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PDF (4,1 MB) - SONO

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Musik für erwachsene Hörer<br />

www.sonomagazin.de<br />

DEZE<strong>MB</strong>ER 2011 / JANUAR 2012<br />

Tony Christie<br />

Nicht Schlager,<br />

sondern Soul -<br />

das neue Image<br />

des Entertainers<br />

80.000 Ex.<br />

ni ls<br />

landgren<br />

Posaunist mit Botschaft,<br />

Funk und Feeling<br />

Kate Bush<br />

Reflexionen über<br />

Schnee, Musik<br />

und Klang<br />

Tarja Turunen<br />

Finnische Klassik<br />

mit Heavy Metal im<br />

Stammbaum<br />

Außerdem: Nina Hagen, Lady<br />

Antebellum, Mischa Maisky u. a.<br />

Und wie immer: CD-Besprechungen<br />

und Tourneedaten aus Pop, Rock,<br />

Klassik und Jazz!


Rock und Pop Klassiker die man haben muss…<br />

THE KINKS<br />

Kinks in Mono<br />

Kinks in Mono – versammelt die ersten<br />

7 Studioalben in den Original Mono Mixen auf CD,<br />

3 extra CDs und einem 32seiten Booklet mit seltenen<br />

Bildern. Abgerundet wird das ganze durch eine<br />

BOX in Form eines Monoplayers.<br />

U2<br />

Achtung Baby<br />

(20th Anniversary Super Deluxe Edition)<br />

Inkl. dem Studioalbum digital remastered,<br />

dazu 5 weitere CDs mit bis dato unveröffentlichten<br />

Tracks, Remixes, B-Sides etc., die Dokumentation<br />

“From The Sky Down“ und 3 weitere<br />

DVDs und einer 4LP Vinyl Box<br />

THE WHO<br />

Quadrophenia - limitierte Super Deluxe Edition<br />

4-CDs mit dem original Doppel-Album neu gemastert und 25<br />

unveröffentlichten Demotracks aus Pete Townshends Archiven.<br />

Zudem eine Audio-DVD mit der ‚The Quadrophenia’<br />

5.1 EP, eine 7”-Single des Hitsongs ‚5.15’ b/w ‚Water’ in<br />

einem Picturesleeve und ein 100-seitiges Hardcoverbuch<br />

ROLLING STONES<br />

Some Girls (Limitierte Super Deluxe Edition)<br />

Some Girls - das Erfolgsalbum von 1978 endlich remastered, inkl.<br />

12 unveröffentlichten Songs auf 2 CD + DVD + 7“ Beast of Burden<br />

Vinyl, 100-seitiges Hardcoverbuch mit bisher ungesehenen<br />

Helmut Newton Fotos, Prints, Poster und Postkartenset<br />

www.universal-music.de


inhalt<br />

Ein Jahr geht zu Ende, ein neues<br />

bricht an. Unwägbarkeiten stehen<br />

ins Haus, Finanzkrise, Terror,<br />

Unsicherheiten überall. Erstaunlich<br />

eigentlich, dass sich die Künstler<br />

nicht unterkriegen lassen und produktiver sind<br />

denn je. Sie antworten mit wichtigen Aufnahmen<br />

wie Kate Bush, mit persönlichem Einsatz wie Nils<br />

Landgren in Kibera, mit Benefiz wie die Jazzer für<br />

Japan. Einige Beispiele für Engagement haben<br />

wir im aktuellen <strong>SONO</strong> dokumentiert. Sie sind<br />

Schlaglichter, Wegweiser für alle, die nicht wissen,<br />

wohin mit ihren Energien. Denn die Botschaft<br />

lautet: Nicht reden, sondern handeln! Wenn das<br />

mal keine guten Vorsätze sind für 2012!<br />

Ihr Ralf Dombrowski, Chefredakteur<br />

Mit Jazz For Japan<br />

bekennen amerikanische<br />

Musiker Farbe 13<br />

die sono-liste<br />

Klassik trifft die E-Gitarre -<br />

und beide verstehen sich 14<br />

Für Emmanuel Pahud ist<br />

Friedrich der Große, weniger<br />

Monarch als Künstler 16<br />

Der Cellist Mischa Maisky<br />

reist mit Tochter Lily<br />

musikalisch nach Spanien 18<br />

9Kluge<br />

Männer<br />

Titel: Sebastian Schmidt, Dean Chalkley, Eugenio Mazzinghi; Foto: EMI/Josef Fischnaller<br />

