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Musik für erwachsene Hörer<br />
www.sonomagazin.de<br />
DEZE<strong>MB</strong>ER 2011 / JANUAR 2012<br />
Tony Christie<br />
Nicht Schlager,<br />
sondern Soul -<br />
das neue Image<br />
des Entertainers<br />
80.000 Ex.<br />
ni ls<br />
landgren<br />
Posaunist mit Botschaft,<br />
Funk und Feeling<br />
Kate Bush<br />
Reflexionen über<br />
Schnee, Musik<br />
und Klang<br />
Tarja Turunen<br />
Finnische Klassik<br />
mit Heavy Metal im<br />
Stammbaum<br />
Außerdem: Nina Hagen, Lady<br />
Antebellum, Mischa Maisky u. a.<br />
Und wie immer: CD-Besprechungen<br />
und Tourneedaten aus Pop, Rock,<br />
Klassik und Jazz!
Rock und Pop Klassiker die man haben muss…<br />
THE KINKS<br />
Kinks in Mono<br />
Kinks in Mono – versammelt die ersten<br />
7 Studioalben in den Original Mono Mixen auf CD,<br />
3 extra CDs und einem 32seiten Booklet mit seltenen<br />
Bildern. Abgerundet wird das ganze durch eine<br />
BOX in Form eines Monoplayers.<br />
U2<br />
Achtung Baby<br />
(20th Anniversary Super Deluxe Edition)<br />
Inkl. dem Studioalbum digital remastered,<br />
dazu 5 weitere CDs mit bis dato unveröffentlichten<br />
Tracks, Remixes, B-Sides etc., die Dokumentation<br />
“From The Sky Down“ und 3 weitere<br />
DVDs und einer 4LP Vinyl Box<br />
THE WHO<br />
Quadrophenia - limitierte Super Deluxe Edition<br />
4-CDs mit dem original Doppel-Album neu gemastert und 25<br />
unveröffentlichten Demotracks aus Pete Townshends Archiven.<br />
Zudem eine Audio-DVD mit der ‚The Quadrophenia’<br />
5.1 EP, eine 7”-Single des Hitsongs ‚5.15’ b/w ‚Water’ in<br />
einem Picturesleeve und ein 100-seitiges Hardcoverbuch<br />
ROLLING STONES<br />
Some Girls (Limitierte Super Deluxe Edition)<br />
Some Girls - das Erfolgsalbum von 1978 endlich remastered, inkl.<br />
12 unveröffentlichten Songs auf 2 CD + DVD + 7“ Beast of Burden<br />
Vinyl, 100-seitiges Hardcoverbuch mit bisher ungesehenen<br />
Helmut Newton Fotos, Prints, Poster und Postkartenset<br />
www.universal-music.de
inhalt<br />
Ein Jahr geht zu Ende, ein neues<br />
bricht an. Unwägbarkeiten stehen<br />
ins Haus, Finanzkrise, Terror,<br />
Unsicherheiten überall. Erstaunlich<br />
eigentlich, dass sich die Künstler<br />
nicht unterkriegen lassen und produktiver sind<br />
denn je. Sie antworten mit wichtigen Aufnahmen<br />
wie Kate Bush, mit persönlichem Einsatz wie Nils<br />
Landgren in Kibera, mit Benefiz wie die Jazzer für<br />
Japan. Einige Beispiele für Engagement haben<br />
wir im aktuellen <strong>SONO</strong> dokumentiert. Sie sind<br />
Schlaglichter, Wegweiser für alle, die nicht wissen,<br />
wohin mit ihren Energien. Denn die Botschaft<br />
lautet: Nicht reden, sondern handeln! Wenn das<br />
mal keine guten Vorsätze sind für 2012!<br />
Ihr Ralf Dombrowski, Chefredakteur<br />
Mit Jazz For Japan<br />
bekennen amerikanische<br />
Musiker Farbe 13<br />
die sono-liste<br />
Klassik trifft die E-Gitarre -<br />
und beide verstehen sich 14<br />
Für Emmanuel Pahud ist<br />
Friedrich der Große, weniger<br />
Monarch als Künstler 16<br />
Der Cellist Mischa Maisky<br />
reist mit Tochter Lily<br />
musikalisch nach Spanien 18<br />
9Kluge<br />
Männer<br />
Titel: Sebastian Schmidt, Dean Chalkley, Eugenio Mazzinghi; Foto: EMI/Josef Fischnaller<br />
t r ailer<br />
News aus der Welt der Musik 4<br />
leserpost / Impressum<br />
Was einmal gesagt werden muss 5<br />
Der Posaunist Nils Landgren<br />
ist Überzeugungstäter,<br />
als Musiker und Humanist 6<br />
Die starken Frauen Kate Bush,<br />
Nina Hagen und Alison Moyet<br />
sagen, wo es lang geht 8<br />
Die klugen Männer Johannes<br />
Strate, Niels Frevert und Peter<br />
Licht zeigen Alternativen 9<br />
Das Trio Lady Antebellum<br />
hat holt Folk und Country<br />
Music aus der Nische 10<br />
neue gesichter<br />
Anna Depenbusch singt freche<br />
Lieder, Angelika Niescier<br />
spielt kraftvoll Saxofon 11<br />
Unterwegs sind Lucio Dalla<br />
und Tony Christie mit neuer<br />
Musik und neuem Image 12<br />
Zuerst sang Tarja Turunen<br />
Heavy Metal, jetzt liebt sie<br />
leisere Töne 19<br />
CD-Rezensionen Rock, Pop & Co.<br />
Steven Wilson, Bob Dylan, Deep Purple,<br />
Lou Reed, R.E.M, Seal, The Who u.a. 20<br />
CD-Rezensionen Klassik<br />
Münchner Bachsolisten, Janina Fialkowska<br />
Pera Ensemble, Martin Stadtfeld,<br />
Trio Parnassus 22<br />
CD-Rezensionen Jazz & world<br />
James Carter Organ Trio, Frank Sinatra,<br />
Gianluigi Trovesi & Gianni Coscia u.a. 23<br />
schatzkiste<br />
Neue Boxsets von Leonard Cohen,<br />
Dusty Springfield und Can 24<br />
Mediamix<br />
Neue Editionen und DVDs von King<br />
Crimson, Motörhead und Paul McCartney 26<br />
Tourneen Pop<br />
The Bosshoss, Die Fantastischen Vier,<br />
Chris Rea, David Sylvian u.a. 27<br />
Tourneen Klassik<br />
Quatuor Ebène, Sol Gabetta, Simone<br />
Kermes, Carolin Widmann u.a. 27<br />
Tourneen Jazz<br />
Pablo Held, Dieter Ilg, Jeff Lorber,<br />
Tamikrest, Ralph Towner u.a. 29<br />
Promi-Hörer: gert scobel<br />
steht Rede und Antwort 30<br />
E x t r a :<br />
16 Seiten <strong>SONO</strong> plus<br />
10 Lady<br />
Antebellum<br />
16 Emmanuel<br />
Pahud<br />
18 Mischa &<br />
Lily Maisky<br />
3
Trailer<br />
Thomas Quasthoff (l.) verzichtet auf Swing, Sylvester Stallone (r.)<br />
lässt inzwischen andere sich prügeln und außerdem singen<br />
Versuchsballon in England<br />
für Andy Sheppards „Saxophone<br />
Massive“ (oben);<br />
Michael Jackson (l.) wäre<br />
heute reicher denn je<br />
Schlussakkorde für zwei Meister: Jazzschlagzeuger Paul Motian (l.)<br />
und Kabarettist Georg Kreisler (r.) traten von der Weltbühne ab<br />
Thomas Quasthoff singt<br />
nicht mehr. Zumindest<br />
keinen Jazz. Denn so leid<br />
es ihm tue und so viel Spaß ihm<br />
die improvisierende Musik auch<br />
mache, sagt der Bassbariton, so<br />
schwierig sei es doch auf der anderen<br />
Seite, die beiden Klangwelten<br />
technisch auf Dauer zu vereinen.<br />
Während der vergangen<br />
fünf Jahre hatte sich Quasthoff<br />
mit den Alben „Whatch What<br />
Happens“ (2007) und „Tell It Like<br />
It Is“ (2010) ins benachbarte musikalische<br />
Lager vorgewagt und<br />
war im vergangenen Sommer<br />
dafür sogar mit einem Echo Jazz<br />
ausgezeichnet worden.<br />
Andy Sheppard hingegen hat<br />
Großes vor. Der britische Saxofonist<br />
plant zusammen mit dem<br />
Schweizer Cully Jazz Festival und<br />
den Stanser Musiktagen ein Konzert<br />
der Superlative. Es trägt den<br />
Titel „Saxophone Massive“, dauert<br />
etwa 30 Minuten und vereint<br />
im April 2012 100 Saxofonisten auf<br />
den Bühnen der beiden Festivals.<br />
Dafür suchen die beiden Festivals<br />
noch Saxofonisten, Amateure wie<br />
Profis, die Zeit und Lust auf die<br />
Proben und Aufführungen am<br />
18. und 19.April 2012 haben. Die<br />
Bewerbungen laufen bis zum 23.<br />
Dezember (www.cullyjazz.ch).<br />
Dann wird sich zeigen, wie viele<br />
Hörner sich am Genfer See versammeln.<br />
Sylvester Stallone hat sechs<br />
Kinofilme lang als Boxer Rocky<br />
Balboa seinen Mann im Ring<br />
gestanden. Nun wechselt er die<br />
Fronten und fungiert als Co-Produzent<br />
eines Sport-Musik-Spektakels.<br />
Im November 2012 soll in<br />
Hamburg „Rocky – Das Musical“<br />
Premiere haben. Grundlage der<br />
Story sind Stallones Kinofilme,<br />
und damit das ehrgeizige Projekt<br />
auch überzeugend wirkt,<br />
wurden mit den Brüdern Vitali<br />
und Wladimir Klitschko und<br />
dem Fight-Choreographen Steven<br />
Hoggett gleich drei weitere Profis<br />
als Co-Produzenten und Berater<br />
verpflichtet.<br />
Im Herbst sterben die Leut’. Auch<br />
im vergangenen November sind<br />
zwei große alte Herren von der<br />
Weltbühne abgetreten, deren<br />
Kunst über Jahrzehnte hinweg<br />
Spuren in der Kulturszene hinterlassen<br />
hat. Am 22. November erlag<br />
der Schlagzeuger Paul Motian im<br />
Alter von 80 Jahren in New York<br />
einer Knochenmarkserkrankung.<br />
Über ein halbes Jahrhundert hinweg<br />
hat er als Stilist, Ästhet und<br />
Mentor die Klangsprache des Jazz<br />
Die zahl<br />
170 Mio.<br />
US-Dollar hat Michael Jackson nach<br />
Schätzungen des Magazins ‚Forbes‘<br />
postum während des vergangenen<br />
Jahres verdient. Damit ist der im Juni<br />
2009 gestorbene Sänger erneut der<br />
Topverdiener unter den verblichenen<br />
Stars, auch wenn er sein Vorjahresergebnis<br />
von 275 Millionen US-Dollar<br />
nicht übertreffen konnte.<br />
geprägt. Motian war in der Lage,<br />
Swing und Reduktion, Präsenz<br />
und Abstraktion so stimmig zu<br />
verknüpfen, dass er schon in den<br />
späten 50ern die erste Wahl für<br />
das legendäre Bill Evans Trio war.<br />
Seitdem blieb er in der Riege der<br />
verhaltenen Innovatoren eine Autorität,<br />
ein Stoiker am Schlagzeug,<br />
der bis kurz vor seinem Tod aktiv<br />
in den Studios und Clubs von<br />
Manhattan mitmischte.<br />
Der Kabarettist Georg Kreisler<br />
starb ebenfalls am 22. November<br />
im Alter von 89 Jahren in Salzburg.<br />
Kreisler hatte vieles erlebt,<br />
als Sohn eines jüdischen Anwalts<br />
aus Wien die Vertreibung durch<br />
die Nazis ebenso wie als US-<br />
Soldat den Untergang des alten<br />
Europas. Er arbeitete als Autor,<br />
Sänger, Pianist, schrieb Texte wider<br />
die Niederungen des menschlichen<br />
Geistes und dabei auch<br />
manche Hymne des modernen<br />
Kabaretts. Ob „Tauberln vergiften<br />
im Park“ oder „Wie schön wäre<br />
Wien ohne Wiener“, „Zwei alte<br />
Tanten tanzen Tango“ oder sein<br />
„Musikkritiker“ – Georg Kreisler<br />
fand den passend sarkastischen<br />
Ton als Meister der kunstvollen<br />
Eskalation.<br />
Foto: Sony BMG/Sam Emerson, A. Reimer<br />
4
leserPost<br />
Ein bisschen Ironie<br />
Betrifft: Keith Jarrett in <strong>SONO</strong> 5/11<br />
Klasse Jarrett-Artikel, by the way! Präzise Analyse<br />
mit einer Prise Ironie im Unterton. „ ...<br />
und schuf vor allem mit dem pathostrunkenen<br />
Kölner Konzert einen Monolithen der künstlerischen<br />
Selbstoffenbarung“. Das bringt’s genau<br />
auf den Punkt, warum immer noch so viele<br />
diese Platte mögen.<br />
Frankie Forster, Rheydt<br />
Falscher Johnny Marr<br />
Betrifft: Mediamix <strong>SONO</strong> 5/11<br />
Reingefallen! Da musste bei der Bildbeschriftung<br />
von der Besprechung der The Smiths-<br />
Box mal wieder Andy Rourke als Johnny Marr<br />
herhalten. Aber da sind Sie bestimmt nicht<br />
die erste Redaktion, der diese Verwechslung<br />
unterläuft. Und an der Musik der Briten ändert<br />
das ja nichts. Die finde ich immer noch<br />
unerreicht, vor allem als Morrissey und Marr<br />
noch zusammen spielten.<br />
Rainer Klose, Köln<br />
Mobile Zukunft<br />
Betrifft: <strong>SONO</strong> digital<br />
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht,<br />
das <strong>SONO</strong> Magazin auch als App anzubieten?<br />
Ich habe mir vor kurzem so ein Tablet gekauft<br />
und bin ganz begeistert von den vielen Möglichkeiten,<br />
die das Gerät bietet. Ich könnte mir<br />
gut vorstellen, Ihr Magazin auch in digitaler<br />
Form zu lesen.<br />
Ingrid Schultes, via iPad<br />
Musikbücher<br />
Betrifft: <strong>SONO</strong>Plus 5/11<br />
Mein Gott, wie sah denn Paul McCartney damals<br />
aus? Diese Bilder von der letzten Beatles-Welttournee<br />
im <strong>SONO</strong>plus sind ja echte<br />
Raritäten. Überhaupt hätte ich es ganz gerne,<br />
wenn Sie noch ein bisschen mehr Musikbücher<br />
in ihre Artikel aufnehmen könnten. Das ist so<br />
schön zum Schmökern.<br />
Christine Huber, Straubing<br />
Ihre meinung<br />
ist uns wichtig!<br />
Haben Sie Fragen, Kritik, Anregungen oder Ergän-<br />
zungen zu den Artikeln in <strong>SONO</strong>? Dann schreiben<br />
Sie uns – die Redaktion freut sich auf ihr Feedback<br />
unter post@sonomagazin.de oder per Post an<br />
Inmedia, Redaktion <strong>SONO</strong>, Lucile-Grahn-Str. 37,<br />
81675 München<br />
U2<br />
FROM<br />
THE<br />
SKY<br />
DOWN<br />
DIE U2 DOKUMENTATION<br />
ZUR ENTSTEHUNG IHRES<br />
BAHNBRECHENDEN<br />
ALBUMS „ACHTUNG BABY“<br />
Directed by<br />
Davis Guggenheim<br />
verlosung<br />
Dusty Springfield<br />
in schwarz-weiß<br />
Dusty Springfield war die<br />
Königin des britischen Soul,<br />
eine Ikone der 60er Jahre. Und<br />
sie ist auch das Schmuckstück<br />
des aktuellen Gewinnspiels,<br />
als edel auf Leinwand gezogenes<br />
Bild im Format 38 x 30 cm.<br />
Wir verlosen drei Exemplare dieser Fotorarität,<br />
die nicht nur ins nostalgische Wohnzimmer passt.<br />
Einfach eine Postkarte mit dem Stichwort „Dusty<br />
Springfield“ abschicken an: Inmedia, Redaktion <strong>SONO</strong>,<br />
Lucile-Grahn-Str. 37, 81675 München.<br />
Einsendeschluss ist der 20. Dezember 2011.<br />
Impressum<br />
Verlag: INMEDIA Verlagsund<br />
Redaktionsbüro GmbH<br />
Lucile-Grahn-Str. 37<br />
81675 München<br />
Telefon 089 / 457 261-0<br />
Fax 089 / 457 261-50<br />
Mail post@sonomagazin.de<br />
Herausgeber: Günter F. Bereiter<br />
Redaktion: Ralf Dombrowski<br />
(r.dombrowski@inmedia.de,<br />
Tel. 089 / 457 261-41)<br />
Autoren dieser Ausgabe: Svevo<br />
Bandini, Ralf Dom browski, Guido<br />
Fischer, Sascha Fröhlich, Heiko Große,<br />
Paul Hammerthal, Jörg Laumann,<br />
Reinhard Lemelle, Felix Marondel,<br />
Gunther Matejka, Severin Mevissen,<br />
Christiane Rebmann, Michael Sailer,<br />
Hans-Jürgen Schaal, Robert Wallner<br />
Bildredaktion: Fritz Osskar<br />
Termine: Andra Limmer<br />
Design: Arndt Knieper<br />
Produktion: Viola Müller-Hergerdt<br />
Anzeigenmarketing:<br />
Maren Kumpe (m.kumpe@inmedia.de,<br />
Tel. 089 / 457 261-35)<br />
Abo + Vertrieb:<br />
Susanne Lanzinger<br />
(s.lanzinger@inmedia.de,<br />
Tel. 089 / 457 261-45)<br />
Druck: Augsburger Druckhaus ADV<br />
Aindlinger Str. 17–19, 86167 Augsburg<br />
<strong>SONO</strong> erscheint 6x jährlich<br />
5<br />
DER DIRECTOR’S CUT<br />
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Nils Landgren<br />
Mission Accomplished<br />
Fünf Jahre hat Nils Landgren das JazzFest Berlin<br />
geleitet, jetzt bricht für das schwedische Multitalent<br />
eine neue Ära an. Von Wolf Kampmann<br />
Der Schwede Nils Landgren hat den<br />
Funk europäisiert. Das kann man<br />
gut finden oder nicht. Fakt ist, dass<br />
die Jazzlandschaft zwischen Nordkap und Sizilien<br />
ohne den polarisierenden Skandinavier<br />
eine andere wäre. Nils Landgren hat eiserne<br />
Prinzipien. Er ist bedingungslos der gehobenen<br />
Unterhaltung verpflichtet, seine unmissverständliche<br />
Botschaft ist gute Laune.<br />
In Jazzkreisen kommt das nicht immer gut<br />
an. Doch selbst seine größten Kritiker müssen<br />
ihm bescheinigen, dass er dabei stets absolut<br />
authentisch ist. Wer sich auf den blonden<br />
Skandinavier einlässt, bekommt hundert<br />
Prozent Nils Landgren, egal ob als Posaunist,<br />
Bandleader oder Festivalmacher. In den Augen<br />
des leidenschaftlichen Botschafters wider<br />
den tierischen Jazzernst blitzt unverstell-<br />
Noch schüchtern, aber den Blick nach vorn:<br />
Nils Landgren 1983 in Amsterdam, lange<br />
bevor er mit der Funk Unit bekannt wurde<br />
te Lebensfreude auf, wenn es um seine Musik<br />
geht. Doch wenn er Kritik einstecken muss,<br />
ändert sich sein Gesichtsausdruck. Plötzlich<br />
wird er zum aufmerksamen Zuhörer, der das<br />
Gehörte auf der Stelle und ohne jede Selbstgefälligkeit<br />
konstruktiv umsetzt, als ginge es um<br />
