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Keith jarrett - SONO

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Musik für erwachsene Hörer<br />

<strong>Keith</strong><br />

<strong>jarrett</strong><br />

Solo in rio und die<br />

Magie des Moments<br />

Ian Anderson<br />

„Das alles macht<br />

mich immer<br />

noch wütend!“<br />

w w w. sonomaga z i n .d e<br />

Anoushka<br />

Shankar<br />

Eine Sitar auf dem<br />

Weg nach Spanien<br />

NOV. / DeZ. 2011 8 0.0 0 0 exe m p la re<br />

Roger Cicero<br />

Mehr Soul im<br />

Swing – die<br />

„Männersachen“<br />

geben Gas<br />

Außerdem: George Benson, U2,<br />

Peter Gabriel, Michel Godard u. a.<br />

Und immer: CD-Besprechungen<br />

und Tourneedaten aus<br />

Pop, Rock, Klassik und Jazz!


The<br />

Real Jazz<br />

Is Back!<br />

Archie Shepp Alice Coltrane McCoy Tyner Coleman<br />

Hawkins <strong>Keith</strong> Jarrett Charles Mingus Duke<br />

Ellington Chico Hamilton Pharoah Sanders<br />

Paul Gonsalves Howard Roberts Albert Ayler<br />

Freddie Hubbard Michael White Sonny Rollins Milt<br />

Jackson Oliver Nelson Ahmad Jamal Clark Terry<br />

Hank Jones Art Blakey Gabor Szabo Mel Brown<br />

Sonny Stitt Marion Brown Curtis Fuller Steve Allen<br />

Elvin Jones Sonny Criss Shirley Scott John Handy<br />

Zum fünfzigsten Jubiläum des Kultlabels:<br />

• Jeweils zwei legendäre Alben auf einer CD !<br />

• Neues digitales Remastering!<br />

• Komplettes Original-Artwork im Farb-Booklet!<br />

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JAZZ-KLASSIKER<br />

EINGEBOXT!<br />

Für diese streng limitierten Boxen<br />

sollten Jazz-Fans unter dem<br />

Weihnachtsbaum Platz freihalten!<br />

Sie bleiben die Größten: Louis Armstrong, Ella Fitzgerald, Billie Holiday,<br />

Charlie Parker und Sidney Bechet! Die fünf prächtigen prächtigen Boxen der neuen<br />

THE JAZZ MASTERS-Serie gehen zurück in die 30er bis 50er Jahre und<br />

präsentieren auf jeweils 13-15 CDs digital neu remastert das Komplettwerk<br />

dieser Künstler. Die erstaunlich preiswerten Boxen enthalten zudem<br />

prachtvolle, ausführliche Booklets!<br />

WES MONTGOMERY’s Verve-Alben gelten als die<br />

Meisterwerke des unvergessenen Gitarristen.<br />

Das 5-CD-Set MOVIN’: THE COMPLETE VERVE<br />

RECORDINGS beinhaltet alle acht Alben wie<br />

“Movin’ Wes”, “Bumpin’”, “Tequila” und “The<br />

Dynamic Duo”, remastert und mit reichlich<br />

Bonustracks in einem ausführlichen, reich<br />

illustrierten Hardcover-Buch (19 x 19 cm).<br />

Zum 50. Jubiläum vollendet<br />

Impulse seine JOHN COLTRANE-<br />

Boxenserie! THE ORIGINAL<br />

IMPULSE ALBUMS 4 & 5<br />

enthalten jeweils fünf<br />

Albumklassiker und runden<br />

damit das Gesamtwerk des<br />

Saxophonisten ab: “Expression”, “Live at the Village Vanguard Again!”, “Om”,<br />

“Cosmic Music”, “Selfl essness”, “Live in Seattle”, “Sun Ship”, “Transition”, “Infi nity”<br />

