />

Deutschland sind abhängig von Importen.<br />

Schätzungsweise rund 114 Millionen Tonnen Seltene Erden<br />

lagern nach derzeitigem Kenntnisstand in der Erde – in Russland,<br />

in den USA, in Australien, in Indien, vor allem aber in China. Knapp<br />

die Hälfte der weltweiten Reserven wird dort vermutet. China ist<br />

auch der mit Abstand größte Produzent. Rund 90 % der weltweit<br />

verbrauchten Seltenen Erden werden dort hergestellt. Für Chinas<br />

früheren Machthaber Deng Xiaoping waren Seltene Erden das, "was<br />

Öl für Saudi-Arabien ist".<br />

Alle Augen richten sich deshalb auf das ostdeutsche Städtedreieck<br />

Leipzig-Halle-Dessau – auf Storkwitz. Der Flecken ist die bislang<br />

einzige bekannte Lagerstätte von Seltenen Erden in Mitteleuropa.<br />

Bis in die 1950er Jahre hatte sich niemand ernsthaft dafür interessiert.<br />

Promethium, das letzte Seltenerdmetall, wurde erst 1947<br />

entdeckt. Auch DDR-Geologen auf der Suche nach Uran hatten<br />

ihrem Überraschungsfund in Storkwitz keine große Bedeutung<br />

beigemessen. Erst die Seltenerden Storkwitz AG (SES), eine Tochterfirma<br />

der 2006 gegründeten Deutschen Rohstoff AG, wollte es<br />

genau wissen und beauftragte die australische Geo-Beratungsfirma<br />

Mining One, das Vorkommen abzuschätzen. Ergebnis: Mindestens<br />

gut 20.000 Tonnen Seltene Erden schlummern, eingepackt in Kies<br />

und Sand, im Boden des Dorfs, außerdem 4.000 Tonnen Niob.<br />

Fachleute schätzen den Wert der Rohstoffe auf mindestens 2 Milliarden<br />

Euro.<br />

Es könnte mehr werden, viel mehr. Denn der Erzkörper, in dem<br />

die Hightechmetalle stecken, wurde nur bis 600 Meter Tiefe untersucht,<br />

er reicht aber laut Gutachten bis 1.200 Meter hinab,<br />

vielleicht auch weiter. Schätzungen sprechen deshalb von mindestens<br />

80.000 Tonnen Seltene Erden – mehr als fünfmal so viel wie<br />

China 2013 exportieren will (15.501 Tonnen) und rund 60 % des<br />

Weltverbrauchs 2011 (137.000 Tonnen). Wert nach aktuellen Preisen:<br />

mehr als 8 Milliarden Euro.<br />

Dieser Wert ist jedoch nur eine ungefähre Schätzung. Die<br />

Preise Seltener Erden bewegen sich wie auf einer Achterbahnfahrt.<br />

Gerade noch in existenzbedrohenden Höhen, lassen heftige Preisstürze<br />

infolge der Weltwirtschaftskrise stressgeplagte Rohstoffein-<br />

30<br />

COO Insights | 02.2013


käufer aufatmen und teure Explorationsvorhaben schnell wieder<br />

in der Schublade verschwinden. Rund 150.000 Dollar kostete im<br />

Sommer 2011 ein Tonne Ceriumoxid, ein Poliermittel für die optische<br />

Industrie. Ein Jahr später lag der Preis bei 20.000 Dollar.<br />

Neodymoxid, das für Generatoren benötigt wird, verbilligte sich<br />

um zwei Drittel. Auch die Notierungen für Lanthan (Fernseher,<br />

Energiesparlampen, Glas), Ytterbium (Bildschirme, Katalysatoren)<br />

oder Dysprosium (Laser, Magnete) gaben stark nach. Prompt trat<br />

China auf die Bremse. Baotou Steel, Chinas größter Produzent von<br />

Seltenen Erden, verlängerte seinen Produktionsstopp. Die Bergwerke<br />

in der Inneren Mongolei blieben geschlossen.<br />

Von Entwarnung keine Spur. "Auch wenn die Preise seit Mitte<br />

2011 gesunken sind, hat das Thema Seltene Erden in den Unternehmen<br />

höchste Priorität", sagt Thomas Rinn, Partner bei <strong>Roland</strong><br />

<strong>Berger</strong> Strategy Consultants. Die Angebotssituation, vor allem bei<br />

den schweren Seltenen Erden wie Yttrium, Samarium, Erbium oder<br />

Thulium, bleibe weiter kritisch. "Firmen", so Rinn, "müssen daher<br />

die richtigen Maßnahmen ergreifen, um auch künftig wettbewerbsfähig<br />

produzieren zu können." Die Botschaft kommt an. Vorteile<br />

hat, wer Veränderungen rechtzeitig wahrnimmt und strategisch<br />

bewertet. Wer sich dagegen auf trügerische Verfügbarkeiten verlässt<br />

und gefährliche Volatilitäten unterschätzt, für den ist der Zug<br />

schnell abgefahren. Kein Wunder: In 6 von 10 Unternehmen, so<br />

die Studie "The Rare Earth Challenge" von <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy<br />

Consultants, ist das Thema Rohstoffversorgung inzwischen ganz<br />

oben angesiedelt: im Topmanagement. "In der Hälfte der betroffenen<br />

Unternehmen arbeiten Taskforces daran, die Rohstoffversorgung<br />

zu wettbewerbsfähigen Preisen zu sichern", präzisiert Sebastian<br />

Durst, Project Manager von <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants.<br />