eine Live-Improvisation mit seiner Band.<br />
Vier Jahre war der Schwede beispielsweise<br />
Leiter des altehrwürdigen JazzFests Berlin.<br />
Er setzte damit eine Tradition fort, die zuvor<br />
von Joachim Ernst Berendt,<br />
George Gruntz, Albert Mangelsdorff<br />
und Peter Schulze<br />
ganz unterschiedlich ausgelegt<br />
worden ist. Landgren<br />
setzte eigene Akzente. Anders<br />
als Mangelsdorff ließ<br />
er es sich nicht nehmen,<br />
mit seinem Red Horn auch<br />
spielerisch in Erscheinung<br />
zu treten, wann immer es<br />
sich anbot. Er suchte weder<br />
die Provokation wie Peter<br />
Schulze, noch fahndete er<br />
überall auf der Welt nach<br />
neuen Idiomen des Jazz wie<br />
George Gruntz. Und den<br />
monolithischen Pioniergeist<br />
von Berendt hatte er<br />
schon gar nicht. Vielmehr<br />
machte er sich das Logo des<br />
Festivals zu eigen: ein Fest<br />
für den Jazz. Er wollte vor<br />
allem das Publikum hinter<br />
sich bringen. Dabei musste<br />
er lernen, dass Harmonie<br />
nicht immer Eintracht sät.<br />
„Ich bin Skandinavier. Ich<br />
ziehe den Konsens immer<br />
dem Streit vor, was soll ich<br />
machen“, bekennt der Posaunist<br />
mit einer Mischung<br />
aus Trotz und Resignation.<br />
„Das kann man sicher auch<br />
Vororthilfe<br />
Funk for Life<br />
In Kibera leben rund 250.000 Menschen<br />
unter katastrophalen Bedingungen.<br />
Trinkwasser ist rar, Müllhaufen<br />
gehören zum Straßenbild des Slums<br />
in Nairobi. Krankheiten breiten sich in<br />
rasanter Geschwindigkeit aus, es fehlt<br />
am Allernötigsten. Deshalb engagiert<br />
sich dort die humanitäre Organisation<br />
Ärzte ohne Grenzen. Und deshalb<br />
sammelt auch Nils Landgren Geld<br />
und Instrumente, um den Menschen<br />
vor Ort zu helfen. Mehr noch: Er reist<br />
regelmäßig nach Kibera, gibt gratis<br />
Konzerte und zeigt vor allem den<br />
Kindern und Jugendlichen, dass Musik<br />
eine Alternative sein kann. Denn mehr<br />
noch als Soforthilfe brauchen die<br />
Menschen Perspektiven. „Funk For<br />
Life“ ist eine davon.<br />
kritisieren, aber ich kann ja nicht meine Persönlichkeit<br />
ändern.“<br />
Nach Berlin<br />
Den Job als Festivalleiter in Berlin hat Landgren<br />
Anfang November erfolgreich beendet.<br />
Sein viertes Festival in Folge und sein fünftes<br />
insgesamt – er hatte das JazzFest bereits 2001<br />
mit einem Skandinavien-Schwerpunkt kuratiert<br />
– war Gelegenheit, sich eine Reihe persönlicher<br />
Wünsche zu erfüllen. Jetzt gilt es,<br />
in die Zukunft zu schauen. Vor dem international<br />
aufgestellten Bandleader liegt jede Menge<br />
Musik. Noch Ende dieses Jahres nimmt er<br />
in Schweden eine CD mit Weihnachtsliedern<br />
auf, Anfang nächsten Jahres folgen ausgedehnte<br />
Touren nach China, Japan und in die<br />
USA. In dieser Hinsicht mag es geradezu befreiend<br />
sein, das jährliche Hauptstadtspektakel<br />
vom Hals zu haben. Seine Verantwortung<br />
für die Zukunft des Jazz hat er aber nicht am<br />
Ausgang der Berliner Festspiele abgegeben.<br />
„Wir müssen darauf achten, die Jugend ins<br />
Boot zu holen. Der Jazz ist eine aussterbende<br />
Musikform, da müssen wir verantwortungsvoll<br />
handeln. Ansonsten<br />
bleibt uns irgendwann das<br />
Publikum weg.“<br />
Allerdings ist Mr. Red<br />
Horn, wie er gelegentlich<br />
wegen seiner roten Posaune<br />
genannt wird, der<br />
Letzte, der sich über Publikumsschwund<br />
zu beklagen<br />
hätte. Seine Auftritte<br />
sind große Partys. Mit<br />
seinen Platten hingegen<br />
polarisiert der Mann des<br />
großen Ausgleichs derzeit<br />
wie kaum ein anderer im<br />
europäischen Jazz. Was<br />
er selbst als Suche nach<br />
Konsens deklariert, entpuppt<br />
sich bei genauerem<br />
Hinsehen oft als mutiger<br />
Grenzgang. Damit ist noch<br />
nicht einmal seine ABBA-<br />
Hommage „Funky ABBA“<br />
von 2004 gemeint, denn<br />
die drängt sich bei einer<br />
schwedischen Frohnatur<br />
wie Landgren ja regelrecht<br />
auf. Viel weiter lehnte er<br />
sich aus dem Fenster, als er<br />
2001 mit seiner Band Funk<br />
Unit auf der CD „Fonk Da<br />
World“ Herbie Hancocks<br />
Scratch-Hymne „Rockit“<br />
und „Riders On The Storm“<br />
6
Auf der Bühne liebt er die<br />
Kraft: Mr. Red Horn blies im<br />
vergangenen Oktober im<br />
Berliner Kammermusiksaal<br />
den Soul<br />
von The Doors coverte. Da mag der Spaß vielleicht<br />
ein wenig zu weit gegangen sein, doch<br />
zeigten diese beiden Songs auch, dass Landgren<br />
sich weder von der Jazzpolizei noch von<br />
den Wächtern des Pop beirren lässt.<br />
So ist der singende Posaunist immer wieder<br />
für handfeste Überraschungen gut. Erinnert<br />
sei an die stimmungsvollen Duo-Alben<br />
mit seinem Landsmann Esbjörn Svensson vor<br />
der Jahrtausendwende und an seine jüngst erschienene<br />
Arbeit mit dem deutschen Pianisten<br />
Michael Wollny. Das Partyvolk dürfte er<br />
indes am meisten mit der CD „Salzau Music<br />
„Wir müssen die Jugend<br />
ins Boot holen. Jazz<br />
ist eine aussterbende<br />
Musikform“<br />
On The Water“ verwirrt haben, die er 2006<br />
gemeinsam mit Vibrafonist Christopher Dell<br />
und Bassist Lars Danielsson zu früher Stunde<br />
in einem offenen Pavillon über einem Teich<br />
in Salzau aufgenommen hat. Die drei Musiker<br />
verwandeln die Morgenstimmung in eine<br />
freie Improvisation, im Hintergrund singen<br />
Vögel, und selbst die Sonne glaubt man aufgehen<br />
zu hören. Nils Landgren voller Andacht<br />
und Demut in den mystischen Abgründen des<br />
Seelenklangs – einer der ergreifendsten Jazzmomente<br />
des zurückliegenden Jahrzehnts.<br />
Seine Mission auf dem JazzFest ist erfüllt, vor<br />
ihm liegen unendliche Weiten.<br />
Neu erschienen: Nils Landgren: „The Moon,<br />
The Stars And You“ (ACT/EDEL KULTUR)<br />
7
Starke Frauen<br />
Schnee von morgen<br />
Es gibt noch viel zu erkämpfen, nicht nur in Aufsichtsräten,<br />
sondern auch in der Musik. Deswegen<br />
machen die Mütter des Pop mobil und präsentieren<br />
sich überzeugender denn je. Drei Beispiele.<br />
diese Weise vielleicht mehr Aufmerksamkeit<br />
bekommen“. So gibt es Hits zu hören, aber auch<br />
Lieder wie „One More Time“ von 2007. Der<br />
Knüller aber ist die Bonus-CD, die ein knappes<br />
Dutzend Songs in kraftvolle, selbstbewusste<br />
Jazz- und Soulästhetik packt. Das ist die Alison<br />
Moyet, die man hören möchte. Von wegen<br />
abgehakt. <br />
Sascha Fröhlich<br />
erfreulich rockig übrigens, zuweilen aus der<br />
Zeit gefallen, wenn sie „Wir sind das Volk“ zu<br />
kräftigen Gitarrenriffs skandiert. Das ist Musik,<br />
die aus einem eigenen Kosmos herüberschallt,<br />
erfrischend verwegen in ihrer Individualität.<br />
<br />
Ralf Dombrowski<br />
Nina Hagen ist immer für einen Ausfall<br />
gut: „Was heißt da Publikum? Bei mir pupst<br />
niemand! Ich spiele für Menschen!“, poltert<br />
die Grande Dame der Provokation ins Mikrofon<br />
und fährt fort, ihre Botschaften von Jesus<br />
und der Liebe zu bewerben. Das hat etwas<br />
Putziges, aufs Ganze betrachtet, schließlich<br />
ist Nina Hagen mit 56 Jahren eigentlich aus<br />
dem Alter der Albernheiten heraus. Auf der<br />
anderen Seite aber ist sie eine der wenigen<br />
Künstlerinnen, denen man die lebenslange<br />
Exzentrik abnimmt. Vor allem ist sie eine<br />
Überzeugungstäterin. Schwer erkältet beim<br />
Pressetermin, lässt sie es sich nicht nehmen,<br />
einem Journalisten nach dem anderen zu erklären,<br />
was sie bewog, sich dem Gerne des Protestsongs<br />
zuzuwenden und, diesmal wieder auf<br />
deutsch, den Bogen von Bertolt Brecht bis Wolf<br />
Biermann zu schlagen. „Musik ist doch der<br />
Herzschlag des Lebens. Sie ist so wichtig, war es<br />
beispielsweise auch bei der Bürgerrechtsbewegung<br />
der DDR. Ein Volk hat immer eine Musik.<br />
Sie ist das, wo die Politiker nicht hinkommen.“<br />
Und deshalb nun ein Album mit „Volksbeat“,<br />
8<br />
Alison Moyet ist ein typisches Beispiel für<br />
selektive öffentliche Wahrnehmung. In grauer<br />
Wave-Pop-Vorzeit hatte sie mit Yazoo und als<br />
Solistin einige Hits und wurde nach der Hausse<br />
der frühen 80ger in die Asservatenkammer<br />
der Kulturgeschichte gesperrt. Von den Trendmagazinen<br />
als erledigt abgehakt, boten sich<br />
ihr aber neue Möglichkeiten. Alison Moyet<br />
entdeckte den Jazz, das Theater für sich und<br />
spielte in London in dem Musical „Chicago“.<br />
Außerdem machte sie weiter Platten, die aber<br />
kaum noch den Weg über den Kanal fanden.<br />
Wenn nun ihr Best-Of-Album mit „25 Years<br />
Revisited“ unterschrieben ist, dann macht das<br />
Sinn: „Als Künstler kann man sich eigentlich<br />
nicht selbst langweilig werden. Denn alles was<br />
man macht, prägt das eigene Leben. Wichtig<br />
sind für mich auch die späteren Sachen, die auf<br />
Kate Bush, wenn auch äußerlich klein und<br />
zierlich, gehört die 53-Jährige doch unbedingt<br />
in die Kategorie der starken Frauen. Denn<br />
schon früh hat sich die Engländerin entschieden,<br />
das Popspiel einfach nicht mitzuspielen.<br />
Tourneen sind rar, Singleshits scheinen sie<br />
nicht zu interessieren, und auch die Abstände<br />
zwischen ihren Veröffentlichungen werden<br />
immer länger. So dauerte es sechs Jahre, bis<br />
nach ihrem Doppel-Album „Aerial“ im vergangenen<br />
Frühjahr die CD „Director’s Cut“ mit<br />
recycelten Songs aus den 90erjahren erschien.<br />
Doch dabei blieb es nicht, denn nun folgt mit<br />
„50 Words For Snow“ ein Massiv von Album,<br />
ein düsteres, minimalistisches, experimentelles<br />
Werk, das an zeitgenössische Klassik<br />
und den späten Scott Walker erinnert. Die<br />
meisten Stücke sind um repetitive Klavierfiguren<br />
gebaut und entwickeln eine hypnotische<br />
Sogwirkung. Selbst Elton John, der auf<br />
einem Song als Gastsänger mitmischt, klingt<br />
hier bedrohlich. Wahrlich, für so ein Album<br />
muss man stark sein: als Künstlerin, aber auch<br />
als Hörer.<br />
Heiko Große<br />
Neu erschienen:<br />
Nina Hagen „Volksbeat“ (Koch/Universal)<br />
Alison Moyet „The Best Of – 25 Years<br />
Revisited“ (Sony)<br />
Kate Bush „50 Words For Snow“ (EMI)
Kluge Männer<br />
Verschmitzte Versteher<br />
Mann zeigt wieder Flagge. Eine junge Generation<br />
von Bekenntnispoeten erobert derzeit die musikalische<br />
Sympathienlandschaft. Drei Beispiele, melancholisch,<br />
verschmitzt, ein klein wenig unrasiert.<br />
Sprache gefunden, die dezente Opulenz in<br />
Klarheit packt und auf markante Weise mit<br />
Text-Klang-Kontrasten arbeitet. Und er erzählt<br />
Geschichten aus dem Leben nachdenklicher<br />
Männer, die einen eigenen Blick auf die Welt<br />
präsentieren. „Ich hasse Klischees, denn ich will<br />
den Leuten ja auch nichts vorkauen“, meint er<br />
selbst mit Tendenz zum Understatement. Dabei<br />
macht es viel Spaß, ihm auf die Nebenwege<br />
zu folgen. <br />
Ralf Dombrowski<br />
Du warst die, die immer rausstach / jetzt bist<br />
du nur noch mittendrin“, hat eben doch sein<br />
Ego im Blick, auch wenn es sich sanft gibt.<br />
Einmal Revolverheld, immer Revolverheld.<br />
<br />
Paul Hammerthal<br />
Johannes Strates Band heißt Revolverheld.<br />
Sie ist ein Vorzeigeprodukt der Popakademie<br />
in Mannheim, die sich der Karriereplanung<br />
junger Musiker verschrieben<br />
hat. Alles hat mit Revolverheld geklappt, die<br />
Combo verbuchte Hits, und nun macht der<br />
Sänger auch etwas Eigenes. „Die Zeichen<br />
stehen auf Sturm“ heißt sein Soloalbum mit<br />
mentalem Lagerfeuer für melancholische<br />
Stadtvaganten. Es kann als Modell für eine<br />
neue Ära der Reflexivität gehört werden. Denn<br />
Beziehungsromantik heute hat ihre eigenen<br />
Regeln der Umsetzung. Johannes Strate ist<br />
ein Vertreter alltagspsychologisch versierter,<br />
verständnisvoller Sanftgemüter, quasi der Gegenentwurf<br />
zu Machomythen versprühenden<br />
Muskelmännern à la Rammstein und tattoogegerbten<br />
Thekenkumpels nach dem Haudegenmuster.<br />
Er wirkt auf den ersten Blick wie ein<br />
Frauenversteher aus der Margarinewerbung,<br />
aber Vorsicht: Die Langmut hat ihre Tücken!<br />
Denn wer Zeilen singt wie: „Es tut mir weh,<br />
dich so zu sehen / doch ich kann den Schritt<br />
zurück nicht gehen / Wo ist geblieben, was dich<br />
ausmacht? / Wo ist das große Mädchen hin? /<br />
Niels Frevert ist der Flaneur unter den<br />
Liedermachern. Vielleicht sogar ein neuer Udo<br />
Lindenberg. Denn Frevert hat diese spezielle<br />
Lakonik im Ausdruck, den frei rhythmischen<br />
Schlendrian der Wortwahl, der Spontaneität<br />
antäuscht, dabei aber genau mit den Wirkungen<br />
der Sprache umzugehen versteht. „Ich<br />
finde den Vergleich mit dem frühen Udo sehr<br />
schmeichelhaft, zumindest wenn damit eine unprätentiöse<br />
Erzählweise gemeint ist, die in den<br />
Worten arbeitet, die der Sänger auch spricht.<br />
Da gibt es durchaus Parallelen.“ Aber natürlich<br />
auch viele Unterschiede. Denn Niels Frevert<br />
hat längst seine eigene Biografie als Referenz,<br />
von den frühen Aufnahmen mit Nationalgalerie<br />
bis hin zu seinem fünften Soloalbum „Zettel<br />
auf dem Boden“. Er hat eine musikalische<br />
Von Peter Licht gibt es kaum Fotos. Das<br />
passt zur Inszenierung, denn der Kölner<br />
Sänger und Konzeptkünstler ist mal Aphorist,<br />
mal Rhapsode. Er wirft Motive in den<br />
Raum, konkret, dann wieder eigenartig verschlüsselt.<br />
Es ist ein Spiel mit den Hülsen,<br />
mit Widersprüchen und Gewissheiten, die<br />
längst keine mehr sind. Damit hat er es inzwischen<br />
zu einem fünften Album und mehreren<br />
Szenehits gebracht. Nun gibt Peter Licht<br />
mit „Das Ende der Beschwerde“ neue Rätsel<br />
auf. „Begrabt mein iPhone an der Biegung des<br />
Flusses“, textet er, „da wo in der Mitte der Gesellschaft<br />
eine Kausalkette entspringt!“ Ein<br />
Hauch von Dada? Vielleicht in der Haltung<br />
wider den vordergründigen Ernst. Musikalisch<br />
gibt sich Peter Licht entspannt konventionell.<br />
Zieht man die Texte ab, bleibt ein wenig<br />
The Cure mit etwas 80er-Wave-Pop übrig,<br />
schmissig gespielt, aber bei weitem nicht so<br />
wagemutig, wie sich die Worte präsentieren.<br />
Doch das sind Anmerkungen, aber bestimmt<br />
keine Beschwerde.<br />
Sascha Fröhlich<br />
Neu erschienen: Johannes Strate „Die Zeichen<br />
stehen auf Sturm“ (Sony)<br />
Niels Frevert „Zettel auf dem Boden“ (Tapete)<br />
Peter Licht „Das Ende der Beschwerde“ (Motor)<br />
9
Lady Antebellum<br />
Country-Luft mit<br />
Stadt-Appeal<br />
Lady Antebellum kommen aus Nashville<br />
und sind mit ihrer Mischung aus Pop,<br />
Country und Rock inzwischen auch in<br />
Deutschland salonfähig. Ihr neues<br />
Album „Own The Night“ soll den Erfolgskurs<br />
fortsetzen. Von Christiane Rebmann<br />
Gerade haben Sie Ihr drittes Album herausgebracht.<br />
Sie sind ständig auf Tournee.<br />
Wann schreiben Sie Ihre Songs?<br />
Haywood: Wir nehmen Songwriter mit auf<br />
Tournee, die uns motiviert halten. Wenn<br />
man in Nashville wohnt, hat man automatisch<br />
viele Freunde, die in diesem Metier<br />
arbeiten. Wir laden jeweils einen oder zwei<br />
dieser Freunde ein, eine Woche mit uns zu<br />
reisen. Nach dem Mittagessen setzen wir<br />
uns gemeinsam hin und spielen uns gegenseitig<br />
unsere neuen Ideen vor. Auf die-<br />
Armen: Lady Antebel-<br />
Fünf Grammys in den<br />
se Weise haben wir für das jeweils nächste lum im Glück (2011)<br />
