Arbeitskraftunternehmer oder Proletarier? - SFB 580
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Lehrforschungsbericht 2007/08 73<br />
Fallbeispiel 5: Selbstständige, 43 Jahre (MQ-w-10)<br />
Die 43-jährige gelernte Finanzkauffrau hat nach der Mutterschaftspause nicht mehr an<br />
den Wunschberuf in der Versicherungsbranche anknüpfen können. Ihr weiterer Werdegang<br />
bis zur jetzigen Selbstständigkeit (Töpferkurse und Massagen) ist geprägt von<br />
Versuchen, sich trotz wenig nachgefragten Qualifikationen selbst zu verwirklichen.<br />
Zuerst nahm sie einen Job in der Buchhaltung an, den sie selbst wieder beendete, weil er<br />
keinen Spaß gemacht hatte. Es folgte eine Stelle in der Wirtschaftsabteilung eines<br />
Krankenhauses:<br />
„aber irgendwie war dann auch so nach sieben Jahren die Luft dort bei mir raus. Also, es war dann<br />
auch bisschen eintönig für mich geworden, es gab keine Entwicklungsmöglichkeiten. (*) Und ich<br />
bin so ein Mensch, der immer bisschen weiter will und bisschen was dazu lernen möchte“.<br />
Danach folgte eine Position als pädagogische Helferin im Kindergarten,<br />
„das war ein ganz toller Arbeitsplatz, das hat mir ganz viel Spaß gemacht. (*) und ja ich hatte dann<br />
leider das Pech, dass die Wende dazwischen kam“.<br />
Dann fand sie wieder eine Anstellung bei einer Versicherung und die<br />
„wäre eigentlich auch so das gewesen, was ich mir hätte bis zum Ende meiner Arbeitsjahre vorstellen<br />
können, aber wie es so ist. (*)“,<br />
die Filiale wurde geschlossen und ein Aufhebungsvertrag gemacht. Ein Umzug bzw.<br />
langes Pendeln bei einer Übernahme, kam für sie nicht infrage – sie verzichtete für ihre<br />
Familie auf „gutes Geld“. Dadurch wurde sie das erste Mal arbeitslos, malte sich jedoch<br />
gute Arbeitsmarktchancen aus:<br />
„ich habe da gedacht, ja jetzt mit den Sachen die du da in der Tasche hast, da nehmen die dich mit<br />
Kusshand, was dann nicht so war.“<br />
Sie gab einen frustrierenden Versicherungsvertreterjob wieder auf und empfand die<br />
darauf folgende Arbeitslosigkeit als belastend:<br />
„ich hätte wirklich wahrscheinlich dann auch alles Mögliche angenommen, um ja wieder raus<br />
zukommen, also auf gar keinen Fall lange draußen sein. Man ist auch geistig so schnell weg“.<br />
Ein Praktikumsplatz in der Buchhaltung brachte nicht den erhofften Job (Arbeitsinhalt<br />
und Chefin wurden als Katastrophe empfunden), es folgte wieder Arbeitslosigkeit, bis sie<br />
durch eine gute Bekannte einen Job hinter dem Empfangstresen einer Physiotherapie<br />
bekam. Dort entwickelte sich zur Massagepraktikerin weiter:<br />
„Also, es war ein richtig kometenhafter Aufstieg für mich.“.<br />
Wirtschaftlicher Abschwung führte zum Verlassen dieses Jobs und in die erneute<br />
Arbeitslosigkeit. Probearbeiten setzt sie gezielt bei der Stellensuche ein, denn dann kann<br />
man „sich gegenseitig ein bisschen beschnuppern“. Mit ihrem Hobby, dem Töpfern, und<br />
der Weiterbildung als Massagepraktikerin ging sie in die Selbstständigkeit (Ich-AG). Jetzt