und “Live in Japan”.<br />

Der swingendste schwarze<br />

Kasten aller Zeiten! Alle zwanzig<br />

Folgen der erfolgreichen<br />

ORIGINAL JAZZ CLASSICS<br />

REMASTERS in einer Box, mit<br />

einem nahezu unglaublichen<br />

Preisvorteil! Jedes der hier<br />

enthaltenen Alben von Top-Stars<br />

wie MILES DAVIS, SONNY<br />

ROLLINS, CHET BAKER,<br />

ART BLAKEY usw. ist ein Klassiker<br />

und wurde neu digital remastert!<br />

www.jazzecho.de


inh alt<br />

Zunächst das Wetter: Golden<br />

scheint die herbstsonne durch<br />

das Münchner Redaktionsfenster,<br />

ein prächtiger altweibersommer.<br />

Dann die Stimmung: ist auch ganz<br />

gut, denn die musikalische Saison wartet mit<br />

vielen Prominenten und noch mehr Künstlern auf,<br />

die endlich entdeckt werden wollen. Da heißt es,<br />

eine auswahl treffen: alte Recken und junges Blut,<br />

klas sischer Jazz und modernes Entertainment,<br />

Weltmusik und Kammerklänge, alles unter einem<br />

Dach. Und dazu so manches Schmankerl, das<br />

über diesen horizont hinausreicht. lassen sie sich<br />

also ruhig zum Schmökern verführen. Denn wenn<br />

uns das gelingt, haben wir unsere Mission erfüllt!<br />

Ralf Dombrowski<br />

Chefredakteur SOnO<br />

t r ailer<br />

News aus der Welt der Musik 4<br />

l e serp ost/ iMpre ssUM<br />

Lob, Kritik und Wissenswertes 5<br />

In Rio spielte <strong>Keith</strong> Jarrett eines<br />

der Konzerte seines Lebens 6<br />

Jethro Tulls ian anderson denkt<br />

an die Kirche und an „Aqualung“ 8<br />

entertainment ist eine Kunst<br />

finden Alsmann, Cicero, Tukur 10<br />

Der Grübler peter Gabriel feilt<br />

weiter am Gesamtkunstwerk 12<br />

Diesmal singt George Benson<br />

kaum, greift dafür in die Saiten 14<br />

n eUe Gesi chter<br />

Irma, Alexander von Hagke,<br />

Duo Gazzana 15<br />

Berlin hatte für U2 die nötige<br />

Frischzellenkur parat 16<br />

Vergesst die Stones! Die stadionrocker<br />

Coldplay, Kings of Leon<br />

RHCP machen das Rennen 18<br />

Als camille Mutter wurde,<br />

klang plötzlich alles anders 20<br />

d ie sono - liste<br />

Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“<br />

im neuen Gewand 22<br />

Jazz trifft bei Michel Godard,<br />

auf Alte Musik und die<br />

Ideen Monteverdis 24<br />

Das radio.string.quartet.vienna<br />

schürft bei Freud und Dali,<br />

ein traumhaftes Projekt 26<br />

In anoushka shankas Welt<br />

lernt die Sitar spanisch 28<br />

c d - r e z e n si o n e n r o c K , p o p & co.<br />

Jeff Bridges, theo Bleckmann, Superheavy,<br />

Udo lindenberg, John Watts u.a. 30<br />

c d - r e z e n si o n e n K l a s siK<br />

Daniel Barenboim, hélène Grimaud, Sharon<br />

isbin, David Orlowsky, David Garrett u.a. 34<br />

c d - re z e n si o n e n Ja z z & wo r l d<br />

Malcolm Braff, Chick Corea, Brad Mehldau<br />

Rudresh Mahanthappa, Stefano Bollani u.a. 36<br />

s c h at z t r U h e<br />

neue Boxsets, Serien und Sampler 38<br />

M e d i a M i x<br />

neue Bücher, Spiele und DVDs 42<br />

t o U r n e e n p o p<br />

tony Christie, Bob Dylan, Jean Michel Jarre,<br />

ina Müller, Saga, tok tok tok, Wilco, u.a. 46<br />

t o U r n e e n K l a s siK<br />

lisa Batiashvili, nigel Kennedy, alice Sara<br />

Ott, Martin Stadtfeld, ingolf Wunder u.a. 48<br />

t o U r n e e n Ja z z<br />

Jan Garbarek, tringvall trio u.a.<br />

Rückblick: Badi assad 49<br />

p r o M i - h ö r e r -s t e c K B rief<br />

Fantasy-autor Kai Meyer 50<br />

E x K l U S i V F ü R a B O n n E n t E n :<br />

16 seiten s o n o p l Us<br />

10 camille<br />

8 Michel Godard<br />

10 stadionrocker<br />

14 radio.string.<br />

quartet.<br />

vienna<br />

3


TRAIleR<br />

Björk ist die Zukunft, R.E.M. schon Vergangenheit. Die eine feilt am<br />

eigenen Musik-App, die anderen haben vorerst die Segel gestrichen.<br />

Während Modesignerin Stella McCartney gerne Modells betrachtet,<br />

hat Papa Paul in new york Spaß bei den Proben zu seinem Ballett.<br />

Die Feuilletons haben geweint.<br />

Denn R.E.M. haben<br />

sich aufgelöst, und<br />

damit ging für manchen Redakteur<br />

ein „kleines Wunder der<br />

Pop-Geschichte“ (Süddeutsche<br />

Zeitung) zu Ende. Michael Stipe,<br />

Sänger und Vordenker der<br />

US-amerikanischen Edelrocker,<br />

nahm es allerdings gelassen. „Wie<br />

ein weiser Mann einmal sagte: Die<br />

Kunst ist es zu wissen, wann es Zeit<br />

ist, die Party zu verlassen“, gab er<br />

zu Protokoll und verwies darauf,<br />

dass 31 Jahre und 15 Alben mit einer<br />

Band genug seien. Man trenne<br />

sich in Freundschaft, hieß es<br />

weiter, und wer noch einmal die<br />

ganze Pracht des R.E.M.-Sounds<br />

genießen wolle, der könne ja zum<br />

frisch kompilierten Abschieds-<br />

Best-Of-Album „Part Lies, Part<br />

Heart, Part Truth, Part Garbage,<br />

1982–2001“ greifen. There’s no biz<br />

like showbiz!<br />

PAul MCCARtnEy hat ein Ballett<br />

geschrieben. Es heißt „Ocean’s<br />

Kingdom“ und ist das erste Werk<br />

4<br />

des Liverpoolers für die Welt des<br />

Tanzes. Den Auftrag dazu gab<br />

das New York City Ballet, das<br />

sich auch um die Uraufführung<br />

am 22. September in New York<br />

kümmerte. Gerade einmal zwei<br />

Monate soll McCartney für die<br />

Entwürfe gebraucht haben, die<br />

er dann zusammen mit dem<br />

Dirigenten John Wilson in eine<br />

Orchesterpartitur verwandelte<br />

und dem Leiter des New York City<br />

Ballet für die Bühne präsentierte.<br />

Die Kostüme übrigens designte<br />

McCartney-Tochter StEllA, die<br />

in diesen Tagen auch sonst viel zu<br />

tun hatte. Schließlich wollte Papas<br />

dritte Ehefrau Nancy Shevell,<br />

die der Ex-Beatle am 9.Oktober in<br />

London geheiratet hat, ebenfalls<br />

im schicken Kostüm antreten.<br />

Jamie Oliver hat ihn schon erhalten<br />

und auch Robin Gibb. Und<br />

Prince Charles. So befindet sich<br />

CliFF RiChARD in guter Gesellschaft,<br />

wenn er am 4. November<br />

in Düsseldorf den Ehrenpreis des<br />

Deutschen Nachhaltigkeitspreises<br />

überreicht bekommt. Der Künstler<br />

und Entertainer, der nicht zuletzt<br />

wegen seines humanitären Engagements<br />

von Queen Elizabeth II<br />

in den Adelsstand erhoben wurde,<br />

wird damit unter anderem für<br />

die weitreichende Unterstützung<br />

geehrt, die er wohltätigen Organisationen<br />

zukommen lässt. Allerdings<br />

wäre es nicht wirklich<br />

D i e z a h l<br />

30,1 %<br />

der Fernsehzuschauer hätten gerne<br />

Helge Schneider als neuen Tatort-<br />

Kommissar im Ruhrpott. In einer<br />

repräsentativen Umfrage des Medienportals<br />

Blickpunkt:Film konnte<br />

der Komödiant und Querdenker<br />

sich knapp vor Armin Rohde (27,9<br />

Prozent) platzieren. Andere Musikerkollegen<br />

blieben wie Marius Müller-<br />

Westernhagen (10,3 Prozent) und<br />

Herbert Grönemeyer (6,6 Prozent)<br />

weit abgeschlagen in der Gunst der<br />

Krimi-Freunde.<br />

Christoph Schlingensiefs Operndorf<br />

in Burkina Faso wächst<br />

und wächst. Sir Cliff Richard (l.)<br />

hilft gerne und singt am liebsten<br />

Souliges.<br />

nachhaltig, wenn Cliff Richard<br />

angesichts der Gala nicht auch<br />

einen Teil des Programms von<br />

„Soulicious – The Soul Album“<br />

vorstellen würde. Apropos Nachhaltigkeit:<br />

Die Sängerin Björk, Islands<br />

Königin der Illusion, hat ihr<br />

neues Album „Biophilia“ zuerst<br />

nur als App veröffentlicht. Denn<br />

das Virtuelle macht weniger Müll,<br />

vielleicht aber auch nicht so viel<br />

Spaß. Deshalb kam die CD dann<br />

doch noch hinterher.<br />

Es war einer der Träume des<br />

im vergangenen Jahr gestorbenen<br />

Theaterpioniers ChRiStOPh<br />

SChlingEnSiEF: ein Operndorf<br />

in Burkina Faso, ganz real und<br />

zugleich eine „soziale Plastik“.<br />

Am 8.Oktober nun wurde diese<br />

Vision ein wenig mehr zur Wirklichkeit.<br />

Denn da öffnete die vom<br />

Architekten Francis Kéré entworfene<br />

Dorfschule ihre Pforten. Und<br />

auch sonst wird eifrig weiter gearbeitet,<br />

wie etwa in der vom Goethe-Institut<br />

geförderten „Dodo<br />

Opera Connection“, in der der<br />

Theateraktivist Wilfried Bambara<br />

Künstler und über 70 Jugendliche<br />

der umliegenden Dörfer in Tanz-<br />

und Gesangsprojekte integriert.<br />

Das Operndorf wächst.<br />

Foto: Corbijn


leSeRP oST<br />

Mehr junges Blut<br />

Betrifft: SoNo allgemein<br />

Erst ein Kompliment:<br />

Sie machen ein wirklich<br />

schönes Heft! Dann<br />

auch Kritik: Warum<br />

kommen so wenig jüngere<br />

Rockthemen vor?<br />

Ich bin zwar aus dem<br />

Hitparadenalter raus.<br />

Aber das heißt ja nicht, dass ich<br />

nicht noch was Neues entdecken<br />

möchte. Also nur Mut zu jungem<br />

Blut!<br />

Heinz Beierlein, per eMail<br />

Swingt ordentlich<br />

Betrifft: SoNoplus<br />

Manche brauchen dafür ein ganzes<br />

Buch, aber der Beilage vom<br />

letzten <strong>SONO</strong> Heft ist es gelungen,<br />

die Geschichte des Swings wirklich<br />

spannend und unterhaltsam<br />

auf wenigen Seiten darzustellen.<br />

Ich habe das mit viel Vergnügen<br />

gelesen!<br />

Friedemann Strate, Essen.<br />

Der Blender<br />

Betrifft: Nigel Kennedy<br />

in SoNo 4/11<br />

Also, ich will ja nicht<br />

meckern, aber Nigel<br />

Kennedy ist nun<br />

wirklich ein Blender.<br />

Mir kommt er vor wie<br />

ein Geiger, der nicht<br />

übt, und deshalb alles<br />

Mögliche spielt. Da hätte man<br />

ihm ruhig mal ein bisschen auf<br />

den Zahn fühlen können!<br />

Annemarie Liephold, Potsdam<br />

Sehr ehrlich<br />

Betrifft: Chris Rea in SoNo 4/11<br />

Ich war sehr beeindruckt, wie<br />

selbstverständlich Chris Rea<br />

in ihrem Interview über seine<br />

Krankheit und den Tod geredet<br />

hat. Solche Themen werden bei<br />

Künstlern in der Öffentlichkeit<br />

von den Hochglanzblätter ja oft<br />

verschwiegen. Dabei machen sie<br />

sie erst richtig menschlich.<br />

Klaus Heinemann, Trittau<br />

Projekt1:Layout 1 13.10.2011 11:54 am Seite 1<br />

Echt der hammer<br />

Betrifft: Sono-liste in SoNo 3/11<br />

Ihre <strong>SONO</strong>-Liste ist ein echtes<br />

Schmankerl! Dass da auch mal<br />

so Leute vorkommen wie Joni<br />

Mitchell , die ja sonst gerne bei all<br />

den Lady Gagas vergessen werden!<br />

Ich habe mir jedenfalls gleich<br />

mal ein paar von diesen Tipps bestellt<br />

und Joni Mitchell, Joe Jackson<br />

und Steve Hackett sind echt<br />

der Hammer. Freue mich schon<br />

auf die nächste Liste!<br />

Anselm Schuster, per eMail<br />

i h r e m e i n u n g<br />

ist uns wichtig!<br />

Haben Sie Fragen, Kritik, Anregun-<br />

gen oder ergänzungen zu den<br />

Artikeln in SoNo? Dann schreiben<br />

Sie uns – die Redaktion freut<br />

sich auf ihr Feedback unter post@<br />

sonomagazin.de oder per Post<br />

an Inmedia, Redaktion SoNo, lucile-<br />

Grahn-Str. 37, 81675 München<br />

! www.petergabriel.com<br />

i m p r e s su m<br />

Verlag: I N M e D I A Verlagsund<br />

Redaktionsbüro GmbH<br />

lucile-Grahn-Str. 37<br />

81675 München<br />

Telefon 089 / 457 261-0<br />

Fax 089 / 457 261-50<br />

Mail post@sonomagazin.de<br />

herausgeber: Günter F. Bereiter<br />

Redaktion: Ralf Dombrowski<br />

(r.dombrowski@inmedia.de,<br />

Tel. 0 89 / 45 72 61-41)<br />

Autoren dieser Ausgabe:<br />

Guido Fischer, Sascha Fröhlich,<br />

Raoul Gulbenkian, Paul Hammerthal,<br />

Wolf Kampmann, Jörg laumann,<br />

Reinhard lemelle, Felix Marondel,<br />

Gunther Matejka, Christiane<br />

Rebmann, Christian Stolberg,<br />

Steffen Rüth, Hans-Jürgen Schaal,<br />

Robert Wallner<br />

Bildredaktion: Fritz osskar<br />

termine: Michael Sailer<br />

Design: Arndt Knieper<br />

Produktion: Viola Müller-Hergerdt<br />

Anzeigenmarketing: Maren Kumpe<br />

(m.kumpe@inmedia.de,<br />

Tel. 089 / 457 261-35)<br />

Abo + Vertrieb: Susanne lanzinger<br />

(s.lanzinger@inmedia.de,<br />

Tel. 0 89 / 45 72 61-45)<br />

Druck: Augsburger<br />

Druckhaus ADV<br />

Aindlinger Str. 17–19<br />

86167 Augsburg<br />

SOnO erscheint sechsmal jährlich


<strong>Keith</strong> Jarre t t<br />

Das Rio-Erlebnis<br />

Eigentlich wäre Bach an der Reihe gewesen. Und auch<br />

ein Album im bewährten Trio steht auf der Warteliste.<br />

Aber dann spielte <strong>Keith</strong> Jarrett ein Konzert in Rio de<br />

Janeiro und war selbst so fasziniert, dass er alles andere<br />

vertagte. Von ralf Dombrowski<br />

Es sollte eine kleine Tournee im vergangenen<br />

Frühjahr werden. Drei Termine<br />

in Südamerika, São Paulo, Rio<br />

de Janeiro und Buenos Aires, drei der raren<br />

Solokonzerte, die <strong>Keith</strong> Jarrett selbst streng<br />

kontingentiert, um nicht in eine Routine der<br />

Gestaltung zu verfallen. Für die Fans in Brasilien<br />

war das eine Sensation, schließlich<br />

hatten sie mehr als zwei Jahrzehnte warten<br />

müssen, bis der anspruchsvolle Pianist zum<br />

überhaupt erst zweiten Mal in ihrem Land<br />

gastierte. Jarrett selbst hatte das Gefühl, dass<br />

er noch einen Koffer in Brasilien hatte, und<br />

so waren die Voraussetzungen gut für ein<br />

paar außergewöhnliche Konzertgastspiele.<br />

São Paulo klappte gut, Buenos Aires auch,<br />

aber der Abend in Rio de Janeiro fiel aus dem<br />

Rahmen. „Ich hatte zuvor nicht wirklich eine<br />

Vorstellung davon, was das bedeuten sollte,<br />

aber dann war mir klar: Dieses Konzert ist<br />

es!“ meint <strong>Keith</strong> Jarrett in der Rückschau.<br />

„Alles, was ich in Rio gespielt habe, ist improvisiert<br />

und es führt schlicht kein Weg dorthin,<br />

zu diesem speziellen musikalischen Platz ein<br />

zweites Mal zurückzufinden, nicht in einem<br />

anderen Land, nicht in einem anderen Saal,<br />

mit einem anderen Publikum oder in einer anderen<br />

Nacht.“<br />

Der magische Moment<br />

Es ist das Mysterium des Spontanen und es<br />

führte dazu, dass der Pianist sich in Rio auf<br />

ungewohnt streng gegliederte Weise in Form<br />

spielte. Wo er früher große Bögen spannte,<br />

indem er lange Passagen oft aus einem initialen<br />

Motiv entwickelte, es in Farben, Formen,<br />

Dynamiken variierte und mit kontrastiven<br />

Elementen konfrontierte, bevorzugte er in<br />

Rio einzelne Stücke, 15 improvisierte Albumblätter,<br />

die er jedes für sich sich emphatisch<br />

6<br />

entfalten ließ, um sie in einem Fluss der<br />

Energien am Ende wieder zusammenzuführen.<br />

<strong>Keith</strong> Jarrett betont, dass er beim Spielen<br />

selbst nicht wusste, was er tat, am Ende aber<br />

ein Konzert formte, das alles hatte, was er sich<br />

als Künstler wünschte. Denn die Aufnahme<br />

aus Rio fühle sich auch aus der Distanz noch<br />

gut an, „ jazzig, ernsthaft, sanft, spielerisch,<br />

warm, ökonomisch, energetisch, leidenschaftlich<br />

und mit der brasilianischen Kultur auf<br />

einzigartige Weise verknüpft. Der Sound in<br />

der Halle war exzellent und ebenso das enthusiastische<br />

Publikum.“<br />

Ganz bei sich und bei der Kunst: Der junge<br />

<strong>Keith</strong> Jarrett definiert das Solo-Konzert<br />

„Ich hatte zuvor<br />

nicht wirklich eine<br />

Vorstellung davon,<br />