Album eine gute Auswahl zur Verfügung.<br />
Scott: Ja, es ist super. (lacht) Du hast einen Songwriter neben dir im Bus<br />
sitzen, der dich erwartungsvoll anstarrt und fragt: „Und was hast du?“<br />
Da fühlst du dich dann komisch, wenn du nichts vorweisen kannst.<br />
Also bleibst du am Ball.<br />
Wer hat Sie musikalisch inspiriert?<br />
Dave Haywood: Wir kommen ja aus dem Süden der USA, deshalb sind<br />
wir mit Classic Rock und Southern Rock aufgewachsen.<br />
Hillary Scott: Im Moment hören wir oft Coldplay. Aber ich liebe auch<br />
Soul. Einer der ersten Nicht-Country-Acts, die ich als kleines Mädchen<br />
gesehen habe, war Gladys Knight. Ihre Soul-Performance hat mich so<br />
beeindruckt, dass ich dachte: So möchte ich auch singen.<br />
Holen Sie sich Ihre Textideen aus den Beobachtungen dessen, was um<br />
Sie herum geschieht?<br />
Charles Kelley: Nein. In den Texten erzählen wir aus unserem eigenen<br />
Leben. Wir wollen nicht über einen Lebensstil schreiben, der weit entfernt<br />
ist von unserem eigenen und dem der Menschen um uns herum.<br />
Woher stammt eigentlich der Name?<br />
Kelley: Die Idee kam uns bei einer Fotosession. Wir zogen durch New<br />
Orleans und fotografierten uns gegenseitig. Dabei landeten wir vor einer<br />
dieser typischen großen Südstaatenvillen, die wir hier in den USA<br />
Antebellum-Häuser nennen.<br />
Weil sie aus der Zeit vor dem Sezessionskrieg stammen?<br />
Kelley: Genau. Und einer von uns sagte: „Das ist ja ein richtig<br />
schönes Antebellum-Haus“. Damals hatten wir gerade angefangen,<br />
Musik zu machen. Wir waren auf der Suche<br />
nach einem guten Bandnamen. Und das Wort blieb<br />
uns im Ohr hängen. Wir packten noch das<br />
Wort Lady davor.<br />
<br />
Neu erschienen: Lady Antebellum:<br />
„Own The Night“<br />
(Capitol/Sony)<br />
Vom Winde verweht:<br />
Hillary Scott,<br />
Dave Haywood und<br />
Charles Kelley
neue gesichter<br />
Angelika Niescier<br />
Kraftpaket mit Saxofon<br />
Diesmal ohne<br />
Band und<br />
Orchester: Anna<br />
Depenbusch<br />
[Jazz] Erstens ist Angelika Niescier nicht mehr ganz neu<br />
in der Szene, sondern hat etwa mit ihrem Quartett Sublim<br />
bereits die Jazzspezialisten überrascht. Zweitens ist<br />
sie auch nicht mehr so blutjung wie manch aufsteigendes<br />
Sternchen. Drittens aber ist die Saxofonistin mit polnischen<br />
Wurzeln eine der fulminanten Durchstarterinnen<br />
des vergangenen Jahres, die in der zeitgenössischen<br />
Moderne ebenso zu Hause ist wie im<br />
reflektierten Jazz der Gegenwart.<br />
„Quite Simply“ ist alles andere als<br />
einfache Musik, entwickelt aber<br />
eine mitreißende Kraft. Es ist ein<br />
Trio-Album, das alle Lügen straft,<br />
die behaupten, Komplexes müsse<br />
auch kompliziert klingen.<br />
<br />
Sascha Fröhlich<br />
Bläst der<br />
Szene den Jazz:<br />
Angelika Niescier<br />
Angelika Niescier<br />
„Quite Simply“<br />
(Enja/Soulfood)<br />
Anna Depenbusch<br />
Schnuckelchen mit Klavier<br />
[Chanson] Manches muss man<br />
zweimal machen. Eigentlich war „Die<br />
Mathematik der Anna Depenbusch“<br />
bereits ein schönes Album. Aber die<br />
Hamburger Sängerin war nicht zufrieden<br />
damit. Es rumorte in ihr, bis<br />
sie sich noch einmal hinsetzte und<br />
das ganze Programm wiederholte,<br />
alleine am Klavier. Und siehe da: Die<br />
Musik der Anna Depenbusch klingt<br />
solo „in schwarz-weiss“ reizvoller als<br />
zuvor. Ihre Lieder sind Chansons, die<br />
mit der Nähe spielen. Sie zehren vom<br />
Charme des Studentischen auf der<br />
einen und einer offensiven Poesie<br />
auf der anderen Seite. „Die Inspiration<br />
für die Lieder kommt aus meinem<br />
Umfeld. Es ist mein Alltag, der mir<br />
Ideen schenkt“, meint sie im Interview<br />
der beigelegten DVD. Vor allem<br />
aber ist es Depenbuschs lächelndes<br />
Spiel mit Sentimentalitäten, das<br />
beim Hören die Menschen umgarnt.<br />
<br />
Ralf Dombrowski<br />
Anna Depenbusch „Die Mathematik<br />
der Anna Depenbusch in<br />
schwarz-weiss“ (105 Music/Sony)<br />
Days Of Our Lives<br />
ALS DVD UND<br />
BLU-RAY<br />
Die brandneue Dokumentation<br />
zum 40. Jubiläum der Band<br />
AB JETZT<br />
www.universal-music.de<br />
mit bisher unveröffentlichtem Bonus-Material
tony christie · lucio dalla<br />
Der Crooner und der<br />
Cantautore<br />
Beide hatten ihre ersten Hits in den frühen 70ern. Und<br />
beide gehören seitdem zu den Konstanten des Showgeschäfts.<br />
Im Februar tourt Tony Christie, im<br />
März Lucio Dalla durch Deutschland. Eine Vorschau.<br />
Mehr Power als<br />
mancher junge<br />
Hüpfer: Tony<br />
Christie tourt<br />
mit British Soul<br />
Tony Christie – Silver Soul und<br />
goldener Groove<br />
Nur auf Tom Jones wird er nicht gerne<br />
angesprochen. Der sei schon ein<br />
guter Künstler, meint Tony Christie,<br />
aber er sehe kaum Parallelen zu dem, was er<br />
selbst mache. Vielleicht liegt der Vergleich<br />
auch vor allem aus deutscher Perspektive<br />
nahe. Denn hierzulande kennt man Tony<br />
Christie vor allem als Schlagersänger, der in<br />
frühen Radiojahren mit Songs wie „Is This<br />
The Way To Amarillo“ bekannt geworden<br />
war. In seiner Heimat England ist sein<br />
Image durchaus nicht so festgelegt. Dort<br />
gilt Christie als Crooner vom Fach, der<br />
Kollege Jones locker das Wasser reichen<br />
kann. Und deshalb ist es für ihn kein<br />
Imagewechsel, sondern bestenfalls<br />
ein Tuning der Außenwirkung,<br />
mit „Now’s The Time“ Soul und<br />
Adult Beat in den Mittelpunkt zu<br />
stellen. „Dieses Album hat mir die<br />
Chance gegeben, einfach ich selbst<br />
zu sein. Was könnte aufregender<br />
sein?“, meint er selbst und geht auf<br />
in der Rolle des Entertainers. Tatsächlich<br />
hat seine Musik etwas Zeitloses,<br />
pointiert verortet in der Welt des<br />
lockeren British Soul. Das macht Spaß,<br />
ist übrigens auch Tony Christies persönliches<br />
Geschenk zum 50. Bühnenjubiläum<br />
und die Grundlage der Tournee,<br />
die den Showman von 1. bis 8. Februar<br />
2012 nach Deutschland führt. Have<br />
fun! Now’s the time! Sascha Fröhlich<br />
Lucio Dalla – Canzone, Caruso<br />
und ein bisschen mehr<br />
Lucio Dalla macht sich rar. Er ist nur<br />
noch unterwegs, wenn er dazu Lust<br />
hat. Als Komponist und Sänger hat<br />
er längst ausgesorgt, als Klarinettist leistet<br />
er sich zuweilen ein wenig Jazz. Langweilig<br />
wird ihm nicht, Aufträge für Filmmusiken<br />
oder auch die Arbeit als Produzent für seine<br />
eigene Plattenfirma sorgen für genügend<br />
Abwechslung. Darüber hinaus darf man<br />
sich mit 68 Jahren zuweilen auch einmal zurücklehnen,<br />
das Leben genießen, einen guten<br />
Wein trinken und in die Sonne blinzeln. Der<br />
Sänger aus Bologna müsste also nicht mehr<br />
auf Tournee gehen, aber nach Jahren der Abstinenz<br />
reizt es ihn dann doch, sich mit einem<br />
Tross guter Musiker auf den Weg zu machen.<br />
Acht Konzerte wird Lucio Dalla in der zweiten<br />
Märzhälfte 2012 von Düsseldorf bis Berlin<br />
geben, mit großen Hits wie „Washington“<br />
und „Caruso“ im Gepäck, aber auch mit Songs<br />
von seinem neuen Doppel-Album „Questo E’<br />
Amore“ (Sony) im Programm. Denn was ein<br />
erfahrener Cantautore ist, der schreibt seine<br />
Reflexionen über die Schönheiten und Widrigkeiten<br />
des Lebens eben als Lieder nieder.<br />
Sie mögen vor allem von der Liebe handeln<br />
und nicht mehr so politisch sein wie am<br />
Anfang seiner Karriere, betörend aber sind<br />
sie allemal, besonders live auf der Bühne<br />
vom Lebenskünstler persönlich präsentiert.<br />
<br />
Paul Hammerthal<br />
Auf Tour: Alle Tourneetermine siehe Seite 27<br />
Mediterran mit<br />
Esprit: Lucio Dalla,<br />
Lebenskünstler<br />
Auf Tour: Alle Tourneetermine siehe Seite 27<br />
12
jazz für japan<br />
Unter Brüdern<br />
Der Erlös von „Jazz For Japan“ kommt<br />
den Erdbebenopfern von Fukushima<br />
zugute. Es ist ein Zeichen der Solidarität,<br />
aber auch eine Frage der Identität.<br />
Los Angeles hilft Fukushima:<br />
Studioszene mit Marcus Miller<br />
(6. v. l.) und vielen Freunden.<br />
Für den Jazz ist Japan<br />
wichtiger als viele andere<br />
Landstriche der Erde,<br />
denn abgesehen von Europa<br />
gibt es nirgendwo sonst ein vergleichbar<br />
treues und begeistertes<br />
Publikum. Als daher der Produzent<br />
Larry Robinson kurz nach<br />
der Natur- und Nuklearkatastrophe<br />
im März 2011 zum Hörer<br />
griff, um Jazzmusiker für ein Benefizalbum<br />
zu gewinnen, ließen<br />
sich Künstler nicht lange bitten.<br />
Innerhalb weniger Tage fanden<br />
sich gut zwei Dutzend Koryphäen<br />
von Billy Childs bis Marcus<br />
Miller und Tom Scott bis Steve<br />
Gadd im Studio ein, um ihre<br />
Kompetenz in den Dienst des<br />
guten Zwecks zu stellen. Insgesamt<br />
13 Stücke wurden aufgenommen,<br />
überwiegend Standards<br />
aus den 60ern, als sich der<br />
Jazz an sich noch als politisch<br />
verstand. Denn es war schnell<br />
klar, dass „Jazz For Japan“ auch<br />
das Engagement von Musikern<br />
an sich zum Thema machte. „Es<br />
geht dem Jazz ja nicht anders als<br />
dem Pop“, räsoniert Saxofonist<br />
Tom Scott. „Die Zeit der großen<br />
Songs ist vorbei, aber das heißt<br />
nicht, dass sie für alle Zeiten vorbei<br />
sein muss. Wir müssen die<br />
wichtigen Hits der Vergangenheit<br />
verstehen, um wieder zu lernen,<br />
mit unserer Musik Aussagen zu<br />
treffen.“ Ein Versuch, die ummauerten<br />
Schlafstädte der Kreativität<br />
zu verlassen. Vielleicht ist<br />
„Jazz For Japan“ auch ein Schritt<br />
in Richtung künstlerischer Identität.<br />
Zumindest setzt die Aktion<br />
ein Zeichen. Sascha Fröhlich<br />
Neu erschienen: V. A. „Jazz For<br />
Japan“ (Edel Content/Edel)<br />
„Es genügt, wenn man meine Melodien kennt. Meine Musik sagt ja alles, was ich zu sagen habe.”<br />
Bert Kaempfert<br />
LET’S GO BOWLING – ursprünglich nur als LP erschienen,<br />
gibt es dieses lange nicht erhältliche Album für alle Fans<br />
endlich auf CD – Good Life Music der besonderen Art.<br />
VINYL BOXSET: Vinyl-Single-Selection (1958-1969)<br />
40 Hits auf 20 Vinyl Singles und dazu ein tolles 24-seitiges<br />
Booklet. Das sind Bert Kaempferts Meisterwerke der<br />
1958-1969er.<br />
RE-RELEASES: Alle Original Katalog Alben komplett remastered von<br />
1958-1979 - “A Swingin’ Safari”, “Strangers In The Night”, “Blue Midnight” u. v. m. www.universal-music.de www.kaempfert.de
Die Sono-liste<br />
Sie glauben,<br />
E-Gitarre und<br />
E-Musik passen<br />
nicht zusammen?<br />
Manchmal geht es aber doch!<br />
Von Hans-Jürgen Schaal<br />
1. Mark-Anthony<br />
Turnage & John Scofield<br />
Scorched<br />
Der britische Komponist und<br />
Jazzfan Mark-Anthony Turnage<br />
meint, dass Miles Davis bedeutender<br />
sei als die serielle Musik.<br />
John Scofield ist sein Lieblingsgitarrist<br />
und inspirierte Turnage<br />
schon zu mehreren Werken,<br />
auch zu „Scorched“ („Scofield<br />
Orchestrated“). Ein gutes Dutzend<br />
Stücke des US-amerikanischen<br />
Kollegen hat Turnage für<br />
Orchester und Bigband weiterkomponiert,<br />
auf dem Notenpapier<br />
„improvisierend wie ein<br />
Jazzmusiker“, und das Scofield-<br />
Trio mischt seine eigenen Interpretationen<br />
hinein. Das Ergebnis<br />
hat Farbe und Drive. (Deutsche<br />
Grammophon, 2002)<br />
2. Steve Reich<br />
Triple Quartet u. a.<br />
Nach „Electric Counterpoint“,<br />
das Pat Metheny 1987 aufnahm,<br />
ist „Electric Guitar Phase“ das<br />
zweite Werk für E-Gitarre vom<br />
Minimal-Music-Meister Steve<br />
Reich. Aber was heißt hier E-<br />
Gitarre? Bei Metheny waren es<br />
einst satte elf Gitarrenstimmen,<br />
hier sind es immerhin noch vier<br />
Spuren, die der Gitarrist Dominic<br />
Frasca übereinander legt. Im<br />
Kern spielt er eine Viertelstunde<br />
lang ein einziges Motiv, das sich<br />
ständig minimal gegen sich selbst<br />
verschiebt und verkantet. Anders<br />
als die originale „Violin Phase“<br />
(1967) besitzt diese „Electric Guitar<br />
Phase“ einen ganz schön kräftigen<br />
Biss. (Nonesuch, 2001)<br />
Illustration: Fornfest<br />
3. Sonic Youth<br />
Goodbye 20th Century<br />
Die New Yorker Drei-Gitarren-<br />
Band zählt zu den anspruchsvolltsten<br />
Erscheinungen der<br />
experimentellen Noise-Szene.<br />
Hier haben sich Sonic Youth<br />
frech der Herausforderung der<br />
14
MATUTO Matuto<br />
Neuen Musik gestellt: Aleatorisches<br />
von John Cage, Steve Reich,<br />
James Tenney, Cornelius Cardew<br />
und anderen Neutönern erklingt<br />
so krachig, verhuscht und schrill<br />
wie selten. Pauline Oliveros lieferte<br />
dem Projekt sogar eine<br />
neue Komposition und widmete<br />
sie der Band. Nur für unerschrockene<br />
Gitarrenfans! (SYR, 1999)<br />
4. The New York Electric<br />
String Ensemble<br />
Drei Musiker, die kaum Noten<br />
lesen konnten, setzten sich 1967<br />
zusammen, um 13 Stücke von<br />
Bach, Telemann, Corelli, Purcell<br />
und Morley auf zwei E-Gitarren<br />
und einem E-Bass zu spielen.<br />
Der Gitarrensound mag ein wenig<br />
an die damaligen Byrds oder<br />
Doors erinnern, Lew Bottomlys<br />
linkshändige Gitarrenhaltung<br />
sogar an Jimi Hendrix denken<br />
lassen – aber ganz ohne Beispiel<br />
ist des Trios unerschütterliche<br />
Emotionslosigkeit in diesen<br />
elektrischen Alte-Musik-Interpretationen.<br />
Möglich wurde das<br />
provokante Teil nur dank dem<br />
wagemutigsten aller Freejazz-<br />
Labels. (ESP, 1967)<br />
5. Russo Three Pieces &<br />
Bernstein Symphonic<br />
Dances<br />
Der Dirigent Seiji Ozawa besuchte<br />
in den 1960er Jahren gerne den<br />
Bluesclub „Big John’s“ in Chicago,<br />
wo ihn die Siegel-Schwall<br />
Band, ein weißes Bluesquartett,<br />
so sehr begeisterte, dass er den<br />
Komponisten Bill Russo überredete,<br />
ein sinfonisches Werk rund<br />
um diese Band zu schreiben. Die<br />
„Three Pieces for Blues Band<br />
and Symphony Orchestra“ sind<br />
laut Russo einfach nur „89 Chorusse<br />
Blues“ – wenn auch nicht<br />
ganz gewöhnliche. Neben Corky<br />
Siegels Blues-Harp glänzt solistisch<br />
die perlende E-Gitarre von<br />
Jim Schwall, umrahmt von den<br />
Sinfonikern von San Francisco.<br />
(Deutsche Grammophon, 1973)<br />
6. Lepo Sumera<br />
Musica tenera u. a.<br />
In Estland ist Lepo Sumera (1950-<br />
2000) ein berühmter Name: Der<br />
erfolgreiche Komponist diente<br />
seinem Land in der schwierigen<br />
Übergangsphase zwischen 1988<br />
und 1992 sogar als Kulturminister.<br />
Damals entstand auch seine<br />
fünfsätzige 4. Sinfonie, geprägt<br />
von den Erschütterungen jener<br />
Jahre. Als besonderen Touch<br />
der „neuen Zeit“ integrierte Sumera<br />
eine E-Gitarre in den sinfonischen<br />
Klang: Sie tröpfelt im<br />
3. Satz in die gedämpfte Melancholie<br />
des Orchesters hinein und<br />
befreit sich dann – zusammen<br />
mit der Rhythmusabteilung – in<br />
einer großartigen „Cadenza per<br />
chitarra e percussioni“. (BIS,<br />
1994)<br />
7. Fred Frith Quartets<br />
Der Engländer Fred Frith gilt<br />
gleichermaßen als Ensemblekomponist<br />
wie als schräger Innovator<br />
der E-Gitarre. Beides<br />
verbindet er in seinem E-Gitarren-Quartettwerk<br />
von 1989 mit<br />
dem komplizierten Titel „The As<br />
Usual Dance Towards The Other<br />
Flight To What Is Not“. Jeder der<br />
acht Sätze erforscht eine andere<br />
Soundwelt der E-Gitarre: Da gibt<br />
es Schwebendes, Vitales, Klirrendes,<br />
