26.06.2014 Aufrufe

VDV Das Magazin Ausgabe Juni 2014

Das Verbandsmagazin des VDV ist die redaktionelle Plattform für Unternehmen des Öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs in Deutschland. Konzept und Realisierung: AD HOC PR, Gütersloh.

Das Verbandsmagazin des VDV ist die redaktionelle Plattform für Unternehmen des Öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs in Deutschland.

Konzept und Realisierung: AD HOC PR, Gütersloh.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Was uns bewegt. Wen wir bewegen. <strong>Ausgabe</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2014</strong><br />

Klares Votum<br />

Kunden geben dem<br />

ÖPNV gute Noten<br />

Seite 6<br />

Schutzgebühr: 3,20 Euro<br />

<strong>VDV</strong>-Jahrestagung: Dobrindt<br />

überrascht mit festen Zusagen<br />

Seite 12<br />

Westerwaldbahn: Die ganze<br />

Welt des Verkehrs im Kleinen<br />

Seite 16<br />

Köln: Stadtbahn-Kathedrale<br />

tief unter dem Heumarkt<br />

Seite 20


Inhalt<br />

24 Kombibus: In der Uckermark stärkt<br />

der Linienverkehr die Wirtschaft.<br />

20 Verkehrskathedrale: Heumarkt<br />

beeindruckt Kölner U-Bahn-Nutzer.<br />

12 <strong>VDV</strong>-Jahrestagung: Die Branche<br />

diskutiert in Berlin mit der Politik.<br />

28 Klare Ansage: Software kann<br />

professionelle Sprecher ersetzen.<br />

16 Westerwaldbahn: Mikrokosmos<br />

des Öffentlichen Verkehrs<br />

3 Editorial<br />

Den Worten Taten folgen lassen<br />

4 <strong>VDV</strong> im Bild<br />

„Talent im ÖPNV“ ausgezeichnet<br />

6 Titelstory<br />

Kundenbarometer: Nutzer geben<br />

Verkehrsunternehmen gute Noten.<br />

12 Aus dem Verband<br />

Alexander Dobrindt überrascht auf<br />

der <strong>VDV</strong>-Jahrestagung mit Zusagen.<br />

16 Unterwegs im Netz<br />

Westerwaldbahn: Busse und Bahnen<br />

zwischen Coils und Kosten<br />

2 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Editorial<br />

Den Worten<br />

Taten<br />

folgen lassen<br />

Die erste gute Nachricht vorweg: 98 Prozent aller<br />

Deutschen halten eine funktionierende Infrastruktur<br />

für wichtig oder sehr wichtig. <strong>Das</strong> ist das Ergebnis<br />

einer neuen Forsa-Studie. Die Bürger haben erkannt,<br />

welch bedeutende Rolle die Verkehrswege für Wirtschaft<br />

und Wohlstand spielen. Noch vor einem Jahr<br />

war das ganz anders: Damals waren vielen die Risiken,<br />

die sich aus dem langjährigen Investitionsstau<br />

ergeben, längst nicht bewusst.<br />

Und auch eine weitere Studie macht uns Mut.<br />

<strong>Das</strong> ÖPNV-Kundenbarometer <strong>2014</strong> hat gezeigt:<br />

83 Prozent der Nutzer sind zufrieden oder sogar sehr<br />

zufrieden mit dem Angebot der Verkehrsunternehmen.<br />

In fast allen Kategorien konnte sich die Branche<br />

verbessern, teils sogar deutlich. <strong>Das</strong> spiegelt sich auch<br />

in den aktuellen Fahrgastzahlen für das erste Quartal<br />

<strong>2014</strong> wider: 2,5 Milliarden Menschen haben unsere<br />

Bahnen und Busse genutzt – 1,2 Prozent mehr als im<br />

Vorjahreszeitraum. <strong>Das</strong> Wachstum geht also weiter,<br />

auch im Schienengüterverkehr.<br />

Um dieser Entwicklung weiter gerecht zu werden,<br />

müssen wir viel tun. Schon heute reichen die Kapazitäten<br />

an Knotenpunkten kaum noch aus – teilweise<br />

können die Unternehmen ihren eigenen Ansprüchen<br />

nicht gerecht werden. Hinzu kommen der Zustand der<br />

Infrastruktur und die offenen Finanzierungsfragen.<br />

Um diese Herausforderungen zu meistern, benötigen<br />

wir die Unterstützung der Politik. Die hohen Belastungen<br />

des Schienenverkehrs durch die geplante<br />

neue EEG-Umlage waren ein klarer Rückschlag.<br />

Doch jüngst gab es wieder positivere Signale. Auf der<br />

<strong>VDV</strong>-Jahrestagung Ende Mai in Berlin hat Alexander<br />

Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale<br />

Infrastruktur, zugesagt, noch in <strong>2014</strong> die Zukunft<br />

des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes klären<br />

zu wollen. Auch für die Regionalisierungsmittel will<br />

er schnell eine Lösung finden, ebenso ein höheres<br />

Bußgeld für Schwarzfahrer durchsetzen. <strong>Das</strong> ist ein<br />

gutes Zeichen. Lange genug haben wir über die Probleme<br />

und ihre Lösungen diskutiert. Jetzt müssen wir<br />

handeln.<br />

Herzlichst Ihr<br />

Oliver Wolff<br />

20 Hintergrund<br />

Kölner U-Bahn-Station Heumarkt<br />

ist in ihrer Architektur einzigartig.<br />

24 Unterwegs im Netz<br />

Kombibus bringt Uckermärker<br />

enger zusammen.<br />

28 Hintergrund<br />

Hinter den Computerstimmen in<br />

Bus und Bahn steckt immer noch<br />

ein Mensch.<br />

30 Abgefahren<br />

Jazz‘n Roll: Feiern in der U-Bahn<br />

„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ finden<br />

Sie auch im Internet als<br />

E-Paper unter:<br />

www.vdv.de/das-magazin<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 3


„Kinder an die Macht“ hat gut lachen<br />

Keine Frage: Die Mitglieder des Vereins „Kinder an die Macht“ – hier interviewt von<br />

Moderatorin Judith Schulte-Loh – hatten auf der <strong>VDV</strong>-Jahrestagung gute Laune. <strong>Das</strong><br />

wundert nicht. Schließlich ist ihr zweiter Vorstand Henry Schulz (l.) stellvertretend für alle<br />

als „Talent im ÖPNV <strong>2014</strong>“ geehrt worden. Der Verein organisiert ehrenamtlich Ferienfreizeiten<br />

für Kinder und Jugendliche. Für dieses Engagement spendierte die Deutsche Bahn<br />

einen Reisegutschein. <strong>VDV</strong>-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff (r.) versprach zudem, 2015<br />

als Helfer eine Freizeit zu begleiten. Mehr zur Tagung und den Preisträgern ab Seite 12.<br />

4 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


<strong>VDV</strong> im Bild<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 5


Titelstory<br />

83<br />

Prozent<br />

der ÖPNV-Nutzer sind mit dem<br />

Angebot der Verkehrsunternehmen<br />

zufrieden oder sehr zufrieden.<br />

<strong>Das</strong> hat das aktuelle Kundenbarometer<br />

ergeben.<br />

6 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Titelstory<br />

Kunden vergeben<br />

gute Noten<br />

Top-Noten in der Kundenbeziehung und eine verbesserte Gesamtbewertung:<br />

Im ÖPNV-Kundenbarometer <strong>2014</strong> von TNS Infratest haben Nutzer des<br />

Öffentlichen Personennahverkehrs deutschlandweit repräsentativ Angebot<br />

und Service beurteilt. <strong>Das</strong> Fazit: 83 Prozent der Befragten sind zufrieden.<br />

„Ein so hoher Anteil zufriedener Fahrgäste<br />

– das ist ein Ergebnis, auf das die<br />

Verkehrsunternehmen stolz sein können“,<br />

sagt <strong>VDV</strong>-Präsident Jürgen Fenske:<br />

„Und es zeigt, dass die Nutzer unser Angebot<br />

wertschätzen.“ <strong>Das</strong> gute Abschneiden<br />

sei dabei keine Eintagsfliege. „Auch<br />

in den Vorjahren haben sich die Unternehmen<br />

auf einem fast ebenso hohen<br />

Niveau bewegt.“ <strong>Das</strong>s die Angebote<br />

Top-Noten erteilten<br />

die Nutzer für die<br />

schnelle Beförderung.<br />

Bei der Pünktlichkeit<br />

gab es ein<br />

„eher gut“.<br />

Zeitliche Entwicklung der Globalzufriedenheit<br />

2,3<br />

2,4<br />

2,5<br />

2,6<br />

2,7<br />

2,8<br />

2,9<br />

2,95<br />

2,91<br />

2,88 2,87<br />

2,84<br />

2,78<br />

2,85<br />

2,92 2,91 2,92<br />

2,83<br />

20<br />

3,0<br />

3,1<br />

3,2<br />

3,3<br />

3,04<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

-20<br />

2003<br />

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 <strong>2014</strong><br />

ÖPNV-Branchendurchschnitt<br />

Veränderung in Prozent-Punkten zum Vorjahr<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 7