was das bedeuten<br />

sollte, aber dann<br />

war mir klar: Dieses<br />

Konzert ist es!“<br />

Ein Glücksfall also und doch auch das<br />

Ergebnis langjähriger Erfahrung. Denn Jarrett<br />

gehört zu den Mitbegründern des kammerjazzigen<br />

Solokonzerts, das er in der stilistischen<br />

Phase der Verinnerlichung im<br />

Anschluss an den extrovertierten freien und<br />

den lümmelig lärmenden Jazz entwickelt<br />

hatte. Viele Entwicklungsstränge liefen damals<br />

in den frühen 70er Jahren zusammen,<br />

zum einen das Bedürfnis nach einer neuen<br />

Individualität und Privatheit der Musik,<br />

nachdem man sie jahrelang in den Dienst


des Poltischen, Engagierten, Öffentlichen<br />

gestellt hatte. Ein bisschen Genietypus durfte<br />

ruhig auch dabei sein, die Absetzung vom<br />

Diktat des Afroamerikanischen, die Idee des<br />

Konzertanten, des Hochkulturellen, letztlich<br />

eine Abkehr von den Werten des überhitzten<br />

vorangegangenen Jahrzehnts, das mit dem<br />

offensichtlich scheiternden Vietnamkrieg,<br />

den unheilvollen Prophezeiungen des Club<br />

of Rome von den Grenzen des Wachstums die<br />

Bedürfnisse der Menschen nach Ruhe, Einkehr,<br />

Bedeutung multiplizierte.<br />

Zufriedenheit ist harte Arbeit. <strong>Keith</strong> Jarrett<br />

stellt hohe Ansprüche an sein Publikum,<br />

aber auch an sich selbst. Das Los des Genies.<br />

Die Möglichkeiten rasant sich verbessernder<br />

Aufnahme- und Wiedergabetechniken<br />

trafen damals auf den jungen Produzenten<br />

Manfred Eicher, der diese Notwendigkeiten<br />

erkannte, und auf den ebenfalls noch<br />

jungen, überaus begabten <strong>Keith</strong> Jarrett, der<br />

nach dem rasanten Aufstieg in Bands von<br />

Charles Lloyd bis Miles Davis nach einer veränderten,<br />

eigenen Identität suchte. Mit einer<br />

Prise Romantik im auditiven Cortex startete<br />

er eine ganze Reihe von Solokonzerten, traf<br />

damit auf eine Empathie des Publikums, das<br />

sich diesen Klangreisen verbunden fühlte,<br />

und schuf vor allem mit dem pathostrunkenen<br />

Kölner Konzert vom 24.Januar 1975 einen<br />

Monolithen der künstlerischen Selbstoffenbarung,<br />

der weit über die engen Kreise der<br />

improvisierenden Musik hinaus die Menschen<br />

bei der Emotion packte.<br />

Ein lebenslanges Projekt<br />

Seitdem kehrt <strong>Keith</strong> Jarrett in verschiedenen<br />

Näherungen alternierend mit der Arbeit im<br />

Trio zu den Soloprojekten zurück und erforscht<br />

die Dimensionen des Konzepts aus<br />

T h e K ö l n Co n C e rT<br />

Dauerbrenner des Spontanen<br />

Das Konzert, das <strong>Keith</strong> Jarrett<br />

am 24. Januar 1975 in der<br />

Kölner Oper spielte, war ein<br />

Glücksgriff. Zwar hatte der<br />

Pianist bereits in Lausanne,<br />

Bremen und andernorts<br />

seine improvisationen präsentiert. Manchem<br />

Spezialisten gelten die aufnahmen dieser abende<br />

als die eigentlichen Sternstunden jener Solojahre.<br />

in Köln jedoch brachte Jarrett seine künstlerische<br />

idee so pfiffig auf den Punkt, das ihn im anschluss<br />

daran auch das große Publikum ins herz schloss.<br />

wechselnden Perspektiven, noch immer<br />

streng dem Dogma des Spontanen folgend,<br />

bis hin eben zu dem Abend in Rio, den er in<br />

einer Dramaturgie der Kontraste von impressionistischen<br />

Flächen und bluesigen Exkursen,<br />

balladenhaften und gospelig-funkigen,<br />

weit schweifenden und kompakt verdichtenden<br />

Kapiteln fließen ließ. Es ist diese Vielfalt<br />

der improvisierten Angebote, versöhnlich im<br />

Impetus und von einem aufbrausend enthusiastischen<br />

Publikum begleitet, das „Rio“ eine<br />

besondere Atmosphäre verleiht und auch als<br />

Livedokument mit einer Aura des Besonderen<br />

umgibt. Und den Künstler rundum zufrieden<br />

macht.<br />

Neu: Das Doppelalbum „rio“ (eCM/Universal)<br />

mit dem Live-Mitschnitt des spektakulären<br />

Konzerts erscheint am 4.November.<br />

7


Je thro t ull<br />

„Das alles macht mich<br />

immer noch wütend!“<br />

Mit „Aqualung“ überschritten Jethro Tull die Schwelle zum<br />

Erfolg. Jetzt wird der Album-Klassiker wiederveröffentlicht,<br />

aufwendig restauriert in neuer klingender Pracht. Band-<br />

leader Ian Anderson erinnert sich im Gespräch mit <strong>SONO</strong><br />

an dessen schwere Geburt. Interview: Christian Stolberg<br />

Ian, dies ist nicht die erste<br />

8<br />

Anniversary-Edition von<br />

„Aqualung“ – zum 25. gab’s<br />

auch schon eine. Was bedeuten<br />

Ihnen selbst diese Jubiläen?<br />

Mir persönlich sind sie im Grunde<br />

ziemlich egal. Die Plattenfirmen<br />

nutzen sie natürlich, um<br />

ältere Titel wieder in Umlauf zu<br />

bringen. Die neue „Aqualung“-<br />

Edition hat aber auch für mich<br />

persönlich besondere Reize, weil<br />

wir dank der neuen Technologien<br />

endlich den Klang hingebracht<br />

haben, der mir seinerzeit schon<br />

bei der Aufnahme vorschwebte.<br />

Damals mussten wir aus rein<br />

technischen Gründen eine Reihe<br />

von Kompromissen machen, die<br />

mir überhaupt nicht behagt haben.<br />

In den neuen Mixen klingt<br />

das alles um Welten besser.<br />

Was für Erinnerungen kommen in<br />

Ihnen hoch, wenn Sie diese Songs<br />

nun wieder hören?<br />

Offen gestanden keine so besonders<br />

erfreulichen, obwohl ich<br />

auf dieses Album sehr stolz bin.<br />

Aber es war keine leichte Geburt:<br />

Die Räume waren feucht<br />

und kalt, die Akustik im Studio<br />

ziemlich unbefriedigend. Ich<br />

hatte bald einen satten Schnupfen,<br />

und die Band brauchte lange,<br />

bis sie unter diesen Umständen<br />

Clown mit<br />

Tiefgang: Ian<br />

Anderson<br />

spart nicht mit<br />

klaren Worten<br />

das gewisse Feeling in der Musik<br />

fand, das ich haben wollte.<br />

„Aqualung“ ist zwar kein Kon-<br />

zeptalbum, aber es hat doch ein<br />

eindeutiges und durchaus unge-<br />

wöhnliches Zentralthema: Ihre<br />

Auseinandersetzung mit der or-<br />

ganisierten Religion. War das von<br />

vorneherein so geplant?<br />

Nein, aber es war unvermeidlich<br />

– denn das waren Dinge, die mir<br />

damals ständig durch den Kopf<br />

gingen. Ich hatte sehr widerstreitende<br />

Gefühle und Gedanken,<br />

was das Christentum anbetraf,<br />

und sie verwirrten mich, so ähn-<br />

Foto: Corbis


lich wie die widersprüchlichen<br />

Emotionen in der Pubertät einen<br />

umtreiben. Mir ist eigentlich<br />

auch erst im Nachhinein klar geworden,<br />

wie sehr das Album von<br />

diesen Themen geprägt ist. Viele<br />

Leute behaupten ja bis heute, es<br />

sei ein Konzeptalbum, aber das<br />

ist schlicht nicht wahr!<br />

„Wir haben dank<br />

der neuen Technologien<br />

endlich<br />

den Klang hingebracht,<br />

der mir<br />

seinerzeit schon<br />

bei der Aufnahme<br />

vorschwebte“<br />

Wie stehen Sie 40 Jahre später<br />

zu dem, was der 24jährige Ian<br />

damals über die Anglikanische<br />

Kirche von sich gegeben hat?<br />

Gut, ich habe heute nicht nur<br />

deutlich weniger Haare auf dem<br />

Kopf, sondern auch ein paar<br />

Flausen weniger im Sinn. Aber<br />

in den wesentlichen Punkten hat<br />

sich meine Meinung nicht geändert.<br />

Ich war ja kein Teenie damals,<br />

sondern immerhin schon<br />

Jethro Tull schminkten sich alt,<br />

als alle jung sein wollten. Ian<br />

Anderson (r.) ist noch immer<br />

der Derwisch der Rockflöte.<br />

ein junger Erwachsener, der alt<br />

genug war, um Auto fahren zu<br />

dürfen und bei Bedarf in den<br />

Krieg geschickt zu werden. Auch<br />

heute noch finde ich vieles an den<br />

Amtskirchen haarsträubend: die<br />

Überalterung ihres Führungspersonals,<br />

dass bei Anglikanern<br />

und Katholiken Frauen noch immer<br />

vom Klerus ausgeschlossen<br />

sind und so weiter und so fort.<br />

Das alles macht mich immer<br />

noch wütend. Andererseits sollten<br />

wir nie vergessen, wie sehr<br />

unsere Geschichte von den Kirchen<br />

geprägt ist. Und so laut ich<br />

vieles kritisiere, so wichtig ist es<br />

mir, etwa durch Benefizkonzerte<br />

meinen Beitrag zu leisten, um<br />

alte Kirchenbauten zu erhalten.<br />

Trotzdem: Der Reformbedarf in<br />

den Kirchen ist gewaltig!<br />

War Ihnen klar, als sie „Locomotive<br />

Breath“ fertig komponiert hatten,<br />

dass da etwas Besonderes im<br />

Entstehen war, dass dieser Song<br />

ein Klassiker werden könnte?<br />

Ich war schon sehr zufrieden mit<br />

dem Song, den späteren Hit habe<br />

ich aber nicht gerochen, auch<br />

weil er in meiner ursprünglichen<br />

Vision ruhiger und fast<br />

rein akustisch instrumentiert<br />

war. Übrigens war es damals<br />

auch nur in Deutschland und<br />

im Vereinigten Königreich so,<br />

dass „Locomotive Breath“ das<br />

Zugpferd von „Aqualung“ wurde.<br />

Die Amerikaner fuhren erst<br />

mehr auf „Crosseyed Mary“ ab,<br />

und in Italien und Spanien war<br />

„My God“ sehr populär.<br />

„Aqualung“ war das Album, das<br />

für Jethro Tull den endgültigen<br />

Durchbruch in Stadiondimensionen<br />

brachte. Hat Sie das über-<br />

rascht, angesichts der schweren<br />

Thematik?<br />

Wir haben das erst gar nicht so<br />

mitbekommen, weil es sich auch<br />

nicht über Nacht vollzogen hat,<br />

sondern nach und nach passierte.<br />

„Aqualung“ war ein „Slowburner“,<br />

wie wir das in England<br />

nannten.<br />

Sie spielen einige der Songs ja<br />

auch noch heute noch in Ihren<br />

Konzerten. Wie fühlt sich das für<br />

Sie an nach 40 Jahren?<br />

In aller Bescheidenheit: Die Substanz<br />

der Songs ist doch immerhin<br />

so gut, dass man sie in immer<br />

wieder neuen, anders akzentuierten<br />

Arrangements spielen<br />

kann. Und das hält sie dann auch<br />

für mich frisch.<br />

Neu erscheint:am 28. oktober<br />

Jethro tulls „Aqualung“ (eMI) als<br />

remasterte Doppel-CD-edition<br />

und als 40th Anniversary Deluxe<br />

edition mit einer 180g-lP, zwei<br />

CDs, jeweils einer Audio-DVD und<br />

Audio-Blu-ray inkl. unveröffentlichtem<br />

Material, verschiedenen<br />

Mixen und einem 48seitigen<br />

hardcover-Booklet.<br />

9<br />

Officium Novum<br />

Jan Garbarek<br />

and the<br />

Hilliard Ensemble<br />

07.11. MÜNCHEN<br />

Lukaskirche<br />

08.11. AUGSBURG<br />

Heilig Kreuz<br />

Kirche<br />

09. 09.11. WÜRZBURG<br />

Johanniskirche<br />

10.11. NÜRNBERG<br />

G. Adolf Kirche<br />

12.11. HAMM<br />

Pauluskirche<br />

13.11. ESSEN<br />

Ev. Kirche<br />

Katernberg<br />

11.12. STUTTGART<br />

Markuskirche<br />

info: 06221 25672<br />

www. bremme-hohensee.de<br />

16.11.<br />

KÖLN Philharmonie<br />

23.11.<br />

ZÜRICH Neumünster<br />

02.12.<br />

WIEN Konzerthaus<br />

03.12.<br />

MÜNCHEN<br />

Herkulessaal<br />

04.12.<br />

HALLE Oper<br />

07.12.<br />

HANNOVER Markuskirche<br />

08.12.<br />

HEIDELBERG<br />

Heilig Geist<br />

Kirche<br />

info: 06221 25672<br />

www. bremme-hohensee.de<br />

Das neue Album


CiCero · Al smAnn · T ukur<br />

That’s Entertainment!<br />

Dezent fing es in der 90ern mit Künstlern<br />

wie Max Raabe an. Inzwischen hat deutsches<br />

Entertainment auch jenseits des Schlagermarktes<br />

wieder Konjunktur. Ein Seitenblick auf drei<br />

Protagonisten dieses Musikherbstes. Von ralf Dombrowski<br />

Vor fünf Jahren ging es für Roger Cicero<br />

richtig los. „Männersachen“ wurde<br />

veröffentlicht, ein Album, das aus<br />

der Rückschau wirkt, als wäre es genau für<br />

ein verändertes Bedürfnis erwachsener Hörer<br />

konzipiert worden, die angesichts rasant<br />

sich beschleunigender Download-Beliebigkeit<br />

ein wenig Originales mit einem Hauch<br />

von Nabelschau und der nötigen Portion machistischer<br />

Larmoyanz zum selbstkritischen<br />

Beschmunzeln suchten. „Tatsächlich war das<br />

für mich ein Experiment“, erinnert sich der<br />

Sänger und Entertainer aus heutiger Sicht.<br />

„Zuvor hatte ich mich immer irgendwie in den<br />

Dienst von anderen gestellt. Das wollte ich<br />

nicht mehr, sondern an meiner eigenen Karriere<br />

basteln. Und so stand schnell die Idee im<br />

Raum, ob ich es mal mit deutschsprachigem<br />

Swing versuchen sollte. Nun waren bereits andere<br />

Pioniere wie Götz Alsmann an der Grenze<br />

von Swing und Pop unterwegs, aber das war<br />

ein anderer Sound, Chanson-Schlager-Jazz-<br />

Swing der 20er bis 40er. Wir wollten eher den<br />

typischen Big-Band-Swing, da hatte ich auch<br />

schon etwas Erfahrung. Dieser Mischung aus<br />

großer Band, Swing, Pop und etwas Soul sind<br />

wir dann über drei Alben hinweg treu geblieben.<br />

Diese vier Zutaten sind weiterhin im<br />

Topf, wurden aber für „In diesem Moment“<br />

neu vermengt und mit einer anderen Kelle<br />

verrührt.“ Außerdem wurden ein paar neue<br />

Köche hinzugefügt. Kiko Masbaum, bekannt<br />

unter anderem von seiner Arbeit mit Unhei-<br />

Mit „Männersachen“ gegen den Rest der<br />

Popwelt: Der Big-Band-Swing hat Roger<br />

Cicero in die großen Hallen geführt. Nun<br />

ist er „In diesem Moment“ angekommen.<br />

10<br />

lig, stieß als Produzent zum Team, versierte<br />

Arrangeure wurden gewonnen, „um den Big-<br />

Band-Sound ein wenig aufzubrechen“. Der<br />

neue Roger Cicero ist also ein bisschen noch<br />

der alte, vor allem in der Tendenz, seine Texte<br />

pointiert, aber nicht zu exaltiert zu gestalten.<br />

Ansonsten dominieren Soul und Pop im<br />

orchestralen Gewand, präsent gemischt und<br />

durchaus mehrheitsfähig.<br />

Kollege Götz Alsmann hingegen präsentiert<br />

sich noch ein wenig puristischer<br />

als bisher. „Die Idee, ein wirklich<br />

durchgestyltes Konzeptalbum zu machen,<br />

stand immer wieder mal im Raum. Als dann<br />

die Idee mit Frankreich kam, war das etwas,<br />

wo man am wenigsten nachdenken musste.<br />

Das fühlte sich gleich so organisch, total<br />

gut an. Lass uns nach Paris fahren und dort<br />

Chansons suchen! Natürlich, nichts könnte<br />

selbstverständlicher sein!“ Als bekennendem<br />

Nostalgiker war es Alsmann klar, dass<br />

Recherche und Aufnahme vor Ort stattfinden<br />

mussten. Sänger und Band packten ihre Sachen,<br />

ließen sich als Wanderzirkus im Traditionsstudio<br />

Ferber nieder und machten<br />

sich daran, Lieder von Charles Trenet, Yves<br />

Montant oder auch Charles Aznavour in ein<br />

deutsches Bar-Jazz-Gewand zu kleiden. Die<br />

Stimmung in den Räumen des Komplexes<br />

war ebenso pittoresk wie inspirierend. „Da<br />

steht ein Flügel“, erinnert Alsmann sich weiter,<br />

„angeblich sollen auf dem schon Gilbert<br />

Becaud und Charles Aznavour gespielt haben.<br />

Ich sage, dieser Flügel hat schon Johannes<br />

Brahms persönlich gekannt.“ Künstler und Instrument<br />

gewöhnten sich aneinander, ebenso<br />

wie die 15 Lieder, die Alsmann und sein Quar-<br />

Foto: mathias Bothor


tett anstimmten. „Es gibt mehr Schnittstellen,<br />

als man glaubt. Wenn man sich vorstellt, dass<br />

schon in den 30ern französische Chansons<br />

ins Deutsche übertragen wurden, deutlich<br />

liebevoller und originalgetreuer als die USamerikanischen<br />