t r ailer<br />

News aus der Welt der Musik 4<br />

leserpost / Impressum<br />

Was einmal gesagt werden muss 5<br />

Der Posaunist Nils Landgren<br />

ist Überzeugungstäter,<br />

als Musiker und Humanist 6<br />

Die starken Frauen Kate Bush,<br />

Nina Hagen und Alison Moyet<br />

sagen, wo es lang geht 8<br />

Die klugen Männer Johannes<br />

Strate, Niels Frevert und Peter<br />

Licht zeigen Alternativen 9<br />

Das Trio Lady Antebellum<br />

hat holt Folk und Country<br />

Music aus der Nische 10<br />

neue gesichter<br />

Anna Depenbusch singt freche<br />

Lieder, Angelika Niescier<br />

spielt kraftvoll Saxofon 11<br />

Unterwegs sind Lucio Dalla<br />

und Tony Christie mit neuer<br />

Musik und neuem Image 12<br />

Zuerst sang Tarja Turunen<br />

Heavy Metal, jetzt liebt sie<br />

leisere Töne 19<br />

CD-Rezensionen Rock, Pop & Co.<br />

Steven Wilson, Bob Dylan, Deep Purple,<br />

Lou Reed, R.E.M, Seal, The Who u.a. 20<br />

CD-Rezensionen Klassik<br />

Münchner Bachsolisten, Janina Fialkowska<br />

Pera Ensemble, Martin Stadtfeld,<br />

Trio Parnassus 22<br />

CD-Rezensionen Jazz & world<br />

James Carter Organ Trio, Frank Sinatra,<br />

Gianluigi Trovesi & Gianni Coscia u.a. 23<br />

schatzkiste<br />

Neue Boxsets von Leonard Cohen,<br />

Dusty Springfield und Can 24<br />

Mediamix<br />

Neue Editionen und DVDs von King<br />

Crimson, Motörhead und Paul McCartney 26<br />

Tourneen Pop<br />

The Bosshoss, Die Fantastischen Vier,<br />

Chris Rea, David Sylvian u.a. 27<br />

Tourneen Klassik<br />

Quatuor Ebène, Sol Gabetta, Simone<br />

Kermes, Carolin Widmann u.a. 27<br />

Tourneen Jazz<br />

Pablo Held, Dieter Ilg, Jeff Lorber,<br />

Tamikrest, Ralph Towner u.a. 29<br />

Promi-Hörer: gert scobel<br />

steht Rede und Antwort 30<br />

E x t r a :<br />

16 Seiten <strong>SONO</strong> plus<br />

10 Lady<br />

Antebellum<br />

16 Emmanuel<br />

Pahud<br />

18 Mischa &<br />

Lily Maisky<br />

3


Trailer<br />

Thomas Quasthoff (l.) verzichtet auf Swing, Sylvester Stallone (r.)<br />

lässt inzwischen andere sich prügeln und außerdem singen<br />

Versuchsballon in England<br />

für Andy Sheppards „Saxophone<br />

Massive“ (oben);<br />

Michael Jackson (l.) wäre<br />

heute reicher denn je<br />

Schlussakkorde für zwei Meister: Jazzschlagzeuger Paul Motian (l.)<br />

und Kabarettist Georg Kreisler (r.) traten von der Weltbühne ab<br />

Thomas Quasthoff singt<br />

nicht mehr. Zumindest<br />

keinen Jazz. Denn so leid<br />

es ihm tue und so viel Spaß ihm<br />

die improvisierende Musik auch<br />

mache, sagt der Bassbariton, so<br />

schwierig sei es doch auf der anderen<br />

Seite, die beiden Klangwelten<br />

technisch auf Dauer zu vereinen.<br />

Während der vergangen<br />

fünf Jahre hatte sich Quasthoff<br />

mit den Alben „Whatch What<br />

Happens“ (2007) und „Tell It Like<br />

It Is“ (2010) ins benachbarte musikalische<br />

Lager vorgewagt und<br />

war im vergangenen Sommer<br />

dafür sogar mit einem Echo Jazz<br />

ausgezeichnet worden.<br />

Andy Sheppard hingegen hat<br />

Großes vor. Der britische Saxofonist<br />

plant zusammen mit dem<br />

Schweizer Cully Jazz Festival und<br />

den Stanser Musiktagen ein Konzert<br />

der Superlative. Es trägt den<br />

Titel „Saxophone Massive“, dauert<br />

etwa 30 Minuten und vereint<br />

im April 2012 100 Saxofonisten auf<br />

den Bühnen der beiden Festivals.<br />

Dafür suchen die beiden Festivals<br />

noch Saxofonisten, Amateure wie<br />

Profis, die Zeit und Lust auf die<br />

Proben und Aufführungen am<br />

18. und 19.April 2012 haben. Die<br />

Bewerbungen laufen bis zum 23.<br />

Dezember (www.cullyjazz.ch).<br />

Dann wird sich zeigen, wie viele<br />

Hörner sich am Genfer See versammeln.<br />

Sylvester Stallone hat sechs<br />

Kinofilme lang als Boxer Rocky<br />

Balboa seinen Mann im Ring<br />

gestanden. Nun wechselt er die<br />

Fronten und fungiert als Co-Produzent<br />

eines Sport-Musik-Spektakels.<br />

Im November 2012 soll in<br />

Hamburg „Rocky – Das Musical“<br />

Premiere haben. Grundlage der<br />

Story sind Stallones Kinofilme,<br />

und damit das ehrgeizige Projekt<br />

auch überzeugend wirkt,<br />

wurden mit den Brüdern Vitali<br />

und Wladimir Klitschko und<br />

dem Fight-Choreographen Steven<br />

Hoggett gleich drei weitere Profis<br />

als Co-Produzenten und Berater<br />

verpflichtet.<br />

Im Herbst sterben die Leut’. Auch<br />

im vergangenen November sind<br />

zwei große alte Herren von der<br />

Weltbühne abgetreten, deren<br />

Kunst über Jahrzehnte hinweg<br />

Spuren in der Kulturszene hinterlassen<br />

hat. Am 22. November erlag<br />

der Schlagzeuger Paul Motian im<br />

Alter von 80 Jahren in New York<br />

einer Knochenmarkserkrankung.<br />

Über ein halbes Jahrhundert hinweg<br />

hat er als Stilist, Ästhet und<br />

Mentor die Klangsprache des Jazz<br />

Die zahl<br />

170 Mio.<br />

US-Dollar hat Michael Jackson nach<br />

Schätzungen des Magazins ‚Forbes‘<br />

postum während des vergangenen<br />

Jahres verdient. Damit ist der im Juni<br />

2009 gestorbene Sänger erneut der<br />

Topverdiener unter den verblichenen<br />

Stars, auch wenn er sein Vorjahresergebnis<br />

von 275 Millionen US-Dollar<br />

nicht übertreffen konnte.<br />

geprägt. Motian war in der Lage,<br />

Swing und Reduktion, Präsenz<br />

und Abstraktion so stimmig zu<br />

verknüpfen, dass er schon in den<br />

späten 50ern die erste Wahl für<br />

das legendäre Bill Evans Trio war.<br />

Seitdem blieb er in der Riege der<br />

verhaltenen Innovatoren eine Autorität,<br />

ein Stoiker am Schlagzeug,<br />

der bis kurz vor seinem Tod aktiv<br />

in den Studios und Clubs von<br />

Manhattan mitmischte.<br />

Der Kabarettist Georg Kreisler<br />

starb ebenfalls am 22. November<br />

im Alter von 89 Jahren in Salzburg.<br />

Kreisler hatte vieles erlebt,<br />

als Sohn eines jüdischen Anwalts<br />

aus Wien die Vertreibung durch<br />

die Nazis ebenso wie als US-<br />

Soldat den Untergang des alten<br />

Europas. Er arbeitete als Autor,<br />

Sänger, Pianist, schrieb Texte wider<br />

die Niederungen des menschlichen<br />

Geistes und dabei auch<br />

manche Hymne des modernen<br />

Kabaretts. Ob „Tauberln vergiften<br />

im Park“ oder „Wie schön wäre<br />

Wien ohne Wiener“, „Zwei alte<br />

Tanten tanzen Tango“ oder sein<br />

„Musikkritiker“ – Georg Kreisler<br />

fand den passend sarkastischen<br />

Ton als Meister der kunstvollen<br />

Eskalation.<br />

Foto: Sony BMG/Sam Emerson, A. Reimer<br />

4


leserPost<br />

Ein bisschen Ironie<br />

Betrifft: Keith Jarrett in <strong>SONO</strong> 5/11<br />

Klasse Jarrett-Artikel, by the way! Präzise Analyse<br />

mit einer Prise Ironie im Unterton. „ ...<br />

und schuf vor allem mit dem pathostrunkenen<br />

Kölner Konzert einen Monolithen der künstlerischen<br />

Selbstoffenbarung“. Das bringt’s genau<br />

auf den Punkt, warum immer noch so viele<br />

diese Platte mögen.<br />

Frankie Forster, Rheydt<br />

Falscher Johnny Marr<br />

Betrifft: Mediamix <strong>SONO</strong> 5/11<br />

Reingefallen! Da musste bei der Bildbeschriftung<br />

von der Besprechung der The Smiths-<br />

Box mal wieder Andy Rourke als Johnny Marr<br />

herhalten. Aber da sind Sie bestimmt nicht<br />

die erste Redaktion, der diese Verwechslung<br />

unterläuft. Und an der Musik der Briten ändert<br />

das ja nichts. Die finde ich immer noch<br />

unerreicht, vor allem als Morrissey und Marr<br />

noch zusammen spielten.<br />

Rainer Klose, Köln<br />

Mobile Zukunft<br />

Betrifft: <strong>SONO</strong> digital<br />

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht,<br />

das <strong>SONO</strong> Magazin auch als App anzubieten?<br />

Ich habe mir vor kurzem so ein Tablet gekauft<br />

und bin ganz begeistert von den vielen Möglichkeiten,<br />

die das Gerät bietet. Ich könnte mir<br />

gut vorstellen, Ihr Magazin auch in digitaler<br />

Form zu lesen.<br />

Ingrid Schultes, via iPad<br />

Musikbücher<br />

Betrifft: <strong>SONO</strong>Plus 5/11<br />

Mein Gott, wie sah denn Paul McCartney damals<br />

aus? Diese Bilder von der letzten Beatles-Welttournee<br />

im <strong>SONO</strong>plus sind ja echte<br />

Raritäten. Überhaupt hätte ich es ganz gerne,<br />

wenn Sie noch ein bisschen mehr Musikbücher<br />

in ihre Artikel aufnehmen könnten. Das ist so<br />

schön zum Schmökern.<br />

Christine Huber, Straubing<br />

Ihre meinung<br />

ist uns wichtig!<br />

Haben Sie Fragen, Kritik, Anregungen oder Ergän-<br />

zungen zu den Artikeln in <strong>SONO</strong>? Dann schreiben<br />

Sie uns – die Redaktion freut sich auf ihr Feedback<br />

unter post@sonomagazin.de oder per Post an<br />

Inmedia, Redaktion <strong>SONO</strong>, Lucile-Grahn-Str. 37,<br />

81675 München<br />

U2<br />

FROM<br />

THE<br />

SKY<br />

DOWN<br />

DIE U2 DOKUMENTATION<br />

ZUR ENTSTEHUNG IHRES<br />

BAHNBRECHENDEN<br />

ALBUMS „ACHTUNG BABY“<br />

Directed by<br />

Davis Guggenheim<br />

verlosung<br />

Dusty Springfield<br />

in schwarz-weiß<br />

Dusty Springfield war die<br />

Königin des britischen Soul,<br />

eine Ikone der 60er Jahre. Und<br />

sie ist auch das Schmuckstück<br />

des aktuellen Gewinnspiels,<br />

als edel auf Leinwand gezogenes<br />

Bild im Format 38 x 30 cm.<br />

Wir verlosen drei Exemplare dieser Fotorarität,<br />

die nicht nur ins nostalgische Wohnzimmer passt.<br />

Einfach eine Postkarte mit dem Stichwort „Dusty<br />

Springfield“ abschicken an: Inmedia, Redaktion <strong>SONO</strong>,<br />

Lucile-Grahn-Str. 37, 81675 München.<br />

Einsendeschluss ist der 20. Dezember 2011.<br />

Impressum<br />

Verlag: INMEDIA Verlagsund<br />

Redaktionsbüro GmbH<br />

Lucile-Grahn-Str. 37<br />

81675 München<br />

Telefon 089 / 457 261-0<br />

Fax 089 / 457 261-50<br />

Mail post@sonomagazin.de<br />

Herausgeber: Günter F. Bereiter<br />

Redaktion: Ralf Dombrowski<br />

(r.dombrowski@inmedia.de,<br />

Tel. 089 / 457 261-41)<br />

Autoren dieser Ausgabe: Svevo<br />

Bandini, Ralf Dom browski, Guido<br />

Fischer, Sascha Fröhlich, Heiko Große,<br />

Paul Hammerthal, Jörg Laumann,<br />

Reinhard Lemelle, Felix Marondel,<br />

Gunther Matejka, Severin Mevissen,<br />

Christiane Rebmann, Michael Sailer,<br />

Hans-Jürgen Schaal, Robert Wallner<br />

Bildredaktion: Fritz Osskar<br />

Termine: Andra Limmer<br />

Design: Arndt Knieper<br />

Produktion: Viola Müller-Hergerdt<br />

Anzeigenmarketing:<br />

Maren Kumpe (m.kumpe@inmedia.de,<br />

Tel. 089 / 457 261-35)<br />

Abo + Vertrieb:<br />

Susanne Lanzinger<br />

(s.lanzinger@inmedia.de,<br />

Tel. 089 / 457 261-45)<br />

Druck: Augsburger Druckhaus ADV<br />

Aindlinger Str. 17–19, 86167 Augsburg<br />

<strong>SONO</strong> erscheint 6x jährlich<br />

5<br />

DER DIRECTOR’S CUT<br />

MIT UNVERÖFFENTLICHTEM<br />

BONUSMATERIAL<br />

AUF DVD UND BLU-RAY<br />

AB JETZT<br />

www.universal-music.de<br />

www.u2.com


Nils Landgren<br />

Mission Accomplished<br />

Fünf Jahre hat Nils Landgren das JazzFest Berlin<br />

geleitet, jetzt bricht für das schwedische Multitalent<br />

eine neue Ära an. Von Wolf Kampmann<br />

Der Schwede Nils Landgren hat den<br />

Funk europäisiert. Das kann man<br />

gut finden oder nicht. Fakt ist, dass<br />

die Jazzlandschaft zwischen Nordkap und Sizilien<br />

ohne den polarisierenden Skandinavier<br />

eine andere wäre. Nils Landgren hat eiserne<br />

Prinzipien. Er ist bedingungslos der gehobenen<br />

Unterhaltung verpflichtet, seine unmissverständliche<br />

Botschaft ist gute Laune.<br />

In Jazzkreisen kommt das nicht immer gut<br />

an. Doch selbst seine größten Kritiker müssen<br />

ihm bescheinigen, dass er dabei stets absolut<br />

authentisch ist. Wer sich auf den blonden<br />

Skandinavier einlässt, bekommt hundert<br />

Prozent Nils Landgren, egal ob als Posaunist,<br />

Bandleader oder Festivalmacher. In den Augen<br />

des leidenschaftlichen Botschafters wider<br />

den tierischen Jazzernst blitzt unverstell-<br />

Noch schüchtern, aber den Blick nach vorn:<br />

Nils Landgren 1983 in Amsterdam, lange<br />

bevor er mit der Funk Unit bekannt wurde<br />

te Lebensfreude auf, wenn es um seine Musik<br />

geht. Doch wenn er Kritik einstecken muss,<br />

ändert sich sein Gesichtsausdruck. Plötzlich<br />

wird er zum aufmerksamen Zuhörer, der das<br />

Gehörte auf der Stelle und ohne jede Selbstgefälligkeit<br />

konstruktiv umsetzt, als ginge es um<br />

eine Live-Improvisation mit seiner Band.<br />

Vier Jahre war der Schwede beispielsweise<br />

Leiter des altehrwürdigen JazzFests Berlin.<br />

Er setzte damit eine Tradition fort, die zuvor<br />

von Joachim Ernst Berendt,<br />

George Gruntz, Albert Mangelsdorff<br />

und Peter Schulze<br />

ganz unterschiedlich ausgelegt<br />

worden ist. Landgren<br />

setzte eigene Akzente. Anders<br />

als Mangelsdorff ließ<br />

er es sich nicht nehmen,<br />

mit seinem Red Horn auch<br />

spielerisch in Erscheinung<br />

zu treten, wann immer es<br />

sich anbot. Er suchte weder<br />

die Provokation wie Peter<br />

Schulze, noch fahndete er<br />

überall auf der Welt nach<br />

neuen Idiomen des Jazz wie<br />

George Gruntz. Und den<br />

monolithischen Pioniergeist<br />

von Berendt hatte er<br />

schon gar nicht. Vielmehr<br />

machte er sich das Logo des<br />

Festivals zu eigen: ein Fest<br />

für den Jazz. Er wollte vor<br />

allem das Publikum hinter<br />

sich bringen. Dabei musste<br />

er lernen, dass Harmonie<br />

nicht immer Eintracht sät.<br />

„Ich bin Skandinavier. Ich<br />

ziehe den Konsens immer<br />

dem Streit vor, was soll ich<br />

machen“, bekennt der Posaunist<br />

mit einer Mischung<br />

aus Trotz und Resignation.<br />

„Das kann man sicher auch<br />

Vororthilfe<br />

Funk for Life<br />

In Kibera leben rund 250.000 Menschen<br />

unter katastrophalen Bedingungen.<br />

Trinkwasser ist rar, Müllhaufen<br />

gehören zum Straßenbild des Slums<br />

in Nairobi. Krankheiten breiten sich in<br />

rasanter Geschwindigkeit aus, es fehlt<br />

am Allernötigsten. Deshalb engagiert<br />

sich dort die humanitäre Organisation<br />

Ärzte ohne Grenzen. Und deshalb<br />

sammelt auch Nils Landgren Geld<br />

und Instrumente, um den Menschen<br />

vor Ort zu helfen. Mehr noch: Er reist<br />

regelmäßig nach Kibera, gibt gratis<br />

Konzerte und zeigt vor allem den<br />

Kindern und Jugendlichen, dass Musik<br />

eine Alternative sein kann. Denn mehr<br />

noch als Soforthilfe brauchen die<br />

Menschen Perspektiven. „Funk For<br />

Life“ ist eine davon.<br />

kritisieren, aber ich kann ja nicht meine Persönlichkeit<br />

ändern.“<br />

Nach Berlin<br />

Den Job als Festivalleiter in Berlin hat Landgren<br />

Anfang November erfolgreich beendet.<br />

Sein viertes Festival in Folge und sein fünftes<br />

insgesamt – er hatte das JazzFest bereits 2001<br />

mit einem Skandinavien-Schwerpunkt kuratiert<br />

– war Gelegenheit, sich eine Reihe persönlicher<br />

Wünsche zu erfüllen. Jetzt gilt es,<br />

in die Zukunft zu schauen. Vor dem international<br />

aufgestellten Bandleader liegt jede Menge<br />

Musik. Noch Ende dieses Jahres nimmt er<br />

in Schweden eine CD mit Weihnachtsliedern<br />

auf, Anfang nächsten Jahres folgen ausgedehnte<br />

Touren nach China, Japan und in die<br />

USA. In dieser Hinsicht mag es geradezu befreiend<br />

sein, das jährliche Hauptstadtspektakel<br />

vom Hals zu haben. Seine Verantwortung<br />

für die Zukunft des Jazz hat er aber nicht am<br />

Ausgang der Berliner Festspiele abgegeben.<br />

„Wir müssen darauf achten, die Jugend ins<br />

Boot zu holen. Der Jazz ist eine aussterbende<br />

Musikform, da müssen wir verantwortungsvoll<br />

handeln. Ansonsten<br />

bleibt uns irgendwann das<br />

Publikum weg.“<br />

Allerdings ist Mr. Red<br />

Horn, wie er gelegentlich<br />

wegen seiner roten Posaune<br />

genannt wird, der<br />

Letzte, der sich über Publikumsschwund<br />

zu beklagen<br />

hätte. Seine Auftritte<br />

sind große Partys. Mit<br />

seinen Platten hingegen<br />

polarisiert der Mann des<br />

großen Ausgleichs derzeit<br />

wie kaum ein anderer im<br />

europäischen Jazz. Was<br />

er selbst als Suche nach<br />

Konsens deklariert, entpuppt<br />

sich bei genauerem<br />

Hinsehen oft als mutiger<br />

Grenzgang. Damit ist noch<br />

nicht einmal seine ABBA-<br />

Hommage „Funky ABBA“<br />

von 2004 gemeint, denn<br />

die drängt sich bei einer<br />

schwedischen Frohnatur<br />

wie Landgren ja regelrecht<br />

auf. Viel weiter lehnte er<br />

sich aus dem Fenster, als er<br />

2001 mit seiner Band Funk<br />

Unit auf der CD „Fonk Da<br />

World“ Herbie Hancocks<br />

Scratch-Hymne „Rockit“<br />

und „Riders On The Storm“<br />

6


Auf der Bühne liebt er die<br />

Kraft: Mr. Red Horn blies im<br />

vergangenen Oktober im<br />

Berliner Kammermusiksaal<br />

den Soul<br />

von The Doors coverte. Da mag der Spaß vielleicht<br />

ein wenig zu weit gegangen sein, doch<br />

zeigten diese beiden Songs auch, dass Landgren<br />

sich weder von der Jazzpolizei noch von<br />

den Wächtern des Pop beirren lässt.<br />

So ist der singende Posaunist immer wieder<br />

für handfeste Überraschungen gut. Erinnert<br />

sei an die stimmungsvollen Duo-Alben<br />

mit seinem Landsmann Esbjörn Svensson vor<br />

der Jahrtausendwende und an seine jüngst erschienene<br />

Arbeit mit dem deutschen Pianisten<br />

Michael Wollny. Das Partyvolk dürfte er<br />

indes am meisten mit der CD „Salzau Music<br />

„Wir müssen die Jugend<br />

ins Boot holen. Jazz<br />

ist eine aussterbende<br />

Musikform“<br />

On The Water“ verwirrt haben, die er 2006<br />

gemeinsam mit Vibrafonist Christopher Dell<br />

und Bassist Lars Danielsson zu früher Stunde<br />

in einem offenen Pavillon über einem Teich<br />

in Salzau aufgenommen hat. Die drei Musiker<br />

verwandeln die Morgenstimmung in eine<br />

freie Improvisation, im Hintergrund singen<br />

Vögel, und selbst die Sonne glaubt man aufgehen<br />

zu hören. Nils Landgren voller Andacht<br />

und Demut in den mystischen Abgründen des<br />

Seelenklangs – einer der ergreifendsten Jazzmomente<br />

des zurückliegenden Jahrzehnts.<br />

Seine Mission auf dem JazzFest ist erfüllt, vor<br />

ihm liegen unendliche Weiten.<br />

Neu erschienen: Nils Landgren: „The Moon,<br />

The Stars And You“ (ACT/EDEL KULTUR)<br />

7


Starke Frauen<br />

Schnee von morgen<br />

Es gibt noch viel zu erkämpfen, nicht nur in Aufsichtsräten,<br />

sondern auch in der Musik. Deswegen<br />

machen die Mütter des Pop mobil und präsentieren<br />

sich überzeugender denn je. Drei Beispiele.<br />

diese Weise vielleicht mehr Aufmerksamkeit<br />

bekommen“. So gibt es Hits zu hören, aber auch<br />

Lieder wie „One More Time“ von 2007. Der<br />

Knüller aber ist die Bonus-CD, die ein knappes<br />

Dutzend Songs in kraftvolle, selbstbewusste<br />

Jazz- und Soulästhetik packt. Das ist die Alison<br />

Moyet, die man hören möchte. Von wegen<br />

abgehakt. <br />

Sascha Fröhlich<br />

erfreulich rockig übrigens, zuweilen aus der<br />

Zeit gefallen, wenn sie „Wir sind das Volk“ zu<br />

kräftigen Gitarrenriffs skandiert. Das ist Musik,<br />

die aus einem eigenen Kosmos herüberschallt,<br />

erfrischend verwegen in ihrer Individualität.<br />

<br />

Ralf Dombrowski<br />

Nina Hagen ist immer für einen Ausfall<br />

gut: „Was heißt da Publikum? Bei mir pupst<br />

niemand! Ich spiele für Menschen!“, poltert<br />

die Grande Dame der Provokation ins Mikrofon<br />

und fährt fort, ihre Botschaften von Jesus<br />

und der Liebe zu bewerben. Das hat etwas<br />

Putziges, aufs Ganze betrachtet, schließlich<br />

ist Nina Hagen mit 56 Jahren eigentlich aus<br />

dem Alter der Albernheiten heraus. Auf der<br />

anderen Seite aber ist sie eine der wenigen<br />

Künstlerinnen, denen man die lebenslange<br />

Exzentrik abnimmt. Vor allem ist sie eine<br />

Überzeugungstäterin. Schwer erkältet beim<br />

Pressetermin, lässt sie es sich nicht nehmen,<br />

einem Journalisten nach dem anderen zu erklären,<br />

was sie bewog, sich dem Gerne des Protestsongs<br />

zuzuwenden und, diesmal wieder auf<br />

deutsch, den Bogen von Bertolt Brecht bis Wolf<br />

Biermann zu schlagen. „Musik ist doch der<br />

Herzschlag des Lebens. Sie ist so wichtig, war es<br />

beispielsweise auch bei der Bürgerrechtsbewegung<br />

der DDR. Ein Volk hat immer eine Musik.<br />

Sie ist das, wo die Politiker nicht hinkommen.“<br />

Und deshalb nun ein Album mit „Volksbeat“,<br />

8<br />

Alison Moyet ist ein typisches Beispiel für<br />

selektive öffentliche Wahrnehmung. In grauer<br />

Wave-Pop-Vorzeit hatte sie mit Yazoo und als<br />

Solistin einige Hits und wurde nach der Hausse<br />

der frühen 80ger in die Asservatenkammer<br />

der Kulturgeschichte gesperrt. Von den Trendmagazinen<br />

als erledigt abgehakt, boten sich<br />

ihr aber neue Möglichkeiten. Alison Moyet<br />

entdeckte den Jazz, das Theater für sich und<br />

spielte in London in dem Musical „Chicago“.<br />

Außerdem machte sie weiter Platten, die aber<br />

kaum noch den Weg über den Kanal fanden.<br />

Wenn nun ihr Best-Of-Album mit „25 Years<br />

Revisited“ unterschrieben ist, dann macht das<br />

Sinn: „Als Künstler kann man sich eigentlich<br />

nicht selbst langweilig werden. Denn alles was<br />

man macht, prägt das eigene Leben. Wichtig<br />

sind für mich auch die späteren Sachen, die auf<br />

Kate Bush, wenn auch äußerlich klein und<br />

zierlich, gehört die 53-Jährige doch unbedingt<br />

in die Kategorie der starken Frauen. Denn<br />

schon früh hat sich die Engländerin entschieden,<br />

das Popspiel einfach nicht mitzuspielen.<br />

Tourneen sind rar, Singleshits scheinen sie<br />

nicht zu interessieren, und auch die Abstände<br />

zwischen ihren Veröffentlichungen werden<br />

immer länger. So dauerte es sechs Jahre, bis<br />

nach ihrem Doppel-Album „Aerial“ im vergangenen<br />

Frühjahr die CD „Director’s Cut“ mit<br />

recycelten Songs aus den 90erjahren erschien.<br />

Doch dabei blieb es nicht, denn nun folgt mit<br />

„50 Words For Snow“ ein Massiv von Album,<br />

ein düsteres, minimalistisches, experimentelles<br />

Werk, das an zeitgenössische Klassik<br />

und den späten Scott Walker erinnert. Die<br />

meisten Stücke sind um repetitive Klavierfiguren<br />

gebaut und entwickeln eine hypnotische<br />

Sogwirkung. Selbst Elton John, der auf<br />

einem Song als Gastsänger mitmischt, klingt<br />

hier bedrohlich. Wahrlich, für so ein Album<br />

muss man stark sein: als Künstlerin, aber auch<br />

als Hörer.<br />

Heiko Große<br />

Neu erschienen:<br />

Nina Hagen „Volksbeat“ (Koch/Universal)<br />

Alison Moyet „The Best Of – 25 Years<br />

Revisited“ (Sony)<br />

Kate Bush „50 Words For Snow“ (EMI)