Titelstory<br />

1,0<br />

1,2<br />

1,4<br />

1,6<br />

1,8<br />

2,0<br />

2,2<br />

2,4<br />

2,6<br />

2,8<br />

3,0<br />

3,2<br />

3,4<br />

3,6<br />

3,8<br />

4,0<br />

2012<br />

<strong>2014</strong><br />

Gesamt<br />

17<br />

2,83<br />

Globalzufriedenheit: bessere Noten in den<br />

Ballungsräumen und bei den Täglich- und Vielfahrern<br />

13<br />

2,72<br />

Zufriedenheit<br />

Skala von 1 bis 5<br />

1 = vollkommen zufrieden<br />

5 = unzufrieden<br />

19<br />

2,88<br />

Ballungsraum<br />

Regionen<br />

Großstadt<br />

Umland<br />

20<br />

2,95<br />

ÖPNV-Nutzungshäufigkeit<br />

tgl./<br />

fast tgl.<br />

mind. 1x/<br />

Woche<br />

mind. 1x/<br />

Monat seltener<br />

n=1.326 n=630 n=164 n=510 n=327 n=320 n=235 n=422<br />

2012<br />

<strong>2014</strong><br />

Enttäuschte Kunden<br />

Anteil in Prozent<br />

(Skala 4 oder 5)<br />

17<br />

2,76<br />

13<br />

2,73<br />

14<br />

2,86<br />

20<br />

2,95<br />

0 %<br />

20 %<br />

40 %<br />

60 %<br />

80 %<br />

100 %<br />

Veränderung 2012/<strong>2014</strong><br />

signifikante Verbesserung<br />

signifikante Verschlechterung<br />

28<br />

Teilbereiche<br />

erzielten in der Umfrage<br />

bessere Noten als im<br />

Vergleichsjahr 2012. Nur<br />

vier Leistungskategorien<br />

schnitten schlechter ab.<br />

des ÖPNV gut ankommen, lässt sich auch<br />

außerhalb der Umfrage durch die neuesten<br />

Fahrgastzahlen belegen. Im ersten<br />

Quartal dieses Jahres haben demnach 2,5<br />

Milliarden Menschen die öffentlichen<br />

Verkehrsmittel genutzt – ein Plus von<br />

1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.<br />

Die aktuellen Zahlen hat der <strong>VDV</strong><br />

auf seiner Jahrestagung Ende Mai in Berlin<br />

vorgestellt.<br />

Gesamtnote 2,83: In der repräsentativen<br />

Umfrage konnten die 1.326 Teilnehmer<br />

Noten zwischen Eins („vollkommen<br />

zufrieden“) und Fünf („unzufrieden“)<br />

vergeben. Im Gesamtpaket erhielten der<br />

Öffentliche Personennahverkehr und<br />

seine Dienstleistungen eine 2,83. Damit<br />

liegt die sogenannte Globalzufriedenheit<br />

deutlich über dem Durchschnitt von 2013<br />

(2,92) und 2012 (2,91). Besonders gut<br />

Die ÖPNV-Nutzer haben auch die<br />

Fahrkartenautomaten bewertet. Hier<br />

sehen die Kunden noch Verbesserungsbedarf.<br />

8 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Titelstory<br />

schneidet der ÖPNV in Ballungsräumen<br />

sowie generell bei Täglich- und Vielfahrern<br />

ab. Hier erhielt er Noten zwischen<br />

2,72 und 2,76. <strong>Das</strong> heißt, 83 bis 87 Prozent<br />

der Nutzer sind zufrieden.<br />

Auch der Blick ins Detail enthüllt viel<br />

Gutes. In 28 von 32 Einzelkategorien –<br />

aufgeteilt auf sechs Themenfelder – erzielten<br />

die Verkehrsunternehmen bessere<br />

Noten als im Vergleichszeitraum 2012.<br />

Am deutlichsten stieg dabei die Zufriedenheit<br />

mit dem Handy-Ticket: und zwar<br />

um 4,4 Prozent durch einen Ausbau des<br />

Angebots. Mit 3,04 liegt die Bewertung<br />

zwar noch im Mittelfeld. Die Verkehrsunternehmen<br />

bauen ihr Angebot in diesem<br />

Bereich jedoch immer weiter aus.<br />

Eine weitere Verbesserung in den kommenden<br />

Jahren gilt als wahrscheinlich.<br />

Kundenbeziehung gut bewertet: Die<br />

Gesamtrangliste führen die Einzel-<br />

kategorien aus dem Leistungspaket „Kundenbeziehung“<br />

an, die vor allem Auskunft<br />

und Beratung umfassen. Die mobilen Informationen<br />

für das Smartphone erzielten<br />

mit 2,52 die beste Note überhaupt. Die<br />

Fahrplanauskunft im Internet liegt mit<br />

2,62 auf Platz drei, der gedruckte Fahrplan<br />

zu Hause auf fünf (2,67). Den guten Positionen<br />

zum Trotz: In allen drei Kategorien<br />

schnitten die Verkehrsbetriebe schlechter<br />

ab als 2012. Der Fahrplan zu Hause musste<br />

sogar das deutlichste Minus überhaupt in<br />

Kauf nehmen – er sackte in der Kundenzufriedenheit<br />

um 6,8 Prozent nach unten.<br />

Aufwärts ging es hingegen für die persönliche<br />

Beratung in den Kundenzentren:<br />

Sie stieg um mehr als ein Prozent auf 2,63.<br />

„Deutlich wird, dass die Fahrplanauskunft<br />

im Internet und die persönliche Beratung<br />

gleich bewertet werden – Letztere schätzen<br />

die Kunden besonders“, urteilt dazu<br />

Jens Wieseke, stellvertretender Vorsitzender<br />

des Berliner Fahrgastverbands IGEB:<br />

Die Freundlichkeit des Personals beurteilten die<br />

Kunden mit einer 2,92 und somit besser als 2012.<br />

„Zufriedenheit zeigt sich an der Zahl der Jobtickets“<br />

Der Software- und IT-Dienstleister Datev, Nürnberg, setzt schon seit 1991 auf ÖPNV-Abos für seine Mitarbeiter. „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong><br />

<strong>Magazin</strong>“ sprach mit Klaus Fleischmann (Foto), der als Teamleiter Personalabrechnung auch für die Jobtickets zuständig ist.<br />

» Herr Fleischmann,<br />

bereits 2.500 Datev-<br />

Mitarbeiter am<br />

Standort Nürnberg<br />

nutzen das VGN-<br />

Firmenabo. Was<br />

macht Ihr Angebot<br />

so attraktiv?<br />

<strong>Das</strong>s mehrere unserer<br />

Standorte sehr innenstadtnah<br />

und in U-Bahn-Nähe liegen, ist natürlich ein<br />

großer Vorteil. Die hohe Teilnahmequote von 50 Prozent ist<br />

eine Voraussetzung dafür, dass wir unseren Mitarbeitern ein<br />

pauschales verbundweites Firmenabo des Verkehrsverbunds<br />

Großraum Nürnberg bieten können. Mit diesem Modell<br />

kostet das Firmenabo für Mitarbeiter, die den Tarif 10-T für<br />

ihre Fahrten nutzen müssen, statt circa 2.300 Euro nur noch<br />

880 Euro pro Jahr. Mit Zuschüssen zum Firmenabo machen<br />

wir es auch für die Mitarbeiter attraktiv, die näher am<br />

Arbeitsplatz – zum Beispiel in Nürnberg – wohnen, öffentliche<br />

Verkehrsmittel zu nutzen.<br />

» Inwiefern profitiert Datev von diesem Angebot?<br />

Es ist für unsere Mitarbeiter und das Unternehmen eine<br />

Win-win-Situation. Der ÖPNV ist uns mit Blick auf Klimaschutz<br />

und Nachhaltigkeit wichtig. Zudem haben wir ein<br />

gutes Verhältnis zu unseren Nachbarn, weil wir die Parkplatzsituation<br />

entlasten. Nicht zuletzt ist das Firmenabo für<br />

uns ein Imagefaktor und Instrument, mit dem wir Bewerbern<br />

zeigen können, was Datev an Zusatzleistungen zu bieten hat.<br />

» Wie zufrieden sind Ihre Mitarbeiter mit dem ÖPNV?<br />

Wir halten beim Firmenabo unsere Quote von 50 Prozent<br />

beziehungsweise bauen sie aus. <strong>Das</strong> zeigt uns, dass die Mitarbeiter<br />

zufrieden sind. Und sollte es einmal Probleme geben,<br />

haben wir bei der VAG Nürnberg einen direkten Ansprechpartner,<br />

an den wir uns wenden können. Dort wird uns<br />

schnell und unbürokratisch geholfen.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 9


