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ZBJV 2013 - servat.unibe.ch - Universität Bern

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Die staatsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts in den Jahren 2012 und <strong>2013</strong> 803<br />

sprü<strong>ch</strong>eauf S<strong>ch</strong>adenersatz und Genugtuung ein eigenes Vers<strong>ch</strong>ulden des<br />

Blogbetreibers nötig, do<strong>ch</strong> für die Anwaltskosten für die Dur<strong>ch</strong>setzung<br />

von Beseitigungs- und Feststellungsansprü<strong>ch</strong>en muss der Lös<strong>ch</strong>ungspfti<strong>ch</strong>tige,<br />

hier also die Zeitung als Blogbetreiberin und damit objektiv<br />

Mitwirkende an der Persönli<strong>ch</strong>keitsverletzung (E. 6.2), vers<strong>ch</strong>uldeusunabhängig<br />

haften. Ein Haftungsprivileg für Internetaubieter (host provider),<br />

wie es in der EU dur<strong>ch</strong> die E-Commerce-Ri<strong>ch</strong>tlinie begründet<br />

wurde, besteht im s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>t bisher ni<strong>ch</strong>t. Au<strong>ch</strong> eine entspre<strong>ch</strong>ende<br />

Auslegung des Zivilre<strong>ch</strong>ts lehnt das Bundesgeri<strong>ch</strong>t ab und<br />

appelliert an den Gesetzgeber, den Missstand zu beheben (E. 6.3).<br />

Die problematis<strong>ch</strong>en Konsequenzen dieser Re<strong>ch</strong>tslage sind offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>:<br />

Biogaubieter in der S<strong>ch</strong>weiz müssen zur Vermeidung<br />

ihrer Haftung s<strong>ch</strong>on im Vorfeld die bei ihnen publizierten Inhalte<br />

kontrollieren, also letztli<strong>ch</strong> eine private Vorzensur betreiben. Weil<br />

eine vollständige Inhaltskontrolle angesi<strong>ch</strong>ts des Blagvolumens faktis<strong>ch</strong><br />

unmögli<strong>ch</strong> ist, wird es zudem einen Trend zur diskriminierenden<br />

Kontrolle geben, der gerade die kontroverseren Biogautoren trifft.<br />

Beide Aspekte, systematis<strong>ch</strong>e Vorzensur und inhaltsbezogene Diskriminierung,<br />

wären den staatli<strong>ch</strong>en Behörden aus gutem Grund verboten.<br />

Es kann ni<strong>ch</strong>t im Sinne der Medienfreiheit sein, den privaten<br />

Betreibern sol<strong>ch</strong>e Handlungsweisen im Ergebnis aufzudrängen.<br />

2.6 Medienöffentli<strong>ch</strong>keit der Justiz<br />

Um die Öffentli<strong>ch</strong>keit der Justiz (Art. 30 Abs. 3 BV) speziell<br />

für Re<strong>ch</strong>er<strong>ch</strong>en von Journalisten ging es in dem Urteil, mit dem das<br />

Bundesgeri<strong>ch</strong>t den Anspru<strong>ch</strong> auf Bekanntma<strong>ch</strong>ung des Spru<strong>ch</strong>körpers<br />

für ein besonders umstrittenes Urteil festhielt. 26 Die Asylrekurskommission<br />

hatte in einem Grundsatzents<strong>ch</strong>eid vom Dezember 2005 die<br />

Verfolgung wegen Desertion als Flu<strong>ch</strong>tgrund für Asylsu<strong>ch</strong>ende aus<br />

Eritrea anerkannt. Im Jahr 2012 wollten Journalisten der «Weltwo<strong>ch</strong>e»<br />

die persönli<strong>ch</strong>e Verantwortli<strong>ch</strong>keit der Ri<strong>ch</strong>ter re<strong>ch</strong>er<strong>ch</strong>ieren, was der<br />

Generalsekretär des Bundesverwaltungsgeri<strong>ch</strong>ts unter Hinweis auf<br />

das Ar<strong>ch</strong>ivierungsreglement ablehnte. Das Bundesgeri<strong>ch</strong>t hielt zunä<strong>ch</strong>st<br />

fest, dass die Kenntnisnahme von Urteilen von der (anspru<strong>ch</strong>svolleren)<br />

Einsi<strong>ch</strong>t in die Prozessakten unters<strong>ch</strong>ieden werden müsse<br />

26 BGer 1C_390/2012 vom 26. März <strong>2013</strong>- Spru<strong>ch</strong>körper Eritreaents<strong>ch</strong>eid, zur<br />

Publikation vorgesehen.

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