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Z eitschrift des S auerländer H eimatbundes

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ISSN 0177-8110<br />

Sauerland 1/2012 1<br />

Z <strong>eitschrift</strong> <strong>des</strong> S auerländer H eimatbun<strong>des</strong><br />

Sauerland<br />

M ärz 2012 /1


Sauerland 1/2012 3<br />

Sauerland<br />

Nr. 1 / März 2012 • Z<strong>eitschrift</strong> <strong>des</strong> Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong><br />

Wie finden Sie eigentlich ...<br />

... die behutsame Neugestaltung unserer Z<strong>eitschrift</strong>, die wir Ihnen mit<br />

dieser Ausgabe erstmalig präsentieren? Sie haben es noch nicht bemerkt?<br />

– Dann waren wir vielleicht zu zaghaft bei den Veränderungen,<br />

über die wir in der Redaktionskonferenz diskutiert haben. Einig<br />

waren wir uns darin, wenn Veränderungen kommen, dann müssen sie<br />

so ausfallen, dass der sogenannte Wiedererkennungswert bei unseren<br />

werten Leserinnen und Lesern auf jeden Fall gewährleistet ist.<br />

Dennoch kann man sich vorstellen, dass die Spannbreite <strong>des</strong>sen,<br />

was noch unter diese Vorgabe passt, einige weitere Veränderungen<br />

ermöglicht hätte. Nun, wir haben uns zu der Version entschieden,<br />

die Ihnen jetzt ins Haus geflattert ist. Umgesetzt worden ist dies von<br />

Hans Wevering, der für Lithographie, Layout und technische und<br />

Schlussredaktion verantwortlich zeichnet. Übrigens: Das bisherige<br />

Layout existiert schon seit Heft 1/1985 und wurde von Werner<br />

Ahrens, dem heutigen Vorstandsmitglied gestaltet und in den<br />

Grundzügen bis zur letzten Ausgabe im Jahre 2011 erhalten.<br />

Hans Wewering hatte uns in der Beratung zur Ankündigung <strong>des</strong>sen,<br />

was uns widerfahren könnte, zwei Briefe aus den damaligen Leserreaktionen<br />

präsentiert:<br />

„Das Heft 1/1985 mit der schwarz umrandeten<br />

Titelseite wirkt wie ein Totenbrief!“<br />

und<br />

„Herzlichen Glückwunsch zur Neugestaltung von<br />

SAUERLAND. Alle guten Wünsche!“<br />

So sind wir nun gerüstet auf Reaktionen und Meinungen aus der Leserschaft,<br />

um die wir Sie herzlich bitten, zumal wir noch einige Anregungen<br />

haben, deren Umsetzung wir noch „nachschieben“ könnten.<br />

Im Falle von gnadenloser Kritik bedenken Sie bitte, dass diese Z<strong>eitschrift</strong><br />

mit ihren vier Ausgaben per anno immer noch ehrenamtlich<br />

erstellt wird. Das sind zunächst und vor allem die Autoren, der Redaktionsstab<br />

mit seinen Ressortleitern bis hin zur arbeitsintensiven Schlussredaktion.<br />

Für den drucktechnischen Teil pflegen wir die langjährige<br />

Zusammenarbeit mit becker druck, F. W. Becker GmbH Arnsberg.<br />

Viel Vergnügen beim Lesen und in der „Wahrnehmung“ dieser<br />

Ausgabe wünscht Ihnen<br />

Aus dem Inhalt<br />

Geschichte<br />

Steinbrücke an der Helle – Grundstein<br />

im Mosaik der Ortsentwicklung 24<br />

Stracken Hof 27<br />

„unbegreifliches begreifbar“ 38<br />

Natur · Landschaft · Siedlung<br />

Baugestaltung und Baukultur in<br />

Dörfern und Städten <strong>des</strong><br />

ländlichen Raumes 12<br />

„Problemberg“ Kahler Asten 16<br />

Vom Wald zum Naturpark<br />

50 Jahre<br />

Naturpark Arnsberger Wald 21<br />

Kurfürstlicher Thiergarten Arnsberg –<br />

von der Idee zur Realisierung 35<br />

Arnsbergs Geschichte im<br />

„Thiergartenwanderweg“<br />

wieder erlebbar geworden 39<br />

Sprache und Literatur<br />

Die Christine-Koch-Gesellschaft<br />

zwei Jahrzehnte für die Literatur<br />

im Sauerland 33<br />

Criminale 2012 41<br />

Religion und Glaube<br />

Figur der seliggesprochenen<br />

Mutter Teresa eingeweiht 30<br />

Heimat · Kultur<br />

Wie finden Sie eigentlich ... 3<br />

Theodor Pröpper – ein kraftvoller<br />

Motor für Glaube und Heimat 4<br />

Kommentiert 6<br />

Franz Stock und der Weg nach Europa 7<br />

100 Jahre Museum u. Museumsverein 10<br />

Jubiläumsausstellung – Osterzeit 32<br />

Wirtschaft<br />

Pieper Holz – Anzeige<br />

„Sägewerk sucht Waldbesitzer/in“ 23<br />

Rezensionen · Personalien<br />

Bücher – Schrifttum 43<br />

Personalien 49<br />

Elmar Reuter, 1. Vorsitzender<br />

Unser Titelbild zeigt die Arnsberger<br />

Altstadt mit Blick auf den Glockenturm.<br />

Es fotografierte Friedhelm Ackermann †


4 Sauerland 1/2012<br />

Theodor Pröpper –<br />

ein kraftvoller<br />

Motor für Glaube<br />

und Heimat<br />

von Rudolf Rath<br />

Das hätte auch der Titel der Festveranstaltung<br />

am 16. Dezember<br />

2011 in Balve sein können. Im<br />

Mittelpunkt nämlich stand die Person<br />

Theodor Pröppers, vor allem aber sein<br />

musikalisches und literarisches Werk. 32<br />

Jahre nach seinem Tode traf sich im kath.<br />

Pfarrheim eine illustre Gästeschar, in der<br />

sich auch der Balver Organist und Literat<br />

zu Lebzeiten heimisch gefühlt hätte: Bürgermeister<br />

Hubertus Mühling mit seinem<br />

Fachbereichsleiter Michael Bathe und weitere<br />

Vertreter der Stadt, der Fraktionen im<br />

Rat, der katholischen und evangelischen<br />

Kirchengemeinden und der örtlichen<br />

Heimwacht. Trotz drohender Sturmböen<br />

hatten auch der Vorsitzende <strong>des</strong> Sauerländer<br />

Heimatbun<strong>des</strong>, Elmar Reuter, und<br />

Mitglieder seines Vorstan<strong>des</strong> aus dem<br />

Hochsauerland die Anreise gewagt. Ein<br />

„Heimspiel“ hatte dagegen Landrat Thomas<br />

Gemke aus dem Märkischen Kreis,<br />

Vorsitzender <strong>des</strong> dortigen Kreisheimatbun<strong>des</strong>.<br />

Er war als Balver Bürger per<br />

pe<strong>des</strong> gekommen, ebenso wie auch viele<br />

Vorstände örtlicher Vereine und Verbände<br />

und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger.<br />

Eingeladen hatten die Stadt Balve, die<br />

Heimwacht Balve e. V. und die katholische<br />

Kirchengemeinde St. Blasius Balve<br />

gemeinsam. Und das aus immerhin drei<br />

guten Gründen: Vor 50 Jahren verlieh<br />

Balve die Ehrenbürgerwürde an Theodor<br />

Pröpper – darauf wies Bürgermeister Hubertus<br />

Mühling bei seiner Begrüßung der<br />

vielen Teilnehmer hin. 1921 bereits, also<br />

vor genau 90 Jahren, gründete Pröpper<br />

die Heimwacht Balve, daran erinnerte<br />

Vorsitzender Werner Ahrens.<br />

Und Pfarrarchivar Rudolf Rath<br />

übergab den Kindern Pröppers<br />

ein neu angelegtes „Findbuch“.<br />

Dieser symbolische Akt dokumentierte<br />

die Aufnahme <strong>des</strong><br />

literarischen Nachlasses von<br />

Theodor Pröpper in das Pfarrarchiv.<br />

Würdigung als<br />

verdienstvoller Musiker<br />

In seinem Grußwort zeigte<br />

sich Andreas Schulte, als Pfarrer<br />

der kath. Kirchengemeinde St. Blasius<br />

auch „Hausherr“ dieser festlichen Veranstaltung,<br />

sehr erfreut: „Mit dem heutigen<br />

Abend würdigen wir das Werk und das<br />

55-jährige Wirken unseres früheren Organisten<br />

und Kirchenmusikdirektors in<br />

unserer Kirchengemeinde.“ In seiner eigenen,<br />

erst 2-jährigen Amtszeit in Balve, sei<br />

der Name „Theodor Pröpper“ ganz häufig<br />

gefallen, „so dass ich mir schon ein Bild<br />

von ihm machen konnte. Heute werden<br />

die einzelnen Mosaiksteinchen all <strong>des</strong>sen,<br />

was ich bisher aufgeschnappt habe,<br />

gleichsam zum Ganzen zusammengesetzt.<br />

1. Reihe v. l.: Landrat Thomas Gemke, Vors. KHB Märkischer Kreis, Tenor Stephan Hinssen,<br />

Münster, Pianist Claus Canstein, Hamburg, Referent Dr. Franz-Josef Ratte, Münster,<br />

Kunigunde Pröpper, Prof. Dr. Thomas Pröpper.<br />

Darauf bin ich gespannt.“ Der Geistliche<br />

wusste sich gut informiert, konnte <strong>des</strong>halb<br />

auch auf das Orgelbuch „Sursum corda“<br />

hinweisen, das der verdienstvolle Kirchenmusiker<br />

1950 für die Erzdiözese erstellt<br />

hatte.<br />

An die Verdienste Pröppers erinnerte<br />

sich auch Werner Ahrens: „Pröpper<br />

machte den sauerländisch/kurkölnischen<br />

Lebensraum mit seinem Freund Franz<br />

Hoffmeister lebendiger. Er forderte mehr<br />

Interesse der Bürger und öffnete weit das<br />

Fenster für Musik, Kunst, Dichtung, Theater<br />

und Geschichte. ‚Gott allein die Ehre‘,<br />

das war sein Lebensmotto, als Christ für<br />

seine Heimat. Nach diesem Gebot, festgeschrieben<br />

1921 in der ersten Satzung<br />

der Heimwacht Balve, leben wir auch<br />

heute noch.“ Der 1. Vorsitzende gab einen<br />

kurzen Überblick über das Wirken <strong>des</strong><br />

Gründers Theodor Pröpper, <strong>des</strong>sen Arbeit<br />

viele Ehrungen und Würdigungen erfahren<br />

habe.<br />

Für diesen Abend waren Insignien und<br />

Urkunden, mit Unterstützung der Familie<br />

Pröpper, zusammengetragen worden. In<br />

Ausstellungsvitrinen bzw. an Stellwänden<br />

konnten sie aus der Nähe betrachtet<br />

werden: das Kreuz <strong>des</strong> Gregorius-Ritterordens,<br />

von Papst Johannes XXIII. verliehen,<br />

die Ehrenbürger-Urkunde der Stadt<br />

Balve, bei<strong>des</strong> aus dem Jahre 1961, und<br />

das Bun<strong>des</strong>verdienstkreuz 1. Klasse, 1966<br />

vom Bun<strong>des</strong>präsidenten Heinrich Lübke<br />

erhalten. Ausgestellt waren aber auch viele<br />

weitere Zeugnisse von Pröppers engagiertem<br />

Einsatz in den Jahrzehnten <strong>des</strong> letzten<br />

Jahrhunderts.<br />

Tatkräftiger Förderer<br />

der Entwicklungen im Sauerland<br />

Einfluss auf kulturelle Entwicklungen im<br />

engeren Heimatbereich, aber auch im Sauerland<br />

und darüber hinaus habe Theodor<br />

Pröpper auf vielfältige Weise genommen<br />

und dazu seine örtlichen und überörtlichen<br />

Ämter genutzt, wusste Landrat Thomas<br />

Gemke als Vorsitzender <strong>des</strong> Kreisheimatbun<strong>des</strong>.<br />

Wohl eher enttäuschend aber sei<br />

für Pröpper dann in den 70er Jahren <strong>des</strong><br />

vorigen Jahrhunderts sein politisches Engagement<br />

verlaufen: Auf ihn und seine<br />

mahnenden Worte hörte man nicht, als<br />

er sich für einen einheitlichen sauerländischen<br />

Kreis eingesetzt habe.<br />

Als jahrzehntelang tatkräftigen Förderer<br />

der Entwicklungen im Sauerland würdigte<br />

Elmar Reuter aus Olsberg eindrucksvoll<br />

den Musiker und Schriftsteller. Theodor<br />

Pröppers Handeln sei, so der Vorsitzende<br />

<strong>des</strong> Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong>, stets vom<br />

persönlichen Einsatz für Glaube und Hei­


Sauerland 1/2012 5<br />

1. Reihe v. l.: Stefan Pröpper mit Ehefrau, Pfarrer Andreas Schulte,<br />

Werner Ahrens, Vorsitzender der Heimwacht Balve<br />

1. Reihe v. l.: Rudolf Rath, Pfarrarchivar St. Blasius Balve,<br />

Landrat Thomas Gemke, Vors. KHB Märkischer Kreis<br />

mat bestimmt worden. Bei<strong>des</strong> bildete für<br />

ihn eine Einheit. Sie galt es zu sichern und<br />

zu festigen. So habe der Balver neben und<br />

mit Franz Hoffmeister über Jahrzehnte im<br />

Verband und für das Sauerland verantwortlich<br />

und erfolgreich gewirkt.<br />

Elmar Reuter konnte an diesem Abend<br />

Dokumente aus dem persönlichen Nachlass<br />

Theodor Pröppers für den Sauerländer<br />

Heimatbund „nach Hause tragen“.<br />

Drei Mappen mit Schriften, darunter die<br />

Zusammenstellung „Correspondenz <strong>des</strong><br />

S.H.B. ab 1922“, übergab ihm Rudolf<br />

Rath mit dem Hinweis: „Das sind Dokumente<br />

aus den Gründungs- und Aufbaujahren<br />

<strong>des</strong> Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong>. Diese<br />

Papiere, nämlich Einladungen, Protokolle<br />

und Berichte, Aufrufe und persönliche<br />

Briefe sowie Veröffentlichungen, dürften“,<br />

so der Archivar der katholischen Kirchengemeinde<br />

„die Sicht auf die Anfänge <strong>des</strong><br />

SHB erleichtern und erweitern.“ Dazu,<br />

so führte Rath weiter aus, habe er diese<br />

Dokumente bereits aufgelistet, chronologisch<br />

geordnet und mit Erläuterungen zum<br />

Inhalt versehen. Ebenso geordnet und inventarisiert<br />

waren auch die beiden weiteren<br />

Mappen, die Elmar Reuter an diesem<br />

Abend erhielt: „Kunst <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />

1933“, mit 22 Dokumenten, und „Betr.<br />

Sauerländer Künstlerring 1956/57“, mit<br />

rund 30 Dokumenten. „Auch sie stammen<br />

aus dem literarischen Nachlass“, so<br />

Rath, „der unserem Pfarrarchiv von den<br />

Kindern Pröpper im Mai 2011 zur Aufbewahrung,<br />

Auswertung, Erschließung und<br />

Nutzung überlassen wurde. Dabei erhielt<br />

ich auch die Vollmacht, Schriftgut an andere<br />

Stellen, wie jetzt an den Sauerländer<br />

Heimatbund, weiterzugeben zu können,<br />

wo es sinnvoll genutzt werden kann.“ Elmar<br />

Reuter quittierte mit herzlichem Dank<br />

dieses Schriftgut, das zur Bereicherung <strong>des</strong><br />

Archivs beim Sauerländer Heimatbund<br />

beitragen werde.<br />

Elmar Reuter,<br />

1. Vorsitzender Sauerländer Heimatbund,<br />

bei seinem Grußwort<br />

Überregionale Bedeutung und<br />

internationale Beachtung<br />

„Es ist nicht vorstellbar, an Theodor<br />

Pröpper zu erinnern, ohne dabei auch<br />

sein musikalisches Wirken und Schaffen zu<br />

würdigen, lag doch hier seine wahre Profession<br />

und erlangte er hier überregionale<br />

Bedeutung und internationale Beachtung.“<br />

Mit diesem Einstieg in sein Referat gewann<br />

Dr. Franz-Josef Ratte die ungeteilte Aufmerksamkeit<br />

seiner Zuhörer. Der Musikwissenschaftler<br />

aus Münster belegte seine<br />

Feststellung mit einem Beispiel: „Fast auf<br />

den Tag genau vor 15 Jahren habe ich<br />

in der Balver Pfarrkirche das Gedenkkonzert<br />

anlässlich Pröppers 100. Geburtstag<br />

erlebt. Daraus entstand die CD ‚Nun öffnet<br />

alle Tore weit’. Seitdem“, so führte er<br />

weiter aus, „ist kein Jahr vergangen, in<br />

dem der Westdeutsche Rundfunk nicht in<br />

der Advents- und Weihnachtszeit Titel von<br />

dieser CD im werktäglichen Frühschoppen,<br />

in der Vesper am Samstagabend<br />

oder in der geistlichen Musik am Sonntagmorgen<br />

gesendet hätte.“ Natürlich fehlte<br />

auch nicht sein Hinweis auf das Orgelbuch<br />

„Sursum corda“, das Theodor Pröpper im<br />

Jahre 1950 für die Erzdiözese Paderborn<br />

verfasste – „eine einzigartige Leistung<br />

Pröppers“, merkte Karl-Heinz Ratte an.<br />

„Sie wurde mit der seltenen Verleihung<br />

<strong>des</strong> Titels ‚Kirchenmusikdirektor’ durch<br />

den damaligen Erzbischof Lorenz Jäger<br />

gewürdigt.“<br />

Beispiele aus dem „Klingemund“ trugen<br />

Stephan Hinssen, Tenor aus Münster, und<br />

Claus Canstein aus Hamburg am Flügel<br />

vor und „illustrierten“ damit die teilweise<br />

wissenschaftlich geprägten Darstellungen<br />

<strong>des</strong> Münsteraner Musiklehrers. „Mit überschwänglichen<br />

Rezensionen wurde diese<br />

Sammlung von Volks- und Kirchenliedern<br />

nach ihrem Erscheinen im Jahre 1960<br />

bedacht“, erinnerte sich der Referent.<br />

„Es handelt sich - wie Theodor Pröpper<br />

im Vorwort selbst formuliert – um ‚Lieder<br />

volkstümlicher Prägung, die aus dem<br />

Quellgrund sauerländischer Landschaft<br />

und heimatlichen Volkstums erblüht sind’.“<br />

Darauf abgestimmt waren auch die<br />

Beiträge <strong>des</strong> Musikvereins Balve. Unter<br />

Leitung von Matthias Streiter hatten sie<br />

wesentlichen Anteil an dem gelungenen<br />

Programm. Erfreulich dabei die große Anzahl<br />

jugendlicher Instrumentalisten, die so<br />

ihr Interesse an der Musik Pröppers bekundeten.<br />

Mit einer besonderen Überraschung<br />

wartete der Männerchor 1874 Balve auf.<br />

Unter Leitung von Elisabeth Alfes-Blömer<br />

hatten die Sänger eine Uraufführung vorbereitet.<br />

Das St.-Johannes-Lied, das Pröpper<br />

im Jahre 1964 seiner Heimatstadt<br />

gewidmet hatte, stellten sie neu gesetzt für<br />

vierstimmige Männerchöre den begeisterten<br />

Zuhörern vor. Überrascht und erfreut<br />

waren vor allem Thomas, Kunigunde und<br />

Stefan Pröpper, als ihnen Vorsitzender Alexander<br />

Jedowski dazu eine Urkunde über<br />

diese „Welturaufführung“ überreichte.


6 Sauerland 1/2012<br />

Prof. Dr. Thomas Pröpper (links) und<br />

Pfarrarchivar Rudolf Rath mit dem<br />

Findbuch zum Nachlass von Theodor Pröpper<br />

Literarischer Nachlass im<br />

Pfarrarchiv St. Blasius Balve<br />

Natürlich wusste der inzwischen verstorbene<br />

Geistliche Rat Josef Löcker bei<br />

der Feier seines 100-jährigen Geburtstags<br />

im Januar 2008 nicht, was sich „hinter<br />

seinem Rücken abspielte“. In den fast 20<br />

Jahren seiner Tätigkeit als Pfarrer und<br />

Dechant in Balve war er Weggefährte<br />

Theodor Pröppers, auch im Vorstand <strong>des</strong><br />

Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong>. Zwei weitere<br />

„Balver“, Prof. Dr. Thomas Pröpper, em.<br />

Inhaber eines Lehrstuhls der theologischen<br />

Fakultät an der Universität Münster, und<br />

Rudolf Rath, begegneten sich nach vielen<br />

Jahren am Rande der Geburtstagsfeier für<br />

den damals ältesten Priester der Diözese.<br />

Schnell stellten sie fest: Ihr gemeinsames<br />

Anliegen bestand darin, den literarischen<br />

Nachlass Pröppers dauerhaft zu sichern<br />

und allgemeiner Nutzung zugänglich zu<br />

machen. Der musikalische Nachlass jedoch,<br />

darin war man sich einig, solle an<br />

das Musikarchiv in Hagen abgegeben werden.<br />

Bereits nach einem Jahr – es waren<br />

die Voraussetzungen und notwendigen<br />

vertragsrechtlichen Grundlagen zu klären<br />

–, konnte Pröppers literarischer Nachlass<br />

in das Archiv der Pfarrgemeinde St. Blasius<br />

Balve aufgenommen werden. Zwei<br />

weitere Jahre benötigte der ehrenamtliche<br />

Pfarrarchivar, um das umfangreiche Werk<br />

<strong>des</strong> Dichters und Schriftstellers zu ordnen,<br />

aufzubereiten und in einem „Findbuch“<br />

darzustellen, um es zur allgemeinen Nutzung<br />

bereitstellen zu können.<br />

„Als Bestandsverzeichnis und eine Art<br />

Wegweiser zu den Dokumenten im Pfarrarchiv<br />

St. Blasius spiegelt das ‚Findbuch’<br />

die große Bandbreite <strong>des</strong> literarischen<br />

Kommentiert<br />

Irritationen durch das<br />

Schmallenberg-Virus<br />

Schaffens Pröppers wider. Sie erstreckt<br />

sich von Manuskripten und Büchern über<br />

Vortragstexte und Berichte, Theaterstücke<br />

und Aufsätze bis hin zu Liedtexten und<br />

Gedichten“, erläuterte der Archivar an diesem<br />

Festabend den aufmerksamen Gästen.<br />

„Eigentlich existiert dieses ‚Findbuch’<br />

nur als umfangreiche Datei im Computer<br />

<strong>des</strong> Pfarrarchivs. So kann der hochwertige<br />

literarische Bestand fortlaufend ergänzt<br />

und aktualisiert werden.“ Eine einmalige<br />

schriftliche Druckausgabe aber, also ein<br />

Unikat, überreichte Rudolf Rath an Prof.<br />

Dr. Thomas Pröpper, die dieser mit großer<br />

Freude entgegennahm. „Meine Geschwister<br />

und ich wissen das außergewöhnliche<br />

Engagement zu schätzen, mit dem der umfangreiche<br />

literarische Nachlass unserers<br />

Vaters im Pfarrarchiv erfasst, dieses Findbuch<br />

erarbeitet und das heutige eindrucksvolle<br />

Festprogramm vorbereitet und gestaltet<br />

wurde“, so Thomas Pröpper. „Wir<br />

Plötzlich geisterte das „Schmallenberg-Virus“<br />

durch die Medienlandschaft.<br />

Ein besorgniserregender Begriff – vor<br />

wenigen Monaten noch völlig unbekannt.<br />

Schmallenberg, die mit 303<br />

Quadratkilometern flächengrößte Stadt<br />

Nordrhein-Westfalens, sah und sieht<br />

sich konfrontiert mit dieser neuen Wort-<br />

Kombination. Wie kam es dazu? Das<br />

Friedrich Loeffler Institut auf der Insel<br />

Riems (Greifswalder Bodden/Rügen)<br />

entdeckte das Virus, das erstmals im vergangenen<br />

Herbst auf einem Bauernhof<br />

in Schmallenberg auftauchte und isoliert<br />

werden konnte. Es ist ein naher Verwandter<br />

<strong>des</strong> Akabana-Virus, das 1959<br />

entdeckt wurde und zwar im japanischen<br />

Akabana. Schmallenberg teilt also das<br />

Schicksal mit dieser fernöstlichen Stadt.<br />

Der Name <strong>des</strong> Virus wird offensichtlich<br />

(wenn auch zunächst vorläufig) mit dem<br />

Ort verbunden, wo es entdeckt wird.<br />

Das Virus befällt das Gehirn von<br />

Wiederkäuern, vor allem Rindern, Schafen<br />

und Ziegen. Anfang 2012 wurden<br />

in NRW zahlreiche nicht lebensfähige<br />

Lämmer mit missgebildeten Gliedmaßen<br />

geboren. Ähnliche Entwicklungen<br />

befürchten die Bauern, wenn im Frühjahr<br />

die Kälber geboren werden. Für die<br />

Schäfer und Landwirte ist das natürlich<br />

eine schlimme Situation, mit der sie fertig<br />

werden müssen. Die Produktion von<br />

Impfstoffen braucht Monate. Bis dahin<br />

muss Schadensbegrenzung geleistet werden.<br />

Nach vorläufigen Erkenntnissen soll<br />

das Virus für Menschen keine Gefahr<br />

bedeuten. Das dürfte sich positiv auswirken<br />

bei den Urlaubern, die gerne nach<br />

wie vor nach Schmallenberg und in die<br />

umliegenden reizvollen Dörfer kommen<br />

und entsprechend buchen. Ängste und<br />

eventuelle Befürchtungen müssen aber<br />

ernst genommen werden. Die Gäs te<br />

möchten ohne Wenn und Aber ungeschönte<br />

Informationen. Tourismus-Chef<br />

Thomas Weber und seine Mitarbeiter<br />

sind verlässliche Berater, auf deren Wort<br />

man sich verlassen kann. Auch Bürgermeister<br />

Halbe gibt sich größte Mühe,<br />

das ausgezeichnete Image seiner Stadt<br />

Schmallenberg wortreich zu pflegen. So<br />

ist zu hoffen und zu wünschen, dass dieses<br />

Schmallenberg-Virus möglichst bald<br />

keine Sorgen mehr auslöst und seinen<br />

Schrecken verliert.<br />

Heinz Lettermann<br />

sind tief beeindruckt, nachdem wir uns<br />

davon überzeugen konnten, dass das Werk<br />

unseres Vaters auch über 30 Jahre nach<br />

seinem Tod einen so hohen Stellenwert<br />

im kulturellen Leben der Stadt Balve, der<br />

Region und darüber hinaus behalten hat.“<br />

Damit bestätigte auch er den Eindruck der<br />

weireren Gäste: Bei allen Rückblicken und<br />

Erinnerungen hatten sie in dieser Festveranstaltung<br />

nicht eine lediglich gedenkende<br />

Rückschau erlebt, sondern vielfältige<br />

Impulse für eine Neubelebung der Werke<br />

<strong>des</strong> verdienstvollen Musikers und Literaten<br />

Theodor Pröpper wahrgenommen.<br />

Bürgermeister Hubertus Mühling blieb<br />

es vorbehalten, diesen Abend mit einem<br />

herzlichen Dank an die Organisatoren, die<br />

Mitwirkenden und die zahlreichen Gäste zu<br />

beschließen. Dabei vergaß er auch nicht,<br />

die Vereinigte Sparkasse im Märkischen<br />

Kreis als Sponsor für diese Festveranstaltung<br />

zu erwähnen.


Sauerland 1/2012 7<br />

Die Erfahrungen der beiden Weltkriege<br />

und insbesondere die Erinnerungen<br />

an die unter der deutschen<br />

Besatzung zwischen 1940 und 1944 an<br />

Franzosen begangenen Verbrechen haben<br />

das Verhältnis zwischen beiden Völkern<br />

schwer belastet und als irreparabel<br />

erscheinen lassen. Menschen wie der<br />

aus dem Sauerland stammende Priester<br />

Franz Stock haben jedoch entscheidend<br />

zur Aussöhnung zwischen Deutschland<br />

und Frankreich beigetragen und damit das<br />

neue Europa auf den Weg gebracht. Für<br />

viele Franzosen ist Franz Stock ein überzeugen<strong>des</strong><br />

Beispiel dafür, dass nicht alle<br />

Deutschen dem verbrecherischen System<br />

<strong>des</strong> Nationalsozialismus gefolgt sind.<br />

Franz Stock<br />

und der Weg<br />

nach Europa<br />

Sonderausstellung<br />

im Sauerland-Museum<br />

vom 20. Mai bis zum<br />

26. August 2012<br />

von Dr. Jürgen Schulte-Hobein<br />

Das Sauerland-Museum <strong>des</strong> Hochsauerlandkreises<br />

in Arnsberg zeichnet in Zusammenarbeit<br />

mit dem Franz-Stock-Komitee<br />

für Deutschland mit der Sonderausstellung<br />

„Franz Stock und der Weg nach Europa“<br />

das Lebenswerk Abbé Stocks nach. Durch<br />

die Einbettung in den historischen Gesamtkontext<br />

wird die Bedeutung Stocks für die<br />

fundamentale Veränderung <strong>des</strong> deutschfranzösischen<br />

Verhältnisses deutlich, das<br />

sich seit der Mitte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts<br />

vom „Erzfeind zum Duzfreund“ gewandelt<br />

hat.<br />

Die Spannungen zwischen den beiden<br />

Nachbarn hatten besonders nach dem<br />

Krieg von 1870/71 zugenommen und<br />

durch die Reichsgründung am 18. Januar<br />

1871 im Spiegelsaal <strong>des</strong> Schlosses von<br />

Versailles in Verbindung mit der Annexion<br />

von Elsass-Lothringen zu einer Konfrontation<br />

geführt, die in zwei Weltkriegen ausgetragen<br />

wurde und den Begriff der „Erbfeindschaft“<br />

aufkommen ließ.<br />

In Frankreich wirkte die Wahl von Versailles<br />

als Ort der Proklamation als tiefe<br />

Demütigung, symbolisierte doch das durch<br />

Ludwig XIV. errichtete Schloss sowohl<br />

den Glanz der französischen Monarchie<br />

als auch die Geburt der souveränen Nation.<br />

Hier hatte sich 1789 die Nationalversammlung<br />

konstituiert. Darüber hinaus<br />

blieb der Verlust <strong>des</strong> Elsass und eines Teils<br />

von Lothringen als Symbol nationaler<br />

Schmach in der kollektiven Erinnerung<br />

Frankreichs verankert. „Der Durst nach<br />

Vergeltung quälte uns alle, die Hoffnung<br />

auf baldige oder spätere Revanche war<br />

der stete Gedanke <strong>des</strong> ganzen Lan<strong>des</strong>“,<br />

schrieb der französische Essayist Paul de<br />

Saint-Victor im Juli 1871.<br />

Franz Stock (1904–1948)<br />

In Deutschland regierte seit 1888 der<br />

politisch unreife Kaiser Wilhelm II., der<br />

mit der Entlassung Bismarcks den Übergang<br />

zur Weltpolitik und das Ende der<br />

Berechenbarkeit deutscher Außenpolitik<br />

einleitete und eine entscheidende Mitverantwortung<br />

für den Ausbruch <strong>des</strong> Ersten<br />

Weltkrieges am 1. August 1914 trägt. Die<br />

brutalen Kämpfe von Verdun, in denen<br />

über 700 000 Deutsche und Franzosen<br />

fielen, markieren den Höhepunkt der kriegerischen<br />

Auseinandersetzungen zwischen<br />

beiden Völkern und stehen als Symbol für<br />

die tragische Ergebnislosigkeit <strong>des</strong> Stellungskriegs.<br />

Vor diesem Hintergrund wird Franz<br />

Stock am 21. September 1904 als erstes<br />

von neun Kindern geboren. Die Familie<br />

stammt aus Ruhne, Kreis Soest, einem<br />

kleinen Dorf auf der Höhe <strong>des</strong> Haar­<br />

strangs. Der Vater arbeitet in einer Neheimer<br />

Kleinmetallwarenfabrik und baut sich<br />

ein Haus in der Gartenstraße. Im siebten<br />

Volksschuljahr äußert der junge Franz<br />

zum ersten Mal den Wunsch, Pries ter zu<br />

werden. Deshalb schicken ihn die Eltern<br />

Ostern 1917 auf das Neheimer Realgymnasium<br />

in der heutigen Goethestraße. In<br />

seiner Gymnasialzeit schließt er sich der<br />

katholischen Jugendbewegung „Quickborn“<br />

an, die ihm erlaubt, seine Gedanken<br />

vom Frieden nachzuleben.<br />

Der Versailler Friedensvertrag von<br />

1919 ist durch Revanchismus geprägt<br />

und schafft keinen dauerhaften Frieden<br />

zwischen Deutschland und Frankreich.<br />

Vielmehr legt er den Keim für neue kriegerische<br />

Auseinandersetzungen und begünstigt<br />

entscheidend den Aufstieg der<br />

Nationalsozialisten. Eine dauerhafte Verbesserung<br />

der Beziehungen zwischen<br />

Deutschland und Frankreich gelingt nicht,<br />

obwohl sich die Außenminister Stresemann<br />

und Briand durch den Vertrag von<br />

Locarno im Oktober 1925 redlich darum<br />

bemühen.<br />

Für Stock ist die Aussöhnung eine Herzensangelegenheit.<br />

Ostern 1926 macht er<br />

sein Abitur und geht als Theologiestudent<br />

nach Paderborn. Im selben Jahr nimmt er<br />

an einem großen internationalen Friedenstreffen<br />

von Jugendlichen in Bierville in der<br />

Nähe von Paris teil. Im Anschluss an eine<br />

Pilgerfahrt nach Luxemburg 1931 lädt<br />

er 35 junge Franzosen in sein Elternhaus<br />

nach Neheim ein. Das Friedenstreffen endet<br />

am 13. September 1931 mit einer von<br />

den Nationalsozialisten gestörten großen<br />

Friedenswallfahrt auf dem Borberg bei Brilon.<br />

Deutsch-französisches Jugendtreffen<br />

auf dem Borberg bei Brilon<br />

Am 12. März 1932 wird Stock durch<br />

Erzbischof Caspar Klein zum Priester<br />

geweiht. Die Primizmesse feiert er am<br />

zweiten Ostertag in seiner Neheimer Heimatgemeinde<br />

St. Johannes Baptist. Nach<br />

ersten Priesterstationen in Effeln bei An­


8 Sauerland 1/2012<br />

röchte und Dortmund-Eving wird er 1934<br />

zum Rektor der deutschen Gemeinde in<br />

Paris ernannt. Zu seinen Gemeindemitgliedern<br />

zählen Angehörige der Deutschen<br />

Botschaft, Familien, die in Paris leben,<br />

Studenten, weibliche Angestellte und junge<br />

Mädchen, die als Au-Pair-Mädchen nach<br />

Paris gekommen sind, um französisch zu<br />

lernen. Zu dieser Gruppe kommen nach<br />

und nach politische Flüchtlinge, die vor<br />

dem Nationalsozialismus in Deutschland<br />

geflohen sind.<br />

Der von London<br />

aus über den<br />

Rundfunk verbreitete<br />

Aufruf General<br />

de Gaulles vom<br />

18. Juni 1940 ist<br />

der Gründungsakt<br />

<strong>des</strong> „Freien Frankreichs“<br />

und der<br />

Beginn <strong>des</strong> Widerstan<strong>des</strong><br />

gegen die<br />

Deutschen. Die<br />

Stock mit dem deutschen Botschafter von Welczek (2. v.l.)<br />

Primiz 1932 in Neheim<br />

Der Ausbruch <strong>des</strong> Zweiten Weltkrieges,<br />

den Hitler am 1. September 1939 durch<br />

den deutschen Angriff auf Polen auslöst,<br />

beendet vorerst Stocks Tätigkeit in Paris.<br />

Ende <strong>des</strong> Jahres wird er zum Pfarrverweser<br />

in Dortmund-Bodelschwingh berufen<br />

und im Januar zur Vertretung in die mitteldeutsche<br />

Diaspora nach Klein-Wanzleben<br />

geschickt.<br />

Nach der Niederwerfung und Besetzung<br />

Frankreichs durch deutsche Truppen<br />

und dem Waffenstillstandsvertrag vom 22.<br />

Juni 1940 in Compiègne erhält Stock erneut<br />

seine Ernennung zum Seelsorger der<br />

Deutschen in Paris.<br />

Mitglieder der Résistance<br />

stammen<br />

aus allen Milieus. Es<br />

sind Nationalisten,<br />

Christen, Demokraten<br />

und Kommunisten,<br />

die von<br />

den offiziellen Stellen<br />

als Feinde <strong>des</strong><br />

Reiches deklariert<br />

und gefangengesetzt<br />

werden. Ihnen<br />

gibt Abbé Stock seit<br />

November 1940 religiösen Beistand und<br />

versucht nach Kräften zu helfen. Er betreut<br />

die Gefangenen in den Pariser Gefängnissen<br />

La Santé, Cherche-Midi und Fresnes.<br />

Allein in Fresnes werden zwischen 1940<br />

und 1944 mehr als 11 000 Menschen<br />

inhaftiert. Man nennt es das „Vorzimmer<br />

<strong>des</strong> To<strong>des</strong>“ und die „Filiale der Hölle“. In<br />

Fresnes und den anderen Gefängnissen, in<br />

denen die Gefangenen in den Zellen zusammengepfercht<br />

werden, finden sich auf<br />

den Wänden der feuchten Verliese Botschaften,<br />

die mit einem Nagel oder Bleistift<br />

eingekritzelt worden sind. Sie beschreiben<br />

die Leiden der Gefangenen, die wegen<br />

ihres Widerstan<strong>des</strong> hier inhaftiert gewesen<br />

sind, bezeugen aber auch die Gedanken<br />

der Hoffnung und <strong>des</strong> Verzeihens.<br />

Anfangs wird Stock nicht immer mit<br />

Wohlwollen empfangen, wenn er die Zellen<br />

betritt. Schließlich ist er Deutscher<br />

und verkörpert mit seinen blauen Augen<br />

und seinem blonden Haar vom äußeren<br />

Erscheinungsbild ganz das Idealbild der<br />

Nazis. Seine Besuche in Soutane mit einer<br />

Rote-Kreuz-Armbinde werden jedoch<br />

immer häufiger und wecken bei den Gefangenen<br />

Vertrauen. Bald erhält er für<br />

seinen unermüdlichen Einsatz von den<br />

Gefangenen den Beinamen „Seelsorger in<br />

der Hölle“.<br />

Viele haben nicht nur ein ungewisses<br />

Schicksal vor sich, sie sind auch ohne<br />

Nachricht von ihren Angehörigen. Stock<br />

ist und bleibt die einzige Verbindung von<br />

der Außenwelt in die Gefängnisse und von<br />

den Gefängnissen in die Außenwelt. Er<br />

Das Paris, in das er zurückkehrt, hat<br />

sich verändert. Es ist nicht mehr die gleiche<br />

Stadt wie vor dem Kriege. Auf dem<br />

Arc de Triomphe weht die Hakenkreuzfahne.<br />

Das Bild ist geprägt von der militärischen<br />

Gegenwart der deutschen Besatzer.<br />

Die katholische Gemeinde besteht jetzt<br />

aus uniformierten Offizieren und Soldaten,<br />

aus Nachrichtenhelferinnen und Krankenschwestern.<br />

Stock organisiert eine regelmäßige<br />

Seelsorge für sie in Form von Gottesdiensten,<br />

Predigten oder Vorträgen. Auf<br />

der Tagesordnung stehen auch Führungen<br />

zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. In<br />

seiner schwarzen Soutane ist er der einzige<br />

Zivilist unter den Uniformierten.<br />

In der nationalen Gedenkstätte am Mont Valérien werden die Erschießungspfähle<br />

und die Särge, in denen die Erschossenen zu den Massengräbern transportiert wurden,<br />

aufbewahrt. Erschießungsphahl und Sarg werden als Leihgabe aus Paris in<br />

der Arnsberger Ausstellung zu sehen sein.