Schlager dieser Zeit, dann<br />

merkt man doch, wie früh man Notiz davon<br />

nahm.“ Nun also „In Paris“, mit Klassikern<br />

und Randnotizen des bilateralen Musikverständnisses,<br />

wie gewohnt stilvoll souverän<br />

gespielt und mit etwas Pomade im Konzept.<br />

Aber diese Konsequenz ist es ja, warum der<br />

Entertainer Alsmann so unterhaltsam ist.<br />

Mit Stilisierung hat auch der dritte<br />

im Bunde der souveränen Selbstdarsteller<br />

viel Erfahrung. Ulrich<br />

Tukur, Schauspieler, zuweilen Tatort-Kommissar,<br />

pflegt schon seit den späten 90ern<br />

mit seinen Rhythmus-Boys die Kunst der<br />

nostalgischen Unterhaltung. Das hat ihm<br />

sogar Jazz-Awards beschert, auch wenn die<br />

Musik deutlicher in der Tradition des Varietés<br />

als des improvisierenden Untertagebaus<br />

steht. Er selbst jedenfalls nimmt es mit einem<br />

Quäntchen Ironie, beschert dem goldenen<br />

Herbst „Musik für schwache Stunden“ und<br />

heftet dem Programm ein Augenzwinkern<br />

ans Revers. „So grau und trüb kann kein Tag,<br />

so schwach keine Stunde sein, dass sie nicht<br />

von Ulrich Tukur und den Rhythmus-Boys<br />

in ein heiter-lichtes Fest verwandelt würden.<br />

Hier haben Sie nicht nur Momente schöns-<br />

ter Besinnlichkeit, Sie tanken die Kraft, die<br />

Sie nötig brauchen, um mit rebellischer Entschlossenheit<br />

eine marode Welt durch eine<br />

neue, anmutigere zu ersetzen.“ „Coraggio e<br />

buon divertimento!“ gibt Tukur als Motto der<br />

Männer auf verlorenem Posten: Ulrich Tukur<br />

(ohne Eis) spielt mit den Klischees der<br />

heilen Welt und macht daraus einen bittersüßen<br />

Fluchtraum der Melancholie<br />

Die Pomade passt zum Konzept: Götz Alsmann<br />

schlendert musikalisch swingend<br />

durch Paris und landet damit in der Bar der<br />

Nostalgie. Voilà, un homme!<br />

Musik mit auf den Weg und taucht in eine<br />

Klangwelt ein, die im akustisch befrackten<br />

Bar-Swing-Gewand von „Liebling, was wird<br />

nun aus uns beiden“ bis „Ich steh im Regen“<br />

führt. Auf Charles Trenets „Que reste-t-il<br />

de nos amour?“ textet er gar seinen eigenen<br />

galan ten Epilog.<br />

Zieht man zu Cicero, Alsmann und Tukur<br />

Phänomene in Betracht wie dass alte<br />

Recken wie Udo Lindenberg es wieder in die<br />

Hitparade schaffen und Annette Humpe mit<br />

Max Raabe fabulierend fusioniert, fällt das<br />

Fazit beinahe euphorisch aus. Denn wer sich<br />

dieser Tage niveauvoll unterhalten lassen<br />

will, hat gute Chancen, den richtigen Songs<br />

fürs nostalgisch zeitlose Gemüt zu finden.<br />

Neu: Götz Alsmann „in Paris“ (Blue note/<br />

emi) erscheint am 21.oktober, roger Cicero „in<br />

diesem moment“ (Warner) folgt am 28. oktober.<br />

ulrich Tukur & Die rhythmus Boys „musik für<br />

schwache stunden“ (Trocadero/indigo) ist<br />

bereits seit 23. september erhältlich.<br />

Auf Tournee zu erleben: Götz Alsmann:<br />

Tourneestart 21. oktober 2011 (Dortmund).<br />

roger Cicero & Big Band: Tourneestart 23. Februar<br />

2012 (Timmendorf). ulrich Tukur & Die<br />

rhythmus Boys: Tourneestart 28. november<br />

2011 (Hamburg)<br />

11


Pe ter Gabriel<br />

Hits ohne Beats<br />

Mastermind ist das falsche Wort. Peter<br />

Gabriel ist eher eine Mischung aus<br />

Sinnsucher, musikalischem Pfadfinder<br />

und Filou. Und er liebt das Orchester.<br />

Von Christiane rebmann<br />

Als Peter Gabriel im vergangenen<br />

Jahr sein Album<br />

„Scratch My Back“<br />

mit Coverversionen der Songs<br />

seiner Lieblingsmusiker herausbrachte,<br />

kündigte er an: „So,<br />

jetzt drehe ich den Spieß um und<br />

bitte die Kollegen, meine Songs<br />

zu interpretieren. Das wird mein<br />

nächstes Album.“ Dann aber<br />

hat der 61jährige Brite sich für<br />

sein neues Werk „New Blood“<br />

umentschlossen und eigene<br />

Songs im veränderten Klanggewand<br />

aufgenommen.<br />

Herr Gabriel, haben sich keine<br />

Kollegen gefunden, die Ihre Songs<br />

singen wollten?<br />

(lacht) Doch. Ich habe jetzt die<br />

Hälfte zusammen. Da sind richtig<br />

schöne Sachen dabei: David<br />

Byrne singt „Not One Of Us“,<br />

Paul Simon „Biko“ und Lou Reed<br />

„Solsbury Hill“. Aber insgesamt<br />

dauert es länger, als ich geschätzt<br />

hatte. Die Idee zum jetzigen Album<br />

entstand dann, als wir meine<br />

letzte Tournee vorbereiteten.<br />

Wir stellten fest, dass wir außer<br />

den Coverversionen noch ein<br />

bisschen Material brauchten.<br />

Deshalb ließ ich meinen Arrangeur<br />

John Metcalfe auch einen<br />

Teil meiner eigenen Songs umarrangieren,<br />

wie die „Scratch<br />

my Back“-Versionen ohne Gitarre<br />

und ohne Schlagzeug. Und<br />

diese Arrangements gefielen mir<br />

so gut, dass ich mich entschied,<br />

12<br />

ein ganzes Album damit aufzunehmen.<br />

Hits wie „Sledgehammer“ sind<br />

allerdings nicht mit drauf. Nach<br />

welchen Kriterien haben Sie die<br />

Songs für dieses Album ausgesucht?<br />

Ich wollte nicht meine Hits mit<br />

Orchester. Ich suchte die Kompositionen<br />

aus, die nicht gerade<br />

traditionelle Popsongs sind.<br />

Ich fand, dass „San Jacinto“,<br />

„The Rhythm Of The Heat“ oder<br />

„Wallflower“ besser passen.<br />

Unter anderem nahmen Sie eine<br />

sehr filigrane Version ihres Liebesliedes<br />

„In Your Eyes“ auf.<br />

Das Stück bot sich für diese Art<br />

von Arrangement geradezu an.<br />

„Ich wollte nicht<br />

meine Hits mit<br />

Orchester. Ich<br />

suchte die Kompositionen<br />

aus,<br />

die nicht gerade<br />

traditionelle<br />

Popsongs sind“<br />

Ich mag das rhythmische Element,<br />

das die Streicher diesem<br />

Lied geben. Es bekommt in dieser<br />

Fassung auch eine ausgeprägtere<br />

spirituelle Komponente.<br />

Das war mir wichtig.<br />

Eine Konsequenz des Älterwerdens?<br />

Wenn Sie so wollen. Ich habe<br />

quasi den Mittelpunkt der<br />

Schwerkraft im Körper etwas<br />

mehr von unten nach oben verlagert.<br />

(lacht) Wenn man älter<br />

wird, ist Sex nicht mehr so ein<br />

ausgeprägter Motivator.<br />

Für Ihre neue Version des 86er<br />

Klassikers „Don’t Give Up“ holten<br />

Sie sich die norwegische Sängerin<br />

Ane Brun ins Studio, die hier Kate<br />

Bush ersetzt. Können Sie sich<br />

noch an die Situation erinnern,<br />

in der Sie den Song schrieben?<br />

Er entstand in dem Bauernhaus,<br />

das ich damals außerhalb von<br />

Bath gemietet hatte. Ich hatte mir<br />

vorher einen Bildband der Fotokünstlerin<br />

Dorothy Lange angesehen,<br />

Fotos von der Großen Depression,<br />

der US-Wirtschaftskrise<br />

von 1929. In den Song flossen<br />

aber auch meine persönlichen<br />

Probleme ein. Ich hatte damals<br />

mit Eheproblemen und einer<br />

Depression zu kämpfen.<br />

Sie kämpften und hatten Erfolg.<br />

Ja, nach meiner Scheidung ging<br />

ich sechs Jahre lang in eine The-<br />

Warum in die Ferne<br />

schweifen, wenn das<br />

Gute liegt so nah?<br />

Peter Gabriel liebt es,<br />

sich musikalisch selbst<br />

zu kommentieren


apie. Ich bin dadurch ein bisschen<br />

offener geworden für die<br />

Gefühle anderer Menschen.<br />

Zumindest die Zeit der Eheprob-<br />

leme scheint passé. Sie leben seit<br />

einigen Jahren in zweiter Ehe mit<br />

zwei kleinen Söhnen. Spüren Sie<br />

hier und da noch etwas von den<br />

Depressionen?<br />

Manchmal. Ich habe dann das<br />

Gefühl, als wäre ich unter Wasser.<br />

Aber meistens bin ich viel<br />

entspannter als damals und fühle<br />

mich, als würde ich auf dem<br />

Wasser schweben.<br />

Vor vier Jahren gründeten Sie ge-<br />

meinsam mit Richard Branson The<br />

Elders, eine Art nationenübergrei-<br />

fenden Ältestenrat, der für eine<br />

bessere Welt kämpfen will. Wie<br />

kommen Sie voran?<br />

Gerade versuchen wir, eine Zusammenarbeit<br />

mit der internationalen<br />

Nichtregierungs-<br />

Organisation Avaaz aufzubauen.<br />

Protestbewegungen in Online-Petitionen<br />

eine Plattform zu<br />

geben, darin sehe ich die Zukunft.<br />

Neu erschienen: Das Doppelalbum<br />

„New blood“(real World/eMi)<br />

von Peter Gabriel ist seit 7. Oktober<br />

erhältlich. am 21. Oktober folgt die<br />

DVD „New blood – live in london“<br />

mit der Konzertaufzeichnung vom<br />

März 2011 aus dem Hammersmith<br />

apollo (siehe <strong>SONO</strong> Mediamix).<br />

Foto: York tillyer<br />

baCKStaGe-le Ktü re<br />

Nils Wülker<br />

Sind sie schon einmal nachts vor dem Fernseher aufgewacht<br />

und haben festgestellt, dass die Musik der blauen Stunde besser<br />

klingt als manches im Hauptprogramm? Dann sind sie wahrscheinlich<br />

bei der „Space Night“ gelandet, einem der vielen Projekte,<br />

bei dem Nils Wülker mitmischt. Denn der trompeter aus<br />

bonn gehört in Deutschland zu den gefragtesten Musikern seines<br />

Fachs. im Handgepäck hat er zur Zeit einen amerikanischen<br />

roman, für den die Kritik nur lobende Worte fand: „Aktuell lese<br />

ich ‚Freedom‘ von Jonathan Franzen im Original.<br />

Besonders faszinieren mit die Absurditäten und<br />

Abgründe im Alltag der Protagonisten vor dem<br />

Hintergrund aktuellen Zeitgeschehens. Für mich<br />

das Richtige, wenn ich im Tourbus sitze.“<br />

Hörfutter: Nils Wülkers album „6“, erschienen<br />

auf seinem eigenen label ear treat.<br />

VerlOSuNG<br />

„In The Spirit Of Jazz“<br />

Die Compilation „In The Spirit Of Jazz _<br />

Magic Moments 5 “ enthält unter anderem<br />

die einzige Solo-Aufname des Pianisten<br />

Esbjörn Svensson.<br />

Wir verlosen drei Exemplare dieser<br />

famosen Komplilation mit Jazz und<br />

mehr für die langen Abende des Herbstes.<br />

Einfach eine Postkarte mit dem Stichwort „Spirit Of Jazz“<br />

abschicken an: Inmedia, Redaktion <strong>SONO</strong>,<br />

Lucile-Grahn-Str. 37, 81675 München. Einsendeschluss<br />

ist der 10. November 2011.<br />

13


Geo rGe Bens o n<br />

Der sanfte<br />

Riese<br />

Kaum zu glauben, aber<br />

George Benson steuert<br />

zügig auf die 70 zu.<br />

Eineinhalb Jahre vor<br />

dem runden Geburtstag<br />

zeigt er, dass er<br />

noch lange nicht zum<br />

alten Eisen gehört.<br />

Von sascha Fröhlich<br />

14<br />

Er spielt „I Want To Hold Your Hand“,<br />

aber man hört eigentlich „Breezin’“.<br />

George Benson darf das. Denn unter<br />

allen US-amerikanischen Jazzmusikern der<br />

vergangenen vier Jahrzehnte hat es der Gitarrist<br />

aus Pittsburgh in Pennsylvania am<br />

überzeugendsten geschafft, auf dem Grat<br />

zwischen improvisierter Musik und Pop entlang<br />

zu balancieren. Einst als Wunderknabe<br />

in der Nachfolge von Wes Montgomery gefeiert,<br />

konnte man es ihm angesichts seiner verblüffenden<br />

Fingerfertigkeit am Instrument<br />

noch nicht einmal übel nehmen, als er in den<br />

frühen 80ern in den Hitparaden auftauchte.<br />

„Für mich gibt es nur Musik“, meint Benson<br />

aus heutiger Perspektive. „Ich muss immer<br />

daran denken, dass früher viele Popsongs, die<br />

in den USA ein Hit waren, mit Jazzmusikern<br />

aufgenommen wurden. So entstanden zum Beispiel<br />

viele Motown-Aufnahmen. Die Jungs, die<br />

da spielten, waren Jazzmusiker, die in Detroit<br />

lebten. Man gab ihnen diesen Job, und sie erledigten<br />

ihn prima. Ich versuche, dasselbe zu<br />

machen. Egal was ich spiele, es soll natürlich<br />

klingen. Denn es gibt nur zwei Sorten Musik:<br />

gute und schlechte.“<br />

Das ist ein Topos der Interviewgeschichte,<br />

aber er führt noch immer zum Wesentlichen<br />

zurück. Denn am Anfang aller als lässig<br />

empfundenen Musik stehen Künstler, die<br />

auch einmal loslassen können. George Benson<br />

hat diese Fähigkeit bei zahllosen Konzerten<br />

in aller Welt erworben und über die Jahre<br />

darüber hinaus seine Spielkompetenzen am<br />

Instrument weiter verfeinert. Wenn er ein<br />

Album nun „Guitar Man“ nennt, dann ist<br />

das zum einen ein Bekenntnis zu den Wurzeln<br />

seines Musikantentums, setzt aber auch<br />

die Latte hoch, an der er sich messen lassen<br />

will. Aufgenommen live im Studio mit überwiegend<br />

kleiner Band – nur an einigen Stellen<br />

ergänzt ein schmeichelndes Orchester im<br />

Ogerman-Stil die Aufnahmen –, spürt er dem<br />

Gefühl der Unmittelbarkeit nach und erweist<br />

sich abermals als souveräner Melodiker.<br />

Hauptsache elegant<br />

Damit setzt er sich aber auch gleichzeitig die<br />

Grenzmarke. Denn so flüssig und leichtfingrig<br />

ihm die Lieder von „Don’t Know Why“<br />

bis „Tequilla“ von der Hand gehen, so wenig<br />

wagen sie doch, über ein gewisses Maß<br />

der Expressivität hinaus zu gehen. Es ist die<br />

künstlerische Maske, die George Benson seit<br />

zwei Jahrzehnten angelegt hat, die freiwillige<br />

Selbstbeschränkung des Erfolgs, von der er<br />

sich auch bei „Guitar Man“ an vielen Stellen<br />

nicht lösen kann oder will. Wie sehr wünscht<br />

man sich manchmal den Hendrix im Manne,<br />

der dem Glanz ein wenig Bodensatz verordnet.<br />

Aber das erlebt man nur in den seltenen<br />

Momenten, wenn der Meister sich inkognito<br />

wie eines Nachts beim Jazzfestival in Montreal<br />

im Club blicken lässt. Und so bleibt es bei<br />

sanften, wenn auch wunderschönen Harmonisierungen<br />

wie etwa in den Balladen „Tenderly“<br />

und „My One And Only Love“, die<br />

die Kunst des „Guitar Man“ prägen. Und das<br />

wiederum beherrscht George Benson elegant<br />

und geschmackvoll wie sonst kaum ein anderer<br />

Gitarrist der Jazzwelt.<br />

Neu: George Benson „Guitar Man“ (Concord/<br />

Universal) erscheint am 21. oktober 2011.<br />

ricardel<br />

Show gehört zum Geschäft. George Benson<br />

ist ein großer Poser, aber gut genug, um sich<br />

Vince<br />

ein bisschen Eitelkeit leisten zu können. Foto:


neUe Ge siCh ter<br />

Irma<br />

Die Selbstbewusste<br />

[World Pop] es muss ein Kul-<br />

turschock gewesen sein. Vor acht<br />

Jahren kam irma aus Kamerun<br />

nach Paris, eine teenagerin vom<br />

afrikanischen Land in einer vor<br />

eindrücken nur so sprudelnden<br />

Metropole. erst einmal wurde sie<br />

umgeworfen von der normativen<br />

Kraft der Großstadt, aber dann<br />

entdeckte sie bald deren Chancen.<br />

irma hörte sich so viel Musik an<br />

wie nur möglich und begann als<br />

sängerin eigene schlüsse daraus<br />

zu ziehen. „Letter to the Lord“ ist<br />

das resultat dieser orientierungsphase,<br />

ein Debüt, das irma sogar<br />

zweimal aufgenommen hat, weil<br />

Römische<br />

Kunst:<br />

Natascia (l.)<br />

und Raffaella<br />

Gazzana<br />

[Klassik] Auf Bildern sehen sie so jung aus. Aber das heißt nicht, dass Natascia<br />

und Raffaella Gazzana nicht schon längst international auf sich aufmerksam gemacht<br />

hätten. Schließlich sind die beiden Schwestern aus Sora in der Nähe von<br />

Rom seit Mitte der 90er auf den Bühnen der Klassikwelt unterwegs. So war es an<br />

der Zeit, die Früchte der gemeinsamen künstlerischen Arbeit festzuhalten. „Five<br />

Pieces“ führen die Geigerin und die Pianistin von Paul Hindemith bis Valentin<br />

Silvestrov. Dabei können sie auf eine musikalische Sensibilität bauen, die über die<br />