"Es geht darum, passende Strategien zu entwickeln, um die eigenen<br />

Produktkosten zu optimieren."<br />

Welche Rohstoffe werden wirklich gebraucht und woher<br />

stammen sie? Welche Zwänge bestehen und wo gibt es möglichen<br />

Ersatz? Wie lange kann eine Durststrecke überbrückt werden?<br />

Solche Fragen, allzu lange in den Chefetagen vernachlässigt, gewinnen<br />

an Brisanz. Schwellenländer wie China oder Indien haben<br />

nicht nur einen enormen Rohstoffhunger, sie sichern sich auch<br />

weltweit Rechte an wichtigen Vorkommen. Die Wucht aufstrebender<br />

Wirtschaftsmächte trifft klassische Industrieländer bis ins Mark.<br />

Doch wie reagieren? Gegen drohende Abhängigkeiten setzen<br />

nach Erkenntnissen von <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> 90 % der Unternehmen vor<br />

allem auf eine sichere Lieferkette; sie verhandeln neue Verträge mit<br />

Lieferanten oder suchen Alternativen. 84 % drücken den Verbrauch<br />

– durch den Einsatz alternativer Materialien oder erhöhte Materialeffizienz.<br />

Kooperationen mit anderen Unternehmen oder gar<br />

Produktionsverlagerungen nach China sollen die Einkaufsmacht<br />

stärken und den Preisdruck lindern.<br />

Mehr als die Hälfte der betroffenen Unternehmen gibt Mehrkosten<br />

für Seltene Erden an ihre Kunden weiter. Doch am meisten<br />

hilft eine Mischung aus allem. "Nur so können sich Unternehmen<br />

vor starken Preiserhöhungen schützen und auf dem Markt wettbewerbsfähig<br />

bleiben", sagt Sebastian Durst. Gleichzeitig gilt das<br />

leichte<br />

seltene erden<br />

Scandium /<br />

Hochdrucklampen, Laserkristalle,<br />

magnetische<br />

Datenspeicher, Fahrräder<br />

(leichter als Karbon)<br />

Lanthan /<br />

Kameras, Katalysatoren,<br />

Brennstoffzellen, Akkus<br />

cer /<br />

Poliermittel, Zündsteine,<br />

selbstreinigende Backöfen<br />

Praseodym /<br />

Magnete, Hybrid-, Elektromotoren,<br />

Kernreaktoren<br />

neodym /<br />

Magnete, Smartphones,<br />

Laser, Gläser<br />

Promethium /<br />

Radionuklidbatterien,<br />

ähnelt Neodym<br />

Samarium /<br />

Laser, Tonabnehmer,<br />

Neutronenabsorber<br />

Europium /<br />

Farbfernsehbildröhren,<br />

Energiesparlampen<br />

| Was für was? |<br />

schwere<br />

seltene erden<br />

Yttrium /<br />

Flatscreens, Lambdasonde,<br />

Nuklearmedizin<br />

Gadolinium /<br />

Kernspin-Tomografie, nachleuchtende<br />

Bildschirme<br />

Terbium /<br />

Halbleiter, grüne<br />

Fluoreszenz in Bildschirmen<br />

Dysprosium /<br />

Laser-, Magnetwirkstoff,<br />

Halogenlampen<br />

Holmium /<br />

Magnetblasenspeicher,<br />

Feststofflaser<br />

Erbium /<br />

Farbstoff für Glas und<br />

Emaille, Knochenersatz<br />

Thulium /<br />

Röntgenstrahlungsquelle,<br />

Leuchtstoffe in TV-Geräten<br />

Ytterbium /<br />

Dauermagnete, Verstärkung<br />

von Lasern<br />

Lutetium /<br />

Extrem selten, keine<br />

nennenswerte Anwendung<br />

COO Insights | 02.2013<br />

31


titel | seltene erden<br />

"Vorteile hat, wer Veränderungen<br />

rechtzeitig wahrnimmt<br />

und strategisch bewertet."<br />

Prinzip Hoffnung – auf neue Vorkommen, die auszubeuten bei<br />

einem hohen Preisniveau lukrativ ist. Weltweit arbeiten Unternehmen<br />

fieberhaft daran, Chinas Seltene-Erden-Monopol zu knacken.<br />

US-Amerikaner, Australier und Kanadier planen bis 2015 sieben<br />

Großprojekte. Im Mittelpunkt: Die geplante Wiederaufnahme der<br />

Produktion in der 2002 stillgelegten kalifornischen Mine Mountain<br />

Pass sowie die Erschließung der Vorkommen am australischen<br />

Mount Weld. Mit rund 64.000 Tonnen Produktionsvolumen könnten<br />

beide Vorkommen zusammen rund die Hälfte des gegenwärtigen<br />

Weltverbrauchs an Seltenen Erden pro Jahr auf den Markt<br />

werfen, erwarten Fachleute – wenn die Minen endlich produzieren<br />

würden.<br />

Japanische Forscher haben eigenen Angaben zufolge ein riesiges<br />

Reservoir an Seltenen Erden vor dem Korallenriff Minamitorishima<br />

aufgespürt, knapp 200 Kilometer südlich von Tokio. Die Konzentration<br />

sei 20- bis 30-mal höher als die Vorkommen in China, heißt<br />

es. Die schlechte Nachricht darin: Das Lager liegt 5.800 Meter<br />

unter dem Meeresspiegel; ein kommerzieller Bergbau in Tiefen über<br />

5.000 Meter war bislang noch nie erfolgreich. Die gute: Sollte es<br />

gelingen, wäre – rein theoretisch – Japan für die nächsten 230<br />

Jahre seine Sorgen mit dem raren Rohstoff los. So muss der japanische<br />

Autobauer Toyota jedoch weiter auf ein Bergbauprojekt nahe<br />

der indischen Stadt Chatrapur im Bundesstaat Ganjam hoffen.<br />

Stahl alleine ist dem gebeutelten deutschen Ruhrkonzern ThyssenKrupp<br />

nicht mehr genug: Zusammen mit Tantalus Rare Earths<br />

aus Grünwald bei München will der Essener Konzern eines der<br />

größten Förderprojekte für Seltene Erden außerhalb Chinas auf<br />

Madagaskar erschließen. Zu Beginn des Jahres startete das Bundeswirtschaftsministerium<br />