Sauerland 1/2012 9<br />

schmuggelt manches in die Gefängnisse<br />

hinein, was gegen die Weisungen der militärischen<br />

Autoritäten verstößt. Auf der<br />

Innenseite seiner Soutane hat er sich zwei<br />

große Taschen nähen lassen, in die er die<br />

Sachen verstaut. Wenn man ihn kontrollieren<br />

will, verbittet er sich jede Kontrolle<br />

und kann darauf verweisen, dass er im<br />

Rang eines Offiziers ist. Stocks Risiko geht<br />

sogar soweit, dass er schriftliche Nachrichten,<br />

Grüße, familiäre Angelegenheiten,<br />

Bitten und Informationen auf Zettel oder<br />

Papierfetzen kritzelt und herein- oder herausschmuggelt.<br />

Die Antworten der Angehörigen<br />

lässt er die Gefangenen lesen.<br />

Anschließend nimmt er sie wieder mit und<br />

verbrennt sie.<br />

Die Nationalsozialisten ahnden jeden<br />

Widerstand mit brutaler Gewalt, sodass<br />

die Herausforderungen für Stock immer<br />

größer werden. Er wird mit einer noch<br />

grausameren Wirklichkeit konfrontiert.<br />

Auf dem Mont Valérien, einem alten<br />

Wallfahrtsort, werden die zum Tode verurteilten<br />

Widerstandskämpfer und Geiseln<br />

hingerichtet. Stock bereitet sie auf den<br />

Tod vor und steht ihnen bis zu ihrer Hinrichtung<br />

bei. Die Zahl der Hinrichtungen<br />

geht bis in die Tausende. Zunächst sind es<br />

nur Einzelerschießungen, bald aber folgen<br />

auch Gruppenerschießungen. Die Termine<br />

zwischen den Exekutionen werden immer<br />

kürzer.<br />

Stocks Tagebuch nennt 863 Erschießungen.<br />

Einem Bekannten aus seiner Heimat<br />

hat er acht Wochen vor seinem Tod<br />

die Zahl von über 2000 genannt. Die Gedenkplakette<br />

auf dem Mont Valérien führt<br />

über 4500 Erschießungen auf. Stock ist<br />

von den Ereignissen sichtlich gezeichnet.<br />

Die Ärzte raten ihm, sich auszuruhen und<br />

nicht mehr in die Gefängnisse und zum<br />

Mont Valérien zu gehen. Die Frau eines<br />

Gefangenen berichtet später: „Ich war erschüttert<br />

von seinem Anblick. Er weinte,<br />

wie ich noch niemals einen Mann habe<br />

weinen sehen…“.<br />

Am 6. Juni 1944 erfolgt die Invasion<br />

der Alliierten in der Normandie. Am Mittag<br />

<strong>des</strong> 25. August 1944 weht nach über<br />

vier Jahren wieder die Trikolore auf dem<br />

Eiffelturm und dem Arc de Triomphe. De<br />

Gaulles Einmarsch in die Stadt wird zum<br />

Triumphzug.<br />

Stock bleibt in Paris und hilft freiwillig in<br />

einem Hospital, wo viele schwer verwundete<br />

deutsche Soldaten zusammengelegt<br />

sind. Das Hospital wird durch französische<br />

Streitkräfte besetzt. Ein Hauptmann, der<br />

als Mitglied der Résistance im Gefängnis<br />

Fresnes inhaftiert gewesen ist, dringt mit<br />

seinen Soldaten in das Lazarett ein und<br />

fordert die Herausgabe von mehreren Geiseln,<br />

um sie wegen der Grausamkeiten von<br />

SS und Gestapo erschießen zu lassen. Als<br />

er Abbé Stock erkennt, stellt er das Lazarett<br />

unter den Schutz der Résistance und<br />

bewahrt seine Insassen vor Repressalien.<br />

Der Offizier unterzeichnet ein entsprechen<strong>des</strong><br />

Papier, das an das Portal <strong>des</strong> Lazaretts<br />

geheftet wird.<br />

Als die Amerikaner das Lazarett übernehmen,<br />

wird Abbé Stock amerikanischer<br />

Kriegsgefangener und in das Gefangenenlager<br />

Cherbourg gebracht. Zwei Tage<br />

vorher ist er vierzig Jahre alt geworden.<br />

Gemeinsam mit französischen Priesterfreunden<br />

gründet er das „Seminar hinter<br />

Stacheldraht“ für deutsche kriegsgefangene<br />

Theologiestudenten, zuerst in Orléans,<br />

dann in Chartres. Stock wird gebeten, dieses<br />

Seminar als Regens zu leiten. Die Universität<br />

Freiburg im Breisgau übernimmt<br />

die Patenschaft.<br />

Nuntius Roncalli,<br />

der spätere Papst<br />

Johannes XXIII.,<br />

besucht das Seminar<br />

wiederholt.<br />

Am Sonntag nach<br />

Weihnachten betont<br />

der Nuntius<br />

bei einem seiner<br />

Besuche: „Das Seminar<br />

von Chartres<br />

gereicht sowohl<br />

Frankreich<br />

wie Deutschland<br />

zum Ruhme. Es ist<br />

sehr wohl geeignet,<br />

zum Zeichen<br />

der Verständigung<br />

und Versöhnung zu<br />

werden.“ Am 5. Juni 1947 wird das in der<br />

Geschichte der Kirche größte und einzigartige<br />

Seminar nach mehr als zwei Jahren<br />

seines Bestehens aufgelöst. 949 Seminaristen,<br />

Dozenten, Priester und Laienbrüder<br />

sind hier gewesen. Gesundheitlich<br />

angeschlagen kehrt Stock nach Paris zurück<br />

und wartet dort auf seine baldige Entlassung.<br />

Am 24. Februar 1948 stirbt er,<br />

noch keine 44 Jahre alt, an Herzversagen<br />

in einem Pariser Krankenhaus. Da er für<br />

die französische Verwaltung immer noch<br />

Kriegsgefangener ist, wird sein Tod nicht<br />

bekannt gegeben. Bei seiner Beerdigung<br />

auf dem Pariser Friedhof Thiais sind daher<br />

nur wenige Personen anwesend. Nuntius<br />

Roncalli segnet den Verstorbenen ein und<br />

spricht den berühmten Satz: „Franz Stock,<br />

das ist kein Name, das ist ein Programm.<br />

“ 16 Monate später findet am 3. Juli 1949<br />

im Invalidendom in Paris, in dem noch<br />

nie ein Deutscher geehrt worden ist, in<br />

der Nähe von Napoleons Sarkophag die<br />

erste offizielle Feier zum Gedenken an<br />

Franz Stock statt. Zwei Jahre später erhält<br />

das Grab einen würdigen Grabstein mit<br />

der Inschrift „PAX“. Den Stein haben die<br />

Familien der inhaftierten und hingerichteten<br />

Widerstandskämpfer gestiftet. Im Juni<br />

1963 wird Stocks Leichnam von Paris<br />

nach Chartres in die neuerbaute Kirche<br />

Saint-Jean-Baptiste umgebettet. Am Tag<br />

zwischen der Exhumierung und Beisetzung<br />

in Chartres ratifiziert am 14. Juni 1963<br />

die französische Nationalversammlung den<br />

deutsch-französischen Freundschaftsvertrag<br />

(Élysée-Vertrag), den Adenauer und de<br />

Gaulle am 22. Februar 1963 unterzeichnet<br />

haben.<br />

Im Rahmen der Beisetzungsfeierlichkeiten<br />

in Chartres erhält der Platz vor<br />

der Kirche St.-Jean-Baptiste den Namen<br />

Place de l’Abbé Franz Stock<br />

vor dem Mahnmal am Mont Valérien<br />

„Place de l’Abbé Stock“. Im Jahre 1990<br />

setzt Frankreich ein neues Zeichen der<br />

Versöhnung. Mit einem einstimmigen Beschluss<br />

<strong>des</strong> Stadtrats von Suresnes/Paris<br />

wird der große Platz vor dem „Memorial<br />

de la France combattante“ auf dem Mont<br />

Valérien, das an den Widerstand der Franzosen<br />

gegen die deutsche Besatzungsmacht<br />

erinnert, in „Place de l’Abbé Franz<br />

Stock“ umbenannt.<br />

Heute erinnern viele weitere Einrichtungen,<br />

Straßen, Plätze und Gedenkstätten<br />

sowohl in Deutschland als auch in<br />

Frankreich an Franz Stock und halten so<br />

das Andenken an sein Wirken dauerhaft<br />

wach. Hierzu zählen auch mehrere Schu­


10 Sauerland 1/2012<br />

Gedenktafel am Elternhaus in Neheim<br />

Gedenktafel an Franz Stock in Chartres<br />

len wie das 1961 umbenannte Arnsberger<br />

Franz-Stock-Gymnasium mit ca. 1500<br />

Schülerinnen und Schülern.<br />

Im Jahre 2013 ist der 50. Jahrestag<br />

der Unterzeichnung <strong>des</strong> Élysée-Vertrags,<br />

der die Aussöhnung zwischen Deutschen<br />

und Franzosen besiegelt und die Grundlagen<br />

für einen dauerhaften Frieden auf dem<br />

europäischen Kontinent geschaffen hat.<br />

Der Élysée-Vertrag hat im Sinne Franz<br />

Stocks, der sich fast sein ganzes Leben<br />

lang für Frieden, Verständigung und Aussöhnung<br />

zwischen Deutschen und Franzosen<br />

eingesetzt hat, eine Ära beispielloser<br />

Zusammenarbeit eingeleitet und maßgeblich<br />

die Vereinigung Europas auf den Weg<br />

gebracht.<br />

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft<br />

<strong>des</strong> französischen Botschafters<br />

in Berlin, Monsieur Maurice Gourdault-<br />

Montagne, und <strong>des</strong> deutschen Botschafters<br />

in Paris, Herrn Reinhard Schäfers.<br />

Parallel erscheint ein reich bebilderter<br />

Katalog.<br />

Die Einführungsveranstaltung zur Ausstellungseröffnung<br />

beginnt am Sonntag,<br />

20. Mai 2012, 15.00 Uhr, mit einem Gottesdienst<br />

in der Arnsberger Propsteikirche.<br />

Danach findet der Festakt im Sauerlandtheater<br />

mit einem Einführungsvortrag von<br />

Kardinal Paul Josef Cor<strong>des</strong> statt. Anschließend<br />

erfolgt die Eröffnung der Ausstellung<br />

im Sauerland-Museum.<br />

Seit 1912 widmet sich das Mendener<br />

Museum dem Abenteuer Heimat.<br />

Am 21. 11. wird der Verein der<br />

Freunde und Förderer <strong>des</strong> Städt. Museums<br />

Menden e.V. gegründet. Dies ist gleichzeitig<br />

die Geburtsstunde <strong>des</strong> Mendener<br />

Museums, denn der erste Museumsleiter<br />

100 Jahre<br />

Museum<br />

und<br />

Museumsverein<br />

von J. Törnig-Struck<br />

Glunz mit Höhlenbär<br />

Friedrich Glunz, Bürgermeister Dr. Ernst<br />

Overhues und weitere Mendener Persönlichkeiten<br />

gründen den Museumsverein<br />

ausdrücklich zum Zweck der Einrichtung<br />

eines Heimatmuseums. Mit dem Aufruf<br />

„Spendet Altertümer“ beginnt eine<br />

Sammlungstätigkeit, die bis heute anhält.<br />

Bereits zwei Monate nach der Gründung<br />

<strong>des</strong> Museumsvereins konnten im alten Rathaus<br />

zwei Räume eröffnet werden, die die<br />

neuen Sammlungsbestände präsentierten.<br />

Am Weihnachtsmorgen <strong>des</strong> Jahres 1914


Sauerland 1/2012 11<br />

wurde das heutige Museum für Stadt- und<br />

Kulturgeschichte im Patrizierhaus <strong>des</strong><br />

Kaufmanns Biggeleben eröffnet.<br />

Gleichzeitig wurde im Umkreis <strong>des</strong> Museums<br />

rege Feldforschung betrieben. So<br />

konnte Glunz mit dem Medizinalrat Prof.<br />

Dr. Keppler für das Mendener Museum<br />

einen Vertrag abschließen, der ihm das<br />

Recht erteilte, die so genannte Keppler-<br />

Höhle, schräg gegenüber der Balver Höhle<br />

gelegen, auszuwerten. Sie erwies sich als<br />

reiche Fundgrube eiszeitlicher Tierknochen:<br />

Im Jahr 1919 konnte Glunz dort<br />

über 5000 Knochen für das Mendener<br />

Museum bergen. In den Jahren 1924 und<br />

1925 führte Friedrich Glunz umfangreiche<br />

Grabungen in der Karhof-Höhle und in<br />

der Burghöhle im Hönnetal durch. 1950<br />

wurde von Rektor Robert Frese die Ruine<br />

der mittelalterlichen Rodenburg wiederentdeckt<br />

und ausgegraben.<br />

Ging es anfangs darum, die Geschichte<br />

Mendens, die Ur- und Frühgeschichte <strong>des</strong><br />

Hönnetals und die „heile Welt“ der Ackerbürger<br />

und Handwerker zu bewahren, so<br />

steht heute das Motto „Wir machen Geschichte<br />

erlebbar“ im Vordergrund. Hinter<br />

der schönsten Haustür Mendens erscheint<br />

der Kaufmann und Bürgermeister Johann<br />

Caspar Biggeleben sogar selbst als „sprechen<strong>des</strong><br />

Porträt“ und berichtet von seinem<br />

üppigen Lebensstil. Dank der Eröffnung<br />

einer Zweigstelle im so genannten Schmarotzerhaus,<br />

einem kleinen Fachwerkhaus<br />

an der ehemaligen mittelalterlichen<br />

Wehrmauer, bietet sich inzwischen beim<br />

Stadtrundgang und Museumsbesuch die<br />

einzigartige Gelegenheit, die Pracht einer<br />

barocken Küche mit der Einfachheit einer<br />

verrußten Feuerstelle zu vergleichen, Kälte<br />

und Dunkelheit eines Arme-Leute-Hauses<br />

und die Wohnlichkeit eines Patrizierhauses<br />

hautnah zu erleben.<br />

Nach wie vor unterstützt der Museumsverein<br />

das Museum durch zahlreiche Aktivitäten<br />

und durch den Erwerb von Exponaten<br />

für die Sammlung. Auch die österliche<br />

Jubiläumsausstellung konnte nur durch die<br />

Unterstützung <strong>des</strong> Museumsvereins ermöglicht<br />

werden.<br />

Das Jubiläumsjahr beginnt am 10. März<br />

mit der Sonderausstellung „Osterzeit – Von<br />

Ostereiern, Hasen und alten Bräuchen<br />

(Sammlung Monika Lennartz, Mönchengladbach).<br />

Zahlreiche Veranstaltungen<br />

und Aktivitäten folgen bis zum Festakt am<br />

24. November, zu dem Prof. Dr. Reiner<br />

Feldmann den Festvortrag zum Thema<br />

„Geheimnisvolle Orte – Feldforschung im<br />

Umkreis <strong>des</strong> Museums Menden“ hält.<br />

Vertreter Papst Benedikts XVI. in Deutschland<br />

leitet Eichsfelder-Wallfahrt nach Bochum-Stiepel<br />

Die Wallfahrt der katholischen Eichsfelder<br />

in der Fremde zur ‚Schmerzhaften<br />

Mutter von Bochum-Stiepel’ wird alljährlichm<br />

vom Bund der Eichsfelder Vereine e.<br />

V. in der Fremde organisiert und hat bereits<br />

seit 1924 Tradition. Es ist somit die<br />

89. Wallfahrt der katholischen Eichsfelder<br />

in der Fremde zur ‚Schmerzhaften Mutter<br />

von Bochum-Stiepel’. Diese findet diesjährig<br />

wieder am Dreifaltigkeitssonntag<br />

(Sonntag nach Pfingsten), 3. Juni 2012<br />

statt. Besonderer Gast ist der Vertreter<br />

Papst Benedikts XVI. in Deutschland, Erzbischof<br />

Dr. Jean-Claude Périsset, aus Berlin.<br />

Die Firma Thon-Reisen aus Kreuzebra<br />

bietet wieder interessierten Landsleuten<br />

aus dem Eichsfeld die Möglichkeit einer<br />

Teilnahme an den Wallfahrtsfeierlichkeiten<br />

mit dem besonderen Gast.<br />

Voller Dankbarkeit blickt der Bund der<br />

Eichsfelder Vereine e. V. in der Fremde auf<br />

den Papstbesuch am 23. September 2011<br />

im Eichsfeld zurück. Viele Eichsfelder<br />

Apostolischer<br />

Nuntius:<br />

Dr. Erzbischof<br />

Jean-Claude<br />

Périsset<br />

und Pilger aus ganz<br />

Deutschland konnten<br />

gemeinsam mit Papst<br />

Benedikt XVI. an der<br />

Wallfahrtskapelle in<br />

Etzelsbach eine Marianische<br />

Vesper feiern.<br />

„Zu dieser Wallfahrt<br />

laden wir bereits alle<br />

Eichsfelder in der Heimat<br />

und der Fremde<br />

sehr herzlich ein“, so<br />

Christian Herker vom<br />

Bun<strong>des</strong>vorstand <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong> der Eichsfelder Vereine e. V. in der<br />

Fremde. Damit diese Wallfahrt zu einem<br />

„großen Glaubensfest in landsmännischer<br />

Verbundenheit“ wird, wäre eine zahlreiche<br />

Beteiligung vieler Eichsfelder wünschenswert.<br />

Ansprechpartner für organisatorische Fragen ist:<br />

Bund der Eichsfelder Vereine e.V. in der Fremde,<br />

c/o Christian Herker, Ratiborer Str. 5, 44795 Bochum,<br />

Tel.: 0234 473453, Mobil: 0160 8433959


12 Sauerland 1/2012<br />

Ausufernder Ortsrand<br />

mit chaotischen Bauformen<br />

Baugestaltung und<br />

Baukultur in Dörfern<br />

und Städten <strong>des</strong><br />

ländlichen Raumes<br />

von Dipl.-Ing. Wolfgang Pieper<br />

Inakzeptable Verunstaltung einer Dachfläche<br />

Der Festvortrag von Herrn Professor<br />

Dr. Halbfas anlässlich der Mitgliederversammlung<br />

in Olpe (veröffentlicht<br />

in Heft 3/2011 Z<strong>eitschrift</strong> Sauerland)<br />

zum Thema „Heimatpflege tut Not“ ist mir<br />

Veranlassung, die Verdienste von Prof.<br />

Halbfas in Sachen Dorf- und Stadtgestaltung<br />

zu würdigen. Die vielen Beiträge, die<br />

Prof. Halbfas in der Z<strong>eitschrift</strong> <strong>des</strong> Sauerländer<br />

Heimatbun<strong>des</strong> geliefert hat, (z.B.<br />

Außenreklame, Gestaltung von Dachgauben,<br />

Ausführung von Schieferdächern,<br />

Gestaltung von Gartenmauern etc.) sind<br />

beispielhaft und treffen immer den Nagel<br />

auf den Kopf.<br />

Als Fachmann habe ich große Genugtuung<br />

empfunden, dass der Sauerländer<br />

Heimatbund dieses Thema immer wieder<br />

aufgreift, zumal in der Gesellschaft oft<br />

wenig Verständnis für Gestaltungsfragen<br />

der gebauten Umwelt aufgebracht wird.<br />

Wenn Prof. Halbfas in seinem Festvortrag<br />

beklagt, dass er bisher der alleinige Autor<br />

zum Thema geblieben ist, so kann ich seinen<br />

Frust gut nachvollziehen. Da ich als<br />

Baudezernent und Erster Beigeordneter<br />

einer Kleinstadt im Westmünsterland über<br />

fast drei Jahrzehnte die Verantwortung für<br />

das Baugeschehen in unserer Stadt getragen<br />

und mit heißem Herzen um eine gute<br />

Ortsgestaltung gerungen habe, möchte ich<br />

die Bemühungen von Prof. Halbfas durch<br />

einen Beitrag zur Gestaltung von Siedlungen<br />

in Dörfern und Städten unterstreichen.<br />

Zwar ist die Bautradition im Münsterland<br />

eine andere als im Sauerland. Durch<br />

die Tonvorkommen ist die Bauweise hier<br />

durch den roten Backstein geprägt, während<br />

sich das waldreiche Sauerland durch<br />

die Holzfachwerkbauweise auszeichnet.<br />

Die gestalterischen Probleme sind aber in<br />

beiden Landschaften ähnlich. Leider wird<br />

es immer schwieriger die landschaftsgebundene<br />

Bauweise, für die ich mich stets<br />

„Prestige-Objekt“ innerhalb einer traditionellen Wohnsiedlung


Sauerland 1/2012 13<br />

Fehlende bzw. aufgehobene Gestaltungssatzung ermöglicht derart verunglückte Dachausbauten<br />

vehement eingesetzt habe, zu erhalten.<br />

Das gilt für das Sauerland gleichermaßen<br />

wie für das Münsterland. Als gebürtiger<br />

Kirchhundemer, der die Verbindung<br />

zur Sauerländer Heimat immer gepflegt<br />

hat, bin ich mit den baulichen Entwicklungen<br />

<strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong> bestens vertraut.<br />

Ich möchte die Gestaltung von Städten<br />

und Dörfern besonders aus der Sicht der<br />

Städte und Gemeinden beleuchten, die für<br />

deren Entwicklung im Rahmen der Bauleitplanung<br />

eine hohe Verantwortung tragen.<br />

Als langjähriges Mitglied in der Kreisbewertungskommission<br />

(Kreis Borken) „Unser<br />

Dorf soll schöner werden – unser Dorf<br />

hat Zukunft“ habe ich mein Augenmerk<br />

besonders auf das Kriterium und die Zielsetzung<br />

„Erhaltung der ortsbildprägenden<br />

Bausubstanz, nachhaltige, dem Bedarf<br />

entsprechende Siedlungsentwicklung und<br />

Baugestaltung“ gerichtet.<br />

Die o.g. Zielsetzung ist Teil unserer Baukultur<br />

(wenn es denn so etwas noch gibt?),<br />

die sich auf unsere Städte genauso bezieht<br />

wie auf die Dörfer. Der deutsche Städte-<br />

und Gemeindebund brachte in einem<br />

Beitrag <strong>des</strong> Beigeordneten Norbert Portz<br />

folgende, m. E. sehr zutreffende Meinung<br />

zum Ausdruck. Ich zitiere: „Baukultur geht<br />

uns alle an. Sie findet in den Dörfern und<br />

Städten statt und bestimmt das Wohlbefinden<br />

und die Lebensqualität der Bürger entscheidend<br />

mit. Der Cappuccino trinkt sich<br />

eben dort besser, wo auch das Auge eine<br />

qualitätsvolle Gestaltung erlebt, weil damit<br />

das Wohlbefinden steigt.“ Ich möchte ergänzen<br />

und die Feststellung auf die Wohngebiete<br />

ausdehnen, wo die Menschen die<br />

meiste Zeit Ihres Lebens verbringen. Es<br />

wird einfach unterschätzt, welche Auswirkungen<br />

die Gestaltung unserer gebauten<br />

Umwelt, die über viele Genrationen unsere<br />

Dörfer und Städte prägen wird, letztlich<br />

auf die Identifikation der Bürger mit ihrer<br />

Stadt oder Gemeinde und auf das soziale<br />

Umfeld der Menschen haben wird. So ist<br />

zu erklären, dass der Baugestaltung heute<br />

bei den Bürgern und in den politischen<br />

Gremien unserer<br />

Städte und Gemeinden<br />

so wenig<br />

Aufmerksamkeit<br />

geschenkt wird.<br />

Niemand würde<br />

es hinnehmen,wenn<br />

historische Städte<br />

wie Münster, Rothenburg<br />

o. d. T.,<br />

Dinkelsbühl oder<br />

Celle durch brutale<br />

bauliche Veränderungen<br />

und unangepasste<br />

Werbeanlagen<br />

verunstaltet<br />

würden. Um das zu<br />

verhindern, erlassen<br />

die Räte dieser<br />

Städte Gestaltungssatzungen<br />

mit einer<br />

engmaschigen Gestaltungsregelung.<br />

In unseren Dörfern<br />

und Städten<br />

mit weniger historischer<br />

Bedeutung<br />

ist der Erlass von<br />

Gestaltungssatzungen<br />

für Ortskerne<br />

und Wohnsiedlungen<br />

fast wie<br />

ein Sakrileg. Freiheit<br />

für den Bauherrn<br />

ist vielfach<br />

in der Argumentation<br />

der Räte das<br />

Schlüsselwort. Von<br />

den Architekten<br />

werden Gestaltungssatzungen<br />

allgemein<br />

als Eingriff in die Freiheit <strong>des</strong> Gestaltens<br />

gesehen. Das mag für Architekten mit hohem<br />

gestalterischen Ansprüchen durchaus<br />

zutreffen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass<br />

Gut gestaltete Wohnsiedlungen mit (noch)<br />

intakten Dachlandschaften aus den Nachkriegsjahrzehnten<br />

<strong>des</strong> vorherigen Jahrhunderts


14 Sauerland 1/2012<br />

Kirchturm <strong>des</strong> Dorfes von Windrädern flankiert<br />

die meis ten Architekten sich den oft von<br />

Bauz<strong>eitschrift</strong>en geprägten Gestaltungsvorgaben<br />

der Bauherren beugen und so<br />

Gebäude entwerfen, die weder der landschaftsgebundenen<br />

Tradition noch der<br />

Anpassung an die bereits vorhandene<br />

Bebauung Rechnung tragen. Der Bauherr<br />

interessiert sich während der Planungsund<br />

Bauzeit häufig nur für die Gestaltung<br />

seines eigenen Hauses. Die gestalterischen<br />

Zusammenhänge in einer Wohnsiedlung<br />

oder in einem Ortskern (z.B. beim Umbau<br />

eines Geschäftshauses) kann oder will er<br />

in seine Überlegungen nicht einbeziehen.<br />

Der Bedeutung seiner Rolle gegenüber der<br />

Öffentlichkeit als Bauherr (Sozialpflichtigkeit<br />

<strong>des</strong> Eigentums lt. Grundgesetz) ist er<br />

sich kaum bewusst. Außerdem sieht er sich<br />

einer übermäßigen Fülle von Erzeugnissen<br />

der Bau stoffindustrie gegenüber, die er<br />

unkritisch verwendet, auch wenn das Siedlungsbild<br />

und die landschaftsgebundene<br />

Bautradition erheblich gestört wird. So<br />

entsteht das Schwarzwaldhaus im Münsterland<br />

und das kanadische Trapperhaus<br />

im Schwarzwald, die in den jeweiligen<br />

Landschaften beide nichts zu suchen haben.<br />

Einige Bilder zeigen, dass in den Nachkriegsjahrzehnten<br />

<strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts<br />

gestalterisch ansprechende Siedlungen<br />

entstanden sind, die sich nicht<br />

so sehr aus der Addition von Bauten mit<br />

hohem künstlerischen Anspruch, sondern<br />

vielmehr aus dem Zusammenwirken einer<br />

übergeordneten Einheitlichkeit und einer<br />

ebenso spürbaren Lebendigkeit entwickelt<br />

haben. Die übergeordnete Einheitlichkeit<br />

entstand durch die Beschränkung auf wenige<br />

landschaftstypische Materialien und<br />

die direkt daraus abgeleiteten Formen und<br />

Farben.<br />

Während sich so in der Vergangenheit<br />

eine übergreifende Ordnung und Lebendigkeit<br />

in Architektur und Städtebau die<br />

Waage gehalten haben, sind diese Faktoren<br />

in den letzten Jahrzehnten immer<br />

mehr auseinander gefallen. Wir treffen<br />

heute vornehmlich ein räumliches und<br />

gestalterisches Chaos durch ungezügelte<br />

Vielfalt von Baustoffen, Formen und Farben.<br />

Prof. Meinhard v. Gerkan schreibt in<br />

seinem Buch „Architektur 1966 bis 1978“<br />

unter anderem: „Das Geheimnis guter<br />

Gestaltung in städtebaulicher Dimension<br />

liegt darin, ein ausgewogenes Maß<br />

von Vielfalt im Einzelnen und Einheit<br />

im Ganzen zu erzielen. Was neu erbaute<br />

Siedlungen so <strong>des</strong>olat macht, ist eine<br />

empfindliche Störung dieses gestalterischen<br />

Gleichgewichts.“<br />

Fotovoltaikanlagen im Innen- und Außenbereich verunstalten die Dachlandschaften


Sauerland 1/2012 15<br />

Prof. v. Gerkan bringt diese Feststellung<br />

auf die Kurzformel: „Vielfalt in der Einheit<br />

oder Einheit in der Vielfalt.“<br />

Leider zeigt die Erfahrung der letzten<br />

Jahrzehnte, dass sich dieses harmonische<br />

Erscheinungsbild von Siedlungen<br />

nicht mehr wie in historischer Zeit u. a.<br />

auf Grund der Beschränkung auf wenige<br />

Materialien und Konstruktionen, von allein<br />

einstellt. Das führt zu der Erkenntnis, dass<br />

auf grundlegende Gestaltungsrichtlinien<br />

heute nicht verzichtet werden kann. Dabei<br />

bin ich mir bewusst, dass es nicht in<br />

der Macht von Gestaltungssatzungen liegt,<br />

städtebauliche und architektonisch gut gestaltete<br />

Siedlungen zwangsläufig hervorzubringen.<br />

Die guten Beispiele beweisen<br />

aber, dass es bei richtiger Festlegung der<br />

wesentlichen Gestaltungsmerkmale sehr<br />

wohl möglich ist, ein notwendiges Maß<br />

an übergeordneter Einheit zu erreichen,<br />

wobei trotzdem noch genügend Raum für<br />

Vielfalt bleibt.<br />

Wenn doch alle am Bau neuer Siedlungen<br />

verantwortlich Beteiligten, also<br />

Städte und Gemeinden, Architekten und<br />

Bauherrn, erkennen würden, dass wir unsere<br />

bebaute Umwelt nicht wie ein Kleid<br />

oder einen Anzug wechseln können. Was<br />

wir jetzt schaffen, wird über Generationen<br />

das Zusammenleben in Dörfern und<br />

Städten prägen. Hier läge auch ein Betätigungsfeld<br />

für unsere oftmals unglaublich<br />

aktiven Heimatvereine. Bewusstseinsbildung<br />

der Bevölkerung in Bezug auf die<br />

Stadtgestaltung und Stadtbildpflege sollte<br />

nicht nur auf die Vergangenheit sondern<br />

mit gleicher Intensität auf Gegenwart und<br />

Zukunft gerichtet sein.<br />

In Gesprächen wird das Unbehagen an<br />

dem oft chaotischen Erscheinungsbild vieler<br />

Neubausiedlungen deutlich. Wenn selbst<br />

Fachleute höheren Ranges abschätzig von<br />

„Wildschweinsiedlungen“ sprechen, wird<br />

damit mehr als Resignation ausgedrückt.<br />

Das gilt besonders für Bedienstete von<br />

städtischen Planungsämtern, die es längst<br />

aufgegeben haben, gegen politische Windmühlenflügel<br />

anzurennen.<br />

Die realen Windmühlenflügel der erneuerbaren<br />

Energieversorgung, die das Landschaftsbild<br />

in oft unerträglichem Maße<br />

beeinträchtigen, wirken sich zunehmend<br />

auch auf die Silhouette unserer Dörfer und<br />

Städte aus. Da wird die Dorfkirche von<br />

zwei Windrädern flankiert (s.Bild), und der<br />

Windpark dominiert das Dorf in der Landschaft.<br />

Das Bewertungskriterium <strong>des</strong> Dorfwettbewerbes<br />

„Dorf in der Landschaft“<br />

Windräder auf Gittermasten „krönen“ einen Höhenzug im Sauerland<br />

(von Fahlenscheid Richtung Rahrbach)<br />

wird da zur Farce, wenn die das Dorf umgebende<br />

Landschaft mit Windmühlen verspargelt<br />

ist. Herr Prof. Halbfas hat Recht,<br />

wenn er feststellt, dass uns die größten Herausforderungen<br />

durch erneuerbare Energien<br />

noch bevorstehen. Nach Abschaltung<br />

der Atomkraftwerke wird der Druck zum<br />

Ausbau der Windenergie enorm zunehmen.<br />

Man kann nur hoffen, dass die Bemühungen<br />

<strong>des</strong> Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong><br />

zur Abmilderung <strong>des</strong> Windenergie Erlasses<br />

der Lan<strong>des</strong>regierung NRW vom 7. Februar<br />

2011 Erfolg haben wird. Auch die im<br />

Vortrag von Prof. Halbfas erwähnte Montage<br />

von Solar- und Fotovoltaikanlagen<br />

auf Dächern im Innen- und Außenbereich<br />

verursacht zunehmend gestalterische Probleme.<br />

Die unsensible „Zupflasterung“ von<br />

Dachflächen mit diesen Anlagen führt oft<br />

zu unzumutbaren Verunstaltungen ganzer<br />

Siedlungsbereiche (s. Bild).<br />

SEIT 1928<br />

Nun ist es ja fast unmöglich widerspruchslos<br />

gegen die jetzt auf breiter politischer<br />

Basis beschlossene Energiepolitik<br />

zu argumentieren, zumal der Klimaschutz<br />

und die Sicherheit der Stromversorgung<br />

(Atomstrom) ins Spiel kommen. Man sollte<br />

aber zumin<strong>des</strong>t erwarten können, dass<br />

Regelungen getroffen werden (evtl. durch<br />

Satzungen), die eine großflächige Verunstaltung<br />

ganzer Dachlandschaften verhindern<br />

und Windenergieanlagen nur dort<br />

errichtet werden, wo eine hohe Effizienz<br />

gewährleistet ist und die Beeinträchtigung<br />

<strong>des</strong> Landschaftsbil<strong>des</strong> in eine unverzichtbare<br />

Abwägung einbezogen wird.<br />

Benutzte Literatur:<br />

Galda, Dietbert u. a.: „Untersuchung von Gestaltungsmöglickeiten<br />

von Einfamilienhausgebieten“,<br />

Deutsches Architcktenblatt (DAB 6/85)<br />

Portz, Nobert, Beigeordneter Deutscher Städteund<br />

Gemeindebund: „Das Auge genießt mit“, Z<strong>eitschrift</strong><br />

Stadt und Gemeinde 5/2002<br />

Lange Wende 94 – Mendener Straße 8<br />

Tel. 0 29 32/2 43 64 – Tel. 0 29 32/71 04<br />

59755 Arnsberg-Neheim


16 Sauerland 1/2012<br />

Vater der Sauerländer Berge<br />

Grenzberg von alters her (P. Aust 1990)<br />

Berg der Berge (M. Pape, Astenführer 2004)<br />

Höhepunkt <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong> (M. Pape, Astenführer 2007)<br />

Wetterküche <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong> (Bergwetter-Station, Deutscher Wetterdienst)<br />