Spielkompetenz hinaus dem Programm Tiefe, Nachdruck, Bedeutung verleiht.<br />

Zwei Schwestern sind doch mehr als nur ein Duo. Paul Hammerthal<br />

Duo Gazzana: „Five Pieces“ (ECM/Universal))<br />

ihr die erste Version nicht gefallen<br />

hat. Die themen ihrer Lieder<br />

behandeln das Allzumenschliche,<br />

von der Gleichgültigkeit des Alltags<br />

bis hin zur Leidenschaft der<br />

Zweisamkeit. Aber sie bringen die<br />

bekannten themen derart auf den<br />

Punkt, wie man es seit tracy Chapman<br />

nicht mehr erlebt hat. „Ich<br />

vermische in meinen Liedern alles<br />

was ich irgendwo aufschnappe:<br />

ein paar Sekunden aus dem Radio<br />

und Sachen, die ich auf der Straße<br />

höre. Ich verarbeite alles zu meinem<br />

ganz eigenen Style.“ Das sagen<br />

viele Künstler, aber nur selten<br />

trifft es so genau zu wie bei irma.<br />

Ralf Dombrowski<br />

Irma „Letter to the Lord“<br />

(Warner)<br />

Duo Gazzana Die Klangverwandten<br />

Die Melancholie<br />

im Blick täuscht –<br />

Irma singt Lieder<br />

voller Energie<br />

Alexander von Hagke<br />

Der Seitenspringer<br />

[Jazz] Das Panzerballett ist harter stoff. sehr gut,<br />

aber braucht man nicht immer, befand der Münchner<br />

saxofonist Alexander von hagke. Mit eigenem Quar-<br />

tett gelingt es ihm nun auf „Loreley“, erfrischend mo-<br />

derne Kompositionen zu entfalten, die anders als bei<br />

den herben Kollegen den Fokus ganz auf die Feinheit<br />

der Melodieführung und die Ästhetik des instrumen-<br />

talklangs lenken. Damit schafft er Perspektiven für<br />

die eigene künstlerische Zukunft und empfiehlt sich<br />

als neue Kraft am horn. Sascha Fröhlich<br />

Alexander von Hagke „Loreley“ (Enja/Soulfood)<br />

15


U2<br />

Der Hansa-Encounter<br />

Es gibt Platten, an denen gehen Bands kaputt. Mit<br />

„Achtung Baby“ überwanden U2 vor genau 20 Jahren<br />

die Mauer zum Ernst des Künstlertums, kämpften<br />

und gewannen gegen die Reste der eigenen Pubertät.<br />

Nicht ohne Tränen im Auge. Von Sascha Fröhlich<br />

Der Trabi wurde zum Symbol. Im Jahr<br />

1991 wusste niemand genau, was bitte<br />

die Zweitaktplastikwannen des real<br />

nicht mehr existierenden Sozialismus auf<br />

dem Cover einer der beliebtesten Rockbands<br />

der Ära sollten. Koketterie wurde gemutmaßt,<br />

Ironie soll auch Pate bei der seltsam<br />

traumatisch anmutenden Collage gestanden<br />

haben, die Szene-Photograph Anton Corbijn<br />

für die CD-Hülle gestaltet hatte. Jedenfalls<br />

versuchten U2 sich mühsam neu zu erfinden,<br />

monatelang im noch unaufgeräumten Berlin,<br />

in das sie im November 1990 auf der Suche<br />

nach dem renovierten Gruppensound gezogen<br />

waren. Immerhin verhieß die kommende<br />

Hauptstadt des auf eine Vereinigung zustrebenden<br />

Deutschlands gleichzeitig Historie<br />

und Aufbruch, noch diffus in seiner künstlerischen<br />

Stoßrichtung, aber – und da machte<br />

der Trabi als Zeichen wieder Sinn – als Metropole,<br />

auferstanden aus ideologischen Ruinen<br />

mit der Option, die hippste Adresse der<br />

Alten Welt zu sein.<br />

U2 liefen im alten Hansa-Studio ein, das<br />

spätestens mit David Bowie und den Aufnahmen<br />

zu „Heroes“ den Ritterschlag der künstlerischen<br />

Bohème erhalten hatte. Die Räume<br />

lagen im ehemaligen Grenzgebiet, draußen<br />

herrschte die Atmosphäre eines vergessenen<br />

Carpenter-Films, abgerissen und irgendwie<br />

abgefahren. Drinnen war es bald ebenso. The<br />

Edge trennte sich während der Aufnahmen<br />

von seiner Frau Aislinn O’Sullivan, die Stimmung<br />

war gespannt, der Gitarrist stürzte<br />

sich ins Chaos der Untreue,<br />

während Produzenten wie<br />

Daniel Lanois und<br />

Brian Eno im Studio<br />

vorbei schauten<br />

und einer Band<br />

Ratschläge gaben,<br />

16<br />

die zwischen Überspanntheit, musikalischer<br />

Frühvergreisung und Diventum pendelte. Eigentlich<br />

platzte der Knoten erst, als in einem<br />

konzentrierten Moment „One“ entstand, geschrieben<br />

innerhalb einer Stunde und trotzdem<br />

einer der größten Songs, die der Band<br />

bislang gelungen waren.<br />

Von da an ging es voran, wenn auch langsam.<br />

Nach Monaten, die aus der Rückschau<br />

eigentlich der Weg aus der Agonie waren,<br />

ging es U2 wie Berlin. Aus den Relikten der<br />

Vergangenheit entstand etwas Neues. Der<br />

Sound der Gitarren war härter, die Beats<br />

hatten das Elektrifizierte kennengelernt, die<br />

christliche Rockmusik der irischen Gutmänner<br />

war in der säkularen Wirklichkeit angekommen.<br />

Im November 1991 erschien „Achtung<br />

Baby“. Im Anschluss daran wurde viel<br />

getourt, die Fans erlebten eine ins Gigantische<br />

gewachsene Combo der Superstars, und<br />

die Promi-Szene gefiel sich, Bono & Co. die<br />

Reverenz zu erweisen. Aber es wurden eben<br />

gleichzeitig auch Alben wie Nirvanas „Nevermind“<br />

veröffentlicht, das mal eben die Hybris<br />

des saturierten Vorjahrzehnts mit melancholischer<br />

Wut hinwegfegte, und grellbunte Hedonisten<br />

feierten in Clubs wie dem ‚Tresor‘<br />

ein ganz anderes, boomendes Lebensgefühl.<br />

U2 jedenfalls hatten den Anschluss geschafft.<br />

Aber fast wäre es ihnen wie den Trabis auf<br />

dem Cover gegangen. Denn sie standen kurz<br />

vor der Ausmusterung.<br />

Info: Davis Guggenheims Doku „From The<br />

Sky Down“ eröffnete am 8.September das<br />

Toronto Film Festival. „Achtung Baby<br />

20th Anniversary –<br />

Remastered“ (Island/<br />

Universal) erscheint<br />

am 28.11. als Doppel-CD<br />

und Super Deluxe Edition.<br />

Fotos: Anton Corbijn, Mark Monheim, Erich Roland, Eric Steelberg<br />

The Edge (l.) und Bono (r.) in Kanada: Für<br />

die Doku „From The Sky Down“ haben U2<br />

alte Lieder noch einmal live aufgenommen


Der Trabi wurde<br />

zum Maskottchen<br />

und zum Lieblings-<br />

bandmotiv von<br />

Star-Photograph<br />

Anton Corbijn<br />

Im Frühjahr sind<br />

U2 für Dokufilmer<br />

Davis Guggenheim<br />

in das Hansa-Studio<br />

zurückgekehrt<br />

Wenn nicht Berlin,<br />

dann Marokko:<br />

Auf der Suche nach<br />

Inspiration fuh-<br />

ren U2 auch in den<br />

Maghreb<br />

„Die Rohmixe haben<br />

mich umgehauen“,<br />

meinte Gitarrist<br />

The Edge (l.) beim<br />

Remastering<br />

von „Achtung Baby“<br />

„So hört es<br />

sich an, wenn<br />

vier Männer<br />

den Joshua<br />

Tree zerlegen“<br />

Bono über<br />

„Achtung Baby“<br />

17


stadion-ro cker<br />

Alte Recken, junges Blut<br />

Die erfolgreichsten Tourneen der vergangenen Jahre<br />

waren The Police, Genesis, U2. Die Herren füllen,<br />

wie auch Metallica oder AC/DC die Stadien, doch was<br />

macht der Nachwuchs? ein ausblick von steffen rüth<br />

Die Dinosaurier des Rock’n’Roll sind<br />

zwar beileibe noch nicht ausgestorben,<br />

doch so langsam grasen sie mit<br />

unterschiedlichem Tempo ihrer wohlverdienten<br />

Ruhestandsweide entgegen. Nehmen<br />

wir die Rolling Stones als Paradebeispiel, seit<br />

fünf Jahrzehnten sind sie die internationalen<br />

Vorzeigestadionrocker schlechthin. Charlie<br />

Watts hat dieses Jahr seinen 70. gefeiert,<br />

auch Mick Jagger und <strong>Keith</strong> Richards sind<br />

inzwischen alt genug, um die Rente mit 67 zu<br />

18<br />

bekommen. Im kommenden Jahr feiert die<br />

Band ihr 50jähriges Bestehen, es halten sich<br />

Gerüchte, dass sie zu diesem Anlass Konzerte<br />

spielen, doch ob es noch einmal eine wirkliche<br />

Welttournee geben wird, ist unklar. Oder Bon<br />

Jovi. Der an guten Tagen immer noch schwer<br />

juvenil wirkende Herzensbrecher am Mikrofon<br />

wird nächsten März auch schon 50, und<br />

nach anstrengenden Jahren in den Stadien<br />

dieses Erdballs gönnt sich die Gruppe bis auf<br />

weiteres ein ausgedehntes Päuschen.<br />

Bühne mit Aussicht: Noch vor<br />

wenigen Jahren ein Geheimtipp<br />

aus der Südstaatenprovinz,<br />

füllt die Familienband Kings Of<br />

Leon inzwischen die Rockarenen<br />

Coldplay: Britsound für alle<br />

Was wird also aus ihm, dem guten alten Stadionrock,<br />

der in den 80er und 90er Jahren,<br />

als auch noch pensionierte, nicht mehr so angesagte<br />

oder verblichene Künstler wie Bryan<br />

Adams, Tina Turner, Michael Jackson das<br />

Genre verstärkten, so wahnsinnig boomte?<br />

Alles Geschichte, oder steuern wir gar auf die<br />

Ära Netrebko zu? Entwarnung, der Generationenwechsel<br />

hat eingesetzt. Coldplay zum<br />

Beispiel gastierten im Oktober im FNB Stadium<br />

in Johannesburg, Südafrika, und 62.000<br />

Besucher waren Zeugen. Die Band um Sänger<br />

Chris Martin ist eine Besonderheit. Eigentlich<br />

sind ja die wenigsten ihrer Songs besonders<br />

knallig, laut oder zum Grölen animierend.<br />

Und dennoch gelten die Briten global als diejenige<br />

Band, der man am ehesten zutraut, die<br />

nächsten U2 zu werden – eine verlässliche,<br />

qualitativ über die meisten Zweifel erhabene<br />

und fleißige Megaband.<br />

Dabei haben Coldplay vor 15 Jahren einmal<br />

als eher zarte, kleine Gitarrenpopgruppe<br />

angefangen, besonders unbescheiden<br />

waren sie außerdem nie. „Die Entwicklung<br />

ist bei uns nicht über Nacht passiert“, sagt<br />

Will Champion, der Schlagzeuger. „Wir haben<br />

sehr viel live gespielt und überhaupt sehr<br />

Foto: thomas rabsch


viel gearbeitet. Wir sind nicht eines Morgens<br />

wach geworden und haben festgestellt: Oh, wir<br />

sind ganz oben. Ich denke auf jeden Fall, dass<br />

wir Schwein hatten, eine der letzten Bands zu<br />

sein, die innerhalb eines stabilen Plattenfirmengefüges<br />

sich haben entwickeln können.“<br />

Es ist also ein bisschen paradox. Coldplay<br />

sind eine Stadionrockband, ohne direkt Stadionrock<br />

zu spielen. Gut, ihr Hit „Viva La<br />

Vida“ und die jüngste, vom neuen Album<br />

„Mylo Xyloto“ stammende Single „Paradise“<br />

passen schon ganz gut dazu, die Hände zum<br />

Himmel zu heben. Trotzdem schafft es die<br />

Band, speziell mit stilleren, fast intimen und<br />

doch energisch vorgetragenen Songs wie „Fix<br />

you“, „Clocks“ und „Yellow“ große Arenen zu<br />

bewegen. „Es gibt immer den Weg, eine kompromisslose<br />

künstlerische Reise damit zu verbinden,<br />

populär zu sein. Wenn du die ganzen<br />

Rock’n’Roll-Stories hören willst, dann sind<br />

wir die falsche Band. Wir arbeiten sehr hart,<br />

und das könnten wir nicht, wenn wir die ganze<br />

Zeit Party machen würden. Man muss fit und<br />

gesund bleiben, sonst bricht so ein Bandgefüge<br />

auch ganz schnell auseinander. Deshalb sind<br />

wir sehr vernünftig. Harte Drogen etwa sind<br />

bei uns vollkommen tabu. Und einen trinken<br />

tun wir nur, wenn es unserer Energie und der<br />

Show nicht schadet.“<br />

Alltagsphilosophen mit Hang zur großen<br />

Geste: Coldplay verquirlen Melancholie<br />

und Ethos zur breitenwirksamen Mischung<br />

RHCP: Muskelspiel mit Appeal<br />

Bei den Kings Of Leon aus Nashville und den<br />

Red Hot Chili Peppers aus Los Angeles, also<br />

den zwei anderen Bands, die sich langfristig<br />

in der Stadionliga etablieren dürften (Kings<br />

Of Leon) oder diesen Schritt schon geschafft<br />

haben (Chili Peppers), sind die Regeln im Umgang<br />

mit Rauschmitteln laxer. Insbesondere<br />

die Mitglieder der Chili Peppers haderten lange<br />

Jahre ihrer seit den frühen 80ern währen-<br />

den Laufbahn mit Drogenproblemen. Heute<br />

sind die Männer clean und gesund, Sänger<br />

Anthony Kiedis surft täglich, Bassist Flea<br />

läuft Marathon, und die Shows rund um das<br />

jüngste Album „I’m With You“ haben absolute<br />

Großraumqualitäten. Die Lichttechnik der<br />

aktuellen Tournee hat Champions-League-<br />

Format, und Funkrocksongs wie „Give It<br />

Away“ und „Under the Bridge“ elektrisieren<br />

Massen jedes Alters. Denn auch das ist wichtig:<br />

Wer heute Stadien füllen will, der muss<br />

Zielgruppen und Generationen übergreifend<br />

die Leute begeistern. Coldplay schaffen das,<br />

die Chili Peppers auch.<br />

Kings Of Leon: Think Nashville!<br />

Die Kings Of Leon indes haben zumindest<br />

großes Potential, seit ihrem ersten Album<br />

„Youth And Young Manhood“ aus dem Jahre<br />

2003 bauen sie ihr Publikum sowie ihre<br />

stilistische Bandbreite kontinuierlich aus.<br />

Angefangen als Südstaatenrocker zwischen<br />

den Strokes und Lynyrd Skynyrd, umfasst<br />

das musikalische Spektrum auf dem neuesten<br />

Werk „Come Around Sundown“ auch viel<br />

Folkiges und Countryklänge. Ihren Durchbruch<br />

schafften die drei Söhne eines Wanderpredigers<br />

und ihr Cousin in Europa und<br />

dort speziell in Großbritannien. Seit sie 2008<br />

die zwei Hymnen „Sex On Fire“ und „Use<br />

Somebody“ auf ihrem Album „Only By The<br />

Night“ am Start hatten, sind die etwas kauzigen<br />

Kings Of Leon auch in der US-Heimat Superstars.<br />

Nur sind die Rocker, bei denen nur<br />

Schlagzeuger Nathan Followhill die 30 überschritten<br />

hat, bisweilen etwas unstet. Nach einem<br />

abgebrochenen Konzert in Dallas muss-<br />

Alles Macho oder was?<br />

Konzerte der Red Hot<br />

Chili Peppers sind auch<br />

Konditionssache<br />

ten sie zuletzt eine ganze US-Tour absagen,<br />

man tuschelte über Alkoholprobleme von<br />

Frontmann Caleb Followhill, zudem gibt es<br />

immer wieder Streit zwischen den Brüdern,<br />

die ihre bewegten Anfänge als Band jetzt in<br />

dem wirklich feinen Dokumentarfilm „Talihina<br />

Sky“ in die Kinos bringen. Mittlerweile<br />

ist das unermüdliche Quartett jedoch wieder<br />

unterwegs, und Bandküken Jared Followill<br />

bringt auf den Punkt, was für alle drei der<br />

nachrückenden Stadionrockbands gilt: „Ich<br />

weiß, dass wir ein wunderbares Publikum haben,<br />

sehr loyale Fans. Ich hoffe, dass wir immer<br />

in der Lage sein werden zu touren, egal<br />

was im Musikgeschäft sonst noch passiert.“<br />

Neu erschienen: Bis zur nächsten stadionsaison<br />

kann man sich mit neuen alben von<br />

coldplay „Mylo Xyloto“ (eMi), den red Hot chili<br />

Peppers „i’m With You“ (Warner) und<br />

der doku-dVd „talihina sky“ (sony) trösten.<br />

„Wir arbeiten sehr hart,<br />

und das könnten<br />

wir nicht, wenn wir<br />

die ganze Zeit Party<br />

machen würden“<br />

Will Champion,Coldplay<br />

19


C amille<br />

„Ein Song ist eine Frage“<br />

Camille ist Mutter geworden. Auch für ihre Lieder hat die<br />

Stimmkünstlerin ein neues Gefühl von Verantwortung entwickelt.<br />

Die CD „Ilo Veyou“ steht für ihre Liebe zu ihrem<br />

Kind, zu Frankreich und zum Leben. interview: Wolf Kampmann<br />

Sie ist nicht einfach nur<br />

Sängerin, sondern hat<br />

ihre Stimme zur Skulptur<br />