Titelstory<br />

Diese Noten vergaben die ÖPNV-Nutzer in den<br />

Einzelkategorien (Auswahl)<br />

mobile Informationen<br />

für das Smartphone<br />

Schnelligkeit der<br />

Beförderung<br />

Fahrplanauskunft im<br />

Internet<br />

persönliche Beratung<br />

in den Kundenzentren<br />

Linien- und<br />

Streckennetz<br />

Sicherheit im<br />

Fahrzeug – tagsüber<br />

Pünktlichkeit und<br />

Zuverlässigkeit<br />

elektronisches<br />

Ticket<br />

Freundlichkeit des<br />

Personals<br />

Taktfrequenz<br />

Platzangebot im<br />

Fahrzeug<br />

Fahrkartenautomaten<br />

Sauberkeit und Gepflegtheit<br />

der Haltestellen<br />

Preis-Leistungs-<br />

Verhältnis<br />

2,52<br />

2,59<br />

2,62<br />

2,63<br />

2,69<br />

2,73<br />

2,84<br />

2,88<br />

2,92<br />

2,97<br />

3,03<br />

3,29<br />

3,34<br />

3,53<br />

Information bei Störungen<br />

und Verspätungen 3,58<br />

sehr gut<br />

gut<br />

eher gut<br />

durchschnittlich<br />

eher schlecht<br />

schlecht<br />

sehr schlecht<br />

„Daraus sollten die Verkehrsunternehmen<br />

ihre Schlüsse ziehen und neue Wege in<br />

der persönlichen Beratung gehen. Denkbar<br />

wäre beispielsweise eine Beratung per<br />

Skype, also per Video-Telefonat, anstatt<br />

anonym über ein Callcenter.“<br />

Die vorderen Plätze teilen sich die Kategorien<br />

aus dem Paket Kundenbeziehung<br />

mit dem Verkehrsangebot im Allgemeinen:<br />

Auf Platz zwei der Gesamtwertung<br />

sehen die Nutzer die Schnelligkeit in der<br />

Beförderung (2,59 nach 2,61 in 2012), auf<br />

Platz sieben das Linien- und Streckennetz<br />

(2,69/2,78).<br />

Erfreulich fallen die Ergebnisse mit Blick<br />

auf die Sicherheit aus – ein Aspekt, der<br />

immer wieder Gegenstand öffentlicher<br />

Diskussionen ist. In den Fahrzeugen<br />

sowie an den Haltestellen fühlen sich die<br />

Kunden sicherer als noch 2012 – vor allem<br />

tagsüber (Plätze acht und neun). Abends<br />

liegen die Werte trotz der teils deutlichen<br />

Verbesserung weiter im letzten Viertel:<br />

Die Sicherheit in Fahrzeugen erhielt<br />

mit 3,16 ein „schlecht“, die Sicherheit an<br />

Haltestellen ein „sehr schlecht“ (3,38).<br />

1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0<br />

Ein gut ausgebautes Linien- und Streckennetz bringt die Nutzer schnell<br />

ans Ziel. Dafür gab es die Note „gut“.<br />

Sich per Smartphone über den Fahrplan informieren<br />

zu können, kommt bei Kunden sehr gut an.<br />

10 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Titelstory<br />

„Wir sind auf dem richtigen Weg, aber es<br />

gibt immer noch viel zu tun“, sagt Jürgen<br />

Fenske. „Viele Menschen haben ein subjektiv<br />

schlechteres Sicherheitsempfinden,<br />

als es nach Faktenlage nötig wäre.“<br />

Auf den letzten Plätzen dominieren neben<br />

der Sicherheit am Abend außerdem die<br />

Leistungspakete „Haltestellen und Stationen“<br />

sowie „Tarif“. An 32. und somit<br />

letzter Stelle landeten die Informationen<br />

im Störungs- und Verspätungsfall – hier<br />

sind so wenig Kunden zufrieden wie in<br />

keiner anderen Kategorie (Note 3,58). Nur<br />

wenig besser beurteilten die Nutzer das<br />

Preis-Leistungs-Verhältnis (3,53) sowie<br />

das Tarifsystem (3,43), die sich jedoch<br />

beide um etwa zwei Prozent verbessern<br />

konnten. „Dieses Feedback deckt sich<br />

weitgehend mit dem, was wir von Fahrgästen<br />

erhalten“, bestätigt Jens Wieseke:<br />

„Informationen bei Verspätungen und das<br />

Preis-Leistungs-Verhältnis sind Klassiker.“<br />

Er hat auch gleich ein Beispiel parat:<br />

„Wenn Sie auf einem Bahnsteig stehen<br />

und auf dem dynamischen Schriftanzeiger<br />

erscheint die bloße Info ‚Zug fällt aus‘ –<br />

das reicht nicht. Da muss mehr kommen.“<br />

Die Methodik<br />

2.233 Interviews hatte TNS Infratest zwischen März und<br />

April <strong>2014</strong> geführt – davon 1.326 mit ÖPNV-Nutzern. Als<br />

Zufriedenheit definierte das Institut dabei das Vergleichsergebnis<br />

zwischen den Erwartungen des Kunden und seiner<br />

wahrgenommenen Leistung. Je größer die empfundene<br />

Differenz, desto unzufriedener war er mit dem ÖPNV.<br />

Insgesamt wurden sechs Leistungspakete mit verschiedenen<br />

Unterkategorien analysiert: Kundenbeziehung,<br />

Angebot, Tarif, Haltestellen und Stationen, Sicherheit<br />

sowie Verkehrsmittel.<br />

„Deutlich wird, dass die Fahrplanauskunft<br />

im Internet und die persönliche<br />

Beratung gleich bewertet werden –<br />

Letztere schätzen die Kunden besonders.“<br />

Jens Wieseke, Fahrgastverband IGEB<br />

Freundlichkeit des Personals: Ballungsräume,<br />

Großstädte, Täglich- und Vielfahrer mit deutlich<br />

besseren Beurteilungen<br />

1,0<br />

1,2<br />

1,4<br />

1,6<br />

1,8<br />

2,0<br />

2,2<br />

2,4<br />

2,6<br />

2,8<br />

3,0<br />

3,2<br />

3,4<br />

3,6<br />

3,8<br />

4,0<br />

2012<br />

<strong>2014</strong><br />

Gesamt<br />

14<br />

2,92<br />

14<br />

2,96<br />

Zufriedenheit<br />

Skala von 1 bis 5<br />

1 = vollkommen zufrieden<br />

5 = unzufrieden<br />

11<br />

2,82<br />

Ballungsraum<br />

Regionen<br />

Großstadt<br />

Umland<br />

15<br />

2,92<br />

ÖPNV-Nutzungshäufigkeit<br />

tgl./<br />

fast tgl.<br />

mind. 1x/<br />

Woche<br />

mind. 1x/<br />

Monat seltener<br />

n=1.257 n=593 n=157 n=507 n=322 n=309 n=220 n=406<br />

2012<br />

<strong>2014</strong><br />

Enttäuschte Kunden<br />

Anteil in Prozent<br />

(Skala 4 oder 5)<br />

15<br />

2,92<br />

14<br />

2,89<br />

16<br />

3,00<br />

12<br />

2,91<br />

0 %<br />

20 %<br />

40 %<br />

60 %<br />

80 %<br />

100 %<br />

Veränderung 2012/<strong>2014</strong><br />

signifikante Verbesserung<br />

signifikante Verschlechterung<br />

Die Fahrgäste legen Wert auf gute Informationen und<br />

eine persönliche Beratung durch die Mitarbeiter.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 11


Aus dem Verband<br />

Hochkarätiges Podium (v.l.): <strong>VDV</strong>-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff, Staatssekretär Michael Odenwald, Landesverkehrsminister Reinhard Meyer,<br />

Deutsche-Bahn-Chef Rüdiger Grube und Städtetagspräsident Dr. Ulrich Maly diskutierten unter der Leitung von Moderatorin Judith Schulte-Loh.<br />

DiePolitik muss<br />

jetzt umsetzen<br />

Der Öffentliche Verkehr bewegt Deutschland, aber er ist aus der Spur geraten. Offene<br />

Finanzierungsfragen oder die EEG-Umlage – der Bedarf ist erkannt. Jetzt muss<br />

umgesetzt werden. <strong>Das</strong> war die zentrale Botschaft der <strong>VDV</strong>-Jahrestagung, die der<br />

Verband direkt der Bundesregierung mit auf den Weg gegeben hat. Verkehrsminister<br />

Alexander Dobrindt und sein Staatssekretär Michael Odenwald waren zu Gast<br />

und machten handfeste Zusagen bei GVFG und erhöhtem Beförderungsentgelt.<br />

12 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Aus dem Verband<br />

Alexander Dobrindt (o.) versprach, eine GVFG-Nachfolgeregelung<br />

zeitnah zu klären. Zuvor hatte Verbandspräsident Jürgen Fenske (r.) die<br />

<strong>VDV</strong>-Jahrestagung eröffnet. Rund 1.000 Teilnehmer hatten sich zu der<br />

Veranstaltung angemeldet.<br />

Eine funktionierende Infrastruktur macht Wohlstand<br />

erst möglich, sie bildet die Basis jeder Wertschöpfung.<br />

„Öffentlicher Verkehr – Wirtschaftsfaktor und Lebensqualität“<br />

war dann auch das Motto der Tagung in<br />

Berlin. Doch diese Rolle droht der ÖV bald nicht mehr<br />

zu erfüllen. Die Probleme liegen auf der Hand: Der<br />

Bund will erst 2015 eine Nachfolgeregelung für das<br />

auslaufende Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz<br />

(GVFG) angehen. Auch die Zukunft der Regionalisierungsmittel<br />

ist noch ungewiss. Für Ausbau und Erhalt<br />

der Infrastruktur reichen die Mittel nicht aus. Dazu<br />

kommen die Probleme des ÖPNV im ländlichen Raum<br />

sowie die Belastungen des Schienenverkehrs durch<br />

die EEG-Umlage. „Sind wir auf der Spur?“, fragte<br />

<strong>VDV</strong>-Präsident Jürgen Fenske und antwortete: „Nein.“<br />

Er gab Verkehrsminister Dobrindt deswegen gleich<br />

mehrere Forderungen mit auf den Weg: Korrektur des<br />

EEG, ausreichende Finanzmittel für Erhalt und Aus-<br />

bau der Infrastruktur sowie die<br />

Durchsetzung eines erhöhten Beförderungsentgelts<br />

für Schwarz-<br />

Jahr zu einer Entscheidung<br />

„Es muss noch in diesem<br />

fahrer. Vor allem beim GVFG kommen, wie es mit dem<br />

bestehe dringender Handlungsbedarf.<br />

„Es ist die tragende Säule müssen es fortsetzen.“<br />

GVFG weitergeht. Wir<br />

unseres täglichen Angebots und<br />

Bundesminister Alexander Dobrindt<br />

darf nicht enden. Die Verhandlungen<br />

erst 2015 zu beginnen, ist<br />

zu spät“, sagte Fenske. <strong>Das</strong> fand auch Rüdiger Grube,<br />

Vorstandschef der Deutschen Bahn AG, der Gastgeberin<br />

der Tagung. „Wir dürfen die nächsten dreieinhalb<br />

Jahre nicht mit Konzepten verschwenden“, mahnte<br />

er auch mit Blick auf die Infrastrukturfinanzierung<br />

allgemein: „Wir müssen endlich umsetzen.“<br />

Mit dieser Einschätzung sind die Verkehrsunternehmen<br />

nicht allein. Einer neuen Forsa-Studie zufolge<br />

halten 98 Prozent aller Deutschen eine funktio-<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 13


Aus dem Verband<br />

Gala-Abend in „The Station“: Fast 1.000 Gäste waren zu dem Fest gekommen (o.).<br />

Kabarettist Horst Evers (o. r.) warf dabei einen humorvollen Blick auf den Personenverkehr<br />

und berichtete von seinen ganz speziellen Erfahrungen im Zug – unter anderem<br />

zur Freude von Rüdiger Grube und BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta (r., vorn).<br />

nierende Infrastruktur für wichtig bis sehr wichtig. Viele<br />

seien bereit, einen Beitrag zu leisten, etwa in Form eines<br />

umgewandelten Solidaritätszuschlags (siehe Infobox).<br />

„Berechtigt“ nannte Dobrindt die Forderungen der<br />

Verkehrsunternehmen. In der Vergangenheit habe die<br />

Politik fälschlicherweise geglaubt, man könne Infrastruktur<br />

und Wohlstand entkoppeln. <strong>Das</strong>s genau das<br />

nicht der Fall sei, zeige eine McKinsey-Studie. Infrastruktur,<br />

Wachstum, Wohlstand – diese drei bildeten<br />

gleichsam eine Fortschrittspyramide. „So eine Studie ist<br />

das überzeugendste Argument“, sagte Dobrindt mit Blick<br />

auf das Ringen um die Finanzmittel. Er überraschte die<br />

Verkehrsunternehmen zudem mit handfesten Zusagen:<br />

„Es muss noch dieses Jahr zu einer Entscheidung<br />

kommen, wie es mit dem GVFG weitergeht. Wir müssen<br />

es fortsetzen und ausbauen.“ Auch bei den Regionalisierungsmitteln<br />

müsse man zu einem Ergebnis kommen.<br />

Studie: Mehrheit will „Soli“ in Infrastrukturzulage umwandeln<br />

In puncto Bußgeld für Schwarzfahrer legte er ein klares<br />

Bekenntnis ab. „Ich sage zu, dass wir zu einer Erhöhung<br />

kommen. Wie hoch, ist noch offen.“<br />

In der anschließenden Podiumsdiskussion erläuterte<br />

Dobrindts Staatssekretär Odenwald, warum beim erhöhten<br />

Beförderungsentgelt noch nichts passiert ist. Die<br />

Verkehrspolitiker seien sich einig, „aber diese Frage ist<br />

vielschichtiger. Es gibt andere Auffassungen bei Sozialund<br />

Rechtspolitikern. Wir wollen aber eine abgestimmte<br />

Auffassung über alle Länderkabinette hinweg.“ Schleswig-Holsteins<br />

Verkehrsminister Reinhard Meyer,<br />

Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz, sah das<br />

anders: „Im Moment spielen wir<br />

Schwarzer Peter bei Schwarzfahrern.<br />

Wir haben das schon vor einem Jahr<br />

beschlossen und den Bund gebeten, es<br />

auf den Weg zu bringen.“<br />

Die Mehrheit der Deutschen befürwortet eine Umwandlung des Solidaritäts- in einen Infrastrukturzuschlag,<br />

um den Erhalt der Verkehrswege zu finanzieren. Einer repräsentativen Forsa-Umfrage<br />

zufolge sind 52 Prozent der Bürger für diesen Vorschlag. Besonders groß ist die Zustimmung bei den<br />

18- bis 29-Jährigen: Hier sprachen sich 72 Prozent für eine solche Zulage aus. „<strong>Das</strong> zeigt, dass die<br />

Bürger bereit sind, einen finanziellen Beitrag zu zahlen“, beurteilte <strong>VDV</strong>-Präsident Jürgen Fenske<br />

das Ergebnis. Der <strong>VDV</strong> unterstützt die Idee des neuen Zuschlags – schon ein Teilbetrag des Solis<br />

würde ausreichen. Die Forsa-Studie zeigt auch: <strong>Das</strong> Thema Infrastruktur ist in der Bevölkerung<br />

angekommen. Nur drei Prozent der Deutschen halten sie für ausreichend finanziert, 68 Prozent<br />

sprechen sich dafür aus, zusätzliche Mittel aus dem laufenden Steueraufkommen für die Verkehrswege<br />

bereitzustellen. Ein Drittel hält eine weitere Nutzerfinanzierung durch Autofahrer, etwa die<br />