Wetterberg Westdeutschlands (M. Pape, Astenführer 2004)<br />

Wanderwegestern<br />

<strong>des</strong> Hochsauerlan<strong>des</strong><br />

(R. Brämer, Deutsches Wanderinstitut Marburg)<br />

Ausflugs- und Wanderziel für Millionen<br />

Problemberg <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />

„Problemberg“ Kahler Asten<br />

Viele dieser Titel und Namen sind<br />

uns geläufig und wir verstehen sie<br />

sofort.<br />

Aber, der Kahle Asten soll ein Problemberg<br />

sein, wie ist das möglich oder was<br />

kann gemeint sein? Viele Leser werden<br />

sich diese Frage stellen und auch ich habe<br />

sie mir gestellt! Mit seinen 841 Metern ist<br />

er zwar nicht der höchste, aber mit Sicherheit<br />

der bekannteste Berg unseres Sauerlan<strong>des</strong>,<br />

wenn nicht sogar Westfalens.<br />

(Mit dem Titel „Höchster Berg“ darf<br />

sich mit 843 Metern der Langenberg<br />

(Stadtgebiet Olsberg) und mit dem Titel<br />

„Heiliger Berg“ der 655 Meter hohe<br />

Wilzenberg (Stadtgebiet Schmallenberg)<br />

schmücken.) - (Abb. 1)<br />

von Ulrich Lange<br />

Woher stammt der Name<br />

„Kahler Asten“<br />

Leicht zu erklären ist das Eigenschaftswort<br />

„kahl“. Es gibt nämlich den jahrhundertealten<br />

Zustand <strong>des</strong> Astenberges treffend<br />

wieder. Obwohl das Gipfelplateau rechtlich<br />

ein Naturschutzgebiet (NSG) ist, würde der<br />

Name Kulturschutzgebiet (KSG) wesentlich<br />

besser passen. Die Bezeichnung Kulturschutzgebiet<br />

kann einen großen Teil der<br />

Geschichte <strong>des</strong> Astenberges viel besser erklären.<br />

Das Wort „Asten“ bleibt uns wohl<br />

immer etwas rätselhaft. Hat es etwas mit<br />

astig oder knorrig zu tun, so könnten wir<br />

fragen.<br />

Dann würde Kahler Asten „Astiger,<br />

Knorriger und Kahler Berg“ bedeuten!<br />

Dem heutigen Zustand kommt dies nahe!<br />

Wie ist der heutige Zustand am<br />

Kahlen Asten entstanden?<br />

Der Kinderreichtum der Familien und<br />

die Existenznot früherer Jahrhunderte veranlasste<br />

viele Bewohner <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />

zum Auswandern. Um zu überleben, waren<br />

die Hiergebliebenen zu harten Eingriffen<br />

in die damalige Landschaft gezwungen.<br />

Deutschland war von Natur aus ein<br />

„Waldland‘‘ (Buchonia= Buchenland).<br />

Der Wald bot den Menschen alles:<br />

1. Das Holz wurde als Bauholz und<br />

Brennholz genutzt.<br />

2. Der Wald wurde nicht nur in den<br />

Talbereichen, sondern auch auf den flacheren<br />

Höhen, zu Ackerland gerodet. Die<br />

Namen „Sternrodt“, „Eimelrod“ oder „Auf<br />

dem Rott“ sind eindeutig. Die meisten dieser<br />

ehemals gerodeten Gebiete sind heute<br />

wieder Wald, bewirtschafteter „Forst“.<br />

3. Im Sommerhalbjahr wurde der Wald<br />

als „Weide“ für die Nutztiere (Kühe, Rinder,<br />

Ziegen, Schafe und Schweine) genutzt.<br />

Der Dorfhirte führte die Herde jeden Tag<br />

in den Wald, oder auf die Dorfweide und<br />

abends ins Dorf zurück. Durch die „Waldweide“<br />

wurde die natürliche Verjüngung<br />

<strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> verhindert und kahle Hochflächen<br />

entstanden. Talwiesen benötigte man<br />

zur Gewinnung von Heu als Vorrat für den<br />

Winter.<br />

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern,<br />

dass der Dorfhirte in Assinghausen<br />

täglich die Herde zur sogenannten „Ziegenweide“<br />

führte.<br />

4. Der nährstoffreiche Oberboden auf<br />

den Höhen wurde zudem „abgeplaggt“<br />

und mit tierischem Dung vermischt als Naturdünger<br />

auf die Felder im Tal gebracht.<br />

(Der Begriff „Plackerei“ hat hier seinen<br />

Ursprung!)<br />

5. Der Wildreichtum bot Möglichkeiten<br />

der Ernährung, wenn auch oft nur durch<br />

„Wilderei“ – der Bauer durfte nicht jagen.<br />

6. Frauen und Kinder gingen im Herbst<br />

zum Beerensammeln auf die Heiden und<br />

in den Wald und trugen so zur Ernährung<br />

bei.<br />

Der Plaggenhieb führte – jahrhundertelang<br />

so betrieben – zu einer gewissen<br />

„Nährstoffanreicherung“ auf den Feldern<br />

in den Tälern und zu „Nährstoffarmut“ auf<br />

den Höhen der Berge.<br />

Abb. 1: Die Hochheide am Kahlen Asten (Wege, Wege, Wege)<br />

(entnommen aus: Luftbildatlas NRW 1969)<br />

Ergebnis waren viele kahle Berge<br />

und die Bergheiden.<br />

Bergnamen wie „Kalied“ (bei Düdinghausen),<br />

„Kahle Pön“ (bei Düdinghausen),<br />

„Kahleberg“ oder „Kahlenberg“ (bei<br />

Wiemeringhausen) und auch unser „Kah-


Sauerland 1/2012 17<br />

Abb. 2: Wegweiser an der Lennequelle (10 verschiedene Markierungszeichen)<br />

Foto: Ulrich Lange<br />

ler Asten“ sind Zeugnis <strong>des</strong> Raubbaues<br />

am Wald. Die Bergnamen Heideköppel,<br />

Heidkopf oder Heidekopf lassen unschwer<br />

den damaligen Zustand der Berghöhen<br />

erkennen. Die Köhlerei trug ebenfalls ein<br />

gerütteltes Maß zu diesem Zustand bei, da<br />

Steinkohle sich zur Erzerzeugung wegen<br />

<strong>des</strong> hohen Schwefelgehaltes nicht eignete.<br />

„Devastierte“, d. h. mehr oder weniger<br />

zerstörte Wälder waren die Folge. Längst<br />

sind heute die meisten der ehemaligen<br />

Heideflächen wieder aufgeforstet.<br />

Kahler Asten – Wanderwegestern<br />

<strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />

Alle wollen hinauf, zum und auf den<br />

Kahlen Asten! Der Astenberg ist für viele<br />

Einheimische und Gäste ein gefragtes<br />

Ausflugsziel und Naturerlebnis, wir lieben<br />

die im Herbst farbenprächtige Heide! Alle<br />

wollen oben die prächtigen Aussichten<br />

genießen, über die Hochheide wandern<br />

oder nur in der Sonne sitzend die Natur<br />

und Umgebung am Berggasthof erleben.<br />

Mehr als l Million Besucher sollen es jährlich<br />

sein! Die große touristische Nutzung<br />

bringt natürlich auch Probleme mit. Über<br />

den Kahlen Asten verläuft (für mich als<br />

zuständigen Wegewart) eine fast erschreckende<br />

Vielzahl von Wanderwegen:<br />

• der Rothaarsteig (Rhstg.), zertifizierter,<br />

touristischer Wanderweg, „Weg der<br />

Sinne“ genannt<br />

• der Sauerland-Höhenflug (SHF), touristischer<br />

Wanderweg <strong>des</strong> Sauerland-<br />

Tourismus<br />

• der Hochsauerlandkammweg (HSK),<br />

zertifizierter Wanderweg <strong>des</strong> SGV<br />

• zertifizierter Wanderweg der Winterberger<br />

Touristik<br />

• der Rothaarkammweg (K 3) <strong>des</strong> SGV<br />

(ehemaliger Skiwanderweg <strong>des</strong> WSV)<br />

• der Rothaarweg (X 2) <strong>des</strong> Sauerländischen<br />

Gebirgsvereins (SGV)<br />

• Winterberger Hochtour (WHT)<br />

• der Robert-Kolb-Weg (X 6) <strong>des</strong> Sauerländischen<br />

Gebirgsvereins (SGV)<br />

• der Hanseweg (X 13) <strong>des</strong> Sauerländischen<br />

Gebirgsvereins (SGV)<br />

• der Astenweg (X 14) <strong>des</strong> Sauerländischen<br />

Gebirgsvereins (SGV)<br />

• der Friedrich-Wilhelm-Grimme-Weg<br />

(X 27) <strong>des</strong> Sauerländischen<br />

Gebirgsvereins (SGV)<br />

• der Lennetalweg (offene Raute mit L)<br />

• der Schmallenberger Stadtrundweg<br />

(SR im Kreis)<br />

• der Verbindungsweg vom<br />

Naturfreundehaus Mollseifen zum<br />

Kahlen Asten (N)<br />

• 4 Zugangswege zum Rothaarsteig<br />

von Altastenberg, Siedlinghausen,<br />

Silbach und Nordenau<br />

• der Rundwanderweg <strong>des</strong> Naturparks<br />

Rothaargebirge (A l)<br />

• die Golddörferroute (G) von Westfeld<br />

• der Lehrpfad „Kahler Asten“<br />

Der Europäische Femwanderweg (E l)<br />

sowie der Wanderweg der Deutschen<br />

Einheit (WDE) benutzen die vorhandenen<br />

Hauptwanderwege <strong>des</strong> SGV und führen<br />

daher ebenfalls über den Astenberg.<br />

Einen geräumten bzw. gewalzten „Winterwanderweg“<br />

gibt es ebenfalls. Meine<br />

Wanderfreunde fragen oft, ob nicht die seit<br />

Jahrzehnten vorhandenen „alten“ Wanderwege<br />

genügt hätten! Oder sollen wir<br />

vielleicht die alten Wanderwege aufgeben<br />

und nur noch die neuen benutzen? Finanzielle<br />

Schwierigkeiten scheint es jedenfalls<br />

bei den neuen, touristischen Wanderwegen<br />

bisher nicht zu geben!<br />

All diese Wanderwege haben auf<br />

dem Kahlen Asten „Gleichlauf“, d. h.<br />

sie sind kanalisiert, wie wir im SGV<br />

sagen<br />

Um die Natur nicht zu sehr zu belasten,<br />

sind sie schon vor Jahren „zusammengelegt“<br />

worden. (Abb. 3)<br />

Unschwer ist auf dem Foto zu erkennen,<br />

dass es eigentlich nur einen markierten<br />

Rundwanderweg und die beiden<br />

Zugangswege zum Turm auf dem Kahlen<br />

Asten gibt, die alle anderen Wanderwege<br />

mitbenutzen.<br />

Daraus ergeben sich für die Wegezeichner<br />

auch schon wieder Schwierigkeiten.<br />

Die Markierungszeichen müssen möglichst<br />

alle am gleichen Baum/Ort/Wegweiser<br />

angebracht sein, damit die Vielzahl der<br />

Wanderer beruhigt unterwegs sein kann<br />

und „wandersicher“ geleitet wird.<br />

Abb. 3: Kopie aus der aktuellen Wanderkarte Winterberg<br />

Foto: Ulrich Lange


18 Sauerland 1/2012<br />

Kein Zeichen darf fehlen!<br />

Wenn mehrere Wanderwege Gleichlauf<br />

haben, entstehen sogenannte „Zeichenlatten“<br />

an den Bäumen, die manche<br />

Besucher eher verwirren als dass sie diese<br />

sicher leiten. Die Wanderer müssen „ihr“<br />

Wegezeichen bei den vielen anderen zur<br />

Beruhigung immer wieder sehen. Am Albrechtsplatz<br />

sind es zum Beispiel 12 (!) verschiedene<br />

Wanderzeichen, die sich dann<br />

allerdings nach kurzer Strecke auch wieder<br />

trennen. In gefragten „Wanderlandschaften“<br />

ist dies an markanten Stellen nicht zu<br />

verhindern. (Abb. 2)<br />

Man muss wohl einen Lehrgang gemacht<br />

haben, um alles zu verstehen! Als<br />

Wegezeichner finde ich manchmal kaum<br />

noch Platz an den Bäumen. Auch auf den<br />

Wanderkarten kann man sich für die vielen<br />

verschiedenen Markierungszeichen nur<br />

noch mit Pfeilen helfen, damit wichtige Inhalte<br />

nicht verdeckt werden.<br />

Unsicherheit verdirbt allerdings den<br />

Wandergenuss.<br />

Ein „Verlaufen“ scheint heute für viele<br />

Menschen unerträglich geworden zu sein.<br />

Für mich gehört es aber untrennbar zum<br />

Wander-Erlebnis dazu, ja es kann eine<br />

„durchgeplante“ Wanderung sogar bereichern!<br />

Die SGVer sagen, dass die Wanderzeichen<br />

eine Wanderkarte nicht ersetzen können.<br />

Ich möchte ergänzen: und das Lesen-<br />

Können derselben. Sie nur dabei zu haben,<br />

bringt eine trügerische Sicherheit!<br />

„Weniger ist mehr“ und „Qualität<br />

geht vor Quantität“!<br />

(Forderungen <strong>des</strong> Sauerländischen<br />

Gebirgsvereins SGV)<br />

Abb. 4: Breiter Fahrweg mit Abzweig zur Lennequelle<br />

Foto: Ulrich Lange 2011<br />

Manchmal habe ich den Eindruck, dass<br />

genau das Gegenteil erfolgt! Aber sollen<br />

oder können wir am Kahlen Asten Wanderwege<br />

streichen, damit aufgeben und<br />

wenn ja, welche sollen es sein? Auch wenn<br />

es manche Touristiker nicht gerne hören,<br />

die Zugangswege, egal ob zum Rothaarsteig<br />

oder zum Sauerland-Höhenflug, sind<br />

hier alle überflüssig. Das bestehende und<br />

völlig ausreichende Netz der Wanderwege<br />

wurde durch sie unnötig erweitert und trägt<br />

zur Verwirrung bei. Übrigens, wer wird sie<br />

alle unterhalten und regelmäßig nachmarkieren,<br />

also für die Nachhaltigkeit sorgen?<br />

Warum werden die bestehenden Wanderwege<br />

nicht als Zugangswege genutzt,<br />

muss ich fragen? Die rund um den Kahlen<br />

Asten liegenden Orte sind restlos alle<br />

durch Hauptwanderwege <strong>des</strong> Sauerländischen<br />

Gebirgsvereins (SGV) mit dem<br />

Kahlen Asten verbunden. Anscheinend ist<br />

das nicht bekannt oder man will es nicht<br />

kennen und nutzen. Soll vielleicht ein ganz<br />

neues Wanderwegesystem geschaffen werden?<br />

Kirchturmspolitik lässt grüßen! Neue<br />

örtliche Wanderwege, egal wie diese genannt<br />

werden, sind im Astengebiet nicht<br />

nötig und daher überflüssig. Weitere Wanderwege<br />

verträgt der Astenberg nicht.<br />

In dieser Hinsicht ist der Kahle Asten<br />

für mich schon jetzt ein „Problemberg“<br />

geworden! Die vielen Wanderwege, wenn<br />

man alle einzeln zählt, sind es mehr als<br />

zwanzig (20), sind also zusammengefasst,<br />

d. h. kanalisiert! Das ist so gewollt und<br />

auch völlig in Ordnung. (Abb. 3)<br />

Es gibt aber noch ganz andere Probleme.<br />

Wenn die Besucher nicht auf den<br />

markierten Wanderwegen bleiben, sich eigene<br />

„Trampelpfade“ anlegen oder nicht<br />

nur zur erlaubten Beerensuche kreuz und<br />

quer durch und über die Heide „trampeln“,<br />

dann wird diese zertreten und zerstört.<br />

Großflächige Kahlstellen entstehen und die<br />

geliebte Heide (Lebensraumtyp Bergheide)<br />

verschwindet langsam. Auch von Bäumen<br />

wird man die Landschaft mit der Motorsäge<br />

frei halten können und die mühsame<br />

Plackerei kann ebenfalls maschinell erfolgen.<br />

Allerdings kann man auf den neuen,<br />

völlig eingeebneten Heideflächen gut Fußball<br />

spielen, da die früher wellige und buckelige<br />

Oberfläche verschwunden ist.<br />

(Abb . 5)<br />

Ohne menschliche Eingriffe wird durch<br />

eine natürliche „Wiederanreicherung“ <strong>des</strong><br />

Bodens aus der farbenprächtigen, bunten<br />

Heide langsam, aber unaufhaltsam<br />

eine kahle „Graslandschaft“ entstehen. Es<br />

muss also wieder geplaggt werden. Früher<br />

Abb. 5: „Graslandschaft“ oberhalb <strong>des</strong> Blaubeerpfa<strong>des</strong><br />

Foto: Ulrich Lange 2011


Sauerland 1/2012 19<br />

Abb. 8: Der Rothaarsteig (und zwei weitere Wanderwege) werden hierhin verlegt.<br />

Foto: Ulrich Lange 2011<br />

Abb. 9: So wollte man früher die Astenbesucher leiten! Es hat nicht gewirkt.<br />

entnommen aus Der Hochsauerlandkreis 2005<br />

landeten die Plaggen, „Haid“ genannt,<br />

als Einstreu in den Viehställen. Sollen sie<br />

heute zur Kompostierung nach Brilon gebracht<br />

werden? Weil die Heide eine vom<br />

Menschen geschaffene Kulturlandschaft<br />

ist, bedeutet ihre Erhaltung also Kulturschutz<br />

gegen die Natur!<br />

Die Biologische Station Bödefeld hat im<br />

Jahr 2011 eine Bestandsaufnahme vorgenommen.<br />

Alle „Wege“ (breite Fahrwege,<br />

Trampelpfade, Querwege, Fußwege usw.)<br />

wurden erfasst. Auf einem Quadratkilometer<br />

sind mehr als 8 Kilometer „Wege“ aller<br />

Art festgestellt und kartiert worden!<br />

Was kann und muss zur Erhaltung<br />

der Heidelandschaft am Kahlen Asten<br />

getan werden?<br />

Mitglieder der Unteren Landschaftsbehörde<br />

(ULB) <strong>des</strong> Hochsauerlandkreises,<br />

<strong>des</strong> Naturparks Rothaargebirge, <strong>des</strong> Sauerländischen<br />

Gebirgsvereins (SGV), <strong>des</strong><br />

Rothaarsteigvereins, <strong>des</strong> Sauerland-Höhenfluges<br />

sowie der Biologischen<br />

Station waren fast<br />

einen ganzen Tag lang „vor<br />

Ort“, um ein zukünftiges<br />

„Wegekonzept“ zu erarbeiten<br />

und abzustimmen.<br />

Alle Beteiligten waren<br />

sich in den folgenden Feststellungen<br />

und über die zu<br />

treffenden Maßnahmen einig:<br />

1. Wir wollen die Heidelandschaft<br />

am Kahlen<br />

Asten zur Erholung, also<br />

zum Wohl für uns Menschen<br />

erhalten, auch wenn<br />

dies viel Geld kostet und eigentlich<br />

gegen die Natur ist. (Das Gleiche<br />

gilt übrigens auch für die Hochheide bei<br />

Niedersfeld!)<br />

2. Manche Wege sind viel zu breit, besonders<br />

der Weg vom Astenturm zur Lennequelle.<br />

Wie kann die Breite verringert<br />

werden, haben wir uns gefragt?<br />

3. Es sind viel zu viele „Wege“ vorhanden,<br />

sie müssen aufgegeben und „renaturiert“<br />

werden. Die weitere Nutzung als<br />

Weg muss gestoppt und in Zukunft verhindert<br />

werden.<br />

4. Manche Wege sind mit sehr grobem<br />

Schotter befestigt, dies muss geändert werden.<br />

(Die Füße tun weh, man kann auch<br />

leicht umknicken, also laufen die Leute<br />

nebenher auf dem weicheren Wegrand.)<br />

(Abb. 4)<br />

5. Der sehr steinige, fast felsige und von<br />

tiefen Rinnen durchzogene Weg hinunter<br />

nach Lenneplätze ist allerdings so „von<br />

Natur aus“. Er soll bleiben, wie er ist, auch<br />

wenn das Wandern hinauf zur Astenhochfläche<br />

erschwert ist. (Die Wanderer mit<br />

Handicap sollten daher besser auf dem mit<br />

einem roten Dreieck markierten Rothaarkammweg<br />

(K 3) zum Astenturm hinauf<br />

laufen.)<br />

6. Etwa 500 Meter sollen Rothaarsteig,<br />

Lennetalweg, Golddörfer Weg und Schmallenberger<br />

Rundweg – alle im Gleichlauf –<br />

auf den etwas höher verlaufenden und<br />

naturbelassenen Fußweg gelegt werden.<br />

Das ist sinnvoll, denn die Begründung ist<br />

einfach und klar: (Abb. 8)<br />

• der geänderte Verlauf bietet eine<br />

bessere Aussicht<br />

• der Untergrund ist weitgehend<br />

naturbelassen<br />

• der Gerichtsstein Oberkirchen wird<br />

einbezogen (Kulturdenkmal)<br />

• der Lehrpfad „Kahler Asten“ kann<br />

teilweise einbezogen werden<br />

Abb. 10: Infotafel <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>straßenbauamtes NRW


20 Sauerland 1/2012<br />

• der alte Verlauf wird aufgegeben und<br />

die Markierungszeichen gelöscht.<br />

Die Beteiligten waren sich auch darüber<br />

einig, dass die Wegbreite dauerhaft nur<br />

verringert werden kann, wenn „Totholz“<br />

eine gewisse Zeit lang an beiden Wegseiten<br />

gelagert wird. Kein Wanderer stolpert<br />

gerne über Äste und Zweige!<br />

Der schon vorhandene und auch teilweise<br />

asphaltierte, kurze Rundweg vom<br />

Astenturm zur Wetterstation soll ausgebessert<br />

und so in einen behindertengerechten<br />

und barrierefreien Zustand versetzt werden.<br />

Wo es nötig und möglich ist, sollen die<br />

Wegeschilder und Wegetafeln konzentriert<br />

und auch einige Stationen <strong>des</strong> Heidelehrpfa<strong>des</strong><br />

sollen auf den geänderten Verlauf<br />

<strong>des</strong> Rothaarsteiges versetzt werden.<br />

Das teilweise defekte Mobiliar muss repariert,<br />

bzw. durch möglichst einheitliche<br />

Neuanschaffungen ersetzt werden.<br />

Ungenehmigte und nicht abgesprochene<br />

Tafeln und Schilder sollen „entfernt“<br />

werden. Eine neue, große Wanderwegetafel<br />

im Stil <strong>des</strong> Sauerland-Tourismus<br />

bzw. ähnlich der großen Tafel <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>straßenbauamtes<br />

NRW (Straßen NRW) soll<br />

an geeigneter Stelle aufgestellt werden.<br />

Metallschranken werden wegen erwiesener<br />

„Funktionslosigkeit“ entfernt. Damit<br />

das Befahren <strong>des</strong> Heidegebietes mit PKW<br />

unterbleibt, werden bewegliche Poller eingesetzt.<br />

Auf den jetzt zertrampelten Flächen<br />

soll der Lebensraumtyp „Bergheide“<br />

entwickelt werden. (Abb. 10)<br />

Ich hoffe, dass die hohe touristische<br />

Nutzung sowie die geplante Ausweitung<br />

und Entwicklung <strong>des</strong> Projektes „Klimaberg“<br />

nicht zu erhöhtem Müllaufkommen<br />

führen wird und dann regelmäßig Müllsammel-Aktionen<br />

notwendig werden.<br />

Was bleibt, sind einige Fragen.<br />

Wer soll das alles machen?<br />

Wer soll das bezahlen?<br />

Wer wird das alles pflegen<br />

und unterhalten?<br />

Wer sorgt für dauerhafte<br />

Nachhaltigkeit?<br />

Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass<br />

das „Kulturschutzgebiet“ Hochheide Kahler<br />

Asten trotz aller Probleme und Schwierigkeiten<br />

dauerhaft erhalten und für alle<br />

Besucher zugänglich bleiben kann. Auch<br />

die vom Menschen aus wirtschaftlicher<br />

Not geschaffene Kulturlandschaft „Heide“<br />

kann so zu einer echten „Erholungslandschaft“<br />

für alle Besucher werden und dauerhaft<br />

Freude und Naturgenuss bringen.<br />

Aus dem Vorstand<br />

Zu Beginn der letzten Vorstandssitzung<br />

im alten Jahr am 25. November<br />

– traditionsgemäß in den<br />

gastlichen Räumen der Sparkasse<br />

Hochsauerland – würdigte unser Vorsitzender<br />

Elmar Reuter noch einmal<br />

die Verdienste unseres Heimatfreun<strong>des</strong><br />

Dr. Siegfried Kessemeier, unseren<br />

Lesern aus vielen Beiträgen in<br />

unserer Z<strong>eitschrift</strong> bekannt, der am<br />

l. November verstarb. Sodann stellte<br />

der Soester Kreisheimatpfleger Peter<br />

Sukkau seinen kürzlich gewählten Vertreter<br />

Norbert Dodt vor. Für den Vorstand<br />

war das willkommener Anlass, in<br />

Zukunft auf die stärkere Einbeziehung<br />

der ehemals kurkölnischen Gebiete im<br />

Kreis Soest in die Arbeit unseres Heimatbun<strong>des</strong><br />

hinzuwirken.<br />

Beim Rückblick auf die Mitgliederversammlung<br />

am 29. August 2011 in<br />

Olpe wurde übereinstimmend die gute<br />

Organisation und die geschickte Auswahl<br />

der Exkursionen gelobt. Bedauert<br />

wurde allerdings, dass man versehentlich<br />

die Presse nicht eingeladen hatte.<br />

Der Vorsitzende gab einen umfassenden<br />

Überblick hinsichtlich der demnächst<br />

im Sauerland zu erwartenden<br />

Windkraftanlagen. Er wird sich weiterhin<br />

bemühen, hier eine interkommunale<br />

Zusammenarbeit zu erreichen,<br />

gerade auch weil die Interessenlage bei<br />

den einzelnen Gemeinden durchaus<br />

unterschiedlich ist.<br />

Im Rahmen der Regionale 2013<br />

gewinnt das Projekt „Wege zu Leben“<br />

weiter an Bedeutung. Der Sauerländer<br />

Heimatbund ist durch unser Vorstandsmitglied<br />

Susanne Falk gut vertreten, zumal<br />

sie die Funktion der Projektleiterin<br />

wahrnimmt. Auch Vorstandsmitglied<br />

Pfarrer Michael Schmitt wirkt mit. Wir<br />

werden über die weitere Entwicklung<br />

laufend in unserer Z<strong>eitschrift</strong> berichten.<br />

Kopfschmerzen macht dem Vorstand<br />

die Planung <strong>des</strong> Pilgerweges<br />

von Paderborn nach Elspe. So besteht<br />

Unklarheit über den historisch richtigen<br />

Streckenverlauf. Darauf weist<br />

besonders unser Heimatfreund Bernd<br />

Follmann aus Marsberger Sicht hin.<br />

Unser Heimatbund ist zwar weiterhin<br />

bereit, die Trägerschaft zu übernehmen.<br />

Zunächst will man sich aber um<br />

die fachliche Mitarbeit <strong>des</strong> Landschaftsverban<strong>des</strong><br />

bemühen.<br />

Heimatfreund Werner Ahrens berichtete<br />

als Vorsitzender der Balver<br />

Heimwacht über den Nachlass unseres<br />

unvergessenen Theodor Pröpper, der<br />

in den Gründungsjahren unseres Heimatbun<strong>des</strong><br />

eines der führenden Mitglieder<br />

war. Unser Vorsitzender wird<br />

zusammen mit dem Kreisarchivar Norbert<br />

Föckeler die für die Geschichte<br />

unseres Heimatbun<strong>des</strong> wertvollen Teile<br />

sichten.<br />

Frank Muffert gab erstmals als Schatzmeister<br />

einen umfassenden Überblick<br />

über die – nach wie vor geordneten –<br />

Finanzen unseres Heimatbun<strong>des</strong>. In<br />

diesem Zusammenhang wies unsere<br />

Geschäftsführerin Karin Kraft darauf<br />

hin, dass leider einige Mitglieder mit<br />

der Beitragszahlung erheblich im Verzug<br />

sind, zum Teil schon seit einigen<br />

Jahren. Es bleibt nur der Weg, diese<br />

Mitglieder aus dem SHB auszuschließen,<br />

falls sie trotz nochmaliger Mahnung<br />

nicht zahlen.<br />

Hans Wevering gab in gewohnt<br />

straffer Form einen Überblick über<br />

die redaktionelle Arbeit. Der Vorstand<br />

nahm die von der Redaktionskonferenz<br />

beschlossenen Änderungen im äußeren<br />

Erscheinungsbild unserer Z<strong>eitschrift</strong> zustimmend<br />

zu Kenntnis.<br />

Unter dem Punkt „Verschiedenes“<br />

wurden noch einige interessante Projekte<br />

angesprochen – das hat dieser<br />

Tagesordnungspunkt so an sich –, über<br />

die demnächst in unserer Z<strong>eitschrift</strong> berichtet<br />

wird.<br />

Am Schluss hatten wohl alle Teilnehmer<br />

der Sitzung den Eindruck: eine<br />

straffe Leitung und eine sachkundige<br />

Diskussion. Dazu passten die guten<br />

Wünsche unseres Vorsitzenden zum<br />

bevorstehenden Jahreswechsel.<br />

Dr. Adalbert Müllmann


Sauerland 1/2012 21<br />

Nimmt man das offizielle Datum der<br />

Gründung <strong>des</strong> Zweckverban<strong>des</strong><br />

Arnsberger Wald, so schaut man<br />

auf den 10. Dezember 1961, als er mit der<br />

Bekanntgabe seiner Satzung im Amtsblatt<br />

für den Regierungsbezirk Arnsberg errichtet<br />

wurde.<br />

Nun, die heute Verantwortlichen haben<br />

sicher die Jahreszeit im Auge gehabt und<br />

<strong>des</strong>halb schon bei fantastischem Herbstwetter<br />

am 9. Oktober 2011 im Bibertal<br />

in Rüthen den 50. Geburtstag mit rund<br />

Vom Wald<br />

zum Naturpark<br />

50 Jahre<br />

Naturpark<br />

Arnsberger Wald<br />

von Elmar Reuter<br />

1 000 Gästen gefeiert. Dieser Geburtstag<br />

und die Entwicklung <strong>des</strong> Naturparks im Jubiläumszeitraum<br />

verdienen es, durch uns<br />

gewürdigt zu werden.<br />

Die nahezu explosive Inanspruchnahme<br />

<strong>des</strong> Naherholungsziels Arnsberger<br />

Wald mit dem Möhnesee als flächengrößter<br />

Stausee Nordrhein-Westfalens machten<br />

es Anfang der 1960er Jahre erforderlich,<br />

die Interessen von Naturschutz sowie<br />

von Land- und Forstwirtschaft unter Einschluss<br />

der wasserwirtschaftlichen Belange<br />

langfris tig zu sichern und den sich abzeichnenden<br />

Fehlentwicklungen gegenzusteuern.<br />

In einer über zwei Jahre währenden<br />

konstruktiven Diskussion gelang es den<br />

Kreisen Arnsberg, Meschede und Soest,<br />

den betroffenen Städten und Gemeinden,<br />

dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe,<br />

dem Waldbauernverband, dem Sauerländer<br />

Gebirgsverein und dem damaligen<br />

Ruhrtalsperrenverein heute Ruhrverband<br />

sowie weiteren Fachbehörden und -institutionen<br />

sich auf ein gemeinsames Handeln<br />

zu verabreden und den Zweckverband zu<br />

gründen. In der Gründungsphase bestand<br />

die 211 km² große Waldfläche zu 50 %<br />

aus Privatwald, 28,8 % aus Staatswald,<br />

20,4 % aus Kommunalwald und einer<br />

Festansprache von Kreisdirektor Dirk Lönnecke<br />

Foto: Rainer Emmerich, Kreis Soest<br />

kleinen Fläche, die dem heutigen Ruhrverband<br />

gehörte. Heute ist der Naturpark<br />

Arnsberger Wald einer von 14 Naturparken<br />

in Nordrhein-Westfalen mit einer Gesamtfläche<br />

von 482 km². Davon finden<br />

wir 302 km² im Kreis Soest und 180 km²<br />

im Hochsauerlandkreis, gelegen am Südrand<br />

der Westfälischen Bucht zwischen<br />

dem Haarstrang im Norden und mit den<br />

südlichen Ausläufern im Bereich der heutigen<br />

Kommunen Meschede und Bestwig<br />

bis ins Ruhrtal hineinreichend. Mehr als<br />

zwei Drittel <strong>des</strong> Arnsberger Wal<strong>des</strong> sind<br />

jetzt in Staats- und Kommunalbesitz, davon<br />

70 % Laubwald und 30 % Nadelwald,<br />

die Flächen sind zu 25 % Bestandteil von<br />

Landschaftsschutzgebieten, zu 20 % von<br />

Naturschutzgebieten (FFH-Gebiete), 6 %<br />

sind EU-Vogelschutzgebiet.<br />

Historisches Foto, Blick auf den Arnsberger Wald<br />

Foto: Naturpark Arnsberger Wald<br />

Ranger Klaus Hötte auf dem Sinnespfad<br />

im Bibertal<br />

Foto: Stadt Rüthen


22 Sauerland 1/2012<br />

Jubiläumsveranstaltung, Mundwerker Michael Klute unterhält die Gäste<br />

<br />

Foto: Naturpark Arnsberger Wald<br />

In den Gründerjahren waren die Besucherlenkung<br />

und der Aufbau einer Infrastruktur,<br />

die dies gewährleisten sollte<br />

(Großraumparkplätze, sanitäre Einrichtungen,<br />

Wege, Bänke, Schutzhütten) vordringliches<br />

Ziel. Es mag sein, dass dies im<br />

Lichte <strong>des</strong> heutigen Verständnisses von<br />

Natur- und Artenschutz zum Schmunzeln<br />

verführt. Bekanntlich hat alles seine Zeit<br />

und die Maßnahmen aus der Aufbauphase<br />

<strong>des</strong> Zweckverban<strong>des</strong> und damit die Gründung<br />

<strong>des</strong> Naturparks haben aber auf jeden<br />

Fall geholfen, ein Bewusstsein zum Erhalt<br />

der Ursprünglichkeit <strong>des</strong> Arnsberger<br />

Wal<strong>des</strong> für die Zukunft zu prägen.<br />

Kein Wunder, dass nach den Jahren<br />

<strong>des</strong> Auf- und Ausbaues und der Pflege<br />

<strong>des</strong>sen, was geschaffen worden war, in<br />

der Mitte der 80er Jahre ein Umdenken<br />

bei den Verantwortlichen einsetzte. Man<br />

begann Rückbauten vorzunehmen und<br />

kreierte neue Angebote auf Basis der auch<br />

deutschlandweit veränderten Aufgaben<br />

und Ziele für die Naturparke. Wie in den<br />

übrigen 102 Naturparken in Deutschland<br />

auch, ist eine der wichtigsten Aufgaben<br />

<strong>des</strong> Naturparks Arnsberger Wald der<br />

Schutz von Natur und Landschaft. So leistet<br />

er einen bedeutenden Beitrag für den<br />

Erhalt der biologischen Vielfalt, den Aufbau<br />

eines Biotopverbun<strong>des</strong> in Mitteleuropa<br />

und den Schutz gefährdeter Arten, wie<br />

z. B. Rotmilan, Kreuzkröte, Mopsfledermaus,<br />

Brocken anemone, Küchenschelle<br />

oder Arnika. Eine wichtige Rolle spielt<br />

dabei der Möhnesee, der das lan<strong>des</strong>weit<br />

größte Rastgebiet bzw. Winterquartier für<br />

Wasservögel darstellt.<br />

Im Gegensatz zu Naturschutzgebieten,<br />

in denen die Natur sich möglichst ungestört<br />

durch menschliche Einflüsse entwickeln<br />

soll, verstehen sich Naturparke als<br />

vom Menschen geprägte Kulturlandschaften,<br />

deren Status sich oft auf einer Jahrhunderte<br />

langen<br />

land- und<br />

forstwirtschaftlichen<br />

Nutzung<br />

der Natur gründet.<br />

Als man<br />

im vorletzten<br />

Jahrhundert begann,<br />

im Arnsberger<br />

Wald<br />

schnell wachsende<br />

Fichten-<br />

Monokulturen<br />

anzupflanzen<br />

und Bäche zu<br />

begradigen,<br />

einzudämmen,<br />

hatte dies eine<br />

Verarmung der Artenvielfalt zur Folge<br />

und der Wald wurde anfälliger gegenüber<br />

extremen Naturereignissen. Mit den Vorgaben<br />

für eine naturnahe, nachhaltige<br />

Waldwirtschaft Ende der 90er Jahre folgte<br />

man dem allgemeinen Umdenken, dies in<br />

Kombination mit diversen Naturschutzprojekten.<br />

Anfang 1994 wurde das Waldreservat<br />

Breitenbruch/Neuhaus als Naturschutzgebiet<br />

ausgewiesen mit dem Ziel:<br />

Reduktion von Fichten-Monokulturen zugunsten<br />

der langfristigen Sicherung sommergrüner<br />

Laubwälder durch die schrittweise<br />

Entwicklung eines Laubwaldgebietes<br />

mit heimischen Gehölzen verschiedener<br />

Altersstufen. Später folgten Beiträge für<br />

die Renaturierung von Bächen, Auen und<br />

Mooren, die man konkret in den Projekten<br />

„Bachtäler im Arnsberger Wald“<br />

und „Möhneaue“ im Rahmen der LIFE-<br />

Projekte der Europäischen Union angelegt<br />

hat.<br />

Zu den wesentlichen Zielen eines Naturparks<br />

gehört aber auch die Erhaltung <strong>des</strong><br />

kulturellen Erbes einer Region, ihres traditionellen<br />

Handwerks<br />

oder ihrer<br />

landschaftstypischen<br />

Architektur.<br />

Ziele,<br />

die auch in der<br />

Heimatarbeit<br />

von besonderer<br />

Bedeutung<br />

sind. Dies zeigen<br />

uns auch<br />

in jüngerer Vergangenheit<br />

die<br />

vielfältigen Aktivitäten<br />

unseres<br />

Vorstandsmitglie<strong>des</strong><br />

Kreisheimatpfleger<br />

Dieter Sukkau,<br />

seines Stellvertreters Norbert Dodt und<br />

der ehrenamtlichen Ortsheimatpfleger im<br />

Kreis Soest z. B. im Projekt: Kulturlandschaft<br />

am Hellweg.<br />

Als beispielhaft mag hier auch das Landschaftsinformationszentrum<br />

(LIZ) „Wasser<br />

und Wald Möhnesee e. V.“ in der alten<br />

Günner Mühle gelten. Drei Erlebnisräume<br />

zu den Themen „Landschaft“, „Wasser“<br />

und „Wald“ beherbergen eine interaktive<br />

Dauerausstellung, die Besucher über die<br />

Besonderheiten <strong>des</strong> Arnsberger Wal<strong>des</strong><br />

informiert (Foto), weitere Informationen<br />

unter www.liz.de. Wer mag, kann sich die<br />

„Jubiläumsregion“ auch erwandern, denn<br />

die Sauerland-Waldroute, die mit dem Rothaarsteig<br />

und dem Sauerland-Höhenflug<br />

zu den Aushängeschildern <strong>des</strong> Sauerlands<br />

nach den Prinzipien <strong>des</strong> Neuen Wanderns<br />

angelegt ist, führt quer durch den Arnsberger<br />

Wald von Iserlohn nach Marsberg.<br />

Bleibt am Ende nur noch den Verantwortlichen,<br />

die jetzt und in der Vergangenheit<br />

sich in den Gremien <strong>des</strong><br />

Zweckverban<strong>des</strong> und in den beteiligten Organisationen<br />

für den erreichten prächtigen<br />

Zustand <strong>des</strong> Geburtstagskin<strong>des</strong> eingesetzt<br />

haben, herzlich zu danken und Anerkennung<br />

auszusprechen. Und: Im nächsten<br />

Jahre wird weitergefeiert, denn dann ist<br />

die 100jährige Wiederkehr <strong>des</strong> Einstaus<br />

der Möhnetalsperre. Der Sauerländer Heimatbund<br />

wird sich daran beteiligen, indem<br />

wir unsere jährliche Mitgliederversammlung<br />

für 2013 nach Möhnesee vergeben<br />

haben. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen<br />

am Möhnesee im Naturpark Arnsberger<br />

Wald. Weitere Informationen, vor allen<br />

Dingen das Jubiläumsmagazin zum Herunterladen,<br />

im Netz unter www.naturparkarnsberger-wald.de<br />

Die alte Günner Mühle<br />

Foto: LIZ/M. Kraft


Sauerland 1/2012 23<br />

Die Firma PIEPER HOLZ ist ein traditionelles<br />

Familienunternehmen,<br />

das auf eine über 60jährige Historie<br />

zurückblicken kann und ist im Herzen einer<br />

der waldreichsten Regionen Deutschlands<br />

beheimatet – dem Sauerland. Bei<br />

dem international operierenden Unternehmen<br />

mit einer der modernsten Sägewerksanlagen<br />

Europas dreht sich alles um den<br />

natürlichen, nachwachsenden Werkstoff<br />

Holz. Dementsprechend bietet die Firma<br />

PIEPER HOLZ seinen Kunden mit den<br />

Sparten Holzhandel, Säge-, Imprägnier-<br />

PIEPER HOLZ<br />

Anzeige „Sägewerk<br />

sucht Waldbesitzer/in“<br />

und Hobelwerk, Holz im Garten sowie<br />

Spielgeräte und Spielanlagensysteme ein<br />

breit gefächertes Leistungsspektrum und<br />

ist somit in diversen Marktsegmenten solide<br />

etabliert.<br />

Allerdings ist der Rohstoff Holz heiß<br />

begehrt, immer mehr Verwerter machen<br />

sich das Angebot streitig. Der Orkan<br />

„Kyrill“, der am 18. Januar 2007 über<br />

Deutschland hinwegfegte und einen Großteil<br />

<strong>des</strong> hiesigen Waldbestan<strong>des</strong> mit sich<br />

riss, trug sein übriges zur mittelfristigen<br />

Verknappung bei. Insofern bestand zu diesem<br />

Zeitpunkt dringender Handlungsbedarf,<br />

um dieser Entwicklung entgegenzusteuern<br />

und die notwendige Holzversorgung <strong>des</strong><br />

Unternehmens auch<br />

langfristig sicherstellen<br />

zu können. Auch wenn<br />

man mitten in einer<br />

Waldregion beheimatet<br />

ist sind dann innovative<br />

Ideen gefragt.<br />

Doch was tun? Über<br />

das Forstamt und den<br />

Holzhandel war es<br />

nicht möglich, genügend<br />

Holzeinkäufe zu<br />

tätigen, um den Bedarf<br />

zu decken. Aus diesem<br />

Engpass entstand die<br />

Idee, die zahlreichen<br />

privaten Waldbesitzer<br />

verstärkt anzusprechen,<br />

die zwar nur bedingt<br />

über die genannten<br />

Einrichtungen, aber<br />

dafür über die regionale<br />

Tagespresse erreicht<br />

werden können.<br />

Um dort eine hohe<br />

Aufmerksamkeit zu erzielen<br />

und aus der Vielzahl<br />

an Zeitungsanzeigen<br />

herauszustechen,<br />

ist der Gedanke einer<br />

etwas anderen Kontaktanzeige<br />

konzipiert<br />

worden. Das Primärziel<br />

dieser Anzeige bestand<br />

darin, sich von anderen<br />

Anzeigen abzuheben,<br />

aufzufallen, die Leser<br />

zum Schmunzeln zu<br />

bringen, eine breite<br />

Ehrung mit der Urkunde und dem golden Woody Award<br />

Moderatorin Katja Weingartz, Arno Riedel, Bettina Meister,<br />

Hans-Georg Pieper, Guido Ricken, Wolfram Simon und Vorstandsmitglied<br />

vom Gesamtverband Deutscher Holzhandel Jens Blume<br />

(v.l.n.r.)<br />

Öffentlichkeitswirkung<br />

herbeizuführen und<br />

im Fokus natürlich die<br />

Zielgruppe dieser Werbemaßnahme<br />

zur Kontaktaufnahme<br />

und zum<br />

Verkauf zu animieren.<br />

Kurz gesagt, die Anzeige<br />

wurde ein riesiger<br />

Erfolg. Die angesprochene<br />

Zielgruppe mit<br />

kleinerem Waldbesitz,<br />

die sonst andere Verkaufs-<br />

und Vertriebswege<br />

gesucht hätte,<br />

reagierte in einer Zahl,<br />

die selbst bei PIEPER<br />

HOLZ überraschte.<br />

Dass die Anzeige<br />

„Sägewerk sucht<br />

Waldbesitzer/in“ diese<br />

Zielsetzung bei weitem<br />

übertroffen hat, beweist<br />

auch die Tatsache, dass<br />

sogar der WDR auf diese<br />

Anzeigenkampagne<br />

aufmerksam geworden<br />

ist und in seiner Sendung<br />

„Lokalzeit“ über die außergewöhnliche<br />

Idee der<br />

Materialbeschaffung und<br />

die enorme Resonanz in<br />

der Region berichtet hat.<br />

Darüber hinaus ist im Informationsblatt<br />

Gesamtverband<br />

Deutscher Holzhandel<br />

ein ausführlicher<br />

Artikel erschienen, der<br />

ebenfalls die Kreativität,<br />

Innovation und Effektivität<br />

dieser Kampagne<br />

würdigt. Neben dieser<br />

Präsenz in den Medien<br />

ist auch die Resonanz aus<br />

der Bevölkerung überwältigend<br />

gewesen, da sogar<br />

etliche außenstehende<br />

Personen das Unternehmen<br />

auf diese Anzeige<br />

angesprochen haben,<br />

von Mitarbeitern über<br />

Bekannte bis zu vielen<br />

Kunden.<br />

Und der Erfolg geht<br />

weiter<br />

Im Oktober 2011<br />

wurden Herr Pieper und<br />

Herr Riedel von Sauerland<br />

Initiativ eingeladen<br />

zur Preisverleihung Innovationspreis<br />

Sauerland<br />

2011. PIEPER HOLZ bekam eine Auszeichnung<br />

für diese Anzeige.<br />

Am wichtigsten war allerdings die Auszeichnung<br />

auf der Branchenmesse Holz in<br />

Köln. Hier wurde der Woody Award ausgelobt.<br />

Welches Holzunternehmen hat den<br />

Mut, seine Kunden im Kundenkontakt zu<br />

verblüffen? Prämiert wurde in dieser Kategorie<br />

ein Unternehmen, welches über<br />

eine Anzeige oder andere Instrumente der<br />

Kommunikation den Mut und die Originalität<br />

bewiesen hat, sich mit einer unerwarteten<br />

Andersartigkeit in Szene zu setzen.<br />

Voraussetzung war, dass diese Konzeption<br />

in der Praxis umgesetzt worden ist.<br />

In der Kategorie Woody Joke für das<br />

Jahr 2011 wurde das Unternehmen<br />

PIEPER HOLZ und die Werbeagentur<br />

riedel und eichler am 2. November mit<br />

dem Woody Award 2011 und dem 1. Platz<br />

belohnt.