Kluge Männer<br />

Verschmitzte Versteher<br />

Mann zeigt wieder Flagge. Eine junge Generation<br />

von Bekenntnispoeten erobert derzeit die musikalische<br />

Sympathienlandschaft. Drei Beispiele, melancholisch,<br />

verschmitzt, ein klein wenig unrasiert.<br />

Sprache gefunden, die dezente Opulenz in<br />

Klarheit packt und auf markante Weise mit<br />

Text-Klang-Kontrasten arbeitet. Und er erzählt<br />

Geschichten aus dem Leben nachdenklicher<br />

Männer, die einen eigenen Blick auf die Welt<br />

präsentieren. „Ich hasse Klischees, denn ich will<br />

den Leuten ja auch nichts vorkauen“, meint er<br />

selbst mit Tendenz zum Understatement. Dabei<br />

macht es viel Spaß, ihm auf die Nebenwege<br />

zu folgen. <br />

Ralf Dombrowski<br />

Du warst die, die immer rausstach / jetzt bist<br />

du nur noch mittendrin“, hat eben doch sein<br />

Ego im Blick, auch wenn es sich sanft gibt.<br />

Einmal Revolverheld, immer Revolverheld.<br />

<br />

Paul Hammerthal<br />

Johannes Strates Band heißt Revolverheld.<br />

Sie ist ein Vorzeigeprodukt der Popakademie<br />

in Mannheim, die sich der Karriereplanung<br />

junger Musiker verschrieben<br />

hat. Alles hat mit Revolverheld geklappt, die<br />

Combo verbuchte Hits, und nun macht der<br />

Sänger auch etwas Eigenes. „Die Zeichen<br />

stehen auf Sturm“ heißt sein Soloalbum mit<br />

mentalem Lagerfeuer für melancholische<br />

Stadtvaganten. Es kann als Modell für eine<br />

neue Ära der Reflexivität gehört werden. Denn<br />

Beziehungsromantik heute hat ihre eigenen<br />

Regeln der Umsetzung. Johannes Strate ist<br />

ein Vertreter alltagspsychologisch versierter,<br />

verständnisvoller Sanftgemüter, quasi der Gegenentwurf<br />

zu Machomythen versprühenden<br />

Muskelmännern à la Rammstein und tattoogegerbten<br />

Thekenkumpels nach dem Haudegenmuster.<br />

Er wirkt auf den ersten Blick wie ein<br />

Frauenversteher aus der Margarinewerbung,<br />

aber Vorsicht: Die Langmut hat ihre Tücken!<br />

Denn wer Zeilen singt wie: „Es tut mir weh,<br />

dich so zu sehen / doch ich kann den Schritt<br />

zurück nicht gehen / Wo ist geblieben, was dich<br />

ausmacht? / Wo ist das große Mädchen hin? /<br />

Niels Frevert ist der Flaneur unter den<br />

Liedermachern. Vielleicht sogar ein neuer Udo<br />

Lindenberg. Denn Frevert hat diese spezielle<br />

Lakonik im Ausdruck, den frei rhythmischen<br />

Schlendrian der Wortwahl, der Spontaneität<br />

antäuscht, dabei aber genau mit den Wirkungen<br />

der Sprache umzugehen versteht. „Ich<br />

finde den Vergleich mit dem frühen Udo sehr<br />

schmeichelhaft, zumindest wenn damit eine unprätentiöse<br />

Erzählweise gemeint ist, die in den<br />

Worten arbeitet, die der Sänger auch spricht.<br />

Da gibt es durchaus Parallelen.“ Aber natürlich<br />

auch viele Unterschiede. Denn Niels Frevert<br />

hat längst seine eigene Biografie als Referenz,<br />

von den frühen Aufnahmen mit Nationalgalerie<br />

bis hin zu seinem fünften Soloalbum „Zettel<br />

auf dem Boden“. Er hat eine musikalische<br />

Von Peter Licht gibt es kaum Fotos. Das<br />

passt zur Inszenierung, denn der Kölner<br />

Sänger und Konzeptkünstler ist mal Aphorist,<br />

mal Rhapsode. Er wirft Motive in den<br />

Raum, konkret, dann wieder eigenartig verschlüsselt.<br />

Es ist ein Spiel mit den Hülsen,<br />

mit Widersprüchen und Gewissheiten, die<br />

längst keine mehr sind. Damit hat er es inzwischen<br />

zu einem fünften Album und mehreren<br />

Szenehits gebracht. Nun gibt Peter Licht<br />

mit „Das Ende der Beschwerde“ neue Rätsel<br />

auf. „Begrabt mein iPhone an der Biegung des<br />

Flusses“, textet er, „da wo in der Mitte der Gesellschaft<br />

eine Kausalkette entspringt!“ Ein<br />

Hauch von Dada? Vielleicht in der Haltung<br />

wider den vordergründigen Ernst. Musikalisch<br />

gibt sich Peter Licht entspannt konventionell.<br />

Zieht man die Texte ab, bleibt ein wenig<br />

The Cure mit etwas 80er-Wave-Pop übrig,<br />

schmissig gespielt, aber bei weitem nicht so<br />

wagemutig, wie sich die Worte präsentieren.<br />

Doch das sind Anmerkungen, aber bestimmt<br />

keine Beschwerde.<br />

Sascha Fröhlich<br />

Neu erschienen: Johannes Strate „Die Zeichen<br />

stehen auf Sturm“ (Sony)<br />

Niels Frevert „Zettel auf dem Boden“ (Tapete)<br />

Peter Licht „Das Ende der Beschwerde“ (Motor)<br />

9


Lady Antebellum<br />

Country-Luft mit<br />

Stadt-Appeal<br />

Lady Antebellum kommen aus Nashville<br />

und sind mit ihrer Mischung aus Pop,<br />

Country und Rock inzwischen auch in<br />

Deutschland salonfähig. Ihr neues<br />

Album „Own The Night“ soll den Erfolgskurs<br />

fortsetzen. Von Christiane Rebmann<br />

Gerade haben Sie Ihr drittes Album herausgebracht.<br />

Sie sind ständig auf Tournee.<br />

Wann schreiben Sie Ihre Songs?<br />

Haywood: Wir nehmen Songwriter mit auf<br />

Tournee, die uns motiviert halten. Wenn<br />

man in Nashville wohnt, hat man automatisch<br />

viele Freunde, die in diesem Metier<br />

arbeiten. Wir laden jeweils einen oder zwei<br />

dieser Freunde ein, eine Woche mit uns zu<br />

reisen. Nach dem Mittagessen setzen wir<br />

uns gemeinsam hin und spielen uns gegenseitig<br />

unsere neuen Ideen vor. Auf die-<br />

Armen: Lady Antebel-<br />

Fünf Grammys in den<br />

se Weise haben wir für das jeweils nächste lum im Glück (2011)<br />

Album eine gute Auswahl zur Verfügung.<br />

Scott: Ja, es ist super. (lacht) Du hast einen Songwriter neben dir im Bus<br />

sitzen, der dich erwartungsvoll anstarrt und fragt: „Und was hast du?“<br />

Da fühlst du dich dann komisch, wenn du nichts vorweisen kannst.<br />

Also bleibst du am Ball.<br />

Wer hat Sie musikalisch inspiriert?<br />

Dave Haywood: Wir kommen ja aus dem Süden der USA, deshalb sind<br />

wir mit Classic Rock und Southern Rock aufgewachsen.<br />

Hillary Scott: Im Moment hören wir oft Coldplay. Aber ich liebe auch<br />

Soul. Einer der ersten Nicht-Country-Acts, die ich als kleines Mädchen<br />

gesehen habe, war Gladys Knight. Ihre Soul-Performance hat mich so<br />

beeindruckt, dass ich dachte: So möchte ich auch singen.<br />

Holen Sie sich Ihre Textideen aus den Beobachtungen dessen, was um<br />

Sie herum geschieht?<br />

Charles Kelley: Nein. In den Texten erzählen wir aus unserem eigenen<br />

Leben. Wir wollen nicht über einen Lebensstil schreiben, der weit entfernt<br />

ist von unserem eigenen und dem der Menschen um uns herum.<br />

Woher stammt eigentlich der Name?<br />

Kelley: Die Idee kam uns bei einer Fotosession. Wir zogen durch New<br />

Orleans und fotografierten uns gegenseitig. Dabei landeten wir vor einer<br />

dieser typischen großen Südstaatenvillen, die wir hier in den USA<br />

Antebellum-Häuser nennen.<br />

Weil sie aus der Zeit vor dem Sezessionskrieg stammen?<br />

Kelley: Genau. Und einer von uns sagte: „Das ist ja ein richtig<br />

schönes Antebellum-Haus“. Damals hatten wir gerade angefangen,<br />

Musik zu machen. Wir waren auf der Suche<br />

nach einem guten Bandnamen. Und das Wort blieb<br />

uns im Ohr hängen. Wir packten noch das<br />

Wort Lady davor.<br />

<br />

Neu erschienen: Lady Antebellum:<br />

„Own The Night“<br />

(Capitol/Sony)<br />

Vom Winde verweht:<br />

Hillary Scott,<br />

Dave Haywood und<br />

Charles Kelley


neue gesichter<br />

Angelika Niescier<br />

Kraftpaket mit Saxofon<br />

Diesmal ohne<br />

Band und<br />

Orchester: Anna<br />

Depenbusch<br />

[Jazz] Erstens ist Angelika Niescier nicht mehr ganz neu<br />

in der Szene, sondern hat etwa mit ihrem Quartett Sublim<br />

bereits die Jazzspezialisten überrascht. Zweitens ist<br />

sie auch nicht mehr so blutjung wie manch aufsteigendes<br />

Sternchen. Drittens aber ist die Saxofonistin mit polnischen<br />

Wurzeln eine der fulminanten Durchstarterinnen<br />

des vergangenen Jahres, die in der zeitgenössischen<br />

Moderne ebenso zu Hause ist wie im<br />

reflektierten Jazz der Gegenwart.<br />

„Quite Simply“ ist alles andere als<br />

einfache Musik, entwickelt aber<br />

eine mitreißende Kraft. Es ist ein<br />

Trio-Album, das alle Lügen straft,<br />

die behaupten, Komplexes müsse<br />

auch kompliziert klingen.<br />

<br />

Sascha Fröhlich<br />

Bläst der<br />

Szene den Jazz:<br />

Angelika Niescier<br />

Angelika Niescier<br />

„Quite Simply“<br />

(Enja/Soulfood)<br />

Anna Depenbusch<br />

Schnuckelchen mit Klavier<br />

[Chanson] Manches muss man<br />

zweimal machen. Eigentlich war „Die<br />

Mathematik der Anna Depenbusch“<br />

bereits ein schönes Album. Aber die<br />

Hamburger Sängerin war nicht zufrieden<br />

damit. Es rumorte in ihr, bis<br />

sie sich noch einmal hinsetzte und<br />

das ganze Programm wiederholte,<br />

alleine am Klavier. Und siehe da: Die<br />

Musik der Anna Depenbusch klingt<br />

solo „in schwarz-weiss“ reizvoller als<br />

zuvor. Ihre Lieder sind Chansons, die<br />

mit der Nähe spielen. Sie zehren vom<br />

Charme des Studentischen auf der<br />

einen und einer offensiven Poesie<br />

auf der anderen Seite. „Die Inspiration<br />

für die Lieder kommt aus meinem<br />

Umfeld. Es ist mein Alltag, der mir<br />

Ideen schenkt“, meint sie im Interview<br />

der beigelegten DVD. Vor allem<br />

aber ist es Depenbuschs lächelndes<br />

Spiel mit Sentimentalitäten, das<br />

beim Hören die Menschen umgarnt.<br />

<br />

Ralf Dombrowski<br />

Anna Depenbusch „Die Mathematik<br />

der Anna Depenbusch in<br />

schwarz-weiss“ (105 Music/Sony)<br />

Days Of Our Lives<br />

ALS DVD UND<br />

BLU-RAY<br />

Die brandneue Dokumentation<br />

zum 40. Jubiläum der Band<br />

AB JETZT<br />

www.universal-music.de<br />

mit bisher unveröffentlichtem Bonus-Material


tony christie · lucio dalla<br />

Der Crooner und der<br />

Cantautore<br />

Beide hatten ihre ersten Hits in den frühen 70ern. Und<br />

beide gehören seitdem zu den Konstanten des Showgeschäfts.<br />

Im Februar tourt Tony Christie, im<br />

März Lucio Dalla durch Deutschland. Eine Vorschau.<br />

Mehr Power als<br />

mancher junge<br />

Hüpfer: Tony<br />

Christie tourt<br />

mit British Soul<br />

Tony Christie – Silver Soul und<br />

goldener Groove<br />

Nur auf Tom Jones wird er nicht gerne<br />

angesprochen. Der sei schon ein<br />

guter Künstler, meint Tony Christie,<br />

aber er sehe kaum Parallelen zu dem, was er<br />

selbst mache. Vielleicht liegt der Vergleich<br />

auch vor allem aus deutscher Perspektive<br />

nahe. Denn hierzulande kennt man Tony<br />

Christie vor allem als Schlagersänger, der in<br />

frühen Radiojahren mit Songs wie „Is This<br />

The Way To Amarillo“ bekannt geworden<br />

war. In seiner Heimat England ist sein<br />

Image durchaus nicht so festgelegt. Dort<br />

gilt Christie als Crooner vom Fach, der<br />

Kollege Jones locker das Wasser reichen<br />

kann. Und deshalb ist es für ihn kein<br />

Imagewechsel, sondern bestenfalls<br />

ein Tuning der Außenwirkung,<br />

mit „Now’s The Time“ Soul und<br />

Adult Beat in den Mittelpunkt zu<br />

stellen. „Dieses Album hat mir die<br />

Chance gegeben, einfach ich selbst<br />

zu sein. Was könnte aufregender<br />

sein?“, meint er selbst und geht auf<br />

in der Rolle des Entertainers. Tatsächlich<br />

hat seine Musik etwas Zeitloses,<br />

pointiert verortet in der Welt des<br />

lockeren British Soul. Das macht Spaß,<br />

ist übrigens auch Tony Christies persönliches<br />

Geschenk zum 50. Bühnenjubiläum<br />

und die Grundlage der Tournee,<br />

die den Showman von 1. bis 8. Februar<br />

2012 nach Deutschland führt. Have<br />

fun! Now’s the time! Sascha Fröhlich<br />

Lucio Dalla – Canzone, Caruso<br />

und ein bisschen mehr<br />

Lucio Dalla macht sich rar. Er ist nur<br />

noch unterwegs, wenn er dazu Lust<br />

hat. Als Komponist und Sänger hat<br />

er längst ausgesorgt, als Klarinettist leistet<br />

er sich zuweilen ein wenig Jazz. Langweilig<br />

wird ihm nicht, Aufträge für Filmmusiken<br />

oder auch die Arbeit als Produzent für seine<br />

eigene Plattenfirma sorgen für genügend<br />

Abwechslung. Darüber hinaus darf man<br />

sich mit 68 Jahren zuweilen auch einmal zurücklehnen,<br />

das Leben genießen, einen guten<br />

Wein trinken und in die Sonne blinzeln. Der<br />

Sänger aus Bologna müsste also nicht mehr<br />

auf Tournee gehen, aber nach Jahren der Abstinenz<br />

reizt es ihn dann doch, sich mit einem<br />

Tross guter Musiker auf den Weg zu machen.<br />

Acht Konzerte wird Lucio Dalla in der zweiten<br />

Märzhälfte 2012 von Düsseldorf bis Berlin<br />

geben, mit großen Hits wie „Washington“<br />

und „Caruso“ im Gepäck, aber auch mit Songs<br />

von seinem neuen Doppel-Album „Questo E’<br />

Amore“ (Sony) im Programm. Denn was ein<br />

erfahrener Cantautore ist, der schreibt seine<br />

Reflexionen über die Schönheiten und Widrigkeiten<br />

des Lebens eben als Lieder nieder.<br />

Sie mögen vor allem von der Liebe handeln<br />

und nicht mehr so politisch sein wie am<br />

Anfang seiner Karriere, betörend aber sind<br />

sie allemal, besonders live auf der Bühne<br />

vom Lebenskünstler persönlich präsentiert.<br />

<br />

Paul Hammerthal<br />

Auf Tour: Alle Tourneetermine siehe Seite 27<br />

Mediterran mit<br />

Esprit: Lucio Dalla,<br />

Lebenskünstler<br />

Auf Tour: Alle Tourneetermine siehe Seite 27<br />

12


jazz für japan<br />

Unter Brüdern<br />

Der Erlös von „Jazz For Japan“ kommt<br />

den Erdbebenopfern von Fukushima<br />

zugute. Es ist ein Zeichen der Solidarität,<br />

aber auch eine Frage der Identität.<br />

Los Angeles hilft Fukushima:<br />

Studioszene mit Marcus Miller<br />

(6. v. l.) und vielen Freunden.<br />

Für den Jazz ist Japan<br />

wichtiger als viele andere<br />

Landstriche der Erde,<br />

denn abgesehen von Europa<br />

gibt es nirgendwo sonst ein vergleichbar<br />

treues und begeistertes<br />

Publikum. Als daher der Produzent<br />

Larry Robinson kurz nach<br />

der Natur- und Nuklearkatastrophe<br />

im März 2011 zum Hörer<br />

griff, um Jazzmusiker für ein Benefizalbum<br />

zu gewinnen, ließen<br />

sich Künstler nicht lange bitten.<br />

Innerhalb weniger Tage fanden<br />

sich gut zwei Dutzend Koryphäen<br />

von Billy Childs bis Marcus<br />

Miller und Tom Scott bis Steve<br />

Gadd im Studio ein, um ihre<br />

Kompetenz in den Dienst des<br />

guten Zwecks zu stellen. Insgesamt<br />

13 Stücke wurden aufgenommen,<br />

überwiegend Standards<br />

aus den 60ern, als sich der<br />

Jazz an sich noch als politisch<br />

verstand. Denn es war schnell<br />

klar, dass „Jazz For Japan“ auch<br />

das Engagement von Musikern<br />

an sich zum Thema machte. „Es<br />

geht dem Jazz ja nicht anders als<br />

dem Pop“, räsoniert Saxofonist<br />

Tom Scott. „Die Zeit der großen<br />

Songs ist vorbei, aber das heißt<br />

nicht, dass sie für alle Zeiten vorbei<br />

sein muss. Wir müssen die<br />

wichtigen Hits der Vergangenheit<br />

verstehen, um wieder zu lernen,<br />

mit unserer Musik Aussagen zu<br />

treffen.“ Ein Versuch, die ummauerten<br />

Schlafstädte der Kreativität<br />

zu verlassen. Vielleicht ist<br />

„Jazz For Japan“ auch ein Schritt<br />

in Richtung künstlerischer Identität.<br />

Zumindest setzt die Aktion<br />

ein Zeichen. Sascha Fröhlich<br />

Neu erschienen: V. A. „Jazz For<br />

Japan“ (Edel Content/Edel)<br />

„Es genügt, wenn man meine Melodien kennt. Meine Musik sagt ja alles, was ich zu sagen habe.”<br />

Bert Kaempfert<br />

LET’S GO BOWLING – ursprünglich nur als LP erschienen,<br />

gibt es dieses lange nicht erhältliche Album für alle Fans<br />

endlich auf CD – Good Life Music der besonderen Art.<br />

VINYL BOXSET: Vinyl-Single-Selection (1958-1969)<br />

40 Hits auf 20 Vinyl Singles und dazu ein tolles 24-seitiges<br />

Booklet. Das sind Bert Kaempferts Meisterwerke der<br />

1958-1969er.<br />

RE-RELEASES: Alle Original Katalog Alben komplett remastered von<br />

1958-1979 - “A Swingin’ Safari”, “Strangers In The Night”, “Blue Midnight” u. v. m. www.universal-music.de www.kaempfert.de