Aggressives, Wohlklingendes.<br />
Durchsetzt ist Friths kammermusikalisches<br />
Kaleidoskop<br />
mit minimalistischen, rockigen,<br />
jazzigen und sogar balkanischen<br />
Anklängen. (RecRec, 1993)<br />
8. The Styrenes<br />
Terry Riley, In C<br />
Rileys „In C“ von 1964 zählt zu<br />
den Schlüsselwerken der frühen<br />
Minimal Music. Die Vorgabe sind<br />
53 Melodiefiguren („Patterns“),<br />
die nacheinander durchgespielt<br />
werden. Wie lange jeder einzelne<br />
Spieler bei einer Figur verweilt,<br />
ist ihm allerdings freigestellt: So<br />
entstehen unberechenbare polyrhythmische<br />
Verschränkungen<br />
zwischen den Patterns. Auch<br />
die Instrumentierung ist beliebig:<br />
Die Styrenes, echter US-Underground,<br />
spielen „In C“ ganz<br />
unklassisch mit vier E-Gitarren,<br />
Keyboards, Vibrafon, Bass und<br />
Drums. Das Stück endet, wenn<br />
alle bei Figur 53 angekommen<br />
sind. (Enja, 2002)<br />
9. The Robert Fripp<br />
String Quintet<br />
The Bridge Between<br />
Robert Fripp, Kopf der legendären<br />
Rockband King Crimson,<br />
ist ein Besessener seines Instruments.<br />
Gelegentlich versammelte<br />
er schon mal ein Dutzend<br />
Gitarristen für eine Art Kammermusik-Workshop-Band.<br />
Im<br />
String Quintet spielte er mit dem<br />
langjährigen Wegbegleiter Trey<br />
Gunn, der am Chapman-Stick<br />
etwa den Anfang von Bachs<br />
Chromatischer Fantasie herunterreißt,<br />
und dem California Guitar<br />
Trio, deren akustische Gitarren<br />
dank Pick-up fast wie Cembali<br />
klingen. Das erste Stück aus<br />
Bachs „Kunst der Fuge“ und die<br />
Orgel-Passacaglia sind auch mit<br />
dabei. (Discipline, 1993)<br />
10. Yngwie Johann<br />
Malmsteen<br />
Concerto Suite<br />
Irgendwann entdeckten die Saitenhexer<br />
des Heavy Metal, dass<br />
sie ja die wahren Paganinis unserer<br />
Zeit sind. Einer der gefürchtetsten<br />
Notenschleuderer der<br />
Metal-Gitarre, der Schwede Yngwie<br />
J. Malmsteen, schuf sich sogar<br />
seinen eigenen sinfonischen<br />
Kontext mit der zwölfsätzigen<br />
„Concerto Suite for Electric Guitar<br />
and Orchestra in E-flat Minor,<br />
op. 1“. Wie ein ganzer Hummelschwarm<br />
umtanzt Yngwies Gitarre<br />
die Tschechische Philharmonie<br />
Prag. Vielleicht keine große<br />
Musik, aber großartig frech!<br />
(Dream Catcher, 1999)<br />
Best-Nr.: GMC043 Best-Nr.: PSR004 Best-Nr.: GMC048<br />
Spektakulärer Mix von amerikanischem<br />
Bluegrass mit brasilianischer Perkussion,<br />
der auch die Jury der größten Weltmusikmesse<br />
Womex überzeugte.<br />
VONDA SHEPARD Solo<br />
Intim, direkt und unverstellt. Vonda<br />
Shepard präsentiert die besten Songs<br />
ihres Backkatalogs mit nichts als Klavier<br />
und ihrer kraftvollen Stimme.<br />
1.12. Hamburg, 3.12. Frankfurt, 4.12. Bochum,<br />
6.12. Dresden, 7.12. Berlin<br />
EVA JAGUN My Blue Hour<br />
Erstaunliches Debütalbum der Berliner<br />
Sängerin, die mit vielschichtigen Songs<br />
und einer unwiderstehlichen Stimme<br />
Ihre Version des Jazz mit Latin- und<br />
Bossa-Grooves präsentiert.<br />
2.2. PUC Puchheim, Jazz Around the World<br />
Galileo Music Communication GmbH<br />
Dachauer Str. 5-7 - 82256 Fürstenfeldbruck<br />
Tel +49 (0)8141 226 130 - Fax +49 (0)8141 226 133<br />
Email info@galileo-mc.de - www.galileo-mc.de<br />
KATJA WERKER Neuland<br />
Best-Nr.: T30022-2<br />
Nach dem großen Erfolg von „Contact<br />
Myself“ singt Katja Werker nun<br />
erstmals deutsch. Eindringliche, warme<br />
Folk-Pop-Songs gegen den kalten<br />
Winter.<br />
JANINE MAUNDER Blink<br />
Best-Nr.: T30023-2<br />
Die Sängerin von Naked Raven präsentiert<br />
ihr Solo-Debut. „Blink“ ist randvoll<br />
mit Kammer-Pop Juwelen, musikalisch<br />
abwechslungsreich und voll<br />
lyrischer Tiefe.<br />
15<br />
www.t3records.de
Korken am Revers:<br />
Emmanuel Pahud<br />
nimmt den großen<br />
Friedrich so ernst<br />
wie nötig<br />
Emmanuel Pahud<br />
Der Mann mit dem<br />
goldenen Atem<br />
Im Hauptberuf ist Emmanuel Pahud<br />
Erster Flötist bei den Berliner Philharmonikern.<br />
Anlässlich des 300. Geburtstags<br />
von Friedrich dem Großen wagt er eine<br />
musikalische Stippvisite nach Sanssouci.<br />
Von Guido Fischer<br />
So sah im 18. Jahrhundert vielleicht wirklich ein gepflegter<br />
Kammermusikabend am Hohenzollernhof<br />
aus. Die Damen haben sich rausgeputzt und ihre<br />
schönsten Hauben aufgesetzt. Die prachtvollen Kronleuchter<br />
funkeln im Kerzenschein. Und mittendrin: der<br />
Hausherr von Sanssouci, der gemeinsam mit seinen handverlesenen<br />
Hofmusikanten diese oder jene Flötensonate<br />
zum Besten gibt. Jeder hat diese Szene sicherlich schon<br />
einmal vor Augen gehabt, ob im Original, das in der Berliner<br />
Nationalgalerie hängt, oder als Reproduktion in den<br />
Standardwerken über den Monarchen.<br />
Im kommenden Jahr 2012 feiert man den 300. Geburtstag<br />
des Preußenkönigs, Feldherrn und Freund der Künste.<br />
Und der gebürtige Schweizer und erfahrene Flötist Emmanuel<br />
Pahud ist für sein musikalisches Geburtstagsständchen<br />
mit einem leichten Augenzwinkern in die Rolle Friedrichs<br />
geschlüpft. Im Booklet seiner Hommage „FlötenKönig“<br />
hat Pahud zwar einen schmucken Rock angelegt, wie<br />
er einst en vogue war. Doch statt edler Knöpfe sind bunte<br />
Metallplättchen von Champagnerkorken zu sehen – ein<br />
Augenzwinkern für die Gralshüter der Interpetation. Denn<br />
auch mit solchen optischen Kuriosa scheint sich Pahud<br />
von allen Hardlinern der historischen Aufführungspraxis<br />
absetzen zu wollen, die den Sound vergangener Epochen<br />
so authentisch wie möglich zu rekonstruieren versuchen.<br />
Schließlich geht es Pahud von jeher ausschließlich um den<br />
16
earMUSIC und Berlin Classics präsentieren:<br />
Atem der Musik. Den aber kann er eben am besten nur mit<br />
seiner modernen Querflöte einfangen.<br />
Herrschaftsklang und Geist der Freiheit<br />
Zusammen mit der Kammerakademie Potsdam sowie<br />
Altmeister Trevor Pinnock am Cembalo hat Pahud zwar<br />
auch Werke von Komponisten wie Bach-Sohn Carl Philipp<br />
Emanuel eingespielt, die damals am Hof von Sanssouci<br />
musizierten. Im Mittelpunkt steht aber der Flötist und<br />
Komponist Friedrich der Große. „Friedrichs Kompositionen<br />
zeichnen sich dadurch aus, dass sie pompös klingen, auf<br />
der anderen Seite aber schlicht gehalten sind“, so Pahud.<br />
„In ihnen spiegelt sich nicht nur der Privatmann Friedrich,<br />
sondern auch der Herrscher. Die Musik schafft, was der Geschichtsschreibung<br />
nur selten gelingt: sie verbindet, ganz<br />
ohne Worte, Privates und Politisches miteinander.“<br />
Ob empfindsam und galant, ob gedankenverloren innig<br />
und dann wieder virtuos – Emmanuel Pahud macht<br />
so selbst aus manch musikalischen Leichtgewichten Gehaltvolles,<br />
ja Wertvolles. Überraschend ist das andererseits<br />
nicht. Denn obwohl für ihn die Querflöte klanglich<br />
begrenzt ist, hat er aus ihr doch längst ein verblüffendes<br />
Allround-Instrument gemacht. Seit 1992 beweist Pahud das<br />
als 1. Soloflötist bei den Berliner Philharmonikern. Und<br />
wenn er nicht gerade mit Simon Rattle & Co. konzertiert,<br />
stürzt er sich vor allem als Kammermusiker in Abenteuer.<br />
Von Bach bis zum französischen Neue-Musik-Doyen Pierre<br />
Boulez sucht Pahud nach Herausforderungen und spielt<br />
schon mal mit Pianistin Hélène Grimaud zusammen. Im<br />
Jazz hat er es besonders mit seinem<br />
Kumpel Jacky Terrasson<br />
außerdem geschafft, aus der<br />
Querflöte stilechte Blue Notes<br />
kullern zu lassen. Dass Pahud<br />
das alles gelingt, liegt nicht zuletzt<br />
an einem Geheimnis, das<br />
er im Interview gelüftet hat:<br />
„Man muss sich vom Instrument<br />
befreien können, um jedes<br />
Werk zu jenem Leben zu erwecken,<br />
das der Komponist ihm<br />
gab.“ Kein Wunder, dass davon<br />
nun auch der alte Musikus<br />
Fritz profitiert. <br />
Neu erschienen: „FlötenKönig“,<br />
Emmanuel Pahud, Kammerakademie<br />
Potsdam, Trevor Pinnock<br />
u. a. (2 CDs, EMI Classics)<br />
D e r M u s e n k ö n i g<br />
Kunst trifft Politik<br />
Friedrich der Große galt als aufgeklärter<br />
Monarch. Das bedeutete für<br />
ihn, nicht nur in der Politik, sondern<br />
auch als Künstler bewandert zu sein.<br />
Adolph Menzel verklärte Friedrichs<br />
musikalische Passion postum mit<br />
einem 1852 entstandenen Genrebild.<br />
Das etwas andere<br />
Konzertvergnügen!<br />
Dabei immer beeindruckend:<br />
Tarjas einzigartige Stimme!<br />
Als Live-CD<br />
und Download:<br />
ab 25.11.2011<br />
Als Live-DVD/CD:<br />
ab 02.12.2011<br />
Als Blu-ray/CD:<br />
ab 02.12.2011<br />
I Cocer<br />
Live Sibelis Hll<br />
17<br />
www.tarjaturunen.com · www.facebook.com/tarjaofficial<br />
www.facebook.com/harusofficial<br />
www.ear-music.net · www.youtube.com/earMUSICofficial<br />
www.facebook.com/earMUSICofficial
Spanien als Herausforderung:<br />
Mischa und<br />
Lily Maisky widmen<br />
sich Albéniz, De Falla<br />
Granados und Ravel<br />
Mischa & Lily Maisky<br />
Feste Familienbande<br />
Eine starke Persönlichkeit sei sie, meint Cellist Mischa<br />
Maisky. Umso mehr könne er von seiner Tochter Lily<br />
lernen. Wie bei „¡España!“. Von Sascha Fröhlich<br />
Beziehungen und Querverbindungen<br />
gibt es zuhauf. Pablo Casals zum Beispiel,<br />
der Wiederentdecker des Cellos<br />
für die moderne Konzertmusik, war Katalane.<br />
Komponisten schrieben für ihn, er selbst<br />
sorgte durch seine Person und sein Engagement<br />
dafür, dass Spaniens Klangwelt im<br />
klassischen Kontext präsent war. Für seinen<br />
künstlerischen Nachfahren, den Cellisten<br />
Mischa Maisky, liegt es daher in mehrfacher<br />
Hinsicht nahe, sich mit der iberischen Tradition<br />
zu beschäftigen. „Da ich in Lettland an<br />
der Ostsee geboren bin, würde man von mir<br />
vielleicht ein anderes Temperament erwarten“,<br />
meint er im Interview. „Trotzdem fühle<br />
ich mich dieser Musik sehr nah. Und ich habe<br />
schon lange auf die Möglichkeit gewartet, ein<br />
Album mit diesen Stücken aufzunehmen.“ Dabei<br />
musste mit Umsicht vorgegangen werden.<br />
Denn auch wenn Maisky zu den derzeit profiliertesten<br />
Instrumentalisten seines Fachs<br />
gehört, so heißt das noch lange nicht, dass er<br />
jedes spanische Stück für Cello optimal umsetzen<br />
kann. So suchte er gezielt nach Kom<br />
positionen wie etwa Manuel De Fallas „Suite<br />
populaire espagnole“, die den sanglichen<br />
Charakter seines Instruments betonten. Außerdem<br />
wählte er eine passende und zugleich<br />
herausfordernde Partnerin: seine Tochter<br />
Lily Maisky, die ihrerseits bereits als Pianistin<br />
international bekannt ist. „Dies ist unser<br />
erstes komplettes gemeinsames Album. Sie hat<br />
eine starke Persönlichkeit und oft ganz andere<br />
Vorstellungen von der Musik. Da lerne ich<br />
viel von ihr und bekomme ständig neue Anregungen.<br />
Auf diese Weise beeinflussen wir uns<br />
gegenseitig“. Und natürlich die Musik, denn<br />
„¡España!“ klingt auf entzückende Weise<br />
temperamentvoll und versöhnlich zugleich.<br />
Der warme, kantable Celloton, das selbstbewusste<br />
Klavier, dazu die entspannte Atmosphäre<br />
von Schloss Elmau in Oberbayern,<br />
wo die Aufnahmen entstanden, verbinden<br />
sich zu einer emphatischen Hommage an<br />
Albéniz, De Falla und deren Zeitgenossen,<br />
die schwärmerisch die spanische Romantik<br />
durchwandert.<br />
Neu erschienen: Mischa Maisky & Lily Maisky<br />
„¡España! - Songs And Dances From Spain“<br />
(Deutsche Grammophon/Universal)<br />
Foto: Bernard Rosenberg<br />
18
Foto: Eugenio Mazzinghi<br />
Tarja Turunen<br />
Eine für alle<br />
So etwas gibt es nur in Finnland: Die<br />
Kinder kennen Tarja Turunen vom<br />
Heavy Metal, die Eltern aus der Oper.<br />
Ein Konzert schlägt die Brücke zwischen<br />
den Generationen. Von Paul Hammerthal<br />
In bisschen Zufall gehört<br />
auch dazu. Im Winter 1996<br />
wurde die Gesangstudentin<br />
der Sibelius-Akademie Tarja<br />
Turunen von ihrem früheren<br />
Schulkameraden Tuomas Holopainen<br />
gefragt, ob sie beim einem<br />
akustischen Musikprojekt<br />
mitmachen wolle. Es entstand<br />
ein Demo mit Keyboards und<br />
Stimme, das im Freundeskreis<br />
gefiel. Bald gesellten sich der<br />
Gitarrist Emppu Vuorinen und<br />
Drummer Jukka Nevalainen zu<br />
dem Duo, die außer Spaß auch<br />
noch einen deutlich härteren<br />
Sound mitbrachten. Das war der<br />
Anfang von Nightwish, einer<br />
der erfolgreichsten Metalbands<br />
Finnlands der vergangenen eineinhalb<br />
Jahrzehnte. Für ihren<br />
Stil, der mit Bombast auf der einen<br />
und der klassischen Stimme<br />
auf der anderen Seite arbeitete,<br />
prägten Journalisten den Begriff<br />
„Opera Metal“. Das war missverständlich,<br />
denn genau genommen<br />
verstand sich Tarja Turunen<br />
nicht als Opernsängerin. Es<br />
öffnete aber die Türen renommierter<br />
Klassikbühnen ebenso<br />
wie großer Rockfestivals und<br />
so wurde Nightwish neben den<br />
Cello-Kollegen von Apocalyptica<br />
zu einem wichtigen Exponenten<br />
der finnischen Rockszene.<br />
Tarja Turunen war das nicht<br />
genug. Sie studierte weiter in<br />
Karlsruhe, tourte mit den Metal-<br />
Freunden um die Welt und sang<br />
zugleich Liedprogramme. Spannungen<br />
wuchsen innerhalb der<br />
Band, 2006 folgte die Trennung<br />
von Nightwish und zugleich ein<br />
Neuanfang als Solokünstlerin.<br />
In diesen Zeitraum fällt auch der<br />
Anfang ihres Projekts Harus mit<br />
dem Organisten Kalevi Kiviniemi,<br />
dem Gitarristen Marzi Nyman<br />
und Perkussionist Markku<br />
Krohn: „Als wir 2006 das erste<br />
Mal für ein Konzert zusammen<br />
kamen, hatten wir so viel Spaß<br />
und Freude an der Sache, dass<br />
wir beschlossen, als Gruppe weiterzumachen“,<br />
erinnert sich Turunen<br />
an die Anfänge.<br />
In mancher Hinsicht<br />
war es die Fortsetzung<br />
der Nightwish-Idee,<br />
denn auch bei Harus<br />
treffen die musikalischen<br />
Welten von<br />
geistlicher, klassischer<br />
und popfolkiger Klangtradition<br />
zusammen.<br />
Nur waren diesmal die<br />
stilistischen Kontraste<br />
nicht so hart. 2008<br />
tourte das Quartett mit<br />
Crossover mit<br />
vielen Wurzeln: Tarja<br />
Turunen ignoriert<br />
musika lische Grenzen<br />
Peter Gabriel AZ Sono 210 x 95:Layout 1 21.11.2011 10:45 am Seite 1<br />
Weihnachtsprogrammen durch<br />
Finnland, ein Jahr später entstand<br />
dann der Mittschnitt aus<br />
der Sibelius-Halle in Lathi. Er<br />
dokumentiert auf CD und DVD<br />
die Faszination, die von Tarja<br />
Turunen als Sängern jenseits<br />
der Kategorien ausgeht. Er ist<br />
aber auch schlicht das Souvenir<br />
eines atmosphärischen Abends,<br />
mit dem vier Musiker ein begeistertes<br />
Publikum bezauberten.<br />
Neu erschienen: Tarja Turunen &<br />
Harus „In Concert: Live At Sibelius<br />
Hall“ (CD/DVD, Ear Music/Edel)<br />
! www.petergabriel.com
POP, Rock & co<br />
Priscilla Ahn<br />
„When You Grow Up“<br />
BLUE NOTE/EMI<br />
[Folk/Pop/Jazz] Die junge Songwriterin<br />
aus Kalifornien sorgte<br />
bereits mit ihrem vor drei Jahren<br />
erschienenen Debütalbum<br />
„A Good Boy“ für einiges Aufsehen.<br />
Mit „When You Grow<br />
Up“ liefert Priscilla Ahn erneut<br />
eine eigensinnige und charmante<br />
Platte ab. Eingespielt wurden<br />
die zwölf Songs, an deren Entstehung<br />