Pkw-Maut, für ein mögliches Instrument.<br />

Neben dem erhöhten Beförderungsentgelt<br />

waren in der Podiumsdiskussion<br />

vor allem die Infrastrukturfinanzierung<br />

und insbesondere das GVFG<br />

wichtige Themen. Egal ob Umwandlung<br />

des Solis, eine Ausweitung der<br />

Maut oder Spezialfonds: Ideen gibt es,<br />

sie müssen nur umgesetzt werden. „Es<br />

braucht konkrete Verabredungen und<br />

eine mittelfristige Finanzplanung“,<br />

betonte <strong>VDV</strong>-Hauptgeschäftsführer<br />

Oliver Wolff mit Blick auf das GVFG:<br />

14 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Aus dem Verband<br />

Henry Schulz als „Talent im ÖPNV“ geehrt<br />

„Kinder an die Macht“: <strong>Das</strong> ist nicht nur der Titel des Klassikers<br />

von Herbert Grönemeyer. Es ist auch der Name eines Berliner<br />

Vereins, der seit 1995 Freizeiten für Kinder und Jugendliche<br />

zum Selbstkostenpreis anbietet. Möglich macht<br />

das ein engagiertes, ehrenamtliches Team.<br />

Stellvertretend für alle wurde jetzt einer<br />

seiner Mitgründer auf der <strong>VDV</strong>-Jahrestagung<br />

geehrt: Henry Schulz, zweiter<br />

Vorstand des Vereins und Mitarbeiter<br />

der Berliner Verkehrsbetriebe,<br />

ist „Talent im ÖPNV <strong>2014</strong>“.<br />

Grönemeyers Song klang aus den<br />

Lautsprechern, als Henry Schulz<br />

(Foto, l.) die Bühne betrat. Er<br />

und seine Mitstreiter hatten den<br />

Verein seinerzeit mit dem Ziel der<br />

„sinnvollen Freizeitgestaltung von<br />

Kindern und Jugendlichen“ gegründet.<br />

Mehrere 1.000 junge Teilnehmer<br />

haben sie schon begleitet. Die Idee ist<br />

nicht einfach aus dem Nichts entstanden:<br />

Schon in den 80er-Jahren hatten Henry Schulz<br />

und seine Kollegen die Kinderferienlager der BVG mit<br />

betreut, die 1992 aber eingestellt werden mussten. „Danach sind<br />

wir bei anderen Ferienlagern mitgefahren“, erinnerte sich der<br />

51-Jährige: „Aber das war nicht das, was wir gewohnt waren. 50<br />

Kinder und ein Betreuer – das war nicht unser Standard.“ Die<br />

Konsequenz war ein eigener Verein. Dort ist das Verhältnis nun<br />

10:1. Doch all das geht nur mit hohem ehrenamtlichen Engagement<br />

aller Beteiligten. Logisch also, dass Henry Schulz nicht allein<br />

zur Preisverleihung kam: Die Auszeichnung nahmen<br />

mit ihm zusammen drei Betreuerinnen und zwei<br />

Mädchen entgegen (Foto). Letztere nehmen<br />

regelmäßig an den Freizeiten teil. Wie viele<br />

Vereine leidet aber auch „Kinder an die<br />

Macht“ unter dem Schwund freiwilliger<br />

Helfer. „Es gibt immer weniger<br />

Menschen, die Interesse haben,<br />

ehrenamtlich zu arbeiten“, bedauerte<br />

Schulz. Zumindest für 2015 kann<br />

er sich jedoch über einen zusätzlichen<br />

Helfer freuen: <strong>VDV</strong>-Hauptgeschäftsführer<br />

Oliver Wolff versprach<br />

während der Ehrung spontan, eine<br />

Ferienfreizeit ins Zillertal zu begleiten.<br />

„Der Einsatz des Vereins ist gesellschaftlich<br />

wegweisend“, lobte er zudem.<br />

Dem schloss sich Ulrich Homburg, Vorstand Personenverkehr<br />

der Deutschen Bahn, an. „Ich weiß aus<br />

meinem eigenen Umfeld, wie viel Engagement erforderlich<br />

ist, um so etwas aufrecht zu erhalten.“ Um dem Verein die Arbeit<br />

zu erleichtern, überreichte er im Auftrag der DB einen Reisegutschein<br />

über 1.000 Euro.<br />

Weitere Informationen unter: www.kinder-an-die-macht-ev.de<br />

„Deswegen bin ich gespannt auf die Länderhaushalte.<br />

Die stehen jetzt vor der Frage, was sie für 2020 einstellen.“<br />

Meyer forderte bei den Regionalisierungsmitteln<br />

eine „vernünftige Dynamisierung. 1,5 Prozent reichen<br />

nicht“. Eine nicht ausreichende Finanzierung beklagte<br />

auch Städtetagspräsident Dr. Ulrich Maly. Er warnte<br />

davor, „sehenden Auges in ein Investitionsloch“ zu fallen,<br />

und mahnte, dass der ÖPNV für die Nutzer bezahlbar<br />

bleiben müsse. „Wir nähern uns bei der Einzelfahrt der<br />

magischen Schwelle von drei Euro.“ Harsche Kritik gab<br />

es an den Plänen des Bundes, die Busspuren künftig für<br />

Elektroautos zu öffnen. Eine „Schnapsidee“, urteilte Oliver<br />

Wolff. „Damit wäre das Thema Beschleunigung des<br />

ÖPNV in den Großstädten erledigt.“<br />

In den drei Fachforen gingen die Diskussionen später<br />

weiter. Über Vorgaben und Realität bei der Umsetzung<br />

der Barrierefreiheit im ÖPNV sprachen Vertreter von<br />

Bund, Bahn, <strong>VDV</strong> und Städtetag. Der neue Bundesver-<br />

kehrswegeplan und seine Chancen für die künftige<br />

Verkehrswegeplanung waren Thema im Forum Eisenbahnverkehr.<br />

Im Fachforum Technik zeigten Vertreter<br />

aus Politik, Verkehrsunternehmen und Verbänden neue<br />

Möglichkeiten im Vertrieb auf.<br />

Einen ganz anderen, humoristischen Blick auf den Personenverkehr<br />

warf der Berliner Autor und Kabarettist<br />

Horst Evers während des Gala-Abends im ehemaligen<br />

Postbahnbahnhof „The Station“. Dem Vielfahrer hatten es<br />

vor allem dauertelefonierende Mitfahrer im Zug angetan.<br />

Der Öffentliche Verkehr ist manchmal eben eine Herausforderung<br />

– für die Macher wie für die Reisenden.<br />

Weitere Infos, Dokumentationen,<br />

Vorträge und Bilder finden Sie auch im Internet:<br />

www.vdv.de/jahrestagung.aspx<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 15


Hintergrund<br />

Unterwegs im Netz<br />

Zwischen<br />

Coils und Kosten<br />

Busse, Bahnen, Güterzüge – und ein eigenes Schienennetz: Im<br />

Nordosten des Bundeslandes Rheinland-Pfalz betreibt die<br />

Westerwaldbahn einen Mikrokosmos des Öffentlichen Verkehrs.<br />

16 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Unterwegs im Netz<br />

70.000<br />

Tonnen<br />

befördert die Westerwaldbahn<br />

pro Jahr auf ihrer rund 18 Kilometer<br />

langen Stammstrecke.<br />

Für manchen mittelständischen<br />

Betrieb ist sie die Nabelschnur zum<br />

Rest der Welt und in die Märkte.<br />

Mit silbern glänzender Aluminium-Fassade fügt sich<br />

der Gebäudekomplex des Betriebshofes eher futuristisch<br />

in die ländliche Hügelweite des Westerwaldes<br />

ein. Wie ein Ausguck überragt ein Turm die Dächer<br />

des Hallen-Ensembles: eine Reminiszenz an hundert<br />

Jahre Bahngeschichte – der Wasserturm, an dem einst<br />

Dampfloks gespeist wurden. Wer die Westerwaldbahn<br />

auf einen Blick verstehen will, sollte sich hier, in der<br />

vor knapp einem Jahrzehnt erbauten Anlage am Rande<br />

des Dörfchens Bindweide, die Waschstraße zeigen<br />

lassen. Sie ist multifunktional, geeignet für Bus und<br />

Bahn: In den Hallenboden ist ein Gleis eingelassen,<br />

Lokführer oder Busfahrer manövrieren ihr Gefährt<br />

in die richtige Position. Dann geben sie über eine<br />

Tastatur den Fahrzeugtyp ein, und schon rotieren die<br />

blauen Bürsten passgenau an der Außenhaut.<br />

Striktes Kostenbewusstsein und durchdachte Effizienz<br />

– das sind Tugenden zum Überleben, weiß Horst<br />

Klein. Der 63-Jährige ist ebenfalls multifunktional:<br />

Geschäftsführer der Westerwaldbahn GmbH, einer<br />

hundertprozentigen Tochter des<br />

Landkreises Altenkirchen, und als<br />

Eisenbahnbetriebsleiter zugleich<br />

oberster Verantwortlicher für den<br />

Schienenverkehr. Neben weiteren<br />

Verpflichtungen seines Jobs ist er<br />

ehrenamtlicher Bürgermeister in<br />

seiner nahen Heimatgemeinde, erst<br />

kürzlich mit großer Mehrheit wiedergewählt,<br />

und einer der Vizepräsidenten<br />

des <strong>VDV</strong>.<br />

Für die Westerwaldbahn – kurz Weba – mit gerade<br />

einmal 70 Beschäftigten ist der Betriebshof in Bindweide<br />

Herz und Kopf zugleich. Rund sechs Millionen<br />

Euro haben sich Kreis und Land den Neubau kosten<br />

lassen. Klein: „Hier läuft das Busnetz zusammen, hier<br />

haben wir Werkstatt-Kapazitäten für unsere Schienenfahrzeuge,<br />

hier sitzt das Management. Mit der<br />

Konzentration auf diesen Standort haben wir wertvolle<br />

Infrastruktur gerettet.“<br />

„Bund und Land müssen sich<br />

zu einer dauerhaften Finanzierung<br />

der Schieneninfrastruktur<br />

durchringen.“<br />

Horst Klein,<br />

Geschäftsführer Westerwaldbahn<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 17