Die Sono-liste<br />

Sie glauben,<br />

E-Gitarre und<br />

E-Musik passen<br />

nicht zusammen?<br />

Manchmal geht es aber doch!<br />

Von Hans-Jürgen Schaal<br />

1. Mark-Anthony<br />

Turnage & John Scofield<br />

Scorched<br />

Der britische Komponist und<br />

Jazzfan Mark-Anthony Turnage<br />

meint, dass Miles Davis bedeutender<br />

sei als die serielle Musik.<br />

John Scofield ist sein Lieblingsgitarrist<br />

und inspirierte Turnage<br />

schon zu mehreren Werken,<br />

auch zu „Scorched“ („Scofield<br />

Orchestrated“). Ein gutes Dutzend<br />

Stücke des US-amerikanischen<br />

Kollegen hat Turnage für<br />

Orchester und Bigband weiterkomponiert,<br />

auf dem Notenpapier<br />

„improvisierend wie ein<br />

Jazzmusiker“, und das Scofield-<br />

Trio mischt seine eigenen Interpretationen<br />

hinein. Das Ergebnis<br />

hat Farbe und Drive. (Deutsche<br />

Grammophon, 2002)<br />

2. Steve Reich<br />

Triple Quartet u. a.<br />

Nach „Electric Counterpoint“,<br />

das Pat Metheny 1987 aufnahm,<br />

ist „Electric Guitar Phase“ das<br />

zweite Werk für E-Gitarre vom<br />

Minimal-Music-Meister Steve<br />

Reich. Aber was heißt hier E-<br />

Gitarre? Bei Metheny waren es<br />

einst satte elf Gitarrenstimmen,<br />

hier sind es immerhin noch vier<br />

Spuren, die der Gitarrist Dominic<br />

Frasca übereinander legt. Im<br />

Kern spielt er eine Viertelstunde<br />

lang ein einziges Motiv, das sich<br />

ständig minimal gegen sich selbst<br />

verschiebt und verkantet. Anders<br />

als die originale „Violin Phase“<br />

(1967) besitzt diese „Electric Guitar<br />

Phase“ einen ganz schön kräftigen<br />

Biss. (Nonesuch, 2001)<br />

Illustration: Fornfest<br />

3. Sonic Youth<br />

Goodbye 20th Century<br />

Die New Yorker Drei-Gitarren-<br />

Band zählt zu den anspruchsvolltsten<br />

Erscheinungen der<br />

experimentellen Noise-Szene.<br />

Hier haben sich Sonic Youth<br />

frech der Herausforderung der<br />

14


MATUTO Matuto<br />

Neuen Musik gestellt: Aleatorisches<br />

von John Cage, Steve Reich,<br />

James Tenney, Cornelius Cardew<br />

und anderen Neutönern erklingt<br />

so krachig, verhuscht und schrill<br />

wie selten. Pauline Oliveros lieferte<br />

dem Projekt sogar eine<br />

neue Komposition und widmete<br />

sie der Band. Nur für unerschrockene<br />

Gitarrenfans! (SYR, 1999)<br />

4. The New York Electric<br />

String Ensemble<br />

Drei Musiker, die kaum Noten<br />

lesen konnten, setzten sich 1967<br />

zusammen, um 13 Stücke von<br />

Bach, Telemann, Corelli, Purcell<br />

und Morley auf zwei E-Gitarren<br />

und einem E-Bass zu spielen.<br />

Der Gitarrensound mag ein wenig<br />

an die damaligen Byrds oder<br />

Doors erinnern, Lew Bottomlys<br />

linkshändige Gitarrenhaltung<br />

sogar an Jimi Hendrix denken<br />

lassen – aber ganz ohne Beispiel<br />

ist des Trios unerschütterliche<br />

Emotionslosigkeit in diesen<br />

elektrischen Alte-Musik-Interpretationen.<br />

Möglich wurde das<br />

provokante Teil nur dank dem<br />

wagemutigsten aller Freejazz-<br />

Labels. (ESP, 1967)<br />

5. Russo Three Pieces &<br />

Bernstein Symphonic<br />

Dances<br />

Der Dirigent Seiji Ozawa besuchte<br />

in den 1960er Jahren gerne den<br />

Bluesclub „Big John’s“ in Chicago,<br />

wo ihn die Siegel-Schwall<br />

Band, ein weißes Bluesquartett,<br />

so sehr begeisterte, dass er den<br />

Komponisten Bill Russo überredete,<br />

ein sinfonisches Werk rund<br />

um diese Band zu schreiben. Die<br />

„Three Pieces for Blues Band<br />

and Symphony Orchestra“ sind<br />

laut Russo einfach nur „89 Chorusse<br />

Blues“ – wenn auch nicht<br />

ganz gewöhnliche. Neben Corky<br />

Siegels Blues-Harp glänzt solistisch<br />

die perlende E-Gitarre von<br />

Jim Schwall, umrahmt von den<br />

Sinfonikern von San Francisco.<br />

(Deutsche Grammophon, 1973)<br />

6. Lepo Sumera<br />

Musica tenera u. a.<br />

In Estland ist Lepo Sumera (1950-<br />

2000) ein berühmter Name: Der<br />

erfolgreiche Komponist diente<br />

seinem Land in der schwierigen<br />

Übergangsphase zwischen 1988<br />

und 1992 sogar als Kulturminister.<br />

Damals entstand auch seine<br />

fünfsätzige 4. Sinfonie, geprägt<br />

von den Erschütterungen jener<br />

Jahre. Als besonderen Touch<br />

der „neuen Zeit“ integrierte Sumera<br />

eine E-Gitarre in den sinfonischen<br />

Klang: Sie tröpfelt im<br />

3. Satz in die gedämpfte Melancholie<br />

des Orchesters hinein und<br />

befreit sich dann – zusammen<br />

mit der Rhythmusabteilung – in<br />

einer großartigen „Cadenza per<br />

chitarra e percussioni“. (BIS,<br />

1994)<br />

7. Fred Frith Quartets<br />

Der Engländer Fred Frith gilt<br />

gleichermaßen als Ensemblekomponist<br />

wie als schräger Innovator<br />

der E-Gitarre. Beides<br />

verbindet er in seinem E-Gitarren-Quartettwerk<br />

von 1989 mit<br />

dem komplizierten Titel „The As<br />

Usual Dance Towards The Other<br />

Flight To What Is Not“. Jeder der<br />

acht Sätze erforscht eine andere<br />

Soundwelt der E-Gitarre: Da gibt<br />

es Schwebendes, Vitales, Klirrendes,<br />

Aggressives, Wohlklingendes.<br />

Durchsetzt ist Friths kammermusikalisches<br />

Kaleidoskop<br />

mit minimalistischen, rockigen,<br />

jazzigen und sogar balkanischen<br />

Anklängen. (RecRec, 1993)<br />

8. The Styrenes<br />

Terry Riley, In C<br />

Rileys „In C“ von 1964 zählt zu<br />

den Schlüsselwerken der frühen<br />

Minimal Music. Die Vorgabe sind<br />

53 Melodiefiguren („Patterns“),<br />

die nacheinander durchgespielt<br />

werden. Wie lange jeder einzelne<br />

Spieler bei einer Figur verweilt,<br />

ist ihm allerdings freigestellt: So<br />

entstehen unberechenbare polyrhythmische<br />

Verschränkungen<br />

zwischen den Patterns. Auch<br />

die Instrumentierung ist beliebig:<br />

Die Styrenes, echter US-Underground,<br />

spielen „In C“ ganz<br />

unklassisch mit vier E-Gitarren,<br />

Keyboards, Vibrafon, Bass und<br />

Drums. Das Stück endet, wenn<br />

alle bei Figur 53 angekommen<br />

sind. (Enja, 2002)<br />

9. The Robert Fripp<br />

String Quintet<br />

The Bridge Between<br />

Robert Fripp, Kopf der legendären<br />

Rockband King Crimson,<br />

ist ein Besessener seines Instruments.<br />

Gelegentlich versammelte<br />

er schon mal ein Dutzend<br />

Gitarristen für eine Art Kammermusik-Workshop-Band.<br />

Im<br />

String Quintet spielte er mit dem<br />

langjährigen Wegbegleiter Trey<br />

Gunn, der am Chapman-Stick<br />

etwa den Anfang von Bachs<br />

Chromatischer Fantasie herunterreißt,<br />

und dem California Guitar<br />

Trio, deren akustische Gitarren<br />

dank Pick-up fast wie Cembali<br />

klingen. Das erste Stück aus<br />

Bachs „Kunst der Fuge“ und die<br />

Orgel-Passacaglia sind auch mit<br />

dabei. (Discipline, 1993)<br />

10. Yngwie Johann<br />

Malmsteen<br />

Concerto Suite<br />

Irgendwann entdeckten die Saitenhexer<br />

des Heavy Metal, dass<br />

sie ja die wahren Paganinis unserer<br />

Zeit sind. Einer der gefürchtetsten<br />

Notenschleuderer der<br />

Metal-Gitarre, der Schwede Yngwie<br />

J. Malmsteen, schuf sich sogar<br />

seinen eigenen sinfonischen<br />

Kontext mit der zwölfsätzigen<br />

„Concerto Suite for Electric Guitar<br />

and Orchestra in E-flat Minor,<br />

op. 1“. Wie ein ganzer Hummelschwarm<br />

umtanzt Yngwies Gitarre<br />

die Tschechische Philharmonie<br />

Prag. Vielleicht keine große<br />

Musik, aber großartig frech!<br />

(Dream Catcher, 1999)<br />

Best-Nr.: GMC043 Best-Nr.: PSR004 Best-Nr.: GMC048<br />

Spektakulärer Mix von amerikanischem<br />

Bluegrass mit brasilianischer Perkussion,<br />

der auch die Jury der größten Weltmusikmesse<br />

Womex überzeugte.<br />

VONDA SHEPARD Solo<br />

Intim, direkt und unverstellt. Vonda<br />

Shepard präsentiert die besten Songs<br />

ihres Backkatalogs mit nichts als Klavier<br />

und ihrer kraftvollen Stimme.<br />

1.12. Hamburg, 3.12. Frankfurt, 4.12. Bochum,<br />

6.12. Dresden, 7.12. Berlin<br />

EVA JAGUN My Blue Hour<br />

Erstaunliches Debütalbum der Berliner<br />

Sängerin, die mit vielschichtigen Songs<br />

und einer unwiderstehlichen Stimme<br />

Ihre Version des Jazz mit Latin- und<br />

Bossa-Grooves präsentiert.<br />

2.2. PUC Puchheim, Jazz Around the World<br />

Galileo Music Communication GmbH<br />

Dachauer Str. 5-7 - 82256 Fürstenfeldbruck<br />

Tel +49 (0)8141 226 130 - Fax +49 (0)8141 226 133<br />

Email info@galileo-mc.de - www.galileo-mc.de<br />

KATJA WERKER Neuland<br />

Best-Nr.: T30022-2<br />

Nach dem großen Erfolg von „Contact<br />

Myself“ singt Katja Werker nun<br />

erstmals deutsch. Eindringliche, warme<br />

Folk-Pop-Songs gegen den kalten<br />

Winter.<br />

JANINE MAUNDER Blink<br />

Best-Nr.: T30023-2<br />

Die Sängerin von Naked Raven präsentiert<br />

ihr Solo-Debut. „Blink“ ist randvoll<br />

mit Kammer-Pop Juwelen, musikalisch<br />

abwechslungsreich und voll<br />

lyrischer Tiefe.<br />

15<br />

www.t3records.de


Korken am Revers:<br />

Emmanuel Pahud<br />

nimmt den großen<br />

Friedrich so ernst<br />

wie nötig<br />

Emmanuel Pahud<br />

Der Mann mit dem<br />

goldenen Atem<br />

Im Hauptberuf ist Emmanuel Pahud<br />

Erster Flötist bei den Berliner Philharmonikern.<br />

Anlässlich des 300. Geburtstags<br />

von Friedrich dem Großen wagt er eine<br />

musikalische Stippvisite nach Sanssouci.<br />

Von Guido Fischer<br />

So sah im 18. Jahrhundert vielleicht wirklich ein gepflegter<br />

Kammermusikabend am Hohenzollernhof<br />

aus. Die Damen haben sich rausgeputzt und ihre<br />

schönsten Hauben aufgesetzt. Die prachtvollen Kronleuchter<br />

funkeln im Kerzenschein. Und mittendrin: der<br />

Hausherr von Sanssouci, der gemeinsam mit seinen handverlesenen<br />

Hofmusikanten diese oder jene Flötensonate<br />

zum Besten gibt. Jeder hat diese Szene sicherlich schon<br />

einmal vor Augen gehabt, ob im Original, das in der Berliner<br />

Nationalgalerie hängt, oder als Reproduktion in den<br />

Standardwerken über den Monarchen.<br />

Im kommenden Jahr 2012 feiert man den 300. Geburtstag<br />

des Preußenkönigs, Feldherrn und Freund der Künste.<br />

Und der gebürtige Schweizer und erfahrene Flötist Emmanuel<br />

Pahud ist für sein musikalisches Geburtstagsständchen<br />

mit einem leichten Augenzwinkern in die Rolle Friedrichs<br />

geschlüpft. Im Booklet seiner Hommage „FlötenKönig“<br />

hat Pahud zwar einen schmucken Rock angelegt, wie<br />

er einst en vogue war. Doch statt edler Knöpfe sind bunte<br />

Metallplättchen von Champagnerkorken zu sehen – ein<br />

Augenzwinkern für die Gralshüter der Interpetation. Denn<br />

auch mit solchen optischen Kuriosa scheint sich Pahud<br />

von allen Hardlinern der historischen Aufführungspraxis<br />

absetzen zu wollen, die den Sound vergangener Epochen<br />

so authentisch wie möglich zu rekonstruieren versuchen.<br />

Schließlich geht es Pahud von jeher ausschließlich um den<br />

16


earMUSIC und Berlin Classics präsentieren:<br />

Atem der Musik. Den aber kann er eben am besten nur mit<br />

seiner modernen Querflöte einfangen.<br />

Herrschaftsklang und Geist der Freiheit<br />

Zusammen mit der Kammerakademie Potsdam sowie<br />

Altmeister Trevor Pinnock am Cembalo hat Pahud zwar<br />

auch Werke von Komponisten wie Bach-Sohn Carl Philipp<br />

Emanuel eingespielt, die damals am Hof von Sanssouci<br />

musizierten. Im Mittelpunkt steht aber der Flötist und<br />

Komponist Friedrich der Große. „Friedrichs Kompositionen<br />

zeichnen sich dadurch aus, dass sie pompös klingen, auf<br />

der anderen Seite aber schlicht gehalten sind“, so Pahud.<br />

„In ihnen spiegelt sich nicht nur der Privatmann Friedrich,<br />

sondern auch der Herrscher. Die Musik schafft, was der Geschichtsschreibung<br />

nur selten gelingt: sie verbindet, ganz<br />

ohne Worte, Privates und Politisches miteinander.“<br />

Ob empfindsam und galant, ob gedankenverloren innig<br />

und dann wieder virtuos – Emmanuel Pahud macht<br />

so selbst aus manch musikalischen Leichtgewichten Gehaltvolles,<br />

ja Wertvolles. Überraschend ist das andererseits<br />

nicht. Denn obwohl für ihn die Querflöte klanglich<br />

begrenzt ist, hat er aus ihr doch längst ein verblüffendes<br />

Allround-Instrument gemacht. Seit 1992 beweist Pahud das<br />

als 1. Soloflötist bei den Berliner Philharmonikern. Und<br />

wenn er nicht gerade mit Simon Rattle & Co. konzertiert,<br />

stürzt er sich vor allem als Kammermusiker in Abenteuer.<br />

Von Bach bis zum französischen Neue-Musik-Doyen Pierre<br />

Boulez sucht Pahud nach Herausforderungen und spielt<br />

schon mal mit Pianistin Hélène Grimaud zusammen. Im<br />

Jazz hat er es besonders mit seinem<br />

Kumpel Jacky Terrasson<br />

außerdem geschafft, aus der<br />

Querflöte stilechte Blue Notes<br />

kullern zu lassen. Dass Pahud<br />

das alles gelingt, liegt nicht zuletzt<br />

an einem Geheimnis, das<br />

er im Interview gelüftet hat:<br />

„Man muss sich vom Instrument<br />

befreien können, um jedes<br />

Werk zu jenem Leben zu erwecken,<br />

das der Komponist ihm<br />

gab.“ Kein Wunder, dass davon<br />

nun auch der alte Musikus<br />

Fritz profitiert. <br />

Neu erschienen: „FlötenKönig“,<br />

Emmanuel Pahud, Kammerakademie<br />

Potsdam, Trevor Pinnock<br />

u. a. (2 CDs, EMI Classics)<br />

D e r M u s e n k ö n i g<br />

Kunst trifft Politik<br />

Friedrich der Große galt als aufgeklärter<br />

Monarch. Das bedeutete für<br />

ihn, nicht nur in der Politik, sondern<br />

auch als Künstler bewandert zu sein.<br />

Adolph Menzel verklärte Friedrichs<br />

musikalische Passion postum mit<br />

einem 1852 entstandenen Genrebild.<br />

Das etwas andere<br />

Konzertvergnügen!<br />

Dabei immer beeindruckend:<br />

Tarjas einzigartige Stimme!<br />

Als Live-CD<br />

und Download:<br />

ab 25.11.2011<br />

Als Live-DVD/CD:<br />

ab 02.12.2011<br />

Als Blu-ray/CD:<br />

ab 02.12.2011<br />

I Cocer<br />

Live Sibelis Hll<br />

17<br />

www.tarjaturunen.com · www.facebook.com/tarjaofficial<br />

www.facebook.com/harusofficial<br />

www.ear-music.net · www.youtube.com/earMUSICofficial<br />

www.facebook.com/earMUSICofficial


Spanien als Herausforderung:<br />

Mischa und<br />

Lily Maisky widmen<br />

sich Albéniz, De Falla<br />

Granados und Ravel<br />

Mischa & Lily Maisky<br />

Feste Familienbande<br />

Eine starke Persönlichkeit sei sie, meint Cellist Mischa<br />

Maisky. Umso mehr könne er von seiner Tochter Lily<br />

lernen. Wie bei „¡España!“. Von Sascha Fröhlich<br />

Beziehungen und Querverbindungen<br />

gibt es zuhauf. Pablo Casals zum Beispiel,<br />

der Wiederentdecker des Cellos<br />

für die moderne Konzertmusik, war Katalane.<br />

Komponisten schrieben für ihn, er selbst<br />

sorgte durch seine Person und sein Engagement<br />

dafür, dass Spaniens Klangwelt im<br />

klassischen Kontext präsent war. Für seinen<br />

künstlerischen Nachfahren, den Cellisten<br />

Mischa Maisky, liegt es daher in mehrfacher<br />

Hinsicht nahe, sich mit der iberischen Tradition<br />

zu beschäftigen. „Da ich in Lettland an<br />

der Ostsee geboren bin, würde man von mir<br />

vielleicht ein anderes Temperament erwarten“,<br />

meint er im Interview. „Trotzdem fühle<br />

ich mich dieser Musik sehr nah. Und ich habe<br />

schon lange auf die Möglichkeit gewartet, ein<br />

Album mit diesen Stücken aufzunehmen.“ Dabei<br />

musste mit Umsicht vorgegangen werden.<br />

Denn auch wenn Maisky zu den derzeit profiliertesten<br />

Instrumentalisten seines Fachs<br />

gehört, so heißt das noch lange nicht, dass er<br />

jedes spanische Stück für Cello optimal umsetzen<br />

kann. So suchte er gezielt nach Kom­<br />

positionen wie etwa Manuel De Fallas „Suite<br />

populaire espagnole“, die den sanglichen<br />

Charakter seines Instruments betonten. Außerdem<br />

wählte er eine passende und zugleich<br />

herausfordernde Partnerin: seine Tochter<br />

Lily Maisky, die ihrerseits bereits als Pianistin<br />

international bekannt ist. „Dies ist unser<br />

erstes komplettes gemeinsames Album. Sie hat<br />

eine starke Persönlichkeit und oft ganz andere<br />

Vorstellungen von der Musik. Da lerne ich<br />

viel von ihr und bekomme ständig neue Anregungen.<br />

Auf diese Weise beeinflussen wir uns<br />

gegenseitig“. Und natürlich die Musik, denn<br />

„¡España!“ klingt auf entzückende Weise<br />

temperamentvoll und versöhnlich zugleich.<br />

Der warme, kantable Celloton, das selbstbewusste<br />

Klavier, dazu die entspannte Atmosphäre<br />

von Schloss Elmau in Oberbayern,<br />

wo die Aufnahmen entstanden, verbinden<br />

sich zu einer emphatischen Hommage an<br />

Albéniz, De Falla und deren Zeitgenossen,<br />

die schwärmerisch die spanische Romantik<br />

durchwandert.<br />

Neu erschienen: Mischa Maisky & Lily Maisky<br />

„¡España! - Songs And Dances From Spain“<br />

(Deutsche Grammophon/Universal)<br />

Foto: Bernard Rosenberg<br />

18


Foto: Eugenio Mazzinghi<br />

Tarja Turunen<br />

Eine für alle<br />

So etwas gibt es nur in Finnland: Die<br />

Kinder kennen Tarja Turunen vom<br />

Heavy Metal, die Eltern aus der Oper.<br />

Ein Konzert schlägt die Brücke zwischen<br />

den Generationen. Von Paul Hammerthal<br />

In bisschen Zufall gehört<br />

auch dazu. Im Winter 1996<br />

wurde die Gesangstudentin<br />

der Sibelius-Akademie Tarja<br />

Turunen von ihrem früheren<br />

Schulkameraden Tuomas Holopainen<br />

gefragt, ob sie beim einem<br />

akustischen Musikprojekt<br />

mitmachen wolle. Es entstand<br />

ein Demo mit Keyboards und<br />

Stimme, das im Freundeskreis<br />

gefiel. Bald gesellten sich der<br />

Gitarrist Emppu Vuorinen und<br />

Drummer Jukka Nevalainen zu<br />

dem Duo, die außer Spaß auch<br />

noch einen deutlich härteren<br />

Sound mitbrachten. Das war der<br />

Anfang von Nightwish, einer<br />

der erfolgreichsten Metalbands<br />

Finnlands der vergangenen eineinhalb<br />

Jahrzehnte. Für ihren<br />

Stil, der mit Bombast auf der einen<br />

und der klassischen Stimme<br />

auf der anderen Seite arbeitete,<br />

prägten Journalisten den Begriff<br />

„Opera Metal“. Das war missverständlich,<br />

denn genau genommen<br />

verstand sich Tarja Turunen<br />

nicht als Opernsängerin. Es<br />

öffnete aber die Türen renommierter<br />

Klassikbühnen ebenso<br />

wie großer Rockfestivals und<br />

so wurde Nightwish neben den<br />

Cello-Kollegen von Apocalyptica<br />

zu einem wichtigen Exponenten<br />

der finnischen Rockszene.<br />

Tarja Turunen war das nicht<br />

genug. Sie studierte weiter in<br />

Karlsruhe, tourte mit den Metal-<br />

Freunden um die Welt und sang<br />

zugleich Liedprogramme. Spannungen<br />

wuchsen innerhalb der<br />

Band, 2006 folgte die Trennung<br />

von Nightwish und zugleich ein<br />

Neuanfang als Solokünstlerin.<br />

In diesen Zeitraum fällt auch der<br />

Anfang ihres Projekts Harus mit<br />

dem Organisten Kalevi Kiviniemi,<br />

dem Gitarristen Marzi Nyman<br />

und Perkussionist Markku<br />

Krohn: „Als wir 2006 das erste<br />

Mal für ein Konzert zusammen<br />

kamen, hatten wir so viel Spaß<br />

und Freude an der Sache, dass<br />

wir beschlossen, als Gruppe weiterzumachen“,<br />

erinnert sich Turunen<br />

an die Anfänge.<br />

In mancher Hinsicht<br />

war es die Fortsetzung<br />

der Nightwish-Idee,<br />

denn auch bei Harus<br />

treffen die musikalischen<br />

Welten von<br />

geistlicher, klassischer<br />

und popfolkiger Klangtradition<br />

zusammen.<br />

Nur waren diesmal die<br />

stilistischen Kontraste<br />

nicht so hart. 2008<br />

tourte das Quartett mit<br />

Crossover mit<br />

vielen Wurzeln: Tarja<br />

Turunen ignoriert<br />

musika lische Grenzen<br />

Peter Gabriel AZ Sono 210 x 95:Layout 1 21.11.2011 10:45 am Seite 1<br />

Weihnachtsprogrammen durch<br />

Finnland, ein Jahr später entstand<br />

dann der Mittschnitt aus<br />

der Sibelius-Halle in Lathi. Er<br />

dokumentiert auf CD und DVD<br />

die Faszination, die von Tarja<br />

Turunen als Sängern jenseits<br />

der Kategorien ausgeht. Er ist<br />

aber auch schlicht das Souvenir<br />

eines atmosphärischen Abends,<br />

mit dem vier Musiker ein begeistertes<br />

Publikum bezauberten.<br />

Neu erschienen: Tarja Turunen &<br />

Harus „In Concert: Live At Sibelius<br />

Hall“ (CD/DVD, Ear Music/Edel)<br />

! www.petergabriel.com


POP, Rock & co<br />

Priscilla Ahn<br />

„When You Grow Up“<br />

BLUE NOTE/EMI<br />

[Folk/Pop/Jazz] Die junge Songwriterin<br />

aus Kalifornien sorgte<br />

bereits mit ihrem vor drei Jahren<br />

erschienenen Debütalbum<br />

„A Good Boy“ für einiges Aufsehen.<br />

Mit „When You Grow<br />

Up“ liefert Priscilla Ahn erneut<br />

eine eigensinnige und charmante<br />

Platte ab. Eingespielt wurden<br />

die zwölf Songs, an deren Entstehung<br />

Kolleginnen wie Sia Furler,<br />

Inara George, Eleni Mandell und<br />

Charlie Wadhams maßgeblich beteiligt<br />

waren, unter der Regie von<br />

Ethan Johns, der der Musikerin<br />

viele Freiräume lässt, die diese<br />

auch zu nutzen weiß. Vor allem<br />

Stücke wie der zerbrechlichen<br />

Midtempo-Hymne „Vibe So Hot“<br />

und der introvertierten Ballade<br />

„City Lights (Pretty Lights)“ verleiht<br />

Priscilla Ahn mit ihrer em ­<br />

pfindsamen Stimme eine faszinierende<br />

Tiefe. Zu den weiteren Höhepunkten<br />

dieses Albums zählt<br />

aber auch die faszinierend-vielschichtige,<br />

mit sanften Streicherklängen<br />

veredelte Nummer „Lost<br />

Cause“ sowie der ebenfalls ganz<br />

nach innen gekehrte „Elf Song“.<br />

Unspektakulär, aber schön.<br />

<br />

Robert Wallner<br />

Anspieltipps: „Lost Cause“, „City<br />

Lights (Pretty Lights)“ und „I Don’t<br />

Have Time To Be In Love“<br />

Bob Dylan<br />

„Pure – An Intimate Look<br />

At Bob Dylan“<br />

COLU<strong>MB</strong>IA/SONY<br />

[Folk] Braucht man wirklich<br />

noch eine weitere Dylan-Best-Of?<br />

Nein, natürlich nicht. Aber was<br />

20<br />

die pop-cd des monats<br />

Steven Wilson<br />

„Grace For Drowning“<br />

KSCOPE/EDEL<br />

Wenn zu einer Musik das Etikett „Prog-Rock“ passt, dann zu der von<br />

Steven Wilson. Und es macht wenig Unterschied, ob er mit Porcupine<br />

Tree am Start ist oder als Solokünstler. Denn der umtriebige<br />

und ästhetisch ehrgeizige Brite ist fasziniert von komplex strukturierten Klangräumen,<br />

die mit Erwartungshaltungen spielen und mal scharfe Kontraste,<br />

mal sanfte Melodien in den Vordergrund stellen. Seine musikalische Welt ist<br />

pathetisch, spielt mit Melancholie und Psychedelic, und da macht auch sein<br />

zweites Soloalbum „Grace For Drowning“ keine Ausnahme. Es ist nur noch ein<br />

wenig verwinkelter geworden, wohl auch unter dem Eindruck der Musik von<br />

King Crimson, mit deren Re-Edition Wilson neben seiner Arbeit als Bandleader<br />

und Komponist beauftragt wurde. Er experimentiert mit Klanglandschaften,<br />

mit Chören, Flächen, Sphären. Manche Episoden des Albums wirken eher wie<br />

Installationen als wie Lieder. Die Texte kreisen verhalten um das Horrorkabinett<br />

der Gefühle, um Verlorenheit und Enttäuschung, introvertiert, zuweilen<br />

lakonisch. Es ist nachdenkliche, manchmal schwülstige Musik, aber genau das<br />

wird von Steven Wilson erwartet. Denn er ist der Mann fürs Vertrackte, Verschlüsselte.<br />