Kolleginnen wie Sia Furler,<br />
Inara George, Eleni Mandell und<br />
Charlie Wadhams maßgeblich beteiligt<br />
waren, unter der Regie von<br />
Ethan Johns, der der Musikerin<br />
viele Freiräume lässt, die diese<br />
auch zu nutzen weiß. Vor allem<br />
Stücke wie der zerbrechlichen<br />
Midtempo-Hymne „Vibe So Hot“<br />
und der introvertierten Ballade<br />
„City Lights (Pretty Lights)“ verleiht<br />
Priscilla Ahn mit ihrer em <br />
pfindsamen Stimme eine faszinierende<br />
Tiefe. Zu den weiteren Höhepunkten<br />
dieses Albums zählt<br />
aber auch die faszinierend-vielschichtige,<br />
mit sanften Streicherklängen<br />
veredelte Nummer „Lost<br />
Cause“ sowie der ebenfalls ganz<br />
nach innen gekehrte „Elf Song“.<br />
Unspektakulär, aber schön.<br />
<br />
Robert Wallner<br />
Anspieltipps: „Lost Cause“, „City<br />
Lights (Pretty Lights)“ und „I Don’t<br />
Have Time To Be In Love“<br />
Bob Dylan<br />
„Pure – An Intimate Look<br />
At Bob Dylan“<br />
COLU<strong>MB</strong>IA/SONY<br />
[Folk] Braucht man wirklich<br />
noch eine weitere Dylan-Best-Of?<br />
Nein, natürlich nicht. Aber was<br />
20<br />
die pop-cd des monats<br />
Steven Wilson<br />
„Grace For Drowning“<br />
KSCOPE/EDEL<br />
Wenn zu einer Musik das Etikett „Prog-Rock“ passt, dann zu der von<br />
Steven Wilson. Und es macht wenig Unterschied, ob er mit Porcupine<br />
Tree am Start ist oder als Solokünstler. Denn der umtriebige<br />
und ästhetisch ehrgeizige Brite ist fasziniert von komplex strukturierten Klangräumen,<br />
die mit Erwartungshaltungen spielen und mal scharfe Kontraste,<br />
mal sanfte Melodien in den Vordergrund stellen. Seine musikalische Welt ist<br />
pathetisch, spielt mit Melancholie und Psychedelic, und da macht auch sein<br />
zweites Soloalbum „Grace For Drowning“ keine Ausnahme. Es ist nur noch ein<br />
wenig verwinkelter geworden, wohl auch unter dem Eindruck der Musik von<br />
King Crimson, mit deren Re-Edition Wilson neben seiner Arbeit als Bandleader<br />
und Komponist beauftragt wurde. Er experimentiert mit Klanglandschaften,<br />
mit Chören, Flächen, Sphären. Manche Episoden des Albums wirken eher wie<br />
Installationen als wie Lieder. Die Texte kreisen verhalten um das Horrorkabinett<br />
der Gefühle, um Verlorenheit und Enttäuschung, introvertiert, zuweilen<br />
lakonisch. Es ist nachdenkliche, manchmal schwülstige Musik, aber genau das<br />
wird von Steven Wilson erwartet. Denn er ist der Mann fürs Vertrackte, Verschlüsselte.<br />
Und das macht er gut. <br />
Ralf Dombrowski<br />
Info: Die BluRay-Version des Albums enthält neben der Musik auch einen<br />
Surround-Mix, Videos, zwei weitere Songs und in der Edelvariante außerdem<br />
ein Buch.<br />
wir wirklich brauchen (und was<br />
es in dieser Form bislang noch<br />
nicht gab), ist eine geschmackvolle<br />
Anthologie, die dem Neueinsteiger<br />
einen anderen Zugang abseits<br />
der Hits gewährt und auch den<br />
fortgeschritten Dylan-Aficionado<br />
dazu bringt, seinen Meister noch<br />
einmal neu zu entdecken. Genau<br />
das vermag „Pure“ – was vor allem<br />
am Kurator liegt. Dr. Hanns-<br />
Peter Bushoff, einer der besten<br />
Dylan-Kenner Deutschlands und<br />
zugleich bei Dylans Plattenfirma<br />
Sony Music beschäftigt, hat eine<br />
liebevolle wie kompetente Auswahl<br />
getroffen, die bislang noch<br />
nicht auf CD veröffentlichte Titel<br />
(wie etwa die Single-B-Seite<br />
„Trouble In Mind“) mit einigen<br />
essentiellen Albumtracks wie<br />
etwa „Girl From The North Country“<br />
und dem raren Live-Track<br />
„Moonshiner“ von 1962 zusammenbringt.<br />
Heiko Große<br />
Weiterhören: Die jüngsten Veröffentlichungen<br />
aus dem Hause Dylan<br />
sind „In Concert - Brandeis University<br />
1963 und die CD-Box „The Original<br />
Mono Recordings“<br />
The Who<br />
„Quadrophenia – Deluxe<br />
Edition“<br />
POLYDOR/UNIVERSAL<br />
[Rock] In den frühen 70ern<br />
entdeckten Rockmusiker das<br />
Erzählen. Ging es in der Generation<br />
Dylan/Hendrix noch um<br />
Politisches oder auch um das Muskelspiel<br />
der Virtuosen, so wurde<br />
mit dem Konzeptalbum und verwandten<br />
Formen wie Musical und<br />
Rockoper eine neue Tür zum großen<br />
Epos aufgestoßen. The Who<br />
hatten bereits 1969 mit „Tommy“<br />
einen Versuchsballon gestartet,<br />
der sich als erfolgreich erwies.<br />
Und so legte Pete Townshend 1973<br />
mit „Quadrophenia“, einer Geschichte<br />
über Pubertät und Identität<br />
im kleinbürgerlichen England,<br />
noch einmal nach. Wieder war die<br />
Begeisterung groß, und sie hält an<br />
bis heute. Nachdem die inzwischen<br />
reifen Herren im vergangenen<br />
Jahr das Werk bei einem<br />
umjubelten Wohltätigkeitskonzert<br />
live gespielt hatten, vertiefte sich<br />
Pete Townshend in die alten Bänder,<br />
remasterte und ergänzte sie<br />
um ein knappes Dutzend Demo-<br />
Versionen zum Album, die nun<br />
in die „Quadrophenia Deluxe Edition“<br />
integriert wurden. Manches<br />
klingt wie „Cut My Hair“ dabei gar<br />
frischer als die endgültige Version,<br />
wie überhaupt die ganze Musik<br />
im Angesicht der Prog-Rock-Welle<br />
unserer Tage erstaunlich unverbraucht<br />
und zeitgemäß wirkt. Das<br />
Beste für die Fans hat Townshend<br />
sich aber für das Booklet aufgespart.<br />
Denn da kündigt er an, dass<br />
The Who 2012 mit „Quadrophenia“<br />
auf Tournee gehen wollen. Und<br />
das wäre tatsächlich ein Grund<br />
zum Jubeln. Paul Hammerthal<br />
Info: „Quadrophenia“ erscheint als-<br />
Doppel-Vinyl, 2CD-Digipack und<br />
„Director’s Cut Super Deluxe Edition“<br />
mit weiteren Masterings, Buch, Fotos<br />
und einigen bisher unveröffentlichten<br />
Songs der Sessions.<br />
Seal<br />
„Soul 2“<br />
WARNER<br />
[Soul/Pop] Die Stelle war schon<br />
länger frei. Im Jahr 2003 starb mit<br />
Barry White einer der großen<br />
Soulsänger, der immer auch die<br />
enge Verbindung zum Pop gepflegt<br />
hat. Und von Bill Whiters<br />
wurde auch lange schon nichts<br />
mehr gehört. So braucht die Musikwelt<br />
jemanden wie Seal, der<br />
die Tradition des sanften, gefühlvollen<br />
Soul fortsetzt. Außerdem<br />
Produzenten wie Trevor Horn<br />
und David Forster, die ihm das
passende Studio-Klanggewand<br />
schneidern. „Soul 2“ ist nun die<br />
Fortsetzung des erfolgreichen<br />
Vorgängers von 2008, ein Kompendium<br />
der Evergreens von<br />
„Let’s Stay Together“ über „What’s<br />
Going On“ bis „Lean On Me“. Im<br />
Hintergrund wolkige Geigen im<br />
Philly-Sound, dazu ein wenig<br />
Motown-Feeling mit dezent arrangierten<br />
Bläsersätzen, klare<br />
und verlässlich groovende Beats<br />
schaffen einen vollmundigen<br />
Klangraum um Seals einprägsame<br />
und einfühlsame Stimme. Der<br />
Sänger selbst hat hörbar seinen<br />
Spaß daran, mit dem Idiom zu<br />
spielen. Das ist Musik mit viel<br />
Nostalgie im Konzept, die sich vor<br />
den Heroen des Genres verneigt.<br />
<br />
Paul Hammerthal<br />
Wissenswertes: Seal hat über<br />
zwei Jahrzehnte hinweg mehr als<br />
20 Millionen Platten verkauft.<br />
Weiterhören: Marvin Gaye, Isaac<br />
Hayes.<br />
Deep Purple<br />
„The BBC Sessions<br />
1968-1970“<br />
EMI<br />
[Rock] Zwar ist der Großteil der<br />
Aufnahmen, die Deep Purple zwischen<br />
1968 und 1970 für Radiosendungen<br />
der BBC einspielten, zuvor<br />
bereits auf Neueditionen der<br />
Studioalben dieser Ära sowie auf<br />
dem Boxset „Listen, Learn, Read<br />
On“ erschienen, doch liegen diese<br />
wichtigen Dokumente hier erstmals<br />
gesammelt und in chronologischer<br />
Reihenfolge vor. Besonders<br />
spannend wird diese frühe<br />
Phase des britischen Quintetts vor<br />
allem durch den stilistischen Wandel<br />
vom psychedelisch angehauchten<br />
Poprock hin zum urwüchsigen<br />
Hardrock. Dieser Übergang wird<br />
unter anderem in einer kraftvollen<br />
Version von „Bird Has Flown“ dokumentiert,<br />
einer der wenigen Gelegenheiten,<br />
bei denen Sänger Ian<br />
Gillan einen Song interpretierte,<br />
den ursprünglich sein Vorgänger<br />
Rod Evans gesungen hatte. „Ricochet“<br />
zeichnet zudem die Entstehung<br />
des späteren „Speed King“<br />
nach. Nicht nur für Purple-Fans<br />
eine mitreißende Zeitreise.<br />
Jörg Laumann<br />
Info: „The BBC Sessions 1968 –<br />
1970“ ist auch als Luxusedition erhältlich,<br />
die die Aufnahmen auf<br />
Doppel-LP und Doppel-CD enthält.<br />
Wissenswertes: Das Instrumental<br />
„Grabsplatter“ ist eine frühe Version<br />
der späteren Single-B-Seite „I’m<br />
Alone“.<br />
R.E.M.<br />
„Part Lies, Part Heart,<br />
Part Truth, Part Garbage,<br />
1982-2011“<br />
WARNER<br />
[Adult Rock] Kein Rosenkrieg,<br />
eher ein geordneter Rückzug.<br />
R.E.M. haben sich getrennt nach<br />
mehr als drei Jahrzehnten musikalischer<br />
Ehe. Als Nachwort auf<br />
die bewegten Jahre und zugleich<br />
Resümee einer insgesamt sehr<br />
produktiven Partnerschaft verabschieden<br />
sie sich mit der „Best<br />
Of“-Doppel-CD. Sie führt chronologisch<br />
von noch vom New Wave<br />
geprägten Frühwerken bis hin zu<br />
einer Handvoll Songs der Gegenwart<br />
und präsentiert eine in Würde<br />
gealterte Band, die mit Liedern<br />
wie „Oh My Heart“ durchaus noch<br />
magische Pop-Momente zu entwickeln<br />
versteht. „Part Lies, Part<br />
Heart, Part Truth, Part Garbage,<br />
1982-2011“ ist ein Konzentrat aus<br />
15 Studioalben, das in Erinnerung<br />
ruft, warum Michael Stipe, Peter<br />
Buck und ihre Kompagnons zwischenzeitlich<br />
als Lichtbringer der<br />
avancierten Popmusik gefeiert<br />
wurden. Und das Album dokumentiert<br />
sogar eine Prise hintergründigen<br />
Humor, wenn die Herren<br />
mit dem Song „A Month Of<br />
Saturdays“ an Devo anknüpfen,<br />
um gleich darauf mit „We All Go<br />
Back To Where We Belong“ eine<br />
Botschaft an Epigonen wie Coldplay<br />
richten. Denn R.E.M. haben<br />
viel bewegt und gehen nun als alte<br />
Meister in die Annalen der Popmusik<br />
ein. Sascha Fröhlich<br />
Downloadtipps: die Hits natürlich,<br />
aber auch „Oh My Heart“ und „We<br />
All Go Back To Where We Belong“<br />
The Bosshoss<br />
„Liberty Of Action“<br />
Universal<br />
[Rock/Pop] Mit Alben wie „Internashville<br />
Urban Hymns“ (2005)<br />
und „Do Or Die“ (2009) erspielte<br />
sich die Band aus Berlin eine<br />
treue Fangemeinde. Nach einer<br />
Pause von eineinhalb Jahren<br />
melden sich The Bosshoss nun<br />
mit ihrem sechsten Longplayer<br />
zurück und gehen musikalisch<br />
durchaus ungewohnte Wagnisse<br />
ein. Die Basis, von der aus sie ihre<br />
Exkursionen starten, bleibt zwar<br />
urwüchsiger Rock’n’Roll, gewürzt<br />
mit Country-Anleihen, doch diesmal<br />
setzen sie von Beginn an auf<br />
eine deutlich größere stilistische<br />
Bandbreite. Das zeigt sich besonders<br />
eindrucksvoll bei der ersten<br />
Single „Don’t Gimme That“, mit<br />
der die Cowboys von der Spree<br />
ungewohnt poppige Wege einschlagen.<br />
Doch keine Angst, es<br />
wird auch auf „Liberty Of Action“<br />
wieder ordentlich gerockt,<br />
wie beim im Midtempo-Bereich<br />
angesiedelten Titelsong und dem<br />
lässig groovenden, mit dezenten<br />
Elektroniksounds „I Keep On<br />
Dancing“. Und auch die standesgemäße<br />
Verbeugung vor dem King<br />
fehlt mit „Still Crazy ’Bout Elvis“<br />
nicht.<br />
Robert Wallner<br />
Wissenswert: Bevor Bosshoss sich<br />
an die Arbeit zum neuen Album<br />
machten, gönnte sich die Truppe<br />
einen Texas-Trip inklusive drei Auftritten<br />
in ausgesuchten Clubs.<br />
Lou Reed & Metallica<br />
„Lulu“<br />
MERCURY/UNIVERSAL<br />
[Epic Rock] „Take No Prisoners“<br />
hieß eine Liveplatte von Lou Reed,<br />
mit „Metal Machine Music“ schuf<br />
er das sperrigste Album aller<br />
Zeiten, und auch seine konventionelleren<br />
Selbstzerfleischungen<br />
sind harter Stoff – etwa das Alkoholentzugsdrama<br />
„Waves Of<br />
Fear“ von 1982, das musikalisch<br />
vieles von dem vorwegnahm, was<br />
Metallica später zur Mainstream-<br />
Massenband machte. Die Kombination<br />
ist also so abwegig nicht.<br />
„Lulu“ beruht auf älteren Demos,<br />
die Reed für ein geplantes Theaterstück<br />
produziert hatte – einer<br />
Bearbeitung der Kompilation<br />
der Skandaltragödien „Erdgeist“<br />
(1895) und „Die Büchse der Pandora“<br />
(1902) von Frank Wedekind.<br />
Es geht um vergebliche Liebe, sexuelle<br />
Obsession, Betrug, bestialische<br />
Gewalt, Schmerz, Leid<br />
und Mord. Der Stoff ist zeitlos,<br />
und mit der musikalischen Umsetzung<br />
von Reeds gebrochenen,<br />
experimentellen Dichtungen<br />
sind Metallica erwartungsgemäß<br />
überfordert. Vielleicht ist genau<br />
das die künstlerische Intention.<br />
Die Band, zeitweise verstärkt<br />
um einige Streicher, knüppelt<br />
und brettert mit beamtenhafter,<br />
zähneknirschender Sturheit, reiht<br />
die Riffs wie am Fließband aneinander,<br />
zwei CDs lang entfaltet<br />
sich nichts. Nur das epische, fast<br />
20 Minuten lange Finale „Junior<br />
Dad“ entwickelt aus der Monotonie<br />
beachtliche Schönheit. Wenn<br />
„Lulu“ den Anspruch hat, die Welt<br />
musikalisch als den Haufen von<br />
Dreck, Blut und Elend zu zeigen,<br />
der unter ihrer Konsumfassade<br />
lauert, ist das durchaus gelungen.<br />
Ob das Album auf Dauer wesentlich<br />
mehr Hörer finden wird als<br />
„Metal Machine Music“, darf indes<br />
bezweifelt werden.<br />
<br />
Svevo Bandini<br />
21
Klassik<br />
Münchner<br />
Bachsolisten<br />
„Bach: Weihnachtsoratorium“<br />
WINTER & WINTER/EDEL<br />
KULTUR<br />
[Geistliche Musik] Von jeher<br />
gehört Johann Sebastian Bachs<br />
„Weihnachtsoratorium“ rund um<br />
das Christenfest zum Pflichtprogramm.<br />
Schließlich hat Bach mit<br />
prachtvollem Chor- und Trompetengeschmetter<br />
sowie sanften<br />
Arien für die Ewigkeit die Weihnachtsgeschichte<br />
konkurrenzlos<br />
in Töne gesetzt. Dass Bach dafür<br />
1734 einfach mal zahllose Chöre<br />
und Arien aus anderen Kantaten<br />
recycelt hat, hört man dem<br />
Geniestreich aber eben nicht an.<br />
Von dem „Weihnachtsoratorium“<br />
gibt es Unmengen an Einspielungen,<br />
aber die von Karl-Friedrich<br />
Beringer geleitete Aufnahme mit<br />
den Münchner Bachsolisten und<br />
dem Windsbacher Knabenchor<br />
gehört schon jetzt zu den besten,<br />
zumal selbst dem Luxus-Sängerteam<br />
um Juliane Banse (Sopran)<br />
und Thomas Quasthoff (Bass)<br />
die tänzerische Beschwingtheit<br />
genauso ins Blut übergangen ist<br />
wie die kontemplative Innigkeit.<br />
<br />
Reinhard Lemelle<br />
Weiterhören: das „Weihnachtsoratorium“<br />
mit The King’s Singers &<br />
WDR Big Band<br />
Pera Ensemble<br />
„Baroque Oriental“<br />
BERLIN CLASSICS/EDEL KULTUR<br />
[Crossover] Schon mit seinem<br />
„Händel alla Turca“-Projekt hat<br />
der türkische Weltmusiker Mehmet<br />
C. Yesilcay kürzlich auf die<br />
musikalische Verbrüderung zwischen<br />
der barocken Kniegeige namens<br />
Gambe und der türkischen<br />
Fidel Kemençe gesetzt. Beim neuesten<br />
Dialog zwischen den Kulturen<br />
schlägt man nun einen Bogen<br />
vom italienischen Barock in die<br />
osmanische Musik. Zusammen<br />
mit dem großartigen Countertenor<br />
Valer Barna-Sabadus und<br />
dem Pera Ensemble werden da<br />
Arienperlen von Monteverdi,<br />
Caccini und Rossi mit arabischen<br />
Klangfarben und Rhythmen<br />
verwoben. Und zwischendurch<br />
streift man gar musikalisch die<br />
Glaubenswelt der Sufis. Die Arrangements<br />