ein besonderes Förderprogramm, um vor<br />

allem mittelständische Unternehmen bei der Exploration kritischer<br />

Rohstoffe zu unterstützen. Bedingt rückzahlbare Darlehen sollen<br />

die teure Suche verträglicher machen. Knapp 30 Millionen Euro<br />

stehen in den kommenden 3 Jahren zur Verfügung.<br />

Dabei liegt das Gute oft so nah. Haushalte bunkern wahre<br />

Schätze: Millionen alte Mobiltelefone, vergessene Computer, Monitore<br />

oder Fernseher. Sie enthalten Kupfer, Silber, Gold – und Seltene<br />

Erden. Doch die Wiederverwertung steckt in den Kinderschuhen.<br />

Zwar werden derzeit etwa 25 % der in Elektronik verbauten Edelmetalle<br />

Gold, Silber und Palladium zurückgewonnen, aber es fehlt<br />

ein System, Seltene Erden großflächig zu recyceln. Bei einem Laptop<br />

etwa machen Rohstoffe nur 2 bis 10 % der Produktionskosten aus<br />

– keine lohnenswerte Perspektive, den Elektroschrott nach ein paar<br />

Milligramm Seltene Erden abzusuchen. Statt dessen landen die<br />

Hightechmetalle etwa aus Batterie- und Akkuabfällen in der Schlacke<br />

von Hochöfen. Schließlich: Moderne Elektronik für ein Millionenpublikum<br />

birgt nicht nur reichlich wertvolles Material, sondern auch<br />

Gift. Die verschiedenen Stoffe zu trennen und aufzuarbeiten, ist ein<br />

anspruchsvoller technischer Prozess. Viele Geräte gelangen deshalb<br />

erst gar nicht in den Wertstoffkreislauf, sondern werden nach Afrika<br />

und Asien verfrachtet.<br />

Doch "die Erkenntnis ist in der Industrie angekommen", so die<br />

TU Hamburg-Harburg, "dass Rohstoffe knapp und kostbar sind". In<br />

5 bis 10 Jahren, so die Wissenschaftler, könnte es ein ausgereiftes<br />

Verfahren zur Rückgewinnung von Seltenen Erden geben. Die Anstrengungen<br />

von Wissenschaft und Wirtschaft hätten sich deutlich<br />

vermehrt. Experten des Öko-Instituts Freiburg schätzen, dass allein<br />

in den 2010 in Deutschland verkauften PCs rund 15 Tonnen des<br />

wegen seiner magnetischen Eigenschaften geschätzten Neodyms<br />

verarbeitet wurden und 2 Tonnen Praseodym – nicht übermäßig viel<br />

für ein profitables Recycling, aber immerhin ein Anfang. Der Logistiker<br />

Geodis wettet, "dass der Bedarf an Neodym in den nächsten<br />

Jahren so groß wird, dass es auch attraktiv für einen Investor ist, die<br />

notwendigen Millionen in die Entwicklung von Recyclingverfahren<br />

zu stecken". Unter der Ägide der Berliner Bundesanstalt für Materialforschung<br />