Und das macht er gut. <br />

Ralf Dombrowski<br />

Info: Die BluRay-Version des Albums enthält neben der Musik auch einen<br />

Surround-Mix, Videos, zwei weitere Songs und in der Edelvariante außerdem<br />

ein Buch.<br />

wir wirklich brauchen (und was<br />

es in dieser Form bislang noch<br />

nicht gab), ist eine geschmackvolle<br />

Anthologie, die dem Neueinsteiger<br />

einen anderen Zugang abseits<br />

der Hits gewährt und auch den<br />

fortgeschritten Dylan-Aficionado<br />

dazu bringt, seinen Meister noch<br />

einmal neu zu entdecken. Genau<br />

das vermag „Pure“ – was vor allem<br />

am Kurator liegt. Dr. Hanns-<br />

Peter Bushoff, einer der besten<br />

Dylan-Kenner Deutschlands und<br />

zugleich bei Dylans Plattenfirma<br />

Sony Music beschäftigt, hat eine<br />

liebevolle wie kompetente Auswahl<br />

getroffen, die bislang noch<br />

nicht auf CD veröffentlichte Titel<br />

(wie etwa die Single-B-Seite<br />

„Trouble In Mind“) mit einigen<br />

essentiellen Albumtracks wie<br />

etwa „Girl From The North Country“<br />

und dem raren Live-Track<br />

„Moonshiner“ von 1962 zusammenbringt.<br />

Heiko Große<br />

Weiterhören: Die jüngsten Veröffentlichungen<br />

aus dem Hause Dylan<br />

sind „In Concert - Brandeis University<br />

1963 und die CD-Box „The Original<br />

Mono Recordings“<br />

The Who<br />

„Quadrophenia – Deluxe<br />

Edition“<br />

POLYDOR/UNIVERSAL<br />

[Rock] In den frühen 70ern<br />

entdeckten Rockmusiker das<br />

Erzählen. Ging es in der Generation<br />

Dylan/Hendrix noch um<br />

Politisches oder auch um das Muskelspiel<br />

der Virtuosen, so wurde<br />

mit dem Konzeptalbum und verwandten<br />

Formen wie Musical und<br />

Rockoper eine neue Tür zum großen<br />

Epos aufgestoßen. The Who<br />

hatten bereits 1969 mit „Tommy“<br />

einen Versuchsballon gestartet,<br />

der sich als erfolgreich erwies.<br />

Und so legte Pete Townshend 1973<br />

mit „Quadrophenia“, einer Geschichte<br />

über Pubertät und Identität<br />

im kleinbürgerlichen England,<br />

noch einmal nach. Wieder war die<br />

Begeisterung groß, und sie hält an<br />

bis heute. Nachdem die inzwischen<br />

reifen Herren im vergangenen<br />

Jahr das Werk bei einem<br />

umjubelten Wohltätigkeitskonzert<br />

live gespielt hatten, vertiefte sich<br />

Pete Townshend in die alten Bänder,<br />

remasterte und ergänzte sie<br />

um ein knappes Dutzend Demo-<br />

Versionen zum Album, die nun<br />

in die „Quadrophenia Deluxe Edition“<br />

integriert wurden. Manches<br />

klingt wie „Cut My Hair“ dabei gar<br />

frischer als die endgültige Version,<br />

wie überhaupt die ganze Musik<br />

im Angesicht der Prog-Rock-Welle<br />

unserer Tage erstaunlich unverbraucht<br />

und zeitgemäß wirkt. Das<br />

Beste für die Fans hat Townshend<br />

sich aber für das Booklet aufgespart.<br />

Denn da kündigt er an, dass<br />

The Who 2012 mit „Quadrophenia“<br />

auf Tournee gehen wollen. Und<br />

das wäre tatsächlich ein Grund<br />

zum Jubeln. Paul Hammerthal<br />

Info: „Quadrophenia“ erscheint als-<br />

Doppel-Vinyl, 2CD-Digipack und<br />

„Director’s Cut Super Deluxe Edition“<br />

mit weiteren Masterings, Buch, Fotos<br />

und einigen bisher unveröffentlichten<br />

Songs der Sessions.<br />

Seal<br />

„Soul 2“<br />

WARNER<br />

[Soul/Pop] Die Stelle war schon<br />

länger frei. Im Jahr 2003 starb mit<br />

Barry White einer der großen<br />

Soulsänger, der immer auch die<br />

enge Verbindung zum Pop gepflegt<br />

hat. Und von Bill Whiters<br />

wurde auch lange schon nichts<br />

mehr gehört. So braucht die Musikwelt<br />

jemanden wie Seal, der<br />

die Tradition des sanften, gefühlvollen<br />

Soul fortsetzt. Außerdem<br />

Produzenten wie Trevor Horn<br />

und David Forster, die ihm das


passende Studio-Klanggewand<br />

schneidern. „Soul 2“ ist nun die<br />

Fortsetzung des erfolgreichen<br />

Vorgängers von 2008, ein Kompendium<br />

der Evergreens von<br />

„Let’s Stay Together“ über „What’s<br />

Going On“ bis „Lean On Me“. Im<br />

Hintergrund wolkige Geigen im<br />

Philly-Sound, dazu ein wenig<br />

Motown-Feeling mit dezent arrangierten<br />

Bläsersätzen, klare<br />

und verlässlich groovende Beats<br />

schaffen einen vollmundigen<br />

Klangraum um Seals einprägsame<br />

und einfühlsame Stimme. Der<br />

Sänger selbst hat hörbar seinen<br />

Spaß daran, mit dem Idiom zu<br />

spielen. Das ist Musik mit viel<br />

Nostalgie im Konzept, die sich vor<br />

den Heroen des Genres verneigt.<br />

<br />

Paul Hammerthal<br />

Wissenswertes: Seal hat über<br />

zwei Jahrzehnte hinweg mehr als<br />

20 Millionen Platten verkauft.<br />

Weiterhören: Marvin Gaye, Isaac<br />

Hayes.<br />

Deep Purple<br />

„The BBC Sessions<br />

1968-1970“<br />

EMI<br />

[Rock] Zwar ist der Großteil der<br />

Aufnahmen, die Deep Purple zwischen<br />

1968 und 1970 für Radiosendungen<br />

der BBC einspielten, zuvor<br />

bereits auf Neueditionen der<br />

Studioalben dieser Ära sowie auf<br />

dem Boxset „Listen, Learn, Read<br />

On“ erschienen, doch liegen diese<br />

wichtigen Dokumente hier erstmals<br />

gesammelt und in chronologischer<br />

Reihenfolge vor. Besonders<br />

spannend wird diese frühe<br />

Phase des britischen Quintetts vor<br />

allem durch den stilistischen Wandel<br />

vom psychedelisch angehauchten<br />

Poprock hin zum urwüchsigen<br />

Hardrock. Dieser Übergang wird<br />

unter anderem in einer kraftvollen<br />

Version von „Bird Has Flown“ dokumentiert,<br />

einer der wenigen Gelegenheiten,<br />

bei denen Sänger Ian<br />

Gillan einen Song interpretierte,<br />

den ursprünglich sein Vorgänger<br />

Rod Evans gesungen hatte. „Ricochet“<br />

zeichnet zudem die Entstehung<br />

des späteren „Speed King“<br />

nach. Nicht nur für Purple-Fans<br />

eine mitreißende Zeitreise.<br />

Jörg Laumann<br />

Info: „The BBC Sessions 1968 –<br />

1970“ ist auch als Luxusedition erhältlich,<br />

die die Aufnahmen auf<br />

Doppel-LP und Doppel-CD enthält.<br />

Wissenswertes: Das Instrumental<br />

„Grabsplatter“ ist eine frühe Version<br />

der späteren Single-B-Seite „I’m<br />

Alone“.<br />

R.E.M.<br />

„Part Lies, Part Heart,<br />

Part Truth, Part Garbage,<br />

1982-2011“<br />

WARNER<br />

[Adult Rock] Kein Rosenkrieg,<br />

eher ein geordneter Rückzug.<br />

R.E.M. haben sich getrennt nach<br />

mehr als drei Jahrzehnten musikalischer<br />

Ehe. Als Nachwort auf<br />

die bewegten Jahre und zugleich<br />

Resümee einer insgesamt sehr<br />

produktiven Partnerschaft verabschieden<br />

sie sich mit der „Best<br />

Of“-Doppel-CD. Sie führt chronologisch<br />

von noch vom New Wave<br />

geprägten Frühwerken bis hin zu<br />

einer Handvoll Songs der Gegenwart<br />

und präsentiert eine in Würde<br />

gealterte Band, die mit Liedern<br />

wie „Oh My Heart“ durchaus noch<br />

magische Pop-Momente zu entwickeln<br />

versteht. „Part Lies, Part<br />

Heart, Part Truth, Part Garbage,<br />

1982-2011“ ist ein Konzentrat aus<br />

15 Studioalben, das in Erinnerung<br />

ruft, warum Michael Stipe, Peter<br />

Buck und ihre Kompagnons zwischenzeitlich<br />

als Lichtbringer der<br />

avancierten Popmusik gefeiert<br />

wurden. Und das Album dokumentiert<br />

sogar eine Prise hintergründigen<br />

Humor, wenn die Herren<br />

mit dem Song „A Month Of<br />

Saturdays“ an Devo anknüpfen,<br />

um gleich darauf mit „We All Go<br />

Back To Where We Belong“ eine<br />

Botschaft an Epigonen wie Coldplay<br />

richten. Denn R.E.M. haben<br />

viel bewegt und gehen nun als alte<br />

Meister in die Annalen der Popmusik<br />

ein. Sascha Fröhlich<br />

Downloadtipps: die Hits natürlich,<br />

aber auch „Oh My Heart“ und „We<br />

All Go Back To Where We Belong“<br />

The Bosshoss<br />

„Liberty Of Action“<br />

Universal<br />

[Rock/Pop] Mit Alben wie „Internashville<br />

Urban Hymns“ (2005)<br />

und „Do Or Die“ (2009) erspielte<br />

sich die Band aus Berlin eine<br />

treue Fangemeinde. Nach einer<br />

Pause von eineinhalb Jahren<br />

melden sich The Bosshoss nun<br />

mit ihrem sechsten Longplayer<br />

zurück und gehen musikalisch<br />

durchaus ungewohnte Wagnisse<br />

ein. Die Basis, von der aus sie ihre<br />

Exkursionen starten, bleibt zwar<br />

urwüchsiger Rock’n’Roll, gewürzt<br />

mit Country-Anleihen, doch diesmal<br />

setzen sie von Beginn an auf<br />

eine deutlich größere stilistische<br />

Bandbreite. Das zeigt sich besonders<br />

eindrucksvoll bei der ersten<br />

Single „Don’t Gimme That“, mit<br />

der die Cowboys von der Spree<br />

ungewohnt poppige Wege einschlagen.<br />

Doch keine Angst, es<br />

wird auch auf „Liberty Of Action“<br />

wieder ordentlich gerockt,<br />

wie beim im Midtempo-Bereich<br />

angesiedelten Titelsong und dem<br />

lässig groovenden, mit dezenten<br />

Elektroniksounds „I Keep On<br />

Dancing“. Und auch die standesgemäße<br />

Verbeugung vor dem King<br />

fehlt mit „Still Crazy ’Bout Elvis“<br />

nicht.<br />

Robert Wallner<br />

Wissenswert: Bevor Bosshoss sich<br />

an die Arbeit zum neuen Album<br />

machten, gönnte sich die Truppe<br />

einen Texas-Trip inklusive drei Auftritten<br />

in ausgesuchten Clubs.<br />

Lou Reed & Metallica<br />

„Lulu“<br />

MERCURY/UNIVERSAL<br />

[Epic Rock] „Take No Prisoners“<br />

hieß eine Liveplatte von Lou Reed,<br />

mit „Metal Machine Music“ schuf<br />

er das sperrigste Album aller<br />

Zeiten, und auch seine konventionelleren<br />

Selbstzerfleischungen<br />

sind harter Stoff – etwa das Alkoholentzugsdrama<br />

„Waves Of<br />

Fear“ von 1982, das musikalisch<br />

vieles von dem vorwegnahm, was<br />

Metallica später zur Mainstream-<br />

Massenband machte. Die Kombination<br />

ist also so abwegig nicht.<br />

„Lulu“ beruht auf älteren Demos,<br />

die Reed für ein geplantes Theaterstück<br />

produziert hatte – einer<br />

Bearbeitung der Kompilation<br />

der Skandaltragödien „Erdgeist“<br />

(1895) und „Die Büchse der Pandora“<br />

(1902) von Frank Wedekind.<br />

Es geht um vergebliche Liebe, sexuelle<br />

Obsession, Betrug, bestialische<br />

Gewalt, Schmerz, Leid<br />

und Mord. Der Stoff ist zeitlos,<br />

und mit der musikalischen Umsetzung<br />

von Reeds gebrochenen,<br />

experimentellen Dichtungen<br />

sind Metallica erwartungsgemäß<br />

überfordert. Vielleicht ist genau<br />

das die künstlerische Intention.<br />

Die Band, zeitweise verstärkt<br />

um einige Streicher, knüppelt<br />

und brettert mit beamtenhafter,<br />

zähneknirschender Sturheit, reiht<br />

die Riffs wie am Fließband aneinander,<br />

zwei CDs lang entfaltet<br />

sich nichts. Nur das epische, fast<br />

20 Minuten lange Finale „Junior<br />

Dad“ entwickelt aus der Monotonie<br />

beachtliche Schönheit. Wenn<br />

„Lulu“ den Anspruch hat, die Welt<br />

musikalisch als den Haufen von<br />

Dreck, Blut und Elend zu zeigen,<br />

der unter ihrer Konsumfassade<br />

lauert, ist das durchaus gelungen.<br />

Ob das Album auf Dauer wesentlich<br />

mehr Hörer finden wird als<br />

„Metal Machine Music“, darf indes<br />

bezweifelt werden.<br />

<br />

Svevo Bandini<br />

21


Klassik<br />

Münchner<br />

Bachsolisten<br />

„Bach: Weihnachtsoratorium“<br />

WINTER & WINTER/EDEL<br />

KULTUR<br />

[Geistliche Musik] Von jeher<br />

gehört Johann Sebastian Bachs<br />

„Weihnachtsoratorium“ rund um<br />

das Christenfest zum Pflichtprogramm.<br />

Schließlich hat Bach mit<br />

prachtvollem Chor- und Trompetengeschmetter<br />

sowie sanften<br />

Arien für die Ewigkeit die Weihnachtsgeschichte<br />

konkurrenzlos<br />

in Töne gesetzt. Dass Bach dafür<br />

1734 einfach mal zahllose Chöre<br />

und Arien aus anderen Kantaten<br />

recycelt hat, hört man dem<br />

Geniestreich aber eben nicht an.<br />

Von dem „Weihnachtsoratorium“<br />

gibt es Unmengen an Einspielungen,<br />

aber die von Karl-Friedrich<br />

Beringer geleitete Aufnahme mit<br />

den Münchner Bachsolisten und<br />

dem Windsbacher Knabenchor<br />

gehört schon jetzt zu den besten,<br />

zumal selbst dem Luxus-Sängerteam<br />

um Juliane Banse (Sopran)<br />

und Thomas Quasthoff (Bass)<br />

die tänzerische Beschwingtheit<br />

genauso ins Blut übergangen ist<br />

wie die kontemplative Innigkeit.<br />

<br />

Reinhard Lemelle<br />

Weiterhören: das „Weihnachtsoratorium“<br />

mit The King’s Singers &<br />

WDR Big Band<br />

Pera Ensemble<br />

„Baroque Oriental“<br />

BERLIN CLASSICS/EDEL KULTUR<br />

[Crossover] Schon mit seinem<br />

„Händel alla Turca“-Projekt hat<br />

der türkische Weltmusiker Mehmet<br />

C. Yesilcay kürzlich auf die<br />

musikalische Verbrüderung zwischen<br />

der barocken Kniegeige namens<br />

Gambe und der türkischen<br />

Fidel Kemençe gesetzt. Beim neuesten<br />

Dialog zwischen den Kulturen<br />

schlägt man nun einen Bogen<br />

vom italienischen Barock in die<br />

osmanische Musik. Zusammen<br />

mit dem großartigen Countertenor<br />

Valer Barna-Sabadus und<br />

dem Pera Ensemble werden da<br />

Arienperlen von Monteverdi,<br />

Caccini und Rossi mit arabischen<br />

Klangfarben und Rhythmen<br />

verwoben. Und zwischendurch<br />

streift man gar musikalisch die<br />

Glaubenswelt der Sufis. Die Arrangements<br />

dieser Gespräche<br />

zwischen Orient und Okzident<br />

sind zwar allesamt feinfühlig angelegt.<br />

Nur das stichhaltige Argument<br />