dieser Gespräche<br />
zwischen Orient und Okzident<br />
sind zwar allesamt feinfühlig angelegt.<br />
Nur das stichhaltige Argument<br />
liefern sie nicht, warum<br />
man diese komplett gegensätzlichen<br />
Musiktraditionen zusammenklammern<br />
muss. Mehmet C.<br />
Yesilcays banales Credo von der<br />
„Musik als einer gemeinsamen<br />
Sprache“ reicht dafür nicht aus.<br />
<br />
Guido Fischer<br />
Weiterhören: Concerto Köln & Sarband<br />
„Dream Of The Orient“<br />
Janina Fialkowska<br />
„Liszt Recital“<br />
ATMA CLASSIQUE/MUSIKWELT<br />
[Recital] Diese Aufnahme kam<br />
spät im Jubeljahr, aber sie ist eine<br />
der interessantesten, zu denen das<br />
Liszt-Jubiläum Künstler inspiriert<br />
hat. Denn die kanadische Pianistin<br />
mit polnischen Vorfahren<br />
Janina Fialkowska widmet sich<br />
dem Romantiker nicht aus der<br />
Perspektive des Virtuosentums,<br />
sondern stellt ihn als aufmerksamen<br />
Beobachter des Zeitgeistes<br />
dar, dem es sowohl mit eigenen<br />
Werken als auch Bearbeitungen<br />
von Melodien von Frédéric Chopin<br />
und Charles Gounod gelingt,<br />
Transparenz und Pathos, Verinnerlichung<br />
und Offenheit zu vereinen.<br />
Geradezu fragil und anmutig<br />
klingt unter Fialkowskas Ägide<br />
etwa die „Bénédiction de Dieu<br />
dans la Solitude“, Schubert näher<br />
als dem eigenen Schaulaufen, das<br />
Liszt bei seinen Stücken für das<br />
sensationsgierige Bürgertum zuweilen<br />
bestimmt. Seine Bearbeitungen<br />
von Chopins „Sechs polnischen<br />
Liedern“ wiederum geraten<br />
gar noch verspielter als die<br />
Originale und werden von Janina<br />
Fialkowska mit einer Finesse interpretiert,<br />
die weit hinein reicht<br />
in die Welt des Komponisten,<br />
dessen Verständnis der Musik<br />
seiner Zeit freier und profunder<br />
war, als es ihm manche Kritiker in<br />
der Folgezeit unterstellt haben. So<br />
gelingt der Pianistin ein ebenso<br />
ungewohnter wie betörender musikalischer<br />
Beitrag zum Reigen<br />
der Klangglückwünsche.<br />
<br />
Sascha Fröhlich<br />
Weiterhören: Nelson Freire, Alice<br />
Sara Ott<br />
Martin Stadtfeld<br />
„J.S.Bach – Klavierkonzerte“<br />
SONY CLASSICAL<br />
[Klavierkonzert] Es ist eine<br />
grundsätzliche Frage: Wie schön<br />
klingt Johann Sebastian Bach?<br />
Antworten kann der Meister nicht<br />
mehr, aber es steht zu vermuten,<br />
dass seine Klavierkonzerte, die<br />
er in den 1730ern für das Collegium<br />
Musicum schrieb, mit dem<br />
er regelmäßig im Leipziger Kaffeehaus<br />
von Gottfried Zimmermann<br />
konzertierte, sehr viel rauer<br />
daherumpelten als bei Martin<br />
Stadtfeld. Denn der Pianist aus<br />
Koblenz deutet Bach in der Tradition<br />
romantischer Rezeption, die<br />
aus dem Barock-Arbeiter, dessen<br />
zeitgenössische Klaviere Traktoren<br />
im Vergleich zu den heutigen<br />
Limousinen waren, einen vollendeten<br />
Ästheten macht. Dadurch<br />
verliert die Musik an Reibung<br />
und Präsenz. Im Fall von Bachs<br />
„Klavierkonzerten BWV 1054,<br />
1055 und 1058“ wäre aber gerade<br />
das die Herausforderung. Martin<br />
Stadtfeld bleibt auf der sicheren<br />
Seite, beugt sich letztlich<br />
dem ebenfalls wenig energisch<br />
agierenden Klang des Philharmonischen<br />
Kammerorchesters<br />
München unter der Leitung von<br />
Lorenz Nasturica-Herschcovici,<br />
das sein Spiel versiert, aber wenig<br />
markant rahmt. Sascha Fröhlich<br />
Weiterhören: Friedrich Gulda,<br />
Andreas Staier<br />
Trio Parnassus<br />
„French Piano Trios“<br />
DG GOLD<br />
[Kammermusik] Das Trio Parnassus<br />
widmet sich mit „French<br />
Piano Trios“ nach der Beschäftigung<br />
mit Benjamin Godard nun<br />
drei ebenfalls wenig bekannten<br />
Werken an der Epochenschwelle<br />
zur Moderne, dem späten „Trio op.<br />
120“ von Gabriel Fauré, der Trio-<br />
Bearbeitung „Pelléas et Mélisande“<br />
von Claude Debussy durch<br />
Hubert Mouton und dem „Trio<br />
op.3“ von Ernest Chausson. Die<br />
Geigerin Yamei Yu, der Cellist Michael<br />
Groß und der Pianist Chia<br />
Chou folgen dabei einer Chronologie,<br />
die vom frühen Fin de Siécle<br />
Chaussons über die Relativierung<br />
des klanglichen Zeitgeistes durch<br />
Debussy bis hin zum wehmütigen<br />
Nachwort auf das verlorene<br />
harmonische Glück durch Fauré<br />
führt. Faszinierend ist die pulsierende<br />
Gemeinsamkeit dieser<br />
Trios, der Fluss der Musik, die<br />
selbst etwa in den Leidenschaften<br />
Chaussons sich nicht in den<br />
Emotionen verliert, sondern dramaturgisch<br />
klar den Esprit der<br />
französischen Spätromantik herausarbeitet.<br />
Dem Trio Parnassus<br />
gelingt ein großer Bogen und eine<br />
beeindruckende Einspielung mit<br />
der Kraft reflektierter Empathie.<br />
<br />
Paul Hammerthal<br />
22
jazz & world<br />
Frank Sinatra<br />
„Best Of The Best“<br />
CAPITOL/EMI<br />
[Swing] Braucht man noch eine<br />
Hitsammlung von Frank Sinatra?<br />
Eigentlich nicht und doch<br />
wieder unbedingt. Denn auf der<br />
einen Seite gibt es bereits Hunderte<br />
Compilations, andererseits<br />
aber ist man umgehend bekehrt,<br />
sobald Frank Sinatra bei „Come<br />
Fly With Me“ zu singen anfängt.<br />
Auch nach Jahrzehnten strahlen<br />
seine Stimme, seine Person, seine<br />
Lieder eine Magie des Swing<br />
aus, die von Perfektion ebenso erzählt<br />
wie von Intuition. „Best Of<br />
The Best“ greift 24 Lieder heraus,<br />
die in den Capitol- und Reprise-<br />
Jahren um 1960 herum entstanden,<br />
zwei Dutzend Klassiker mit<br />
Orchestern von Count Basie bis<br />
Quincy Jones. Und sie werden in<br />
der Deluxe-Doppel-CD noch um<br />
einen Konzertmitschnitt aus Seattle<br />
aus dem Jahr 1957 ergänzt,<br />
der dokumentiert, wie souverän<br />
Sinatra auch live die Stimmung<br />
und seine Präsenz im Griff hatte.<br />
So ist diese Zusammenstellung<br />
nichts Neues, aber zugleich ein<br />
Klassiker, den man immer wieder<br />
anhören kann.<br />
<br />
Paul Hammerthal<br />
Info: Frank Sinatra hat über die Jahre<br />
rund 1.500 Songs aufgenommen.<br />
Gianmaria Testa<br />
„Vitamia“<br />
LE CHANT DU MONDE/HARMO<br />
NIA MUNDI<br />
[Canzone/World Jazz] Glück,<br />
meint Gianmaria Testa, sei für<br />
ihn, wenn vor der Tür im eigenen<br />
Garten die Tomaten reifen.<br />
Das heißt nicht, dass er deshalb<br />
die Augen vor der Welt verschließen<br />
würde. Aber er hat gelernt,<br />
dass der Erfolg, der ihn vor ein<br />
paar Jahre einholte, eine flüchtige,<br />
unberechenbare Größe ist. Glück<br />
kann man, so meint er weiter,<br />
außerdem in kleinen Episoden<br />
erleben, und ein paar davon hat<br />
Gianmaria Testa nun auf seinem<br />
Album „Vitamia“ versammelt. Die<br />
Themen sind ebenso alltäglich<br />
wie bedeutungsvoll: Kindheit und<br />
Liebe, Enttäuschung und Protest,<br />
erzählt am Beispiel poetisch verkleideter<br />
Alltagsgestalten. Die<br />
Musik ist dezent jazzig und canzonehaft,<br />
im Quartett gespielt<br />
mit Gästen wie dem Posaunisten<br />
Gianluca Petrella und dem Akkordeonprofi<br />
Luciano Biondini.<br />
Gianmaria Testa selbst bleibt der<br />
charismatische Geschichtenerzähler<br />
mit dem beschwörenden<br />
Bariton-Parlando, der wie schon<br />
auf früheren Alben den Hörer an<br />
der Hand zu nehmen versteht.<br />
<br />
Ralf Dombrowski<br />
Weiterhören: Paolo Conte, Lucio<br />
Dalla<br />
James Carter Organ<br />
Trio<br />
„At The Crossroads“<br />
EMARCY/UNIVERSAL<br />
[Jazz] James Carter backt nicht<br />
gerne kleine Brötchen. So mag<br />
es nicht weiter verwundern, dass<br />
sein Organ Trio weit mehr ist als<br />
nur eine Troika. In vielen Tracks<br />
warten Carter, Organist Gerald<br />
Gibbs und Drummer Leonard<br />
King Jr. mit einer Reihe von Gästen<br />
wie Gitarrist Brandon Ross<br />
auf. Der intime Klang des Orgeltrios<br />
wird zuweilen mehr aufgebläht,<br />
als der Aufnahme gut tut.<br />
Zwar ist das große Thema der CD<br />
der Blues, doch scheint Carter<br />
manchmal den narrativen Faden<br />
zu verlieren. Unentschlossen pendelt<br />
er zwischen Großstadtgroove<br />
und Gospelromantik. In ihrer<br />
Gesamtheit wirkt die Platte für<br />
Carters Verhältnisse untypisch<br />
eklektisch. Und – noch erstaunlicher<br />
– Carter selbst agiert hier<br />
meist äußerst zurückhaltend.<br />
Wenn er in ganz wenigen Momenten<br />
mal richtig ausbricht, versteht<br />
er mitzureißen. Über längere<br />
Strecken ist „At The Crossroads“<br />
jedoch ein gewollt sepiafarbener,<br />
wohl dem Produzenten Michael<br />
Cuscuna geschuldeter Blue-Note-<br />
Charme eigen – ein zwiespältiges<br />
Vergnügen. Wolf Kampmann<br />
Weiterhören: Joshua Redman,<br />
Kenny Garrett<br />
WDR Big Band &<br />
Nicolas Simion<br />
„Balkan Jazz“<br />
BIGBAND RECORDS/NRW<br />
[World Jazz] Der Jazz hat Glück,<br />
dass es den deutschen Föderalismus<br />
gibt. Denn durch die Länderhoheit<br />
der Rundfunkanstalten<br />
werden hierzulande vier hochkarätige<br />
Rundfunk-Big-Bands<br />
finanziert, die wiederum in der<br />
Pflicht stehen, interessante Musik<br />
zu gestalten. So kommt es,<br />
dass eine Aufnahme wie „Balkan<br />
Jazz“ entstehen kann, die<br />
den Siebenbürger Saxofonisten<br />
Nicolas Simion, den Geiger Zoltan<br />
Lantos und den Akkordeonisten<br />
Fausto Beccalossi mit der WDR<br />
Big Band Köln zusammenführt.<br />
Obwohl bereits 2004 in Düsseldorf<br />
und Köln live vor Publikum<br />
aufgenommen, hat das Programm<br />
mit Grenzüberschreitungen<br />
nichts von seinem Schmiss verloren.<br />
Denn nicht nur die Solisten<br />
erweisen sich als eloquente<br />
Stiljongleure, sondern auch Arrangeur<br />
Bill Dobbins hat ausgezeichnete<br />
Arbeit geleistet, zwei<br />
Klangkosmen ohne Anbiederung<br />
sich begegnen zu lassen. Die zehn<br />
Kapitel von „Balkan Jazz“ spielen<br />
angenehm klischeearm mit<br />
den Möglichkeiten des großen<br />
Ensembles, das die stellenweise<br />
pittoresken Motive aus dem Rumänischen<br />
und Mediterranen<br />
zwar andeutet, aber mit Swing<br />
und Funk darauf reagiert. Simion,<br />
Lantos und Beccalossi und<br />
der ebenfalls als Gast fungierende<br />
Schlagzeuger Benjamin Henocq<br />
wiederum agieren undogmatisch<br />
mit den Angeboten, so dass ein<br />
bilateral sich inspirierendes<br />
Programm entstehen konnte.<br />
<br />
Ralf Dombrowski<br />
Weiterhören: Farmers Market,<br />
WDR Big Band „Jazz Al’Arab“<br />
Gianluigi Trovesi/<br />
Gianni Coscia<br />
„Frère Jacques – Round<br />
About Offenbach“<br />
ECM/UNIVERSAL<br />
[Chamber Jazz] Musik kann ja<br />
so unterhaltsam sein, selbst wenn<br />
sie mit größter Präzision und<br />
Ernsthaftigkeit aufgeführt wird.<br />
Das italienische Pärchen Gianluigi<br />
Trovesi und Gianni Coscia ist für<br />
seinen feinen, unkonventionellen<br />
Humor bekannt, mit dem es sich<br />
schon Kurt Weills angenommen<br />
hat. Die leichtfüßigen Kompositionen<br />
Jacques Offenbachs bieten<br />
für diesen Pas de deux von Klarinette<br />
und Akkordeon natürlich<br />
eine noch bessere Steilvorlage. Der<br />
Humor kommt hier viel nuancierter<br />
zum Zuge als auf früheren CDs<br />
des Duos. Da ist ein nahezu unmerkliches<br />
Augenzwinkern, ein<br />
Vexierspiel mit den Koordinaten<br />
unseres kulturellen Wertekanons.<br />
Sie entbanalisieren das<br />
Triviale, indem sie es gekonnt aus<br />
dem historischen Kontext reißen<br />
und dem neuen Bildungsbürgertum<br />
unter die Nase reiben. Erst<br />
wenn der letzte Ton verklungen<br />
ist und ihr Hörer andächtig<br />
durchatmet, klopfen sie sich auf<br />
die Schenkel und lachen sich tot.<br />
Ein wahrlich gelungener Coup.<br />
<br />
Wolf Kampmann<br />
23
schatzkiste<br />
Leonard Cohen<br />
„The Complete Studio<br />
Albums Collection“<br />
LEGACY/SONY<br />
Schriftsteller wollte er werden, Poet im altmodischen<br />
Sinn, und veröffentlichte noch<br />
zu Studienzeiten erste Gedichte, später<br />
auch Romane mit sprechenden Titeln wie<br />
„Schöne Verlierer“ (1966). Aber Leonard<br />
Cohen sang auch, schrieb Lieder, spielte<br />
schon als Teenager Gitarre in einer Countryband<br />
und wurde in den späten 60ern<br />
von der Presse prompt als zweiter Bob<br />
Dylan gehandelt. Zuvor allerdings hatte<br />
der Spross eines kanadischen Textilfabrikanten<br />
eine Auszeit auf einer griechischen<br />
Insel hinter sich, und auch später sollte ihn<br />
dieses Bedürfnis nach Kontemplation und<br />
geistiger Erfrischung immer wieder einholen,<br />
als Verwurzelung und Gegenpol wilder<br />
Jahre etwa im Dunstkreis der New Yorker<br />
Bohème. Denn Leonard Cohen gehört nicht<br />
zu den Vielschreibern, sondern hat über<br />
mehr als vier Jahrzehnte hinweg<br />
gerade einmal elf Studioalben<br />
aufgenommen. Sie sind als<br />
Werkschau nun in einer Box<br />
versammelt und dokumentieren<br />
das Werk eines Eigenbrötlers,<br />
den sich Kollegen wie Wolf-<br />
24<br />
Kniefall vor dem Kollegen:<br />
Leonard Cohen<br />
weiß Kunst zu schätzen<br />
gang Niedecken oder auch Nick Cave als<br />
Vorbild genommen haben. Das Spektrum<br />
reicht von „Songs Of Leonard Cohen“ (1967),<br />
dem spartanischen, aber ungemein stimmungsvollen<br />
Plattendebüt mit samtenen<br />
Songs zur Gitarre und Hits wie „Suzanne“,<br />
bis hin zu „Dear Heather“ (2004), einem<br />
Kompendium dunkler Poeme im Popgewand<br />
und Plauderton. Es sind im Kern unspektakuläre<br />
Lieder, deren Kraft auf der<br />
Klarheit und der Knorrigkeit, letztlich auch<br />
der Intellektualität ihrer Wirkung beruht.<br />
Die „Complete Studio Albums Collection“<br />
ist übrigens Resümee und Vorgeschmack<br />
zugleich. Denn Cohen, der inzwischen auch<br />
zum buddhistischen Mönch geweiht wurde,<br />
nachdem er fünf Jahre lang in klösterlicher<br />
Einsamkeit seine Depressionen mit<br />
Spiritualität und Demut bekämpft hatte,<br />
hat angekündigt, nach acht Jahren Pause<br />
im Frühjahr 2012 ein neues Studiowerk zu<br />
präsentieren. Dann kann der Poet außerdem<br />
seinen 78. Geburtstag feiern und mit<br />
ein wenig Gelassenheit auf ein<br />
Leben zurückblicken, in dem<br />
er viel erreicht hat, wenn auch<br />
nicht immer das, was er eigentlich<br />
wollte. Paul Hammerthal<br />
Dusty Springfield<br />
„Goin’ Back – The<br />
Definitive Dusty Springfield“<br />
UNIVERSAL<br />
Das mit den Haaren hatte Regisseur John<br />
Waters („Hairspray“) bestimmt von Dusty<br />
Springfield. Denn die Britin aus dem Londoner<br />
Vorort Hampstead ließ sich nur<br />
selten ohne ihre kunstvoll aufgetürmten<br />
Frisuren in der Öffentlichkeit blicken. Sie<br />
waren ihr Markenzeichen, ähnlich wie der<br />
Motown-nahe Sound, der ihr zu dem Ruf<br />
verhalf, die erste weiße Soulsängerin von<br />
Rang zu sein. Jedenfalls schaffte es Dusty<br />
Springfield Mitte der 60er, als sonst alle<br />
Beatles hörten, zur beliebtesten Popsängerin<br />
Englands gewählt zu werden. Hits<br />
wie „I Only Want To Be With You“ gehörten<br />
zu jeder besseren Party, und so hat<br />
auch „Goin’ Back – TheDefinitive Dusty<br />
Springfield“ reichlich Ohrwürmer von den<br />
frühen Jahren bis hin zum Comeback in<br />
den 90ern zu bieten. Spannender noch<br />
sind aber die Raritäten, die Mitschnitte<br />
aus den BBC-Archiven, überhaupt das<br />
ganze Drumherum, das die Karriere dieser<br />
ungewöhnlichen Sängerin ausmachte. Auf<br />
vier CDs, drei DVDs ergänzt um zwei Bücher<br />
und Fotos, kann man die Erfolgsjahre<br />