soll voraussichtlich im Frühjahr 2014 eine Pilotanlage<br />

in Darmdorf bei Hamburg starten. Die Hamburger und die Berliner<br />

Stadtreinigungen liefern wertvolle Schlacke an.<br />

Weiter sind die Franzosen. Ende 2012 ging in La Rochelle die<br />

weltweit erste Recyclinganlage für Seltene Erden in Betrieb, ein<br />

patentiertes Verfahren, das die Metalle aus verschiedenen Abfallarten<br />

lösen kann. Der Mittelständler Loser Chemie aus Hainichen steuert<br />

einen Piloten für das Recycling von Magneten, die Seltene Erden<br />

enthalten. Die Bundesländer Bayern und Hessen finanzieren bei der<br />

Fraunhofer-Gesellschaft ein neues Institut für Werkstoffkunde, das<br />

sich mit solchen Problemen beschäftigen soll. Dresdner Fraunhofer-<br />

Forscher am Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung<br />

haben bereits ein Verfahren für die Rückgewinnung<br />

der Seltenerdmetalle Neodym und Samarium aus Magnetwerkstoff<br />

und Magnetwerkstoffgemischen entwickelt, das besonders für den<br />

Elektromotorenbau der Automobilindustrie interessant ist. Dabei<br />

werden pyrometallurgische und nasschemische Verfahren kombiniert.<br />

Ausbeute und Reinheit, so die Wissenschaftler, seien "sehr<br />

hoch". Die Metalle könnten leicht wieder in die Elemente zur Herstellung<br />

neuer Magnetwerkstoffe umgewandelt werden. Industrielle<br />

Nutzung – dahinter steht ein großes Fragezeichen. Denn mehr noch<br />

als die Rückgewinnung lösen neu entdeckte Vorkommen wie das in<br />

Storkwitz Begehrlichkeiten aus. Frühestens 2017 könnte es dort mit<br />

dem Abbau losgehen, wenn die Preise für Seltene Erden eine für ein<br />

Investment attraktive Höhe beibehalten.<br />

Und wenn nicht? Einen Dämpfer hat das ehrgeizige Projekt schon<br />

einstecken müssen: Die Konzentration der gesuchten Metalle im dort<br />

gefundenen Mineral Bastnäsit erreicht insgesamt knapp 0,5 %. Dieser<br />

Wert liegt bei den einzelnen Seltenen Erden sogar noch weit<br />

darunter – kein gutes Omen für das "Wunder von Storkwitz" ("Bild").<br />

Denn die Konkurrenz schläft nicht: Am australischen Mount Weld<br />

liegt der Gehalt von Seltenen Erden im Gestein 20-mal so hoch.<br />

32<br />

COO Insights | 02.2013


Werkstatt<br />

15 %<br />

| Fakt |<br />

>Unternehmen, die Methoden aus allen<br />

Funktionen kombinieren, sind mit ihren<br />

neuen Produkten um 15 % erfolgreicher.<br />

Mehr dazu und zu weiteren Studien<br />

auf den folgenden Seiten ...


werkstatt<br />

COO Insights<br />

Ausgabe 02.2013<br />

Wissens-werte<br />

48 %<br />

china<br />

Bekannte weltweite Seltene-Erden-Reserven (114 Mio. Tonnen)<br />

17 %<br />

russland<br />

1 %<br />

AUstralien<br />

19 %<br />

andere<br />

3 %<br />

INDIEN<br />

12 %<br />

USA<br />

China verfügt über<br />

die meisten Reserven,<br />

aber überall auf der<br />

Welt werden neue Vorkommen<br />

entdeckt<br />

| Kritische Rohstoffe |<br />

SELTENE ERDEN:<br />

GAR NICHT so<br />

SELTEN, ABER TEUEr<br />

ZU GEWINNEN<br />

114 Mio. Tonnen Seltene-Erden-Reserven sind derzeit bekannt. Gemessen an der aktuellen jährlichen<br />

Nachfrage von 0,137 Mio. Tonnen entspricht das einer Reichweite von mehr als 800 Jahren.<br />

Es werden regelmäßig neue Vorkommen entdeckt, so etwa im Juli 2011 im Pazifik (bis zu 100<br />

Mio. zusätzliche Tonnen) oder im Januar 2012 in Afghanistan (~1 Mio. zusätzliche Tonnen).<br />

Beide Vorkommen sind in den vorstehend gezeigten "bekannten weltweiten Reserven" noch<br />

nicht berücksichtigt. China ist aufgrund niedriger Preise und weniger strengen Umweltauflagen<br />

der derzeit größte Förderer von Seltenen Erden. Doch auch außerhalb Chinas werden wieder<br />