24 Sauerland 1/2012<br />

Für die bergige Bahnnebenstrecke<br />

Wennemen-Eslohe-Finnentrop war<br />

eine gleichmäßige Steigung der<br />

Bahntrasse erforderlich. Buchstäblich von<br />

Menschenhand wurde vor mehr als 100<br />

Jahren u. a. ein bis zu 18 m tiefer und<br />

mehr als 100 m langer Geländeeinschnitt<br />

in felsigem Untergrund erforderlich. Dieser<br />

Einschnitt für die Bahntrasse an der<br />

Helle wurde aufwändig überbrückt. Diese<br />

Hellebrücke ermögliche die Wegeführung<br />

zu land- und forstwirtschaftlichen Flächen<br />

jenseits der Bahntrasse ohne Umwege.<br />

Trotz ihrer durchaus erhaltenswerten<br />

Architektur der Hellbrücke mit ihren drei<br />

Bögen aus heimischen Bruchsteinen stufte<br />

Steinbrücke an<br />

der Helle –<br />

Grundstein im<br />

Mosaik der<br />

Ortsentwicklung<br />

<br />

von Dr. Hans Dürr<br />

das LWL-Denkmalschutzamt die Brücke<br />

auch 2011 nicht als Baudenkmal ein. Vergleichbare<br />

oder ähnliche Brückenobjekte<br />

mag es auch andernorts geben, dennoch<br />

ist die Hellebrücke einzigartig für den<br />

Raum Eslohe.<br />

Nachdem bereits 1861 die Ruhr-Sieg-<br />

Hauptstrecke bahnmäßig erschlossen<br />

worden war, verharrte Eslohe verkehrstechnisch<br />

noch ein halbes Jahrhundert<br />

auf überkommenen Infrastrukturen per<br />

Fuhrwerke. Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen<br />

hatten Esloher Gewerbetreibende,<br />

wie z. B. Kleineisenindustrie<br />

der Fa. Chr. Gabriel, immer wieder den<br />

Bau der Eisenbahnnebenlinie Wennemen-Finnentrop<br />

gefordert, damit Esloher<br />

Unternehmer kostengünstiger auf den<br />

Märkten agieren könnten. In den Protokoll<br />

büchern der Gemeinde Eslohe finden<br />

sich Hinweise darauf, wie Kommunalpolitiker<br />

die Bahnhöfe und die Bahnanbindung<br />

von Gewerbegrundstücken z. B. der<br />

Fa. Chr. Gabriel unterstützten.<br />

Gewerke Gabriel auf der Eröffnungsfeier<br />

der Bahnstrecke am 11. Jan. 1911:<br />

Fernab <strong>des</strong> Heerwegs, der den breiten Flüsse<br />

Zu folgen pflegt, grünen unsere Matten.<br />

Da liegen unsere Dörfer, unsere Berge.<br />

Da ziehen unsere Wälder ihre Schatten.<br />

Wie das verträumte Königskind im Märchen<br />

Von dichten Dornenhecken rings umgeben,<br />

Im müß‘gen Schlafe hundert Jahre ruhte,<br />

So schlief auch hundert Jahre hier das Leben<br />

…<br />

Und all die Dörfer, deren blanke Häuser<br />

Im Wenne-Esseltale eingebettet<br />

Sind heut erwacht aus langem Märchentraume<br />

Und heute miteinander neu verkettet. …<br />

(Quelle: Bruns, Alfred (1982), S. 57)<br />

1. Bauphase bis 1911<br />

Interessengeleitet hatten Esloher<br />

Wald- und Grundbesitzer, so wie Fuhrunternehmer,<br />

den Bau einer Bahntrasse<br />

Wennemen-Finnentrop noch bis zur Jahrhundertwende<br />

hinausgezögert. Einigen<br />

Grundbesitzern aus (Nieder-)Eslohe ermöglichte<br />

die Bahnbehörden eine ungehinderte<br />

Nutzung ihrer Wald- und Wiesenflächen<br />

jenseits der Bahnlinie durch den Bau der<br />

Hellebrücke und durch Unterführungen an<br />

Verkehrsschnittpunkten, damit die Grundstücksfragen<br />

zum Bau der neuen Trasse<br />

vom Tisch kamen. Dennoch wird so gar<br />

noch von Enteignungen für Bahngelände<br />

berichtet.<br />

Danach konnten mit massivem Einsatz<br />

von „Gastarbeitern“ aus Südeuropa<br />

Brücken-, Tiefbau- und Tunnelbauten in<br />

wenigen Jahren fertiggestellt werden. Der<br />

Geländeeinschnitt unter der Hellebrücke<br />

war verbunden mit Sprengarbeiten und<br />

anschließend sehr viel Handarbeit. Das hat<br />

nicht nur Tausende von Arbeitsstunden<br />

gekostet, fünf Menschen fanden den Tod<br />

beim Bau der gesamten Nebenstrecke.<br />

1911 wurde die Bauphase beendet.<br />

Zu Beginn <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts<br />

leitete der Bau der Eisenbahnstrecke<br />

mit seinen Bahnhöfen und Brücken zu<br />

einem Wirtschaftsaufschwung in der Region<br />

ein. Bereits während der Bauphase<br />

konnte Eslohe davon wirtschaftlich profitieren:<br />

• Für einige Jahre bezog die Bauleitung<br />

der Bahn Quartier im Dorf<br />

• Willkommener Nebenerwerb für Esloher<br />

Frauen wurde die Verköstigung der<br />

Bahnbauarbeiter<br />

• Die Gastronomie <strong>des</strong> Ortes boomte<br />

Eslohe hatte nun (Bahn-)Anschluss<br />

an die Industrieregionen Lenne-Sieg und<br />

an das Ruhrgebiet und war so reichsweit<br />

mit den Absatz- und Beschaffungsmärkten<br />

vernetzt. Erste Touristen kamen per<br />

Bahn, umgekehrt konnten Esloher bequemer<br />

verreisen. Die überwiegend landund<br />

forstwirtschaftlich strukturierte Region<br />

Wenne-Eslohe war im Industriezeitalter angekommen.<br />

Mit dem Betrieb der Bahn gab<br />

es neue berufliche Möglichkeiten, die den<br />

allmählichen Rückgang der landwirtschaftlichen<br />

Erwerbsmöglichkeiten auffangen<br />

konnte. Auch wurden Erwerbsmöglichkeiten<br />

für Pendler durch die Bahn verbreitert<br />

– selbst wenn lange Fußmärsche zum<br />

Arbeitsplatz (noch) alltäglich üblich waren.<br />

Hellebrücke 2011<br />

Quelle: Archiv Museum Eslohe<br />

Lage der Hellebrücke<br />

Quelle: Schulte, B., S. 193


Sauerland 1/2012 25<br />

Brücke in der Bauphase<br />

Quelle: Archiv<br />

RAD-Eslohe auf Bahnreise zum Reichsparteitag in Nürnberg.<br />

Quelle: Privates Archiv Dürr<br />

Beschäftigte im Kreis Meschede<br />

Quelle: Ellerbrock/Besler-Worbs, (2001),S. 308 ff.<br />

Bereiche 1907 1939<br />

Landwirtschaft 45,8 % 40,6 %<br />

Bergbau + Industrie+Handwerk 41,6 % 37,0 %<br />

Dienstleistungen und Verkehr 12,6 % 22,3 %.<br />

Tab. 1<br />

Der Bahnanschluss eröffnete den Eslohern<br />

andere, neue Möglichkeiten der Sicherung<br />

<strong>des</strong> Lebensunterhalts und beeinflusste das<br />

Wachstum der Gemeinde. (Tab. 1)<br />

Wie viele Tausend Personen haben über<br />

Jahrzehnte täglich die Hellebrücke wenige<br />

Meter vom Bahnhof Eslohe entfernt<br />

durchfahren und dabei den Schritt in eine<br />

ganz Lebens- und Arbeitswelt vollzogen<br />

und umgekehrt? Der strukturelle Wandel<br />

von der Agrar- zur Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft<br />

wäre auch im Kreis<br />

Meschede ohne Eisenbahnbau bis zum<br />

2. Weltkrieg kaum realisierbar gewesen.<br />

2. Zugverkehr unter der Hellebrücke,<br />

Nutzung der Bahnbrücke<br />

Nach Aufnahme <strong>des</strong> Linienverkehrs<br />

1911 standen 5 dampfgetriebene Zugpaare<br />

für den Personen- und Güterverkehr<br />

zur Verfügung, Personenverkehr erfolgte<br />

täglich mehrfach in beide Richtungen. Der<br />

Güterverkehr für die Esloher Kleineisenund<br />

Handwerksbetriebe, sowie die Landwirtschaft<br />

wurde meist über den Bahnhof<br />

abgewickelt. Landwirtschaftsberufsschule,<br />

Amtsrealschule, Krankenhaus, Post und<br />

Amtsverwaltung in Eslohe sicherten den<br />

Personenbahnverkehr. Haupttourismusströme,<br />

damals „Sommerfrischler“ und<br />

Wintersportler, verliefen zwar über die<br />

Tabelle 2<br />

Ruhrschiene, jedoch<br />

eher in Richtung<br />

Schmallenberg/Winterberg.<br />

Ein Arbeitslager in<br />

Eslohe wurde 1934 zum RAD-Arbeitslager<br />

für wechselnde Belegungen mit mehr<br />

100 Personen ausgebaut. Viele kamen zu<br />

Fuß, andere reisten per Bahn an und unterquerten<br />

dabei kurz vor dem Zielbahnhof<br />

die Hellebrücke.<br />

Der RAD leistete gemeinnützige Arbeit<br />

in der Region. Eine davon war der Ausbau<br />

<strong>des</strong> Waldweges Niedereslohe-Grevenstein,<br />

die RAD-Abteilung mit geschulterten Spaten<br />

hat die Hellebrücke dazu täglich und<br />

oft singend überquert. Ein Wegestein ca.<br />

800 m hinter der Hellebrücke erinnert an<br />

den RAD-Wegebau.<br />

Wegen vermutlich untergeordneter<br />

militärischer Nutzung im Krieg zeigte<br />

am Kriegsende diese Bahnstrecke kaum<br />

Kriegsschäden. Bereits am 14. 5. 1945<br />

war eine Wiederaufnahme <strong>des</strong> Güter- und<br />

Personenverkehrs möglich. Neue Personengruppen<br />

begrüßte die Hellebrücke<br />

nun kurz vor dem Zielbahnhof: Viele Tausend<br />

Flüchtlinge und Aussiedler. Zeitzeuge<br />

Dieter Gurni: „Mit Mutter und kleinem<br />

Bruder reisten wir von Bitterfeld aus am<br />

17.8.1949 an. Am Bahnhof Eslohe ging<br />

es mit Gepäck zu Fuß auf den Weg in eine<br />

neue Heimat, Vater erwartete uns im Gasthof<br />

Keggenhoff.“<br />

Teile der Flüchtlinge konnten vorübergehend<br />

in den ehemaligen „RAD-Baracken“<br />

untergebracht und verpflegt werden.<br />

Als 1949 der Zustrom von Deutschen aus<br />

den Ostgebieten nachließ fehlten der lokalen<br />

Geschäftswelt Kunden. Esloher Politiker<br />

agierten entsprechend, es gelang, die<br />

lan<strong>des</strong>weite Ausbildung für Dachdecker<br />

auf dem ehemaligen RAD-Gelände zu etablieren<br />

und zusätzlich auch Ausbildungseinrichtungen<br />

für Metall- und Bauberufe,<br />

so wie für Blaufärber. Tausende Junghandwerker<br />

reisten, damals ganz selbstverständlich<br />

per Bahn unter der Hellebrücke<br />

hindurch an, ab 1953 in Schienenbussen<br />

anstelle dampflokbetrieben Personenzüge.<br />

3. Rückgang <strong>des</strong> Schienenverkehrs<br />

Die alte Minden-Coblenzer Provinzialstraße<br />

war für die Anforderungen der Pferdefuhrwerke<br />

bis ins 19. Jhdt zwischen Meschede-Olpe<br />

ausgelegt. Dies genügte nicht<br />

mehr für Auto- und Busverkehr, der sich<br />

20 Jahre nach dem Eisenbahnanschluss<br />

hier entwickelte.1930 werden Teile der<br />

heutigen B 55 im Raum Eslohe verbreitert<br />

und z.T. geteert. Dies erleichterte Transporte<br />

mit PKW, LKW und den Busverkehr.<br />

Die Bahnhöfe Eslohe und Wenne<br />

liegen abseits vom Kernort Eslohe, daher<br />

entstanden beim Warenverkehr Wegekosten<br />

und Personen mussten Fußmärsche<br />

zum Bahnhof berücksichtigen. Motorrad-,<br />

Auto- und Linienbusfahren wurde im ländlichen<br />

Bereich immer attraktiver auf den<br />

o.a. verbesserten Straßen. Die Bahn verlor<br />

im Wirtschaftswunderland allgemein<br />

und auch im Raum Eslohe an Kundschaft.


26 Sauerland 1/2012<br />

1965 wird der regelmäßige Güterverkehr<br />

auf der Strecke eingestellt, ein Jahr später<br />

dann der regelmäßige Betrieb, für einige<br />

Jahre verblieb ein eingeschränkter Güterverkehr.<br />

Immer größer und schwerer werdenden<br />

Fahrzeuge änderten die Nutzungsbeanspruchung<br />

der Hellebrücke. Diese war ursprünglich<br />

auf Fußgänger und Pferdegespanne<br />

ausgelegt. Schwere Zugmaschinen mit und<br />

ohne Hänger hielten Einzug in die Holzabfuhr<br />

und z. T. in die Landwirtschaft. Als<br />

die Brücke um die Jahrtausendwende von<br />

der DB ins Eigentum der Gemeinde Eslohe<br />

überging, begrenzte diese zwar die Brückennutzung<br />

auf 10 t. Ob dieses Verkehrsschild<br />

tatsächlich berücksichtigt wurde, ist nicht bekannt.<br />

Nach dem verheerenden Kyrill-Sturm<br />

2007 wurde sehr viel Holz abgefahren und<br />

ein Jahr später wurden dann gravierende<br />

Mängel an der Hellebrücke festgestellt.<br />

Passierende Wanderer rasten auch heute<br />

noch gerne auf der hohen Hellebrücke,<br />

blicken über eine Jahrzehnte stillgelegte<br />

zu stillgelegten Bahnstrecken und Bahnbrücken.<br />

Noch stehen solche mühsam errichteten<br />

Bauwerke wie die Hellebrücke,<br />

wenn auch ohne wirtschaftliche Sachzwänge.<br />

Sie symbolisieren eine bewegte<br />

Vergangenheit.<br />

Aus der Sitzungsvorlage 10/2011 der<br />

Gemeinde Eslohe: „Beim Bau der Eisenbahnstrecke<br />

zwischen Eslohe und Sallinghausen<br />

wurde im Bereich der Helle,<br />

unweit <strong>des</strong> Bahnhofs Eslohe, ein tiefer<br />

Geländeeinschnitt abgetragen. Um die<br />

Funktionsfähigkeit <strong>des</strong> dabei durchtrennten<br />

bedeutsamen Waldwirtschaftsweges zu<br />

erhalten, wurde eine den damaligen Anforderungen<br />

entsprechende Brücke über dem<br />

Einschnitt errichtet. Die Brücke hat eine<br />

Spannweite von ca. 40,00 m und eine<br />

Höhe über Grund von ca. 16,50 m. Sie<br />

ist als sogenannte Dreifeldbogenbrücke<br />

aus Naturstein gebaut und für Fahrzeuge<br />

bis 10 to freigegeben. Baulastträger <strong>des</strong><br />

Wirtschaftsweges ist die Beteiligtengesamtheit<br />

(BGH) Eslohe. Die Gemeinde ist<br />

Brückenpfeiler, Widerlager und Stützmauern<br />

ohne Abbruch mit verfüllt werden. Damit<br />

ist jedoch kein Ende der Diskussion eingetreten,<br />

eher ein Neuanfang: Es formierte<br />

sich nach diesem Ratsbeschluss in vielen<br />

Leserbriefen und Zeitungsartikeln Kritik<br />

und andererseits Rechtfertigung zu diesem<br />

Ratsbeschluss. Für den Erhalt der Hellebrücke<br />

in Sichtweite der Esloher Museumseisenbahn<br />

formiert sich Ende 2011 ein<br />

Verein „Freunde der Helle brücke“ mit dem<br />

Ziel: Förderung und Bewahrung von Landschafts-,<br />

Geschichts- und Kulturgütern…“.<br />

Quellen und Literatur<br />

Archiv der Gemeinde Eslohe, insbes. Protokollbücher<br />

der Gemeinde Eslohe<br />

Archiv <strong>des</strong> Maschinen- und Heimatmuseums Eslohe<br />

Privates Archiv Dürr<br />

Bruns, Alfred:<br />

Die gute alte Zeit, Fredeburg, 1982<br />

Bruns, Alfred: Die Eisenbahn im Sauerland, hg.<br />

vom Schieferbergbau-Museum Schmallenberg-<br />

Holthausen, 1989<br />

Brücke in Öl<br />

Quelle: privat (Christine Kopietz)<br />

Hellebrücke mit Camera obscura 2011<br />

Quelle: Museum Eslohe (Manfred Haupthoff)<br />

Bahnstrecke immer noch auf Bahngleis.<br />

Anfang 2012 wurde nun auch der Schienenstrang<br />

entfernt. Dennoch fasziniert das<br />

Bild einer hohen Eisenbahnbrücke nicht<br />

nur lokale Künstler, es ist auch eine Brücke<br />

in eine andere Zeit.<br />

4. Eisenbahnbrücke ohne<br />

Eisenbahn – erhalten,<br />

vernichten oder konservieren?<br />

Letztlich hatte der Autoboom im Wirtschaftswunder<br />

der Bun<strong>des</strong>republik zum<br />

Niedergang der Eisenbahn geführt, damit<br />

Eigentümerin <strong>des</strong> gesamten Einschnittgelän<strong>des</strong><br />

bis ca. 80 m nordöstlich der Brücke<br />

in Richtung Sallinghausen und damit auch<br />

Eigentümerin, Baulastträger und Verkehrssicherungspflichtiger<br />

der Brücke.“<br />

2008 hatte eine Brückenprüfung der<br />

Hellebrücke Sanierungskosten von ca.<br />

165 000 € aufgezeigt, viel Geld für eine<br />

Brücke mit nur wenigen gewerblichen Nutzern.<br />

Am 2.3.2011 beschloss der Rat mit<br />

24:5:2 Stimmen eine Wiederauffüllung<br />

<strong>des</strong> Geländeeinschnittes der ehemaligen<br />

Bahntrasse an der Hellebrücke, wobei die<br />

Dürr, Hans: Die RAD-Baracke – nur für braune<br />

hardliner? in: Sauerland, Nr. 3, September<br />

2007<br />

Ellerbrock, Karl-Peter/Bessler-Worbs, Tanja (Hg.):<br />

Wirtschaft und Gesellschaft im südöstlichen<br />

Westfalen, Dortmund 2001<br />

Franzen, Rudolf: Esloher Forschungen, Bd. II,<br />

Eslohe 1999/ Bd. III, Eslohe 2002<br />

Keite, Franz-Josef u.a.: Abfahrt 1911, Maschinenund<br />

Heimatmuseum Eslohe, 2011<br />

Schulte, Bernd: Sauerland im Laufe der Zeit,<br />

Meschede, 1998


Sauerland 1/2012 27<br />

Stracken Hof<br />

Ein Musterbeispiel Endorfer Identität<br />

von Klaus Baulmann<br />

Das älteste noch erhaltene Bauernhaus,<br />

der Stracken Hof in der Mitte<br />

<strong>des</strong> Sunderner Ortsteils Endorf,<br />

verfiel zusehends. Eine Untersuchung der<br />

Jahresringe in den Holzbalken hatte eindeutig<br />

das Erbauungsjahr 1634 erbracht.<br />

Intensive Bemühungen <strong>des</strong> Westfälischen<br />

Amtes für Denkmalpflege in den Jahren<br />

1999 und 2002, das Haus in die Denkmalliste<br />

der Stadt Sundern eintragen zu<br />

lassen, scheiterten. Auch die in Westfalen<br />

renommierte Interessengemeinschaft Bauernhaus<br />

e.V. engagierte sich vergebens.<br />

Die Abbruchgenehmigung wurde Anfang<br />

2007 erteilt. Im Dorf wurde leidenschaftlich<br />

diskutiert: Modernisierer gegen Erhalter.<br />

Manche Argumente wurden zu scharfen<br />

Geschützen mit teils verheerender<br />

Wirkung. Es war nur noch eine Frage von<br />

wenigen Wochen, und eines der ältesten<br />

Steinhäuser im Sauerland wäre unwiederbringlich<br />

ein Opfer von Bagger und Abrissbirne<br />

geworden.<br />

setzt jedoch grundsätzlich nicht voraus,<br />

dass sich das Objekt in einem guten Erhaltungszustand<br />

befindet. Die Renovierungsbedürftigkeit<br />

lässt die Denkmaleigenschaft<br />

regelmäßig nicht entfallen.“ Der Weg war<br />

frei für die Errichtung eines Notdaches.<br />

Der dreifach vorkragende historische<br />

Nordgiebel mit dem spätgotischen Deelentor<br />

wurde durch ein Bockgerüst gestützt<br />

und gesichert.<br />

Der „Bescheid über die Eintragung<br />

<strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong> Stracken<br />

Hof in Sundern-Endorf, Endorfer<br />

Straße 22, in die Denkmalliste<br />

der Stadt Sundern“ trägt<br />

das Datum vom 18. November<br />

2009. Er stellt u. a. fest: „Das<br />

Objekt ist in hohem Maße bedeutend<br />

nicht nur für die Geschichte<br />

Endorfs, sondern <strong>des</strong> gesamten<br />

Raumes Sundern und <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong>.“<br />

In der Begründung der Stadt wird auch<br />

auf die charakteristische Dreischichtigkeit<br />

<strong>des</strong> Anwesens hingewiesen: das ursprünglich<br />

niederdeutsche Längsdeelenhaus von<br />

1634, den Umbau zum Querdeelenhaus<br />

um 1855/56 und den Anbau eines Wohnhauses<br />

nach dem 2. Weltkrieg 1949/51.<br />

Der Stracken Hof von 1634 ist sicher<br />

nicht das erste Haus an dieser Stelle, er<br />

dürfte ein Neubau oder wenigstens ein<br />

Ausbau mitten im Dreißigjährigen Krieg<br />

gewesen sein. Er ist wie die meisten Endorfer<br />

landwirtschaftlichen Betriebe ein<br />

Lehnshof <strong>des</strong> Kanoniker-Stifts Meschede.<br />

Im Jahr 1495 wird z. B. eine Familie<br />

Stracke als Besitzer eines Gutes in Endorf<br />

genannt. Eine Enkelin der Mette Stracke<br />

aus Endorf wird 1524 in einem Soester<br />

Toversichtsbrief erwähnt. Einer der tüchtigsten<br />

Steuerzahler im Kopfschatzregister<br />

<strong>des</strong> kurkölnischen Herzogtums Westfalen<br />

Da ergriffen beherzte Personen aus Endorf<br />

und der näheren und weiteren Umgebung<br />

die Initiative und gründeten am<br />

9. Oktober 2007 eine „Interessengemeinschaft<br />

Stracken Hof e.V.“ Zwei Ziele standen<br />

zunächst im Vordergrund der Arbeit<br />

<strong>des</strong> Vereins, die Finanzierung <strong>des</strong> Grunderwerbs<br />

und die Sicherung <strong>des</strong> schon stark<br />

einsturzgefährdeten Daches. Die Bemühungen<br />

um die Finanzierung zogen sich<br />

bis zum Jahr 2009 hin. Viele kleine und<br />

wenige große Spenden kamen zu Hilfe.<br />

Mit einem denkmalpflegerischen Sonderprogramm<br />

beteiligten sich der Bund und<br />

das Land. Auch die NRW-Stiftung half mit<br />

einem namhaften Betrag.<br />

Für die Erstsicherung gegen Witterungseinflüsse<br />

und weiteren Verfall war nach<br />

dem Grunderwerb durch die Interessengemeinschaft<br />

eine vorläufige Unterschutzstellung<br />

durch die Stadt Sundern nötig. Der<br />

entsprechende Bescheid kam am 14. April<br />

2009. Dabei stützte sich die Stadt auf ein<br />

Urteil <strong>des</strong> Oberverwaltungsgerichts Münster<br />

vom 12. Mai 1986, in dem es u. a.<br />

heißt: „Die Bejahung <strong>des</strong> öffentlichen Interesses<br />

an der Erhaltung eines Gebäu<strong>des</strong><br />

Nordgiebel von Stracken Hof in Endorf im Zustand von 1634.<br />

Zeichnung D. Maschmeyer<br />

In der Mitte oben das Fachwerk mit dreifacher Vorkragung, in der Mitte unten das spitzbogige<br />

Deelentor, links die Tür zum früheren Kuhstall.<br />

Rechts oben unter dem Fachwerk das Rauchloch <strong>des</strong> Kamins der Kemenate.


28 Sauerland 1/2012<br />

von 1543 das Kirchspiel Stockum betreffend<br />

ist ein Jost Stracken aus Endorf.<br />

Über viele Jahrhunderte ist Stracken Hof<br />

min<strong>des</strong>tens der zweitgrößte landwirtschaftliche<br />

Betrieb in Endorf. Um 1700 wird<br />

der Schultenhof <strong>des</strong> Huxe mit einer Hufe<br />

angegeben. Stracke steht mit 2½ Hufen<br />

zu Buche, vor Schlotmanns Hof in Endorf<br />

und dem Schultenhof zu Brenschede mit<br />

zwei Hufen. Von 1800 bis 1814 ist ein<br />

Stracke Holzaufseher der Endorfer Mark.<br />

Stracken Hof ist nicht nur als landwirtschaftlicher<br />

Betrieb von großer Bedeutung.<br />

Schon lange bevor Endorf von Kurfürst<br />

Ernst um 1585 zur Bergfreiheit erhoben<br />

wurde, kommt der Name Stracke seit<br />

1460 im Zusammenhang mit dem Bönkhauser<br />

Bleibergwerk vor. Im frühen 16.<br />

Jahrhundert heißen die Endorfer Schulten<br />

Stracke. Ein Stracke wird 1596 als Mitinhaber<br />

<strong>des</strong> Recklinghauser Eisenhammers<br />

genannt. Hermann Stracke ist 1656 beim<br />

Besuch <strong>des</strong> Kölner Kurfürsten Maximilian<br />

Heinrich Schichtmeister der Grube in<br />

Bönkhausen. Nach dem Rauchschatzregister<br />

von 1664 besitzt er eine Feuerstätte,<br />

einen Backofen, einen Kachelofen, einen<br />

Braukessel und einen Hammerherd (Herd<br />

eines Eisenhammers). Eine vergleichbare<br />

Bedeutung für den Bergbau im Raum Endorf<br />

hatte von den alten Endorfer Höfen<br />

nur der Schlotmanns Hof, von dem noch<br />

der alte Spieker erhalten ist.<br />

Aus den wenigen beispielhaften Angaben<br />

geht hervor, welch große Bedeutung<br />

Stracken Hof für die Geschichte von Endorf<br />

hat. Von den ursprünglichen Höfen<br />

der Endorfer Markberechtigten existiert<br />

nur noch der von Schulte-Beste. Dazu<br />

kommt noch die exponierte Lage an der<br />

Endorfer Hauptstraße an der Nahtstelle<br />

zwischen Ober- und Unterdorf. War doch<br />

Stracken Wiese im letzten Jahrzehnt <strong>des</strong><br />

19. Jahrhunderts sogar im Gespräch als<br />

Standort für die Endorfer Dorfkirche.<br />

Nach den ersten Erfolgen der Renovierung<br />

besserte sich auch die Stimmung im<br />

Dorf. Im Zuge der Diskussionen, wie man<br />

denn den erneuerten Strackenhof nutzen<br />

könnte, erinnerte man sich daran, dass<br />

sogar dort schon Schützenfest gefeiert<br />

wurde. Im Jubiläumsbuch von 1978 steht<br />

zu lesen: „Der Rendant und Richtmann<br />

(Schützenhauptmann) Franz Miederhoff<br />

erwähnt z. B. vom Schützenfest 1867 in<br />

einer Fußnote: ... auf Stracken-Hofe das<br />

Schützenfest am 2. und 3. Juny gefeiert.“<br />

Nach dem Bau der Schützenhalle ist das<br />

Problem für die Schützenbruderschaft gelöst.<br />

Der Heimatverein veranstaltete 2011<br />

mit großem Erfolg den Endorfer Weihnachtsmarkt<br />

in und um Stracken Hof. Von<br />

April bis September betreibt er das Backhaus<br />

an jedem ersten Samstag im Monat.<br />

Frauenchor und Museum Alte Schmitte<br />

sind in die Planungen einbezogen. Das<br />

Stan<strong>des</strong>amt der Stadt Sundern lädt demnächst<br />

zu Eheschließungen in Stracken<br />

Hof ein. Der Hochsauerlandkreis ist mit<br />

Lesungen im Rahmen der Criminale zu<br />

Gast. Große Freude kam auf, als die Meldung<br />

vom Wiederauffinden <strong>des</strong> originalen<br />

Deelenpflasters sich verbreitete. Jetzt kann<br />

das alte Fischgrätenmuster wieder die Tenne<br />

zieren.<br />

Im Jahr 2012 ist eine gute Zukunft für<br />

Stracken Hof absehbar. Der Erfolg hat<br />

bekanntlich viele Väter (und Mütter). Einige<br />

seien hier beispielhaft genannt. Dr.<br />

Dietrich Maschmeyer von der Interessengemeinschaft<br />

Bauernhaus e.V. hat durch<br />

seine Untersuchungen und Appelle zum<br />

Erhalt viel bewirkt. Dr. Thomas Spohn<br />

vom Westfälischen Amt für Denkmalpflege<br />

in Münster hat durch seinen persönlichen<br />

Einsatz und seine Argumentationskraft<br />

weit mehr geleistet, als es seine dienstliche<br />

Pflicht gebot. Er verwies u. a. darauf, dass<br />

der hochgelobte Stertschultenhof in Eslohe-Cobbenrode<br />

120 Jahre jünger sei als<br />

Stracken Hof in Endorf.<br />

Nordgiebel im Zustand von 2011.<br />

Foto: Hubert Cor<strong>des</strong><br />

Mit viel Mut und Schwung übernahm<br />

der junge Norbert Rademacher 2007 den<br />

Vorsitz in der neugegründeten Interessengemeinschaft<br />

Stracken Hof e.V. Er machte


Sauerland 1/2012 29<br />

Ansicht der westlichen Traufseite von Stracken Hof in Sundern-Endorf von der Endorfer Straße aus im Jahr 2011.<br />

Foto: Beate Feische<br />

sich kundig, wie man einen solchen Verein<br />

organisiert. Die Lage stand wirklich auf<br />

<strong>des</strong> Messers Schneide. Blankes Entsetzen<br />

befiel ganz Endorf, als er im August 2009<br />

sein Leben zusammen mit einem Kameraden<br />

bei einem Unfall in den kanadischen<br />

Bergen verlor. In der nun folgenden außerordentlichen<br />

Mitgliederversammlung<br />

rettete Katharina Hoff die angespannte<br />

Situation und übernahm die Bürde der<br />

Vorsitzenden.<br />

Fels in der Brandung um Stracken Hof<br />

ist von Anfang an bisher Geschäftsführer<br />

Hubert Cor<strong>des</strong>. Berufsbedingt kennt er<br />

sich aus mit Verwaltungsvorgängen, disponiert<br />

die Termine und verhandelt erfolgreich<br />

mit Denkmalamt, Architekt und<br />

Handwerkern.<br />

Endorfs Mitte liegt in guten Händen.<br />

LITERATUR<br />

EHBRECHT, Wilfried: Westfälischer Städteatlas Sundern,<br />

Lieferung XI Nr. 4, Münster 2010<br />

MASCHMEYER, Dietrich: Verliert ein Dorf sein<br />

materielles Gedächtnis? Der Holznagel 4/2007<br />

RÖRIG, Maria: Endorf – Geschichte einer Landgemeinde<br />

im Sauerland, Sundern 1981<br />

SCHEPERS, Josef: Haus und Hof westfälischer Bauern,<br />

Münster 1960<br />

SPOHN, Thomas: Das „Stracken-Gut“ in Endorf,<br />

Sunderner Heimatblätter, Sundern 2007<br />

200 JAHRE Endorfer Schützenbruderschaft, Endorf<br />

1978<br />

Mundartlyrik aus dem Nachlass von Joseph Anton Henke (1892–1917), Frettermühle<br />

Wiärümme nit?<br />

Warum nicht?<br />

Wiärümme siek nit fröggen,<br />

Wo’t Liäwen doch söe wenket?<br />

De schoinsten Blaumen blögget<br />

In weiken Froihjohrsnächten.<br />

De Sunne lachet vam Hiäwen<br />

Söe fröndlek-warem raffer<br />

Op all dät junge Liäwen,<br />

Wat doch blöeß äinmol blaumet.<br />

Et löchtet diusend Farwen<br />

Vam Muaren bit taum Owend –<br />

Noch fröeh genaug weerd Garwen<br />

Im Hiärwestwinne stohen.<br />

Warum sich nicht freuen,<br />

Wo’s Leben doch so winkt?<br />

Die schönsten Blumen blühen<br />

In weichen Frühlingsnächten.<br />

Die Sonne lacht vom Himmel<br />

So freundlich-warm herab<br />

Auf all das junge Leben,<br />

Was doch bloß einmal blümt.<br />

Es leuchten tausend Farben<br />

Vom Morgen bis zum Abend –<br />

Noch früh genug werden Garben<br />

Im Herbstwind stehen.<br />

2010 ist der Nachlass<br />

<strong>des</strong> im ersten Weltkrieg<br />

ums Leben gekommenen<br />

Dichters J.A. Henke<br />

aus Frettermühle für das<br />

Christine-Koch-Mundartarchiv<br />

am Esloher Museum<br />

ausgewertet worden. Eine<br />

136 Seiten starke Dokumentation<br />

mit Lebensbild<br />

und allen Texten kann auf<br />

www.sauerlandmundart.de<br />

(daunlots nr. 42)<br />

aufgerufen werden.


