Luft im Krankenhaus - Schaffler Verlag
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Was Hygiene bringt ::<br />
gefordert wird, ist bei ordnungsgemäßem Betrieb eine <strong>Luft</strong>belastung<br />
durch Allergene, auch durch solche, die in der RLT selbst entstünden,<br />
ausgeschlossen.<br />
Exogene Infektionen werden direkt von Mensch zu Mensch übertragen<br />
oder bedürfen eines Vehikels zur Weitergabe der Infektionserreger.<br />
Weitaus wichtigste Überträger von Infektionen in Gesundheitseinrichtungen<br />
sind die Hände des Personals. Es folgen die<br />
Berufskleidung, Gegenstände und Medien mit Kontakt zu Wunden<br />
oder physiologisch ke<strong>im</strong>freien Körperbereichen und solche mit<br />
Kontakt mit weniger gefährdeten Arealen wie der intakten Haut.<br />
Dann erst kommen Staub, <strong>Luft</strong> und patientenferne Oberflächen<br />
wie Wände und Fußböden. Es gibt auch keinerlei Hinweis, dass<br />
zwischen dem Ke<strong>im</strong>gehalt der Raumluft in allgemeinen Stationen<br />
und dem Infektionsrisiko irgendeine Beziehung besteht. Auch bei<br />
hohem Wirkungsgrad würde eine RLT den Ke<strong>im</strong>- und Partikelgehalt<br />
der Raumluft nicht sicher kontrollieren, da Anzahl und Bewegungsaktivität<br />
der Menschen <strong>im</strong> Raum, deren Bekleidung und die Aufwirbelung<br />
von Oberflächen den Partikel- und damit den Ke<strong>im</strong>gehalt<br />
maßgeblich best<strong>im</strong>men.<br />
Paradigmenwechsel für die Operationsabteilung<br />
Was den Operationssaal betrifft, so hat Lidwell in einer nun schon<br />
klassischen Studie in den 1980ern gezeigt, dass sich durch den<br />
Einsatz einer turbulenzarmen Verdrängungsströmung (TAV), auch<br />
als Laminar Air Flow bezeichnet, die Häufigkeit von Wundinfektionen<br />
nach Implantation von Hüft- und Knieendoprothesen gegenüber<br />
einer konventionellen Belüftung des Operationsfeldes deutlich<br />
vermindern lässt.<br />
Nach heutiger Meinung profitieren Patienten mit Eingriffen am<br />
Knochen und an den großen Gelenken, solche bei denen Fremdkörper<br />
<strong>im</strong>plantiert werden, neurochirurgische Eingriffe am Zentralnervensystem<br />
oder offene Thoraxoperationen vorgenommen werden,<br />
am ehesten von einer aufwendigen Raumlufttechnik, auch wenn<br />
nicht für alle Indikationen Nachweise vorliegen. Für die Schutzisolierung<br />
besonders infektionsgefährdeter Menschen gibt es ebenfalls<br />
keine ausreichenden Studien, die die Notwendigkeit raumlufttechnischer<br />
Maßnahmen belegen. Vorsichtige Aussagen sind<br />
nach dem heutigen Wissensstand jedoch möglich. Für Patienten<br />
mit schweren Verbrennungen scheint die Belastung aus der <strong>Luft</strong><br />
relevant zu sein, daher empfiehlt sich der Einsatz von RLT. Bei der<br />
allogenen Knochenmarktransplantation und bei Patienten mit lang<br />
andauernder Neutropenie besteht ein hohes Risiko von exogenen<br />
Sch<strong>im</strong>melpilzinfektionen. Daher erscheint es sinnvoll, in den entsprechenden<br />
Stationen geeignete RLT zu installieren. Hier gehen<br />
die Meinungen und damit die Vorgangsweisen in den einzelnen<br />
Kliniken beträchtlich auseinander. Die Praxis zeigt aber, dass sich<br />
das Behandlungsergebnis nicht allein aus dem Grad der Schutzisolierung<br />
vorhersagen lässt. Bei der Quellenisolierung, also dem<br />
Schutz der Umgebung vor besonders gefährlichen Infektionserregern,<br />
wird durch Unterdruck <strong>im</strong> Patientenz<strong>im</strong>mer gegenüber den<br />