vermehrt Minen in Betrieb genommen. http://rbsc.eu/10VdEGf<br />

34<br />

COO Insights | 02.2013


COO Insights<br />

Ausgabe 02.2013<br />

| Struktureller Wandel<br />

in der Luftfahrtindustrie |<br />

Auswirkung auf<br />

Produkterfolg:<br />

Kombinationen<br />

der Methoden:<br />

15 %<br />

1 / Hub Trutzburg<br />

Legacy Airlines = Full-Service Carrier<br />

gewinnen an Stärke, da sie ihre<br />

Hausaufgaben meistern, Nachfrager<br />

vermehrt Wert auf Qualität legen und<br />

arabische/asiatische Herausforderer<br />

an Wachstumsgrenzen stoßen<br />

2 / Europa unter Druck<br />

Wachstum der Low-Cost Carrier<br />

stagniert, auf Langstrecken entsteht<br />

jedoch ein scharfer Wettbewerb<br />

zwischen Legacy Airlines und arabischen/asiatischen<br />

Herausforderern<br />

Einzeln eingesetzte Methode<br />

Kombiniert eingesetzte Methoden<br />

Einkauf<br />

Qualität<br />

und<br />

Logistik<br />

Forschung<br />

und Entwicklung<br />

Projektmanagement<br />

Funktionsübergreifend<br />

Kundeneinbindung<br />

und<br />

Marktforschung<br />

3 / Neue Horizonte<br />

Low-Cost Carrier können ihren<br />

Wachstumspfad fortsetzen und<br />

Legacy Airlines ziehen sich auf<br />

Hub-Langstreckenverkehre zurück<br />

4 / Fall der Giganten<br />

Die Konsolidierung der Legacy Airlines<br />

schreitet weiter voran – LCCs und<br />

arabische/asiatische Herausforderer<br />

dominieren den europäischen Markt<br />

http://rbsc.eu/194R3M1<br />

| Leitfaden für<br />

Produktinnovationen |<br />

Kombinierer<br />

sind erfolgreicher<br />

Unternehmen, die Methoden aus allen Funktionen<br />

kombinieren, sind mit ihren neuen Produkten<br />

um 15 % erfolgreicher. Die richtige<br />

Kombination verschiedener Methoden ist der<br />

Schlüssel zum Erfolg. Erfolgreiche Unternehmen<br />

setzen in der Produktentwicklung eine<br />

überdurchschnittliche Anzahl von Methoden<br />

aller Cluster ein und nutzen diese intensiv. Sie<br />

kombinieren unterschiedliche Methoden aus<br />

F&E, Marktforschung, Einkauf, Qualität, Logistik<br />

und Projektmanagement und setzen diese<br />

zur richtigen Zeit ein. http://rbsc.eu/18am8hC<br />

6045<br />

Prozent der Unternehmen<br />

haben bereits bewusst<br />

Veränderungen an ihrem Geschäftsmodell<br />

vorgenommen<br />

Prozent der befragten<br />

Unternehmen sehen ihr Geschäftsmodell<br />

derzeit in einem bewussten<br />

Veränderungsprozess<br />

| Neue Studie |<br />

Schlüsselthema<br />

Geschäftsmodelltransformation<br />

Ein erfolgreiches Geschäftsmodell basiert auf der Abstimmung<br />

von Geschäftsfeld, Wertschöpfung und Erlösmodell.<br />

Geschäftsmodelle müssen an Veränderungen in der Unternehmensumwelt<br />

angepasst werden.<br />

Fast zwei Drittel aller befragten Unternehmen haben<br />

bereits bewusst Veränderungen an ihrem Geschäftsmodell<br />

vorgenommen. Fast die Hälfte der Unternehmen sehen ihr<br />

Geschäftsmodell derzeit in einem Veränderungsprozess.<br />

http://rbsc.eu/17MdXHr<br />

COO Insights | 02.2013<br />

35


werkstatt<br />

COO Insights Ausgabe 02.2013<br />

Wissens-Werte<br />

| Automobilbranche |<br />

stürmische zeiten für<br />

die zulieferer<br />

Die Entwicklung der Zulieferer-Performance<br />

in den globalen Regionen hat sich in den<br />

letzten fünf Jahren deutlich verändert. Zulieferer<br />

aus den NAFTA-Staaten waren die großen<br />

Gewinner. 2007 war ihre Profitabilität<br />

noch die mit Abstand geringste aller Regionen.<br />

2012 zeigt sich ein völlig anderes Bild:<br />

Mit einer durchschnittlichen EBIT-Marge von<br />

etwa 6 % werden die Zulieferer aus den<br />

NAFTA-Staaten wahrscheinlich erstmals in<br />

zehn Jahren den weltweiten Branchendurchschnitt<br />

übertreffen. http://rbsc.eu/14EzJ9J<br />

Europa<br />

Erhebliche Unterschiede:<br />

Zulieferer-EBIT-Margen<br />

zeigen die regionalen Veränderungen<br />

in der Branche<br />

(Einheit in Prozent)<br />

7,0 7,1<br />

5-6<br />

NAFTA<br />

5,6<br />

6,3 ~6<br />

Japan<br />

6,5<br />

5,1<br />

2007 2011 2012 2007 2011 2012 2007 2011 2012 2007 2011 2012 2007 2011 2012<br />

~6<br />

china<br />

10,3 9,8 9-10<br />

korea<br />

6,5<br />

9,3 9-10<br />

Komplexitätsmanagement<br />

Portfoliomanagement<br />

Stärkung<br />

der Innovation<br />

Corporate<br />

Governance<br />

Sicherstellung der<br />

Umsetzung<br />

Sinn<br />

& Zweck<br />

Bereitstellung von<br />

Finanzierung<br />

Global vernetztes<br />

Arbeiten<br />

Nutzung von<br />

Synergien & Skalenvorteilen<br />

Strategische<br />

Führung<br />

1<br />

Umsetzung von<br />

Zweck und Identität<br />

"Sinn und Zweck"<br />

und einzigartige "DNA"<br />

des Unternehmens<br />

2<br />

Grundlegende<br />

Kompetenzen<br />

Fokussierung auf Ressourcenallokation<br />

und Einhaltung<br />

von Vorschriften<br />

3<br />

Mehrwertkompetenzen<br />

Partner des Geschäfts<br />

zur Ermöglichung<br />

hoher Performance<br />

| Trendthema Modularisierung |<br />

Kostenaspekte sind noch immer der wichtigste<br />

Grund für Modularisierungsbestrebungen.<br />

Aber auch andere Aspekte gewinnen an<br />

Bedeutung – vor allem "Geschwindigkeit".<br />

Modularisierung muss als zwingend erforderlich<br />

eingestuft werden. Sie ist kein<br />

nettes Beiwerk mehr. Der Ansatz muss auf<br />

die Bedürfnisse des Unternehmens ausgerichtet<br />

sein und konsequent entlang der<br />

Wertschöpfungskette umgesetzt werden, um<br />

den vollen Nutzen zu realisieren.<br />

http://rbsc.eu/18arZDA<br />

86 %<br />

Unternehmen,<br />

die aktiv eine modulare<br />

Strategie verfolgen<br />

| Corporate Headquarters |<br />

MEHRWERT-<br />

KOMPETENZEN SIND<br />

entscheidend<br />

Weltweit definieren derzeit Konzerne die<br />

Rolle ihrer Zentralen neu: Hauptsitze werden<br />

immer mehr zum Zahnrad im Getriebe<br />

des operativen Geschäfts. Außerdem<br />

erledigen sie künftig häufiger Aufgaben,<br />

die über die Funktion des Repräsentanten,<br />

Managers oder Wächters interner Richtlinien<br />

hinausgehen.<br />

Dieser Trend ist ein zentrales Ergebnis<br />

von "Corporate Headquarters", einer neuen<br />

<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong>-Umfrage unter 86 global<br />