30 Sauerland 1/2012<br />

Mitten im Bekanntwerden der<br />

rechtsradikalen Anschläge in<br />

Deutschland am Ende <strong>des</strong> vergangenen<br />

Jahres und in der Diskussion<br />

um Integration der Mitbürger mit Migrationshintergrund<br />

in Deutschland bekam<br />

die Stadt Sundern ein bemerkenswertes<br />

Kunstwerk übergeben: Der örtliche Verein<br />

der Kosovo-Albaner, der fast ausnahmslos<br />

aus Mitgliedern <strong>des</strong> islamischen Glaubens<br />

Bemerkenswerte Stiftung in Sundern:<br />

Figur der seliggesprochenen<br />

Mutter Teresa eingeweiht<br />

besteht, hatte sich zusammen mit der Regierung<br />

der Republik Kosovo zur Aufgabe<br />

gesetzt, als Zeichen der Integration und<br />

<strong>des</strong> guten Willens zum Zusammenleben<br />

eine Figur der 2003 seliggesprochenen<br />

Mutter Teresa von Kalkutta der Bürgerschaft<br />

zu schenken. Mit diesem<br />

Anliegen wandten sie sich an<br />

Bürgermeister Detlef Lins und<br />

an den Verfasser als Pfarrer<br />

der katholischen Kirchengemeinde.<br />

Mutter Teresa, am 26. August<br />

1910 in Skopje als Tochter<br />

albanischer Eltern geboren,<br />

ist mit ihrer Schwesterngemeinschaft<br />

bis heute Inbegriff<br />

<strong>des</strong> caritativen Handelns an<br />

den Armen und Bedürftigen.<br />

Der „Engel von Kalkutta“ starb<br />

dort in Indien am 5. September<br />

1997. Bereits 1979 hatte<br />

sie den Friedensnobelpreis für<br />

ihr Wirken erhalten. Die Kosovo-Albaner<br />

fühlen sich trotz<br />

größtenteils islamischer Religion<br />

dieser christlichen Ordensfrau<br />

besonders verbunden.<br />

Ihre in Originalgröße von<br />

1,58 m von Marlies Hof aus<br />

Harbach im Westerwald geschaffene<br />

wertvolle Plastik aus<br />

Bronze fand in der Sunderner<br />

Fußgängerzone neben der<br />

Pfarrkirche St. Johannes Evangelist<br />

ihre Aufstellung. Die Finanzierung<br />

der Skulptur hatte<br />

der Verein der Kosovo-Albaner<br />

übernommen und in den Familien<br />

und durch weitere Sponsoren<br />

zusammengetragen. Ortsheimatpfleger<br />

Gerhard Scheffer und Mitarbeiter der<br />

Firma Landschaftsbau Klute aus Stockum<br />

sorgten sich um die Aufstellung <strong>des</strong> Kunstwerkes.<br />

Nun kann man in der Sunderner<br />

Innenstadt Mutter Teresa auf Augenhöhe<br />

begegnen.<br />

Der Künstlerin, die bereits zwei weitere<br />

Figuren in Niederfischbach und in Augsburg<br />

geschaffen hat, waren das Lächeln,<br />

von Michael Schmitt<br />

die Liebe und die Frömmigkeit von Mutter<br />

Teresa besonders wichtig. Diese Aspekte<br />

drückt die Figur, die in der Glocken- und<br />

Kunstgießerei Edelbrock in Gescher im<br />

Münsterland im Wachsausschmelzverfahren<br />

gegossen und anschließend brüniert<br />

wurde, in bemerkenswerter Weise aus:<br />

Mutter Teresa streckt den Besuchern die<br />

rechte Hand entgegen und hält in der<br />

linken Hand betend einen Rosenkranz.<br />

Freundlich, offen und mit wachen Augen<br />

schaut die Figur den Betrachter an. Bei der<br />

eindrucksvollen und sehr gut besuchten<br />

Einweihungsfeier am 26. November 2011<br />

sagte die Künstlerin zu ihrem Werk:<br />

Wenn Mutter Teresa jetzt hier wäre,<br />

würde sie ganz sicher diese feierliche Begegnung<br />

unter ihr Lebensmotto stellen:<br />

„Tun wir etwas Schönes für Gott“ (…)<br />

Meine Intension zu Darstellung war,<br />

Mutter Teresa so lebensnah wie möglich<br />

zu porträtieren.<br />

Im Fokus meiner Arbeit standen ihr<br />

Gebet, ihre Liebe und ihr Lächeln, denn<br />

für Mutter Teresa sind sie grundlegend<br />

der Nährboden, der Humus für das Gedeihen<br />

eines guten, friedlichen Zusammenlebens<br />

aller Menschen und Völker.<br />

Der Rosenkranz steht für das Gebet. Sie<br />

hält ihn engumschlungen um ihre linke<br />

Hand. Wie Mutter Teresa immer wieder<br />

betonte, schöpfte sie aus dem Gebet<br />

<strong>des</strong> Rosenkranzes nicht nur geistige<br />

und physische Kraft, sondern<br />

auch jenes unerschütterliche,<br />

totale Gottvertrauen: „Es ist,<br />

als ob ich Jesus an der Hand<br />

halte“, sagte sie. Das Kreuz<br />

als Erkennungszeichen <strong>des</strong><br />

Ordens trägt sie mit einer<br />

einfachen Schließnadel befestigt<br />

auf der linken Schulter.<br />

„Sie kam, sah und liebte“,<br />

berichten Menschen, die ihr<br />

begegnen durften. In jedem<br />

Menschen sah sie das Ebenbild<br />

Gottes. Dabei machte<br />

sie keinerlei Unterschiede<br />

und begründete das mit den<br />

Worten: „Weiß, schwarz, gelb<br />

oder was auch immer, ihr seid<br />

alle Kinder Gottes, geschaffen<br />

um zu lieben und geliebt<br />

zu werden.“ Mit Freude ging<br />

sie auf die Menschen zu und<br />

suchte Zugang zu ihren Herzen.<br />

Diese Liebe ist hier symbolisiert<br />

durch ihre liebevoll<br />

ausgestreckte, offene Hand,<br />

als Einladung zu einem<br />

kurzen, stillen Innehalten,<br />

gleichsam zum Atemschöpfen<br />

in der Hast und Hektik<br />

<strong>des</strong> Tages. Und schließlich ihr<br />

Lächeln. Es ist weltweit zum<br />

Charakteristikum geworden.<br />

Sie sagt und sie hat es durch


Sauerland 1/2012 31<br />

Die Künstlerin Staatssekretär Bürgermeister Detlef Lins<br />

ihr vorbildliches Leben tausendfach bewiesen:<br />

„Man kann Freude bereiten,<br />

helfen, ja sogar heilen ohne Mühen und<br />

Kosten, nur mit einem einfachen aus<br />

dem Herzen kommenden Lächeln“. Mit<br />

berührender Überzeugung fährt sie fort:<br />

„Wir werden nie wissen, wie viel Gutes<br />

ein einfaches Lächeln bewirken kann.<br />

Ein Lächeln bringt etwas von der Wirklichkeit<br />

Gottes in unser Leben“. Mehr<br />

und mehr erkannte Mutter Teresa auch,<br />

wo es in der sogenannten Wohlstandsgesellschaft<br />

mangelt. Und auch da verweist<br />

sie wieder auf das Gebet, die Liebe<br />

und das Lächeln. Fast flehend bittet sie,<br />

die spirituelle oder materielle Armut vor<br />

unserer eigenen Haustür und in unseren<br />

eigenen Familien aufzudecken. Für sie<br />

ist der Zerfall einer Gesellschaft, ja gar<br />

das Zusammenbrechen <strong>des</strong> Weltfriedens<br />

auf den Verlust <strong>des</strong> Gebetes und der Liebe<br />

in der Familie zurückzuführen. Sie<br />

sagt: „Die Liebe beginnt zuhause in der<br />

Familie und die Familie, die zusammen<br />

betet, bleibt auch zusammen.“ Trotz aller<br />

Not und Bedrängnis bittet sie aber,<br />

das Lächeln nicht zu verlernen. „Lasst<br />

uns Liebe anwenden und Mitleid, denn<br />

Frieden beginnt mit einem Lächeln.“<br />

Mögen die Betrachter der Statue Mutter<br />

Teresas immer wieder Freude empfinden<br />

und sich vielleicht inspirieren<br />

lassen von ihrem gütigen Lächeln, um es<br />

weiterzutragen zu ihren Mitmenschen,<br />

an ihren Arbeitsplatz, zu ihren Freunden<br />

und in ihre Familien.<br />

Die Segnung<br />

der<br />

Figur<br />

Neben der Figur ist mittlerweile eine<br />

Schrifttafel mit dem Hinweis auf die Stiftung<br />

und einem Zitat von Mutter Teresa<br />

angebracht:<br />

„Der Geburt nach bin ich Albanerin,<br />

der Staatsangehörigkeit nach Inderin; ich<br />

bin eine katholische Schwester. Durch<br />

meine Mission gehöre ich der ganzen<br />

Welt, aber mein Herz gehört nur Jesus.“<br />

Reges Interesse der Sunderner Bürger in der Fußgängerzone zum Festakt<br />

Alle Fotos: Hans Wevering


32 Sauerland 1/2012<br />

Das Osterbrauchtum ist über viele<br />

Jahrhunderte eng mit dem Osterei<br />

verknüpft. Das Ei stellt ein<br />

vollkommenes Gleichnis <strong>des</strong> Lebens dar<br />

und wurde schon früh als christliches Auferstehungssymbol<br />

verstanden. Die heute<br />

üblichen Eier sind bunt gefärbt, das Ei<br />

früherer Jahrhunderte hatte eine<br />

rote Farbe. Gefärbte Ostereier<br />

werden erstmals im 13. Jahrhundert<br />

erwähnt, 1553<br />

wird von roten Eiern bei<br />

der seit dem Mittelalter<br />

bekannten österlichen<br />

Speisenweihe berichtet.<br />

Der Brauch,<br />

Eier zu verschenken,<br />

geht auf das Zinsei<br />

und die Eierspende<br />

zurück, wie auch<br />

der erstmals 1582<br />

belegte Hase zum<br />

Osterzins und zur<br />

Osterspeise gehören<br />

dürfte. Als österlicher<br />

Gabenbringer taucht<br />

er jedoch erst ein knappes<br />

Jahrhundert später<br />

auf.<br />

Im 16. Jahrhundert wird es<br />

üblich, höhergestellten Personen<br />

zum Osterfest Eier zu schenken. Später<br />

verbreitet sich das Osterei-Schenken<br />

in allen Bevölkerungsschichten und hält<br />

auch in den<br />

Konventen<br />

der Frauenklöster<br />

Einzug.<br />

Früh bekannt<br />

in klösterlicher<br />

Tradition sind<br />

beschriftete<br />

oder beklebte<br />

Freundschaftsund<br />

Gebetseier.<br />

In der Zeit<br />

der Romantik<br />

entwickelt sich<br />

in ganz Europa<br />

der Brauch,<br />

Ostereier als<br />

„Liebesgaben“<br />

zu verschenken.<br />

Die fein<br />

verzierten<br />

Biedermeier-<br />

Eier gehören<br />

ebenso dazu<br />

wie die vielen<br />

verschiedenen<br />

Sprucheier.<br />

Jubiläumsausstellung<br />

zum 100. Geburtstag<br />

<strong>des</strong><br />

Mendener Museums<br />

Osterzeit<br />

Von Ostereiern,<br />

Hasen und alten Bräuchen<br />

Sammlung Monika Lennartz,<br />

Mönchengladbach<br />

10. März - 27. April 2012<br />

Die ursprüngliche heidnische Figur<br />

<strong>des</strong> Osterhasen, der im Elsass, in der<br />

Pfalz und am Oberrhein erstmals aufgetaucht<br />

sein soll, ist über die Jahrhunderte<br />

hinweg zum unumstrittenen Star dieses<br />

Festes geworden. Erste schriftliche Belege<br />

für den Eier bringenden Hasen sind<br />

aus dem Jahr 1678 aus Heidelberg<br />

überliefert. Jedoch erst im 19.<br />

Jahrhundert kann sich der<br />

Osterhase überall durchsetzen.<br />

Als zum Ende <strong>des</strong><br />

19. Jahrhunderts viele<br />

thüringische und erzgebirgische<br />

Spielzeughersteller<br />

ihren Weihnachtsartikeln<br />

auch<br />

österliche hinzufügen,<br />

dauert es nur<br />

kurze Zeit, bis auch<br />

die Figur <strong>des</strong> Osterhasen<br />

hinzukommt.<br />

In Thüringen entstehen<br />

zu Beginn <strong>des</strong><br />

20. Jahrhunderts die<br />

Pappmachéhasen, die<br />

als Ostergeschenke äußerst<br />

populär werden.<br />

Um dieselbe Zeit wird<br />

es Mode, Kindern an Ostern<br />

zweiteilige, befüllbare Pappeier und<br />

kleine Körbchen aus Pappe oder Weide zu<br />

schenken, die anfangs nur mit gefärbten<br />

Hühnereiern, später zusätzlich mit allerhand<br />

Süßigkeiten<br />

gefüllt<br />

sind. Wie so<br />

vieles im profanisierten<br />

österlichen<br />

Bereich<br />

mag wohl auch<br />

das Osterkörbchen<br />

seinen<br />

Ursprung<br />

im religiösen<br />

Osterbrauchtum<br />

haben.<br />

Es könnte auf<br />

das so genannte<br />

„Speisekörbchen“<br />

der Auferstehungsfeier<br />

in<br />

der Osternacht<br />

zurückzuführen<br />

sein, wenn<br />

vor dem Altar<br />

mit Lebensmittel<br />

gefüllte<br />

Körbchen zur<br />

Foto: H. Rüland Segnung auf­<br />

Museum Menden<br />

Foto: R. Ruschkowski<br />

gestellt werden. Dieser „Speisenweihe“<br />

genannte Brauch ist jedoch hauptsächlich<br />

im Süddeutschen und im Alpenländischen<br />

beheimatet.<br />

Sammlung Monika Lennartz<br />

Die in mehreren Räumen <strong>des</strong> Mendener<br />

Museums ausgestellten, rund 300<br />

österlichen Objekte gehören zur Sammlung<br />

von Monika Lennartz aus Mönchengladbach.<br />

In drei Abteilungen gegliedert,<br />

geben die Exponate einen umfassenden<br />

Überblick über die religiösen österlichen<br />

Darstellungen, über die Entwicklung <strong>des</strong><br />

Hasen als österlichen Gabenbringer sowie<br />

über das Ei als beliebtesten Osterschmuck.<br />

Auch dem bekannten und weniger bekannten,<br />

regional unterschiedlichen Osterbrauchtum<br />

sind einige Vitrinen gewidmet.<br />

Die österliche Jubiläumsausstellung konnte<br />

nur durch die Unterstützung <strong>des</strong> Museumsvereins<br />

ermöglicht werden.<br />

Die Termine für öffentliche Führungen<br />

und Kinderveranstaltungen zum Thema<br />

„Osterhase & Co“ können einem gesonderten<br />

Faltblatt entnommen werden, das<br />

im Museum erhältlich ist. Informationen<br />

auch unter www.menden.de/museum.<br />

Museum Menden für Stadt- und Kulturgeschichte,<br />

Marktplatz 3, 58706 Menden,<br />

Tel. 0 23 73 / 903 653<br />

Di - Sa 9 - 12 Uhr, Do auch 15 - 17 Uhr


Sauerland 1/2012 33<br />

Die Christine Koch-Gesellschaft ist<br />

eine der größten literarischen Vereinigungen<br />

nicht nur der Region,<br />

sondern wahrscheinlich sogar Westfalens.<br />

Und das, obwohl sie einer der jüngsten literarischen<br />

Vereine unseres Lan<strong>des</strong> ist. In<br />

den zwei Jahrzehnten ihres Bestehens auf<br />

fast 300 Mitglieder angewachsen, verdeutlicht<br />

sie das große Interesse der Menschen<br />

im ländlichen Raum am literarischen Wort.<br />

Es war am 16. November <strong>des</strong> Jahres<br />

1993 als sich im Schmallenberger Hotel<br />

Die Christine-<br />

Koch-Gesellschaft<br />

zwei Jahrzehnte<br />

für die Literatur<br />

im Sauerland<br />

Von Herbert Somplatzki<br />

Störmann – jenem historischen Ort, an<br />

dem 1956 die Literatur Westfalens mit<br />

dem so genannten „Westfälischen Dichterstreit“<br />

ihre entscheidende Wende zum<br />

erfolgreichen Neubeginn erfahren hatte –<br />

Menschen zusammenfanden, um für diese<br />

Region einen Bezugspunkt zu schaffen, der<br />

Tradition und Gegenwart der Literatur im<br />

Sauerland für die Zukunft verbinden sollte.<br />

Initiator der Zusammenkunft war der<br />

Rektor Dietmar Rost und seine Idee wurde<br />

unterstützt von Literaturfreunden aus Politik,<br />

Kirche, Wissenschaft und Verwaltung –<br />

und natürlich von den Autorinnen und Autoren,<br />

die hier im Süden Westfalens ihre<br />

Sicht von Welt mit literarischem Schreiben<br />

öffentlichen Ausdruck gaben.<br />

In dieser Gründungsversammlung<br />

wurde die Sauerländische Schriftstellerin<br />

Chris tine Koch zur Namenspatronin gewählt.<br />

1869 in Eslohe geboren, hatte sie<br />

sich auch über das Sauerland hinaus einen<br />

Namen gemacht, besonders durch ihre Lyrik<br />

in niederdeutscher Sprache.<br />

Doch im Gegensatz zu manchen anderen<br />

literarischen Vereinigungen in Westfalen,<br />

die seit langem das Andenken bekannter<br />

Dichter pflegen – etwa die Annette von<br />

Droste-Hülshoff-Gesell schaft –, erfolgte<br />

die Gründung dieser neuen Literatur-Vereinigung<br />

nicht allein, um<br />

sich auf den literarischen<br />

Nachlass und die Person<br />

der Namensgeberin<br />

zu konzentrieren. Die<br />

Christine-Koch-Gesellschaft<br />

hatte vielmehr<br />

das primäre Ziel, die allgemeine<br />

Förderung der<br />

Literatur im Sauerland<br />

voranzubringen. Das war<br />

der entscheidende Unterschied<br />

gegenüber anderen<br />

Gesellschaften,<br />

denn hier wurde der<br />

Förderbegriff positiv<br />

erweitert, da er Werke<br />

und Wirken der zeitgenössischen<br />

Schriftstellerinnen<br />

und Schriftsteller<br />

der Region mit<br />

einbezog.<br />

So war es dann<br />

auch nicht verwunderlich,<br />

dass die Christine-Koch-Gesellschaft<br />

bereits am Anfang<br />

ihres Bestehens einen<br />

gro ßen Zulauf hatte:<br />

Schon im ersten Jahr vervierfachte<br />

sich die Zahl ihrer<br />

Mitglieder; es schien,<br />

als hätten die Menschen<br />

<strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong> nur darauf<br />

gewartet!<br />

Die Förderung der<br />

zeitgenössischen Literatur<br />

hat sich dann auch als<br />

eine wichtige Stimulanz<br />

erwiesen, um die Gesellschaft<br />

auch räumlich über<br />

ihren Ursprung im Hochsauerland<br />

hinaus zu erweitern:<br />

denn schon bald<br />

reichte ihr literarischer<br />

Einfluss bis in die Soester<br />

Hellweg-Region und das<br />

Sieger- und Wittgensteiner<br />

Land hinein.<br />

Deutsch-Polnische-Schriftsteller-Begegnung:<br />

„Sauerland – Ermland/Masuren“ der Christine-Koch-Gesellschaft<br />

Foto: Gerlinde Bahr Somplatzki<br />

Waldskulpturenweg – „Der Krummstab“ von Heinrich Brummack<br />

Foto: Herbert Somplatzki<br />

Waldskulpturenweg – „Hexentanzplatz“ von Lili Fischer<br />

Foto: Herbert Somplatzki<br />

Einen weiteren Glücksfall bildeten die<br />

im Laufe der Jahre wechselnden Vorstände<br />

und ihre Vorsitzenden, die durch ihre<br />

neuen Ideen die literarische Entwicklung<br />

der Region beflügelten. Nach dem leider<br />

zu früh verstorbenen Gründungsvorsitzenden<br />

Dietmar Rost hatte dann Dieter Wiethoff<br />

die Führung der Christine-Koch-Gesellschaft<br />

übernommen und erweiterte das<br />

literarische Wirkungsfeld auf internationale<br />

Begegnungen. Unter seiner Leitung entstand<br />

der Schriftsteller-Austausch mit der<br />

polnischen Region Ermland-Masuren, die<br />

seit dem Jahr 2000 alternierend im Sauerland<br />

und in Polen stattfindend erfolgreich<br />

weiter geführt wird; eine Singularität im<br />

westfälischen Kulturraum, die mit ehrenamtlichem<br />

Engagement die europäische<br />

Begegnung weiter entwickelt.<br />

Der jetzige Vorsitzende, Hans Claßen,<br />

widmete und widmet sich im Besonde­


34 Sauerland 1/2012<br />

ren neuen Veranstaltungsformen. So<br />

entwickelte er beispielsweise die inzwischen<br />

schon zum „Klassiker“ gewordene<br />

Literatur-Schiff-Fahrt auf dem Möhnesee.<br />

Auch der auf seine Initiative geschaffene<br />

„Edelrabe-Literaturpreis“ würdigt herausragende<br />

literarische Leistungen für die Region.<br />

Und die Literaturfahrten reichen bis<br />

ins Südfranzösische Sanery-sur-Mer, auf<br />

den Spuren jener deutschen Schriftsteller,<br />

die vor dem Terror der Nationalsozialisten<br />

dort Asyl gefunden hatten.<br />

Zwei Jahrzehnte erfolgreichen Wirkens<br />

durch die Christine Koch-Gesellschaft haben<br />

in der Region das Bewusstsein für die<br />

Literatur geschärft und erweitert. Durch<br />

ihre intensive und grenzüberschreitende<br />

Arbeit, getragen von großem ehrenamtlichem<br />

Engagement, wird das Sauerland<br />

inzwischen auch in der lan<strong>des</strong>weiten Kultur<br />

deutlich wahrgenommen. So nimmt<br />

die Gesellschaft beispielsweise im Kanon<br />

der großen Veranstaltungsreihe „Literaturland<br />

Westfalen“, initiiert vom Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe und koordiniert<br />

durch das Westfälische Literaturbüro<br />

Unna, mit dem wohl einmaligen Projekt<br />

„Poesie am Rothaarsteig“ teil. Dieses Projekt<br />

am „Waldskulpturenweg“, das im Jahr<br />

der Regionale 2013 stattfinden wird, soll<br />

Literatur, bildende Kunst und menschliche<br />

Bewegung in der Natur <strong>des</strong> Sauerlan<strong>des</strong><br />

mit einander verbinden. Es ist ein literarisch-künstlerisches<br />

Projekt, dass so nur im<br />

Sauerland stattfinden kann!<br />

Doch trotz aller ihrer erfolgreichen<br />

Arbeit ist die Christine Koch-Gesellschaft<br />

leider noch immer „heimatlos“, steht ihr<br />

doch kein „Ort für das Wort“ zur Verfügung;<br />

kein Heim für die Literatur beispielsweise,<br />

wie ihn andere Regionen mit ihren<br />

Literaturbüros, Literaturmuseen oder Literaturhäusern<br />

längst besitzen. Und das ist<br />

die kulturelle Schwachstelle unserer Region,<br />

die sich zur Regionale 2013 rüstet. Wir<br />

brauchen diesen „Ort für das Wort“, ist<br />

doch das Alphabet das Fundament unserer<br />

gesamten Kultur, denn, wie es die Bibel so<br />

treffend sagt: „Im Anfang war das Wort.“<br />

Termine • Termine • Termine<br />

Maschinen- und Heimatmuseum, Museumsverein Eslohe e.V . Homertstraße 27, 59889 Eslohe<br />

Feste Termine im Museum in Eslohe für 2012 Stand: 22.12.2011<br />

Mo. 9. April Unterhaltungskonzert „ESLOHER KLANG“ in der Maschinenhalle,<br />

(Ostermontag) 17 Uhr Blasorchester St. Peter u. Paul, Eslohe;<br />

So. 13. Mai<br />

Muttertagskonzert von Schülern der Musikschule HSK, „Freier Eintritt“, 11 Uhr<br />

Sa./So. Dampftage, Maschinen- und Heimatmuseum, mit Aktionen im Rahmen von „Tatort Technik“ 10-18 Uhr.<br />

26./27. Mai Info unter 0 29 73/24 55 und 8 00-2 20 und info@museum-eslohe.de<br />

(Pfingsten)<br />

So. 9. Aug. Jazz- Benefizkonzert vom Lions-Club Meschede; 10 Uhr in der Maschinenhalle; Info unter: 0 29 73/80 94 09<br />

Sa./ So. Dampftage, Maschinen- und Heimatmuseum, mit Aktionen im Rahmen von „Tatort Technik“ 10 - 18 Uhr.<br />

29./30. Sept. Info unter: 0 29 73/24 55 und 8 00-2 20 und info@museum-eslohe.de<br />

So. 02. Dez.<br />

Der Nikolaus kommt mit der Dampfeisenbahn, Maschinen- und Heimatmuseum von 15-17 Uhr<br />

Info unter: 0 29 73/24 55 und 8 00-2 20<br />

Die Auflistung der besonderen Termine im Museum wird laufend komplettiert und ggf. neu bekanntgegeben.<br />

Weitere Termine, Sonderöffnungszeiten etc. werden in der örtlichen Presse und im Internetauftritt www.museum-eslohe.de<br />

bekannt gegeben.<br />

Termine <strong>des</strong> Heimatvereins für Olpe und Umgebung e.V.<br />

So. 29. April Wasser und Bergbau in der Rhonard<br />

Wanderung in Zusammenarbeit mit der SGV-Abteilung Olpe, bei der besonders auf die Geschichte<br />

der Wasserversorgung der Stadt Olpe in früherer Zeit und den Bergbau eingegangen wird. Dabei werden<br />

markante Punkte wie z. B. Reste von Wasserkunst-Gräben, Grubenschächten und ein Erdkamin aufgesucht –<br />

Zeugen der Heimatgeschichte, die teilweise erst beim genaueren Hinsehen ihre frühere Bedeutung erkennen<br />

lassen. Ca. 10 km mit Einkehr in der SGV-Hütte „Grube Rhonard“<br />

So. 13. Mai Von Brachthausen zum Dollenbruch (NSG) und über die alte Landhecke Kurköln-Nassau<br />

10 Uhr Abfahrt von Olpe, Stadthalle mit Pkw-Fahrgemeinschaften nach Brachthausen.<br />

Heimatkundliche Wanderung gemeinsam mit der SGV-Abteilung Olpe über Höhen und durch Täler <strong>des</strong><br />

Kirchhundemer Lan<strong>des</strong> von Brachthausen über Varste durch den Dollenbruch (NSG) zur Wigrow, an der<br />

Vorspanneiche vorbei über den Wimberg nach Brachthausen.<br />

Die Strecke beträgt ca. 18 km. Es wird Verpflegung aus dem Rucksack empfohlen.<br />

Einkehr ist zum Ende der Wanderung geplant.<br />

Interessenten wenden sich an Gerhard Burghaus, Tel. 0 27 61/48 57 bzw. gerhardburghaus@web.de<br />

Die Redaktion bittet um Mitteilung weiterer Termine


Sauerland 1/2012 35<br />

Kurfürstlicher<br />

Thiergarten<br />

Arnsberg –<br />

von der Idee<br />

zur Realisierung<br />

<br />

von Wolfram Blanke*)<br />

Torsten Kapteiner*) Jochem Otterbach*)<br />

In einem Ritterspiel lässt es sich der „Kurfürst“ nicht nehmen,<br />

am 18. Juni 2011 seinen Thiergarten zu eröffnen.<br />

Alle Fotos: Jochem Ottersbach<br />

Irgendwann tauchen zwei handgezeichnete<br />

Karten (1653 / 1670) eines stadtnahen<br />

Waldgebietes auf: scheinbar belanglose<br />

Dokumente, die lediglich als vergilbte<br />

Bilder betrachtet werden. Niemand kann<br />

etwas damit anfangen, weil sich auf den<br />

ersten Blick kein Zusammenhang mit der<br />

Realität erkennen lässt. Nur einem Ortskundigen,<br />

dem zuständigen Förster, fallen<br />

markante Details auf, die auch nach 350<br />

Jahren noch vorhanden sind: Geländeeinschnitte,<br />

Hohlwege, Bachläufe und<br />

Kuppen. Die Menschen haben damals die<br />

Landschaft gemalt, so wie sie ihre Umgebung<br />

gesehen haben. Bedeutsame Dinge<br />

wurden hervorgehoben, zum Teil mit dreidimensionalen<br />

Gebäude-Ansichten. Interessanterweise<br />

sind die alten Karten nicht<br />

wie heute üblich eingenordet (Norden ist<br />

oben auf der Karte), sondern gewestet<br />

bzw. geostet.<br />

Man muss Fragen stellen<br />

So geht es los mit der Frage: Kann man<br />

die gezeigten Geländemerkmale draußen<br />

erkennen? Ist von einem der abgebildeten<br />

Objekte noch etwas zu finden? Sind in<br />

der Karte noch andere Details erkennbar<br />

und draußen vorhanden? Mit der Bereitschaft<br />

überhaupt weitere Fragen zu stellen,<br />

kommt eine Flutwelle in Gang: Was bedeutet<br />

das eine oder andere Detail? Warum<br />

war ein bestimmtes Detail in der Karte den<br />

Menschen damals so wichtig, dass sie es<br />

eingezeichnet haben? Warum hat man hier<br />

kleine Bäume und dort große Bäume gemalt?<br />

Warum sind in einzelnen Bereichen<br />

gar keine Bäume? Welches Leben hat sich<br />

im Barock hier abgespielt? Wie fühlten sich<br />

die Menschen in jener Zeit in dieser Stadt?<br />

Wie haben sie ihre Ressourcen genutzt?<br />

Wir müssen wieder sehen lernen<br />

Anlässlich dieser ca. 5jährigen Suche<br />

von scheinbar Unbedeutendem in bekannter<br />

Umgebung vor Ort fanden sich aber<br />

Teiche: Künstliche Wallanlagen zeugen von runden Fischteichen,<br />

die in Kurfürstlicher Zeit vorwiegend der Fischzucht dienten.<br />

auch andere (nicht verzeichnete und nicht<br />

natürliche) Merkwürdigkeiten, die menschliche<br />

Einwirkung in anderen Zeiten erkennen<br />

oder vermuten ließen, z.B. flache<br />

runde Plätze, Gräben, Hohlwege und Erdlöcher.<br />

Und Fragen tauchen auch: Was soll<br />

das hier? Wer hat das gemacht? Warum<br />

ist das da?<br />

So stand im Kurfürstlichen Thiergarten<br />

Arnsberg am Anfang die Idee, die Spuren<br />

der Geschichte auf diesem Territorium zu<br />

entdecken und zu verstehen. Für die Beantwortung<br />

einzelner Fragen waren zunächst<br />

der städtische Archivar und der Forsthistoriker<br />

<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>betriebes Wald und Holz<br />

wertvolle Gesprächspartner. Schnell gaben<br />

alte Stiche und Gemälde weitere wertvolle<br />

Hinweise auf Details der Umgebung.<br />

Ebenso wurden alte Ansichtskarten und<br />

Bildbände hilfreich. Bilderlose Geschichtsbücher<br />

(für viele Menschen totes Material)<br />

wurden durch Situationsbeschreibungen<br />

plötzlich zu interessanten und lebendigen<br />

Ratgebern. Darüber hinaus führten viele<br />

Gespräche, vor allem mit den Älteren unter<br />

den Ortskundigen zu weiteren Hinweisen<br />

aus der Bevölkerung.<br />

Entdeckerdrang und Begeisterung<br />

Die Erkenntnisse waren spannend, weil<br />

die noch bestehenden Spuren der Kulturgeschichte<br />

im Wald nun etwas zu erzählen<br />

hatten. Die Kombination von örtlichen<br />

Funden mit Bildern und Texten ließ die<br />

Details in der Natur lebendig werden. Das<br />

Kopf-Kino war in Gang gesetzt. Wo sonst,


36 Sauerland 1/2012<br />

Müschede, Schutzgemeinschaft Deutscher<br />

Wald, Sauerländer Gebirgsverein, Landschaftsverband<br />

Westfalen Lippe (Archäologie),<br />

Lan<strong>des</strong>gemeinschaft Naturschutz<br />

und Umwelt NRW, Naturpark Arnsberger<br />

Wald, Sauerland-Tourismus e.V. und Verkehrsverein<br />

Arnsberg,<br />

Die Ruine der Rüdenburg mit ihrer 1000jährigen sagenumwobenen<br />

Geschichte ist ein Höhepunkt auf dem 12 km langen Wanderweg.<br />

Seit seiner Eröffnung Mitte 2011 zieht der Thiergarten zahlreiche<br />

Wanderer und Wandergruppen zu allen Jahreszeiten an.<br />

wenn nicht im Wald, kann man nahezu<br />

unberührte Spuren aus vergangenen Jahrhunderten<br />

finden? Manch ein alter Mann<br />

weiß von einem Steinhügel im Wald zu<br />

erzählen, der als Grenzmarkierung gedient<br />

hat. Oder er hat noch daran mitgearbeitet,<br />

einen Entwässerungsgraben auszuheben<br />

oder zuzuwerfen. Wer sonst, wenn nicht<br />

die alten Ortskundigen, können etwas darüber<br />

erzählen? Es war und bleibt ein gigantisches<br />

Puzzle-Spiel. Und es kommen<br />

immer weitere Entdeckungen hinzu. Wir<br />

wissen heute: der Kurfürstliche Thiergarten<br />

Arnsberg ist durchtränkt von Schweiß<br />

und Blut.<br />

Unsere Funde sollten nicht geheim<br />

bleiben, sondern als beispielhafte Relikte<br />

unserer Kultur-Geschichte gemeinnützig<br />

sichtbar gemacht und jedem Interessierten<br />

nahegebracht werden. Der Eintrag in eine<br />

Karte machte die Möglichkeit deutlich,<br />

einen großen Teil der Plätze mit einem<br />

wanderbaren Rundweg zu verbinden. Wie<br />

Perlen auf einer Schnur bietet die Kulturhistorische<br />

Route inzwischen eine große<br />

Vielfalt von Eindrücken und Relikten aus<br />

knapp 1000 Jahren. Und dies gerade in<br />

einem Naturschutz- und FFH-Gebiet, das<br />

mit all seinen Besonderheiten und Naturschönheiten<br />

auf diese Weise in besonderem<br />

Maße naturschonend erlebbar wird<br />

(http://www.erlebnis-waldkultur-arnsberg.de/wald).<br />

Die Begeisterung war ansteckend. Trotz<br />

Sparzwängen bzw. Nothaushalt stimmten<br />

der Leiter <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>betriebes Wald und<br />

Holz sowie der Bürgermeister als die Vertreter<br />

<strong>des</strong> Grundbesitzes zu. Kooperationspartner<br />

sind das Lehr- und Versuchsforstamt<br />

Arnsberger Wald, Stadt Arnsberg,<br />

Arnsberger Heimatbund, Arbeitskreis<br />

Dorf entwicklung und Heimatpflege<br />

Nachdem sich diese Institutionen gefunden<br />

und bereiterklärt hatten, die vorhandenen<br />

Möglichkeiten der eigenen<br />

Organisation einzubringen, wurde am<br />

10.12.2010 ein Kooperationsvertrag geschlossen.<br />

In jedem Falle sollte bei diesem<br />

Projekt das Ehrenamt im Vordergrund stehen.<br />

Der Arnsberger Heimatbund als lokale<br />

ehrenamtliche Organisation übernahm<br />

dankenswerterweise die Federführung der<br />

Kooperation. Die Projektleitung vor Ort<br />

liegt in Händen <strong>des</strong> Lehr- und Versuchsforstamtes<br />

Arnsberger Wald.<br />

Ohne Geld geht es nicht<br />

Die Partner haben für das Projekt keine<br />

eigenen Geldmittel zur Verfügung und<br />

können wesentlich nur ihre Arbeitskräfte<br />

einbringen. Für die Durchführung hat<br />

man sich gemeinsam zu schrittweisem<br />

Vorgehen entschlossen. Aber woher das<br />

Geld nehmen und was wird das kosten?<br />

Knappe Frage, knappe Antwort: zwischen<br />

zwei Tausend € und zwei Millionen €. Die<br />

Kosten hängen entscheidend vom Ausbauzustand<br />

ab. Als wichtigste Bedingungen allen<br />

Handelns standen von Anfang an fest:<br />

absolute Naturverträglichkeit der Maßnahmen,<br />

Beachtung und Förderung <strong>des</strong> Naturschutzes,<br />

Übereinstimmung mit geltenden<br />

Normen (z.B. gesetzliche Vorgaben, Einfügung<br />

in das äußere Erscheinungsbild der<br />

Sauerländer Wanderwelt, etc.) und ein<br />

Höchstmaß an Qualität. Frühzeitig erkannte<br />

die NRW-Stiftung unser Vorhaben als<br />

förderungswürdig an, weil es inhaltlich genau<br />

dem entspricht, was die NRW-Stiftung<br />

bei ihrer Gründung vor 25 Jahren als ihre<br />

Kernaufgabe formuliert hat: die Förderung<br />

von Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege.<br />

Das Urteil der NRW-Stiftung über das<br />

Projekt „Kurfürstlicher Thiergarten Arnsberg“<br />

war richtungsweisend für die Vergabe<br />

von Förderungsmitteln auch durch andere<br />

Organisationen und Sponsoren wie<br />

z. B. die LWL-Kulturstiftung oder die Sparkasse<br />

Arnsberg-Sundern. Der Lan<strong>des</strong>betrieb<br />

Wald und Holz hat bisher allein mit<br />

den Lohnkosten für die Organisation, die<br />

fachliche Begleitung und die Umsetzung<br />

vor Ort etwa ein Viertel der bezifferten Gesamtbelastung<br />

getragen. Die Sachkosten<br />

in Höhe von drei Vierteln der Gesamtausgaben<br />

konnten durch eingeworbene För­


Sauerland 1/2012 37<br />

Geführte Themenwanderungen, wie hier ein kulinarischer Spaziergang durch den Kurfürstlichen Thiergarten<br />

werden immer mehr das Programm bereichern.<br />

dermittel und Spenden beglichen werden.<br />

Allen Geldgebern sei auf diesem Wege<br />

nochmals herzlich gedankt!<br />

Wer macht was bis wann?<br />

Kern <strong>des</strong> folgenden Halbjahres war eine<br />

To-Do-Liste: Wer macht was bis wann?<br />

Dies funktioniert bis heute durch Transparenz<br />

und Klarheit der Detail-Aufgaben:<br />

Jeder sieht, was der andere beiträgt. Und<br />

jeder möchte seinen eigenen Beitrag möglichst<br />

bald abgehakt sehen. Das gemeinsame<br />

Ziel war die erfolgreiche Eröffnung<br />

der Kulturhistorischen Route: sie fand aufgrund<br />

intensiver Arbeit bereits nach sechs<br />

Monaten am 19. 6. 2011 mit großen Getöse<br />

statt (http://www.erlebnis-waldkultur-arnsberg.de/archiv/eroeffnung).<br />

Seit<br />

diesem Zeitpunkt finden sich vor Ort nur<br />

Wegezeichen und Markierungen an den<br />

Stationen, die behutsam freigestellt und<br />

zum Teil auf fußläufigen Pfaden erreichbar<br />

sind. Wissenswertes zu der Örtlichkeit erfährt<br />

der selbständige Wanderer lediglich<br />

aus dem Erlebnis-Wanderführer, der<br />

als kleine Broschüre ein unentbehrlicher<br />

Wander-Begleiter ist (spiralgebunden, 135<br />

Seiten, 7,50 €). Aus zehn Organisationen<br />

arbeiten etwa 25 Personen partnerschaftlich<br />

an dem Projekt. Bis zum Jahresende<br />

2011 sind inzwischen neben dem dienstlichen<br />

Engagement (vor allem durch das<br />

Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger<br />

Wald sowie die Stadt Arnsberg) knapp<br />

4000 ehrenamtliche Stunden geleistet<br />

worden.<br />

Was Viele gemeinsam tun wird Einem<br />

nicht zu schwer. Und so wurde der Kurfürstliche<br />

Thiergarten Arnsberg aus<br />

seinem Dornröschenschlaf geholt und<br />

wiederbelebt. Damit reiht sich die Stadt<br />

Arnsberg in die Liste der Städte ein, in denen<br />

aufgrund jener Modeerscheinung <strong>des</strong><br />

Barock „Tiergärten“ entstanden sind: das<br />

verbindet Arnsberg z. B. mit Nürnberg,<br />

Dresden und Berlin. Arnsbergs Waldkulturerbe<br />

ist lebendig geworden.<br />

Der Wald als offenes<br />

Geschichtsbuch<br />

In der Stadt sind viele kulturelle Spuren<br />

bekannt und z. B. durch Ausweisung<br />

als Baudenkmäler geschützt. Diese sind in<br />

einem speziellen Kataster erfasst. Und im<br />

Wald? Relativ Weniges ist als Bodendenkmal<br />

geschützt. Aber dort liegen noch viele<br />

Schätze verborgen, die im Waldboden<br />

viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte überdauert<br />

haben. Vor allem die Verbindung<br />

<strong>des</strong> heute Sichtbaren mit alten Bildern<br />

und Dokumenten birgt eine faszinierende<br />

Lebendigkeit. Viele einzelne Spuren sind<br />

für sich allein wenig spektakulär, jedoch in<br />

der Summe und in der Gegenüberstellung<br />

spannend. Das Kulturlandschafts-Kataster<br />

(http://www.kuladig.de, https://www.lwl.<br />

org/geokult/portal) hat „weiße Flecken“:<br />

Waldflächen. Dabei haben wir so viele<br />

kulturelle Schätze im Wald, die einen faszinierenden<br />

Erlebnis-Mix ermöglichen. Wir<br />

arbeiten daran, die gefundenen Spuren<br />

der Kulturgeschichte für die Zukunft auch<br />

digital festzuhalten.<br />

Mit Nummern an Pfählen sind die Sehenswürdigkeiten markiert, die in dem unerlässlichen<br />