gemacht. Von der Popband<br />

Nouvelle Vague kommend, erkundet<br />

Camille mit radikaler<br />

Hingabe die Abgründe und Horizonte<br />

ihres Instruments. Dabei<br />

nimmt sie stets in Kauf, den<br />

Hörer mit ihrer Hyper-Poesie<br />

zu überfordern. Auch auf ihre<br />

neue CD muss man sich sehr<br />

bewusst einlassen, denn Camille<br />

macht es uns nicht leicht, diesem<br />

äußerst heterogenen Liederzyklus<br />

zu folgen. Warum sie<br />

dennoch viel entspannter wirkt<br />

als auf früheren Alben, lässt sie<br />

im Interview mit <strong>SONO</strong> durchblicken.<br />

Auf „Ilo Veyou“ erzählt jeder Song<br />

eine andere Geschichte. Gibt es<br />

auch eine übergreifende Story?<br />

Ich habe mich bewusst gegen ein<br />

Konzeptalbum entschieden. Es<br />

war ein Experiment. Ich wollte<br />

a cappella in Kirchen arbeiten,<br />

mit einem Streichquartett<br />

aufnehmen und andere Dinge<br />

ausprobieren. Weil ich ein Baby<br />

erwartete, war ich in einer speziellen<br />

Stimmung. Einige Songs<br />

waren fertig, andere in Planung.<br />

All das musste raus. Wenn sich<br />

überhaupt ein roter Faden durch<br />

das Album zieht, dann diese<br />

Energie. Ich wollte in den Songs<br />

20<br />

an alle Orte gelangen, an die das<br />

Leben mich führt. Gib dich zärtlich<br />

und verspielt in den Lauf<br />

der Dinge, sagte ich mir. Ein Album<br />

zu machen, ist ja niemals<br />

ein hundertprozentig friedvoller<br />

Prozess. Es ist viel Arbeit, bei<br />

der man immer wieder an seine<br />

Grenzen stößt und sich selbst<br />

hinterfragt. Aber ich fühlte mich<br />

voller Leben. Darum geht es. Es<br />

ist ein Fluss.<br />

Jeder Song stellt die Frage, wer<br />

und wo bin ich. Doch bevor Gelegenheit<br />

für eine Antwort da<br />

ist, beginnt ein neuer Song.<br />

Richtig, ein Song ist eine<br />

Frage. Und ich erhalte<br />

niemals die Antwort. Ich<br />

wusste wirklich nicht, wo-<br />

Ca m i l l e s W e lt<br />

Stimme mit Anspruch<br />

Bossa Nova hieß<br />

die erste liebe der<br />

Camille Dalmais.<br />

2004 sang die Pariserin Hymnen<br />

den Punk-Ära im brasilianischen<br />

Klanggewand bei der Band Nouvelle<br />

Vague. es folgten nationale Pophits<br />

wie „Ta douleur“, ein Song-auftritt Bouret<br />

in „Ratatouille“ und eine Solokarriere,<br />

die sie immer weiter von den<br />

armelle<br />

Klischees der Popmusik entfernt. Foto:<br />

Eine Madonna des<br />

Gesangs: Camille<br />

liebt Inszenierungen<br />

mit Hintersinn<br />

hin ich gehen würde. Ausgehend<br />

von ein paar losen Ideen,<br />

musste ich mich immer wieder<br />

fragen, was ich will und was<br />

nicht. Jedes Album ist eine Reise<br />

von einem Punkt zu einem


anderen. Das ist ein Ritual. Ich<br />

schließe eine Türe und öffne<br />

eine andere.<br />

Es macht ja kaum einen Unterschied,<br />

ob du a cappella singst<br />

oder dich in verschiedenen Konstellationen<br />

begleiten lässt.<br />

Die Stimme hält alles zusammen.<br />

Ich wollte keinen Backgroundgesang,<br />

vom Kinderchor an einigen<br />

Stellen mal abgesehen. Meine<br />

Stimme sollte das Boot den Fluss<br />

hinabsteuern.<br />

Für mich als Deutschen geht es<br />

auf der Platte auch um verschiedene<br />

Zustände und Phasen von<br />

Frankreich.<br />

Manchmal bin ich ganz erfüllt<br />

von Frankreich. Heutzutage ist<br />

es so einfach zu reisen. Man bildet<br />

sich ja oft ein, überall sonst<br />

Reichtum der ganzen Welt in<br />

Paris. Als Künstlerin kann ich<br />

nicht vergessen, dass ich Französin<br />

bin.<br />

All diese Gerüche von Frankreich<br />

von Vietnam über den Maghreb<br />

bis zu Edith Piaf sind ja auf deiner<br />

Platte zu hören.<br />

Frankreich ist wie ein Stern mit<br />

ganz unterschiedlichen Zacken.<br />

Es ist der Schnittpunkt zwischen<br />

Süd-, Nord- und Osteuropa.<br />

Ohne die Einwanderer wären<br />

wir nichts. Wir waren schon<br />

immer ein Einwanderungsland.<br />

Das vergessen wir oft. Die extremen<br />

Rechten werden immer<br />

stärker und wollen die Zigeuner<br />

und andere Volksgruppen einfach<br />

aus dem Land schmeißen.<br />

Das ist eine Schande, denn sie<br />

missverstehen unsere Kultur.<br />

„Frankreich ist ein schönes Land.<br />

Warum tun wir uns so schwer,<br />

diese Schönheit zu erkennen?“<br />

wäre es besser als dort, wo man<br />

lebt. Für uns abendländische<br />

Künstler ist es oft die größte<br />

Herausforderung, zu bleiben,<br />

wo wir sind, und zu beobachten,<br />

wie sich die Dinge dort entwickeln.<br />

Wir müssen uns mit<br />

den Schwierigkeiten unserer<br />

Umgebung konfrontieren und<br />

etwas daraus machen. Das passiert<br />

mir gerade. Ich bin so viel<br />

gereist und sehe mein Land sehr<br />

kritisch. Paris ist keine freundliche<br />

Stadt. Die Leute sind immer<br />

gestresst. Überall ist Stau. Es<br />

wäre so einfach, zu verschwinden.<br />

Aber Frankreich ist auch<br />

ein schönes Land. Warum tun<br />

wir uns so schwer, diese Schönheit<br />

zu erkennen? Außerdem<br />

haben wir so viel Ausland im<br />

eigenen Land. Wir haben den<br />

Früher sagtest du einmal, eine<br />

Platte zu machen sei wie eine<br />

Geburt. Siehst du das als junge<br />

Mutter immer noch so?<br />

Es gibt viele Gemeinsamkeiten,<br />

aber ein Hauptunterschied besteht<br />

darin, dass das Leben bei der Geburt<br />

eines Kindes stärker ist als du<br />

selbst. Der Zeitrahmen ist in etwa<br />

ähnlich. Bei einer Platte ist dieser<br />

Prozess nur ungleich komplizierter,<br />

weil du Kontrolle darüber<br />

hast. Wenn ein Baby dann auf der<br />

Welt ist, gehört es dir genauso wenig<br />

wie eine veröffentlichte Platte.<br />

Beide gehen ihren eigenen Weg.<br />

Neu erschienen: Camille<br />

„ilo Veyou“ (Virgin / emi)<br />

Live: Camille ist ende mai 2012<br />

mit vier Konzerten in Deutschland<br />

zu erleben. .<br />

21<br />

Die neue CD des weltberühmten britischen Geigers<br />

mit einer Eigenkomposition für Violine, Orchester,<br />

Band und Vokalstimme, inspiriert von Vivaldis „Die vier<br />

Jahreszeiten“ und den vier Elementen<br />

LUFT, ERDE, FEUER UND WASSER.<br />

Eine spannende Mischung aus Klassik, Jazz, Pop und<br />

Folk, eingespielt mit dem von Kennedy gegründeten<br />

„Orchestra of Life“.<br />

GROSSE DEUTSCHLAND-TOURNEE 2011<br />

1.11. Leipzig, 2.11. Stuttgart, 3.11. München, 5.11. Freiburg,<br />

6.11. Hannover, 8.11. Düsseldorf, 9.11. Bielefeld, 10.11.<br />

Hamburg, 12.11. Nürnberg, 13.11. Berlin, 14.11. Dresden,<br />

16.11. Dortmund, 17.11. Regensburg, 18.11. Baden-Baden,<br />

20.11. Mannheim, 21.11. Aachen, 23.11. Bremen, 24.11.<br />

Köln, 26.11. Kassel, 28.11. Essen, 29.11. Saarbrücken, 30.11.<br />

Frankfurt<br />

WWW.NIGEL-KENNEDY.NET<br />

WWW.SONYMUSICCLASSICAL.DE


Die S o n o - liSte<br />

22<br />

Sie kennen schon<br />

alle Bearbeitungen von<br />

Mussorgskys „Bilder<br />

einer Ausstellung“?<br />

Werfen Sie lieber mal einen Blick auf<br />

unsere Liste. Von Hans-Jürgen Schaal<br />

illustration: Fornfest


1. Emile Naoumoff<br />

„the Piano Concerto“<br />

Wenn Sie sich zwischen Mussorgskys<br />

Original für Klavier und<br />

Ravels Orchesterfassung mal<br />

wieder nicht entscheiden können,<br />

versuchen Sie es doch mit<br />

diesem 44minütigen Zwitter. Die<br />

„Paraphrase“ des bulgarischen<br />

Pianisten Naoumoff zusammen<br />

mit dem Deutschen Symphonie-<br />

Orchester Berlin lässt zuweilen<br />

an ein brillantes russisches Klavierkonzert<br />

denken. Im Orchesterklang<br />

überraschen dagegen<br />

vorklassisch wirkende Holzbläserfarben.<br />

(Alcra-Wergo)<br />

2. John Wallace & The<br />

Wallace Collection<br />

Es gibt rund 30 verschiedene<br />

sinfonische Orchestrierungen<br />

der „Bilder einer Ausstellung“ –<br />

und ein Vielfaches an weiteren<br />

Bearbeitungen. Diese hier – nur<br />

für Blechbläser und Perkussion –<br />

schuf Elgar Howarth 1977 für das<br />

Philip Jones Brass Ensemble. Die<br />

Neuaufnahme unter John Wallace<br />

besticht durch ihre Farbigkeit<br />

und Dynamik – butterweich<br />

in den Solostellen, messerscharf<br />

in den Tutti. Eines vermisst man<br />

hier nie: Streicher. (Collins Classics)<br />

3. Granados Trio<br />

„Bilder einer Ausstellung“<br />

Mussorgskys Klavierzyklus,<br />

übersetzt auf drei klassische Gitarren:<br />

Das hat perkussive Kontur,<br />

schönen Akkordklang und<br />

atmende Räumlichkeit. Die drei<br />

Gitarristen, die sich vor 20 Jahren<br />

in Professor Teucherts Solistenseminar<br />

in Frankfurt zusammenfanden,<br />

verzaubern die<br />

hohen Töne mit Silber und die<br />

tiefen mit Bronze. Wie wohligwarm<br />

akustische Gitarren klingen<br />

können, das wissen eben<br />

nicht nur Folkmusiker und Singer/Songwriter.<br />

(FSM)<br />

4. Tomita<br />

„Pictures At An exhibition“<br />

Die Synthesizerversion des Elektronikpioniers<br />

Isao Tomita ist<br />

längst selbst zum Klassiker geworden.<br />

Ravels Orchester-Instrumentierung<br />

folgend, steigert<br />

sich der Japaner in einen wilden<br />

Rausch greller Klangfarben zwischen<br />

Horror und Humor. Zwitschernde<br />

Küken, blubbernde Tuilerien,<br />

sphärische Chorstimmen<br />

und diskrete Perkussionsanklänge<br />

– all das quetschte Tomita aus<br />

den frühen Synthesizermodellen<br />

von anno 1974. (BMG/RCA)<br />

5. Carsten Wiebusch<br />

„Reger – Wagner –<br />

Mussorgsky“<br />

Erste Orgelversionen der „Bilder<br />

einer Ausstellung“ entstanden in<br />

den 1970er Jahren. Der Organist<br />

Carsten Wiebusch aber schrieb<br />

sich seine Fassung lieber selbst –<br />

maßgeschneidert auf die historische<br />

Walcker-Orgel der Evangelischen<br />

Kirche in Essen-Werden.<br />

Statt in extremen Registern musiziert<br />

Wiebusch auf ihren Manualen<br />

fast romantisch und mit<br />

der Finesse eines Konzertpianisten.<br />

Ein unspektakulär daherkommendes,<br />

großes Hörerlebnis.<br />

(Fermate)<br />

6. Heavy Tuba<br />

& Jon Sass<br />

Den Kern dieser eigenwilligen<br />

Jazzband aus Österreich bilden<br />

sieben tiefe Blechbläser, darunter<br />

der New Yorker Wahl-Wiener<br />

Jon Sass an der Basstuba. Wo das<br />

schwere Blech an Grenzen stößt,<br />

ergänzt Keyboarder Helmar<br />

Hill digitale Sounds. Er schrieb<br />

auch die phantasievollen Arrangements:<br />

Die „Tuilerien“ gibt’s<br />

rein perkussiv, die „Küken“ tanzen<br />

ein Blues-Duett auf synthetischen<br />

Flöten, immer wieder<br />

geht’s übermütig Richtung Rock<br />

und Salsa. (ATS Records)<br />

7. Fine Arts Brass<br />

Ensemble<br />

Noch einmal Blech, aber ganz anders:<br />

Das 1980 gegründete britische<br />

Fine Arts Brass Ensemble<br />

ist ein klassisches Blechbläserquintett<br />

– mit zwei Trompeten,<br />

Horn, Posaune und Tuba. Äußerst<br />

geschickt hat Stephen Roberts,<br />

der Hornist des Ensembles,<br />

Mussorgskys Klaviernoten<br />

auf das fünfstimmige Gebläse<br />

verdichtet. Das Ergebnis ist konzentrierte,<br />

virtuose Kammermusik<br />

mit Biss und Tiefe: 16 wohlklingend-expressive<br />

Miniaturen.<br />

(Nimbus Records)<br />

8. Mats-Up<br />

„Same Pictures,<br />

new exhibition“<br />

Aus der Schweiz kommt die bislang<br />

überzeugendste Modern-<br />

Jazz-Adaption der „Bilder einer<br />

Ausstellung“. Das Septett des<br />

Trompeters Matthias Spillmann –<br />

vier Bläser und ein Rhythmustrio<br />

– stülpt Mussorgskys Themen<br />

jazzmäßig um und verwendet<br />

sie als Startschuss für<br />

kompetente Improvisation. Da<br />

werden Techniken der Westcoast-Jazz-Arrangeureaufgegriffen<br />

und große Bläsersoli der<br />

Jazzgeschichte zitiert. Mussorgsky<br />

swingt! (Unit Records)<br />

9. Mekong Delta<br />

„Pictures At An exhibition“<br />

Wie man die „Bilder“ rockt, haben<br />

Emerson, Lake & Palmer 1971 mit<br />

viel Phantasie vorgemacht. Damit<br />

verglichen wirkt die Komplett-<br />

Version des deutschen Prog-<br />

Metal-Trios Mekong Delta asketisch<br />

streng: nur Gitarre, Bass,<br />

Drums. Allerdings erklingt die<br />

Gitarre zuweilen in ganzen Chören,<br />

der Bass spielt auch Melodie,<br />

der Drummer schlägt originelle<br />

Rhythmen – und wo es passt<br />

(Bydlo, Katakomben), wird’s auch<br />

mal heavy-düster. (Bullet Proof)<br />

10. German<br />

Marimba Duo<br />

Für Matthias Krohn und Andreas<br />

Schwarz war ihre Version der<br />

„Bilder“ der erfolgreiche Karrierestart<br />

als „German Marimba<br />

Duo“. Zu welchen Wirkungen<br />

zwei fünfoktavige Marimbas<br />

im Verein fähig sind, darüber<br />

kann man bei ihnen in jedem<br />

Stück staunen. Fast scheint es,<br />

als würde das Motorische in<br />

Mussorgskys Musik hier noch<br />

motorischer, das Groteske noch<br />

grotesker, das Schaurige noch<br />

schauriger. Wer braucht da Orchesterfarben?<br />

(KlangRäume)<br />

11. ChoralConcert<br />

„Bilder einer Ausstellung“<br />

Jazz mit Kirchenorgel? Oder Orgelmusik<br />

mit Gästen? Beim Trio<br />

ChoralConcert bleibt so manches<br />

in der Schwebe, nicht nur stilistisch.<br />

Karl Scharnweber an der<br />

Orgel der Christkirche Rendsburg,<br />

Thomas Klemm an Saxofon<br />

und Flöten und Wolfgang<br />

Schmiedt an den Gitarren treten<br />

immer wieder überraschend zusammen<br />

und auseinander, als<br />

wollten sie Endgültiges vermeiden.<br />

Ein musikalischer Essay,<br />

der zum Nachdenken anregt<br />

(KlangRäume).<br />

12. „Mussorgsky<br />

für 44 Pianisten“<br />

Zum Schluss noch ein echtes<br />

Unikum, ein Happening, ein musikalisches<br />

Ereignis zwischen<br />

Monumentalität und Bizarrerie.<br />

Fünftausend Zuhörer erlebten<br />

1993 in einer Braunschweiger<br />

Klavierfabrik diese Aufführung<br />

der „Bilder“ an 44 Flügeln und<br />

einem präparierten Piano. Hans-<br />

Christian Wille plante, Hans-<br />

Wilhelm Plate arrangierte, Uwe<br />

Präkelt dirigierte, VW sponserte.<br />

Heraus kam Klaviermusik<br />

als orchestrales Raumerlebnis.<br />

(ram)<br />

23


Michel G o dard<br />

Claudios Erben<br />

Drei Barockmusiker treffen auf drei Jazz-<br />

kollegen. Sie spielen Musik von Monteverdi<br />

und ein bisschen mehr. Und aus<br />

dem Experiment wird eine Begegnung<br />

auf Augenhöhe. Von ralf dombrowski<br />

Die ehemalige Zisterzienserabtei von Noirlac ist ein besonderer<br />

Ort. Seit 2008 ein Kultur- und Begegnungszentrum, sind<br />

dort häufig Künstler zu Gast, um sich von der Atmosphäre<br />

oder auch der Akustik inspirieren zu lassen. Im Juni 2011 versammelte<br />

der Tubaist Michel Godard ein ungewöhnliches Sextett in den Gewölben.<br />

Theorbe, Barockvioline und Gesang standen Serpent, Bassgitarre<br />

und Saxofon gegenüber. Heraus kam Musik zwischen den Stilwelten,<br />

