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„Hygiene ist sexy“ - Schaffler Verlag

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Was Hygiene ausmacht<br />

::<br />

„Hygiene <strong>ist</strong> sexy“<br />

Knapper werdende Ressourcen machen auch den Kampf gegen die<br />

Keime nicht einfacher. Vor allem in der Eindämmung multires<strong>ist</strong>enter<br />

Erreger sollten alle an einem Strang ziehen.<br />

Zugegeben: Im Vergleich zu den<br />

Vertretern der Herzchirurgie oder<br />

Onkologie sind die Krankenhaushygieniker<br />

ein weniger glamouröses Völkchen.<br />

Doch Spitzenmedizin <strong>ist</strong> ohne Menschen,<br />

die auf die Hygiene achten, nicht<br />

denkbar. Im Gespräch mit der ÖKZ erklärt<br />

die AKH-Hygienikerin Elisabeth Presterl,<br />

dass Checkl<strong>ist</strong>en keine Hakerlübung sind,<br />

warum Anordnungen nichts bringen und<br />

dass Österreich in Sachen Transparenz<br />

noch ein Stück Weges vor sich hat.<br />

In Ihrer Antrittsvorlesung als Leiterin des<br />

Klinischen Instituts für Krankenhaushygiene<br />

an der MedUni Wien im vergangenen<br />

November haben Sie erwähnt, dass<br />

Hygiene auch Kommunikation <strong>ist</strong>.<br />

Elisabeth Presterl (lacht): Hygiene <strong>ist</strong><br />

ausschließlich Kommunikation. Damit<br />

hygienisches Verhalten umgesetzt wird,<br />

muss eine Bereitschaft dazu bestehen.<br />

Und Kommunikation heißt nicht nur, Informationen<br />

zu übermitteln, sondern auch<br />

Feedback zu bekommen. Das heißt, ich<br />

muss darauf achten, dass die Information<br />

ankommt und dass das Resultat die<br />

Umsetzung von etwas oder eine Verhaltensänderung<br />

<strong>ist</strong>. Das <strong>ist</strong> ausgesprochen<br />

spannend. Vor allem in Zeiten, da wir in<br />

der gesamten Medizin die Ressourcenverknappung<br />

spüren, die finanzielle wie auch<br />

die zeitliche aufgrund der vielen Prozesse,<br />

die wir alle ständig gleichzeitig bewerkstelligen.<br />

Es <strong>ist</strong> mir ein Anliegen, dass wir<br />

mit den Ärzten, mit den Schwestern, mit<br />

allen medizinischen Diensten gemeinsam<br />

Krankenhaushygiene erarbeiten; dass<br />

man nicht einfach einen Erlass verschickt,<br />

sondern sagt: Da <strong>ist</strong> eine Frage, sprechen<br />

wir miteinander, wie wir das gemeinsam<br />

für uns am besten gestalten können.<br />

Vor sechs Jahren hat Peter Pronovost von<br />

der Johns Hopkins University gezeigt,<br />

dass die Inzidenz von katheterassoziierten<br />

Bakteriämien auf Intensivstationen<br />

durch die Befolgung fünf einfacher, auf einer<br />

Checkl<strong>ist</strong> vermerkten Regeln um zwei<br />

Drittel gesenkt werden kann. 1 Mögen Sie<br />

Checkl<strong>ist</strong>en?<br />

Presterl: Wenn jemand gut ausgebildet<br />

<strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> eine Checkl<strong>ist</strong>e Goldes wert, weil<br />