angrenzenden Räumen das Austreten kontaminierter <strong>Luft</strong> verhindert.<br />
Zumindest für einzelne Infektionen wie etwa Tuberkulose ist<br />
die Wirksamkeit dieser Maßnahme belegt.<br />
Die Erkenntnis, dass die <strong>Luft</strong> für die Übertragung von Infektionen<br />
nur in Spezialbereichen von Bedeutung ist, hat sich nur langsam<br />
durchgesetzt. Noch <strong>im</strong>mer bestehen unrealistische Vorstellungen<br />
über deren Rolle in der Infektionsübertragung und damit verbunden<br />
mit der Wirksamkeit von RLT. Tatsächlich hat sich aber in der<br />
Fachwelt bereits ein Paradigmenwechsel vollzogen. Die Österreichische<br />
Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin,<br />
die Deutsche Gesellschaft für <strong>Krankenhaus</strong>hygiene und<br />
die schweizerische Gesellschaft für Spitalshygiene fassen diesen<br />
Paradigmenwechsel in einer Stellungnahme zusammen.<br />
1. <strong>Luft</strong> ist kein relevantes Erregerreservoir für endemische postoperative<br />
Infektionen ohne Implantation großer Fremdkörper.<br />
2. Es gibt hinreichende Daten dafür, dass die <strong>Luft</strong> bei Implantation<br />
großer Fremdkörper von Bedeutung ist.<br />
3. Es gibt überzeugende Daten dafür, dass eine Kontamination der<br />
<strong>Luft</strong> <strong>im</strong> unmittelbaren Bereich von OP- und Instrumententisch<br />
eine Kontamination des OP-Feldes zur Folge hat.<br />
4. Es gibt viele Hinweise dafür, dass die <strong>Luft</strong> bei der Erregerübertragung<br />
während der OP <strong>im</strong> Zusammenhang mit epidemischen postoperativen<br />
Infektionen von großer Bedeutung sein kann.<br />
5. Es gibt weder aus klinischen noch aus mikrobiologischen Studien<br />
einen einzigen Hinweis darauf, dass die <strong>Luft</strong> in den an den<br />
OP-Saal angrenzenden oder sogar in den entfernter liegenden<br />
Räumen der OP-Abteilung einen Einfluss auf das postoperative<br />
Wundinfektionsrisiko hat.<br />
Daraus ergeben sich wichtige Konsequenzen: Konzentration auf<br />
das Wesentliche, das sind das Operationsfeld und der Instrumententisch.<br />
Erfüllt werden können die Anforderungen an die <strong>Luft</strong>reinheit<br />
nur durch eine vertikale TAV mit Schwebstofffiltern. In<br />
die Schutzzone müssen das Operationsteam und der Instrumententisch<br />
einbezogen werden. Da es von oben nach unten zu einer<br />
Einengung des turbulenzarmen <strong>Luft</strong>stromes kommt, muss der TAV-<br />
Schirm größer als die Schutzzone sein. Für alle anderen Räume der<br />
OP-Abteilung und des <strong>Krankenhaus</strong>es mit Ausnahme der bereits<br />
erwähnten Sonderbehandlungsstationen ist eine Komfortkl<strong>im</strong>atisierung<br />
mit Grundlüftung und Flächentemperierung ausreichend.<br />
Daraus resultieren geringere <strong>Luft</strong>volumina für unkritische Bereiche,<br />
damit kleiner d<strong>im</strong>ensionierte Anlagen und weniger Platzbedarf.<br />
Für OP-Abteilungen ergeben sich allerdings neue Planungsvorgaben,<br />
die hier zu einem höheren Aufwand führen können.<br />
Insgesamt kommt es aber zu einer Reduktion<br />
der Investitions- und Betriebskosten. ::<br />
Pr<strong>im</strong>. Univ.-Prof.<br />
Dr. Helmut Mittermayer ist Leiter des<br />
Instituts für Hygiene, Microbiologie und<br />
Tropenmedizin am <strong>Krankenhaus</strong> der<br />
Elisabethinen in Linz.<br />
helmut.mittermayer@elisabethinen.or.at<br />
Ausbildung: Qualitätsbeauftragter | www.cqa.de<br />
51. Jg. (2010), 04 | www.schaffler-verlag.com Das österreichische Gesundheitswesen – ÖKZ 17