Wanderführer erklärt sind und vor Ort nachgeschlagen werden sollten.<br />

Wald, Kultur und Tourismus<br />

Wir wollen nicht nur meckern über das,<br />

was nicht funktoniert, sondern selbst et­


38 Sauerland 1/2012<br />

was für unsere Stadt tun: Frei nach Goethes<br />

Faust „Was Du ererbst von Deinen<br />

Vätern, erwirb es, um es zu besitzen“ haben<br />

wir einen Arnsberger Schatz gehoben.<br />

Was vor einem Jahr noch Hoffnung und<br />

Vision war, ist heute Realität: die Entdeckung<br />

von Waldkultur interessiert erstaunlich<br />

viele Menschen. Im Jahr 2011 sind<br />

bereits ca. 5000 Besucher über die 12 km<br />

lange Route gewandert (man benötigt dafür<br />

den Erlebnis-Wanderführer (Broschüre) und<br />

sechs Std. Zeit, kann die Route aber auch<br />

teilen); Eintritt: frei. Die Parallele findet sich<br />

im „Tiergarten Raesfeld“: auch dort wurden<br />

die Spuren der Geschichte erfolgreich touristisch<br />

wirksam wiederbelebt. In Raesfeld<br />

arbeitet man daran, sich der ursprünglichen<br />

Waldpark-Situation mitsamt Wildbesatz zu<br />

nähern; in Arnsberg kommt dies wegen Eigenart<br />

und Schönheit der Landschaft (FFH-<br />

Gebiet) allerdings nicht in Frage. Der „Tiergarten<br />

Raesfeld“ mitsamt Besucherzentrum<br />

(Ausbaustufe) steht inzwischen im internationalen<br />

Interesse (http://www.tiergartenschloss-raesfeld.de).<br />

All dies zeigt das enorme Potential, das<br />

auch in unseren Ressourcen steckt. Seit<br />

Oktober 2011 werden im Kurfürstlichen<br />

Thiergarten Arnsberg auch Gruppen-Führungen<br />

angeboten (http://www.arnsberginfo.de).<br />

Alle Kooperations-Partner sind<br />

sich darüber klar, dass wir unsere Schätze<br />

gerne mit anderen teilen, aber auch Touristen<br />

in der Stadt behalten, neue hinzugewinnen<br />

und so mit unseren Ressourcen<br />

Geld verdienen möchten, z. B. durch Verpflegung<br />

und eine weitere Übernachtung:<br />

während ein Tagestourist 20 € in der<br />

Stadt lässt, sind dies beim Übernachtungs-<br />

Touristen etwa 80 €. Und so ergibt sich<br />

ähnlich wie bereits auf der SauerlandWaldroute<br />

eine weitere Chance: die Kooperation<br />

mit Hotels und Gastronomie. Daher<br />

wurden auch im Kurfürstlichen Thiergarten<br />

Arnsberg bereits erfolgreich Wandertouren<br />

mit Führung und Verpflegung durch<br />

Gastronomie-Betriebe durchgeführt. Hier<br />

werden keine neuen Konkurrenzen aufgebaut,<br />

sondern Synergie-Effekte genutzt,<br />

denn gemeinsam sind wir stark.<br />

Die Jungen und die Alten<br />

Über die Kulturhistorische Route ist<br />

eine Audiovisions-Schau entstanden, die<br />

für Jung und Alt anhand wesentlicher<br />

Objekte den Themeneinstieg in die Spurensuche<br />

ermöglicht. Die AV-Schau wird<br />

voraussichtlich ab März 2012 käuflich erhältlich<br />

sein. Obgleich wir im Wesentlichen<br />

zunächst den mobilen Teil der Generation<br />

40+ aus der Arnsberger Umgebung erreicht<br />

haben und in 2012 Schüler und<br />

Lehrer mit Unterrichtshilfen ansprechen<br />

werden, gibt es noch mehr Menschen, denen<br />

wir den Schweiß ihrer Ahnen unter die<br />

Nase halten wollen: die älteren Mitglieder<br />

unserer Gesellschaft, die sich eine solche<br />

Wanderung nicht mehr zutrauen. Auch<br />

diese Menschen werden im Jahr 2012<br />

den Kurfürstlichen Thiergarten Arnsberg<br />

erleben können: Wir arbeiten daran, auch<br />

diese Menschen mitzunehmen auf unsere<br />

Zeitreise.<br />

Ein Projekt mit Zukunft<br />

Das kombinierte Erlebnis von vielfältiger<br />

Natur und Kultur begeistert inzwischen<br />

viele Menschen. Im Kurfürstlichen Thiergarten<br />

Arnsberg werden im Jahr 2012<br />

viele Besucher aus dem Umkreis von einer<br />

Autostunde erwartet. Neben dem Naturgenuss<br />

(viele seltene europäisch geschützte<br />

Arten) kann man hier lernen, Spuren zu<br />

lesen und kann diese Kenntnisse anderswo<br />

im Lande wieder anwenden. Unser<br />

Projekt ist in seiner Art einzigartig in ganz<br />

Nordrhein-Westfalen. Und wir planen weitere<br />

Aktivitäten, u. a. die Erforschung <strong>des</strong><br />

Eisenberges, Erforschung und Sichtbarmachung<br />

der Rüdenburg-Ruine, die Reaktivierung<br />

der Kurfürstlichen Teiche, den<br />

Bau einer Schutzhütte, die Untersuchung<br />

und Optimierung anderer Objekte sowie<br />

szenische Führungen. Ausgehend von dem<br />

nun vorhandenen Rundwanderweg sollen<br />

demnächst noch weitere Objekte der<br />

Waldkultur im Arnsberger Wald erkundet,<br />

gesichert und betreut werden.<br />

Besuchen Sie uns auch im Internet:<br />

www.erlebnis-waldkultur-arnsberg.de.<br />

Hier erfahren Sie mehr über Projekt, Hintergründe,<br />

Natur, Kultur und Naturschutz im<br />

Walde. Dort können Sie stets den aktuellen<br />

Stand unserer Arbeit verfolgen. Besorgen<br />

Sie sich nun den Erlebnis-Wanderführer,<br />

nehmen Sie sich die Zeit und packen Sie<br />

Ihren Rucksack. Lassen Sie sich ein auf die<br />

Suche der Spuren unserer Ahnen und nach<br />

kulturellen Relikten der Arnsberger und<br />

westfälischen Geschichte. Im Kurfürstlichen<br />

Thiergarten Arnsberg werden Sie fündig.<br />

Sie werden begeistert sein.<br />

Dem sehen folgt erkennen, kennen,<br />

schätzen und schützen. Für Erhalt, Pflege<br />

und Entwicklung von kulturellen Spuren<br />

für den Schutz der Natur, für die Bevölkerung,<br />

für den Tourismus, für unsere Enkel.<br />

*) Wolfram Blanke (Projektleiter),<br />

Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald<br />

*) Torsten Kapteiner, Arnsberger Heimatbund<br />

Geschäftsführer<br />

*) Jochem Ottersbach. Fotograf und Journalist<br />

Der Erlebnis-Wanderführer „Kurfürstlicher Thiergarten<br />

Arnsberg“ ist im Buchhandel erhältlich.<br />

(Broschüre, spiralgebunden, 135 Seiten, 7,50 €).<br />

„unbegreifliches begreifbar“<br />

Faksimile-Ausstellung<br />

im Arnsberger Kloster Wedinghausen<br />

Über 22 Glanzstücke der Buchkunst<br />

vom 7. bis 16. Jahrhundert können<br />

vom 4. März bis zum 6. Mai<br />

2012 im Arnsberger Kloster Wedinghausen<br />

bestaunt werden. Die Stadt Arnsberg<br />

– Kulturbüro und Stadtarchiv – präsentieren<br />

hier die schönsten Stücke aus einer<br />

Privatsammlung. Drei Faksimile-Verlage<br />

stellen weitere Exponate. Es ist ein Augenschmaus,<br />

diese Schätze – wahre Wunder<br />

der Buchkunst – zu betrachten.<br />

Wenige Sterbliche werden je die originalen<br />

Handschriften zu sehen bekommen.<br />

Sie sind viel zu einzigartig, viel zu wertvoll<br />

und werden in Hochsicherheitsräumen,<br />

Tresoren und Klimakammern wohl behütet.<br />

Anfassen natürlich streng verboten!<br />

Nicht so in dieser Ausstellung: Die Besucher<br />

dürfen selbst in den Kostbarkeiten<br />

blättern. Im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes:<br />

„unbegreifliches wird begreifbar“<br />

Ausschnitt aus dem Rahmenprogramm<br />

zur Ausstellung<br />

So. 04.03.: 15.00 Uhr Eröffnung im Kapitelsaal:<br />

Begrüßung Bürgermeister Vogel,<br />

„Entwicklungsgeschichte <strong>des</strong> Faksimiles“,<br />

Vortrag von Dr. Manfred Kramer, Graz;<br />

Tischgespräch: „Buchleidenschaften und ihre<br />

Infizierten“<br />

Fr. 16.03.: 18.30 Uhr „Das Sakramentar<br />

Heinrichs II. - von der Prachthandschrift zum<br />

Faksimile“, Vortrag von Armin Sinnwell, Verleger<br />

Faksimile Verlag, München<br />

Mi. 18.04.: 19.00 Uhr „Das Speyrer Evangelistar<br />

– Bilder und Einband einer romanischen Prachthandschrift“,<br />

Vortrag von Clarissa Rothacker M.A.,<br />

Quaternio Verlag Luzern im Kapitelsaal<br />

Mi. 02.05.: 19.00 Uhr „Das Abenteuer ‚Lorscher<br />

Evangeliar’“, Vortrag von Dr. Manfred Kramer, Graz<br />

Do. 03.05.: 19.00 Uhr „Die geistliche Bedeutung<br />

<strong>des</strong> Stundengebets – Erfahrung und Hinführung<br />

aus einer gelebten Praxis“ Vortrag von Pater Jonas<br />

Wiemann OSB, Abtei Königsmünster, Meschede<br />

Fr. 04.05.: 19.00 Uhr „Andacht und Gebet im Protestantismus“,<br />

Vortrag von Prof. Dr. Claus-Dieter Osthövener,<br />

Fachbereich Evangelische Theologie, Bergische<br />

Universität Wuppertal<br />

So. 06.05.: 11.00 Uhr „Aspekte der mittelalterlichen<br />

Buchmalerei“ Abschlussvortrag von Sammler<br />

Siegfried Loob mit anschl. Führung durch die Ausstellung.<br />

Kloster Wedinghausen, Klosterstr. 11, 59821 Arnsberg<br />

Dauer: So. 04.03.2012 – So. 06.05.2012<br />

Öffnungszeit: Mi. + Do. 16.00 – 19.00 Uhr,<br />

Sa. 14.00 – 17.00 Uhr,<br />

So. 11.00 – 17.00 Uhr;<br />

Information: Telefon: 02932-201-1859; -201-1113 oder<br />

201-1241 – www.kloster-wedinghausen.de


Sauerland 1/2012 39<br />

Mit der Eröffnung einer 12 km langen<br />

Rundwanderroute im Juni<br />

2011 ist ein Stück Arnsberger<br />

Geschichte wieder auferstanden und erlebbar<br />

geworden. Es handelt sich um das<br />

waldreiche Areal <strong>des</strong> ehemaligen Tiergartens,<br />

den der damalige Lan<strong>des</strong>herr, Kurfürst<br />

Maximilian Heinrich von Bayern,<br />

zwischen 1653 und 1656 anlegte. Er ließ<br />

ein 250 Hektar großes bewaldetes Gebiet<br />

mit Wall, Graben und Zäunen einfrieden,<br />

um darin das zahlreiche Wild zu beobachten<br />

und bequem zu jagen, wie es damals<br />

Arnsbergs Geschichte<br />

im „Thiergartenwanderweg“<br />

wiedererstanden<br />

auch in anderen Residenzen üblich war.<br />

In diesem Gebiet, das sich westlich der<br />

Stadt Arnsberg von Obereimer aus über<br />

die vorwiegend mit Laubbäumen bewaldeten<br />

Täler und Bergkuppen über Kapune<br />

mit Tempelberg zum Kreuzberg und zur<br />

Alten Burg hinzieht, hat man eine Menge<br />

geschichtlicher Zeugnisse aus vielen Jahrhunderten<br />

gefunden und durch den gekennzeichneten<br />

Rundwanderweg erlebbar<br />

gemacht. An über 40 Stationen kann man<br />

mit Hilfe <strong>des</strong> für 7,50 Euro erhältlichen<br />

Wanderführers dies ausführlich beschrieben<br />

und illustriert nachvollziehen.<br />

Jochem Ottersbach<br />

Hauptzugang <strong>des</strong> Wanderweges mit<br />

Parkmöglichkeiten ist das ursprüngliche<br />

Jägerhaus an der Arnsberger Jägerbrücke,<br />

was auch schon zu Zeiten der Kurfürsten<br />

als Eingangsportal diente. Über die Tiergartenstraße<br />

gelangt man zum Eisenbahnviadukt,<br />

wo noch die Spuren der Zerstörung<br />

durch die<br />

Bombardierung<br />

im Zweiten Weltkrieg<br />

zu erkennen<br />

sind. Längs<br />

der Ruhr wandert<br />

man weiter und<br />

biegt dann nach<br />

links zum 400<br />

Jahre alten Rittergut<br />

Obereimer ab.<br />

An der Abbiegung<br />

in die Wälder der Herbreme. Schon bald<br />

entdeckt man rechts und links die Bodenvertiefungen<br />

ursprünglicher Teichanlagen,<br />

die wohl der Versorgung <strong>des</strong> kurfürstlichen<br />

Hofs mit Fisch dienten, sowie Spuren alter<br />

Bewässerungsgräben und Hohlwege, die<br />

verschiedenen Transportaufgaben dienten,<br />

u. a. für ein Hammerwerk zur Eisenverarbeitung,<br />

an das das heutige Industriegebiet<br />

„Hammerweide“ erinnert. Rechts<br />

<strong>des</strong> Weges kann man an einer Naturwaldzelle<br />

Beobachtungen anstellen, wie sich<br />

der Wald entwickelt, wenn man ihn sich<br />

selbst überlässt. Bald biegt der markierte<br />

Wanderweg links ab, es lohnt sich jedoch<br />

geradeaus einen Abstecher zu einer 400<br />

Jahre alten Eiche zu machen, die wohl<br />

etliche Kurfürsten vorbei reiten sah. Der<br />

imposante Baum ist 33 Meter hoch und<br />

hat unten einen Durchmesser von über<br />

eineinhalb Metern. An einem idyllisch gelegenen<br />

Teich und einem alten Grenzstein<br />

vorbei endet der Stichweg an der Schwedenschanze,<br />

einem gebogenen Wall, der<br />

wahrscheinlich im Dreißigjährigen Krieg<br />

als Wegsperre und Befestigungsanlage<br />

diente. Dieses Bodendenkmal ist so deutlich,<br />

dass man sich lebhaft vorstellen kann,<br />

wie 1634 der Generalmajor Beckermann<br />

sich mit seiner mit den Schweden verbündeten<br />

Truppe hier verschanzt hatte, um<br />

Arnsberg einzunehmen. Ein Unwetter soll<br />

dies schließlich verhindert haben.<br />

Rittergut Obereimer<br />

Naturwaldzelle<br />

hat man die Stelle einer inzwischen verschwundenen<br />

hölzernen Brücke kenntlich<br />

gemacht, über die der Kurfürst zu Pferde<br />

von seinem Arnsberger Schloss herunter<br />

reitend die Ruhr überqueren konnte, um<br />

in seinen Tiergarten zu gelangen. An über<br />

40 Stationen kann man dies mit Hilfe <strong>des</strong><br />

Wanderführers nachvollziehen.<br />

An der Abzweigung zum Jugendwaldheim<br />

beginnt der befestigte Wanderweg<br />

Hohlweg<br />

Zurück zum Abzweig steigt man nun<br />

den geschwungenen Weg teilweise steil<br />

bergan durch die abwechslungsreiche Natur<br />

<strong>des</strong> Teufelssiepen. Dieses Bachtal zeigt<br />

eine faszinierende Romantik durch den<br />

wilden Bachlauf und idyllisch im Wald gelegene<br />

Teiche, die vor etwa 100 Jahren<br />

von Förstern zur Fischzucht, aber auch<br />

zur Erholung und zum Baden angelegt<br />

worden waren. Um eine Wegecke biegend<br />

glaubt man plötzlich im gegenüber<br />

liegenden Wald einen leibhaftigen Wolf zu<br />

begegnen. Es handelt sich um ein kunstvoll<br />

mit der Kettensäge modelliertes Holztier,<br />

das an die Artgenossen erinnern soll, die<br />

bis 1811 auch dieses Gebiet bewohnten.


40 Sauerland 1/2012<br />

Ein Stück weiter weist der Wanderführer<br />

auf einen damals hier arbeitenden so<br />

genannten Tuckhammer hin, einer nur<br />

durch Fließenergie getriebene Pumpe, die<br />

Wasser stoßweise zur höher gelegenen<br />

Ansiedlung Kapune gepumpt hat. Bevor<br />

man diese auf dem Weg weiter nach oben<br />

erreicht, wird man noch auf eine Meilerplatte<br />

hingewiesen, ein völlig ebenes Plateau<br />

auf dem Waldboden, auf dem vor<br />

vielleicht 150 Jahren ein Köhler seinen<br />

Meiler zur Holzkohlegewinnung betrieb.<br />

Neben der ehemaligen Ausflugsgaststätte<br />

Kapune ersteigt man als höchsten Punkt<br />

<strong>des</strong> Tiergartens eine Aufschüttung, Tempelberg<br />

genannt. Auf dem neu eingezäunten<br />

Plateau stehend kann man sich<br />

vorstellen, wie seinerzeit der Kurfürst mit<br />

seiner Jagdgesellschaft von hier aus das<br />

Wild beobachten und bequem erlegen<br />

worden war, ein Beispiel für die enormen<br />

Arbeitsleistungen, die Menschen früher<br />

für die aufwändige Lebensführung der<br />

Kurfürsten erbringen mussten. Ein Stück<br />

zurück führt der Weg immer noch durch<br />

romantischen Wald steil bergab. Wieder<br />

steht eine über 350 Jahre alte mächtige<br />

Eiche vor einem: die Goetheeiche. Zusammen<br />

mit einer ebenso alten imposanten<br />

Buche, der Schillerbuche, gab sie dem<br />

bewaldeten Hang den Namen „Dichtertal“.<br />

Seit dem Sturm Kyrill liegt die Buche<br />

jedoch umgestürzt neben der Eiche<br />

und die riesige Wurzel und der bemooste<br />

Stamm zeugen von der Mächtigkeit dieses<br />

einst stolzen Baumriesen, aber auch von<br />

der Vergänglichkeit <strong>des</strong> Lebens. Ebenfalls<br />

aus der Zeit der Goetheeiche stammt die<br />

imposante Max-Heinrich-Buche ein Stück<br />

weiter.<br />

Rondell am Tempelberg<br />

Kohlenmeilerhütte<br />

Schwedenschanze<br />

konnte. Nicht unweit vom Tempelberg geben<br />

Ansammlungen von etwa zwei Meter<br />

tiefen rechteckig angelegten Gruben, so<br />

genannten Pingen, Rätsel auf. Am Ende<br />

<strong>des</strong> Zweiten Weltkrieges hatten sich hier<br />

Soldaten verschanzt. Sie nutzten dazu bereits<br />

vorhandene Erdlöcher, die mit großer<br />

Wahrscheinlichkeit Relikte Jahrhunderte<br />

alten Erzbergbaus sind, zumal entsprechen<strong>des</strong><br />

Gestein in der Umgebung gefunden<br />

wurde. Hier begegnen sich alte und<br />

neuere Historie. Der Weg, an dem Spuren<br />

von etwa 100 Jahren altem Wegebau zu<br />

erkennen sind, führt weiter zu einem Rastplatz,<br />

wo man einen Kohlenmeiler nebst<br />

Wohnhütte naturgetreu nachgebaut hat,<br />

um Arbeits- und Lebensweise der Köhler<br />

nachvollziehbar zu machen. Unweit davon<br />

erkennt man im Waldgelände terrassenähnliche<br />

Bodenformationen, die auf damaligen<br />

Ackerbau hinweisen. Der Rundweg<br />

führt nun auf schmalen Pfaden durch<br />

die Vegetation eines dichten Buchenwalds.<br />

Rechts schimmern die saftig grünen Pferdeweiden<br />

von Kapune im Sonnenlicht zwischen<br />

den Baumstämmen hindurch. Der<br />

Pfad endet am ursprünglichen Grenzwall<br />

<strong>des</strong> Tiergartens. Auf diesem hat man einige<br />

Meter Zaun wieder hergestellt, wie er<br />

damals kunstvoll mit Weidenruten errichtet<br />

Gockelteich<br />

Nachdem man die Landstraße nach<br />

Wennigloh überquert hat, genießt man<br />

den Blick ins romantische Seufzertal, <strong>des</strong>sen<br />

Name an die Pestkranken <strong>des</strong> Mittelalters<br />

erinnert, die hier ausgestoßen leben<br />

mussten. Nun geht’s wieder bergauf an<br />

der Kreuzkapelle und der Osterfeuerwiese<br />

vorbei zur Rüdenburg. Kurz verweilend genießt<br />

man hier einen der spektakulärsten<br />

Ausblicke auf Arnsberg, bevor man die<br />

romantisch überwucherten Grundmauerreste<br />

der Burgruine erreicht. Sie bergen<br />

noch viele Geheimnisse, über die man spekulieren<br />

kann, wenn man die Grundrisse<br />

und Dimensionen erahnend in der Anlage<br />

herumwandert. Mit dem wunderschönen<br />

Blick auf den gegenüberliegenden Schlossberg<br />

gerichtet, lohnt es sich, im Wanderführer<br />

die Sage von der Ledernen Brücke<br />

nachzulesen, die, einst vom Teufel errichtetet,<br />

Fluchtweg von der einen zur anderen<br />

Burg gewesen sein soll. Den Kreuzweg mit<br />

den Passionsstationen absteigend erreicht<br />

man den Ausgangspunkt <strong>des</strong> Rundwanderweges,<br />

der jetzt Endpunkt ist.<br />

Man hat eine erlebnisreiche Wanderung<br />

mit vielfältigen Eindrücken geschafft,<br />

die zu allen Jahreszeiten alleine schon als<br />

reines Naturerlebnis lohnend ist, im Früh­<br />

Rüdenburg<br />

ling bei aufblühender Vegetation im Wald,<br />

im Sommer in der Kühle <strong>des</strong> dichten Blätterdachs,<br />

im Herbst in der farbigen Pracht<br />

der Laubbäume und auch in der Schneelandschaft<br />

<strong>des</strong> Winters. Der zusätzliche<br />

Reiz dieser Rundwanderung ist natürlich<br />

das Hineintauchen in die zahlreichen geschichtlichen<br />

Zeugnisse aus vielen Jahrhunderten.<br />

Wie überhaupt die Route sehr<br />

gut mit Schildern und Wegweisern ausgestattet<br />

ist, weisen nummerierte Holzpfosten<br />

auf die Stationen mit den Sehenswürdigkeiten<br />

hin. Allerdings erschließen sich<br />

diese erst richtig mit den Hinweisen und<br />

ausführlichen Kommentaren <strong>des</strong> Erlebnis-<br />

Wanderführers, der unbedingt mitgeführt<br />

werden sollte. Für den Weg muss man sich<br />

schon viel Zeit nehmen und zwölf Kilometer<br />

können an sich schon anstrengend<br />

sein. Man kann den Tiergarten aber auch<br />

in Etappen genießen. In jedem Fall belohnt<br />

die Symbiose der Natur- und Geschichtserlebnisse<br />

den aufmerksamen Wanderer.<br />

Ein Wanderführer der kulturhistorischen<br />

Route mit dem Titel „Kurfürstlicher Thiergarten<br />

Arnsberg“ ist erschienen. Format 11 x 12 cm,<br />

Spiralheftung, 134 Seiten, 4farbig bebildert.<br />

7,50 EURO. Bezug über den örtlichen Buchhandel.


Sauerland 1/2012 41<br />

Fingerabdrücke, Schmauchspuren,<br />

Verdächtige und Zeugen. Das klassische<br />

Sujet fast jeden Krimis wird<br />

auch in diesem April im Mittelpunkt <strong>des</strong><br />

Krimi-Festivals Criminale stehen.<br />

Vom 25. bis zum 29. April 2012 geht<br />

es mörderisch zu im Land der tausend Berge.<br />

Der Hochsauerlandkreis, bzw. <strong>des</strong>sen<br />

Fachdienst Kultur, richtet in Zusammenarbeit<br />

mit der Krimiautorengruppe „Syndikat“<br />

die Criminale aus – das größte deutsche<br />

Krimifestival.<br />

Ein „Mobiles Einsatzkommando“ (MEK)<br />

hat sich aus dem Kreis <strong>des</strong> Veranstalters zu<br />

diesem Zweck gegründet. In einer selbstverständlich<br />

geheimen, ja geradezu konspirativen<br />

Klausurtagung hat dieses Einsatzkommando<br />

aus einem Pool von 238<br />

Ein mörderischer Frühling<br />

Criminale 2012<br />

findet im<br />

Hochsauerlandkreis statt<br />

Von Manuela Decker<br />

Autorinnen und Autoren das Programm<br />

aus gemeinsamen Auftritten und Lesungen<br />

zusammengestellt.<br />

Geballte Krimilust erwartet Fans und<br />

Interessierte am letzten Aprilwochenende,<br />

das als Höhepunkt mit der Gala „Tango<br />

Criminale“ am 28. April in der Olsberger<br />

Konzerthalle aufwartet. Im Rahmen dieser<br />

„Oscar-Verleihung“ der deutschsprachigen<br />

Krimiszene warten der Friedrich-Glauser-<br />

Preis in den Sparten Debüt, Kurzkrimi und<br />

Lebenswerk sowie der Hansjörg-Martin-<br />

Preis für den besten Kinder- und Jugendkrimi<br />

auf neue Preisträger.<br />

Die Namensgeber der verliehenen Preise<br />

waren bei<strong>des</strong> Pioniere auf dem Gebiet<br />

<strong>des</strong> Kriminalromans.<br />

Friedrich Charles Glauser, der 1938<br />

nur 42-jährig verstarb, gilt als einer der ersten<br />

deutschsprachigen Krimiautoren und<br />

als einer der wichtigsten Wegbereiter <strong>des</strong><br />

modernen Kriminalromans. Der Leipziger<br />

Hansjörg Martin trug mit seinem ersten<br />

Kriminalroman „Gefährliche Neugier“ von<br />

1965 zur Entstehung eines eigenen Genres,<br />

<strong>des</strong> neuen deutschen Kriminalromans,<br />

bei und machte sich zudem als Autor zahlreicher<br />

Kinder- und Jugendbücher einen<br />

Namen.<br />

Mörderisch gut: Neue Anthologie<br />

streift Sauerländer Abgründe<br />

Der Auftakt der diesjährigen Criminale<br />

wird bereits am Sonntag, 22. April,<br />

sein, wenn um 15 Uhr eine Krimilesung<br />

mit Kindern im Lichtwerk Schmallenberg<br />

stattfindet. Am selben Tag um 19 Uhr<br />

nimmt die Criminale weiter Fahrt auf. In<br />

Winterberg lesen Raoul Biltgen und Angela<br />

Eßer. Bilthgen ist als Autor von „Erster,<br />

Zweiter, Loser“ auch in der zur Criminale<br />

erschienenen Anthologie „Tausend Berge<br />

– tausend Abgründe“ vertreten. Angela<br />

Eßer ist eine der Sprecherinnen der Autorengruppe<br />

„Syndikat“.<br />

Die kriminelle Energie von 18 Autoren<br />

vereinigt die genannte Anthologie, die<br />

keinen Landstrich <strong>des</strong> Hochsauerlan<strong>des</strong><br />

unbeachtet lässt. Von Neheim-Hüsten bis<br />

Marsberg kann man sich als Leser auf Spurensuche<br />

begeben und dabei die eine oder<br />

andere Leiche im Keller finden.<br />

Die offizielle Eröffnungsveranstaltung<br />

wird am Mittwoch, 25. April, im Atrium<br />

der Sparkasse Hochsauerland in Brilon<br />

stattfinden. Krimiautor Peter Godazgar (er<br />

schrieb u. a. den Roman zu Til Schweigers<br />

Kinofilm „Knockin’ on heaven’s door“)<br />

liest aus „Der Krimiautor im Allgemeinen<br />

und Besonderen“ und Ruhrgebiets-Kabarettist<br />

und Autor Fritz Eckenga wirft einen<br />

Blick auf „Der Sauerländer im Allgemeinen<br />

und Besonderen“. Eckenga wurde im November<br />

vergangenen Jahres mit dem Literaturpreis<br />

Ruhr 2011 für sein literarischsatirisches<br />

Gesamtwerk ausgezeichnet.<br />

Moderiert wird der Mittwochabend von<br />

Kulturamtschef <strong>des</strong> Hochsauerlandkreises<br />

Georg Scheuerlein.<br />

Der Donnerstag und Freitag<br />

stehen jeweils vormittags<br />

mit den Schullesungen<br />

im Zeichen junger Leser und<br />

potentiellen Krimi-Nachwuchses.<br />

Mit der Uraufführung<br />

der Mafia-Oper „Mundtot<br />

– messo a tacere“ am 26.<br />

April um 18 Uhr zieht das<br />

organisierte Verbrechen – für<br />

einen Abend – im Landgericht<br />

Arnsberg ein. Die Oper<br />

stammt aus der literarischen<br />

Feder <strong>des</strong> Krimiautors Jürgen Alberts, die<br />

Musik von Marco Lenzi. Die wohl weltweit<br />

erste Krimiautorenband „Hands up! & The<br />

Shooting Stars“ gibt am selben Abend zu<br />

späterer Stunde um 22 Uhr ebenfalls in<br />

Arnsberg in der Kultur Schmiede ihr Debüt.<br />

Dabei ist über die Band selbst noch nichts<br />

genaues zu erfahren. Zwar gehören alle ihre<br />

Mitglieder der Krimiautorengruppe „Syndikat“<br />

an, doch lanciert die Band selbst ein<br />

geheimnisumwittertes Selbstbild, das auch<br />

auf der offiziellen Internetseite <strong>des</strong> Festivals<br />

(www.die-criminale.de) nachzulesen ist.<br />

Man darf also sehr gespannt sein, wer und<br />

was sich hinter der bisher einmaligen musikalischen<br />

Zusammensetzung verbergen<br />

mag. Aber Spannung gehört ja schließlich<br />

zu jedem guten Krimi dazu.<br />

Krimis im weltweiten Netz und auf<br />

dem Fußballplatz<br />

Mit verschiedenen Seminaren zu Themen<br />

wie Social Media Marketing geht es<br />

am Freitag bei der Criminale weiter. Das<br />

hochaktuelle Thema Ebook, also das digitale<br />

Buch, steht dabei im Mittelpunkt einer<br />

Podiumsdiskussion mit Marc Ritter – ebenfalls<br />

Mitglied <strong>des</strong> „Syndikats“.<br />

Alle Autoren <strong>des</strong> „Syndikats“ treffen<br />

sich schließlich am Samstagvormittag in<br />

der Konzerthalle Olsberg. Überhaupt wird<br />

Samstag der Höhepunkt der diesjährigen<br />

Criminale sein. Dabei geht es durchaus<br />

unterhaltsam weiter: Der FC Criminale<br />

misst sich nachmittags im Fußball gegen<br />

die Damenmannschaft <strong>des</strong> SV Thülen. Ob<br />

im Olsberger Hochsauerlandstadion dann<br />

ein Fußballkrimi zu sehen ist, wird sich erst<br />

vor Ort zeigen können.<br />

Mit großer Sicherheit legt die Spannung<br />

dann am Abend zum „Tango Criminale“<br />

wiederum in der Konzerthalle zu. Die Nominierten<br />

für die bereits erwähnten Preise<br />

stehen bereits fest. Darunter sind junge<br />

Autorinnen, gestandene Krimispezialisten<br />

und eigenwillige Sprachartisten – aus ganz<br />

Deutschland sowie dem deutschsprachigen


42 Sauerland 1/2012<br />

Ausland. Allein diese Mischung verspricht<br />

Nervenkitzel am Abend der Preisverleihung.<br />

Mit Thomas Przybilka kann bereits<br />

das Geheimnis um den Träger <strong>des</strong> „Ehrenglauser“<br />

gelüftet werden. Er ist ebenfalls<br />

Mitglied <strong>des</strong> „Syndikats“.<br />

Kathrin Heinrichs, auch Nicht-Krimifans<br />

seit Jahren durch ihre Alltagssatiren<br />

bekannt, sowie Ralf Kramp, Krimiautor<br />

und Karikaturist. Als besonderes „Schmankerl“<br />

darf man sicher den musikalischen<br />

Part bezeichnen: Der gebürtige Olsberger<br />

und Wahl-Kölner Frederik Köster ist Professor<br />

für Jazz-Trompete und Preisträger<br />

<strong>des</strong> Echo Jazz 2010. Mit seinem Quartett<br />

veröffentlichte er bisher drei Alben und<br />

ist international auf Festivals und großen<br />

Bühnen unterwegs. Den Bezug zu seiner<br />

sauerländischen Heimat hat er dabei nie<br />

verloren und ist daher immer wieder auch<br />

in seiner Heimatstadt zu erleben. Ebenfalls<br />

Musik für die Ohren verspricht Buchleser<br />

Christian Brückner, <strong>des</strong>sen sonore Stimme<br />

zahlreiche Dokumentationen, Lesungen,<br />

Hörbücher aber auch Spielfilme (in erster<br />

Linie als Synchronstimme Robert de Niros)<br />

prägt. Eine perfekte Überleitung zur<br />

Party mit der Band „Stixx“, die sich in der<br />

Konzerthalle an den „Tango Criminale“<br />

anschließt.<br />

Am Sonntagmorgen schon sein. Denn<br />

es wird zum Ehrenglauser-Brunch ins Olsberger<br />

Parkhotel geladen. Mit dabei sind<br />

die Krimiautoren Jürgen Alberts und Sabine<br />

Deitmer sowie Journalist, Drehbuchautor<br />

und Schriftsteller Felix Huby und<br />

natürlich der am Vorabend frisch gekürte<br />

Ehrenglauser-Preisträger.<br />

Ein geballtes spannen<strong>des</strong> und sicher<br />

aufregen<strong>des</strong> Programm, das sich an den<br />

vier Tagen Criminale bietet. Da kommt das<br />

mittägliche „Criminale Chill out“ im Parkhotel<br />

gerade recht, bevor alte und auf diesem<br />

Weg vielleicht auch neu gewonnene<br />

Krimifreunde wieder Zeit haben werden,<br />

sich lesend der Mördersuche zu widmen.<br />

Lesestoff – ob auf Papier oder digital – ist<br />

reichlich vorhanden.<br />

Buchtipps zur<br />

Criminale:<br />

Die Anthologie<br />

„Tausend Berge – tausend<br />

Abgründe“, die<br />

aus jeder Ecke <strong>des</strong><br />

Hochsauerlan<strong>des</strong> etwas<br />

Mörderisches zu<br />

bieten hat:<br />

Sundern: Sandra Lüpkes:<br />

Letzte Ausfahrt Ochsenkopf<br />

Neheim-Hüsten: Lucie Flebbe: Frauenfrühstück<br />

Meschede: Kathrin Heinrichs:<br />

Plan E wie Eversberg<br />

Bestwig: Brigitte Glaser:<br />

Zapfenstreich<br />

Arnsberg: Theo Pointner:<br />

Der Abt – Reloaded<br />

Winterberg: Raoul Biltgen:<br />

Erster, Zweiter, Loser<br />

Eslohe: Angelika Schröder:<br />

Ein Weihnachtsbaum mit gelben<br />

Stiefeln<br />

Schmallenberg: Tatjana Kruse:<br />

Showdown!<br />

Marsberg: Nina George:<br />

Der Reiz <strong>des</strong> Tötens<br />

Medebach: Jürgen Siegmann:<br />

Das Glück wohnt auf dem Friedhof<br />

Meschede: Jutta Profijt:<br />

Fracht kotzt nicht<br />

Brilon: Jürgen Reitemeier:<br />

Vergessen<br />

Sundern: Peter Godazgar:<br />

Jupp ante portas<br />

Eslohe: Wilfried Eggers:<br />

Der Tote von Lochtrop<br />

Arnsberg: Oliver Buslau:<br />

Im Keller<br />

Hallenberg: Reinhard Junge:<br />

Madonna eiskalt<br />

Winterberg: Sunil Mann:<br />

Busenfeindinnen<br />

Olsberg: Jan Zweyer:<br />

Olsberger Doppel<br />

Der etwas andere<br />

Wanderführer<br />

„Mörderisches vom<br />

Rothaarsteig“:<br />

Der Rothaarsteig,<br />

das heißt „Wandern<br />

auf dem Weg der<br />

Sinne“. Doch rechts<br />

und links <strong>des</strong> Weges<br />

lauern unerwartete<br />

Gefahren. Denn nicht alle Geister der<br />

Vergangenheit sind zur Ruhe gekommen,<br />

manch ein Besucher kommt nicht nur, um<br />

die Schönheit der Landschaft zu genießen,<br />

und auch die Hiesigen kochen schon mal<br />

tödliche Süppchen. Dies zumin<strong>des</strong>t in der<br />

Vorstellung von Sabine Deitmer, Jürgen<br />

Ehlers, Marcel Feige, Roger M. Fiedler,<br />

Edgar Franzmann, Gunter Gerlach, Thomas<br />

Hoeps, Norbert Horst, Jürgen Kehrer,<br />

Krystina Kuhn, Gisa Pauly, Niklaus<br />

Schmid, Ilka Stitz und Ella Theiss. Sie alle<br />

haben ihre Wanderstiefel geschnürt, den<br />

Rucksack gepackt, sind losgestiefelt und<br />

haben in Qualitätsbetrieben Rothaarsteig<br />

übernachtet, um ihre Erfahrungen in diesen<br />

mörderisch unterhaltenden Wanderführer<br />

einzubringen!<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Elmar Reuter, Olsberg<br />

Rudolf Rath, Balve<br />

Heinz Lettermann, Olsberg-Bigge<br />

Dr. Jürgen Schulte-Hobein, Arnsberg<br />

J. Tönig-Struck, Menden<br />

Dipl.-Ing. Wolfgang Pieper, Ahaus<br />

Ulrich Lange, Winterberg<br />

Dr. Adalbert Müllmann, Brilon<br />

Dr. Hans Dürr, Eslohe<br />

Klaus Baulmann, Sundern<br />

Michael Schmitt, Sundern<br />

Herbert Somplatzki, Schallenberg<br />

Wolfram Blanke, Arnsberg<br />

Torsten Kapteiner, Arnsberg<br />

Jochen Ottersbach, Arnsberg<br />

Manuela Decker, Olsberg<br />

Peter Bürger, Düsseldorf<br />

Dr. Erika Richter, Meschede<br />

Josef Drilling, Medebach<br />

Redaktionsschluss<br />

für die<br />

nächste Ausgabe<br />

ist der<br />

15. Mai 2011<br />

Neue Mitglieder bzw. Abonnenten<br />

Reinhard Schandelle, Marsberg<br />

Hubert Pieper, Schmallenberg<br />

Gabriele Schmidt, Attendorn<br />

Gertrud Schmidt, Alfter<br />

Marlies Lorenz, Olsberg<br />

Alfred Roderfeld, Lüdenscheid<br />

Evamaria Aeltermann, Meschede<br />

Josef Schulte, Sundern-Amecke<br />

Norbert Sapp, Eslohe<br />

Josef Pieper, Winterberg-Silbach<br />

Heimatverein Möhnesee e. V.<br />

Klemens Spanke, Paderborn<br />

Klaus Bückner, Sundern-Seidfeld<br />

Georg Stratmann, Olsberg-Assinghausen


Sauerland 1/2012 43<br />

Bücher · Schrifttum<br />

„Allerbester Melchior“<br />

„Schwellengestalten sind nicht nur für<br />

Theologen oder Geisteswissenschaftler von<br />

besonderem Interesse. An ihnen zeigen<br />

sich, wie in einem Brennglas, die spannungsreichen<br />

Facetten einer Zeit im Übergang,<br />

und sie weisen in vielem, gerade auf<br />

Grund ihrer Gradwanderungen, weit über<br />

das Kommende hinaus.“ – So schreibt der<br />

Bischof von Speyer, Dr. Karl-Heinz Wiesemann,<br />

in seinem programmatischen Geleitwort<br />

zur jetzt erschienenen 268 Seiten<br />

umfassenden Publikation „‘Allerbester Melchior‘<br />

– Melchior Ludolf Herold – Initiator<br />

der Industrieschulbewegung im Herzogtum<br />

Westfalen“ (Bonifatius Paderborn, ISBN<br />

978-3-89710-485-3, € 34,80).<br />

Peter Karl Becker aus Brilon hat aus<br />

Anlass <strong>des</strong> 200. To<strong>des</strong>tages bereits vor einiger<br />