derjenige dann auch den ganzen notwendigen<br />

Hintergrund hat. Aber nur die<br />

Checkl<strong>ist</strong>e ohne Ausbildung oder Schulung,<br />

das <strong>ist</strong> zu wenig.<br />

Kritiker sagen, dass die Leute zu denken<br />

aufhören, weil sie dann nur mehr Hakerln<br />

machen.<br />

Presterl: Wenn die Zeit fehlt, sich auf den<br />

einzelnen Fall vorzubereiten, dann <strong>ist</strong><br />

diese Gefahr natürlich gegeben. Je besser<br />

eine Checkl<strong>ist</strong>e einem bestimmten<br />

Bereich angepasst <strong>ist</strong>, und wenn immer<br />

wieder überprüft wird, wie damit umgegangen<br />

wird, desto sinnvoller <strong>ist</strong> sie. Das<br />

gehört zur Ausbildung dazu. Wenn wir<br />

einkaufen gehen, haben wir ja auch eine<br />

Einkaufsl<strong>ist</strong>e. Aber im Supermarkt denken<br />

wir darüber nach, wenn ich x statt y kaufe,<br />

wird das meine Familie überhaupt mögen?<br />

Es geht also nicht darum, alles gedankenlos<br />

abzuarbeiten und zu unterschreiben,<br />

das wird auch jeder Jur<strong>ist</strong> sagen. Man darf<br />

eine Checkl<strong>ist</strong>e nicht als Schreib- oder als<br />

Hakerlübung ansehen. Richtig verwendet<br />

<strong>ist</strong> sie eine Gedankenstütze und eine wunderbare<br />

Dokumentation.<br />

Gibt es am AKH solche Checkl<strong>ist</strong>en?<br />

Presterl: Viele! Checkl<strong>ist</strong>en gibt es in allen<br />

Bereichen. Wir arbeiten mit den Menschen<br />

gemeinsam. Weil eine L<strong>ist</strong>e, die<br />

gemeinsam mit Insidern gemacht <strong>ist</strong>, die<br />

der Struktur, der Situation, der Hierarchie,<br />

der allgemeinen Kultur angepasst<br />

Elisabeth Presterl, Leiterin des Klinischen Instituts<br />

für Krankenhaushygiene, MedUni Wien: „Hygiene erfordert<br />

ein ständiges Bemühen.“ Foto: MedUni Wien<br />

<strong>ist</strong>, wesentlich besser <strong>ist</strong> und wesentlich<br />