feintönend, manchmal knorrig, aber sehr französisch im Impetus der<br />

Klangkulturverschmelzung. Das Album „Monteverdi – A Trace Of<br />

Grace“ ist bei Carpe Diem Records erschienen, einem Label aus Bremen,<br />

das sich auf Alte Musik und deren Grenzgänge konzentriert.<br />

24<br />

Monteverdi macht<br />

glücklich. Das Projekt war<br />

für Michel Godard (r.)<br />

und seine Freunde<br />

die Erfüllung eines Traums<br />

Wie kam es zu „Monteverdi“?<br />

Die Aufnahme ist der Abschluss einer Trilogie. Der erste Teil beschäftigte<br />

sich mit Musik und Parfüm, der zweite mit Wein, und jetzt folgt<br />

Monteverdi. Jedes Mal ging es um Grenzüberschreitungen, zu Düften,<br />

zum Geschmack oder eben nun zur Alten Musik. Und es war außerdem<br />

ein Treffen von Musikern verschiedener Stilherkünfte. Drei entstammen<br />

der Barockszene, die anderen drei im Großen und Ganzen<br />

dem Jazz.<br />

Wie haben Sie sich vorbereitet?<br />

Die Musik von Monteverdi kenne ich, seit ich klein bin. Sie hat mich<br />

eigentlich immer schon begleitet. Dann habe Steve Swallow gefragt, ob<br />

er auch Kompositionen beisteuern möchte. So steht Monteverdi auf der<br />

einen Seite und unsere Musik als Spiegel auf der anderen. Als wir dann<br />

zu den Proben kamen, hatten wir ursprünglich Arrangements dabei,<br />

die sich dann aber vielfältig verändert haben. Denn im Kern geht es<br />

auch um Improvisation.<br />

Die Barockmusiker haben auch improvisiert?<br />

Natürlich. Vor allem der Spieler der Theorbe hat andauernd die Stücke<br />

variiert, ebenso die Geigerin. Lediglich Guillemette Laurens hat<br />

ihre Stimmpassagen weitgehend original beibehalten. Sie ist ja eine der<br />

Pionierfiguren der Alten Musik. Sucht man nach frühen Monteverdi-<br />

Aufnahmen, war meistens sie daran beteiligt.<br />

Wie kam das Repertoire zustande?<br />

Die meisten Stücke sind mir sehr präsent, überwiegend Madrigale und<br />

Ausschnitte aus der Oper „L’Incoronazione di Poppea“. Sie basieren<br />

vielfach auf einer ostinaten Grundform. Da wiederum ergeben sich


viele Berührungspunkte zum<br />

Jazz und sogar zur heutigen populären<br />

Musik.<br />

T ö n e n d e<br />

s c h l a n g e<br />

der (oder das) Serpent<br />

Warum diese Kombination von<br />

wurde um 1590 erfunden<br />

Musikern?<br />

und besteht aus einer<br />

Wichtig war für mich natürlich<br />

bis zu 240 cm langen<br />

Steve Swallow, eines meiner<br />

konischen, schlan-<br />

großen Idole. Die Möglichkeit,<br />

genförmig gewundenen<br />

mit ihm zu arbeiten, war die Er- Schallröhre. aufgrund seines tiefen<br />

füllungen eines Traumes. Aber und vokalnahen Klangs wurde es vor<br />

auch die anderen Musiker ken- allem in Frankreich zur Begleitung<br />

ne ich schon länger.<br />

von Gregorianischen chorälen<br />

verwendet. im 19. Jahrhundert wurde<br />

Warum spielen Sie in diesem Fall das Serpent durch Basshorn und<br />

nur Serpent und ein bisschen Tuba verdrängt und geriet lange in<br />

Bass?<br />

Vergessenheit.<br />

Auf der eine Seite wollte ich so<br />

nah wie möglich am Barock sein.<br />

Darüber hinaus aber hätte die<br />

Tuba in dieser Akustik dem Ganzen ein wenig die Natürlichkeit genommen.<br />

Sie wäre zu kraftvoll, zu dominant gewesen. Ich wollte mich<br />

da auch etwas selbst beschränken.<br />

Worin besteht die besondere Faszination des Serpents?<br />

Es lässt sich wie viele traditionelle Instrumente sehr reduziert spielen.<br />

Manchmal reicht die richtige Positionierung eines Tones, um eine große<br />

Wirkung hervorzurufen. Dafür werden Fragen etwa der Intonation<br />

viel wichtiger.<br />

Was kommt als nächstes? Ein Album zur französischen Küche?<br />

Nein, nein. Es wird eher darauf hinaus laufen, dass ich mit Steve<br />

Swallow enger zusammenarbeite. Erst unlängst meinte er, wir sollten<br />

öfter spielen, aber uns nicht mehr nur der Musik anderer Komponisten<br />

widmen, sondern etwas Eigenes machen. Und da habe ich nun wirklich<br />

nichts dagegen.<br />

Auch ein Schluck Wein im Becher: das Monteverdi-Team bei der Arbeit<br />

25<br />

K A R S T E N J A H N K E K O N Z E R T D I R E K T I O N<br />

11.11.11 Erfurt - Alte Oper<br />

12.11.11 Halle - Steintor-Varieté<br />

24.11.11 Stade - Stadeum<br />

25.11.11 Paderborn - Paderhalle<br />

26.11.11 Mülheim a.d. Ruhr - Stadthalle<br />

01.12.11 Dortmund - Konzerthaus<br />

02.12.11 Soest - Stadthalle<br />

09.12.11 Berlin - UdK<br />

10.12.11 Elmshorn - Stadttheater<br />

14.12.11 Düsseldorf - Tonhalle<br />

15.12.11 Mannheim - Capitol<br />

17.12.11 Frankfurt - Alte Oper<br />

12.01.12 Aachen - Eurogress<br />

13.01.12 Wuppertal - Historische Stadthalle<br />

14.01.12 Bonn - Oper<br />

19.01.12 Stuttgart - Liederhalle / Hegelsaal<br />

20.01.12 Lörrach - Burghof<br />

21.01.12 Mainz - Frankfurter Hof<br />

22.01.12 Saarbrücken - Congresshalle<br />

28.01.12 Ludwigsburg - Scala<br />

29.01.12 Karlsruhe - Tollhaus<br />

09.02.12 Wahlstedt - Kleines Theater am Markt<br />

10.02.12 Flensburg - Deutsches Haus<br />

11.02.12 Hamburg - Laeiszhalle<br />

08.03.12 Münster - Halle Münsterland, Congress-Saal<br />

09.03.12 Hannover - Theater am Aegi<br />

10.03.12 Buchholz - Empore<br />

14.03.12 Lüneburg - Vamos! Kulturhalle<br />

15.03.12 Bremen - Glocke<br />

16.03.12 Lübeck - Musik- und Kongreßhalle<br />

TOWER<br />

OF<br />

POWER<br />

15.03.12 Düsseldorf - Tonhalle<br />

17.03.12 Hamburg - Laeiszhalle<br />

22.03.12 Bremen - Glocke<br />

23.03.12 Frankfurt - Alte Oper<br />

24.03.12 Freiburg - Konzerthaus<br />

27.03.12 Stuttgart - Liederhalle<br />

28.03.12 München - Philharmonie<br />

30.03.12 Berlin - Tempodrom<br />

funkelnagelneu<br />

Winner<br />

Emmy Award<br />

17.03.12 Kiel - Kieler Schloss<br />

19.03.12 Köln - Philharmonie<br />

22.03.12 Datteln - Stadthalle<br />

23.03.12 Essen - Philharmonie<br />

24.03.12 Bielefeld - Rudolf-Oetker-Halle<br />

Theater am Ring<br />

31.03.12 Trier - Europahalle<br />

13.04.12 Aurich - Stadthalle<br />

14.04.12 Lingen - Theater an der Wilhelmshöhe<br />

15.04.12 Krefeld - Seidenweberhaus<br />

20.03.2012 Hamburg - Fabrik<br />

21.03.2012 Hannover - Capitol<br />

22.03.2012 Berlin - Postbahnhof<br />

TICKETS: 01805 - 62 62 80* | 040 - 413 22 60 | www.karsten-jahnke.de<br />

*� 0,14/Min. aus dem dt. Festnetz, Mobilfunk max. � 0,42/Min.


adio.strin g.quarte t.vienna<br />

Rapid String Movement<br />

Das radio.string.quartet.vienna wagt den ästhetischen<br />

Neuanfang und kommt mit „radiodream“ seinem Ziel<br />

ein gutes Stück näher. von Paul Hammerthal<br />

Björk würde er gerne einmal treffen.<br />

Aber daraus wird wohl nichts, denn<br />

die isländische Künstlerin, die sich<br />

eben erst mit dem Album „Biophilia“ wieder<br />

einmal neu erfunden hat, gehört zu den<br />

am besten abgeschotteten Künstlerinnen der<br />

Netzwelt. „Es ist erstaunlich und auch ein<br />

bisschen frustrierend“, meint Bernie Mallinger,<br />

erster Geiger und Mitbegründer des<br />

radio.string.quartet.vienna. „Einen ganzen<br />

Tag lang habe ich das Internet abgesucht, aber<br />

nicht einen Hinweis gefunden, kein Kontakt,<br />

nichts, was man verwenden könnte.“ Dabei<br />

hätte er der Sängerin gerne ein Exemplar von<br />

„radiodream“ in die Hand gedrückt. Denn<br />

Mallinger ist der festen Überzeugung, dass<br />

eine Geistesverwandschaft zwischen dem<br />

besteht, was er in Wien mit seinen Freunden<br />

experimentiert, und dem, was die öffentlichkeitsscheue<br />

Sängerin im Land der Geysire<br />

imaginiert.<br />

Tatsächlich gibt es Gemeinsamkeiten,<br />

wenn auch vor allem konzeptioneller Natur.<br />

So schwer sich Björk in ein Schema der Popwelt<br />

einpassen lässt, so wenig sieht sich<br />

auch das r.s.q.v. noch als Statthalter einer<br />

festgefügten Tradition. „Ich glaube, wir<br />

sind schon ein Streichquartett. Aber<br />

wir entwickeln uns immer mehr<br />

in Richtung einer Art globalen<br />

Musik. Deshalb bleibt es nicht<br />

immer beim Streichquartett,<br />

sondern der Sound<br />

öffnet sich nach vielen<br />

Seiten. Natürlich<br />

lieben wir alle die<br />

ursprüngliche Form,<br />

und auch auf dem Album<br />

gibt es Passagen,<br />

die sich ganz klassisch<br />

im klanglich bekannten<br />

Rahmen bewegen. Aber<br />

26<br />

es ist eben nicht das Einzige. Ein weiterer<br />

Punkt: Wir dürfen, sollen und wollen über den<br />

Tellerrand schauen. Das ist bei vielen Kollegen<br />

anders, die sind aus unterschiedlichen<br />

Gründen festgelegter.“ Dieser Anspruch der<br />

latent Klangausweitung hat allerdings nicht<br />

nur Vorteile. Während traditionelle Streichquartette<br />

sich zwar in harter Konkurrenz,<br />

aber doch innerhalb eines klaren Rahmens<br />

von Repertoire, Interpretation und Rezeption<br />

bewegen, muss das r.s.q.v. mit der Vielfalt<br />

der Möglichkeiten kämpfen, um eine eigene<br />

Sprache zu finden.<br />

Grenzgänger<br />

mit Geigen und<br />

einem Faible<br />

fürs Konzeptuelle:<br />

das r.s.q.v<br />

Die musikalischen Ergebnisse dieser ästhetischen<br />

Auseinandersetzung fielen bislang<br />

sehr unterschiedlich aus. Während das Tribute<br />

an die Musik des Mahavishnu Orchestra<br />

in sich rund und stimmig wirkte, gelang<br />

ihnen mit den folgenden drei Alben kein<br />

wirklicher Treffer. Zwar führten auch diese<br />

Projekte durch unterschiedliche Gäste<br />

wie den Akkordeonisten Klaus Paier klanglich<br />

über den engen Stilzusammenhang des<br />

Genres hinaus. Im Kern jedoch verwiesen<br />

sie das Streichquartett auf den Platz der Begleitung,<br />

wohltönend und wenig charakteristisch.<br />

„Quartett mit Gast ist etwas ganz anderes.<br />

Natürlich waren die ganzen Kooperationen der<br />

vergangenen Jahre jede für sich großartig. Aber<br />

jetzt schien es uns dringend nötig, wieder einmal<br />

etwas nur als Quartett zu machen. Denn wir hatten<br />

das Gefühl, dass sich sehr viel verändert hat,<br />

was wir noch nicht festgehalten hatten und unbedingt<br />

mitteilen wollten.“<br />

Traumdeutung musikalisch<br />

Und so reifte ein Programm heran, mit dem<br />

das r.s.q.v. die Träume einer Nacht musikalisch<br />

nachvollziehen wollte. „Von Anfang an<br />

war klar, dass vieles von uns selbst geschrieben<br />

sein sollte. Aber es durften auch Stücke<br />

von anderen vorkommen, die irgendwie mit<br />

dem Thema zu tun hatten.“ Und so machten<br />

sich die Musiker und Musikerinnen des r.s.q.v.<br />

auf die Traumreise, ließen sich von Sigmund<br />

Freud und Salvador Dali, von Kinospektakeln<br />

wie „Inception“ und Henry Mancini inspirieren.<br />

Manches entwickelte sich schrill, anderes<br />

profitierte von der Transparenz der Streicherstimmen.<br />

Soundopulenz und Reduktion,<br />

Synthetik und Natürlichkeit stehen<br />

nebeneinander und ergänzen sich in 14<br />

Abschnitten zu einer Suite der akustischen<br />

Chimären. Aus den bisherigen<br />

Experimenten innerhalb der originär<br />

klassischen Klangwelt wurden<br />

Ausflüge bis hin in rockverwandte<br />

Gefilde. Für das r.s.q.v. jedenfalls<br />

ist „radiodream“ ein großer<br />

Schritt aus dem Lager der<br />

Puristen heraus. Und für die<br />

Szene womöglich ein Wegweiser<br />

in eine bislang kaum erforschte<br />

Richtung.<br />

Neu: das album<br />

„radio-dream“ (aCt/edel<br />

Kultur) des radio.string.<br />

quartet.vienna erscheint<br />

am 28. ok tober 2011.


Billy Joel<br />

Live at the<br />

Shea Stadium<br />

MiCHAel JACkson<br />

The Ultimate Collection<br />

peArl JAM<br />

Ten (Collector's Edition)<br />

roger WAters<br />

The Roger Waters Collection<br />

Miles DAvis<br />

The Complete Columbia Album Collection<br />

JiMi HenDrix West Coast Seattle Boy:<br />

The Jimi Hendrix Anthology (Collectors Edition)<br />

AC/DC<br />

Pug Me In<br />

BruCe springsteen<br />

Born To Run - 30th Anniversary


Anoushk A sh Ank Ar<br />

Krishna – Olé!<br />

Sie ist die Halbschwester von Norah<br />

Jones und trägt einen großen Namen.<br />

Doch mit ihrem Können ist Anoushka<br />

Shankar an der Sitar mehr als nur<br />

in die Fußstapfen ihres Vaters Ravi<br />

Shankar getreten. Von Guido Fischer<br />

28<br />

Der Sound einer Sitar ist einzigartig. Aber bei keinem anderen<br />

Weltmusik-Instrument schwingen bis heute so hartnäckig<br />

Klischees mit. Schließlich steht sie für eine Zeit, als Erleuchtungswillige<br />

und Blumenkinder sich nach Indien aufmachten, um am<br />

eigenen Karma zu feilen. Natürlich kann man sich auch weiterhin an<br />

der Sitar in höhere Klangsphären improvisieren. In einer genau geregelten<br />

Bodensitzhaltung, die wahrscheinlich allen orthopädischen<br />

Weisheiten spottet. Anoushka Shankar ist allein schon optisch der<br />

Beweis, dass man bei ausgiebigen Sessions seine Würde und Schönheit<br />

bewahren kann. Die 30jährige hat aber eben nicht nur das tiefverwurzelte<br />

ABC der indischen Musik verinnerlicht, all die Ragas,<br />

die den Weg zur spirituellen Einkehr ebnen. An der Sitar konnte sie<br />

mittlerweile selbst die verschiedensten musikalischen Freundschaften<br />

knüpfen. Mal spielte sie mit dem klassischen Cellisten Mstislaw Rostropowitsch<br />

und dann wieder mit Jazzklavier-Ikone Herbie Hancock.<br />

Und wenn sie nicht gerade mal mit Lenny Kravitz jammte, bildete sie<br />

mit Sting ein durchaus magisches Duo.<br />

Für ihr sechstes Album „Traveller“ hat Anoushka Shankar aber<br />

nun an eine musikalische Tradition angedockt, die in ihrer feurigen<br />

Robustheit eigentlich so gar nichts mit den filigranen Reizen der indischen<br />

Musik zu tun hat. Für die Virtuosin<br />

liegen die Unterschiede zwischen dem<br />

Flamenco und der Musik ihrer Ahnen aber<br />

Vater Ravi kann stolz nur im Detail. Was beide dagegen unüber-<br />

sein: Noch ist Anoushka hörbar miteinander verbindet, ist nicht nur<br />

Shankar keine Legende. ihr Fokus auf den Rhythmus. „Flamenco<br />

Aber musikalisch<br />

hat mich immer schon begeistert und fas-<br />

kann sie ihm bereits ziniert“, erinnert sich Anoushka Shankar.<br />

das Wasser reichen.<br />

„Er sprach mich an, da ich spürte, dass


er eine Eigenschaft mit der klassischen indischen Musik teilt, die ich<br />

ganz besonders schätze: die grenzenlose Musikalität des Ausdrucks,<br />

ganz gleich, ob es sich um eine Solostimme handelt, eine Sitar oder<br />

eine Gitarre.“<br />

Die indischen Wurzeln des Flamenco<br />

Warum sich Shankar im Flamenco von jeher ein wenig wie zu Hause<br />

fühlte, wurde ihr erst so richtig bei den Vorbereitungen ihres Albums<br />

klar, als sie erfuhr, dass der Flamenco seine Ursprünge in Indien hat.<br />

So sollen vor rund 800 Jahren die Vorfahren der Gitanos aus Rajasthan<br />

zu einer lange Reise aufgebrochen sein, die sie über Asien und den Vorderen<br />