Zeit in unserer Zeitung eine Würdigung<br />

Herolds vorgenommen (SAUERLAND<br />

2/2010). Nun erschien seine umfangreiche<br />

Dissertation über das Leben und (Nach-)Wirken<br />

dieses Theologen. Seine Fähigkeiten<br />

und Interessen sind für einen Dorfgeistlichen<br />

dieser Zeit ungewöhnlich weit gespannt: theologische,<br />

philosophische und pädagogische<br />

Fragestellungen beschäftigen ihn genauso<br />

wie ökonomische, juristische und naturwissenschaftliche<br />

Zusammenhänge.<br />

Herold, der 1753 in Rüthen geboren<br />

wurde, stammte aus einer alten, weitverzweigten<br />

Juristenfamilie <strong>des</strong> Herzogtums<br />

Westfalen, deren dargestellten Verwandtschaftsverhältnisse<br />

bereits von überörtlichem,<br />

also regionalem Interesse für das<br />

Sauerland und darüber hinaus sind. Die<br />

kurkölnische Bindung dokumentiert nicht<br />

nur sein erster Vorname Melchior, sondern<br />

auch die seiner Brüder Caspar Anton und<br />

Balthasar Felix stehen dafür. Herold ist nicht<br />

nur ein Vertreter der Epoche am Ende Kurkölns,<br />

sondern auch für den Übergang in<br />

eine neue Zeit. Beide Epochen wirken bis<br />

heute in unserer Heimat nach und werden<br />

an Herold eindrucksvoll fassbar.<br />

Breiten Raum nimmt natürlich „Die Industrieschule<br />

in Theorie und Praxis – eine<br />

ideengeschichtliche Verortung“ (S. 152-<br />

235) ein, die unwiderruflich mit seinem<br />

Namen im heimischen Raum verbunden ist.<br />

Vorab werden seine Kindheit, Jugend und<br />

sein Studium bis zur Priesterweihe 1776<br />

beleuchtet, der sich nach kurzer Kaplanszeit<br />

sein 30 Jahre langes, segensreiches Wirken<br />

in der Pfarrei Hoinkhausen mit ihren Filialen<br />

(heute zur Stadt Rüthen gehörig) anschließt<br />

(S. 43-151). Der aufschlussreichen Analyse<br />

einer typischen Landpfarrei dieser Gegend<br />

jener Zeit schließt sich die Dokumentierung<br />

seiner umfangreichen Stiftungen an, bevor<br />

die unter dem letzten Kölner Kurfürst Max-<br />

Franz von Österreich geförderte Neuorganisation<br />

<strong>des</strong> Schulwesens beleuchtet und im<br />

wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes konkret „verortet“<br />

wird. Herold ist in diesem Sinne ideenund<br />

wirkungsgeschichtlich ein typischer Vertreter<br />

der Aufklärungspädagogik.<br />

Vielen Lesern sind vor allem noch Herolds<br />

Liedtexte vertraut, die, über das „Sursum<br />

Corda!“, bis heute im katholischen<br />

Gesangbuch „Gotteslob“ zu finden sind. Sie<br />

gehen auf sein 1803 und in zweiter Auflage<br />

1808 erschienenes „Heroldsches Gesangbuch“<br />

zurück, das gerade im ehemaligen<br />

Herzogtum Westfalen weite Verbreitung<br />

fand und prägend wurde.<br />

Dass der Band außer einem Porträt<br />

Herolds keine weiteren Fotos und Abbildungen<br />

von Dokumenten zeigt, ist zwar<br />

bedauerlich, aber im Hinblick der Drucklegung<br />

einer Promotionsschrift nicht nur verständlich,<br />

sondern gar unabdingbar. Dieses<br />

Fehlen schmälert nicht den Verdienst dieses<br />

Buches, sondern macht Mut, sich einmal<br />

auf die Spuren dieses bedeutenden Mannes<br />

zu begeben.<br />

Die abschließende Würdigung „Melchior<br />

Ludolf Herold – gebildete Persönlichkeit<br />

oder westfälischer Gelehrter?“ (S. 236-259)<br />

von Dr. Peter Karl Becker zeigt nicht nur<br />

die „Facetten einer Zeit im Übergang“ und<br />

einer seiner bedeutenden Persönlichkeiten,<br />

die sie mit prägte, sondern die Gesamtpublikation<br />

ist für jeden lan<strong>des</strong>geschichtlich<br />

Interessierten eine wichtige, ja fast unverzichtbare<br />

Lektüre.<br />

Michael Schmitt<br />

Erinnerungen an Brilon<br />

Die Erinnerungsliteratur boomt sowohl<br />

im regionalen wie im bun<strong>des</strong>weiten Rahmen.<br />

Eine bewusste Verbindung lokaler<br />

und allgemeiner Geschichte ist seltener:<br />

hier haben wir ein Beispiel dafür. Herbert<br />

Kraft ruft sowohl seine „Kindheit und Jugend<br />

in einer westfälischen Kreisstadt von<br />

1930–1950 (es handelt sich um die Stadt<br />

Brilon), in seiner Darstellung wieder ins Gedächtnis<br />

zurück, fügt gleichzeitig aber ausführlich<br />

Dokumente aus der deutschen Geschichte<br />

dieser bewegten Jahrzehnte hinzu,<br />

um die Ortsgeschichte in den Kontext einer<br />

Gesamtbetrachtung zu stellen. Das gelingt<br />

nicht bruchlos, der Leser muss den häufigen<br />

Wechsel immer wieder wahrnehmen und<br />

verarbeiten. Vielleicht empfindet er die Verknüpfung<br />

der beiden Betrachtungsweisen<br />

aber stellenweise auch als gelungene Vertiefung<br />

seines historischen Wissens über diese<br />

vergangenen Jahre.<br />

Der Autor Herbert Kraft, Jahrgang<br />

1930, nach dem Studium in Aachen und<br />

Köln Dipl. Ingenieur und Dipl. Kaufmann,<br />

schildert im Rückblick mit „außergewöhnlicher<br />

Präzision“ wie es im Geleitwort heißt,<br />

seine Kindheit auf einem Bauernhof am<br />

Rande Brilons, zu dem auch eine Zimmerei<br />

und ein Sägewerk gehörte. Intensiv und<br />

technisch sehr interessiert geht er nicht nur<br />

auf das enge Familienleben und seine persönliche<br />

Sozialisation ein, sondern auch auf<br />

den Stand der Haustechnik, auf das Essen<br />

und die damalige Vorratswirtschaft, für Sozialwissenschaftler<br />

ein reiches Anschauungsmaterial<br />

über die ländlich-gewerbliche Situation<br />

in den 30er Jahren im Sauerland. Aber<br />

auch die Wehrmachtsfahrzeuge erläutert er<br />

sachkundig, die er durch seinen älteren, in<br />

der Wehrmacht dienenden Bruder früh kennenlernte.<br />

Ein unerwarteter Einschub ruft<br />

dann eine unvergleichliche Briloner Tradition<br />

ins Gedächtnis: die Schnadezüge, die seit<br />

1948 wieder aufgenommen wurden. Damit<br />

war das Kriegsgeschehen endgültig vorbei.<br />

Nach einem knappen, aber anschaulich-informativen<br />

Schulkapitel, hat die<br />

Darstellung <strong>des</strong> Nationalsozialismus ein<br />

Schwergewicht, beginnend mit der Situation<br />

der Briloner Juden und ihrer Verfolgung<br />

(S. 111–117). Die NS-Organisationen, vor<br />

allem die der Hitlerjugend, werden mit ihren<br />

Formationen geradezu handbuchartig<br />

vorgestellt. Hier geht der Verfasser ganz in<br />

einer breiten Gesamtdokumentation auf,<br />

Brilon tritt völlig zurück. Das gilt speziell für<br />

das Kapitel „Propaganda in der NS-Zeit“.<br />

(S. 210–240) Erst mit der Schilderung <strong>des</strong><br />

Zweiten Weltkriegs und den erschreckenden<br />

Auswirkungen <strong>des</strong> Luftkriegs gewinnen die<br />

heimischen Bezüge wieder an Anschauuungskraft<br />

z. B. auch in den Erläuterungen<br />

über die unterschiedlichen Gruppen der<br />

Kriegsgefangenen und der Zwangsarbeiter.<br />

Mit dem Bericht über das Kriegsende und<br />

die einmarschierenden Amerikaner schließt<br />

das Buch. Viele Briloner – und nicht nur sie<br />

– werden in dieser eingehenden, durch eine<br />

Vielzahl von Bildquellen illustrierten und aspektreichen<br />

Darstellung der ereignisreichen<br />

Jahrzehnte von 1930–1950 die Ortsgeschichte<br />

in ihrer Einbettung in die „große“<br />

Geschichte gern und nachdenklich neu erleben<br />

und dem Verfasser dafür Dank wissen.<br />

Dr. Erika Richter<br />

Herbert Kraft: Kindheit und Jugend in einer westfälischen<br />

Kreisstadt 1930–1950, Erinnerungen und Dokumente<br />

aus der Heimatgeschichte und der deutschen Geschichte,<br />

Siegburg Rheinlandia Verlag 2010, 314 S., Band XXIV<br />

der Reihe Ortstermine, historische Funde und Befunde<br />

aus der deutschen Provinz.


44 Sauerland 1/2012<br />

Strunzerdaal 2011<br />

Die 30. Ausgabe <strong>des</strong> Heimatblattes der<br />

Stadt Olsberg gilt vor allem den ortsbezogenen<br />

Großereignissen wie der Ortsumgehung,<br />

die 2005 begonnen und am 5. November<br />

2010 eingeweiht wurde. Sie hat<br />

eine lange spannungsvolle Vorgeschichte,<br />

die Elmar Reuter aus eigenem Erleben<br />

mitverfolgte und nun anschaulich berichtet.<br />

Als Markstein in der Entwicklungsgeschichte<br />

Olsbergs verdient dieses nun<br />

gelungene Verkehrsprojekt einen Schwerpunkt<br />

in der örtlichen Chronik, aber auch<br />

das Hochwasser, das im Januar 2011 ganz<br />

ungewöhnliche Höhen erreichte und wie<br />

auch das in Wulmeringshausen nun in vielen<br />

Fotos eindrucksvoll festgehalten ist.<br />

Einen besonderen Abschnitt nimmt dann<br />

der breite archäologische Grabungsbericht<br />

am Briloner Eisenberg von S. 49–102 ein,<br />

informativ und vorzüglich bebildert. Dann<br />

blicken wir in Gesichter: Ursula Balkenhol<br />

schaut uns als neue Vorsitzende <strong>des</strong><br />

Olsberger Heimatvereins an, dann Pastor<br />

Kringe, der mit seiner Gemeinde vor nun<br />

40 Jahren die Dorfkirche St. Cyriakus in<br />

Bruchhausen baute. Die damalige Baugeschichte<br />

wird ausgiebig dokumentiert.<br />

Jährlich im September wird der Tag<br />

<strong>des</strong> Offenen Denkmals begangen. Da er<br />

diesmal das Motto „Friedhofskultur im<br />

Wandel der Zeiten“ hatte, war das ein<br />

sinnvoller Anlass, dass Heinz Lettermann<br />

den Friedhof Bigge-Olsberg mit seinen<br />

vielen steingewordenen Erinnerungen vorstellt.<br />

Erinnerungen ganz anderer Art hat<br />

Alfred Wenke aus alten Akten gesammelt<br />

z. B. von Arbeitsordnungen vor 100 Jahren<br />

wie auch den einstigen Lehrverträgen,<br />

wahrlich keine Beispiele der „guten alten<br />

Zeit“, wie auch interessante Dokumente<br />

der NS-Zeit. Natürlich fehlen farbprächtige<br />

Festberichte aus dem vielschichtigen<br />

Vereinsleben nicht, die leider hier gar<br />

nicht alle im einzelnen genannt werden<br />

können. Viele Olsberger, Elleringhauser,<br />

Assinghauser oder Elper werden sich in<br />

den Fotos festfroh wiedersehen. Unbedingt<br />

muss aber noch an die Würdigung<br />

<strong>des</strong> Stadtheimatpflegers Otto Knoche erinnert<br />

werden, <strong>des</strong> „Asker Urgesteins“,<br />

der weit über Assinghausen und Olsberg<br />

hinaus als ein Sauerländer mit Leib und<br />

Seele eine besondere Ausstrahlung besaß.<br />

Ihm und weiteren Persönlichkeiten aus<br />

dem Olsberger Raum, die 2011 starben<br />

(Dr. Hüttemann, Küster Heinz Körner,<br />

Rektor Simon) schenkt Heinz Lettermann<br />

in seinem „Strunzerdaal“ ein bewegen<strong>des</strong><br />

Andenken.<br />

Dr. Erika Richter<br />

Heimatkalender Kreis Soest 2012<br />

Der neue „Heimatkalender Kreis Soest<br />

2012“ berichtet wieder facettenreich über<br />

den heimischen Kreis – diesmal unter dem<br />

Schwerpunktthema „Lebenselixier Wasser“.<br />

Eine breite Palette wartet auf den Leser:<br />

Wasser kann für Energie sorgen, wie im<br />

Kraftwerk Wickede (Ruhr), Wasser dient<br />

aber auch, innerlich wie äußerlich angewendet,<br />

dem allgemeinen Wohlbefinden.<br />

Für die Reinigung braucht es Kläranlagen<br />

und vor zu viel Wasser schützen Regenrückhaltebecken.<br />

Selbstredend findet<br />

auch das aktuelle Thema „Renaturierung<br />

von Flüssen und Bächen“ entsprechende<br />

Würdigung in Wort und Bild. An der Möhne<br />

sind die Arbeiten schon weit gediehen,<br />

bei der Ahse läuft das Projekt langsam<br />

an. Hinzu kommen auch innerstädtische<br />

Bachläufe, die, wie in Soest und Geseke,<br />

wieder freigelegt wurden und werden und<br />

sich eindrucksvoll ins Straßenbild einpassen.<br />

Der Leser erfährt aber auch, wie diealten<br />

Klärteiche der Soester Zuckerfabrik<br />

zu einem wahren Naturparadies wurden<br />

und was es mit dem „Enser See“ auf sich<br />

hat – und dass Wasser auch beim Bierbrauen<br />

von besonderer Bedeutung ist.<br />

Das Kalendarium steht unter dem Motto<br />

„Schilder und Plakate – Informationsträger<br />

und „Zeitzeugen“. Da geht es um alte Werbeplakate,<br />

wie etwa für die Eröffnungsfeier<br />

<strong>des</strong> Strandba<strong>des</strong> in Wickede-Ruhr, das<br />

Haar-Eselrennen oder das „Steinkammergrab“<br />

von Hiddingsen. In der Rubrik<br />

„Geschichte und Geschichten“ wird die St.<br />

Sebastianus-Schützenbruderschaft Geseke<br />

vorgestellt. Ein weiterer Beitrag handelt<br />

über den Autobahnbau im Dritten Reich<br />

– exemplarisch festgemacht am Bau der<br />

Strecke 77 von Rhynern nach Warburg.<br />

Spannend ist auch die Frage, wie denn<br />

das Sikawild einst in den Arnsberger Wald<br />

kam. Und es wird auch über das neue<br />

Heimathaus in Lippetal-Oestinghausen<br />

berichtet. Unter dem Kapitel „Menschen<br />

aus dem Kreis Soest“ finden sich Artikel<br />

über den Künstler Hans Kaiser und sein<br />

„Schöpfungsfenster“ in St. Patrokli, aber<br />

auch über den aus Werl-Büderich stammenden<br />

Dimitri Hegemann, der zu den<br />

„Erfindern“ der deutschen Techno-Musik<br />

gehört. Nicht fehlen darf ein längerer Bericht<br />

über Schäfer Heinrich, bekannt aus<br />

der Fernsehsendung „Bauer sucht Frau“.<br />

Brigitte und Albert Eickhoff brachten den<br />

modischen Luxus nach Lippstadt – und<br />

was wäre die „Soester Fehde“ ohne Ruth<br />

Reismann und ihre fleißigen Helferinnen,<br />

die für die Teilnehmer <strong>des</strong> Spektakels emsig<br />

die Kostüme schneidern. Abgerundet<br />

wird der Kalender durch die Ordensverleihungen<br />

an verdiente Mitbürgerinnen und<br />

Mitbürger, die Totenehrung und die Vorstellung<br />

neuer Heimatliteratur.<br />

Der neue Heimatkalender <strong>des</strong> Kreises Soest hat 128 Seiten<br />

Umfang und ist für 9,20 Euro im örtlichen Buchhandel<br />

erhältlich.<br />

Geschichte Sunderns III<br />

Eine außergewöhnliche<br />

Leistung<br />

ist anzuzeigen: In<br />

drei(!) Jahren haben<br />

im Auftrag<br />

<strong>des</strong> Vereins: „700<br />

Jahre Sundern...“<br />

Werner Neuhaus,<br />

Dr. Hubert Schmidt,<br />

Michael<br />

Schmitt und Berthold Schröder nun den<br />

dritten Band der Geschichte Sunderns veröffentlicht.<br />

Band I und II sind in SAUERLAND bereits<br />

lobend besprochen worden, der nun<br />

vorliegende 3. und letzte Band braucht<br />

sich nicht vor diesen Bänden zu verstecken.<br />

Nach den politischen und kirchlichen<br />

Vorgängen und Ereignissen gilt er<br />

der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />

Entwicklung der jungen sauerländischen<br />

Stadt. Er beginnt mit Beiträgen zur forstund<br />

landwirtschaftlichen Situation. Der<br />

Wald war nicht nur im Mittelalter und der<br />

frühen Neuzeit lebenswichtig für die Bevölkerung<br />

<strong>des</strong> Sundener Raums sowohl als<br />

Viehhude, für die Schweinemast und zur<br />

Bau- und Brennholzbeschaffung. Er wurde<br />

so ausgebeutet, dass er am Ende <strong>des</strong><br />

18. Jahrhunderts „devastiert“ war, wie<br />

alle forstlichen Berichte aussagen. Die<br />

von den neuen hessischen Lan<strong>des</strong>herren<br />

nach der Säkularisation initiierte Fichtenanpflanzung,<br />

aber auch die forcierte Holzkohlengewinnung<br />

gaben dem Wald eine<br />

wirtschaftliche Bedeutung, aber die Industrialisierung<br />

war keinesfalls waldfreundlich,<br />

wie die Entwicklung bis zum sogenannten<br />

„Waldsterben“ bezeugt. Die Sorge um<br />

den Erhalt eines gesunden Waldreichtums<br />

bleibt – auch im Hinblick auf den Tourismus<br />

– eine wichtige Zukunftsaufgabe.<br />

Sowohl die Fischerei als auch die Jagd<br />

gehören in diesen Themenkreis und sind<br />

durch teilweise recht humorvolleBeiträge<br />

veranschaulicht. Selbstverständlich hat die<br />

Landwirtschaft ihren eigenen Stellenwert,<br />

die allerdings angesichts der schlechten<br />

Bodenbeschaffenheit in der Vergangenheit<br />

nur geringen Gewinn abwarf und heute<br />

ganz an Bedeutung verloren hat. Gab es<br />

1954 in Sundern noch 18 Haupterwerbsund<br />

22 Nebenerwerbsbetriebe, so gibt es


Sauerland 1/2012 45<br />

2011 im Gesamtbereich von Sundern keinen<br />

landwirtschaftlichen Betrieb mehr.<br />

Um so bedeutsamer ist dagegen die<br />

Entwicklung der Industrie. Die Darstellung<br />

dieses Prozesses ist der eigentliche Kern<br />

<strong>des</strong> Buches. Die vorindustrielle Montangeschichte<br />

verweist auf die schon früh bekannten<br />

Eisenlagerstätten und die Kupfererze.<br />

Sie wurden in Rennfeueröfen, später<br />

dann in Schachtöfen abgebaut. Dank der<br />

Wasserkraft von Röhr und Sorpe und den<br />

Einsatz der Holzkohle entstanden Hütten<br />

und Hammerwerke, bis der enorme Aufschwung<br />

<strong>des</strong> Ruhrgebiets die industrielle<br />

Entwicklung im Sauerland eindämmte.<br />

Doch neue „Röhrbarone“ sorgten dann<br />

für ein ungeahntes industrielles Wachstum<br />

in Sundern und Umgebung, so dass der<br />

Ort heute zu den wohlhabendsten Städten<br />

in Nordrhein-Westfalen gehört und „wenn<br />

man die Liste der Einkommensmillionäre<br />

pro Einwohner betrachtet, steht die Stadt<br />

sogar auf Platz 10 aller Gemeinden im bevölkerungsreichsten<br />

Bun<strong>des</strong>land“ (S. 72)<br />

Wie wandelte sich der „verschlafene Krähwinkel“<br />

zu einem regionalen Industrie-<br />

Dienstleistungs- und Verwaltungszentrum?<br />

In einer faszinierenden Schilderung <strong>des</strong><br />

Wirkens von einigen Unternehmerpersönlichkeiten<br />

seit der 2. Hälfte <strong>des</strong> 18.<br />

Jahrhunderts wird die Frage beantwortet<br />

(S. 71–131). Der wirtschaftliche Aufstieg<br />

von Johann Michael Cramer, ihm folgend<br />

Peter Bierhaus, der sich der Papierfabrikation<br />

widmete, während Cramer noch in<br />

der Montanindustrie seine Erfolge erzielte,<br />

wird überzeugend erzählt. Dazu gesellte<br />

sich der Unternehmer Brumberg als Lampenfabrikant<br />

1873, der die Bedeutung der<br />

beginnenden Elektrifizierung nutzte. Die<br />

Familien Blome, Scheffer-Hoppenhöfer<br />

und Maybaum ergänzen die Lebensgeschichten<br />

der ersten Unternehmer, die<br />

bald alle in einem Netzwerk verbunden<br />

waren. Natürlich spielten sie auch in der<br />

Lokalpolitik eine wichtige Rolle, erwarben<br />

sich aber auch durch ihre Sozialfürsorge<br />

ein dauern<strong>des</strong> Ansehen. Neben diesen<br />

Biographien der „Röhrbarone“, die sich<br />

zwar bis ins 20. Jahrhundert erstreckt,<br />

ihren Schwerpunkt aber doch in der Vergangenheit<br />

hat, beleuchtet ein weiterer<br />

Beitrag die Geschichte vieler einzelner Unternehmen,<br />

von denen Sundern so reich<br />

ist, bis in die jüngste Gegenwart hinein.<br />

Ein umfangreiches Kapitel gilt auch<br />

dem Überblick über die Infrastruktur und<br />

die Dienstleistungen. Der begrenzte Raum<br />

erlaubt keine Einzelheiten, erwähnt seien<br />

nur die Themen. Sie behandeln die Bahnund<br />

Postgeschichte, das Bankwesen, die<br />

Strom- und Gasversorgung sowie die Wasserver-<br />

und Abwasserentsorgung, wie auch<br />

den Geamtbereich von Handel, Handwerk<br />

und Gewerbe, schließlich auch die Gaststätten,<br />

Kneipen, Hotels und Pensionen<br />

im Wandel der Zeit. Die vielseitige Liste<br />

der Geschäfte in Sundern dokumentiert<br />

eindrucksvoll, wieviele heute zwar aufgegeben<br />

sind, wieviele aber noch weiterbestehen.<br />

Das dichte Vereinswesen, für das<br />

Sauerland insgesamt charakteristisch, wird<br />

ebenfalls berücksichtigt. Auch hier würde<br />

eine detaillierte Aufzählung zu weit führen,<br />

erwähnenswert ist aber die Existenz eines<br />

albanischen Vereins, der wohl in den sauerländischen<br />

Gemeinden eine Seltenheit<br />

ist. Den Schluss <strong>des</strong> Ban<strong>des</strong> bildet eine<br />

relativ knappe Wiedergabe der Geschichte<br />

der Parteien in Sundern. Hier erhält Franz<br />

Josef Tigges (CDU) eine berechtigte Ehrenstellung<br />

und neben der FDP und den<br />

Grünen folgt mit der SPD der wohl bekannteste<br />

Sunderner Ehrenbürger Franz<br />

Josef Müntefering.<br />

Mit seinen 350 Seiten hat auch dieser<br />

3. Band der Geschichte Sunderns den<br />

Umfang der beiden vorherigen Bände erreicht<br />

und allen Lesern ein umfassen<strong>des</strong>,<br />

anschauliches Bild dieser außergewöhnlichen<br />

Stadt vermittelt, wofür allen Mitarbeitern<br />

ein Dank gebührt.<br />

Dr. Erika Richter<br />

„Gemeinsam die Vielfalt der<br />

Heimat entdecken“<br />

Publikation erschienen: Biologische<br />

Vielfalt – ein Thema für Heimatmuseen<br />

„Orts- und Stadtmuseum, Freilichtmuseum<br />

oder Sammlungen – hinter dem Begriff<br />

Heimatmuseum verbergen sich höchst unterschiedliche<br />

Einrichtungen<br />

mit äußerst<br />

verschiedenen<br />

inhaltlichen, materiellen<br />

und personellen<br />

Möglichkeiten<br />

– in jedem Fall setzen<br />

sich hier Menschen<br />

haupt- und ehrenamtlich mit viel Engagement<br />

für ihre Region ein“, so Senatorin a.<br />

D. Dr. Herlind Gundelach, Präsidentin <strong>des</strong><br />

Bund Heimat und Umwelt (BHU). Mit der<br />

neu erschienenen Publikation „Biologische<br />

Vielfalt – ein Thema für Heimatmuseen“<br />

hat der Bund Heimat und Umwelt, Bun<strong>des</strong>verband<br />

der Bürger- und Heimatvereine in<br />

Deutschland, auf insgesamt 180 reich bebilderten<br />

Seiten praxiserprobte Anregungen<br />

für Heimatmuseen herausgegeben. Sie<br />

kann unentgeltlich direkt beim Bund Heimat<br />

und Umwelt bezogen werden.<br />

Heimatmuseen besitzen ein großes Potenzial,<br />

die Themen Nachhaltigkeit und<br />

biologische Vielfalt über den Themenkreis<br />

Kulturlandschaft zu vermitteln. Gerade die<br />

Verbindung von Kultur- und Naturthemen<br />

bietet ein breites Spektrum an Möglichkeiten,<br />

die Attraktivität eines Museums zu<br />

steigern und die Besucherinnen und Besucher<br />

gezielt an diese Zusammenhänge<br />

heranzuführen. Hierbei werden die Museen<br />

stark durch bürgerschaftliches Engagement<br />

getragen. In enger Zusammenarbeit<br />

mit Fachleuten aus den genannten<br />

Themengebieten und aus Heimatmuseen<br />

hat der Bund Heimat und Umwelt Strategien<br />

zur zeitgemäßen Vermittlung von<br />

Biodiversität und nachhaltige Entwicklung<br />

erarbeitet. Die Ergebnisse sind in diesem<br />

Leitfaden zusammengefasst und werden<br />

von informativen Begleittexten flankiert.<br />

„Wir wünschen uns, dass diese Publika tion<br />

für Heimatmuseen Anreize schafft, ihre<br />

bereits vorhandenen Angebote zu erweitern<br />

und bekannter zu machen, damit das<br />

große Engagement dieser Einrichtungen<br />

für unser Kultur- und Naturerbe in der Öffentlichkeit<br />

noch besser wahrgenommen<br />

wird, so Wolfgang Börnsen (Bönstrup),<br />

MdB , 1. Vizepräsident <strong>des</strong> BHU.<br />

Das Buch bietet Heimatmuseen Anregungen,<br />

den immer wieder notwendigen<br />

Modernisierungsprozess mit wenig Mitteln<br />

und schrittweise umzusetzen. Das ist eine<br />

Voraussetzung dafür, dass Heimatmuseen<br />

auch künftig ein breites Publikum ansprechen<br />

und vor allem auch jüngere Zielgruppen<br />

dazugewinnen können.<br />

Das Projekt wurde gefördert durch das<br />

Bun<strong>des</strong>amt für Naturschutz mit Mitteln<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums für Umwelt, Naturschutz<br />

und Reaktorsicherheit. Dafür gilt<br />

besonderer Dank.<br />

Bund Heimat und Umwelt in Deutschland – Bun<strong>des</strong>verband<br />

für Natur- und Denkmalschutz, Landschafts- und<br />

Brauchtumspflege e. V.<br />

Esloher Museumsnachrichten 2011.<br />

2011: F. J. Keite: Bericht <strong>des</strong> Museumsvereins<br />

– Höhepunkte <strong>des</strong> Jahres<br />

2010. Multimediales Maschinen- und Heimatmuseum.<br />

K. Fiebig: Das Sägewerk,<br />

eine neue Sehenswürdigkeit im Museum.<br />

S. Kessemeier: Neue Blicke auf das Erbe –<br />

Warum Peter Bürger einen Preis verdient.<br />

P. Bürger: Zum Tod von Siegfried Kessemeier.<br />

R. Franzen: Museumsstück <strong>des</strong><br />

Jahres. H. Jetschny-Dihel: Der Schiffsdynamo<br />

erzeugt wieder Strom. G. Schulte:<br />

Drei Chronisten ihrer Zeit – drei Maler<br />

unserer Heimat. Bürger: Mittelniederdeutsche<br />

Sprachzeugnisse aus Soest und dem<br />

Sauerland. Ro. Franzen: Als Eslohe nur<br />

aus 22 Häusern bestand. Die Geschich­


46 Sauerland 1/2012<br />

te der Schwanen-Apotheke. G. Schulte:<br />

„Abfahrt 1911 – Eine Zeitreise mit der Eisenbahn<br />

im Sauerland. A. Bruns: „Abfahrt<br />

1911, Festvortrag zur Ausstellungseröffnung.<br />

B. Klens: Jugendkreuzweg 2011 an<br />

einem ungewöhnlichen Ort. M. Rischen:<br />

Generationen im Wandel der Zeit – ihr<br />

Kommen und Gehen auf einer alten Hofstelle<br />

in Eslohe – Bremscheid. F. J. Keite:<br />

Problemfall Hellebrücke – Warum es lohnt,<br />

das Baudenkmal zu erhalten. P. Bürger:<br />

Weihnachtsgaben im Christine-Koch-<br />

Mundartarchiv. N. Breusch: Wo sie blieben,<br />

was sie wurden.... Norbert Breusch.<br />

R. Franzen: Ein Kommisbrot und das siebte<br />

Gebot. A. Bruns: Chrysologus Heimes,<br />

Pfarrer zu Reiste 1822–1835. W. Kuhne:<br />

Schon drei Mal nach Eslohe ... Warum?<br />

Hrsg. Maschinen- und Heimatmuseum Eslohe, Homertstraße,<br />

59889 Eslohe, Tel.: 02973/2455 u.<br />

02973/800200<br />

Handirk – Grafschaft, Latrop,<br />

Schanze in Wort und Bild<br />

28/2011: B. Beste: 50 Jahre Verkehrsverein<br />

Grafschaft-Schanze (2). H.<br />

Entian: Latroper Waldarbeiter- und Försterpfad.<br />

H. Volmer: Eine Schule für<br />

Schanze? P. Senn: Rettungswagen am<br />

Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft stationiert.<br />

Freiwiliige Feuerwehr Löschgruppe<br />

Grafschaft: M. Vollmer, M. Günther,<br />

B. Didam: „1911–2011“ = 100 Jahre<br />

Feuerwehr in Grafschaft. M. Günter u.<br />

B. Didam: Neubau Feuewehrgerätehaus.<br />

H. Volmer: Die alte Feuerspritze der Grafschafter<br />

Feuerwehr. K. Weinfurtner, Terra<br />

Preta – Was haben Amazinsaindianer<br />

mit dem Sauerland zu tun? M. Schrewe:<br />

En Möül voll Platt. J. Dünnebacke: Meine<br />

Heimat – Ein Grafschafter Ortsrundgang.<br />

F. H. Dick: Erinnerungen an Lilli Marleen.<br />

H. Vogt: „Unser Dorf hat Zukunft“ – Grafschaft<br />

im Wettbewerb der Dörfer 2011. L.<br />

Mette, D. Saßmannshausen, F. Sellmann:<br />

Romreise 2010 Tambourkorps Grafschaft.<br />

Verwaltung: Mutterhaus Kloster Grafschaft<br />

– Neuwahl Ordensleitung. H. R. Schrewe:<br />

Benediktiner-Abtei Michaelsberg Siegburg<br />

aufgelöst. Aus der Kath. Kirchengemeinde<br />

St. Georg Grafschaft: B. Beste u. B.<br />

Hanses: „1. Tag der Dörfer am Rothaarsteig“<br />

– Höhenerlebnis in Schanze. P. d.<br />

Kloidt: Vor 40 Jahren: Planungsbeginn<br />

Straßenausbau „Am Wilzenberg“. Aus<br />

dem Vereinsleben: P. Amzehnhoff u. J.<br />

König: Sportverein DJK Grafschaft 1930<br />

e. V., A. Sporing. Gesangsverein „Cäcilia<br />

1879 Grafschaft e. V., C. Heimes: St. Sebastian<br />

Schützenbruderschaft Grafschaft<br />

1825 e. V. BSG: Betriebssportgruppe<br />

Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft. H.<br />

Vogt: Heimat- und Förderverein Grafschaft-Schanze<br />

e. V. Leitungsteam: kfd St.<br />

Georg Grafschaft. C. Silberg. Schützenfestverein<br />

Latrop.<br />

Hrsg. von der St. Sebastina Schützenbruderschaft Grafschaft<br />

1825 e. V, 57392 Schmallenberg.<br />

Der Schwammklöpper,<br />

Fredeburger Heimatblätter<br />

23/2012: St. M. A. Lingemann MSC:<br />

Etwas aus dem Leben von Früher. AK: Winterfreuden<br />

1880/1910. H. Nückel: Eine<br />

saubere Sache. R. Rickert-Biskoping/W.<br />

Hesse: 100. Geburtstag Skiclub Fredeburg<br />

e. V. J. Nückel: Ein runder Geburtstag.<br />

H. Gierse: Franz beginnt zu fotografieren.<br />

A. Baumhöfer: 100 Jahre Schule<br />

in Fredeburg. Rassegeflügelzuchtverein<br />

Fredeburg e. V.: An Mistkratzern kein Interesse.<br />

H. Gierse: Aussichturm auf dem<br />

Kahlenberg. Die Uhren von damals stehen<br />

auch heute nicht still. G. Schulte: Über den<br />

Vermögenszustand der Stadt Fredeburg im<br />

Jahre 1812. J. Nückel: Und da war noch.<br />

AK Friedenskirche schließt für immer die<br />

Pforten. H. Gierse: Ein altes Siegel gibt<br />

Rätsel auf. Königin-Luise-Bund. Jugend<br />

unter einer Fahne. R. Rickert-Biskoping:<br />

Rennrodler Robin Geueke erringt den 3.<br />

Platz bei den Juniorenweltmeisterschaften.<br />

F. Altenhoff: Dortmunder Altligisten<br />

zu Gast. H. Gierse: Es tut sich was in<br />

Fredeburg. Wie soll Fredeburg in 20 Jahren<br />

aussehen? E. Hölscher: Das typische<br />

schwarz-weiße Fachwerkhaus im Sauerland.<br />

H. Gierse: Hinweise am Wege. „Man<br />

muss Ziele haben“. Die Briefe. Friedr.<br />

Albert Groeteken: Priester, Schriftsteller,<br />

Historiker. Jost Pieper: Maler und Schauspieler.<br />

Y. Houphouet: Das Festival der<br />

Kulturen. H. Gierse: Licht und Schatten“<br />

im Rudolf-Becker-Park. I. Ratte: „Friäwerske<br />

Originale“ H. Gierse: 200 Jahre<br />

Zeitreise.<br />

Hrsg. vom „Arbeitskreis Heimat“ der SGV Abteilung Fredeburg,<br />

Hubert Gierse<br />

Südsauerland Heimatstimmen aus<br />

dem Kreis Olpe<br />

4/2011 Folge 245. H. Halbfas: Vereinsarchive<br />

– labile Gebilde. R. Kirsch-<br />

Stracke: Ein Wort vorneweg. 700 Jahre<br />

Stadt Olpe M. Möller: Festumzug der Olper<br />

Vereine zum Stadtjubiläum 2011. J.<br />

Wermert: „Eine nie geahnte Leidenszeit<br />

ist über uns hereingebrochen“. Ansprache<br />

zum Volkstrauertag an der Gedenkstätte<br />

in Olpe am 13. November 2011. W.<br />

Ohly: Johann Bergmann von Olpe und<br />

das „Narrenschiff“. Eine Stiftung <strong>des</strong> Fördervereins<br />

Stadtmuseum Olpe e. V. an die<br />

Stadt Olpe. A. Stracke: Eine Gedenktafel<br />

für den „Heiligen von San Julian“. Pater<br />

Rötger Hundt vor 300 Jahren in Olpe geboren.<br />

O. Höffer: Funde und Hinweise aus<br />

dem Archiv <strong>des</strong> Freiherrn von Fürstenberg<br />

– Herdringen (Teil 27). G. Stumpf: Vor 70<br />

Jahren. Jugendlicher Protest in Attendorn<br />

gegen das NS-Regime. R. Kirsch-Stracke<br />

u. R. Rameil: 12 Jahre „Arbeitskreis Familienforschung“<br />

im Kreisheimatbund Olpe.<br />

Ein Gespräch mit dem scheidenden Leiter<br />

Robert Rameil. M. Vormberg: Paul Josef<br />

Kardinal Cor<strong>des</strong> feierte Goldenes Priesterjubiläum.<br />

H. Halbfas u. K. F. Platz: Über<br />

Heimat und Heimatarbeit. Ein Gespräch<br />

mit Kreisdirektor a. D. Knut Friedrich<br />

Platz zu <strong>des</strong>sen 75. Geburtstag. R. Kirsch-<br />

Stracke: Mitgliederversammlung <strong>des</strong> Kreisheimatbun<strong>des</strong><br />

am 20. September 2011 in<br />

Olpe. J. Voss: 50 Jahre Volkshochschule<br />

<strong>des</strong> Kreises Olpe. L. Engemann u. R.<br />

Kirsch-Stracke: Die Vogelschutzwarte in<br />

Altenhundem – eine Planung <strong>des</strong> Berliner<br />

Gartenarchitekten Erwin Albert Barth<br />

(11880-1933). K.-H. Kaufmann: „Un<br />

wenn d‘r Papscht vam Thron stäjch! Et<br />

mut doch es jesächt wern“. Gedanken zur<br />

goldenen Hochzeit in Wendener Mundart.<br />

H.-W. Voß Heimatchronik vom 1. Juli<br />

2011 bis 30. September 2011. Buchbesprechungen,<br />

Termine, Nachrichten aus<br />

der Heimatarbeit, Neumitglieder.<br />

Hrsg. vom Kreisheimatbund Olpe e. V., Geschäftsstelle<br />

<strong>des</strong> Kreisheimatbun<strong>des</strong> e.V., Westfälische Straße 75,<br />

57462 Olpe, Tel.: 02761/81-593<br />

An Bigge, Lenne und Fretter.<br />

Heimatkundliche Beiträge aus der<br />

Gemeinde Finnentrop.<br />

35/2011: G. Tilly: Geschichte und<br />

Restaurierung <strong>des</strong> spätgotischen Retabels<br />

aus Rönkhausen (Teil 1). Aufbereitet von<br />

H. Schmidt und A. Reker: Ein Zeitzeuge<br />

berichtet: Das Kirchspiel Schliprüthen im<br />

Jahre 1833 – Aus den Aufzeichnungen<br />

<strong>des</strong> Schliprüthener Pfarrers Josef Tillmann.<br />

Mitgeteilt von Ä. Mette: Unser Dorf<br />

– Ein Schulaufsatz aus dem Jahr 1882.<br />

A. Weyl: Joachim von Plettenberg, Gouverneur<br />

der niederländischen Kapkolonie<br />

(Teil 1). Nachruf auf den Amtmann Joseph<br />

Kayser aus der Mescheder Zeitung, 1907:<br />

Sie haben einen guten Mann begraben. H.<br />

Hesener: Meine Schulzeit 1942 bis 1945<br />

in Heggen. H. Lehnen: Lage <strong>des</strong> früheren<br />

„Oberbamenohl“ gefunden. M. Berghoff:<br />

Abschied von Anneliese Schmidt-Schöttler.<br />

Aus der plattdeutschen Vorlage übertragen<br />

von Josef Schröder: Weringhauser<br />

Schulgeschichte(n) und sonstige Begebenheiten.<br />

D. Kennemann und M. Sieg: Hei­


Sauerland 1/2012 47<br />

matbund besichtigte Finnentroper Schulmensa<br />

und das Schieferbergbaumuseum<br />

in Holthausen. Kalendarium aus der Gemeinde<br />

Finnentrop 1. April 2011 – 30.<br />

September 2011. Vorstand und Ortsheimatpfleger.<br />

Red. Heimatbund Gemeinde Finnentrop e. V., Volker<br />

Kennemann, Weusperter Straße 10, 57413 Finnentrop,<br />

Tel.: 02721/7527<br />

An Möhne, Röhr und Ruhr<br />

50/2011. Geschichte aus Erster Hand<br />

– Präsentation von Stadtgeschichte –<br />

Nachdruck 2011 – Carl Joseph Dinslage<br />

– Bürgermeister der Stadt Neheim von<br />

1847 bis zu seinem Tod 1886 – Der Stadt<br />

erster Geschichtsschreiber. F. J. Schulte:<br />

Begleitung zum Nachdruck. F. C. Felmann:<br />

Vorwort zur Erstauflage. Lebenslauf<br />

von Carl Joseph Dinslage. Neheim unter<br />

der Königlich Preußischen Regierung.<br />

Bürgermeisterwahlen 1847, 1858 und<br />

1871 – Städtische Verfassungen. Neheim<br />

in den Revolutionsjahren 1848 und 1849.<br />

Das 600jährige Jubiläum der Stadt Neheim.<br />

Statistische Beschreibung der Stadt<br />

Neheim 1863. Donatoren – Gedächtnisfeier<br />

1368–1868. Alte Straßen und Flurnamen.<br />

Hofespacht und Zehnten. Neheim<br />

an der Schwelle der Industrialisierung.<br />

Stadtgeschichte im Spiegel der Ratsprotokolle<br />

1668–1767. Kriegs- und Notzeiten<br />

der Stadt Neheim. Besondere Ereignisse.<br />

Heimatblätter <strong>des</strong> Heimatbun<strong>des</strong> Neheim Hüsten e. V.,<br />

