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Jüdisches Leben und Verfolgung in Köln-Mülheim

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Er<strong>in</strong>nerung führt zur Tat<br />

Wir lesen diesen Satz auf dem Gedenkste<strong>in</strong> für die deportierten <strong>und</strong> ermordeten Juden auf<br />

dem jüdischen Friedhof <strong>in</strong> <strong>Köln</strong>-<strong>Mülheim</strong>.<br />

Nach H<strong>in</strong>weisen zu jüdischem <strong>Leben</strong> <strong>in</strong> <strong>Köln</strong>-<strong>Mülheim</strong> zu suchen, bedeutete <strong>in</strong> den<br />

letzten Monaten e<strong>in</strong>e Zeitreise <strong>in</strong> die letzten 150 Jahre der bis 1914 selbständigen Stadt<br />

<strong>Mülheim</strong> am Rhe<strong>in</strong> mit se<strong>in</strong>er alten kle<strong>in</strong>en jüdischen Geme<strong>in</strong>de, die gewaltsam durch die<br />

brutale Vertreibung <strong>und</strong> Vernichtung der Geme<strong>in</strong>demitglieder durch die Nazis aufhörte zu<br />

existieren.<br />

Wir haben uns der jüdischen Lokalgeschichte auf unterschiedlichen Wegen – teils mühselig<br />

- genähert. Die lebendige, s<strong>in</strong>nlich erlebbare Aufarbeitung durch Gespräche, Interviews,<br />

das Blättern <strong>in</strong> Fotoalben, waren aufgr<strong>und</strong> der wenigen Überlebenden nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem<br />

Maße oder gar nicht möglich. Die Zeitzeugen werden rar. So mussten wir auf die Lektüre<br />

von Fachpublikationen, Biografien, Archivakten, Adress- <strong>und</strong> Gedenkbüchern mehr Zeit<br />

verwenden, als wir es uns gewünscht haben. H<strong>in</strong>zu kommt, dass e<strong>in</strong> Tag nach der Auftaktveranstaltung<br />

zu „<strong>Mülheim</strong> entdeckt se<strong>in</strong>e NS-Geschichte“ die wichtigste Quelle, das Stadtarchiv<br />

<strong>Köln</strong>, am 3.3.09 verschw<strong>und</strong>en ist.<br />

Es s<strong>in</strong>d oft stumme Zeugen, die zu uns sprechen: Jüdische Grabste<strong>in</strong>e <strong>und</strong> Stolperste<strong>in</strong>e.<br />

Verschw<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d die Synagoge <strong>und</strong> die meisten Häuser der hier ansässigen jüdischen<br />

Menschen. Es bleiben wenige Bilddokumente: Familienfotos von Oberrabb<strong>in</strong>er Dr.<br />

Erw<strong>in</strong> Schild aus Toronto, Fotografien e<strong>in</strong>zelner jüdischer Stadtverordneter, die bee<strong>in</strong>druckende<br />

Menschenmenge am Tage des Boykotts jüdischer Geschäfte am 1.4.1933 vor dem<br />

Geschäft des Metzgermeisters Markus Meyer.<br />

Aufspüren lassen sich auch e<strong>in</strong>ige Anzeigen von Geschäfts<strong>in</strong>habern <strong>in</strong> der <strong>Mülheim</strong>er<br />

Zeitung, das ist - vorerst - fast alles, was die Geschichtswerkstatt <strong>Mülheim</strong> neu entdecken<br />

konnte. Am Ende stehen die Deportationslisten nach Theresienstadt, Lodz, M<strong>in</strong>sk,<br />

Riga, Dachau, Auschwitz mit den Daten, die uns <strong>in</strong> ihrer Endgültigkeit sprachlos zurücklassen.<br />

Mit Unterstützung von Paten aus der Willy-Brandt-Schule, dem Rhe<strong>in</strong>-Gymnasium sowie<br />

von Privatpersonen konnte Gunter Demnig am 6.2.2010 zu den bisherigen 45 Stolperste<strong>in</strong>en<br />

weitere zehn Ste<strong>in</strong>e für Angehörige der Familie Mohl legen. Schüler/<strong>in</strong>nen der 8 c der<br />

Willy-Brandt-Schule haben geme<strong>in</strong>sam mit ihrer Lehrer<strong>in</strong> Frau Saure-Lubberich dazu e<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>drucksvolles Programm gestaltet.<br />

Er<strong>in</strong>nerung führt zur Tat. Gedenken <strong>und</strong> Handeln gegen Rassismus gehören zusammen.<br />

Mit großer Hochachtung <strong>und</strong> viel Respekt danken wir Gunter Demnig für se<strong>in</strong>e Arbeit<br />

der Stolperste<strong>in</strong>verlegungen sowie Herrn Schmude, Straßenbauunternehmer, der spontan<br />

se<strong>in</strong>e Unterstützung zugesagt <strong>und</strong> damit die Verlegung an e<strong>in</strong>en Samstag möglich gemacht<br />

hat. Bedanken wollen wir uns sehr bei Frau Kirschbaum, Herrn Schiffermann, Herrn Scherpenste<strong>in</strong>,<br />

Frau Sürth, Herrn Maretzke vom NS-Dokumentationszentrum, die uns sehr gut<br />

beraten <strong>und</strong> Fotografien zur Verfügung gestellt haben wie auch bei Malte Meyer, dem Koord<strong>in</strong>ator<br />

der <strong>Mülheim</strong>er Projekte. Besonderer Dank den Zeitzeugen Frau Diehl, Herrn Offermann,<br />

Frau Priller-Rauschenberg, Faye Cukier, Erw<strong>in</strong> Schild ....<br />

Wir danken auch für die f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung aus dem B<strong>und</strong>esprogramm „Vielfalt<br />

tut gut“.<br />

Die Mitwirkenden der Geschichtswerkstatt <strong>Mülheim</strong><br />

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