tätigen Unternehmen, die ihre Zentrale<br />

in Westeuropa haben.<br />

http://rbsc.eu/11lxiHb<br />

JA<br />

NEIN<br />

14 %<br />

36<br />

COO Insights | 02.2013


werkstatt | kiosk<br />

Lesezeit: aktuelle Publikationen<br />

von <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants<br />

kiosk<br />

Die Kunst der Anpassung<br />

Woran orientieren sich Unternehmen, wenn die<br />

Umwelt immer ungewisser, komplexer und<br />

unbeständiger wird? Ein neues Buch von <strong>Roland</strong><br />

<strong>Berger</strong> bietet überraschende Antworten*<br />

Light-Footprint-Management<br />

Irgendwann in der jüngeren Vergangenheit hat sich<br />

die Umwelt für Unternehmen radikal gewandelt: Sie<br />

wurde zu komplex, zu unbeständig, zu unberechenbar<br />

für herkömmliche Führungsmethoden. Charles-<br />

Edouard Bouée, Mitglied der Geschäftsführung von<br />

<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants und zugleich für<br />

die Region Asien zuständig, vertritt in seinem neuen<br />

Buch "Light Footprint Management: Lessons from<br />

War and Asia" (Bloomsbury, Juli 2013), die These, dass<br />

sich Firmen an diese neue Welt anpassen können –<br />

wenn sie sich – unter anderem – an aktuellen Entwicklungen<br />

moderner Militärführung orientieren.<br />

Im militärischen Bereich begann nach Ende des<br />

Kalten Krieges ein Umdenken. Am "War College" der<br />

US-Armee in Carlisle (Pennsylvania) entwickelten Militärexperten<br />

das Konzept VUCA – ein Akronym, das<br />

für "Volatile, Uncertain, Complex, Ambiguous" steht.<br />

Das Konzept wurde genutzt, um Studenten dieser<br />

Schule auf Führungsrollen in der VUCA-Welt vorzubereiten.<br />

Wenn, so die These des Autors, das Light-Footprint-Kriegsmodell<br />

von Barack Obama eine frühe Anpassung<br />

an die VUCA-Welt ist und zugleich die<br />

Geschäftswelt VUCA-Merkmale aufweist, dann sollten<br />

Firmen bestimmte Äquivalente für die drei wichtigsten<br />

militärischen VUCA-Strategeme übernehmen: für den<br />

Einsatz von Drohnen, für Cyberwaffen und für Spezialeinsatzkräfte.<br />

Mehr Automatisierung, neue Technologien<br />

Das zivile Äquivalent zur militärischen Nutzung von<br />

Drohnen und unbemannten See- und Landfahrzeugen<br />

ist möglicherweise ein gewaltiges Bedürfnis nach<br />

Automatisierung und neuen Technologien. Ein Äquivalent<br />

zum Cyberkrieg könnte die ständige Suche<br />

nach einem Wettbewerbsvorteil im Cyberspace sein.<br />

Eine logische Umsetzung von Spezialeinsatzkräften in<br />

der Unternehmenswelt wäre zum Beispiel der Übergang<br />

von einer hierarchischen zu einer modularen<br />

Unternehmensform – ein Machtwechsel von Vorstandsriegen<br />

zu selbstverwalteten, interdisziplinären<br />

Modulen. Eine Entsprechung für militärische Allianzen<br />

könnte schließlich die verstärkte Neigung zu Partnerschaften<br />

sein. Für den Einsatz von Spezialkräften<br />

sind Beispiele in der Geschäftswelt offenkundig<br />

schwer zu finden – sie sind schließlich geheim.<br />

Eine extrem volatile Umwelt<br />

In seinem Buch erläutert Charles-Edouard Bouée die<br />

Vorteile, die ein Light-Footprint-Unternehmen in der<br />

VUCA-Welt erzielen kann: Es ist modular, extrem zentralisiert<br />

und dezentralisiert zugleich. Es ist interessiert<br />

an Zusammenarbeit und Partnerschaften, denn<br />

sie belasten das Unternehmen weniger als Übernahmen.<br />

Es ist verschwiegen, da seine Wettbewerbsmaßnahmen<br />

oft auf das Überraschungsmoment setzen.<br />

Und es ist sich der Folgen seines Handelns für Dritte<br />

bewusst.<br />

Der Autor glaubt, dass ein Light-Footprint-Unternehmen<br />

besser in seine extrem volatile Umwelt integriert<br />

ist und sensibler reagieren kann. Daher wird es<br />

von überraschenden Entwicklungen, die in der VUCA-<br />

Welt so häufig sind, viel seltener aus der Bahn geworfen.<br />

Das Buch schließt mit einigen Tipps für Manager,<br />

die ihre Firmen in Light-Footprint-Unternehmen verwandeln<br />

wollen. Da sich VUCA auf die gesamte moderne<br />

Gesellschaft – und nicht nur auf die Militär- und<br />

Geschäftswelt – bezieht, empfiehlt sich ein Übergang<br />

zum Light Footprint seiner Ansicht nach für alle Arten<br />

von Organisationen.<br />

*LIGHT FOOTPRINT MANAGEMENT. Leadership<br />

in times of change. Von Charles-Edouard<br />

Bouée, Bloomsbury, Juli 2013, 32,99 USD.<br />

Charles-Edouard Bouée ist Präsident von<br />

<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants für die Region<br />

Asien und gehört seit Juli 2010 der weltweiten<br />