besser angenommen wird, als wenn eine<br />

zentrale Checkl<strong>ist</strong>e verordnet wird. Im<br />

Rahmen eines EU-Projektes beobachten<br />

wir, wie unter anderem Checkl<strong>ist</strong>en<br />

bei der Verringerung von Infektionen bei<br />

Zentralvenenkathetern in den einzelnen<br />

Bereichen mitwirken und möchten dann<br />

eben in der Folge ein Best-Practice-Modell<br />

aufstellen, an dem dann alle mitgearbeitet<br />

haben werden. Das <strong>ist</strong> meines Erachtens<br />

der beste Weg, denn im Prinzip wollen wir<br />

alle das Gleiche, und für eine nachhaltige<br />

Verhaltensänderung muss man alle mit ins<br />

Boot holen.<br />

Aus Hygienegründen wird beispielsweise<br />

in England abgesehen von der Händedesinfektion<br />

den Ärzten nahegelegt, keine<br />

Krawatten im Krankenhaus zu tragen.<br />

Sind Krawatten eine Keimschleuder?<br />

Presterl: Wir wissen, dass die Übertragung<br />

von allen Arten von Bakterien entweder<br />

über direkten Kontakt, also z. B.<br />

über Hände, aber auch über Gegenstände<br />

erfolgen kann. Deswegen sind wir auch<br />

53. Jg. (2012), 01-02 | www.schaffler-verlag.com Das österreichische Gesundheitswesen – ÖKZ 11


::<br />

Was Hygiene ausmacht<br />

bestrebt, dass wir Patienten, die mit Erregern<br />

– in diesem Fall mit multires<strong>ist</strong>enten<br />

Erregern – besiedelt sind, mit entsprechenden<br />

Schutzmaßnahmen begegnen.<br />

Also ein Kittel bei körpernaher Pflege,<br />

wiederholte Händedesinfektion – siehe<br />

„die fünf Momente der Händehygiene“<br />

nach WHO –, Maske, Haube. Auch die<br />

Umgebungsreinigung und Desinfektion<br />

spielen eine wichtige Rolle, um die Übertragung<br />

zu verhindern.<br />

Das <strong>ist</strong> die Theorie. Wie sieht es in der<br />

Praxis aus?<br />

Presterl: Glücklicherweise besser, als<br />

wir befürchten. Österreich <strong>ist</strong> ein Land,<br />

wo Hygiene einen hohen Stellenwert hat,<br />

auch bei den Patienten. Aber wir müssen<br />

immer wieder an hygienisches Verhalten<br />

und Hygienemaßnahmen erinnern.<br />

Ebenso, dass wir ausreichend Personal<br />

für die Reinigung zur Verfügung haben.<br />

Und natürlich alle anderen Maßnahmen,<br />

die uns weiterhelfen. Also gegebenenfalls<br />

Schutzkittel, Einweg-Utensilien, gut<br />

aufbereitbare Medizinprodukte usw. Und<br />

was im Krankenhaus alle für selbstverständlich<br />

ansehen, <strong>ist</strong> die zentrale Desinfektion<br />

und Sterilisation. Das <strong>ist</strong> mehr<br />

oder weniger das Rückgrat eines Krankenhauses.<br />

Wir haben sehr gut ausgebildetes<br />

Personal. Als Lehrer müssen wir<br />

den Schülern und Studenten vermitteln,<br />

dass Hygiene nicht unsexy <strong>ist</strong>, dass wir<br />

dieses hohe Niveau erreicht haben und<br />

dass sie in Achtung des Patienten ihr Verhalten<br />

entsprechend anpassen. Und ich<br />

sehe auch, dass sie dazu bereit sind.<br />

Wie groß <strong>ist</strong> das Problem der multires<strong>ist</strong>enten<br />

Keime tatsächlich?<br />

Presterl: Das Problem <strong>ist</strong> im Krankenhaus<br />

größer, da vor allem sehr kranke Patienten<br />

gefährdet sind. Österreich steht sehr gut<br />

da, das geht auch aus dem Res<strong>ist</strong>enzbericht<br />

des Min<strong>ist</strong>eriums, dem AURES 2010 2 ,<br />

hervor. Bei MRSA beispielsweise liegt<br />

die Rate 2010 bei 7,4 Prozent 3 . Aber man<br />

sieht, dass die Erreger, die gegen Standardantibiotika<br />

res<strong>ist</strong>ent sind, zunehmen.<br />

Wir müssen uns natürlich überlegen, wie<br />

Antibiotika eingesetzt werden, dass die<br />

„richtigen“ Antibiotika möglichst schnell<br />

eingesetzt werden können. Von wenigen<br />

Ausnahmen abgesehen, <strong>ist</strong> es gerade bei<br />

akuten Infektionen so: Je schneller man<br />

therapiert, desto besser. Und es <strong>ist</strong> wichtig,<br />

dass man durch einen klugen Antibiotikaeinsatz<br />

sowohl in Krankenanstalten<br />

als auch im niedergelassenen Bereich<br />

nicht multires<strong>ist</strong>ente Erreger selektiert.<br />

Seit 2006 sind Österreichs Spitäler zur<br />

Teilnahme an einem Surveillancesystem<br />

für nosokomiale Infektionen verpflichtet.<br />

Inwieweit sind denn die Zahlen vergleichbar<br />

und verlässlich?<br />

Presterl: Welches System die Krankenanstalten<br />

zur Erfassung der Infektionen<br />

benutzen, bleibt ihnen überlassen. Für<br />

die Vergleichbarkeit der Daten <strong>ist</strong> es wünschenswert,<br />

dass alle das gleiche System<br />

Bis zu 99,9 % weniger Bakterien- und Pilzwachstum<br />

STANGL Maschinen mit antibakteriellen Wassertanks<br />

Die serienmäßig weißen Maschinen, verfügen über eine Schalldämmung<br />

– mit der „Silent-Taste“ lässt sich die bereits geringe Einsatzlautstärke<br />

von nur 63 dB(A) noch weiter reduzieren.<br />

Das Hauptmerkmal der Klinikmaschinen von Stangl <strong>ist</strong> aber sicherlich<br />

die antibakterielle Ausrüstung des Frisch- und Schmutzwassertanks.<br />

Bei einem zertifizierten Test nach JIS Z 2801 (ISO 22196) ergab<br />

sich im Labor für die von Hako gewählte Materialzusammensetzung<br />

der Spezialtanks eine Reduzierung von 99,9 % bei verschiedenen Bakterienstämmen<br />