liefern sie nicht, warum<br />

man diese komplett gegensätzlichen<br />

Musiktraditionen zusammenklammern<br />

muss. Mehmet C.<br />

Yesilcays banales Credo von der<br />

„Musik als einer gemeinsamen<br />

Sprache“ reicht dafür nicht aus.<br />

<br />

Guido Fischer<br />

Weiterhören: Concerto Köln & Sarband<br />

„Dream Of The Orient“<br />

Janina Fialkowska<br />

„Liszt Recital“<br />

ATMA CLASSIQUE/MUSIKWELT<br />

[Recital] Diese Aufnahme kam<br />

spät im Jubeljahr, aber sie ist eine<br />

der interessantesten, zu denen das<br />

Liszt-Jubiläum Künstler inspiriert<br />

hat. Denn die kanadische Pianistin<br />

mit polnischen Vorfahren<br />

Janina Fialkowska widmet sich<br />

dem Romantiker nicht aus der<br />

Perspektive des Virtuosentums,<br />

sondern stellt ihn als aufmerksamen<br />

Beobachter des Zeitgeistes<br />

dar, dem es sowohl mit eigenen<br />

Werken als auch Bearbeitungen<br />

von Melodien von Frédéric Chopin<br />

und Charles Gounod gelingt,<br />

Transparenz und Pathos, Verinnerlichung<br />

und Offenheit zu vereinen.<br />

Geradezu fragil und anmutig<br />

klingt unter Fialkowskas Ägide<br />

etwa die „Bénédiction de Dieu<br />

dans la Solitude“, Schubert näher<br />

als dem eigenen Schaulaufen, das<br />

Liszt bei seinen Stücken für das<br />

sensationsgierige Bürgertum zuweilen<br />

bestimmt. Seine Bearbeitungen<br />

von Chopins „Sechs polnischen<br />

Liedern“ wiederum geraten<br />

gar noch verspielter als die<br />

Originale und werden von Janina<br />

Fialkowska mit einer Finesse interpretiert,<br />

die weit hinein reicht<br />

in die Welt des Komponisten,<br />

dessen Verständnis der Musik<br />

seiner Zeit freier und profunder<br />

war, als es ihm manche Kritiker in<br />

der Folgezeit unterstellt haben. So<br />

gelingt der Pianistin ein ebenso<br />

ungewohnter wie betörender musikalischer<br />

Beitrag zum Reigen<br />

der Klangglückwünsche.<br />

<br />

Sascha Fröhlich<br />

Weiterhören: Nelson Freire, Alice<br />

Sara Ott<br />

Martin Stadtfeld<br />

„J.S.Bach – Klavierkonzerte“<br />

SONY CLASSICAL<br />

[Klavierkonzert] Es ist eine<br />

grundsätzliche Frage: Wie schön<br />

klingt Johann Sebastian Bach?<br />

Antworten kann der Meister nicht<br />

mehr, aber es steht zu vermuten,<br />

dass seine Klavierkonzerte, die<br />

er in den 1730ern für das Collegium<br />

Musicum schrieb, mit dem<br />

er regelmäßig im Leipziger Kaffeehaus<br />

von Gottfried Zimmermann<br />

konzertierte, sehr viel rauer<br />

daherumpelten als bei Martin<br />

Stadtfeld. Denn der Pianist aus<br />

Koblenz deutet Bach in der Tradition<br />

romantischer Rezeption, die<br />

aus dem Barock-Arbeiter, dessen<br />

zeitgenössische Klaviere Traktoren<br />

im Vergleich zu den heutigen<br />

Limousinen waren, einen vollendeten<br />

Ästheten macht. Dadurch<br />

verliert die Musik an Reibung<br />

und Präsenz. Im Fall von Bachs<br />

„Klavierkonzerten BWV 1054,<br />

1055 und 1058“ wäre aber gerade<br />

das die Herausforderung. Martin<br />

Stadtfeld bleibt auf der sicheren<br />

Seite, beugt sich letztlich<br />

dem ebenfalls wenig energisch<br />

agierenden Klang des Philharmonischen<br />

Kammerorchesters<br />

München unter der Leitung von<br />

Lorenz Nasturica-Herschcovici,<br />

das sein Spiel versiert, aber wenig<br />

markant rahmt. Sascha Fröhlich<br />

Weiterhören: Friedrich Gulda,<br />

Andreas Staier<br />

Trio Parnassus<br />

„French Piano Trios“<br />

DG GOLD<br />

[Kammermusik] Das Trio Parnassus<br />

widmet sich mit „French<br />

Piano Trios“ nach der Beschäftigung<br />

mit Benjamin Godard nun<br />

drei ebenfalls wenig bekannten<br />

Werken an der Epochenschwelle<br />

zur Moderne, dem späten „Trio op.<br />

120“ von Gabriel Fauré, der Trio-<br />

Bearbeitung „Pelléas et Mélisande“<br />

von Claude Debussy durch<br />

Hubert Mouton und dem „Trio<br />

op.3“ von Ernest Chausson. Die<br />

Geigerin Yamei Yu, der Cellist Michael<br />

Groß und der Pianist Chia<br />

Chou folgen dabei einer Chronologie,<br />

die vom frühen Fin de Siécle<br />

Chaussons über die Relativierung<br />

des klanglichen Zeitgeistes durch<br />

Debussy bis hin zum wehmütigen<br />

Nachwort auf das verlorene<br />

harmonische Glück durch Fauré<br />

führt. Faszinierend ist die pulsierende<br />

Gemeinsamkeit dieser<br />

Trios, der Fluss der Musik, die<br />

selbst etwa in den Leidenschaften<br />

Chaussons sich nicht in den<br />

Emotionen verliert, sondern dramaturgisch<br />

klar den Esprit der<br />

französischen Spätromantik herausarbeitet.<br />

Dem Trio Parnassus<br />

gelingt ein großer Bogen und eine<br />

beeindruckende Einspielung mit<br />

der Kraft reflektierter Empathie.<br />

<br />

Paul Hammerthal<br />

22


jazz & world<br />

Frank Sinatra<br />

„Best Of The Best“<br />

CAPITOL/EMI<br />

[Swing] Braucht man noch eine<br />

Hitsammlung von Frank Sinatra?<br />

Eigentlich nicht und doch<br />

wieder unbedingt. Denn auf der<br />

einen Seite gibt es bereits Hunderte<br />

Compilations, andererseits<br />

aber ist man umgehend bekehrt,<br />

sobald Frank Sinatra bei „Come<br />

Fly With Me“ zu singen anfängt.<br />

Auch nach Jahrzehnten strahlen<br />

seine Stimme, seine Person, seine<br />

Lieder eine Magie des Swing<br />

aus, die von Perfektion ebenso erzählt<br />

wie von Intuition. „Best Of<br />

The Best“ greift 24 Lieder heraus,<br />

die in den Capitol- und Reprise-<br />

Jahren um 1960 herum entstanden,<br />

zwei Dutzend Klassiker mit<br />

Orchestern von Count Basie bis<br />

Quincy Jones. Und sie werden in<br />

der Deluxe-Doppel-CD noch um<br />

einen Konzertmitschnitt aus Seattle<br />

aus dem Jahr 1957 ergänzt,<br />

der dokumentiert, wie souverän<br />

Sinatra auch live die Stimmung<br />

und seine Präsenz im Griff hatte.<br />

So ist diese Zusammenstellung<br />

nichts Neues, aber zugleich ein<br />

Klassiker, den man immer wieder<br />

anhören kann.<br />

<br />

Paul Hammerthal<br />

Info: Frank Sinatra hat über die Jahre<br />

rund 1.500 Songs aufgenommen.<br />

Gianmaria Testa<br />

„Vitamia“<br />

LE CHANT DU MONDE/HARMO­<br />

NIA MUNDI<br />

[Canzone/World Jazz] Glück,<br />

meint Gianmaria Testa, sei für<br />

ihn, wenn vor der Tür im eigenen<br />

Garten die Tomaten reifen.<br />

Das heißt nicht, dass er deshalb<br />

die Augen vor der Welt verschließen<br />

würde. Aber er hat gelernt,<br />

dass der Erfolg, der ihn vor ein<br />

paar Jahre einholte, eine flüchtige,<br />

unberechenbare Größe ist. Glück<br />

kann man, so meint er weiter,<br />

außerdem in kleinen Episoden<br />

erleben, und ein paar davon hat<br />

Gianmaria Testa nun auf seinem<br />

Album „Vitamia“ versammelt. Die<br />

Themen sind ebenso alltäglich<br />

wie bedeutungsvoll: Kindheit und<br />

Liebe, Enttäuschung und Protest,<br />

erzählt am Beispiel poetisch verkleideter<br />

Alltagsgestalten. Die<br />

Musik ist dezent jazzig und canzonehaft,<br />

im Quartett gespielt<br />

mit Gästen wie dem Posaunisten<br />

Gianluca Petrella und dem Akkordeonprofi<br />

Luciano Biondini.<br />

Gianmaria Testa selbst bleibt der<br />

charismatische Geschichtenerzähler<br />

mit dem beschwörenden<br />

Bariton-Parlando, der wie schon<br />

auf früheren Alben den Hörer an<br />

der Hand zu nehmen versteht.<br />

<br />

Ralf Dombrowski<br />

Weiterhören: Paolo Conte, Lucio<br />

Dalla<br />

James Carter Organ<br />

Trio<br />

„At The Crossroads“<br />

EMARCY/UNIVERSAL<br />

[Jazz] James Carter backt nicht<br />

gerne kleine Brötchen. So mag<br />

es nicht weiter verwundern, dass<br />

sein Organ Trio weit mehr ist als<br />

nur eine Troika. In vielen Tracks<br />

warten Carter, Organist Gerald<br />

Gibbs und Drummer Leonard<br />

King Jr. mit einer Reihe von Gästen<br />

wie Gitarrist Brandon Ross<br />

auf. Der intime Klang des Orgeltrios<br />

wird zuweilen mehr aufgebläht,<br />

als der Aufnahme gut tut.<br />

Zwar ist das große Thema der CD<br />

der Blues, doch scheint Carter<br />

manchmal den narrativen Faden<br />

zu verlieren. Unentschlossen pendelt<br />

er zwischen Großstadtgroove<br />

und Gospelromantik. In ihrer<br />

Gesamtheit wirkt die Platte für<br />

Carters Verhältnisse untypisch<br />

eklektisch. Und – noch erstaunlicher<br />

– Carter selbst agiert hier<br />

meist äußerst zurückhaltend.<br />

Wenn er in ganz wenigen Momenten<br />

mal richtig ausbricht, versteht<br />

er mitzureißen. Über längere<br />

Strecken ist „At The Crossroads“<br />

jedoch ein gewollt sepiafarbener,<br />

wohl dem Produzenten Michael<br />

Cuscuna geschuldeter Blue-Note-<br />

Charme eigen – ein zwiespältiges<br />

Vergnügen. Wolf Kampmann<br />

Weiterhören: Joshua Redman,<br />

Kenny Garrett<br />

WDR Big Band &<br />

Nicolas Simion<br />

„Balkan Jazz“<br />

BIGBAND RECORDS/NRW<br />

[World Jazz] Der Jazz hat Glück,<br />

dass es den deutschen Föderalismus<br />

gibt. Denn durch die Länderhoheit<br />

der Rundfunkanstalten<br />

werden hierzulande vier hochkarätige<br />

Rundfunk-Big-Bands<br />

finanziert, die wiederum in der<br />

Pflicht stehen, interessante Musik<br />

zu gestalten. So kommt es,<br />

dass eine Aufnahme wie „Balkan<br />

Jazz“ entstehen kann, die<br />

den Siebenbürger Saxofonisten<br />

Nicolas Simion, den Geiger Zoltan<br />

Lantos und den Akkordeonisten<br />

Fausto Beccalossi mit der WDR<br />

Big Band Köln zusammenführt.<br />

Obwohl bereits 2004 in Düsseldorf<br />

und Köln live vor Publikum<br />

aufgenommen, hat das Programm<br />

mit Grenzüberschreitungen<br />

nichts von seinem Schmiss verloren.<br />

Denn nicht nur die Solisten<br />

erweisen sich als eloquente<br />

Stiljongleure, sondern auch Arrangeur<br />

Bill Dobbins hat ausgezeichnete<br />

Arbeit geleistet, zwei<br />

Klangkosmen ohne Anbiederung<br />

sich begegnen zu lassen. Die zehn<br />

Kapitel von „Balkan Jazz“ spielen<br />

angenehm klischeearm mit<br />

den Möglichkeiten des großen<br />

Ensembles, das die stellenweise<br />

pittoresken Motive aus dem Rumänischen<br />

und Mediterranen<br />

zwar andeutet, aber mit Swing<br />

und Funk darauf reagiert. Simion,<br />

Lantos und Beccalossi und<br />

der ebenfalls als Gast fungierende<br />

Schlagzeuger Benjamin Henocq<br />

wiederum agieren undogmatisch<br />

mit den Angeboten, so dass ein<br />

bilateral sich inspirierendes<br />

Programm entstehen konnte.<br />

<br />

Ralf Dombrowski<br />

Weiterhören: Farmers Market,<br />

WDR Big Band „Jazz Al’Arab“<br />

Gianluigi Trovesi/<br />

Gianni Coscia<br />

„Frère Jacques – Round<br />

About Offenbach“<br />

ECM/UNIVERSAL<br />

[Chamber Jazz] Musik kann ja<br />

so unterhaltsam sein, selbst wenn<br />

sie mit größter Präzision und<br />

Ernsthaftigkeit aufgeführt wird.<br />

Das italienische Pärchen Gianluigi<br />

Trovesi und Gianni Coscia ist für<br />

seinen feinen, unkonventionellen<br />

Humor bekannt, mit dem es sich<br />

schon Kurt Weills angenommen<br />

hat. Die leichtfüßigen Kompositionen<br />

Jacques Offenbachs bieten<br />

für diesen Pas de deux von Klarinette<br />

und Akkordeon natürlich<br />

eine noch bessere Steilvorlage. Der<br />

Humor kommt hier viel nuancierter<br />

zum Zuge als auf früheren CDs<br />

des Duos. Da ist ein nahezu unmerkliches<br />

Augenzwinkern, ein<br />

Vexierspiel mit den Koordinaten<br />

unseres kulturellen Wertekanons.<br />

Sie entbanalisieren das<br />

Triviale, indem sie es gekonnt aus<br />

dem historischen Kontext reißen<br />

und dem neuen Bildungsbürgertum<br />

unter die Nase reiben. Erst<br />

wenn der letzte Ton verklungen<br />

ist und ihr Hörer andächtig<br />

durchatmet, klopfen sie sich auf<br />

die Schenkel und lachen sich tot.<br />

Ein wahrlich gelungener Coup.<br />

<br />

Wolf Kampmann<br />

23


schatzkiste<br />

Leonard Cohen<br />

„The Complete Studio<br />

Albums Collection“<br />

LEGACY/SONY<br />

Schriftsteller wollte er werden, Poet im altmodischen<br />

Sinn, und veröffentlichte noch<br />

zu Studienzeiten erste Gedichte, später<br />

auch Romane mit sprechenden Titeln wie<br />

„Schöne Verlierer“ (1966). Aber Leonard<br />

Cohen sang auch, schrieb Lieder, spielte<br />

schon als Teenager Gitarre in einer Countryband<br />

und wurde in den späten 60ern<br />

von der Presse prompt als zweiter Bob<br />

Dylan gehandelt. Zuvor allerdings hatte<br />

der Spross eines kanadischen Textilfabrikanten<br />

eine Auszeit auf einer griechischen<br />

Insel hinter sich, und auch später sollte ihn<br />

dieses Bedürfnis nach Kontemplation und<br />

geistiger Erfrischung immer wieder einholen,<br />

als Verwurzelung und Gegenpol wilder<br />

Jahre etwa im Dunstkreis der New Yorker<br />

Bohème. Denn Leonard Cohen gehört nicht<br />

zu den Vielschreibern, sondern hat über<br />

mehr als vier Jahrzehnte hinweg<br />

gerade einmal elf Studioalben<br />

aufgenommen. Sie sind als<br />

Werkschau nun in einer Box<br />

versammelt und dokumentieren<br />

das Werk eines Eigenbrötlers,<br />

den sich Kollegen wie Wolf-<br />

24<br />

Kniefall vor dem Kollegen:<br />

Leonard Cohen<br />

weiß Kunst zu schätzen<br />

gang Niedecken oder auch Nick Cave als<br />

Vorbild genommen haben. Das Spektrum<br />

reicht von „Songs Of Leonard Cohen“ (1967),<br />

dem spartanischen, aber ungemein stimmungsvollen<br />

Plattendebüt mit samtenen<br />

Songs zur Gitarre und Hits wie „Suzanne“,<br />