Unterwegs im Netz<br />

Die Firmenzentrale liegt an der eingleisigen<br />

„Stammstrecke“ der Weba: Gut 18 Kilometer, die in<br />

Scheuerfeld im Siegtal an der Bahnstrecke Köln –<br />

Siegen beginnen und sich über Bindweide bis nach<br />

Weidefeld winden. Seit Jahrzehnten fahren hier nur<br />

Güterzüge, bewegen etwa 70.000 Tonnen Fracht im<br />

Jahr. Wichtigster Kunde: ein lokaler Büromöbel-Hersteller,<br />

der seine Produkte im Werk als Stückgut in<br />

eigens für ihn beschafften Schiebewandwagen verpackt<br />

und in seine Märkte befördert.<br />

Obwohl die Stammstrecke nur dem Güterverkehr<br />

dient, rollen immer wieder auf ihr auch in Rot, Gelb<br />

und Silber gehaltene Nahverkehrstriebzüge. Es sind<br />

Züge der Weba, die von ihren nicht weit entfernten<br />

Einsatzgebieten zu Instandhaltungsarbeiten in den<br />

Betriebshof überführt werden. So betreibt die Weba<br />

seit 20 Jahren die zehn Kilometer lange „Daadetalbahn“,<br />

die am nahen Bahnknoten Betzdorf an der Sieg<br />

beginnt. „Nach der Bahnreform konnten wir in den<br />

SPNV, den Schienenpersonennahverkehr, einsteigen“,<br />

berichtet Weba-Chef Klein: „Zu Konditionen, von denen<br />

wir heute nur noch träumen können.“ Die Strecke<br />

ging für eine symbolische D-Mark an die Weba. Die<br />

Deutsche Bahn, die als Bundesbahn den Betrieb im Tal<br />

der Daade eingestellt hatte, beteiligte sich großzügig<br />

an der Reaktivierung. Und Rheinland-Pfalz finanzierte<br />

zwei Triebwagen der Baureihe VT 628.<br />

Hundert Jahre Bahngeschichte<br />

Hinzu kam dann die Hellertalbahn Betzdorf – Haiger<br />

– Dillenburg, die sich eine Bietergemeinschaft von<br />

Weba, Hessischer Landesbahn und Siegener Kreisbahn<br />

in einer europaweiten Ausschreibung sicherte.<br />

Die Weba ist dort seit 1999 Betriebsführer und setzt<br />

drei moderne Triebwagen vom Typ GTW 2/6 ein. Seit<br />

2004 betreibt die Weba gemeinsam mit der Hessischen<br />

Landesbahn in der Gesellschaft Vectus mit<br />

28 Lint-Triebzügen zwischen Au an der Sieg und<br />

Wiesbaden, Koblenz, Limburg den SPNV und leistet<br />

2,4 Millionen Zugkilometer im Jahr. Beide Engage-<br />

Am heutigen<br />

Betriebssitz der<br />

Westerwaldbahn<br />

wurde im<br />

19. Jahrhundert<br />

aus der „Grube<br />

Bindweide“ Eisenerz<br />

befördert<br />

und von 1881 bis 1913 mit einer Schmalspurbahn ins<br />

Siegtal transportiert. 1913 wurde die heutige Stammstrecke<br />

in Regelspur eröffnet. Der Kreis Altenkirchen<br />

wurde 1914 Eigentümer der Bahn. Bis 1942 blieb die<br />

Weba eine reine Güterbahn. In den Kriegsjahren kam<br />

dann Personenverkehr hinzu, allerdings nur bis 1959.<br />

Seit 1994 betreibt die Weba den SPNV auf der Daadetalbahn.<br />

Derzeit ist sie auch noch Kooperationspartner bei<br />

Vectus und der Hellertalbahn. Im Güterverkehr hat die<br />

Weba neben den eigenen Aktivitäten seit 1998 einen Kooperationsvertrag<br />

mit DB Schenker Rail und führt für die<br />

Konzerntochter Zugbildungsaufgaben in Betzdorf durch.<br />

Bunter Bahnentreff Betzdorf: Hier starten die Hellertalbahn (l.),<br />

die Daadetalbahn (Mitte) und die Züge der Kooperation Vectus.<br />

Die Buslinien der Weba dienen weit überwiegend dem Schülerverkehr.<br />

Im Westerwald ist das Auto Nahverkehrsmittel Nummer 1.<br />

18 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Unterwegs im Netz<br />

Moderne Infrastruktur für Instandhaltung: Im Betriebshof Bindweide wartet die<br />

Weba Straßen- und Schienenfahrzeuge. Auch ihre Partner nutzen die Anlage.<br />

Zugpferd für schwere Lasten: Im Betriebshof Bindweide<br />

wird eine Diesellok für den Güterverkehr fit gemacht.<br />

ments stehen allerdings vor dem Aus, bedauert Klein:<br />

„Bei unserem Eigentümer, dem Kreis Altenkirchen,<br />

gab es keine politische Mehrheit für eine weitere<br />

Bewerbung um diese Leistungen. Man fürchtet finanzielle<br />

Risiken, die den Kreis überfordern könnten.“ Die<br />

Triebzüge werden dennoch weiter in den Betriebshof<br />

kommen: Die Weba wird für die Hessische Landesbahn<br />

Werkstattleistungen übernehmen.<br />

Vor einer ungewissen Zukunft steht der Busverkehr.<br />

„Rund 80 Prozent unseres Aufkommens ist<br />

Schülerverkehr, und das mit abnehmender Tendenz“,<br />

beschreibt Klein. Betrieben wird ein 250 Kilometer<br />

langes Konzessionsnetz. „<strong>Das</strong> geht noch bis 2018, und<br />

dann muss etwas passieren. Wenn es durch weitere<br />

Kostensenkungen nicht gelingt, die Eigenwirtschaftlichkeit<br />

zu erhalten, wird es wohl nur über gemeinwirtschaftliche<br />

Verkehre gehen, mit Ausschreibungen<br />

in Linienbündeln, die dann gute und weniger nachgefragte<br />

Strecken zusammenbringen.“<br />

Die buchstäblich gewichtigste Verkehrsleistung der<br />

Weba kommt nie am Betriebshof Bindweide vorbei.<br />

Für den Stahl verarbeitenden mittelständischen<br />

Konzern Schütz Industrial Services in Selters und<br />

Siershahn liefert die Weba den wichtigsten Rohstoff:<br />

Jeden Monat kommen auf der Schiene 20.000 Tonnen<br />

Coils in den Westerwald, die in Finnentrop in Südwestfalen<br />

und anderen Stahlwerken auf die Reise<br />

geschickt werden. Für die Transporte, die Monat für<br />

Monat etwa 1.000 Lkw-Fahrten ersetzen, drehte die<br />

Weba ein vergleichsweise großes Rad: Sie übernahm<br />

von DB Netz 33 Kilometer Strecke von Altenkirchen<br />

nach Selters, holte den stillgelegten südlichen<br />

Abschnitt von 13 Kilometern aus dem Dornröschenschlaf<br />

und reaktivierte ihn für 1,5 Millionen Euro.<br />

Über DB-Schienen hatten die Transporte zuvor<br />

einen Laufweg von 314 Kilometern – jetzt nur noch<br />

130 Kilometer.<br />

In Freude und Stolz über diese Verkehrsleistung<br />

mischt sich bei Horst Klein die Sorge, wie es weitergehen<br />

kann. „Während sich der SPNV durch die<br />

Bestellerentgelte selbst finanziert, müssen wir den<br />

Schienengüterverkehr eigenwirtschaftlich betreiben.<br />

Als EVU, als Eisenbahnverkehrsunternehmen,<br />

können wir das kostendeckend. Aber wir sind ja auch<br />

Eisenbahn-Infrastrukturbetreiber. Und mit den Trassenpreisen<br />

für zwei werktägliche Züge können wir die<br />

Infrastruktur nicht erhalten.“ Es ist das Dilemma aller<br />

NE-Bahnen, der nicht bundeseigenen Eisenbahnen,<br />

weiß der Weba-Chef: Bund und Land müssten sich<br />

dringend gemeinsam zu einer dauerhaften Finanzierung<br />

der Schienenwege durchringen.<br />

Weitere Informationen unter: www.westerwaldbahn.de<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 19


Hintergrund<br />

78.000<br />

Kubikmeter<br />

So groß ist der überbaute Raum<br />

im Heumarkt. <strong>Das</strong> entspricht etwa<br />

einem Fünftel des Kölner Doms –<br />

und macht die U-Bahn-Haltestelle<br />

zur größten in Köln.<br />

Kühn geschwungene Linien, transparentes Erscheinungsbild: <strong>Das</strong> macht die Architektur des Heumarkts aus. Die Ladenzeile bildet den Mittelpunkt der Station.<br />

In der<br />

Tiefe<br />

des<br />

Raumes<br />

schwebt eine Wolke<br />

Seit wenigen Monaten ist in Köln die neue Station Heumarkt im Betrieb –<br />

ein ÖPNV-Bauwerk, so grandios wie einzigartig. In der Domstadt macht<br />

schon das Wort von einer unterirdischen Kathedrale die Runde.<br />

20 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Hintergrund<br />

Hell und offen: Die<br />

Fahrgäste können das<br />

jeweils andere Stockwerk<br />

des Heumarkts<br />

einsehen. Die Ebenen<br />

sind optisch miteinander<br />

verknüpft.<br />

Ausbau Nord-Süd Stadtbahn<br />

Der Bau der Kölner Nord-Süd Stadtbahn zählt derzeit zu den größten Infrastruktur-<br />

und Städtebauprojekten Deutschlands. Durch die bessere Anbindung<br />

der südlichen Stadtteile an die Innenstadt und den Hauptbahnhof verkürzt sich<br />

die Fahrzeit zwischen dem Breslauer Platz an der Nordseite des Hauptbahnhofs<br />

und dem Chlodwigplatz im Herzen der Südstadt von 16 auf acht Minuten.<br />

Nach mehr als 30 Jahren Planungs- und Bauzeit befindet sich der Ausbau der<br />

letzten Stationen in der Endphase. Finanziell bedingte Umplanungen, neue<br />

Brandschutzvorschriften und der Einsturz des Stadtarchivs, bei dem zwei<br />

Menschen ums Leben kamen, hatten das Projekt immer wieder verzögert.<br />

Wenn Prof. Ulrich Coersmeier über die<br />

neuen Stationen der Kölner Nord-Süd<br />

Stadtbahn spricht, gerät er ins Schwärmen.<br />

„Hier entsteht eine Perlenkette<br />

– aber mit ganz unterschiedlichen Perlen.“<br />

Diejenige Perle, die der Architekt<br />

mit seinem Team geschaffen hat, ist<br />

vielleicht die funkelndste und mit Sicherheit<br />

die dickste. Die im Dezember<br />

in Betrieb gegangene Station Heumarkt<br />

zählt zu den spektakulärsten Bauwerken<br />

im deutschen ÖPNV. Chrom, Stahl,<br />

Beton und Glas prägen das transparente<br />

Erscheinungsbild. Der überbaute Raum<br />

von insgesamt rund 78.000 Kubikmetern<br />

– das entspricht etwa einem Fünftel des<br />

Kölner Doms – macht den Heumarkt zur<br />

größten und mit seiner Bauwerkssohle<br />

28,50 Meter unter der Oberfläche gleichzeitig<br />

zur tiefsten U-Bahn-Haltestelle<br />

der Stadt.<br />

An der Oberfläche ist hiervon nichts<br />

zu erahnen: Eine Schneise aus zwei<br />

Stadtbahngleisen inmitten einer mehrspurigen<br />

Straße trennt die Süd- von der<br />

Innenstadt. Verkehrslärm und Abgase<br />

nerven. Aber schon auf der Rolltreppe<br />

am eher unscheinbaren Eingang an der<br />

Cäcilienstraße beginnt das Architekturerlebnis.<br />

„Wichtig sind die Wege“, erläutert<br />

Ulrich Coersmeier: „Wir wollten, dass<br />

die Fahrgäste vom Licht geleitet werden,<br />

und für sie einen Wechsel schaffen.“<br />

<strong>Das</strong> gelingt an diesem Eingang über zwei<br />

Bereiche, die wie Trichter hintereinander<br />

liegen und auf der Fahrt nach oben<br />

ins Tageslicht münden. In umgekehrter<br />

Richtung eröffnet sich nach einer kurzen<br />

Fahrt auf der Rolltreppe und wenigen<br />

Metern Fußweg ein mehr als 100 Meter<br />

langes und 13 Meter hohes Gewölbe. Der<br />

Vergleich mit dem Blick in eine Kathedrale<br />

drängt sich auf und wird in Köln<br />

seit der Eröffnung der Station Mitte Dezember<br />

gern genutzt.<br />

Straßenbahnen sind auf dieser Ebene<br />

nicht zu sehen. Die Züge der verlängerten,<br />

in Nord-Süd-Richtung verlaufenden<br />

Linie 5 verkehren ein weiteres<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 21