nachvollziehen. Das ist Kulturgeschichte<br />
in Pink. <br />
Sascha Fröhlich
CAN (v.l.n.r.):<br />
Michael Karoli,<br />
Holger Czukay,<br />
Irmin Schmidt,<br />
Jaki Liebezeit<br />
CAN<br />
„Tago Mago – 40th<br />
Anniversary Edition“<br />
SPOON RECORDS/WARNER<br />
1997 wurde der Neue Musik-Papst<br />
Karlheinz Stockhausen von einer<br />
deutschen Wochenzeitung<br />
gebeten, mal<br />
verschiedene Krautrockaufnahmen<br />
von<br />
Tangerine Dream bis<br />
Amon Düül II durchzuhören.<br />
Doch nur<br />
einem Song gab er die<br />
Höchstnote. „Die Grundhaltung ist<br />
musikalisch forschend“, so Stockhausen<br />
über „Aumgn“ aus dem<br />
dritten Album „Tago Mago“ der<br />
Kölner Band Can. Diese Einschätzung<br />
gilt eigentlich für das gesamte<br />
Album, das 1971 als Doppelvinyl<br />
erschien und Bands wie Sonic<br />
Youth und Radiohead beeinflusste.<br />
Psychedelische Soundschleifen<br />
und dämonische Klanggewitter,<br />
telepathische Grooves und<br />
hypnotisch wilde Trommelfeuer<br />
zogen sich durch die gerade mal<br />
sieben Stücke. Und um den rituellen<br />
Charakter radikal auf die<br />
Spitze zu treiben, setzte Sänger<br />
Damo Suzuki etwa in „Peking O“<br />
seine Stimmbänder orgiastisch<br />
unter Starkstrom. Vor genau 40<br />
Jahren ist dieses Rockmanifest<br />
erschienen, das nach dem Piratenfelsen<br />
„Isla de Tagomago“ an<br />
der Küste Ibizas benannt wurde.<br />
Anlässlich des runden<br />
Geburtstags erscheint<br />
es nun in einer Sonder -<br />
edition mit zwei CDs.<br />
Der revolutionären<br />
Energie der originalen<br />
Studio-Aufnahme<br />
kann man sich dabei<br />
weiterhin nicht entziehen, und<br />
wie exzessiv und schweißtreibend<br />
Can damals auch auf der Bühne<br />
zu Werke gegangen sind, dokumentieren<br />
drei unveröffentlichte<br />
Livemitschnitte von 1972. Neben<br />
den „Tago Mago“-Stücken<br />
„Mushroom“ und „Halleluwah“ ist<br />
es da vor allem die halbstündige<br />
Fassung von „Spoon“ (aus „Ege<br />
Bamyasi“), in der Can zu Blues-<br />
Schamanen mutierten. Einfach<br />
irre – gut. Guido Fischer<br />
Besonderheit: Noch bis 18. 12. zeigt<br />
das Berliner Künstlerhaus Bethanien<br />
die Ausstellung „Halleluwah – Hommage<br />
à CAN“.<br />
25
MEDIA-MIX<br />
Ein Prise Jazz:<br />
die 1969 gegründete<br />
Combo<br />
King Crimson<br />
CD + DVD: King Crimson<br />
„Starless & Bible Black“, „Discipline“<br />
DISCIPLINE/GALILEO<br />
Zwei Alben aus ganz unterschiedlichen Phasen von King Crimson:<br />
Zwar hat sich die Besetzung des Quartetts um den Perfektionisten<br />
Robert Fripp zwischen 1974 und 1981 nur auf zwei<br />
Positionen verändert, und trotzdem erleben wir hier zwei komplett<br />
unterschiedliche Bands. „Starless And Bible Black“ ist<br />
ein Jazzrockalbum im Kontext der mittleren 70er Jahre. Streckenweise<br />
klingt die Band mit elektrischer Gitarre, Geige, Bass<br />
und Schlagzeug, als wollte sie den Faden aufnehmen, den das<br />
Mahavishnu Orchestra bereits zu verlieren drohte. Auf „Discipline“<br />
hingegen verfolgt die Band einen<br />
nervösen Strukturalismus. Die einstigen<br />
Prog-Helden waren in der Verknappung<br />
des Postpunk angekommen, hatten mehr<br />
mit den Talking Heads gemein als mit<br />
ihren eigenen Ursprüngen, finden aber in<br />
einzelnen Passagen doch überraschend<br />
zum Progrock zurück. Das Bonusmaterial<br />
auf CD und DVD ist eher etwas für<br />
eingefleischte Fans. Wolf Kampmann<br />
Info: Zu den King-Crimson-Erben von heute<br />
zählen Porcupine Tree und Zun Zun Egui.<br />
DVD: Paul McCartney<br />
„The Love We Make“<br />
EAGLE VISION/EDEL<br />
Es war ein wichtiges Ereignis für die USA. Ein halbes<br />
Jahr nach Nine-Eleven fand in New York ein<br />
Benefizkonzert statt, bei dem Musiker von The<br />
Who bis Paul McCartney spielten. Letzterer ließ<br />
sich im Vorfeld, bei Proben und backstage von den<br />
Kameras von Albert Maysles („Gimme Shelter“)<br />
begleiten. Daraus entstand ein rund 90-minütiger<br />
Film mit viel Musik, der unter dem Titel „The Love<br />
We Make“ auf DVD und BluRay erschienen ist. Es<br />
ist ein Zeitdokument mit viel Intensität und einem<br />
Künstler, der selten zuvor die Objektive so nah an<br />
sich heran gelassen hat. <br />
26<br />
Ralf Dombrowski<br />
CD + DVD: Motörhead<br />
„The World Is Ours Vol. 1“<br />
MOTÖRHEAD MUSIC/EMI<br />
Wer 1971 behauptet hätte, Rock’n’Roll sei die<br />
Musik schmutziger alter Männer, hätte sich<br />
von den damaligen Protagonisten eine Ohrfeige<br />
eingefangen. Dabei war Lemmy Kilmister<br />
(66) doch eigentlich schon immer<br />
alt, und schmutzig sowieso: Damals<br />
hauste er in der übelst beleumundeten<br />
Hawkwind-Kommune und<br />
haute sich in krassem Widerspruch<br />
zu deren höchst abgespaceter Auslegung<br />
des Hippie-Lebensstils die<br />
Birne mit Speed zu, bis die Zähne knirschten,<br />
sang den einzigen Hit „Silver Machine“ und<br />
ließ sich nach drogenbedingter Verhaftung<br />
bereitwillig feuern, um fortan der Welt die<br />
pure Dreckfaust auf Auge und Ohr zu knallen.<br />
So geht das jetzt seit 36 Jahren, und „objektiv“<br />
betrachtet wird es immer reiner, besser und<br />
perfekter. Weniger unvoreingenommen Gesinnte<br />
mögen meckern, es gebe schon genug<br />
(nämlich fünf) Motörhead-Livealben mit „Ace<br />
Of Spades“ und „Overkill“ drauf, und außerdem<br />
sei die Zeit, als diese beiden Songs entstanden,<br />
die vom epochalen (eben!) Livealbum<br />
„No Sleep Til Hammersmith“ gekrönten<br />
Jahre 1976 bis 82, sowieso die größte und<br />
einzige gewesen, die zählt. Mag sein. Aber es<br />
hat seinen Reiz, Lemmy anhand neuer Versionen<br />
des trotz vielen jüngeren Songs immer<br />
Gleichen beim Altern zuzuhören wie einem<br />
guten Rotwein – allerdings ist er stimmlich<br />
inzwischen manchmal knapp vor dem Kippen,<br />
was indes den Reiz seltsamerweise<br />
noch steigert. Die DVD derselben<br />
Mitschnitte ist eine Zugabe für die<br />
Fans, die nicht davor zurückschrecken,<br />
eine Urgewalt wie Motörhead<br />
auf dem heimischen Sofa „nachzuempfinden“.<br />
Michael Sailer
tourneen POP, Rock & co<br />
tourneen klassik<br />
Alle Tourneedaten fortlaufend<br />
aktualisiert und<br />
mit genauen Orts an -<br />
ga ben finden Sie unter<br />
sonomagazin.de<br />
b<br />
The BossHoss<br />
9.3. Oberhausen<br />
10.3. Leipzig<br />
16.3. München<br />
23.3. Hamburg<br />
24.3. Berling<br />
30.3. Stuttgart<br />
31.3. Offenbach<br />
c<br />
Tony Christie<br />
1.2. Heilbronn<br />
2.2. Bonn<br />
4.2. Fellbach<br />
5.2. Berlin<br />
7.2. Frankfurt<br />
8.2. Hamburg<br />
d<br />
Lucio Dalla<br />
15.3. Düsseldorf<br />
17.3. Hamburg<br />
22.3. Bremen<br />
23.3. Frankfurt<br />
24.3. Freiburg<br />
27.3. Stuttgart<br />
28.3. München<br />
30.3. Berlin<br />
<strong>SONO</strong> präsentiert: David Sylvian<br />
David Sylvian:<br />
der Insider<br />
David Sylvian ist der Rätselhafte, einer von denen, deren musikalische Phantasien<br />
immer opulenter und zugleich verschlüsselter werden. Unlängst erst hat<br />
sich der Sänger, Konzeptkünstler und einstige Kopf der Pop-Visionäre Japan<br />
mit „Died In The Wool – Manafon Variations“ (Samadhisound/Galileo Music)<br />
tiefer noch in seinen kammermusikalischen Kosmos vorgewagt als bisher und<br />
Songarchitekturen geschaffen, die in der zeitgenössischen Klassik ebenso ihren<br />
Platz haben wie im Umkreis von Remixing und fortgeschrittenem Pop und<br />
Songwriting. Wer aber den introvertierten Briten mit dem schönsten Bariton<br />
der Insel wirklich verstehen will, der hat im März bei vier Konzerten in Köln, Ber-<br />
Alle Tourneedaten fortlaufend<br />
aktualisiert und<br />
mit genauen Orts an -<br />
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sonomagazin.de<br />
a<br />
ensemble amarcord<br />
1.12. Dresden<br />
2.12. Eisenach<br />
3.12. Eisenach<br />
4.12. Eisenach<br />
17.12. Leipzig<br />
18.12. Berlin<br />
20.12. Dresden<br />
22.12. Walkenried<br />
20.1. Rüsselsheim<br />
21.1. Wildeshausen<br />
Anna Netrebko &<br />
Erwin Schrott<br />
6.1. Hannover<br />
9.1. Mannheim<br />
26.1. Stuttgart<br />
Kolja Blacher<br />
2.12. Berlin<br />
10.12. Ossiach (A)<br />
15.12. Landshut<br />
16.12. Neumarkt<br />
18.12. Viersen<br />
24.2. Mainz<br />
Gábor Boldoczki<br />
2.12. Saarbrücken<br />
6.12. München<br />
7.12. Amberg<br />
8.12. Fürth<br />
9.12. Füssen<br />
19.1. Wien (A)<br />
21.1. Zürich (CH)<br />
16.2. St. Gallen (CH)<br />
19.2. Leipzig<br />
Gustavo Dudamel<br />
10.12. Wien (A)<br />
11.12. Wien (A)<br />
e<br />
Quatuor Ebène<br />
3.12. Schweinfurt<br />
4.12. Neuss<br />
17.12. Zug (CH)<br />
20.1. Heidelberg<br />
3.2. Salzburg (A)<br />
13.2. Bern (CH)<br />
14.2. Basel (CH)<br />
f<br />
Isabelle Faust<br />
2.12. Genf (CH)<br />
4.12. Schwetzingen<br />
10.1. Solingen<br />
11.1. Remscheid<br />
18.1. Heilbronn<br />
20.1. Berlin<br />
24.1. Kempen<br />
25.1. Bamberg<br />
26.1. Mosbach<br />
29.1. Boswil (CH<br />
30.1. Donaueschingen<br />
2.2. Vervey (CH)<br />
26.2. Martigny (CH)<br />
28.2. Zürich (CH)<br />
g<br />
Die Fantastischen<br />
Vier<br />
13.12. Münster<br />
14.12. Düsseldorf<br />
16.12. Leipzig<br />
17.12. Braunschweige<br />
18.12. Augsburg<br />
20.12. Wien<br />
21.12. Regensburg<br />
22.12. Stuttgart<br />
m<br />
Milow<br />
11.12. Kempten<br />
12.12. München<br />
13.12. Dresden<br />
James Morrison<br />
7.3. Hamburg<br />
11.3. Köln<br />
13.3. Berlin<br />
14.3. Offenbach<br />
19.3. München<br />
Ina Müller & Band<br />
1.12. Bremerhaven<br />
2.12. Kiel<br />
3.12. Hannover<br />
9.12. Bremen<br />
10.12. Flensburg<br />
11.12. Braunschweig<br />
15.12. Hamburg<br />
16.12. Hamburg<br />
lin, Frankfurt/Main und Stuttgart dazu die Gelegenheit. Und es hat wenig Sinn,<br />
mit den Tickets zu warten. Denn die Karten für die raren Auftritte von David<br />
Sylvian sind in der Regel schnell vergeben. Mit Recht, denn diese Abende sind<br />
etwas Besonderes! <br />
7.1. Leipzig<br />
8.1. Dresden<br />
12.1. Rostock<br />
13.1. Erfurt<br />
14.1. Frankfurt<br />
21.1. Berlin<br />
22.1. Chemnitz<br />
23.1. Zwickau<br />
27.1. Wetzlar<br />
28.1. Trier<br />
n<br />
Naturally 7<br />
25.1. München<br />
26.1. Mainz<br />
27.1. Stuttgart<br />
29.1. Köln<br />
31.1. Hamburg<br />
1.2. Berlin<br />
Nena<br />
9.12. Bamberg<br />
11.12. Berlin<br />
12.12. Neu-Ulm<br />
15.12. Düsseldorf<br />
16.12. Braunschweig<br />
11.1. Chemnitz<br />
Randy Newman<br />
4.3. Frankfurt a. M.<br />
6.3. Stuttgart<br />
8.3. München<br />
13.3. Berlin<br />
Night of the Proms<br />
feat. Seal & Alison<br />
Moyet<br />
2.12. Erfurt<br />
3.12. Berlin<br />
6.12. Mannheim<br />
7.12. Stuttgart<br />
8.12. München<br />
9.12. München<br />
10.12. München<br />
11.12. München<br />
13.12. Dortmund<br />
14.12. Dortmund<br />
16.12. Köln<br />
17.12. Köln<br />
18.12. Oberhausen<br />
r<br />
Sascha Fröhlich<br />
Tournee: David Sylvian spielt 2012 in Köln (7.3.), Berlin (16.3.), Frankfurt/Main<br />
(19.3.) und Stuttgart (20.3.).<br />
www.sonomagazin.de<br />
Chris Rea<br />
3.2. Hamburg<br />
4.2. Berlin<br />
20.2. Stuttgart<br />
22.2. München<br />
25.2. Mannheim<br />
26.2. Dortmund<br />
28.2. Frankfurt<br />
Khatia Buniatishvili<br />
25.11. Lucerne (CH)<br />
29.11. Berlin<br />
2.12. Stuttgart<br />
9.12. Mainz<br />
10.12. Aschaffenburg<br />
12.12. Wien (A)<br />
2.3. München<br />
c<br />
Cuarteto Casals<br />
10.1. Rotterdam (NL)<br />
11.1. Tilburg (NL)<br />
16.1. Brüssel (BE)<br />
17.1. Den Haag (NL)<br />
10.2. Berlin<br />
Ray Chen<br />
11.1. Elmau<br />
13.1. Elmau<br />
15.1. Gütersloh<br />
Trio Di Clarone<br />
7.12. Ludwigshafen<br />
20.2. München<br />
26.2. Dessau<br />
d<br />
Xavier De Maistre<br />
15.12. Stuttgart<br />
16.12. Stuttgart<br />
18.12. Karlsruhe<br />
Sol Gabetta<br />
4.12. Essen<br />
6.12. Freiburg<br />
7.12. Frankfurt<br />
9.12. Villingen-<br />
Schwenningen<br />
10.12. Baden-Baden<br />
13.12. Bamberg<br />
14.12. Berlin<br />
15.12. Köln<br />
17.12. Landau<br />
18.12. Essen<br />
19.12. Osnabrück<br />
21.12. Stuttgart<br />
11.1. Hamburg<br />
21.1. Lörrach<br />
26.1. Hannover<br />
27.1. Fribourg (CH)<br />
28.1. Bern (CH)<br />
1.2. Berlin<br />
2.2. Bremen<br />
3.2. Münster<br />
4.2. Bielefeld<br />
5.2. München<br />
23.2. Chur (CH)<br />
Elina Garanca<br />
19.12. Berlin<br />
22.12. Berlin<br />
Angela Gheorghiu<br />
11.2. Essen<br />
27.3. Hamburg<br />
30.3. Hamburg<br />
4.4. Hamburg<br />
27
tourneen jazz/world<br />
Vadim Gluzman<br />
25.12. Dresden<br />
26.12. Dresden<br />
7.2. Schleswig<br />
8.2. Flensburg<br />
9.2. Husum<br />
10.2. Rendsburg<br />
Howard Griffiths<br />
2.12. Köln<br />
9.12. Frankfurt/Oder<br />
10.12. Potsdam<br />
11.12. Zürich (CH)<br />
15.12. Hannover<br />
16.12. Hannover<br />
17.12. Leipzig<br />
18.12. Hannover<br />
21.12. Biel (CH)<br />
22.12. Biel (CH)<br />
27.12. Berlin<br />
28.12. Berlin<br />
30.12. Frankfurt/Oder<br />
31.12. Frankfurt/Oder<br />
1.1. Potsdam<br />
2.1. Frankfurt/Oder<br />
17.1. Zürich (CH)<br />
18.1. St. Gallen (CH)<br />
19.1. Genf (CH)<br />
20.1. Bern (CH)<br />
29.1. Potsdam<br />
Vittorio Grigolo<br />
6.12. Zürich (CH)<br />
9.12. Zürich (CH)<br />
13.12. Zürich (CH)<br />
16.12. Zürich (CH)<br />
30.12. Berlin<br />
3.1. Berlin<br />
29.1. Berlin<br />
3.2. Berlin<br />
10.2. Berlin<br />
Tal / Groethuysen<br />
04.12. Bad Säckingen<br />
26.1. Darmstadt<br />
29.1. Bordesholm<br />
22.2. Winterthur (CH)<br />
h<br />
Daniel Hope<br />
8.12. Bielefeld<br />
14.3. Berlin<br />
15.4. Münster<br />
Maximilian Hornung<br />
18.12. Wundsiedel<br />
28.12. Lenzerheide<br />
(CH)<br />
30.12. Scuol (CH)<br />
2.1. Chur (CH)<br />
3.1. Arosa (CH)<br />
6.1. Pontresina (CH)<br />
7.1. Ilanz (CH)<br />
11.1. Elmau<br />
22.1. München<br />
7.2. Kiel<br />
10.2. Nürnberg<br />
11.2. Illertissen<br />
k<br />
Sharon Kam<br />
1.12. Berlin<br />
5.12. Berlin<br />
28.1. Salzburg (A)<br />
6.2. Mannheim<br />
7.2. Mannheim<br />
10.2. München<br />
Milos Karadaglic<br />
2.12. Berlin<br />
3.12. Hamburg<br />
5.12. Düsseldorf<br />
6.12. Bielefeld<br />
7.12. Münster<br />
9.12. Köln<br />
10.12. Frankfurt<br />
Vesselina Kasarova<br />
2.12. München<br />
5.12. München<br />
30.4. Wien (A)<br />
Amir Katz<br />
3.12. Berlin<br />
18.12. Wien (A)<br />
Concerto Köln und<br />
Harald Schmidt<br />
14.1. Kiel<br />
15.1. Lübeck<br />
21.1. Düseldorf<br />
22.1. Frankfurt<br />
27.1. Nürnberg<br />
29.1. München<br />
18.2. Stuttgart<br />
2.3. Bremen<br />
3.3. Bielefeld<br />
4.3. Dortmund<br />
Simone Kermes<br />
8.12. Bochum<br />
9.12. Bochum<br />
10.12. Hamm<br />
2.1. Elmau<br />
26.1. Hamburg<br />
Gidon Kremer<br />
26.11. Zug (CH<br />
2.2. Ludwigshafen<br />
3.2. Freiburg<br />
5.2. Amsterdam<br />
(NL)<br />
l<br />
Lang Lang<br />
2.2. Genf (CH)<br />
9.2. Frankfurt<br />
11.2. Düsseldorf<br />
21.2. Hamburg<br />
23.2. Baden-Baden<br />
26.2. Dresden<br />
28.2. Berlin<br />
m<br />
Nils Mönkemeyer<br />
2.12. Bonn<br />
18.12. München<br />
19.1. Mönchengladbach<br />
14.2. Wiesbaden<br />
19.2. Berlin<br />
27.2. Bremen<br />
28.2. Bremen<br />
Olli Mustonen<br />
12.1. Hannover<br />
13.1. Hannover<br />
o<br />
Dorothee<br />
Oberlinger<br />
3.12. Luzern (CH)<br />
4.12. Basel (CH)<br />
5.12. Bern (CH)<br />
6.12. Zürich (CH)<br />
10.12. Leer<br />
11.12. Berlin<br />
31.12. München<br />
2.1. Erlangen<br />
14.1. Weingarten<br />
12.2. Köln<br />
26.2. Heidenheim<br />
27.2. Salzburg (A)<br />
28.2. Wien (A)<br />