bis hin zu „Dear Heather“ (2004), einem<br />

Kompendium dunkler Poeme im Popgewand<br />

und Plauderton. Es sind im Kern unspektakuläre<br />

Lieder, deren Kraft auf der<br />

Klarheit und der Knorrigkeit, letztlich auch<br />

der Intellektualität ihrer Wirkung beruht.<br />

Die „Complete Studio Albums Collection“<br />

ist übrigens Resümee und Vorgeschmack<br />

zugleich. Denn Cohen, der inzwischen auch<br />

zum buddhistischen Mönch geweiht wurde,<br />

nachdem er fünf Jahre lang in klösterlicher<br />

Einsamkeit seine Depressionen mit<br />

Spiritualität und Demut bekämpft hatte,<br />

hat angekündigt, nach acht Jahren Pause<br />

im Frühjahr 2012 ein neues Studiowerk zu<br />

präsentieren. Dann kann der Poet außerdem<br />

seinen 78. Geburtstag feiern und mit<br />

ein wenig Gelassenheit auf ein<br />

Leben zurückblicken, in dem<br />

er viel erreicht hat, wenn auch<br />

nicht immer das, was er eigentlich<br />

wollte. Paul Hammerthal<br />

Dusty Springfield<br />

„Goin’ Back – The<br />

Definitive Dusty Springfield“<br />

UNIVERSAL<br />

Das mit den Haaren hatte Regisseur John<br />

Waters („Hairspray“) bestimmt von Dusty<br />

Springfield. Denn die Britin aus dem Londoner<br />

Vorort Hampstead ließ sich nur<br />

selten ohne ihre kunstvoll aufgetürmten<br />

Frisuren in der Öffentlichkeit blicken. Sie<br />

waren ihr Markenzeichen, ähnlich wie der<br />

Motown-nahe Sound, der ihr zu dem Ruf<br />

verhalf, die erste weiße Soulsängerin von<br />

Rang zu sein. Jedenfalls schaffte es Dusty<br />

Springfield Mitte der 60er, als sonst alle<br />

Beatles hörten, zur beliebtesten Popsängerin<br />

Englands gewählt zu werden. Hits<br />

wie „I Only Want To Be With You“ gehörten<br />

zu jeder besseren Party, und so hat<br />

auch „Goin’ Back – TheDefinitive Dusty<br />

Springfield“ reichlich Ohrwürmer von den<br />

frühen Jahren bis hin zum Comeback in<br />

den 90ern zu bieten. Spannender noch<br />

sind aber die Raritäten, die Mitschnitte<br />

aus den BBC-Archiven, überhaupt das<br />

ganze Drumherum, das die Karriere dieser<br />

ungewöhnlichen Sängerin ausmachte. Auf<br />

vier CDs, drei DVDs ergänzt um zwei Bücher<br />

und Fotos, kann man die Erfolgsjahre<br />

nachvollziehen. Das ist Kulturgeschichte<br />

in Pink. <br />

Sascha Fröhlich


CAN (v.l.n.r.):<br />

Michael Karoli,<br />

Holger Czukay,<br />

Irmin Schmidt,<br />

Jaki Liebezeit<br />

CAN<br />

„Tago Mago – 40th<br />

Anniversary Edition“<br />

SPOON RECORDS/WARNER<br />

1997 wurde der Neue Musik-Papst<br />

Karlheinz Stockhausen von einer<br />

deutschen Wochenzeitung<br />

gebeten, mal<br />

verschiedene Krautrockaufnahmen<br />

von<br />

Tangerine Dream bis<br />

Amon Düül II durchzuhören.<br />

Doch nur<br />

einem Song gab er die<br />

Höchstnote. „Die Grundhaltung ist<br />

musikalisch forschend“, so Stockhausen<br />

über „Aumgn“ aus dem<br />

dritten Album „Tago Mago“ der<br />

Kölner Band Can. Diese Einschätzung<br />

gilt eigentlich für das gesamte<br />

Album, das 1971 als Doppelvinyl<br />

erschien und Bands wie Sonic<br />

Youth und Radiohead beeinflusste.<br />

Psychedelische Soundschleifen<br />

und dämonische Klanggewitter,<br />

telepathische Grooves und<br />

hypnotisch wilde Trommelfeuer<br />

zogen sich durch die gerade mal<br />

sieben Stücke. Und um den rituellen<br />

Charakter radikal auf die<br />

Spitze zu treiben, setzte Sänger<br />

Damo Suzuki etwa in „Peking O“<br />

seine Stimmbänder orgiastisch<br />

unter Starkstrom. Vor genau 40<br />

Jahren ist dieses Rockmanifest<br />

erschienen, das nach dem Piratenfelsen<br />

„Isla de Tagomago“ an<br />

der Küste Ibizas benannt wurde.<br />

Anlässlich des runden<br />

Geburtstags erscheint<br />

es nun in einer Sonder -<br />

edition mit zwei CDs.<br />

Der revolutionären<br />

Energie der originalen<br />

Studio-Aufnahme<br />

kann man sich dabei<br />

weiterhin nicht entziehen, und<br />

wie exzessiv und schweißtreibend<br />

Can damals auch auf der Bühne<br />

zu Werke gegangen sind, dokumentieren<br />

drei unveröffentlichte<br />

Livemitschnitte von 1972. Neben<br />

den „Tago Mago“-Stücken<br />

„Mushroom“ und „Halleluwah“ ist<br />

es da vor allem die halbstündige<br />

Fassung von „Spoon“ (aus „Ege<br />

Bamyasi“), in der Can zu Blues-<br />

Schamanen mutierten. Einfach<br />

irre – gut. Guido Fischer<br />

Besonderheit: Noch bis 18. 12. zeigt<br />

das Berliner Künstlerhaus Bethanien<br />

die Ausstellung „Halleluwah – Hommage<br />

à CAN“.<br />

25


MEDIA-MIX<br />

Ein Prise Jazz:<br />

die 1969 gegründete<br />

Combo<br />

King Crimson<br />

CD + DVD: King Crimson<br />

„Starless & Bible Black“, „Discipline“<br />

DISCIPLINE/GALILEO<br />

Zwei Alben aus ganz unterschiedlichen Phasen von King Crimson:<br />

Zwar hat sich die Besetzung des Quartetts um den Perfektionisten<br />

Robert Fripp zwischen 1974 und 1981 nur auf zwei<br />

Positionen verändert, und trotzdem erleben wir hier zwei komplett<br />

unterschiedliche Bands. „Starless And Bible Black“ ist<br />

ein Jazzrockalbum im Kontext der mittleren 70er Jahre. Streckenweise<br />

klingt die Band mit elektrischer Gitarre, Geige, Bass<br />

und Schlagzeug, als wollte sie den Faden aufnehmen, den das<br />

Mahavishnu Orchestra bereits zu verlieren drohte. Auf „Discipline“<br />

hingegen verfolgt die Band einen<br />

nervösen Strukturalismus. Die einstigen<br />

Prog-Helden waren in der Verknappung<br />

des Postpunk angekommen, hatten mehr<br />

mit den Talking Heads gemein als mit<br />

ihren eigenen Ursprüngen, finden aber in<br />

einzelnen Passagen doch überraschend<br />

zum Progrock zurück. Das Bonusmaterial<br />

auf CD und DVD ist eher etwas für<br />

eingefleischte Fans. Wolf Kampmann<br />

Info: Zu den King-Crimson-Erben von heute<br />

zählen Porcupine Tree und Zun Zun Egui.<br />

DVD: Paul McCartney<br />

„The Love We Make“<br />

EAGLE VISION/EDEL<br />

Es war ein wichtiges Ereignis für die USA. Ein halbes<br />

Jahr nach Nine-Eleven fand in New York ein<br />

Benefizkonzert statt, bei dem Musiker von The<br />

Who bis Paul McCartney spielten. Letzterer ließ<br />

sich im Vorfeld, bei Proben und backstage von den<br />

Kameras von Albert Maysles („Gimme Shelter“)<br />

begleiten. Daraus entstand ein rund 90-minütiger<br />

Film mit viel Musik, der unter dem Titel „The Love<br />

We Make“ auf DVD und BluRay erschienen ist. Es<br />

ist ein Zeitdokument mit viel Intensität und einem<br />

Künstler, der selten zuvor die Objektive so nah an<br />

sich heran gelassen hat. <br />

26<br />

Ralf Dombrowski<br />

CD + DVD: Motörhead<br />

„The World Is Ours Vol. 1“<br />

MOTÖRHEAD MUSIC/EMI<br />

Wer 1971 behauptet hätte, Rock’n’Roll sei die<br />

Musik schmutziger alter Männer, hätte sich<br />

von den damaligen Protagonisten eine Ohrfeige<br />

eingefangen. Dabei war Lemmy Kilmister<br />

(66) doch eigentlich schon immer<br />

alt, und schmutzig sowieso: Damals<br />

hauste er in der übelst beleumundeten<br />

Hawkwind-Kommune und<br />

haute sich in krassem Widerspruch<br />

zu deren höchst abgespaceter Auslegung<br />

des Hippie-Lebensstils die<br />

Birne mit Speed zu, bis die Zähne knirschten,<br />

sang den einzigen Hit „Silver Machine“ und<br />

ließ sich nach drogenbedingter Verhaftung<br />

bereitwillig feuern, um fortan der Welt die<br />

pure Dreckfaust auf Auge und Ohr zu knallen.<br />

So geht das jetzt seit 36 Jahren, und „objektiv“<br />

betrachtet wird es immer reiner, besser und<br />

perfekter. Weniger unvoreingenommen Gesinnte<br />

mögen meckern, es gebe schon genug<br />

(nämlich fünf) Motörhead-Livealben mit „Ace<br />

Of Spades“ und „Overkill“ drauf, und außerdem<br />

sei die Zeit, als diese beiden Songs entstanden,<br />

die vom epochalen (eben!) Livealbum<br />

„No Sleep Til Hammersmith“ gekrönten<br />

Jahre 1976 bis 82, sowieso die größte und<br />

einzige gewesen, die zählt. Mag sein. Aber es<br />

hat seinen Reiz, Lemmy anhand neuer Versionen<br />

des trotz vielen jüngeren Songs immer<br />

Gleichen beim Altern zuzuhören wie einem<br />

guten Rotwein – allerdings ist er stimmlich<br />

inzwischen manchmal knapp vor dem Kippen,<br />

was indes den Reiz seltsamerweise<br />

noch steigert. Die DVD derselben<br />

Mitschnitte ist eine Zugabe für die<br />

Fans, die nicht davor zurückschrecken,<br />

eine Urgewalt wie Motörhead<br />

auf dem heimischen Sofa „nachzuempfinden“.<br />

Michael Sailer


tourneen POP, Rock & co<br />

tourneen klassik<br />

Alle Tourneedaten fortlaufend<br />

aktualisiert und<br />

mit genauen Orts an -<br />

ga ben finden Sie unter<br />

sonomagazin.de<br />

b<br />

The BossHoss<br />

9.3. Oberhausen<br />

10.3. Leipzig<br />

16.3. München<br />

23.3. Hamburg<br />

24.3. Berling<br />

30.3. Stuttgart<br />

31.3. Offenbach<br />

c<br />

Tony Christie<br />

1.2. Heilbronn<br />

2.2. Bonn<br />

4.2. Fellbach<br />

5.2. Berlin<br />

7.2. Frankfurt<br />

8.2. Hamburg<br />

d<br />

Lucio Dalla<br />

15.3. Düsseldorf<br />

17.3. Hamburg<br />

22.3. Bremen<br />

23.3. Frankfurt<br />

24.3. Freiburg<br />

27.3. Stuttgart<br />

28.3. München<br />

30.3. Berlin<br />

<strong>SONO</strong> präsentiert: David Sylvian<br />

David Sylvian:<br />

der Insider<br />

David Sylvian ist der Rätselhafte, einer von denen, deren musikalische Phantasien<br />

immer opulenter und zugleich verschlüsselter werden. Unlängst erst hat<br />

sich der Sänger, Konzeptkünstler und einstige Kopf der Pop-Visionäre Japan<br />

mit „Died In The Wool – Manafon Variations“ (Samadhisound/Galileo Music)<br />

tiefer noch in seinen kammermusikalischen Kosmos vorgewagt als bisher und<br />

Songarchitekturen geschaffen, die in der zeitgenössischen Klassik ebenso ihren<br />

Platz haben wie im Umkreis von Remixing und fortgeschrittenem Pop und<br />

Songwriting. Wer aber den introvertierten Briten mit dem schönsten Bariton<br />

der Insel wirklich verstehen will, der hat im März bei vier Konzerten in Köln, Ber-<br />

Alle Tourneedaten fortlaufend<br />

aktualisiert und<br />

mit genauen Orts an -<br />

ga ben finden Sie unter<br />

sonomagazin.de<br />

a<br />

ensemble amarcord<br />

1.12. Dresden<br />

2.12. Eisenach<br />

3.12. Eisenach<br />

4.12. Eisenach<br />

17.12. Leipzig<br />

18.12. Berlin<br />

20.12. Dresden<br />

22.12. Walkenried<br />

20.1. Rüsselsheim<br />

21.1. Wildeshausen<br />

Anna Netrebko &<br />

Erwin Schrott<br />

6.1. Hannover<br />

9.1. Mannheim<br />

26.1. Stuttgart<br />

Kolja Blacher<br />

2.12. Berlin<br />

10.12. Ossiach (A)<br />

15.12. Landshut<br />

16.12. Neumarkt<br />

18.12. Viersen<br />

24.2. Mainz<br />

Gábor Boldoczki<br />

2.12. Saarbrücken<br />

6.12. München<br />

7.12. Amberg<br />

8.12. Fürth<br />

9.12. Füssen<br />

19.1. Wien (A)<br />

21.1. Zürich (CH)<br />

16.2. St. Gallen (CH)<br />

19.2. Leipzig<br />

Gustavo Dudamel<br />

10.12. Wien (A)<br />

11.12. Wien (A)<br />

e<br />

Quatuor Ebène<br />

3.12. Schweinfurt<br />

4.12. Neuss<br />

17.12. Zug (CH)<br />

20.1. Heidelberg<br />

3.2. Salzburg (A)<br />

13.2. Bern (CH)<br />

14.2. Basel (CH)<br />

f<br />

Isabelle Faust<br />

2.12. Genf (CH)<br />

4.12. Schwetzingen<br />

10.1. Solingen<br />

11.1. Remscheid<br />

18.1. Heilbronn<br />

20.1. Berlin<br />

24.1. Kempen<br />

25.1. Bamberg<br />

26.1. Mosbach<br />

29.1. Boswil (CH<br />

30.1. Donaueschingen<br />

2.2. Vervey (CH)<br />

26.2. Martigny (CH)<br />

28.2. Zürich (CH)<br />

g<br />

Die Fantastischen<br />

Vier<br />

13.12. Münster<br />

14.12. Düsseldorf<br />

16.12. Leipzig<br />

17.12. Braunschweige<br />

18.12. Augsburg<br />

20.12. Wien<br />

21.12. Regensburg<br />

22.12. Stuttgart<br />

m<br />

Milow<br />

11.12. Kempten<br />

12.12. München<br />

13.12. Dresden<br />

James Morrison<br />

7.3. Hamburg<br />

11.3. Köln<br />

13.3. Berlin<br />

14.3. Offenbach<br />

19.3. München<br />

Ina Müller & Band<br />

1.12. Bremerhaven<br />

2.12. Kiel<br />

3.12. Hannover<br />

9.12. Bremen<br />

10.12. Flensburg<br />

11.12. Braunschweig<br />

15.12. Hamburg<br />

16.12. Hamburg<br />

lin, Frankfurt/Main und Stuttgart dazu die Gelegenheit. Und es hat wenig Sinn,<br />

mit den Tickets zu warten. Denn die Karten für die raren Auftritte von David<br />

Sylvian sind in der Regel schnell vergeben. Mit Recht, denn diese Abende sind<br />

etwas Besonderes! <br />

7.1. Leipzig<br />

8.1. Dresden<br />

12.1. Rostock<br />

13.1. Erfurt<br />

14.1. Frankfurt<br />

21.1. Berlin<br />

22.1. Chemnitz<br />

23.1. Zwickau<br />

27.1. Wetzlar<br />

28.1. Trier<br />

n<br />

Naturally 7<br />

25.1. München<br />

26.1. Mainz<br />

27.1. Stuttgart<br />

29.1. Köln<br />

31.1. Hamburg<br />

1.2. Berlin<br />

Nena<br />

9.12. Bamberg<br />

11.12. Berlin<br />

12.12. Neu-Ulm<br />

15.12. Düsseldorf<br />

16.12. Braunschweig<br />

11.1. Chemnitz<br />

Randy Newman<br />

4.3. Frankfurt a. M.<br />

6.3. Stuttgart<br />

8.3. München<br />

13.3. Berlin<br />

Night of the Proms<br />

feat. Seal & Alison<br />

Moyet<br />

2.12. Erfurt<br />

3.12. Berlin<br />

6.12. Mannheim<br />

7.12. Stuttgart<br />

8.12. München<br />

9.12. München<br />

10.12. München<br />

11.12. München<br />

13.12. Dortmund<br />

14.12. Dortmund<br />

16.12. Köln<br />

17.12. Köln<br />

18.12. Oberhausen<br />

r<br />

Sascha Fröhlich<br />

Tournee: David Sylvian spielt 2012 in Köln (7.3.), Berlin (16.3.), Frankfurt/Main<br />