„Wichtig sind die Wege.<br />

Wir wollten, dass die<br />

Fahrgäste vom Licht<br />

geleitet werden.“<br />

Prof. Ulrich Coersmeier, Architekt<br />

Stockwerk tiefer. Aber allein durch die<br />

Architektur der Station wirken die Linien<br />

optisch präsent. Die kühn geschwungene<br />

Halle und ihre mit Edelstahlelementen<br />

verkleidete Deckenkonstruktion folgen<br />

dem Verlauf der derzeit noch oberirdisch<br />

geführten Stadtbahn-Gleise. Wenn eines<br />

Tages die Kölner Stadtbahn vollständig<br />

ausgebaut ist, sollen hier die Züge in Ost-<br />

West-Richtung rollen. Bis dahin bleibt<br />

das auf dieser Ebene bereits eingebaute<br />

Gleisbett abgedeckt. Den Mittelpunkt<br />

der Halle bildet eine elliptische Ladenzeile,<br />

deren Glasscheiben scheinbar ein<br />

Chromdach tragen. „Wie eine Wolke<br />

scheint dieses Element im Raum zu<br />

schweben“, so Ulrich Coersmeier. Voraussichtlich<br />

im Spätsommer können<br />

Fahrgäste hier einkaufen.<br />

Architektonisch und gefühlt liegt hier<br />

der Mittelpunkt der gesamten Station:<br />

An dieser Stelle kreuzen sich die rund 22<br />

Meter unter der Erdoberfläche liegende<br />

Nord-Süd- und die zukünftige Ost-<br />

West-Strecke. „Die diagonale Kreuzung<br />

ist das Hauptmotiv der Planung“, erläutert<br />

Coersmeier: „<strong>Das</strong>s die Strecken im spitzen<br />

Winkel aufeinander zulaufen, spiegelt<br />

sich in der gesamten Station bis hin zur<br />

Deckenkonstruktion wider.“ Beide Ebenen<br />

sind optisch miteinander verknüpft,<br />

Fahrgäste können das jeweils andere<br />

Stockwerk einsehen. Die Übersichtlichkeit<br />

schafft ein Gefühl von Sicherheit.<br />

Von hinten beleuchtete Glaswände auf<br />

der unteren Ebene und in den verbindenden<br />

Räumen vermitteln Transparenz und<br />

geben dem Bau seine Leichtigkeit.<br />

Zehn Jahre wurde an dem rund 90 Millionen<br />

Euro teuren Bauwerk gearbeitet.<br />

Eine Investition mit Weitblick: „Hätten<br />

wir diese Station kleinlich bemessen,<br />

würde sich das später als teurer Fehler<br />

herausstellen“, verdeutlicht Ulrich<br />

Coersmeier. „Der Heumarkt wird eines<br />

Tages einer der wichtigsten Umsteigepunkte<br />

im ÖPNV Kölns sein und<br />

das zentrale Bindeglied zwischen der<br />

Alt- und Südstadt“, erläutert auch Jürgen<br />

Fenske, Vorstandsvorsitzender der<br />

Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) und<br />

<strong>VDV</strong>-Präsident: „Mit diesem Bauwerk<br />

sind wir auf das zukünftige Wachstum<br />

der Fahrgast- und Einwohnerzahlen<br />

gut vorbereitet.“ Prognosen zufolge sollen<br />

nach der Gesamtinbetriebnahme,<br />

die nach dem Unglück am Stadtarchiv<br />

Die Bedeutung der Nord-Süd Stadtbahn<br />

Die Halle und ihre Deckenkonstruktion folgen in ihrem Verlauf<br />

den derzeit noch oberirdisch geführten Stadtbahn-Gleisen.<br />

Während im gesamten Kölner Stadtgebiet das Verhältnis zwischen<br />

der Nutzung des ÖPNV und der Nutzung des Individualverkehrs annähernd<br />

ausgewogen ist, nutzt nur ein Drittel der Südstadt-Bewohner<br />

den ÖPNV, zwei Drittel jedoch den Individualverkehr. Die Folge<br />

sind Staus, Lärm und Luftverschmutzung in der Südstadt. Gleichzeitig<br />

wird die Nord-Süd Stadtbahn einen Beitrag zur Entlastung des<br />

Innenstadttunnels zwischen Appellhofplatz und Poststraße leisten.<br />

Durch den fährt in der Spitzenzeit alle 120 Sekunden eine Bahn.<br />

22 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Hintergrund<br />

Zahlen, Daten, Fakten<br />

Umbauter Raum: 78.100 Kubikmeter<br />

Stockwerke: 3<br />

Tiefe der Bauwerkssohle:<br />

28,50 Meter (Technik- und Betriebsräume)<br />

Tiefe der Gleisebene Nord-Süd: 21,40 Meter<br />

Tiefe der Gleisebene Ost-West: 14,50 Meter<br />

Fahrtreppen: 14<br />

Feste Treppen: 9<br />

Aufzüge: 2<br />

Anschluss an den Bahnsteig der<br />

drei oberirdischen Linien 1, 7, 9.<br />

frühestens 2019 erfolgen kann, an<br />

Werktagen etwa 95.000 Menschen am<br />

Heumarkt ein- und aussteigen und<br />

davon 50.000 umsteigen. Bis dahin<br />

wird auf der Nord-Süd Stadtbahn in<br />

zwei Teilabschnitten gefahren: zwischen<br />

Breslauer Platz und Heumarkt<br />

im Norden sowie ab 2016 von Severinstraße<br />

bis Bonner Wall im Süden. Zwischen<br />

Heumarkt und Severinstraße liegt<br />

die Unglückstelle am Waidmarkt. Sie<br />

kann vor 2019 nicht saniert und fertiggestellt<br />

werden.<br />

Mit der sogenannten Teilinbetriebnahme<br />

Nord zwischen Breslauer Platz und<br />

Heumarkt gelang Mitte Dezember die<br />

Verknüpfung der Linie 5 mit den<br />

Linien 1, 7 und 9 auf der oberirdischen<br />

Ost-West-Achse. Im zweiten Teilabschnitt<br />

der Nord-Süd Stadtbahn sollen<br />

die im Bau befindlichen Haltestellen<br />

Severinstraße, Kartäuserhof, Chlodwigplatz<br />

und Bonner Wall bis Ende dieses<br />

Jahres fertiggestellt und im Sommer<br />

2016 eröffnet werden.<br />

Schon jetzt ist für viele Fahrgäste der<br />

Umstieg am Neumarkt, Hauptbahnhof<br />

oder in Deutz überflüssig geworden.<br />

Wenn die Nord-Süd Stadtbahn durchgehend<br />

befahrbar ist, werden Kunden<br />

aus dem linksrheinischen Kölner Süden<br />

eine komfortable Anbindung an die<br />

Innenstadt sowie an die westlichen<br />

Stadtteile Ehrenfeld und Ossendorf beziehungsweise<br />

die östlichen in Richtung<br />

Deutz erhalten.<br />

Vollständig abgeschlossen wird das<br />

Projekt aber erst sein, wenn die Ost-<br />

West-Linien unter die Erde verlagert<br />

sind und die Innen- und Südstadt näher<br />

zusammenrücken können. Erst dann<br />

kommt die städtebauliche Dimension<br />

des Vorhabens vollständig zum Tragen.<br />

Mit diesem Konzept hatten Ulrich<br />

Coersmeier und sein Team vor mehr als<br />

20 Jahren einen Architekturwettbewerb<br />

gewonnen. Die Herausforderung und<br />

den Zeitrahmen des Gesamtvorhabens<br />

umreißt der 72-jährige Architekt, der<br />

in der Südstadt wohnt, wie folgt: „Es ist<br />

spannend, für Zeiten zu planen, die man<br />

vielleicht selber nicht erleben wird.“<br />

www.kvb-koeln.de<br />

Architekt Prof. Ulrich Coersmeier (l.) und<br />

Jürgen Fenske, KVB-Vorstandsvorsitzender<br />

und <strong>VDV</strong>-Präsident, in der neuen U-Bahn-<br />

Station.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 23


Unterwegs im Netz<br />

44<br />

Einwohner<br />

leben im Landkreis Uckermark<br />

auf einem Quadratkilometer.<br />

Auf der gleichen Fläche<br />

sind es in Berlin fast 4.000.<br />

Uckermark rückt<br />

durch den Kombibus<br />

näher zusammen<br />

24 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Unterwegs im Netz<br />

Transportkette: Busfahrer Jörg Wewiorra bescheinigt Nancy Dräger die Annahme<br />

der blauen Kühlbox, verlädt die Sendung in seinen Frachtraum und bringt sie bis<br />

nach Gramzow. Dort übernimmt sein Kollege Erhard Krüger die Ware (gr. Bild).<br />

Frische Lebensmittel und andere Sendungen<br />

kommen in der Uckermark mit<br />

dem Linienbus zu ihren Empfängern. Der<br />

im Jahr 2012 als Modellprojekt gestartete<br />

Kombibus trägt mittlerweile dazu bei, regionale<br />

Wirtschaftskreisläufe aufzubauen<br />

und zu festigen – ein Zukunftsmodell für<br />

den ÖPNV im ländlichen Raum, das Schule<br />

machen könnte.<br />

Im uckermärkischen Bandelow herrscht Mittagshitze.<br />

Vor der Bauernkäserei Wolters wartet Mitarbeiterin<br />

Nancy Dräger bei 30 Grad auf den Bus.<br />

Kaum ein Auto kommt vorbei, schon eher ein paar<br />

Radler, die an der jungen Frau mit dem Handwagen<br />

und der blauen Kühlbox vorbeifahren. Ein kleiner<br />

See, ein paar Häuser entlang der Straße, hinter den<br />

Häusern riesige Felder und jede Menge Gegend: typisch<br />

Uckermark. Im gleichnamigen Landkreis teilen<br />

sich 44 Einwohner einen Quadratkilometer. Auf<br />

der gleichen Fläche sind es in Berlin fast 4.000. Im<br />

äußersten Nordosten Brandenburgs leben 130.000<br />

Menschen – nach Unesco-Kriterien gilt das als nicht<br />

bevölkertes Gebiet. Schon bald gibt es hier mehr<br />

über 60- als unter 30-Jährige. Bis 2030 verliert der<br />

Landstrich ein weiteres Viertel seiner Bevölkerung.<br />

Demographischer Wandel in nüchternen Zahlen.<br />

Vor Ort bedeutet das jedoch: Erst fehlen den Geschäften<br />

die Kunden, danach fehlen den Kunden die<br />

Geschäfte. Wo weniger Menschen leben, wird die<br />

Versorgung schwieriger und teurer. <strong>Das</strong> gilt auch für<br />

den Erhalt der Infrastruktur und des ÖPNV.<br />

Den Busverkehr in der Region schultert die Uckermärkische<br />

Verkehrsgesellschaft (UVG). Eines ihrer<br />

Fahrzeuge hält pünktlich um 11.57 Uhr direkt vor<br />

der Käserei in Bandelow. Fahrer Jörg Wewiorra<br />

steigt aus, begrüßt Nancy Dräger und unterschreibt<br />

die Papiere. Ziel der Ware ist der Hofladen des Guts<br />

Kerkow bei Angermünde. Nachdem er die blaue<br />

Kühlbox in den Laderaum geschoben hat, fährt Jörg<br />

Wewiorra weiter Richtung Prenzlau. Mit an Bord<br />

sind eine Handvoll Schüler, eine Seniorin und eine<br />

Reisegruppe aus Berlin. Auf Einladung der Bundesvereinigung<br />

Logistik wollen die Teilnehmer wissen,<br />

wie sich der Kombibus in der Praxis bewährt.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 25