Widukindstraße 23, 57579 Arnsberg<br />

De Fitterkiste –<br />

Geschichtliches aus Winterberg<br />

und seinen Dörfern<br />

Band 20 Ausgabe 2011. Msgr. Dr. W.<br />

Kuhne: „Wer zum Lehren berufen ist, der<br />

lehre“. U. Lange: Gibt es den „Wandergenuss“<br />

auch ohne Gütesiegel? H. Koch:<br />

Försterleben im 18. und 19. Jahrhundert.<br />

Msgr. Dr. W. Kuhne: „Anspruch, das Herrenvolk<br />

der Welt sein zu wollen“. A. Hitzegrad<br />

(†): Die Strickmühle in Grönebach.<br />

Dr. F. Opes: Zu Besuch in der heimlichen<br />

Hauptstadt Hessen. E. Stahlschmidt: In<br />

memoriam an den verstorbenen Pfarrer<br />

i. R. und Geistlichen Rat Friedrich Appelhand.<br />

Dr. W. Herold: Familiennamen<br />

– Herkunft und Bedeutung. Dr. F. Opes:<br />

Ein großer Tag für die Winterberger Heimatfreunde.<br />

U. Peis: Episoden und Erinnerungen<br />

an meine Kindheit. R. Ahlers:<br />

Fränkische Gewandspange aus der Karolingerzeit.<br />

U. Lange: Kleine Wanderwelt<br />

Grönebach. E. Stahlschmidt: Johann<br />

Jost Stahlschmidt aus Grönebach weigert<br />

sich Rezeptionsgeld zu zahlen. U. Lange:<br />

Dorfpfad Grönebach. Div. Autoren: Winterberger<br />

Ausdrücke und Bezeichnungen.<br />

B. Selbach: Nun läuft sie wieder – die<br />

Hellequelle. J. Pape: Das Wetter 2010.<br />

F. Mickus: Ein Ort der Erinnerung für den<br />

„Siedlinghauser Kreis“. H. Hellwig: Ehrenmal<br />

erstrahlt in neuem Glanz.<br />

Herausgeber: Heimat- und Geschichtsverein<br />

Winterberg e. V.<br />

Jahrbuch Olpe 2010/2011<br />

Das Jahrbuch <strong>des</strong> Heimatvereins für<br />

Olpe und Umgebung steht 2011 ganz im<br />

Zeichen <strong>des</strong> 700jährigen Stadtjubiläums,<br />

das mit vielen festlichen Veranstaltungen<br />

begangen wurde. Konsequenterweise beginnt<br />

es mit der Wiedergabe der Ansprachen<br />

und Vorträge bei den zahlreichen<br />

Versammlungen und Tagungen im Jahresverlauf.<br />

Die Fülle der Grußworte und<br />

Ansprachen muss hier unberücksichtigt<br />

bleiben, zumal ein „Rückblick“ alle Veranstaltungen<br />

noch einmal eingehend zusammenfasst<br />

(S. 81–106) Doch sei der<br />

Eingangsvortrag erwähnt, der dem Stadtgründer,<br />

dem Kurfürst Heinrich II. Graf<br />

von Virneburg, gilt. Michael Maiworm<br />

schildert das Wirken <strong>des</strong> Kirchenmanns,<br />

Königmachers und Krisenmanagers im<br />

bewegten 14. Jahrhundert in persönlicher,<br />

lebendiger Art. Der Kurfürst stattete das<br />

Dorf Olpe am 26. April 1311 in einer Urkunde<br />

in Neuss mit Stadtrechten aus, so<br />

dass es sich nun befestigen und somit auch<br />

sein schon bestehen<strong>des</strong> Bergwerk schützen<br />

konnte.<br />

In eine ganz andere, ebenfalls sehr bewegte<br />

Zeit führt uns Rolf Müller mit dem<br />

3. Teil seiner Zusammenstellung „Das<br />

haben wir nicht gewusst“ die katholische<br />

Kleinstadt Olpe im Spiegel <strong>des</strong> „Sauerländischen<br />

Volksblatt“ in den ereignisreichen<br />

Jahren 1938–1941 vor, bis 1941 die<br />

Zeitung ihr Erscheinen einstellen musste.<br />

(S. 107–192) Gern wüsste man, wie die<br />

Olper Leser auf die pausenlosen scharfen<br />

Kampagnen gegen die Juden in ihrem<br />

Blatt reagierten. Ein eigener Abschnitt<br />

<strong>des</strong> Jahrbuchs gilt speziell namhaften Personen<br />

im zeitlichen Wandel, einmal dem<br />

Indio-Missionar Eberhard Hengstebeck<br />

SJ (1725–1772), der im Orinoko Gebiet<br />

allerdings nur kurzfristig tätig war, denn<br />

der spanische König ließ 1767 alle Jesuiten<br />

aus Südamerika ausweisen (Christoph<br />

Nebgen S. 225–245). Matthias Pape analysiert<br />

eine völlig andere Zeit in seinem<br />

Aufsatz über den Olper Pfarrer Hermann<br />

Josef Kurze in den Jahren innerkirchlichen<br />

und gesellschaftlichen Umbruchs<br />

von 1967-1979, die auch den Kleinstadt<br />

Katholizismus herausforderten und Kurze<br />

nicht unerheblich belasteten.<br />

Aber auch der „kleinen Leute“ ist gedacht.<br />

Über die Geschicke der Familie im<br />

letzten strohgedeckten Haus in Olpe berichten<br />

Alfons und Paulheinz Gummersbach<br />

aus den Jahren 1935–1953, als das alte<br />

Haus einem Neubau weichen musste, in:<br />

die „Hütten“ (S. 287–328) Ausführlich wird<br />

nicht nur das Familienleben erzählt, auch<br />

die Arbeit in der kleinen Landwirtschaft und<br />

Jahres- und Festverlauf erstehen anschaulich<br />

vor unseren Augen, ein sozialgeschichtlich<br />

interesssanter Bericht aus einer nun<br />

entschwundenen Welt. Ein Erlebnisbericht<br />

über das Kriegsende 1945 ergänzt diesen<br />

umfangreichen Jahrbuchteil, <strong>des</strong>sen viele<br />

weitere Beiträge z. B. aus Kunst- und Kultur<br />

aus Raumgründen hier nicht erwähnt<br />

werden können. Doch der Mundartbeitrag<br />

von Peter Bürger über ein plattdeutsches<br />

Zeitungskapitel zum Kulturkampf 1875–77<br />

„Wy Suerlänners wören bit van Dage katholsk“<br />

sei noch genannt, ein bemerkenswertes<br />

Zeugnis damaliger Gestimmtheit.<br />

Fazit: Insgesamt ist Josef Wermert<br />

und seinen Mitarbeitern Günther Becker,<br />

Gerhard Burghaus, Matthias Schrage und<br />

Axel Stracke hier ein anregen<strong>des</strong> und lesenswertes<br />

Jahrbuch gelungen, das nicht<br />

nur für Olpe, sondern weit darüber hinaus<br />

von Interesse ist. Dr. Erika Richter<br />

Heimatblätter<br />

<strong>des</strong> Arnsberger Heimatbun<strong>des</strong><br />

32/2011.: Prof. Dr. Dr. A. Kettrup:<br />

Grußwort. M. Gosmann: Der Maximiliansbrunnen<br />

auf dem Alten Markt – Stationen.<br />

Prof. Dr. Dr. A. Kettrup: Geschichte<br />

der Handwerkskammer Arnsberg. Dr.<br />

G. Cronau: Noch einmal Franz Kessler:<br />

sein Weihnachtsbrief vom 28.11.1941.<br />

J. Ottersbach: „Arnsberg, ich bau Dir ein<br />

Schloss“. A. H. Hoffmann: „Sommerfrische“<br />

in Arnsberg. M. F. Rüther: Firmen<br />

und Geschäftsanzeigen aus Arnsberg um<br />

1900, Folge 5. Dr. M. Baumeister/G.<br />

Schlecht: 150 Jahre Turnverein Arnsberg<br />

1861 e. V. W. Thomas: Eine Weltmeisterschaft<br />

in Arnsberg. M. Hochstein: Uentroper<br />

Schützen haben 100-jährige Geschichte.<br />

K. J. Schulte: Die Feldmühle und ihre<br />

„Wohnsiedlung Lasmecke“. W. Mohler:<br />

Ein kleines Gemälde vom Kloster Wedinghausen.<br />

E. Kriegel geb. Stein: Handwerkerumzug<br />

in Arnsberg 1933 – Fotos. M.<br />

F. Rüther: Ostertage in Arnsberg 1934.<br />

B. Welke: Mit dem Fahrrad durch die Zeit.<br />

F. Keuter: Schlachtfest für Kiwweken. P.<br />

M. Goldner: Hanse-Stadt ohne Hafen? W.<br />

Klimmer: die Historische Bibliothek <strong>des</strong><br />

Gymnasium Laurentianum. H. J. Vogel:


48 Sauerland 1/2012<br />

Grußwort zum Schützenfest: Arnsberger<br />

Meisterschuss vor 425 Jahren. N. Baumeister:<br />

Ein Kunstsommerstückchen. H.<br />

Wevering: Die Kreuzbergkapelle und ihre<br />

Wiedersichtbarmachung. Verjüngungskur<br />

am Schlossbergaufgang. T. Kapteiner:<br />

Willkommen in der Waldkultur <strong>des</strong> Arnsberger<br />

Wal<strong>des</strong>. H. Wevering: Waldgottesdienst<br />

am Hubertuspöstchen. T. Kapteiner:<br />

Arnsberg im Wandel – Teil 2. H.<br />

G. Schüttler/R. Hahne: Auswertung alter<br />

Urkunden bracht Licht in Breitenbrucher<br />

Geschichte. W. Bühner: Nachruf Heimatfreund<br />

Paul Hansknecht (1924-2011).<br />

Prof. Dr. Dr. A. Kettrup: Tätigkeitsbericht<br />

<strong>des</strong> Arnsberger Heimatbun<strong>des</strong>.<br />

Hrsg. vom Arnsberger Heimatbund e. V.,<br />

Berbke 15, 59821 Arnsberg<br />

Geschichte Echthausens<br />

Der Rat der bis dahin selbstständigen<br />

Gemeinde Echthausens hatte in seiner<br />

letzten Sitzung am 13.6.1969 der neuen<br />

Gemeinde Wickede, zu der Echthausen<br />

seitdem gehört, empfohlen die Chronik<br />

Echthausens fortzusetzen. Es gab bereits<br />

Chroniken, die 1946 und 1969 geschrieben<br />

worden waren. Die jetzt 2011 erschienene,<br />

von Alfons Henke, Johannes Bröer<br />

und Rainer Belz verfasste „Geschichte <strong>des</strong><br />

Dorfes Echthausen“, bringt diese früheren<br />

Chroniken als Anhang (S. 149 – 210) und<br />

nimmt auch immer wieder Bezug auf deren<br />

Aussagen, so dass nun eine ausführliche<br />

Geschichte Echthausens von den Anfängen<br />

<strong>des</strong> schon 1036 genannten Dorfes bis<br />

zur Gegenwart, als Echthausen vom Landkreis<br />

Arnsberg zum Kreis Soest kam, vorliegt.<br />

Die Ereignisse seit der Neugliederung<br />

spielen selbstverständlich eine besondere<br />

Rolle. Den Beginn machen das Schloss<br />

und seine Baugeschichte seit dem 16.<br />

Jahrhundert bis in die jüngste Zeit und die<br />

Adelsfamilien, die hier ihren Sitz hatten,<br />

vor allem die Geschlechter der von Schüngels<br />

und von Liliens. Dann wird das Dorf<br />

Echthausen vorgestellt, das seit der Neugliederung<br />

manche Änderungen erfahren<br />

hat, aber doch auch gern an die Charakteristik<br />

der Vergangenheit erinnert, sie z. B.<br />

die Skulpturengruppe „störrische Ziegen“<br />

bezeugt. Öffentliche Einrichtungen wie<br />

die Westerheiderschule, Sporthalle, Kindergarten,<br />

der erweiterte Friedhof, aber<br />

auch der Flugplatz in seiner modernen<br />

Gestaltung sind eingehend geschildert,<br />

ebenso die katholischen und evangelischen<br />

kirchlichen Angelegenheiten. Das Kapitel<br />

„Landwirtschaft“ entspricht dem in vielen<br />

anderen sauerländischen Gemeinden:<br />

die Bauernhöfe sind aufgegeben worden,<br />

die landwirtschaftliche Nutzung hört auf,<br />

auch die Handwerksbetriebe sind zurückgegangen,<br />

während die Industriebetriebe<br />

an Bedeutung gewonnen haben. Einen<br />

gewichtigen Raum beansprucht der Bau<br />

<strong>des</strong> Wasserwerks, das seit 1942 hier eine<br />

Trinkwassergewinnungsanlage betreibt.<br />

Eine ganz außergewöhnliche Einrichtung<br />

in Echthausen ist der „Show-Service Diana“,<br />

das Unternehmen der Familie Antoine,<br />

die hier ein Winterquartier für ihre<br />

Zirkustiere geschaffen hat. Mitglieder der<br />

Familie Antoine sind im Dressur- und<br />

Showgeschäft inzwischen europaweit bekannt,<br />

berühmtester Filmstar aus Echthausen<br />

ist aber wohl das Schwein „Rudi<br />

Rüssel“. Nach der auch hier berichteten<br />

Entwicklungsgeschichte der Vielzahl örtlicher<br />

Vereine bringt ein reizvoller Abschnitt<br />

die Schilderung von Erinnerungen<br />

Echthauser Kinder (S. 141 – 146), die<br />

am Ende <strong>des</strong> ersten Teils der Echthauser<br />

Geschichte stehen. Der nun beginnende<br />

Anhang Rasche/Schäfer von 1946 und<br />

Streitbürger 1969 enthalten ausführliche<br />

historische Erläuterungen zu Echthausen<br />

und sind als Ergänzung zu der Neuausgabe<br />

von 2011 unbedingt lesenswert. Erst als<br />

gemeinsame Darstellung bieten sie eine<br />

Meldung<br />

„Dialektgrenzen im Kopf“<br />

LWL-Kommission veröffentlicht Arbeit<br />

über mentale Sprachräume<br />

Westfalen (lwl). Was wissen die Plattdeutsch-Sprecher<br />

in Westfalen-Lippe<br />

über ihre Sprache? Wie nehmen sie ihren<br />

Sprachraum wahr? Mit diesen Fragen hat<br />

sich Daniela Twilfer aus Coesfeld in ihrer<br />

Magisterarbeit beschäftigt, für die sie<br />

Fragebögen aus etwa 2.000 Orten <strong>des</strong><br />

westfälischen Sprachraums ausgewertet<br />

hat. Die Fragebögen stammen aus dem<br />

Archiv der Kommission für Mundart- und<br />

Namensforschung <strong>des</strong> Landschaftsverban<strong>des</strong><br />

Westfalen-Lippe (LWL). Die LWL-<br />

Kommission hat die Magisterarbeit jetzt als<br />

Buch herausgegeben.<br />

Eine große Karte mit über 3.500 Pfeilen<br />

zeigt, wo die Mundartsprecher Ähnlichkeiten<br />

zwischen den Ortsmundarten<br />

wahrnehmen und wo nicht. „Die Lippe ist<br />

eine fest im Sprachwissen der Menschen<br />

verankerte Sprachgrenze, die das Münsterländische<br />

vom Südwestfälischen trennt“,<br />

stellt die Autorin fest. „Im nördlichen Ostwestfalen,<br />

im Kreis Minden-Lübbecke, sind<br />

umfassende, anschauliche und informative<br />

Geschichte <strong>des</strong> Dorfes Echthausen.<br />

Dr. Erika Richter<br />

Sunderner Heimatblätter<br />

19/2011: Dr. F. Schulte-Kramer: Ein<br />

Weltstar in Amecke – Henny Porten drehte<br />

einen Stummfilm im Sauerland. Dr. H.<br />

Schmidt: Die Heuwiese zu Stemel. K. Baulmann:<br />

Klostergut Brenschede und Kloster<br />

Brunnen. Dr. A. Otto: Exorzismus vor 100<br />

Jahren. Dr. H. Schmidt: Die Peter-Bierhaus-Straße.<br />

H. Grote: 50 Jahre Ehrenmal<br />

Stockum. A. Lübke: Der Traum von der Eisenbahn<br />

und dem Knotenpunkt Allendorf.<br />

V. Wargin: 100 Jahre Dr. Maria Röhrig.<br />

M. Gülcher: 1125 Jahre Kirchspiel Hellefeld<br />

„Altes Testament“. Dr. G. Teske: Eine<br />

denkwürdige Silvesternacht – Ein Auszug<br />

aus den Allendorfer Ratsprotokollen. A. W.<br />

Hoffmann: Spar- und Darlehnskasse Hachen<br />

GmuH zu Hachen an der Röhr. Das<br />

Rittergut Reigern. Dr. F. Schulte-Kramer:<br />

Ausflüge und Exkursionen.<br />

Sunderner Heimatblätter Rund um Linnepe, Röhr und<br />

Sorpe. Sunderner Heimatbund e. V. , Verein für Geschichte,<br />

Kultur und Heimatpflege in der Stadt Sundern,<br />

Dr. Friedrich Schulte-Kramer, Hauptstr. 120, 59846<br />

Sundern Tel.: 02933/2034<br />

sich dagegen jeweils fünf bis zehn benachbarte<br />

Ortschaften einig, dass sie eine ähnliche<br />

Mundart sprechen, die sich deutlich<br />

von der Umgebung abhebt.“ Solche im<br />

Sprachwissen der Menschen verankerten<br />

Raumbilder sind für Westfalen-Lippe nun<br />

erstmalig umfassend dokumentiert. Ein<br />

überraschen<strong>des</strong> Ergebnis der Arbeit: Die<br />

Sicht der Plattsprecher auf den westfälischen<br />

Sprachraum weist viele Parallelen<br />

mit der Einteilung der Sprachforscher auf.<br />

Das Buch „Dialektgrenzen im Kopf.<br />

Der westfälische Sprachraum aus volkslinguistischer<br />

Perspektive“ ist im Verlag für<br />

Regionalgeschichte (Bielefeld) erschienen.<br />

Die Pfeilkarte liegt nicht nur dem Buch<br />

bei, sie kann auch auf der Website der<br />

Kommission für Mundart- und Namensforschung<br />

Westfalens kostenlos heruntergeladen<br />

werden (http://www.mundartkommission.lwl.org).<br />

Twilfer, Daniela: Dialektgrenzen im Kopf.<br />

Der westfälische Sprachraum aus volkslinguistischer Perspektive.<br />

Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte 2012<br />

Westfälische Beiträge zur niederdeutschen Philologie 13<br />

94 S. Broschüre. Eine farbige Karte. 14 Euro<br />

ISBN 978-3-89534-903-4


Sauerland 1/2012 49<br />

Personalien<br />

Edward Kersting<br />

feierte 80. Geburtstag<br />

Im Waldgasthof<br />

Föckinghausen feierte<br />

am 26. Januar<br />

Edward Kersting,<br />

der langjährige<br />

Chef der Olsberger<br />

Hütte, seinen<br />

80. Geburtstag. Im<br />

Kreis seiner gro ßen<br />

Familie konnte er dazu zahlreiche Freunde,<br />

Weggefährten, Mitarbeiter und Nachbarn<br />

herzlich begrüßen. In markant gesetzten<br />

Worten zeichnete er seinen Lebensweg<br />

nach, der den gebürtigen Briloner nach seinem<br />

Abitur am Arnsberger Laurentianum<br />

zunächst zur TH Braunschweig führte, wo<br />

er Elektrotechnik studierte. 1958 kam er<br />

als Projektingenieur zu Siemens in Essen/<br />

Duisburg. Seine Hauptaufgabenbereiche:<br />

Hüttenwerke und Industrie. Von 1961-<br />

1964 übernahm er die Leitung der Elektrobetriebe<br />

der Duisburger Kupferhütte.<br />

1965 kam er zurück ins Sauerland und<br />

wurde Geschäftsführender Gesellschafter<br />

der Olsberg Hermann Everken GmbH.<br />

Seit dem Jahr 2000 fungiert er als Vorsitzender<br />

<strong>des</strong> Beirates in dem Unternehmen,<br />

das er nun jahrzehntelang energievoll mit<br />

viel Phantasie, Vitalität, Weit- und Umsicht<br />

geleitet hat. Dabei erfuhr das Werk zahlreiche<br />

Umstrukturierungen und konnte<br />

sich so für moderne Anforderungen und<br />

Entwicklungen rüsten.<br />

Große Verdienste erwarb sich Edward<br />

Kersting bei seinen ehrenamtlichen Tätigkeiten<br />

in Organisationen und Verbänden<br />

der Wirtschaft. So war er u. a. bis 2002<br />

Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer<br />

Arnsberg und Vorsitzender <strong>des</strong><br />

Unternehmensverban<strong>des</strong> Südöstliches<br />

Westfalen. Auf kommunaler Ebene arbeitete<br />

er als Mitglied <strong>des</strong> Kreistages. Er gehörte<br />

zum ersten Stadtrat der neuen Doppelstadt<br />

Bigge-Olsberg von 1969 bis 1975. Im Bigger<br />

Josefsheim galt sein Einsatz vor allem<br />

den Dauerheimbewohnern. In jüngster<br />

Zeit wirkte er mit bei der Neuausrichtung<br />

<strong>des</strong> Hauses Hövener in Brilon. Seit 2001<br />

gehört er zum Vorstand der Stiftung Briloner<br />

Eisenberg und Gewerke. In seiner<br />

Freizeit zog es den passionierten Jäger in<br />

die Fluren und Wälder rund um das Grimmedorf<br />

Assinghausen. Sonntags ließ er es<br />

sich nicht nehmen, hier das Hochamt in<br />

der Dorfkirche auf der Orgel zu begleiten.<br />

Heinz Lettermann<br />

Anton Trippe – Nachruf<br />

Im Alter von 80 Jahren verstarb Anton<br />

Trippe, gebürtig vom Rennefeld in Medebach,<br />

zuletzt wohnhaft in Kaarst-Büttgen.<br />

Er besuchte das Progymnasium in<br />

Medebach und das Gymnasium in Brilon.<br />

1954 wurde er staatlich geprüfter<br />

Wirtschaftskorrespondent und war Bevollmächtigter<br />

und Verkaufsleiter beim Stahlkonzern<br />

Usinor-Sacilor in Paris.<br />

Zu seinen bedeutenden Buchausgaben,<br />

Artikeln in Fachz<strong>eitschrift</strong>en und Buchbeteiligungen<br />

gehören: Die Münzen von<br />

Medebach 1967, das Notgeld der Stadt<br />

Medebach 1968, Medebach an ereignisreichen<br />

Tagen 1945, Medebach 1455<br />

– Zeugnis starken Bürgertums, das Sauerland<br />

im 30-jährigen Krieg 1988, Kanonade,<br />

Korporale und Kontributionen – das<br />

kölnische Sauerland im 7-jährigen Krieg,<br />

Münz- und Geldwesen der Stadt Medebach<br />

in dem Buch „Geschichte von Stadt und<br />

Amt Medebach“.<br />

In dem Buch „Das Ende <strong>des</strong> 2. Weltkriegs<br />

in Medebach“, hat er über seine<br />

persönlichen Kriegserlebnisse in seinem<br />

Elternhaus am Rennefeld und Umgebung<br />

berichtet, Hinterlassenschaften wie Stahlhelme<br />

u. a. hat er aufbewahrt und an das<br />

Museum in Medebach übergeben. Sein<br />

letztes Buch befasste sich mit Joan-Wilm<br />

Trippe, Bürgermeister und kurkölnischer<br />

Schöffe 1720 -1800, Schicksale Medebacher<br />

Soldaten im 2. Weltkrieg und Zeugnisse<br />

Medebacher Auswanderer in die<br />

USA.<br />

Sein literarisches Wirken wäre unvollständig,<br />

wenn nicht auf die zahlreichen<br />

Veröffentlichungen in Fachz<strong>eitschrift</strong>en<br />

und Zeitungen, so auch in der Z<strong>eitschrift</strong><br />

„Sauerland“ hingewiesen würde.<br />

Auch wenn er in rheinländischer Erde<br />

seine letzte Ruhestätte gefunden hat, er ist<br />

immer Sauerländer geblieben mit starker<br />

Bindung zu seinem Geburtsort Medebach.<br />

Josef Drilling<br />

Hohe Auszeichnung<br />

für Msgr. Dr. Konrad Schmidt<br />

Mit der nur selten verliehenen Goldenen<br />

Plakette der Landwirtschaftskammer NRW<br />

wurde unser Heimatfreund Msgr. Prof. Dr.<br />

Konrad Schmidt ausgezeichnet. In seiner<br />

Laudatio führte der Kammerpräsident<br />

Johannes Frizen aus, dass unser Heimatfreund<br />

Konrad Schmidt wie sein Vorgänger<br />

Msgr. Dr. Wilhelm Kuhne die Landvolkshochschule<br />

in Hardehausen zu einem<br />

Ort der Begegnung und <strong>des</strong> Austauschs<br />

von Wissen und Erfahrung gemacht habe.<br />

Neben seiner Kunst, Menschen für eine<br />

gute Sache zu gewinnen und sie zu begleiten,<br />

habe er sich immer auch durch sein<br />

Organisationstalent, seine Beharrlichkeit<br />

und seine Gabe, im Großen wie im Kleinen<br />

zu denken, ausgezeichnet.<br />

Bekanntlich war Msgr. Konrad<br />

Schmidt von 1992 bis 2011 Rektor der<br />

Erwachsenenbildungsstätte in Hardehausen.<br />

Nach seiner Zurruhesetzung lebt er<br />

jetzt in seinem Heimatort Stockum bei<br />

Sundern, wo er sich zur Freude <strong>des</strong> Sauerländer<br />

Heimatbun<strong>des</strong> auch den Aufgaben<br />

der Heimatpflege widmen wird.<br />

Dr. Adalbert Müllmann<br />

Trauer um Dr. Joachim Grünewald<br />

Man kannte<br />

ihn nicht nur im<br />

heimischen Olpe<br />

und im Sauerland,<br />

sondern ebenso<br />

auch in Münster<br />

und Düsseldorf, in<br />

Bonn und Berlin.<br />

Auf vielen Ebenen<br />

der öffentlichen<br />

Verwaltung waren<br />

seine Sachkenntnis, sein Ideenreichtum<br />

und sein Gespür für das politisch Wichtige<br />

und Machbare gefragt. Der langjährige<br />

Oberkreisdirektor <strong>des</strong> Kreises Olpe und<br />

spätere parlamentarische Staatssekretär<br />

Dr. Joachim Grünewald verstarb unerwartet<br />

am 5. Januar 2012 im Alter von 78<br />

Jahren.<br />

1967 wurde er zum Oberkreisdirektor<br />

gewählt, ein Amt, das er bis zum Ende seiner<br />

zweiten Wahlperiode 1987 ausübte.<br />

Seine größte Leistung in dieser Zeit sei<br />

gewesen, so Landrat Frank Beckehoff in<br />

einem Gespräch, dass er in der Phase der<br />

kommunalen Neuordnung 1975 die Selbständigkeit<br />

<strong>des</strong> Kreises Olpe behauptet<br />

habe, gestützt auf sein Verhandlungsgeschick<br />

und seine guten Sachkontakte mit<br />

den entscheidenden Beschlussgremien.<br />

Von 1987 bis 1994 gehörte er als direkt<br />

gewählter Abgeordneter dem Deutschen<br />

Bun<strong>des</strong>tag an. Hier machte er sich<br />

als Finanzexperte einen Namen. Von<br />

1991 bis 1994 war er Parlamentarischer<br />

Staatssekretär beim Bun<strong>des</strong>minister der<br />

Finanzen. Anschließend wurde er Vorsitzender<br />

der früheren Treuhandanstalt für<br />

vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, wo<br />

er sich in so hohem Maße bewährte, dass<br />

ihm 1998 eine der höchsten deutschen<br />

Auszeichnungen, das Große Bun<strong>des</strong>verdienstkreuz<br />

mit Stern, verliehen wurde.<br />

Schließlich stellte er sein Fachwissen auch


50 Sauerland 1/2012<br />

den Ländern Ungarn und Rumänien bei<br />

der Lösung schwieriger Privatisierungsfragen<br />

zur Verfügung.<br />

Bei all diesen Aufgaben auf nationaler<br />

und europäischer Ebene verlor er nicht<br />

den Kontakt zu seiner Heimat. Der Kreis<br />

Olpe schreibt in seinem Nachruf zu Recht:<br />

„Als echter Sauerländer blieb er seiner<br />

Heimat, ihren Menschen und Traditionen<br />

fest verbunden.“ Der Sauerländer Heimatbund<br />

ist ihm dankbar dafür, dass der Kreis<br />

Olpe sich immer wieder zu Einheit <strong>des</strong> kurkölnischen<br />

Sauerlan<strong>des</strong> bekannt hat. Ich<br />

selbst verliere in Dr. Joachim Grünewald<br />

einen Freund, auf den auch in politisch<br />

unruhigen Zeiten Verlass war. Wir werden<br />

ihn in guter Erinnerung behalten.<br />

Dr. Adalbert Müllmann<br />

Dr. jur. Franz Demmer †<br />

Nach langer<br />

schwerer Krankheit<br />

verschied am<br />

11. Dezember<br />

2011 im Alter<br />

von 68 Jahren<br />

Dr. Franz Demmer,<br />

von 1987<br />

bis 1995 Oberkreisdirektor<br />

<strong>des</strong><br />

Kreises Olpe. Der<br />

promovierte Jurist war zuvor Landrat <strong>des</strong><br />

Lahn-Dill-Kreises gewesen. Landrat Frank<br />

Beckehoff würdigte seinen Amtsvorgänger<br />

mit den Worten: „Mit Pragmatismus, Weitsicht<br />

und Mut zu raschen Entscheidungen<br />

erfüllte Dr. Demmer seine Aufgaben zum<br />

Wohle <strong>des</strong> Kreises Olpe und seiner Bürgerinnen<br />

und Bürger und stellte Weichen für<br />

die Zukunft.<br />

Das war besonders in der Feierstunde<br />

am 7. Juni 1995 zum Ausdruck gekommen,<br />

als ihm bei seiner Verabschiedung<br />

Frau Regierungspräsidentin Berve das von<br />

Bun<strong>des</strong>präsident Roman Herzog verliehene<br />

Bun<strong>des</strong>verdienstkreuz überreichte,<br />

nachdem zuvor Landrat Hanspeter Klein<br />

festgestellt hatte, dass Dr. Demmer sein<br />

Amt nicht nur verwaltet, sondern auch gestaltet<br />

habe.<br />

Der Personalratsvorsitzende Karl-Josef<br />

Stemmer widmete damals dem scheidenden<br />

Oberkreisdirektor einige Worte,<br />

die sicher nicht jeder Chef zu hören bekommt:<br />

„Vorsichtiges Taktieren und Absichern<br />

nach allen Seiten war ihm völlig<br />

fremd. Es hat sich gezeigt, dass die Vorteile<br />

eines kompetenten Chefs überwiegen, und<br />

zudem hat sich Dr. Demmer immer vor seine<br />

Leute gestellt, ist in der Kritik nie ehrverletzend<br />

geworden, und über allem stand<br />

sein christliches Menschenbild. Für die<br />

schwerbehinderten Kollegen war er das<br />

Glück ihres Lebens ...<br />

In seinen Dankesworten vergaß Dr.<br />

Demmer nicht, auf die freundschaftliche<br />

Zusammenarbeit mit dem damaligen Kreisdirektor<br />

Knut Friedrich Platz hinzuweisen,<br />

der seinerseits auf einen erfreulich engen<br />

Kontakt mit dem Sauerländer Heimatbund<br />

hinwirkte. Unsere Heimatfreunde<br />

wissen es zu schätzen, dass die Spitzen<br />

<strong>des</strong> Kreises Olpe sich immer wieder zur<br />

Einheit <strong>des</strong> kurkölnischen Sauerlan<strong>des</strong> bekannt<br />

haben. Dr. Adalbert Müllmann<br />

Stadtdirektor a. D. Edwin Dohle<br />

verstorben<br />

Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung<br />

wurde er in seinem Heimatdorf<br />

Silbach zur letzten Ruhe geleitet. Stadtdirektor<br />

a. D. Edwin Dohle starb am<br />

24. 1. 2012 im Alter von 86 Jahren.<br />

Von 1960 bis 1974 war er Amtsdirektor<br />

<strong>des</strong> Amtes Niedersfeld und von 1975 bis<br />

1989 erster Stadtdirektor der neuen Stadt<br />

Winterberg. In all diesen Jahren stand ich<br />

mit ihm in engem dienstlichen und persönlichen<br />

Kontakt.<br />

In den unruhigen und schwierigen Jahren<br />

der kommunalen Neuordnung 1975<br />

gelang es ihm erstaunlich schnell, in der<br />

neuen Stadt Winterberg in den vierzehn<br />

damals selbständigen Gemeinden <strong>des</strong><br />

Großraumes Winterberg einen Interessenausgleich<br />

zwischen der Kernstadt und den<br />

umliegenden Dörfern herbeizuführen und<br />

dadurch die notwendige Einheitlichkeit in<br />

der Wahrung der Gesamtinteressen zu sichern.<br />

Man wird sagen dürfen, dass er als<br />

Stadtdirektor die Kommunalpolitik im oberen<br />

Sauerland führend mit gestaltet und<br />

geprägt hat.<br />

Die Stadt Winterberg widmete ihm einen<br />

eindrucksvollen Nachruf, in dem es<br />

heißt: „Edwin Dohle war ein Mann <strong>des</strong> Gesprächs<br />

und der Tat, er war ein geschickter<br />

Verhandlungspartner mit großer Überzeugungskraft.<br />

Seine persönlichen Kontakte<br />

im außerkommunalen Bereich zu Behörden<br />

und Ministerien dienten der Weiterentwicklung<br />

unserer Stadt Winterberg.“<br />

Hervorzuheben ist sein persönlicher<br />

Einsatz beim Wettbewerb „Unser Dorf<br />

hat Zukunft“. Gelegentlich hat man ihn<br />

als „Vater der Golddörfer“ rings um den<br />

Kahlen Asten bezeichnet. Hervorzuheben<br />

sind auch seine Bemühungen, der weithin<br />

bekannten Bob- und Rodelbahn eine ausreichende<br />

wirtschaftliche Basis zu geben.<br />

Er hielt nicht viel von langen Schriftsätzen,<br />

sondern er suchte immer wieder die persönliche<br />

Begegnung. Dem Heimat- und<br />

Geschichtsverein Winterberg war er ebenso<br />

wie dem Sauerländer Heimatbund besonders<br />

verbunden. Zu Recht wurde ihm<br />

im Jahre 1992 die Ehrenmedaille der<br />

Stadt Winterberg verliehen.<br />

Dr. Adalbert Müllmann<br />

I mpressum<br />

SAUERLAND<br />

Z<strong>eitschrift</strong> <strong>des</strong> Sauerländer Heimatbun<strong>des</strong><br />

(früher Trutznachtigall, Heimwacht und Sauerlandruf)<br />

45. Jahrgang • Heft 1, März 2012<br />

ISSN 0177-8110<br />

Herausgeber und Verlag: Sauerländer Heimatbund e.V.,<br />

Postfach 14 65, 59870 Meschede<br />

Vorsitzender: Elmar Reuter, Unterm Hagen 39,<br />

59939 Olsberg, Tel. (02962) 80 22 77,<br />

E-Mail: Reuter.Elmar@t-online.de<br />

Stellv. Vorsitzende: Birgit Haberhauer-Kuschel,<br />

Wesetalstraße 90, 57439 Attendorn,<br />

Tel. (0 27 22) 7473,<br />

E-Mail: genelogia@RA-Kuschel.eu.<br />

Ehrenvorsitzender: Dr. Adalbert Müllmann, Jupiterweg 7,<br />

59929 Brilon, Tel. (0 29 61) 13 40<br />

Geschäftsstelle: Hochsauerlandkreis, Fachdienst<br />

Kultur/Musikschule, Karin Kraft,<br />

Telefon (02 91) 94-14 62, Telefax (02 91) 9 42 6171,<br />

E-Mail: Karin.Kraft@hochsauerlandkreis.de,<br />

Postfach 14 65, 59870 Meschede<br />

Internet: www.sauerlaender-heimatbund.de<br />

Konten: Sparkasse Arnsberg-Sundern<br />

(BLZ 466 500 05) 4 000 600.<br />

Jahresbeitrag zum Sauerländer Heimatbund<br />

einschließlich <strong>des</strong> Bezuges dieser Z<strong>eitschrift</strong> 15,– EUR.<br />

Einzelpreis 4,00 EUR.<br />

Erscheinungsweise vierteljährlich.<br />

Redaktion: Günther Becker, Lennestadt. Werner Cor<strong>des</strong>,<br />

Attendorn. Dr. Theo Bönemann, Menden. Su san ­<br />

ne Falk, Lennestadt. Norbert Föckeler, Brilon. Birgit<br />

Haberhauer-Kuschel, Attendorn. Professor Dr. Huber tus<br />

Halbfas, Drolshagen. Heinz Lettermann, Bigge-Olsberg.<br />

Dr. Adalbert Müllmann, Brilon. Heinz-Josef Pad berg,<br />

Meschede. Elmar Reuter, Olsberg. Dr. Erika Richter, Meschede.<br />

Michael Schmitt, Sundern. Dr. Jür gen Schulte-<br />

Hobein, Arnsberg. Dieter Wiethoff, Me sche de. Dieter<br />

Wurm, Meschede.<br />

Schlussredaktion: Hans Wevering, Schlossstraße 54,<br />

59821 Arnsberg, Tel. (0 29 31) 32 62,<br />

Fax (0 29 31)1 29 83, E-Mail: hanswevering@t-online.de,<br />

Martin Reuther, Alter Soestweg 85, 59821 Arnsberg,<br />

Tel. (02 91) 94-14 58,<br />

E-Mail: martinreuther@t-online.de<br />

Redaktionsanschrift: Sauerländer Heimatbund,<br />

Postfach 14 65, 59870 Meschede<br />

Lithografie, Layout und techn. Redaktion:<br />

Hans Wevering, Schlossstraße 54, 59821 Arnsberg,<br />

Tel. (0 29 31) 32 62, Fax (0 29 31) 1 29 83,<br />

E-Mail: hanswevering@t-online.de,<br />

www.weveringlayout.de<br />

Druck: becker druck, F. W. Becker GmbH<br />

Anzeigenverwaltung:<br />

becker druck, F. W. Becker GmbH, Grafenstraße 46,<br />

59821 Arnsberg, Ansprechpartner: Eckhard Schmitz,<br />

E.-Mail: schmitz@becker-druck.de<br />

Tel. (0 29 31) 52 19-21, Fax (0 29 31) 52 19-6 21.<br />

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 10 vom 1. Jan. 2010.


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