David Orlowsky<br />
2.12. Essingen<br />
3.12. Berlin<br />
4.12. Nürtingen<br />
5.12. Hamburg<br />
6.12. Leipzig<br />
7.12. Regensburg<br />
8.12. Bochum<br />
9.12. Papenburg<br />
21.1. Berlin<br />
Alice Sara Ott<br />
4.12. Berlin<br />
p<br />
Murray Perahia<br />
7.12. Berlin<br />
22.12. Berlin<br />
Olga Peretyatko<br />
3.12. Karlsruhe<br />
29.1. München<br />
19.2. Lausanne (CH)<br />
22.2. Lausanne (CH)<br />
24.2. Lausanne (CH)<br />
26.2. Lausanne (CH)<br />
Hille Perl<br />
1.12. Darmstadt<br />
2.12. Stuttgart<br />
3.12. Berlin<br />
28.1. Bad Säckingen<br />
29.1. Neuss<br />
30.1. Freiburg<br />
5.2. Duisburg<br />
q<br />
Emerson String<br />
Quartet<br />
20.1. Genf (CH)<br />
22.1. Zug (CH)<br />
23.1. Ludwigshafen<br />
Juilliard Quartet<br />
15.1. Leer<br />
18.1. Würzburg<br />
Hagen Quartett<br />
1.12. Wien (A)<br />
25.1. Groningen (NL)<br />
26.1. Kaiserslautern<br />
27.1. Freiburg<br />
28.1. München<br />
1.2. Salzburg (A)<br />
2.2. Wien (A)<br />
s<br />
Mikhail Simonyan<br />
29.1. Bielefeld<br />
30.1. Münster<br />
31.1. Berlin<br />
Baiba Skride<br />
1.12. Innsbruck (A)<br />
2.12. Innsbruck (A)<br />
18.1. Heidelberg<br />
Martin Stadtfeld<br />
13.1. Köln<br />
16.1. Viersen<br />
17.1. Braunschweig<br />
18.1. Hamburg<br />
26.1. Grünwald/<br />
München<br />
27.1. Stuttgart<br />
29.1. Nürnberg<br />
3.2. Frankenthal<br />
4.2. Essen<br />
8.2. Wuppertal<br />
9.2. Wuppertal<br />
25.2. Bad Wildungen<br />
26.2. München<br />
t<br />
Nikolai Tokarev<br />
4.12. Erlangen<br />
10.12. München<br />
8.1. Zug (CH)<br />
15.1. Bremen<br />
16.1. Bremen<br />
17.1. Bremen<br />
v<br />
Jan Vogler<br />
16.12. Saarbrücken<br />
18.12. Saarbrücken<br />
8.2. Wuppertal<br />
Klaus Florian Vogt<br />
29.11. Frankfurt<br />
14.12. Dresden<br />
17.12. Dresden<br />
30.12. Berlin<br />
31.12. Berlin<br />
5.1. München<br />
8.1. München<br />
12.1. München<br />
21.1. Berlin<br />
27.1. Berlin<br />
w<br />
Carolin Widmann<br />
11.1. Winterthur<br />
(CH)<br />
20.1. Berlin<br />
27.1. Salzburg (A)<br />
29.1. Salzburg (A)<br />
30.1. Salzburg (A)<br />
4.2. Salzburg (A)<br />
17.2. Amsterdam<br />
(NL)<br />
23.2. Halle<br />
Alle Tourneedaten fortlaufend<br />
aktualisiert und<br />
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a<br />
John Abercrombie &<br />
Marc Copland<br />
19.1. Neustadt<br />
20.1. Braunschweig<br />
22.1. Wien (A)<br />
b<br />
Battles<br />
6.12. Frankfurt/Main<br />
7.12. Berlin<br />
Dean Brown<br />
3.12. Tilburg (NL)<br />
4.12. Berlin<br />
10.12. Wien (A)<br />
12.12. Basel (CH)<br />
13.12. München<br />
14.12. Zülpich<br />
15.12. Kassel<br />
16.12. Rotterdam (NL)<br />
17.12. Minden<br />
c<br />
Uri Caine Acoustic<br />
Trio<br />
21.1. Amsterdam (NL)<br />
24.1. München<br />
26.1. Antwerpen (B)<br />
28.1. Neuburg<br />
29.1. Wien (A)<br />
Paul Carrack &<br />
SWR Big Band<br />
6.12. Mannheim <br />
7.12. Tuttlingen <br />
8.12. Karlsruhe <br />
9.12. Stuttgart <br />
14.12. Willstädt <br />
15.12. Zürich<br />
d<br />
Barbara Dennerlein<br />
2 7.1 . K l e v e<br />
e<br />
Echoes Of Swing<br />
6.12. Duisburg<br />
7.12. Witten<br />
17.12. Zürich (CH)<br />
31.12. Elmau<br />
Sidsel Endresen &<br />
Humcrush<br />
8.12. Wien (A)<br />
9.12. München<br />
10.12. Dresden<br />
11.12. Bern (CH)<br />
13.12. Köln<br />
14.12. Tilburg (NL)<br />
15.12. Essen<br />
h<br />
Pablo Held Trio<br />
13.12. Mannheim<br />
17.12. Villingen<br />
20.1. Hamburg<br />
3.2. Dortmund<br />
21.2. Berlin<br />
Jasper van’t Hofs<br />
Pili Pili<br />
12.1. Osnabrück<br />
13.1. Detmold<br />
14.1. Hannover<br />
15.1. Bremen<br />
16.1. Hamburg<br />
17.1. Bochum<br />
18.1. Bonn<br />
19.1. Mannheim<br />
20.1. Ravensburg<br />
21.1. Frick (CH)<br />
22.1. Karlsruhe<br />
24.1. Wien (A)<br />
25.1. Ingolstadt<br />
26.1. Frankfurt/Main<br />
27.1. Tübingen<br />
28.1. Bayreuth<br />
i<br />
Dieter Ilg<br />
27.1. Neunkirchen<br />
28.1. Gschwend<br />
29.1. Biberach<br />
4.2. Donaueschingen<br />
8.6. Oldenburg<br />
j<br />
Äl Jawala<br />
2.12. Rostock<br />
7.12. Potsdam<br />
8.12. Schwerin<br />
9.12. Dresden<br />
10.12. Plauen<br />
11.12. Bamberg<br />
15.12. Kiel<br />
16.12. Lübeck<br />
17.12. Flensburg<br />
JazzIndeed &<br />
Michael Schiefel<br />
15.1. Berlin<br />
17.1. Karlsruhe<br />
18.1. München<br />
20.1. Ulm<br />
21.1. Villingen<br />
k<br />
Klazz Brothers<br />
4.12. Nürnberg<br />
8.12. München<br />
9.12. Vilsbiburg<br />
10.12. Minden<br />
28
11.12. Hameln<br />
12.12. Bargteheide<br />
13.12. Peine<br />
16.12. Bünde<br />
17.12. Bochum<br />
21.12. Hannover<br />
22.12. Berlin<br />
Besondere<br />
Hörempfehlungen<br />
l<br />
Lisbeth Quartett<br />
10.12. Bad Salzhausen<br />
12.12. Leipzig<br />
1.2. Saarbrücken<br />
5.2. Kiel<br />
Jeff Lorber<br />
1.12. Dresden<br />
2.12. Berlin<br />
5.12. Aschaffenburg<br />
6.12. Tilburg (NL)<br />
7.12. Tilburg (NL)<br />
8.12. Zoetermeer (NL)<br />
11.12. Krefeld<br />
13.12. Leverkusen<br />
19.12. Wien (A)<br />
Jeff Tweedy, Mikael<br />
Jorgensen: Americana<br />
mit Stehlampe<br />
POETICA DIE SINNLICHSTE<br />
VERSCHMELZUNG VON<br />
POESIE & KLASSIK<br />
So hat man Klassik & Poesie noch nie gehört:<br />
Hannes Jaenicke, Martina Gedeck, Ina Müller,<br />
Ulrich Tukur und viele weitere Stars lesen ihre<br />
Lieblingsgedichte, untermalt und verwoben<br />
mit passender klassischer Musik. Die CD bildet<br />
und ist Balsam für die Ohren zugleich.<br />
m<br />
Nils Petter Molvaer<br />
2.12. Nürtingen<br />
3.12. Wien (A)<br />
n<br />
Nighthawks<br />
17.1. Kiel<br />
18.1. Wilhelmshaven<br />
19.1. Hamburg<br />
r<br />
radio.string.<br />
quartet.vienna<br />
7.12. Fürstenfeld<br />
8.12. Gauting<br />
9.12. Pullach<br />
21.1. Dortmund<br />
2.2. Steyr (A)<br />
3.2. Feldafing<br />
4.2. Innsbruck (A)<br />
5.2. Salzburg (A)<br />
t<br />
Blick zurück:<br />
Bohème Blues<br />
Wilco, München<br />
Am Vorabend, meint John Tweedy,<br />
hätten sie in einem Opernhaus<br />
gespielt. Nun also Zirkus, er finde<br />
das gut. Ein Quäntchen Koketterie<br />
schwingt da mit, aber das stört niemanden.<br />
Schließlich sind Wilco dafür<br />
bekannt, mit den Zeichen des Establishments<br />
zu spielen, nicht vehement,<br />
eher dezent. So halten es die<br />
Chicagoer Post-Folk-Rocker auch im<br />
Münchner Circus Krone. Das Konzert<br />
findet vor einem zerknitterten Samtvorhang<br />
statt, Tweedy selbst präsentiert<br />
sich im Anzug mit Hut, und die<br />
Musik wirkt angenehm eingängig. Ein<br />
bisschen moderne Bohème trifft Varieté,<br />
ein wenig Stadtblues intellektuelle<br />
Spielarten des Countrysounds<br />
und aktuelles Repertoire wie „I Might“<br />
und „One Sunday Morning“ reichlich<br />
Lieder früherer Jahre. Der Spaß an<br />
der Musik besteht dabei nicht nur in<br />
der verschmitzten Verkleidung USamerikanischer<br />
Alltäglichkeiten, sondern<br />
auch in den Querschlägern, die<br />
die angedeutete Harmonie relativeren.<br />
So sägt Gitarrist Nels Cline immer<br />
dann in den Wohlklang, wenn dieser<br />
zu bieder zu werden droht. Und<br />
Glenn Kotche setzt der akustischen<br />
Heimeligkeit drastische Schlagzeugexkurse<br />
entgegen. Das ist die Haltung,<br />
weshalb Wilco derzeit zu den<br />
Lieblingen der Kritik gehörten. Und<br />
das sorgt auch für das Vergnügen,<br />
das das Publikum mit zwei Stunden<br />
Americana für Fortgeschrittene hat.<br />
<br />
Ralf Dombrowski<br />
JAZZ FOR DINNER 3<br />
Die schönsten Songs für einen stimmungsvollen<br />
Abend auf einer Doppel-CD. Wundervolle<br />
Songs aus Pop und Jazz ausgewählt von der<br />
Brigitte-Redaktion. Mit Künstlern wie Norah<br />
Jones, Lyambiko, Melody Gardot, Rumer, Jamie<br />
Cullum, Till Brönner, Silje Nergaard und vielen<br />
anderen Stars.<br />
Tamikrest<br />
1.12. Erlangen<br />
2.12. Geislingen<br />
3.12. Aarau (CH)<br />
4.12. Bern (CH)<br />
5.12. Frankfurt/Main<br />
6.12. Heidelberg<br />
8.12. Köln<br />
9.12. Stuttgart<br />
12.12. Berlin<br />
Ralph Towner &<br />
Paolo Fresu<br />
8.2. Dudelange (L)<br />
9.2. Trier<br />
10.2. Berlin<br />
14.2. Esslingen<br />
u<br />
Gebhard Ullmann<br />
Conference Call<br />
1.12. Wien (A)<br />
2.12. Dachau<br />
3.12. Taubenbach<br />
5.12. Krems (A)<br />
6.12. Marburg<br />
7.12. Münster<br />
8.12. Karlsruhe<br />
9.12. Eschen (FL)<br />
10.12. Lausanne<br />
(CH)<br />
w<br />
Ernie Watts Quartet<br />
2.12. Neuburg<br />
3.12. Göppingen<br />
4.12. Basel (CH)<br />
9.12. Siegen<br />
10.12. Frankfurt/<br />
Main<br />
SCHÖNHERZ & FLEER<br />
BEST OF RILKE PROJEKT<br />
Die schönsten Gedichte Rainer Maria Rilkes<br />
in Zusammenklang mit den bewegenden<br />
Kompositionen von Schönherz & Fleer.<br />
Jetzt gibt es das Beste aus 10 Jahren Rilke<br />
Projekt auf einer CD, mit Hardy Krüger, Xavier<br />
Naidoo, Iris Berben, Ben Becker, Nina Hagen,<br />
Montserrat Caballé u.v.a.<br />
29<br />
www.sonymusicclassical.de
der Promihörer<br />
Gert Scobel<br />
Kulturzeit, ARD-Morgenmagazin, inzwischen<br />
eine wöchentliche Wissensrunde<br />
bei 3sat. Das geht nur, wenn man<br />
sich die Neugier erhält. Auch auf Musik.<br />
Welche Platte haben Sie sich als<br />
erste selbst gekauft?<br />
Das war das blaue Album von den<br />
Beatles, das ich dann die nächsten<br />
Jahre rauf und runter gehört habe<br />
(und das jetzt erstaunlicherweise<br />
mein Sohn hört).<br />
Welches Instrument haben Sie<br />
gelernt?<br />
Lernen? Na ja. Eher dilettieren.<br />
Gitarre bei einem Freund, der<br />
klassische Gitarre lernte und extrem<br />
gut war (ich habe dann viel<br />
später und viel schlechter in einer<br />
Band gespielt). E-Bass im Selbstversuch.<br />
Klavier beim Pfarr-Organisten,<br />
eine elende Erfahrung,<br />
die nur anderthalb Jahre dauerte.<br />
Im Anschluss dann bis heute<br />
(leider) nur alleine. Trompete<br />
zunächst als Autodidakt (was<br />
die vielen technischen Mängel<br />
erklärt) und in der Zeit, in der ich<br />
Morgenmagazin moderiert habe,<br />
bei Manfred Schoof (danke!!!).<br />
Was war Ihr bisher eindrucksvollstes<br />
Konzerterlebnis?<br />
Es gab einige. Das stärkste vielleicht,<br />
weil es ein Erlebnis voller<br />
Wucht war, das mich noch Wochen<br />
danach wach gemacht hat,<br />
war Eric Clapton in Frankfurt.<br />
Ansonsten glaube ich Emil Gilels<br />
in Berkeley (für rund drei Dollar,<br />
als Student).<br />
Sind Sie auch mal selbst als Musiker<br />
aufgetreten?<br />
Mit den Nachbarjungs in der üblichen<br />
Garagenband (mit alten<br />
Radios und frisierten Bandmaschinen<br />
als Verstärkern) – und<br />
später mit einer Band aus Studentenkollegen<br />
bei Festen und<br />
im Jugendclub. Wir haben einige<br />
Jahre zusammen gespielt.<br />
Was singen Sie am liebsten unter<br />
der Dusche?<br />
Nichts. Ich will das nicht hören.<br />
Mein Hund erst recht nicht. Und<br />
der Rest der Welt vermutlich auch<br />
nicht. Aber ich gebe zu: Manchmal<br />
singe ich ziemlich laut im<br />
Auto.<br />
Mit welchen Songs bringt man Sie<br />
auf die Tanzfläche?<br />
Mit so gut wie keinem. James<br />
Brown vielleicht, „Sex Machine“.<br />
Mit welchen wieder herunter?<br />
Mit so ziemlich allem. Übrigens<br />
auch mit allem, was wirklich gut<br />
ist – dann höre ich lieber zu.<br />
Mit welcher Platte testen Sie die<br />
Belastbarkeit ihrer Boxen?<br />
Carolyn Mas, „Sittin’ In The Dark“.<br />
Und Bruce Springsteen: „Racing<br />
In The Street“.<br />
Was läuft bei Ihnen zum Sonntagsbrunch?<br />
Kommt wirklich auf meine Stimmung<br />
an. Ich höre anders als beim<br />
Essen gerne durcheinander: Da<br />
kann Chopin sich mit Kings of<br />
Convenience und Nils Landgren<br />
abwechseln.<br />
Wessen Stimme könnten Sie ewig<br />
lauschen?<br />
Barbara Hendricks. Und Barbra<br />
Streisand.<br />
Der beste Soundtrack zum Joggen:<br />
Alles was den richtigen Rhythmus<br />
zum Laufen hat, was gerade<br />
neu ist. Und seltsamerweise Rolling<br />
Stones.<br />
Ihr Lieblingsinstrumentalist:<br />
Nicht sehr innovativ, das zu sagen:<br />
Aber auch hier wechselt die<br />
Präferenz – nicht zuletzt mit dem<br />
Instrument. Im Moment wieder<br />
Chet Baker. Gefolgt von Trombone<br />
Shorty, Murray Perahia und<br />
Michael Rische.<br />
Welche Musik haben Sie sich als<br />
letztes gekauft?<br />
Wilco („The Whole Love“) sowie<br />
Carl Philipp Emanuel Bach,<br />
Klavierkonzerte Wq 23, Wq 112/1,<br />
Wq 31, gespielt von Michael<br />
Rische, den ich für den besten<br />
deutschen Pianisten halte.<br />
Bei welcher Musik bekommen Sie<br />
Ganzkörperausschlag?<br />
Bushido, der jetzt auch noch einen<br />
Integrationsbambi erhalten hat.<br />
Wen integriert der eigentlich?<br />
Ihr Album für die einsame Insel:<br />
Genesis „Trick of the Tail“, Mozarts<br />
„Moll-Klavierkonzerte“ und<br />
„Islands“ von Benny Bailey (sorry,<br />
aber ich kann nicht mit einem Album<br />
auf eine Insel).<br />
Sind Sie eher der High-End – oder<br />
der MP3-Typ?<br />
Definitiv High-End – obwohl ich<br />
im Zug oder Flugzeug natürlich<br />
MP3 höre, notgedrungen.<br />
Nach welchen Kriterien ordnen<br />
Sie ihre Plattensammlung?<br />
Nach Genre. Blöd wird das nur,<br />
wenn sich etwas überlappt, besonders<br />
bei Klassik.<br />
Welchen Songtext können sie auswendig?<br />
Dadada.<br />
Erscheinungstermin der nächsten Ausgabe: 9. Februar 2012<br />
Foto: Jürgen Bauer<br />
30
wieder label des jahres<br />
ECHO Jazz 2010 & 2011<br />
get the spirit of jazz - highlights 2011:<br />
landgren der jazz-romatiker:<br />
„wer zuhört kann kaum anders,<br />
als vom charme dieser musik<br />
hingerissen zu sein“ (stern)<br />
„ein phänomen“ (sz): polens<br />
populärster jazzer verneigt sich<br />
vor dem urvater des polnischen<br />
jazz, krzysztof komeda.<br />
ein naturereignis an den tasten<br />
(jazzthing): „jazzalbum des<br />
jahres“ der deutschen schallplattenkritik<br />
hits von bob marley, janis<br />
joplin, led zeppelin, cream<br />
und den beatles im unwiderstehlichen<br />
world-jazzsound.<br />
nils landgren<br />
the moon, the stars and you<br />
ACT 9505-2<br />
leszek możdżer<br />
komeda<br />
ACT 9516-2<br />
iiro rantala<br />
lost heroes<br />
ACT 9504-2<br />
nguyên lê<br />
songs of freedom<br />
ACT 9506-2<br />
gospel durchdrungen, blues<br />
und soul durchtränkt: sand<br />
singt klassiker von nina simone<br />
bis bill withers. mit raul midón.<br />
musikalischer liebesbrief an<br />
herbie hancock: tolstoy interpretiert<br />
klassiker und 80er<br />
funk-songs aus dessen feder.<br />
das erfolgsalbum der besten<br />
internationalen sängerin 2011<br />
(echo jazz) plus bonus cd mit 4<br />
bisher unveröffentlichten titeln.<br />
„bewegendes hörerlebnis“<br />
(rondo): „mit den ideen dieses<br />
albums bestreiten andere<br />
künstler ihre komplette karriere“<br />
(stern)<br />
ida sand<br />
the gospel truth<br />
ACT 9518-2<br />
viktoria tolstoy<br />
letters to herbie<br />
ACT 9519-2<br />
youn sun nah<br />
same girl collector’s edition<br />
ACT 6012-2 (2 CD-set)<br />
caecilie norby & lars danielsson<br />
arabesque<br />
ACT 9723-2<br />
20 jahre ACT: jubilee nights mit der ACT family band in kooperation mit karsten jahnke:<br />
mit nils landgren, caecilie norby, michael wollny, lars danielsson, nguyên lê,<br />
wolfgang haffner, verneri pohjola, céline bonacina vom 2.2. - 5.2. in berlin, münchen,<br />
düsseldorf und hamburg<br />
ACT „piano - piano“ clubtour vom 7. - 12.2. u.a. mit leszek możdżer, yaron herman,<br />
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