Unterwegs im Netz<br />

Aus der Milch uckermärkischer<br />

Kühe stellt die Bauernkäserei<br />

Wolters den Uckerkaas her.<br />

Der Käse und andere regionale Produkte werden in den Hofläden<br />

der Uckermark sowie in Berlin und Umgebung verkauft.<br />

„Wir sind eine Art Wirtschaftsförderung:<br />

ein<br />

Bindeglied zwischen Produzenten<br />

und dem Markt.“<br />

Lars Boehme,<br />

UVG-Geschäftsführer<br />

Pieter Wolters, Inhaber der Käserei und<br />

Produzent des Uckerkaas, hatte ihnen<br />

zuvor erläutert, welche Vorteile der<br />

Kombibus den Herstellern regionaler<br />

Lebensmittel bietet: „Preiswerte Transportmöglichkeiten<br />

zu finden, ist für uns<br />

ein Problem.“ Die Wege in der Region<br />

sind weit, und viele Produzenten können<br />

es sich nicht leisten, Mitarbeiter dafür<br />

abzustellen oder eigene Fahrzeuge anzuschaffen.<br />

„Durch den Kombibus gibt es<br />

jetzt ein System, mit dem wir gut leben<br />

können“, sagt Wolters. Innerhalb des<br />

Landkreises liefert der Bus zehn Kilogramm<br />

Ware oder Gepäck zum Preis von<br />

fünf Euro. Taggleich schafft das kein<br />

Logistikdienstleister – wenn so kleine<br />

Mengen überhaupt angenommen werden.<br />

Insgesamt können die Absender mit dem<br />

Bus bis zu 250 Kilogramm pro Lieferung<br />

verschicken, verteilt auf mehrere Stücke.<br />

Bald sollen für noch größere Transportmengen<br />

Anhänger beschafft werden.<br />

Pieter Wolters hat sich mit anderen regionalen<br />

Produzenten zusammengetan<br />

und das Netzwerk Q-Regio aufgebaut.<br />

Innerhalb der Uckermark beliefert die<br />

Handelsgesellschaft per Kombibus ihre<br />

Läden in Templin und Prenzlau sowie<br />

weitere Partner wie den Hofladen von<br />

Gut Kerkow. Nicht zuletzt wird so auch<br />

die Versorgung der Uckermärker mit<br />

heimischen Produkten sichergestellt.<br />

Anfang des Jahres hat Q-Regio sein<br />

Netzwerk erweitert. Im Nachtsprung<br />

erreichen die zuvor per Bus beim Fruchtund<br />

Lebensmittelgroßhändler Geko angelieferten<br />

Waren Geschäfte in und um<br />

Berlin.<br />

Seitdem die Anschubförderung Ende<br />

2013 ausgelaufen ist, muss sich Kombibus<br />

als eigenes Geschäftsfeld bewähren.<br />

Bislang noch, so UVG-Geschäftsführer<br />

Lars Boehme, „ein zartes Pflänzchen,<br />

das aber sichtbar wächst und in das wir<br />

investieren“. Gegenüber dem Vorjahr<br />

will Kombibus seinen Umsatz <strong>2014</strong> auf<br />

15.000 Euro fast verdoppeln und 2017<br />

kostendeckend fahren. Denn über den<br />

ÖPNV der im Besitz des Landkreises<br />

befindlichen UVG darf der Gütertransport<br />

nicht subventioniert werden. Auch<br />

Lars Boehme betont die Bedeutung für<br />

die Region: „Wir sind eine Art Wirtschaftsförderung:<br />

ein Bindeglied zwischen<br />

Produzenten und dem Markt.“<br />

<strong>Das</strong> Modell könnte schon bald auch in<br />

anderen Regionen starten. „Mittlerweile<br />

26 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Unterwegs im Netz<br />

Prenzlau<br />

Uckermark<br />

Templin<br />

Angermünde<br />

Schwedt<br />

BRANDENBURG<br />

BERLIN<br />

Brandenburg: Im äußersten Nordosten des Bundeslandes leben 130.000 Menschen.<br />

Nach Kriterien der Unesco gilt die dünn besiedelte Region als nicht bevölkertes Gebiet.<br />

interessieren sich Busunternehmen in<br />

Südthüringen und im östlichen Nordrhein-Westfalen<br />

für die Einführung des<br />

Kombibusses“, erläutert Anja Sylvester<br />

von der Berliner Beratungsgesellschaft<br />

Interlink, die zusammen mit der Fahrplangesellschaft<br />

B&B (Oelsnitz) und<br />

Raumkom (Trier) das Konzept entwickelt<br />

und die UVG bei der Markteinführung<br />

begleitet hat.<br />

In der Uckermark hat Fahrer Jörg<br />

Wewiorra unterdessen mit seiner Linie<br />

413 den zentralen Omnibusbahnhof von<br />

Prenzlau erreicht, einen von mittlerweile<br />

fünf Umladeknoten im Kombibus-Netz,<br />

die nach der Einführung des Integralen<br />

Taktfahrplans optimierte Anschlüsse in<br />

alle Richtungen ermöglichen. „<strong>Das</strong> ist<br />

nicht nur für die Fahrgäste gut“, erläutert<br />

Constantin Pitzen von der Fahrplangesellschaft<br />

B&B: „Je besser die Anschlüsse<br />

funktionieren, desto besser lässt sich<br />

Frachtraum vermarkten und desto stärker<br />

sinkt der Zuschussbedarf für den<br />

Busverkehr.“ Jörg Wewiorra muss noch<br />

nicht umladen. Um 13.15 Uhr setzt er<br />

seine Fahrt als Linie 431 nach Gramzow<br />

fort, wo er knapp 30 Minuten später<br />

eintrifft und am dortigen Knoten unter<br />

anderem mit der Linie 450 nach Angermünde<br />

verknüpft ist. Dort übergibt er an<br />

seinen Kollegen Erhard Krüger, der die<br />

Fracht und die Reisegruppe Richtung<br />

Angermünde zum Gut Kerkow bringt. Die<br />

blaue Box hat an diesem heißen Tag ihren<br />

Zweck erfüllt. Gut gekühlt kommt der<br />

Uckerkaas nach zwei Stunden Fahrzeit<br />

an und wird sofort in die Verkaufstheke<br />

gelegt. Aber wäre die Reisegruppe aus<br />

Berlin nicht mit an Bord gewesen, hätte<br />

Fahrer Erhard Krüger auf dieser Tour<br />

heute wohl allein im Bus gesessen ...<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.WirbewegenSie.de<br />

Modellprojekt<br />

Kombibus<br />

Neue Wege testen, wie der ÖPNV im<br />

ländlichen Raum wirtschaftlicher<br />

arbeiten kann: <strong>Das</strong> war das Ziel des<br />

vom Bundesinnenministerium<br />

initiierten Modellprojekts Kombibus.<br />

Den Aufbau der Nahversorgung im<br />

ländlichen Raum hat sich zudem<br />

ein Projekt im Rahmen des Landzukunft-Modellvorhabens<br />

des<br />

Bundesministeriums für Ernährung<br />

und Landwirtschaft zum Ziel gesetzt.<br />

Am Prenzlauer Bahnhof (Foto) haben Fahrgäste per Bus und<br />

Bahn Anschluss in alle Richtungen (kl. Foto oben).<br />

Dieser Kombibus<br />

macht Werbung<br />

in eigener Sache.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 27


Hintergrund<br />

Haltestelle Rathaus Fünffensterstraße in Kassel mit<br />

dynamischer Fahrzielanzeige und Außenansage:<br />

„Linie Acht. Richtung Kaufungen Papierfabrik.“<br />

Vor jedem Halt eine<br />

klare Ansage<br />

Haltestellenansagen in öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln werden<br />

