Jahresbericht 2009-2010 - Senckenberg
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Weibliche Tafelberg-Springschabe (Saltoblattella montistabularis<br />
BOHN, PICKER, KLASS & COLVILLE <strong>2010</strong>).<br />
// Female Table Mountain Jumping Cockroach (Saltoblattella<br />
montistabularis BOHN, PICKER, KLASS & COLVILLE <strong>2010</strong>).<br />
Die Springschabe vom<br />
Tafelberg<br />
Schaben haben nicht gerade das beste Image, was vor allem<br />
an der großen Bekanntheit der Küchenschabe liegt. Dabei<br />
zählen tatsächlich nur etwa ein Dutzend der gut 4000 wissenschaftlich<br />
erfassten Schabenarten zu den so genannten „Kulturfolgern“.<br />
Die meisten Arten leben vielmehr in der Laubstreu<br />
tropischer Wälder, in Baumstämmen oder in Höhlen, in kleinen<br />
Gewässern, Sandwüsten, oder als Kommensalen („Mitesser“)<br />
in Ameisennestern.<br />
Manche Schaben besitzen Leuchtorgane, andere<br />
können sich igelartig einrollen. Gemeinsamkeiten<br />
in Körperbau und Gensequenzen zeigen, dass die<br />
Gottesanbeterinnen den Schaben nächstverwandt<br />
sind. Gottesanbeterinnen sind quasi<br />
„Raubschaben“. In den letzten Jahren wurde<br />
nachgewiesen, dass auch die staatenbildenden<br />
Termiten zu den Schaben gehören. Die Schabenverwandtschaft<br />
zeigt also eine erstaunliche Vielfalt<br />
an Lebensweisen und Anpassungen.<br />
Springen ist „neu“ bei Schaben<br />
Auf einer Exkursion auf den Tafelberg von Kapstadt<br />
(Südafrika) haben Dr. Mike Picker und Dr.<br />
Jonathan Colville von der Universität Kapstadt bereits<br />
im Jahr 2006 kleine springende Schaben<br />
entdeckt. Von den Schaben war diese Form der<br />
Mobilität bisher noch nicht bekannt. Die Tiere waren<br />
etwas über 1 cm lang, ihre Flügel auf kleine<br />
Stummel reduziert. Dr. Picker, ein Experte für Insektenökologie<br />
im südlichen Afrika, hat eine<br />
langjährige Forschungskooperation mit dem<br />
Autoren. Prof. Horst Bohn von der Zoologischen<br />
Staatssammlung in München wurde wegen<br />
seiner umfassenden taxonomischen Kenntnisse<br />
ebenfalls „ins Boot“ geholt. Damit war ein Team<br />
aufgestellt, das fortan die verschiedensten<br />
Aspekte dieser neuen Schabenart studierte.<br />
Eine Untersuchung der komplexen männlichen<br />
Genitalorgane bei der Springschabe zeigte, dass<br />
sie in die Untergruppe Blaberoidea gehört. Diese<br />
Zuordnung wurde in Zusammenarbeit mit Marie<br />
Djernæs (The Natural History Museum, London)<br />
über die Analyse von Gensequenzen bestätigt.<br />
Aus dieser Stellung im System der Schaben ergibt<br />
sich, dass die springende Fortbewegung der<br />
neu entdeckten Art ein recht junges Produkt der<br />
Schabenevolution ist – vermutlich ist sie im Lauf<br />
des mittleren Tertiärs entstanden. Das Kniegelenk<br />
des Sprungbeins erinnert an die Sprunganpas-<br />
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Highlights aus der Forschung<br />
Highlights aus der Forschung 21