sowie Schimmelpilzen. Die Vorteile liegen dabei auf<br />

der Hand: besserer Mitarbeiterschutz durch verringerten Kontakt mit<br />

Bakterien, Pilzen, Sporen, weniger Geruchsbildung. Hygieneanforderungen<br />

lassen sich bei gleichem Reinigungsaufwand wesentlich leichter<br />

erfüllen, verbesserter Umweltschutz und Kostenreduktion durch<br />

geringeren Verbrauch von Desinfektionsmitteln.<br />

Österreichweit bewähren sich heute Reinigungsmaschinen von<br />

STANGL in vielen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. ::<br />

Die Hako „CLH-Reinigungsmaschinen“<br />

von STANGL sind speziell für die<br />

Bedürfnisse von Klinikbereichen und<br />

Pflegeeinrichtungen konzipiert.<br />

KONTAKT: Stangl Reinigungstechnik GmbH.,<br />

5204 Straßwalchen, 2334 Vösendorf, 8772 Traboch,<br />

Tel.: +43(0)6215/8900-44, office@stanglreinigung.at,<br />

www.stanglreinigung.at<br />

P R O M O T I O N<br />

12 Das österreichische Gesundheitswesen – ÖKZ<br />

53. Jg. (2012), 01-02 | www.schaffler-verlag.com


Was Hygiene ausmacht<br />

::<br />

mit den gleichen Nennern benutzen, derzeit<br />

gibt es drei verschiedene: HELICS,<br />

KISS und QIP. Aber auch damit kann umgegangen<br />

werden. Seit 2003 gibt es das<br />

Referenzzentrum für nosokomiale Infektionen,<br />

das gemeinsam vom Klinischen Institut<br />

für Krankenhaushygiene der MedUni<br />

Wien und vom Institut für Hygiene, Mikrobiologie<br />

und Tropenmedizin des Krankenhauses<br />

der Elisabethinen Linz geführt wird.<br />

Die Krankenanstalten müssen die Zahlen<br />

nicht zu uns melden, sind aber herzlich<br />

dazu eingeladen, und viele machen mit.<br />

Das ergibt schon einen sehr guten repräsentativen<br />

Querschnitt für Österreich.<br />

In einigen Ländern veröffentlichen Spitäler<br />

im Sinne der Transparenz die Zahlen<br />

der Krankenhausinfektionen. Ist das eine<br />

sinnvolle Information oder verunsichert<br />

das bloß die Patienten?<br />

Presterl: Prinzipiell bin ich immer für<br />

Transparenz. Die Inhalte müssen aber<br />

gut erklärt und gut transportiert werden.<br />

Händedesinfektion<br />

Das WHO-Modell „Fünf Momente der Händedesinfektion“ empfiehlt, wann eine<br />

Händedesinfektion sinnvoll <strong>ist</strong> und durchgeführt werden muss. Diese fünf Momente<br />

sind:<br />

1. vor Patientenkontakt<br />

2. vor aseptischen Tätigkeiten<br />

3. nach Kontakt mit potenziell infektiösem Material<br />

4. nach Patientenkontakt<br />

5. nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung<br />

Sie dürfen nicht Angst machen und nicht<br />

Schuld zuweisen. Wir müssen uns immer<br />

fragen, wie der Patient damit umgehen<br />

kann, denn ihn betrifft es. Ich glaube, in<br />

Österreich geht es im Sinne von Qualitätsmarkern<br />

in die richtige Richtung. Und<br />

zwar nicht nur in der Medizinischen Universität<br />

und an den Universitätskliniken,<br />

sondern generell im Gesundheitswesen.<br />

Und wir müssen eine gemeinsame Vorgehensweise<br />

finden, damit die Zahlen vergleichbar<br />

sind. ::<br />

Literatur<br />

1<br />

Pronovost P et al.: An Intervention to Decrease<br />

Catheter-Related Bloodstream Infections in the ICU.<br />

NEJM 2006; 355: 2725-2732.<br />

2<br />

Der Res<strong>ist</strong>enzbericht Österreich AURES 2010,<br />

Antibiotikares<strong>ist</strong>enz und Verbrauch antimikrobieller<br />

Substanzen in Österreich, <strong>ist</strong> abrufbar unter<br />

www.bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Krankheiten/<br />

Antibiotikares<strong>ist</strong>enz.<br />

3<br />

Im Vergleich z.B. Frankreich und Großbritannien bei<br />

21,6 Prozent, in Dänemark bei 1,3 Prozent der<br />

Gesamtzahl an S. aureus-Bakteriämien.<br />

Das Gespräch führte<br />

Elisabeth Tschachler<br />

Als bester<br />

Nebendarsteller<br />

übernehmen<br />

wir<br />

im Alltag auch eine Hauptrolle, wenn es um professionelle<br />

Systemlösungen und optimierte Prozesse in der Kategorie<br />

Medizin und<br />

Pflege geht.<br />

Wundmanagement | Infektionsmanagement | Inkontinenzmanagement<br />

Wenn es um professionelle Systemlösungen geht, sind wir Ihr Partner. Sprechen Sie mit<br />

uns: +43 (0)2236 64630-0.<br />

www.at.hartmann.info<br />

hilft heilen.

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