nur noch selten vom Fahrzeugführer<br />

selbst gesprochen. Die Technik ist<br />

so ausgereift, dass dies automatisch<br />

geschieht. Viele Verkehrsunternehmen<br />

setzen dabei auf eine<br />

Text-to-Speech Software.<br />

Ding Dong. „Wir begrüßen Sie in der Linie<br />

Acht Richtung Papierfabrik. Nächste<br />

Haltestelle: Rathaus Fünffensterstraße.“<br />

Dies ist nur eine von knapp 70.000 Haltestellenansagen<br />

täglich, die die Fahrgäste<br />

der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft (KVG)<br />

in Bus, Straßenbahn oder RegioTram an<br />

einem gewöhnlichen Werktag hören. Die<br />

Stimme spricht in der Regel pünktlich,<br />

fehlerfrei und stets in derselben Tonlage.<br />

Die meisten Verkehrsunternehmen setzen<br />

auf einen professionellen Sprecher,<br />

die eingesprochenen Ansagen werden<br />

dann von einem Speichermedium in<br />

den einzelnen Fahrzeugen abgespielt.<br />

Die Arbeit mit professionellen Stimmen<br />

ist jedoch aufwendig. Änderungen im<br />

Linienverlauf oder bei den Fahrgastinformationen<br />

erfordern neue Ansagen.<br />

„Für einen Termin mit unserer Spreche-<br />

28 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


Hintergrund<br />

U-Bahn-Stimmen der Welt<br />

Oslo<br />

Helsinki<br />

Moskau<br />

Nowosibirsk<br />

Quelle: „XX XY Männer und Frauen – Grafiken erklären die Unterschiede“<br />

Stockholm<br />

Toronto Montreal<br />

Kopenhagen<br />

London Amsterdam<br />

Berlin<br />

Chicago Boston<br />

Warschau<br />

San Francisco<br />

Brüssel<br />

New York<br />

Philadelphia<br />

Los Angeles<br />

Prag<br />

Washington, D.C.<br />

Atlanta<br />

Paris<br />

Wien<br />

Lausanne<br />

Miami<br />

Santo Madrid<br />

Rom<br />

Domingo<br />

Mexiko-Stadt<br />

Lissabon Barcelona<br />

Lima<br />

Medellín<br />

Santiago de Chile<br />

weibliche Stimme<br />

männliche Stimme<br />

abwechselnd weibliche<br />

und männliche Stimme<br />

Buenos Aires<br />

Rio de Janeiro<br />

Sao Paulo<br />

Kiew<br />

Bukarest<br />

Sofia<br />

Ankara<br />

Athen<br />

Algier<br />

Teheran<br />

Taschkent<br />

Tiflis<br />

Almaty<br />

Baku<br />

Jerewan<br />

Kairo<br />

Johannesburg<br />

Delhi<br />

Dubai<br />

Kalkutta<br />

Bangkok<br />

Singapur<br />

Perth<br />

Peking<br />

Shanghai<br />

Seoul<br />

Taipeh<br />

Kaohsiung<br />

Manila<br />

Kuala Lumpur<br />

Sydney<br />

Tokio<br />

rin im Studio haben wir früher immer<br />

Sprachaufträge gesammelt, um sie dann<br />

gebündelt aufzunehmen“, erklärt Claudio<br />

Frare vom Fachbereich Controlling und<br />

Kommunikation der KVG: „Daher mussten<br />

wir auf eine neue Aufnahme teilweise<br />

mehrere Monate warten. Hinzu kam, dass<br />

unsere Geräte völlig veraltet waren.“<br />

Um dieses zeitintensive Procedere mit<br />

möglichst wenig Aufwand im eigenen<br />

Haus zu bewerkstelligen, entwickelte<br />

Frare sogar ein neues Abspielgerät und<br />

begab sich auf die Suche nach einer geeigneten<br />

Computerstimme. „<strong>Das</strong> war gar<br />

nicht so einfach, ich habe viele Dinge<br />

ausprobiert, aber die Stimmen klangen<br />

alle sehr nach einem Roboter.“ Dann<br />

stieß er aber auf die Vorlesesoftware der<br />

Münchner Firma Linguatec, mit deren<br />

Hilfe er seitdem mit wenig Zeitaufwand<br />

neue MP3-Dateien erstellt. Diese werden<br />

nachts mit einem USB-Stick oder<br />

einer SD-Karte auf die Bordcomputer der<br />

Fahrzeuge überspielt. Neuere Fahrzeuge<br />

verfügen mittlerweile über Rechner, auf<br />

die sich die Dateien in Echtzeit über GPRS<br />

oder WLAN überspielen lassen. „Im ÖPNV<br />

gibt es immer auch Außengeräusche.<br />

Daher fällt es gar nicht so sehr auf, dass<br />

wir eine Computerstimme verwenden. Ich<br />

finde, sie klingt nicht wie eine synthetische<br />

Roboterstimme“, erklärt Frare.<br />

Dank professioneller Sprachsynthese<br />

hat die Qualität der Aussprache und der<br />

Satzmelodie in den vergangenen Jahren<br />

Fortschritte gemacht. „Aufgrund der stärkeren<br />

IT-Vernetzung und des Zwangs zur<br />

Automatisierung von Abläufen registrieren<br />

wir ein zunehmendes Interesse von<br />

ÖPNV-Unternehmen an unserer Software“,<br />

erklärt Reinhard Busch, Geschäftsführer<br />

von Linguatec Sprachtechnologien.<br />

So beherrscht die Stimme „Anna“ in der<br />

neuesten Version des Programms „Voice<br />

Reader Studio“ aus dem Jahr <strong>2014</strong> neben<br />

Deutsch die Sprachen Englisch, Spanisch,<br />

Italienisch und Französisch. Haltestellen<br />

wie „Charles-de-Gaulle-Platz“ spricht sie<br />

fehlerfrei aus. „Wir benutzen für unsere<br />

Software professionelle Sprecher, die über<br />

40 Stunden Text im Tonstudio aufnehmen“,<br />

verrät Reinhard Busch. Hinter der<br />

Computerstimme verbirgt sich also weiterhin<br />

ein Mensch.<br />

Die Software „Voice Reader Studio“ von<br />

Linguatec – hier ein Screenshot der Kasseler<br />

Verkehrs-Gesellschaft – kann Fahrgastinformationen<br />

schnell und einfach in eine<br />

Audiodatei umwandeln.<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong> 29


Abgefahren<br />

Jazz‘n Roll: Feiern<br />

in der U-Bahn<br />

Musik in der U-Bahn muss nicht aus den<br />

Kopfhörern des Sitznachbarn kommen.<br />

Der Beweis: der Jazztrain (Fotos), der am<br />

13. September wieder über die Ringlinie<br />

der Hamburger Hochbahn rollt. Acht Stunden<br />

lang spielen 35 Bands und 150 Musiker<br />

in der Bahn. Auch woanders kommt der<br />

Rhythmus zum Zug – in Köln jetzt durch<br />

den Kulturverein Jack in the Box und die<br />

Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). „Unser<br />

Vorbild ist die Pariser Metro“, erklärt Projektleiter<br />

Benno Schnatz. Dort gebe es seit<br />

1977 ein Projekt, das Musik in die U-Bahn<br />

und ihr Umfeld integriert. In der Domstadt<br />

wollen die Macher erst einmal klein anfangen:<br />

Zum sogenannten Kölner „Tag des guten<br />

Lebens“ treten Musiker in den Bahnhöfen<br />

und Bahnen in Köln-Ehrenfeld (31. August)<br />

und Sülz (21. September) auf. Statt Jazz gibt<br />

es jedoch Klassik und Weltmusik.<br />

www.jazztrain-hamburg.de<br />

www.koelnerbox.de<br />

Gewinn<br />

Preisausschreiben<br />

Drei Bildbände verlost<br />

In der <strong>Ausgabe</strong> 2/<strong>2014</strong><br />

fragten wir, welche<br />

Künstler die Duisburger<br />

U-Bahn-Station König-<br />

Heinrich-Platz gestaltet<br />

haben. Die Antwort:<br />

Gerhard Richter und Isa<br />

Genzken. Dafür gewannen<br />

Ansgar Kortenjan, S. Tiegel<br />

und Marianne Breton je ein<br />

Exemplar des Fotobands<br />

„Unter Grund“.<br />

Termin<br />

16. und 17. Oktober <strong>2014</strong><br />

Connected 8.0 in Osnabrück<br />

Aus der <strong>VDV</strong>-Personal- und Unternehmensbörse<br />

wird Connected 8.0 – der Karriere-Treffpunkt<br />

Öffentlicher Verkehr. Hier präsentieren sich<br />

Verkehrsunternehmen und -verbünde 200 Studierenden<br />

unterschiedlicher Fachrichtungen.<br />

www.vdv-akademie.de/tagungen-seminare/<br />

der-karriere-treffpunktbr-oeffentlicher-verkehr.html<br />

Termin<br />

17. und 18. November <strong>2014</strong><br />

7. <strong>VDV</strong>-Marketing-<br />

Kongress in Hamburg<br />

Der digital vernetzte Kunde ist<br />

eine neue Herausforderung für das<br />

Marketing. Der Kongress zeigt, wie<br />

man Kunden durch neue Vertriebsstrategien<br />

erreichen kann.<br />

www.vdv.de/termine.aspx<br />

Die nächste<br />

<strong>Ausgabe</strong> von<br />

„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“<br />

erscheint Ende<br />

August <strong>2014</strong>.<br />

Impressum<br />

<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />

Herausgeber:<br />

Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (<strong>VDV</strong>),<br />

Kamekestraße 37-39, 50672 Köln,<br />

Tel. 02 21/5 79 79-0<br />

E-Mail: info@vdv.de,<br />

Internet: www.vdv.de<br />

Redaktion <strong>VDV</strong>:<br />

Lars Wagner (V.i.S.d.P.),<br />

Pressesprecher und Leiter Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (<strong>VDV</strong>),<br />

Redaktion „<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“,<br />

Leipziger Platz 8, 10117 Berlin,<br />

magazin@vdv.de<br />

Realisierung, Text und Redaktion:<br />

AD HOC PR, Gütersloh: Stefan Temme (Lt.), Elena Grawe,<br />

Judith Kantner, Christian Horn<br />

Mitarbeit:<br />

Eberhard Krummheuer<br />

Gesamtleitung und Anzeigen:<br />

Christian Horn (AD HOC PR)<br />

Tel. 0 52 41/90 39-33 | horn@adhocpr.de<br />

Grafik-Design:<br />

Volker Kespohl (Volker.Kespohl ı Werbung Münster)<br />

Lars Haberl (AD HOC PR, Gütersloh)<br />

Produktion und Druck:<br />

Druckhaus Rihn, Blomberg<br />

Anzeigenpreise:<br />

Laut Mediadaten <strong>2014</strong><br />

Bildnachweise:<br />

Titelmotiv: Fotolia (Montage).<br />

ddp-images: 26, 30; Michael Fahrig: 2, 4/5, 12, 13, 14, 15;<br />

Fotolia: 6; Ole Häntzschel/Matthias Stolz: 29 (Infografik);<br />

Kasseler Verkehrs-Gesellschaft: 2, 28, 29; Volker Kespohl:<br />

7, 8, 10, 11 (Infografiken/Bilder Fotolia); KVB: 2, 20, 21, 22,<br />

23; Micha Pawlitzki & Edition Panorama: 30; Oliver Ruhnke:<br />

30; Stefan Temme: 2, 24, 25, 26, 27; <strong>VDV</strong>: 3, 7, 8, 9, 10, 11;<br />

Westerwaldbahn: 2, 16, 17, 18, 19<br />

„<strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ erscheint alle zwei Monate (sechsmal<br />

im Jahr). Alle im <strong>Magazin</strong> erscheinenden Beiträge und<br />

Bilder sind urheberrechtlich geschützt. Außerhalb der<br />

Grenzen des Urheberrechts ist die Verwertung ohne die<br />

Zustimmung des Herausgebers nicht zulässig. <strong>Das</strong> gilt vor<br />

allem für Vervielfältigungen, Übersetzungen sowie die elektronische<br />

Speicherung und Verarbeitung.<br />

Für Anregungen, Themenvorschläge, Lob und Kritik erreichen Sie uns unter magazin@vdv.de<br />

30 <strong>VDV</strong> <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>


InnoTrans <strong>2014</strong><br />

23. – 26. SEPTEMBER · BERLIN<br />

Internationale Fachmesse für Verkehrstechnik<br />

Innovative Komponenten · Fahrzeuge · Systeme<br />

innotrans.de<br />

THE FUTURE<br />

OF<br />

MOBILITY


ksp.de<br />

Für Sie machen wir<br />

es wieder weiß!<br />

Ihr Spezialist im Forderungsmanagement<br />

Wir sagen danke für eine erfolgreiche<br />

<strong>VDV</strong>-Jahrestagung <strong>2014</strong>.<br />

Wir freuen uns auf ein Wiedersehen in 2015.<br />

Mit dem richtigen „Waschprogramm“ zum Erfolg.<br />

Die Rechtsanwälte von KSP sind die Spezialisten für die Beitreibung offener<br />

Forderungen für Verkehrsgesellschaften (z.B. erhöhtes Beförderungsentgelt (EBE),<br />

Abonnement und Schadensersatz). Profitieren Sie von einem anwaltlichen Partner,<br />

der Forderungsmanagement als Instrument der Kundenbindung versteht!<br />

Weitere Informationen unter 040 - 450 65 - 550 oder ksp.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!