Geschäftsführung des Unternehmens an.<br />

think:act CONTENT<br />

"Hot Markets"<br />

Die wachsende Mittelstandsschicht<br />

der<br />

Schwellenländern fragt<br />

Produkte nach, die<br />

exakt auf ihre Bedürfnisse<br />

zugeschnitten sind.<br />

Daraus ergeben sich<br />

neue Chancen für die<br />

Industrie. Und damit<br />

nicht genug – einige dieser<br />

Produkte finden ihren<br />

Weg zurück zu uns.<br />

think:act CONTENT<br />

"Corporate<br />

Headquarters"<br />

In der neusten Ausgabe<br />

der Corporate-Headquarters-Studie<br />

zeigen<br />

unsere Experten fünf<br />

Wege auf, wie Konzernzentralen<br />

für ihr Unternehmen<br />

einen Mehrwert<br />

schaffen können,<br />

indem sie über den traditionellen<br />

Fokus von<br />

Kosten und Effizienz hinaus<br />

handeln.<br />

think:act MAGAZIN<br />

Leadership<br />

Wie sollte Führung in<br />

einer volatilen Welt aussehen?<br />

Welche Strategien<br />

greifen noch?<br />

Welche Methoden und<br />

Instrumente sind wirksam?<br />

Für unser neues<br />

think:act Magazin haben<br />

wir diese Fragen vielen<br />

CEOs gestellt. Und<br />

überraschende Antworten<br />

erhalten.<br />

COO Insights | 02.2013 37


werkstatt | im gespräch<br />

PETER Buchholz<br />

Leiter der Deutschen<br />

Rohstoffagentur<br />

1 / Wie ist die aktuelle Situation auf<br />

den internationalen Rohstoffmärkten?<br />

Wenn wir von moderaten Wachstumsraten<br />

für die Weltwirtschaft bis 2014 ausgehen,<br />

dann wird die Nachfrage nach<br />

Industriemetallen, die für den Aufbau von<br />

Infrastrukturen benötigt werden, wohl<br />

eher stagnieren. Dagegen ist die Situation<br />

bei Rohstoffen für Zukunftstechnologien<br />

kaum vorhersehbar. Die Nachfrage ist eng<br />

an die Entwicklung neuer Produkte gekoppelt.<br />

Generell lässt sich sagen: Die hohe<br />

Angebotskonzentration bei zahlreichen<br />

Metallen und Industriemineralen und<br />

die bestehenden geostrategischen Unsicherheiten<br />

deuten auf potenzielle Preis- und<br />

Lieferrisiken bei 15 bis 20 Rohstoffen hin.<br />

Leben mit der Knappheit:<br />

7 Fragen an...<br />

2 / Was beschäftigt Unternehmen<br />

derzeit bei der Rohstoffbeschaffung<br />

am meisten?<br />

Vor allem drei Dinge. Erstens: hohe und volatile<br />

Preise. Zweitens: Vertragsunsicherheiten<br />

beim Rohstoffbezug. Und drittens: Unsicherheiten<br />

beim Zugang zu Rohstoffen.<br />

Fehlende Markttransparenz auf den Rohstoffmärkten,<br />

politische Unsicherheiten<br />

in rohstoffreichen Ländern sowie erhöhte<br />

Konjunkturrisiken und kürzere -zyklen<br />

schränken die Planungssicherheit stark ein.<br />

3 / Wo gibt es besonders einschneidende<br />

Engpässe?<br />

Bei der Gruppe der schweren Seltenen Erden.<br />

Permanentmagnete etwa in Windkraftanlagen<br />

und Elektrofahrzeugen sind<br />

darauf angewiesen. Schwierig wird es<br />

durch Exportbeschränkungen Chinas, die<br />

geringe Konzentration dieser Metalle in<br />

den meisten uns derzeit bekannten Lagerstätten<br />

sowie den geringen Erkundungsund<br />

Entwicklungsgrad neuer Vorkommen.<br />

Wir brauchen deshalb dringend alternative<br />

Lieferquellen und Substitutionsmöglichkeiten.<br />

Forschung trägt viel dazu bei, aber<br />

auch die Stärkung der Recyclingwirtschaft.<br />

4 / Vor welchen Preis- und Lieferrisiken<br />

stehen die Unternehmen konkret?<br />

Neben den Seltenen Erden bei Niob,<br />

Antimon, Wolfram, Magnesium, Platin,<br />

Bismut, Graphit, Kobalt, Palladium,<br />

Vanadium, Magnesit, Indium, Fluorit und<br />

Zinn. Hohe geostrategische Risiken in der<br />

Rohstoffproduktion sind nicht automatisch<br />

Hinweise auf Lieferengpässe. Allerdings<br />

sind Produkte aus derartigen Märkten extrem<br />

preissensibel.<br />

5 / Wie stellen sich Unternehmen am<br />

besten auf die Situation ein?<br />

Am besten mit einem mehrstufigen Vorgehen.<br />

Sie sollten damit in der Lage sein, flexibel<br />

auf Preis- und Lieferrisiken reagieren<br />

zu können. Stichworte sind: Identifizierung<br />

der Rohstoffinhalte in einzelnen Produkten<br />

und Komponenten, die Ermittlung<br />

des Wertes des Rohstoffinhalts, die<br />

Feststellung von Preis- und Lieferschwankungen<br />

auf das Unternehmensergebnis<br />

sowie die Entwicklung von geeigneten<br />

Ausweichstrategien für besonders anfällige<br />

Produktionsprozesse. Hedging, Lagerhaltung,<br />

die Bildung von Käufergemeinschaften,<br />

das Verhandeln von Preisgleitklauseln<br />

oder die Preisabsicherung<br />

über Lieferverträge oder Unternehmensbeteiligungen<br />

sind Instrumente dafür.<br />