(19.3.) und Stuttgart (20.3.).<br />

www.sonomagazin.de<br />

Chris Rea<br />

3.2. Hamburg<br />

4.2. Berlin<br />

20.2. Stuttgart<br />

22.2. München<br />

25.2. Mannheim<br />

26.2. Dortmund<br />

28.2. Frankfurt<br />

Khatia Buniatishvili<br />

25.11. Lucerne (CH)<br />

29.11. Berlin<br />

2.12. Stuttgart<br />

9.12. Mainz<br />

10.12. Aschaffenburg<br />

12.12. Wien (A)<br />

2.3. München<br />

c<br />

Cuarteto Casals<br />

10.1. Rotterdam (NL)<br />

11.1. Tilburg (NL)<br />

16.1. Brüssel (BE)<br />

17.1. Den Haag (NL)<br />

10.2. Berlin<br />

Ray Chen<br />

11.1. Elmau<br />

13.1. Elmau<br />

15.1. Gütersloh<br />

Trio Di Clarone<br />

7.12. Ludwigshafen<br />

20.2. München<br />

26.2. Dessau<br />

d<br />

Xavier De Maistre<br />

15.12. Stuttgart<br />

16.12. Stuttgart<br />

18.12. Karlsruhe<br />

Sol Gabetta<br />

4.12. Essen<br />

6.12. Freiburg<br />

7.12. Frankfurt<br />

9.12. Villingen-<br />

Schwenningen<br />

10.12. Baden-Baden<br />

13.12. Bamberg<br />

14.12. Berlin<br />

15.12. Köln<br />

17.12. Landau<br />

18.12. Essen<br />

19.12. Osnabrück<br />

21.12. Stuttgart<br />

11.1. Hamburg<br />

21.1. Lörrach<br />

26.1. Hannover<br />

27.1. Fribourg (CH)<br />

28.1. Bern (CH)<br />

1.2. Berlin<br />

2.2. Bremen<br />

3.2. Münster<br />

4.2. Bielefeld<br />

5.2. München<br />

23.2. Chur (CH)<br />

Elina Garanca<br />

19.12. Berlin<br />

22.12. Berlin<br />

Angela Gheorghiu<br />

11.2. Essen<br />

27.3. Hamburg<br />

30.3. Hamburg<br />

4.4. Hamburg<br />

27


tourneen jazz/world<br />

Vadim Gluzman<br />

25.12. Dresden<br />

26.12. Dresden<br />

7.2. Schleswig<br />

8.2. Flensburg<br />

9.2. Husum<br />

10.2. Rendsburg<br />

Howard Griffiths<br />

2.12. Köln<br />

9.12. Frankfurt/Oder<br />

10.12. Potsdam<br />

11.12. Zürich (CH)<br />

15.12. Hannover<br />

16.12. Hannover<br />

17.12. Leipzig<br />

18.12. Hannover<br />

21.12. Biel (CH)<br />

22.12. Biel (CH)<br />

27.12. Berlin<br />

28.12. Berlin<br />

30.12. Frankfurt/Oder<br />

31.12. Frankfurt/Oder<br />

1.1. Potsdam<br />

2.1. Frankfurt/Oder<br />

17.1. Zürich (CH)<br />

18.1. St. Gallen (CH)<br />

19.1. Genf (CH)<br />

20.1. Bern (CH)<br />

29.1. Potsdam<br />

Vittorio Grigolo<br />

6.12. Zürich (CH)<br />

9.12. Zürich (CH)<br />

13.12. Zürich (CH)<br />

16.12. Zürich (CH)<br />

30.12. Berlin<br />

3.1. Berlin<br />

29.1. Berlin<br />

3.2. Berlin<br />

10.2. Berlin<br />

Tal / Groethuysen<br />

04.12. Bad Säckingen<br />

26.1. Darmstadt<br />

29.1. Bordesholm<br />

22.2. Winterthur (CH)<br />

h<br />

Daniel Hope<br />

8.12. Bielefeld<br />

14.3. Berlin<br />

15.4. Münster<br />

Maximilian Hornung<br />

18.12. Wundsiedel<br />

28.12. Lenzerheide<br />

(CH)<br />

30.12. Scuol (CH)<br />

2.1. Chur (CH)<br />

3.1. Arosa (CH)<br />

6.1. Pontresina (CH)<br />

7.1. Ilanz (CH)<br />

11.1. Elmau<br />

22.1. München<br />

7.2. Kiel<br />

10.2. Nürnberg<br />

11.2. Illertissen<br />

k<br />

Sharon Kam<br />

1.12. Berlin<br />

5.12. Berlin<br />

28.1. Salzburg (A)<br />

6.2. Mannheim<br />

7.2. Mannheim<br />

10.2. München<br />

Milos Karadaglic<br />

2.12. Berlin<br />

3.12. Hamburg<br />

5.12. Düsseldorf<br />

6.12. Bielefeld<br />

7.12. Münster<br />

9.12. Köln<br />

10.12. Frankfurt<br />

Vesselina Kasarova<br />

2.12. München<br />

5.12. München<br />

30.4. Wien (A)<br />

Amir Katz<br />

3.12. Berlin<br />

18.12. Wien (A)<br />

Concerto Köln und<br />

Harald Schmidt<br />

14.1. Kiel<br />

15.1. Lübeck<br />

21.1. Düseldorf<br />

22.1. Frankfurt<br />

27.1. Nürnberg<br />

29.1. München<br />

18.2. Stuttgart<br />

2.3. Bremen<br />

3.3. Bielefeld<br />

4.3. Dortmund<br />

Simone Kermes<br />

8.12. Bochum<br />

9.12. Bochum<br />

10.12. Hamm<br />

2.1. Elmau<br />

26.1. Hamburg<br />

Gidon Kremer<br />

26.11. Zug (CH<br />

2.2. Ludwigshafen<br />

3.2. Freiburg<br />

5.2. Amsterdam<br />

(NL)<br />

l<br />

Lang Lang<br />

2.2. Genf (CH)<br />

9.2. Frankfurt<br />

11.2. Düsseldorf<br />

21.2. Hamburg<br />

23.2. Baden-Baden<br />

26.2. Dresden<br />

28.2. Berlin<br />

m<br />

Nils Mönkemeyer<br />

2.12. Bonn<br />

18.12. München<br />

19.1. Mönchengladbach<br />

14.2. Wiesbaden<br />

19.2. Berlin<br />

27.2. Bremen<br />

28.2. Bremen<br />

Olli Mustonen<br />

12.1. Hannover<br />

13.1. Hannover<br />

o<br />

Dorothee<br />

Oberlinger<br />

3.12. Luzern (CH)<br />

4.12. Basel (CH)<br />

5.12. Bern (CH)<br />

6.12. Zürich (CH)<br />

10.12. Leer<br />

11.12. Berlin<br />

31.12. München<br />

2.1. Erlangen<br />

14.1. Weingarten<br />

12.2. Köln<br />

26.2. Heidenheim<br />

27.2. Salzburg (A)<br />

28.2. Wien (A)<br />

David Orlowsky<br />

2.12. Essingen<br />

3.12. Berlin<br />

4.12. Nürtingen<br />

5.12. Hamburg<br />

6.12. Leipzig<br />

7.12. Regensburg<br />

8.12. Bochum<br />

9.12. Papenburg<br />

21.1. Berlin<br />

Alice Sara Ott<br />

4.12. Berlin<br />

p<br />

Murray Perahia<br />

7.12. Berlin<br />

22.12. Berlin<br />

Olga Peretyatko<br />

3.12. Karlsruhe<br />

29.1. München<br />

19.2. Lausanne (CH)<br />

22.2. Lausanne (CH)<br />

24.2. Lausanne (CH)<br />

26.2. Lausanne (CH)<br />

Hille Perl<br />

1.12. Darmstadt<br />

2.12. Stuttgart<br />

3.12. Berlin<br />

28.1. Bad Säckingen<br />

29.1. Neuss<br />

30.1. Freiburg<br />

5.2. Duisburg<br />

q<br />

Emerson String<br />

Quartet<br />

20.1. Genf (CH)<br />

22.1. Zug (CH)<br />

23.1. Ludwigshafen<br />

Juilliard Quartet<br />

15.1. Leer<br />

18.1. Würzburg<br />

Hagen Quartett<br />

1.12. Wien (A)<br />

25.1. Groningen (NL)<br />

26.1. Kaiserslautern<br />

27.1. Freiburg<br />

28.1. München<br />

1.2. Salzburg (A)<br />

2.2. Wien (A)<br />

s<br />

Mikhail Simonyan<br />

29.1. Bielefeld<br />

30.1. Münster<br />

31.1. Berlin<br />

Baiba Skride<br />

1.12. Innsbruck (A)<br />

2.12. Innsbruck (A)<br />

18.1. Heidelberg<br />

Martin Stadtfeld<br />

13.1. Köln<br />

16.1. Viersen<br />

17.1. Braunschweig<br />

18.1. Hamburg<br />

26.1. Grünwald/<br />

München<br />

27.1. Stuttgart<br />

29.1. Nürnberg<br />

3.2. Frankenthal<br />

4.2. Essen<br />

8.2. Wuppertal<br />

9.2. Wuppertal<br />

25.2. Bad Wildungen<br />

26.2. München<br />

t<br />

Nikolai Tokarev<br />

4.12. Erlangen<br />

10.12. München<br />

8.1. Zug (CH)<br />

15.1. Bremen<br />

16.1. Bremen<br />

17.1. Bremen<br />

v<br />

Jan Vogler<br />

16.12. Saarbrücken<br />

18.12. Saarbrücken<br />

8.2. Wuppertal<br />

Klaus Florian Vogt<br />

29.11. Frankfurt<br />

14.12. Dresden<br />

17.12. Dresden<br />

30.12. Berlin<br />

31.12. Berlin<br />

5.1. München<br />

8.1. München<br />

12.1. München<br />

21.1. Berlin<br />

27.1. Berlin<br />

w<br />

Carolin Widmann<br />

11.1. Winterthur<br />

(CH)<br />

20.1. Berlin<br />

27.1. Salzburg (A)<br />

29.1. Salzburg (A)<br />

30.1. Salzburg (A)<br />

4.2. Salzburg (A)<br />

17.2. Amsterdam<br />

(NL)<br />

23.2. Halle<br />

Alle Tourneedaten fortlaufend<br />

aktualisiert und<br />

mit genauen Orts an -<br />

ga ben finden Sie unter<br />

sonomagazin.de<br />

a<br />

John Abercrombie &<br />

Marc Copland<br />

19.1. Neustadt<br />

20.1. Braunschweig<br />

22.1. Wien (A)<br />

b<br />

Battles<br />

6.12. Frankfurt/Main<br />

7.12. Berlin<br />

Dean Brown<br />

3.12. Tilburg (NL)<br />

4.12. Berlin<br />

10.12. Wien (A)<br />

12.12. Basel (CH)<br />

13.12. München<br />

14.12. Zülpich<br />

15.12. Kassel<br />

16.12. Rotterdam (NL)<br />

17.12. Minden<br />

c<br />

Uri Caine Acoustic<br />

Trio<br />

21.1. Amsterdam (NL)<br />

24.1. München<br />

26.1. Antwerpen (B)<br />

28.1. Neuburg<br />

29.1. Wien (A)<br />

Paul Carrack &<br />

SWR Big Band<br />

6.12. Mannheim
<br />

7.12. Tuttlingen
<br />

8.12. Karlsruhe
<br />

9.12. Stuttgart
<br />

14.12. Willstädt
<br />

15.12. Zürich<br />

d<br />

Barbara Dennerlein<br />

2 7.1 . K l e v e<br />

e<br />

Echoes Of Swing<br />

6.12. Duisburg<br />

7.12. Witten<br />

17.12. Zürich (CH)<br />

31.12. Elmau<br />

Sidsel Endresen &<br />

Humcrush<br />

8.12. Wien (A)<br />

9.12. München<br />

10.12. Dresden<br />

11.12. Bern (CH)<br />

13.12. Köln<br />

14.12. Tilburg (NL)<br />

15.12. Essen<br />

h<br />

Pablo Held Trio<br />

13.12. Mannheim<br />

17.12. Villingen<br />

20.1. Hamburg<br />

3.2. Dortmund<br />

21.2. Berlin<br />

Jasper van’t Hofs<br />

Pili Pili<br />

12.1. Osnabrück<br />

13.1. Detmold<br />

14.1. Hannover<br />

15.1. Bremen<br />

16.1. Hamburg<br />

17.1. Bochum<br />

18.1. Bonn<br />

19.1. Mannheim<br />

20.1. Ravensburg<br />

21.1. Frick (CH)<br />

22.1. Karlsruhe<br />

24.1. Wien (A)<br />

25.1. Ingolstadt<br />

26.1. Frankfurt/Main<br />

27.1. Tübingen<br />

28.1. Bayreuth<br />

i<br />

Dieter Ilg<br />

27.1. Neunkirchen<br />

28.1. Gschwend<br />

29.1. Biberach<br />

4.2. Donaueschingen<br />

8.6. Oldenburg<br />

j<br />

Äl Jawala<br />

2.12. Rostock<br />

7.12. Potsdam<br />

8.12. Schwerin<br />

9.12. Dresden<br />

10.12. Plauen<br />

11.12. Bamberg<br />

15.12. Kiel<br />

16.12. Lübeck<br />

17.12. Flensburg<br />

JazzIndeed &<br />

Michael Schiefel<br />

15.1. Berlin<br />

17.1. Karlsruhe<br />

18.1. München<br />

20.1. Ulm<br />

21.1. Villingen<br />

k<br />

Klazz Brothers<br />

4.12. Nürnberg<br />

8.12. München<br />

9.12. Vilsbiburg<br />

10.12. Minden<br />

28


11.12. Hameln<br />

12.12. Bargteheide<br />

13.12. Peine<br />

16.12. Bünde<br />

17.12. Bochum<br />

21.12. Hannover<br />

22.12. Berlin<br />

Besondere<br />

Hörempfehlungen<br />

l<br />

Lisbeth Quartett<br />

10.12. Bad Salzhausen<br />

12.12. Leipzig<br />

1.2. Saarbrücken<br />

5.2. Kiel<br />

Jeff Lorber<br />

1.12. Dresden<br />

2.12. Berlin<br />

5.12. Aschaffenburg<br />

6.12. Tilburg (NL)<br />

7.12. Tilburg (NL)<br />

8.12. Zoetermeer (NL)<br />

11.12. Krefeld<br />

13.12. Leverkusen<br />

19.12. Wien (A)<br />

Jeff Tweedy, Mikael<br />

Jorgensen: Americana<br />

mit Stehlampe<br />

POETICA DIE SINNLICHSTE<br />

VERSCHMELZUNG VON<br />

POESIE & KLASSIK<br />

So hat man Klassik & Poesie noch nie gehört:<br />

Hannes Jaenicke, Martina Gedeck, Ina Müller,<br />

Ulrich Tukur und viele weitere Stars lesen ihre<br />

Lieblingsgedichte, untermalt und verwoben<br />

mit passender klassischer Musik. Die CD bildet<br />

und ist Balsam für die Ohren zugleich.<br />

m<br />

Nils Petter Molvaer<br />

2.12. Nürtingen<br />

3.12. Wien (A)<br />

n<br />

Nighthawks<br />

17.1. Kiel<br />

18.1. Wilhelmshaven<br />

19.1. Hamburg<br />

r<br />

radio.string.<br />

quartet.vienna<br />

7.12. Fürstenfeld<br />

8.12. Gauting<br />

9.12. Pullach<br />

21.1. Dortmund<br />

2.2. Steyr (A)<br />

3.2. Feldafing<br />

4.2. Innsbruck (A)<br />

5.2. Salzburg (A)<br />

t<br />

Blick zurück:<br />

Bohème Blues<br />

Wilco, München<br />

Am Vorabend, meint John Tweedy,<br />

hätten sie in einem Opernhaus<br />

gespielt. Nun also Zirkus, er finde<br />

das gut. Ein Quäntchen Koketterie<br />

schwingt da mit, aber das stört niemanden.<br />

Schließlich sind Wilco dafür<br />

bekannt, mit den Zeichen des Establishments<br />

zu spielen, nicht vehement,<br />

eher dezent. So halten es die<br />

Chicagoer Post-Folk-Rocker auch im<br />

Münchner Circus Krone. Das Konzert<br />

findet vor einem zerknitterten Samtvorhang<br />

statt, Tweedy selbst präsentiert<br />

sich im Anzug mit Hut, und die<br />

Musik wirkt angenehm eingängig. Ein<br />

bisschen moderne Bohème trifft Varieté,<br />

ein wenig Stadtblues intellektuelle<br />

Spielarten des Countrysounds<br />

und aktuelles Repertoire wie „I Might“<br />

und „One Sunday Morning“ reichlich<br />

Lieder früherer Jahre. Der Spaß an<br />

der Musik besteht dabei nicht nur in<br />

der verschmitzten Verkleidung USamerikanischer<br />

Alltäglichkeiten, sondern<br />

auch in den Querschlägern, die<br />

die angedeutete Harmonie relativeren.<br />

So sägt Gitarrist Nels Cline immer<br />

dann in den Wohlklang, wenn dieser<br />

zu bieder zu werden droht. Und<br />

Glenn Kotche setzt der akustischen<br />

Heimeligkeit drastische Schlagzeugexkurse<br />

entgegen. Das ist die Haltung,<br />

weshalb Wilco derzeit zu den<br />

Lieblingen der Kritik gehörten. Und<br />

das sorgt auch für das Vergnügen,<br />

das das Publikum mit zwei Stunden<br />

Americana für Fortgeschrittene hat.<br />

<br />

Ralf Dombrowski<br />

JAZZ FOR DINNER 3<br />

Die schönsten Songs für einen stimmungsvollen<br />

Abend auf einer Doppel-CD. Wundervolle<br />

Songs aus Pop und Jazz ausgewählt von der<br />

Brigitte-Redaktion. Mit Künstlern wie Norah<br />

Jones, Lyambiko, Melody Gardot, Rumer, Jamie<br />

Cullum, Till Brönner, Silje Nergaard und vielen<br />

anderen Stars.<br />

Tamikrest<br />

1.12. Erlangen<br />

2.12. Geislingen<br />

3.12. Aarau (CH)<br />

4.12. Bern (CH)<br />

5.12. Frankfurt/Main<br />

6.12. Heidelberg<br />

8.12. Köln<br />

9.12. Stuttgart<br />

12.12. Berlin<br />

Ralph Towner &<br />

Paolo Fresu<br />

8.2. Dudelange (L)<br />

9.2. Trier<br />

10.2. Berlin<br />

14.2. Esslingen<br />

u<br />

Gebhard Ullmann<br />

Conference Call<br />

1.12. Wien (A)<br />

2.12. Dachau<br />

3.12. Taubenbach<br />

5.12. Krems (A)<br />

6.12. Marburg<br />

7.12. Münster<br />

8.12. Karlsruhe<br />

9.12. Eschen (FL)<br />

10.12. Lausanne<br />

(CH)<br />

w<br />

Ernie Watts Quartet<br />

2.12. Neuburg<br />

3.12. Göppingen<br />

4.12. Basel (CH)<br />

9.12. Siegen<br />

10.12. Frankfurt/<br />

Main<br />

SCHÖNHERZ & FLEER<br />

BEST OF RILKE PROJEKT<br />

Die schönsten Gedichte Rainer Maria Rilkes<br />

in Zusammenklang mit den bewegenden<br />

Kompositionen von Schönherz & Fleer.<br />

Jetzt gibt es das Beste aus 10 Jahren Rilke<br />

Projekt auf einer CD, mit Hardy Krüger, Xavier<br />

Naidoo, Iris Berben, Ben Becker, Nina Hagen,<br />

Montserrat Caballé u.v.a.<br />

29<br />

www.sonymusicclassical.de


der Promihörer<br />

Gert Scobel<br />

Kulturzeit, ARD-Morgenmagazin, inzwischen<br />

eine wöchentliche Wissensrunde<br />

bei 3sat. Das geht nur, wenn man<br />

sich die Neugier erhält. Auch auf Musik.<br />

Welche Platte haben Sie sich als<br />

erste selbst gekauft?<br />

Das war das blaue Album von den<br />

Beatles, das ich dann die nächsten<br />

Jahre rauf und runter gehört habe<br />

(und das jetzt erstaunlicherweise<br />

mein Sohn hört).<br />

Welches Instrument haben Sie<br />

gelernt?<br />

Lernen? Na ja. Eher dilettieren.<br />

Gitarre bei einem Freund, der<br />

klassische Gitarre lernte und extrem<br />

gut war (ich habe dann viel<br />

später und viel schlechter in einer<br />

Band gespielt). E-Bass im Selbstversuch.<br />

Klavier beim Pfarr-Organisten,<br />

eine elende Erfahrung,<br />

die nur anderthalb Jahre dauerte.<br />

Im Anschluss dann bis heute<br />

(leider) nur alleine. Trompete<br />

zunächst als Autodidakt (was<br />

die vielen technischen Mängel<br />

erklärt) und in der Zeit, in der ich<br />

Morgenmagazin moderiert habe,<br />

bei Manfred Schoof (danke!!!).<br />

Was war Ihr bisher eindrucksvollstes<br />

Konzerterlebnis?<br />

Es gab einige. Das stärkste vielleicht,<br />

weil es ein Erlebnis voller<br />

Wucht war, das mich noch Wochen<br />

danach wach gemacht hat,<br />

war Eric Clapton in Frankfurt.<br />

Ansonsten glaube ich Emil Gilels<br />

in Berkeley (für rund drei Dollar,<br />

als Student).<br />

Sind Sie auch mal selbst als Musiker<br />

aufgetreten?<br />

Mit den Nachbarjungs in der üblichen<br />

Garagenband (mit alten<br />

Radios und frisierten Bandmaschinen<br />

als Verstärkern) – und<br />

später mit einer Band aus Studentenkollegen<br />

bei Festen und<br />

im Jugendclub. Wir haben einige<br />

Jahre zusammen gespielt.<br />

Was singen Sie am liebsten unter<br />

der Dusche?<br />

Nichts. Ich will das nicht hören.<br />

Mein Hund erst recht nicht. Und<br />

der Rest der Welt vermutlich auch<br />

nicht. Aber ich gebe zu: Manchmal<br />

singe ich ziemlich laut im<br />

Auto.<br />

Mit welchen Songs bringt man Sie<br />

auf die Tanzfläche?<br />

Mit so gut wie keinem. James<br />

Brown vielleicht, „Sex Machine“.<br />

Mit welchen wieder herunter?<br />

Mit so ziemlich allem. Übrigens<br />

auch mit allem, was wirklich gut<br />

ist – dann höre ich lieber zu.<br />

Mit welcher Platte testen Sie die<br />

Belastbarkeit ihrer Boxen?<br />

Carolyn Mas, „Sittin’ In The Dark“.<br />

Und Bruce Springsteen: „Racing<br />

In The Street“.<br />

Was läuft bei Ihnen zum Sonntagsbrunch?<br />

Kommt wirklich auf meine Stimmung<br />

an. Ich höre anders als beim<br />

Essen gerne durcheinander: Da<br />

kann Chopin sich mit Kings of<br />

Convenience und Nils Landgren<br />

abwechseln.<br />

Wessen Stimme könnten Sie ewig<br />

lauschen?<br />

Barbara Hendricks. Und Barbra<br />

Streisand.<br />

Der beste Soundtrack zum Joggen:<br />

Alles was den richtigen Rhythmus<br />

zum Laufen hat, was gerade<br />

neu ist. Und seltsamerweise Rolling<br />

Stones.<br />

Ihr Lieblingsinstrumentalist:<br />

Nicht sehr innovativ, das zu sagen:<br />

Aber auch hier wechselt die<br />

Präferenz – nicht zuletzt mit dem<br />

Instrument. Im Moment wieder<br />

Chet Baker. Gefolgt von Trombone<br />

Shorty, Murray Perahia und<br />

Michael Rische.<br />

Welche Musik haben Sie sich als<br />

letztes gekauft?<br />

Wilco („The Whole Love“) sowie<br />

Carl Philipp Emanuel Bach,<br />

Klavierkonzerte Wq 23, Wq 112/1,<br />

Wq 31, gespielt von Michael<br />

Rische, den ich für den besten<br />

deutschen Pianisten halte.<br />

Bei welcher Musik bekommen Sie<br />

Ganzkörperausschlag?<br />

Bushido, der jetzt auch noch einen<br />

Integrationsbambi erhalten hat.<br />

Wen integriert der eigentlich?<br />

Ihr Album für die einsame Insel:<br />

Genesis „Trick of the Tail“, Mozarts<br />

„Moll-Klavierkonzerte“ und<br />

„Islands“ von Benny Bailey (sorry,<br />

aber ich kann nicht mit einem Album<br />

auf eine Insel).<br />

Sind Sie eher der High-End – oder<br />

der MP3-Typ?<br />

Definitiv High-End – obwohl ich<br />

im Zug oder Flugzeug natürlich<br />

MP3 höre, notgedrungen.<br />

Nach welchen Kriterien ordnen<br />

Sie ihre Plattensammlung?<br />

Nach Genre. Blöd wird das nur,<br />

wenn sich etwas überlappt, besonders<br />

bei Klassik.<br />

Welchen Songtext können sie auswendig?<br />

Dadada.<br />

Erscheinungstermin der nächsten Ausgabe: 9. Februar 2012<br />

Foto: Jürgen Bauer<br />

30


wieder label des jahres<br />

ECHO Jazz 2010 & 2011<br />

get the spirit of jazz - highlights 2011:<br />

landgren der jazz-romatiker:<br />

„wer zuhört kann kaum anders,<br />

als vom charme dieser musik<br />

hingerissen zu sein“ (stern)<br />

„ein phänomen“ (sz): polens<br />

populärster jazzer verneigt sich<br />

vor dem urvater des polnischen<br />

jazz, krzysztof komeda.<br />

ein naturereignis an den tasten<br />

(jazzthing): „jazzalbum des<br />

jahres“ der deutschen schallplattenkritik<br />

hits von bob marley, janis<br />

joplin, led zeppelin, cream<br />

und den beatles im unwiderstehlichen<br />

world-jazzsound.<br />

nils landgren<br />

the moon, the stars and you<br />

ACT 9505-2<br />

leszek możdżer<br />

komeda<br />

ACT 9516-2<br />

iiro rantala<br />

lost heroes<br />

ACT 9504-2<br />

nguyên lê<br />

songs of freedom<br />

ACT 9506-2<br />

gospel durchdrungen, blues<br />

und soul durchtränkt: sand<br />

singt klassiker von nina simone<br />

bis bill withers. mit raul midón.<br />

musikalischer liebesbrief an<br />

herbie hancock: tolstoy interpretiert<br />

klassiker und 80er<br />

funk-songs aus dessen feder.<br />

das erfolgsalbum der besten<br />

internationalen sängerin 2011<br />

(echo jazz) plus bonus cd mit 4<br />

bisher unveröffentlichten titeln.<br />

„bewegendes hörerlebnis“<br />

(rondo): „mit den ideen dieses<br />

albums bestreiten andere<br />

künstler ihre komplette karriere“<br />

(stern)<br />

ida sand<br />

the gospel truth<br />

ACT 9518-2<br />

viktoria tolstoy<br />

letters to herbie<br />

ACT 9519-2<br />

youn sun nah<br />

same girl collector’s edition<br />

ACT 6012-2 (2 CD-set)<br />

caecilie norby & lars danielsson<br />

arabesque<br />

ACT 9723-2<br />

20 jahre ACT: jubilee nights mit der ACT family band in kooperation mit karsten jahnke:<br />

mit nils landgren, caecilie norby, michael wollny, lars danielsson, nguyên lê,<br />

wolfgang haffner, verneri pohjola, céline bonacina vom 2.2. - 5.2. in berlin, münchen,<br />

düsseldorf und hamburg<br />

ACT „piano - piano“ clubtour vom 7. - 12.2. u.a. mit leszek możdżer, yaron herman,<br />

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