6 / Es gibt viele Herausforderungen.<br />

Gibt es auch Chancen?<br />

Eindeutig ja. In vielen großen Unternehmen<br />

haben sich bereits Strategieteams<br />

etabliert. Sie bewerten permanent Märkte<br />

und entwickeln Ausweichstrategien<br />

für den Einkauf. Man kann schon von einer<br />

Bewusstseinsänderung in großen<br />

Unternehmen sprechen. Bei kleinen und<br />

mittleren Unternehmen gibt es dagegen<br />

noch viel zu tun.<br />

7 / Was kann die DERA tun, um Unternehmen<br />

zu unterstützen?<br />

Durch die Bereitstellung von Rohstoffinformationen<br />

und Analysen verbessern<br />

wir einerseits die Markttransparenz.<br />

Wir bewerten die globalen Rohstoffmärkte<br />

und sensibilisieren damit Unternehmen<br />

für potenzielle Preis- und Lieferrisiken.<br />

Andererseits flankiert die DERA Förderprogramme<br />

der Bundesregierung,<br />

bearbeitet Anfragen von Unternehmen<br />

und stellt Netzwerke für die Rohstoffsicherung<br />

bereit.<br />

Zur Person:<br />

>Der promovierte Rohstoffgeologe Peter Buchholz,<br />

47, ist seit 2012 Leiter der Deutschen<br />

Rohstoffagentur (DERA) mit Sitz in Berlin-Spandau.<br />

Zuvor war er in den Bereichen Lagerstättenforschung,<br />

Exploration und Rohstoffhandel<br />

tätig. Seine Dissertation fertigte er<br />

über archaische Goldlagerstätten. Die DERA<br />

wurde im Oktober 2010 gegründet und ist<br />

Bestandteil der Bundesanstalt für Geowissenschaften<br />

und Rohstoffe (BGR). Sie ist die<br />

zentrale Informations- und Beratungsplattform<br />

für mineralische und Energierohstoffe.<br />

38<br />

COO Insights | 02.2013


impressum | ausblick<br />

coo <strong>insights</strong> 02.2013<br />

HERAUSGEBER<br />

GESAMTVERANTWORTUNG<br />

PROJEKTLEITUNG<br />

REDAKTIONSBEIRAT<br />

DESIGN<br />

URHEBERRECHTE<br />

HINWEIS<br />

bildnachweis<br />

Thomas Rinn/Martin Erharter<br />

<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants GmbH<br />

High Light Towers<br />

Mies-van-der-Rohe-Str. 6<br />

D-80807 München<br />

Tel.: +49 89 9230-0<br />

COO_Insights@rolandberger.com<br />

Dr. Michael Zollenkop (V. i. S. d. P.)<br />

Dr. Katherine Nölling/Victoria Wulf<br />

Dr. Carsten Bock, Charles-Edouard Bouée, Martin Erharter, Dr. Sebastian Durst,<br />

Jochen Gleisberg, Morris Hosseini, Oliver Knapp, Dr. Thomas Kwasniok, Dr. Steffen Kilimann,<br />

Walter Pfeiffer, Thomas Rinn, Dr. Michael Zollenkop<br />

<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Media Design<br />

Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte werden<br />

vorbehalten.<br />

Die im Magazin enthaltenen Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers<br />

wieder. Haben Sie Fragen an das Redaktionsteam? Interessieren Sie sich für Studien von <strong>Roland</strong><br />

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katherine.noelling@rolandberger.com<br />

Cover: Thomas Dashuber, S. 2: SciencePhotoLibrary, S. 3: <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Strategy Consultants,<br />

S. 6-7: Kai Nedden/laif, S. 8-9: George Osodi/Panos, S. 11: Aude van Ryn,<br />

S. 14-15: SciencePhotoLibrary, istock, S. 16: Aude van Ryn, S. 18-19: Ralph Zimmermann,<br />

S. 20-21: Thomas Dashuber, S. 25: Bosch Siemens Haushaltsgeräte, S. 27: Fotolia,<br />

S. 28: SciencePhotoLibrary, S. 38: Ralph Zimmermann<br />

Veröffentlicht im Juli 2013<br />

Thema der<br />

nächsten coo<br />

<strong>insights</strong>:<br />

FRUGAL<br />

PRODUcts<br />

Einfache, kostengünstige und auf Kundenwünsche zugeschnittene Produkte<br />

für mittlere und niedrigere Marktsegmente wecken die Begierde reifer Industrien.<br />

Ob Röntgengeräte mit reduzierten Funktionen, die auch bei Spannungsschwankungen<br />

problemlos funktionieren, oder Low-Budget Cars – der Anteil von Frugal<br />

Products am Unternehmensumsatz wird sich nach Einschätzung von <strong>Roland</strong><br />

<strong>Berger</strong> Strategy Consultants bis 2018 von 12 auf gut 22 % nahezu verdoppeln. Doch<br />

"einfach" ist nicht alles; die gesamte Wertschöpfungskette steht auf dem Spiel.<br />

Die wichtigsten Erfolgsfaktoren dabei sind<br />

ein umfassendes Verständnis der Kundenanforderungen<br />

kompetitive Produktpreise sowie<br />

ein systematischer Ansatz.<br />

"Unternehmen müssen von Anfang an die richtigen Weichen stellen, um einen<br />

späteren Strategiewechsel und unnötige Kosten zu vermeiden", rät <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong><br />

Stratege Michael Zollenkop.<br />

COO Insights | 02.2013<br />

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