Orient bis nach Spanien geführt hat. Musikhistorisch gesehen ist<br />

der Flamenco damit gewissermaßen der kleine Bruder der indischen<br />

Musik. Nur hatten sie sich auch in der ansonsten so hellhörigen Weltmusik-Szene<br />

etwas aus den Augen und Ohren verloren. Jetzt ist aber<br />

die überfällige und verblüffende Familienzusammenführung geglückt,<br />

unter der Ägide von Anoushka Shankar und dem spanischen Gitarristen<br />

Javier Limón, die jeweils Koryphäen aus ihrem Umkreis wie den<br />

Ghatam-Spieler Pirashanna Thevarajah und Flamenco-Altmeister<br />

Pepe Habichuela zu den Aufnahmen mitgebracht haben. Dementsprechend<br />

bestaunt man da hitzige Duelle zwischen Tablas und spanischer<br />

Perkussion. Und plötzlich scheinen<br />

die Schleifgesänge von der Spanierin<br />

Sandra Carrasco und der Inderin<br />

Shubda Mudgal auf einem Atem daherzukommen.<br />

Die Musik auf „Traveller“ stammt<br />

durchweg von Anoushka Shankar<br />

und Javier Limón. Bei den Texten<br />

hingegen hat neben historischen<br />

Vorlagen auch ihr Vater Ravi Shankar<br />

mitgewirkt, den sie voller Stolz<br />

„meinen Guru, meinen Lehrer“ nennt.<br />

Neun Jahre war sie gerade mal, als sie<br />

von ihm in die Kunst des Sitarspiels<br />

eingewiesen wurde. Aber bereits mit<br />

13 Jahren gab das in London geborene<br />

und in den USA aufgewachsene<br />

Talent anno 1994 sein erstes Konzert<br />

in Neu-Dehli. Ravi Shankar war aber<br />

mehr als nur ihr unerschöpflicher Urquell<br />

der Inspiration. Wer wie er Gott<br />

und die Welt kannte, vom Klassikviolinisten<br />

Yehudi Menuhin bis zu den<br />

Beatles, der machte seine Tochter auf<br />

D i e T ö c h T e r<br />

Ravi Shankars<br />

Erben sind<br />

überaus aktiv<br />

Die erfolgreiche halbschwester<br />

ging ihren eigenen musikalischen<br />

Weg. Im Jahr 2002 veröffentlichte<br />

norah Jones „Come Away<br />

With Me“, den Überraschungserfolg<br />

des Jahrzehnts. und mit<br />

Anoushka shankar fand sie auch<br />

zusammen. Zwei Talente mit viel<br />

Wirkung auf die Musikwelt.<br />

den ständigen gemeinsamen Reisen mit der musikalischen Prominenz<br />

bekannt. Das größte Erlebnis aber waren nicht die George Harrisons<br />

und Eric Claptons dieser Welt – obwohl gerade mit ersterem die Teenagerin<br />

eine musikalische Seelenverwandschaft verband –, sondern<br />

die Geburt ihres ersten eigenen Kindes. Zubin heißt der stramme Junge<br />

und war schon bei den „Traveller“-Sessions mit dabei. Und so wie<br />

Anoushka Shankar in dem Stück „Inside Me“ ihre Sitarsaiten hüpfen<br />

und glitzern lässt, kann man sich lebhaft vorstellen, in welch freudiger<br />

Erwartung sie sich da befand.<br />

Neu: Anoushka shankar „Traveller“ (DG/universal)<br />

Tournee: Anoushka shankar spielt von 6. november 2011 an sechs<br />

konzerte in Deutschland, in München (6.11.), heidelberg (7.11.), Baden-<br />

Baden (17.11.), Berlin (6.12.), hamburg (7.12.) und Dortmund (8.12.).<br />

29<br />

Foto: Getty<br />

„Tut uns leid,<br />

alle vergriffen!“<br />

Wenn Sie diesen Satz nie mehr<br />

hören wollen, können Sie ihn hier unten<br />

löschen – jetzt und für immer.<br />

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P O P, ROck & cO<br />

Jeff Bridges<br />

„Jeff Bridges“<br />

BLUE NOTE/EMI<br />

[americana] Wie Hollywood-<br />

Recke Jeff Bridges auf dem Cover<br />

seiner gleichnamigen Debüt-CD<br />

mit einer alten Gretsch-Klampfe<br />

posiert – das passt. Das wirkt<br />

auch nicht gestellt. Klar, Bridges<br />

hat für seine Rolle als abgehalfterter<br />

Countrysänger in „Crazy<br />

Heart“ einen Oscar bekommen.<br />

Doch Musik spielt, so sagt er, eigentlich<br />

schon lange in seinem Leben<br />

eine Hauptrolle. Gemeinsam<br />

mit Produzent T-Bone Burnett<br />

und Songwritern wie John Goodwin<br />

und Greg Brown – alle waren<br />

sie auch bei „Crazy Heart“ beteiligt<br />

– präsentiert er jetzt zehn Titel<br />

aus dem Americana-, Folk- und<br />

Country-Fach. Meist hält sich<br />

der Hollywood-Veteran stimmlich<br />

diskret zurück: Er grummelt,<br />

nuschelt und näselt zu gemütlichen<br />

Rhythmen wie Dylan oder<br />

Young. Wenn das Tempo mal anzieht,<br />

wie bei „Blue Car“, lassen<br />

Clapton und/oder Cale grüßen.<br />

Kurz: gut gemachter Laidback-<br />

Sound. Gunther Matejka<br />

Hintergrund: Mit Produzent T-<br />

Bone Burnett verbindet Bridges seit<br />

30 Jahren eine enge Freundschaft.<br />

Downloadtipp: „What A Little Bit<br />

Love can Do“, „Everything But Love“,<br />

„Blue car“<br />

The B-52s<br />

„With The Wild crowd! –<br />

Live In Athens, GA“<br />

EAGLE/EDEL<br />

[new Wave/Rock] Auf ein Livealbum<br />

der legendären New-Wave-<br />

Band aus Athens, Georgia, hat<br />

wahrscheinlich niemand drin-<br />

30<br />

die pop-cd des monats<br />

Theo Bleckmann<br />

„Hello Earth! - The Music Of kate<br />

Bush“ WINTER & WINTER / EDEL:kULTUR<br />

kate Bush ist sakrosankt. Zu eigenwillig erscheint ihre Musik im kosmos der<br />

anspruchsvollen Popmusik der vergangenen drei Jahrzehnte, um sich ei-<br />

ner Bearbeitung unterziehen zu lassen. Tatsächlich blieben ihre Lieder im<br />

Vergleich zu denen von kollegen wie Sting oder Peter Gabriel bislang weitgehend<br />

ungecovert. Denn sie erfordern nicht nur einen brillanten Interpreten, um den be-<br />

reits komplexen Originalen eine weitere Ebene hinzuzufügen, sondern auch eine<br />

selbstbewusste Ästhetik, die sich am Bush-Universum reibt. kurz: Es braucht<br />

jemanden wir Theo Bleckmann, um der britischen künstlerin auf Augenhöhe<br />

zu begegnen. Denn der in New York lebende Sänger ist mit allen Avantgarde-<br />

Wassern gewaschen, zugleich aber empathisch genug, um Musik von innen he-<br />

raus leuchten zu lassen. „Hello Earth!“ hat er im Quintett mit Gleichgesinnten<br />

wie dem Pianisten Henry Hey und dem Bassisten Skuli Sverrisson aufgenom-<br />

men, mit Schwerpunkt auf der „Hounds Of Love“-Phase , aber auch mit Liedern<br />

wie „Army Dreamers“ und „The Man With The child In His Eyes“. Und es gelingt<br />

Bleckmann mit weicher, dezent dramatischer Stimme und Stilexkursen in die<br />

Welten von Folk bis Jazz, die Lieder auf ihre ursprüngliche Schönheit zurück-<br />

zuführen. Das ist ein kunststück, denn es entkleidet die Musik von kate Bush<br />

der Dominanz ihrer Stimme, ohne ihr gleichzeitig die Identität und Finesse zu<br />

nehmen. Ein Meisterstück der Interpretationskultur. Ralf Dombrowski<br />

Wissenswertes: Theo Bleckmann hat bereits mit künstlern wie Laurie Ander-<br />

son, Philip Glass oder auch Meredith Monk gearbeitet.<br />

Downloadtipp: das ganze Album<br />

gend gewartet. Umso größer ist<br />

die Überraschung, in welch bestechender<br />

Form sich die Formation<br />

um Sängerin Kate Pierson und<br />

Sänger Fred Schneider auf diesem<br />

Livemitschnitt aus dem Classic<br />

Center in ihrer Heimatstadt präsentiert.<br />

Nachdem ihr 2008 veröffentlichtes<br />

Comeback-Album<br />

„Funplex“ auf durchaus gemischte<br />

Reaktionen stieß, scheint die Band<br />

ihr kleines Tief wieder überwunden<br />

zu haben. Die anlässlich des<br />

34jährigen Jubiläums ihres ersten<br />

Konzerts am Valentinstag 1977<br />

aufgezeichnete Show überzeugt<br />

jedenfalls ohne Abstriche. Hits<br />

wie „Rock Lobster“ und „Party<br />

Out Of Bounds“ haben bis heute<br />

nichts von ihrer Dynamik eingebüßt<br />

und klingen erstaunlich<br />

modern und zeitgemäß. Entsprechend<br />

groß ist der Jubel, der der<br />

Band entgegen brandet, die sich<br />

gegen Ende hin bei Stücken wie<br />

„Love Shack“ und „Planet Claire“<br />

in einen wahren Spielrausch hineinsteigert.<br />

Robert Wallner<br />

Downloadtipp: „Give Me Back My<br />

Man“, „Party Out Of Bounds“ und<br />

„Rock Lobster“<br />

Tony Christie<br />

„Now’s The Time!“<br />

cOLUMBIA/SONY<br />

[adult pop] Der Titel ist Programm:<br />

Zeit wird’s, meint Tony<br />

Christie, um aus dem Soziotop<br />

der Schlagerwelt heraus zu treten<br />

und einen Sound zu machen,<br />

der das Erbauliche zugunsten<br />

des Tanzbaren und Soulgetönten<br />

hinter sich lässt. Damit steht<br />

der 68jährige Brite, der vor vier<br />

Dekaden mit Liedern wie „I Did<br />

What I Did For Maria“ bekannt<br />

wurde, in der Entertainment-<br />

Welt nicht alleine. Schon Tom<br />

Jones hatte als reiferer Herr die<br />

„Sex Bomb“ platzen lassen, und<br />

Produzent Rick Rubin recycelt erfolgreich<br />

alte Recken von Johnny<br />

Cash bis Neil Diamond. Nun also<br />

auch Tony Christie, und siehe da:<br />

Der Profi macht seine Sache gut.<br />

„Now’s The Time!“ hat mit seiner<br />

souligen Grundhaltung klares<br />

Partypotential, und der Meister<br />

selbst profitiert mit kräftigem<br />

Bariton davon, dass er mit<br />

allen Showwassern gewaschen<br />

ist. Ein Prise Motown schwingt<br />

da mit und ein pfiffiges Pathos,<br />

wie man es aus der Paul-Anka-<br />

Schule kennt. Handgemachter<br />

Studiosound mit einer Prise Big<br />

Band bildet den Rahmen, und der<br />

rüstige Crooner selbst fühlt sich<br />

in diesem entspannten Ambiente<br />

hörbar wohl. Offenbar wurde<br />

es wirklich Zeit für einen neuen<br />

Tony Christie. Sascha Fröhlich<br />

Ähnlich wie: Tom Jones,<br />

Phil collins, Neil Diamond<br />

Downloadtipp: „Now’s The Time!“<br />

Fatoumata Diawara<br />

„Fatou“<br />

WORLD cIRcUIT/INDIGO<br />

[World pop] Die 1982 in der Elfenbeinküste<br />

geborene Sängerin<br />

und Schauspielerin zählt zu den<br />

großen Talenten der Weltmusikszene.<br />

Zu ihren Bewunderern gehören<br />

unter anderem Herbie Hancock,<br />

John Paul Jones, Damon Albarn<br />

und Tourmani Diabaté. Und<br />

das vollkommen zu Recht, denn<br />

auf ihrem Debütalbum für das<br />

Label World Circuit überzeugt<br />

Fatoumata Diawara mit zwölf eindringlichen,<br />

angenehm zurückhaltend<br />

instrumentierten Songs.<br />

Eingespielt hat die Künstlerin die<br />

Platte mit Hilfe von Produzent<br />

Nick Gold und Musikern wie Gitarrist<br />

Moh Kouyate, Keyboarder


Boris Persikoff, Schlagzeuger Seb<br />

Rochford und Bassist Alioune<br />

Wade. In Stücken wie „Sowa“ oder<br />

„Makoun Oumou“ begeistert Fatoumata<br />

Diawara als einfühlsame<br />

Geschichtenerzählerin, die<br />

durchaus auch vor kontroversen<br />

Themen nicht zurückschreckt. Zu<br />

den eindringlichsten Kompositionen<br />

auf „Fatou“ gehört neben<br />

dem mit einem hypnotischen Gitarrenmotiv<br />

unterlegten Opener<br />

„Kanou“ vor allem der mit einem<br />

hypnotischen Afrobeat-Groove<br />

veredelte Titel „Bissa“.<br />

Robert Wallner<br />

Hintergrund: Bereits im Alter<br />

von 16 Jahren stand Fatoumata<br />

Diawara erstmals als Schauspiele-<br />

rin vor der kamera.<br />

Downloadtipp: „Bissa“<br />

Kinderzimmer<br />

Productions<br />

„Gegen den Strich“<br />

TRIkONT/INDIGO<br />

[symphonic Hiphop] Mit Kinderzimmer<br />

hat „Gegen den Strich“<br />

nicht mehr viel zu tun, eher mit<br />

dem Salon einer herrschaftlichen<br />

Villa. Und eigentlich hatte sich das<br />

Duo von Textor und Quasi Modo,<br />

das unter dem Signum Kinderzimmer<br />

Productions den deutschen<br />

Hiphop expressiv-elektronisch<br />

aufgepimpt hatte, zum<br />

Zeitpunkt der Aufnahme bereits<br />

seit drei Jahren aufgelöst. Als aber<br />

der österreichische Radiosender<br />

FM4 die Herren im Sommer 2010<br />

zum Ortstermin mit Symphonie-<br />

Orchester einlud, konnten sie<br />

doch nicht nein sagen und erschienen<br />

im Großen Sendesaal<br />

des Radio-Kulturhauses des ORF<br />

in der Wiener Argentinierstraße.<br />

Rund 200 Zuhörer waren außerdem<br />

dabei, und so wurde diese<br />

Unplugged-Deluxe-Session eine<br />

bemerkenswerte Stilhybride dieses<br />

Musikherbstes. Neben alten<br />

Liedern wie „Marihuana“ kamen<br />

auch neue Songs wie „Sie kriegen<br />

uns nie“ zum Einsatz, die im dezent<br />

orchestrierten Rahmen schon<br />

beinahe etwas Offizielles hatten.<br />

Überhaupt ist das Experiment der<br />

Stil- und Attitude-Fusion auf irritierende<br />

Weise geglückt. Denn<br />

eigentlich war Hiphop ja einmal<br />

der Sound der Kinderzimmer, renitent<br />

und subversiv. Mit „Gegen<br />

den Strich“ aber tritt er in das Repertoire<br />

des erwachsenen Pop ein.<br />

Paul Hammerthal<br />

Wissenswertes: FM4, die amtliche<br />

Jugendwelle des ORF, ist seit 1995<br />

auf Sendung.<br />

Noel Gallagher’s<br />

High Flying Birds<br />

„Noel Gallagher’s High<br />

Flying Birds“<br />

SOUR MASH/INDIGO<br />

[Rock] Seinem Bruder Liam ist<br />

es mit dem Anfang des Jahres<br />

veröffentlichten Debütalbum<br />

seiner Band Beady Eye nicht gelungen,<br />

sich nur halbwegs vom<br />

allseits bekannten Oasis-Sound<br />

zu emanzipieren. Noel Gallagher<br />

ist da auf seinem neuen Werk, unterstützt<br />

von Toningenieur Paul<br />

Stacey und dessen Zwillingsbruder<br />

Jeremy Stacey am Schlagzeug,<br />

schon etwas mutiger unterwegs.<br />

Natürlich enthalten auch die zehn<br />

Songs von „Noel Gallagher’s High<br />

Flying Birds“ viele bekannte Oasis-Elemente,<br />

aber doch in absolut<br />

verträglicher Dosis. Zu den<br />

außergewöhnlichsten Stücken<br />

zählt sicherlich das stark an die<br />

Kings Mitte der 60er Jahre erinnernde,<br />

mit Ragtime-Elementen<br />

angereicherte „The Death Of You<br />

And Me“, mit dem Noel unter Beweis<br />

stellt, was für ein versierter<br />

Songwriter er immer noch ist. Befreit<br />

vom einengenden Korsett seiner<br />

früheren Band läuft er auch<br />

in Nummern wie dem epischen<br />

„Everybody’s On The Run“ und<br />

der Midtempo-Hymne „If I Had<br />

A Gun“ zu absoluter Hochform<br />

auf. Robert Wallner<br />

Wissenswert: Noel Gallagher hat<br />

zusammen mit den DJs der Forma-<br />

tion Amorphous Androgynous noch<br />

ein weiteres Album eingespielt.<br />

Downloadtipp: „The Death Of You<br />

And Me“<br />

Tom Waits<br />

„Bad As Me“<br />

ANTI/INDIGO<br />

[Blues, Rock] Amerikas Gossenpoet<br />

und Rotlichtbarde Nummer<br />

eins ist wieder da und präsentiert<br />

sich bestens erholt mit einer so<br />

vitalen, engagierten, aufgedrehten<br />

Performance wie lange nicht<br />

mehr. Zudem haben er und seine<br />

Produzentin Kathleen Brennan<br />

großen Aufwand für den Klang<br />

seiner neuen Songs betrieben:<br />

Da scheppert wie immer vieles<br />

schräg, aber alle Instrumente bekommen<br />

viel Volumen – eine satte<br />

Soundkulisse. Die Stimmung<br />

der Stücke pendelt zwischen zwei<br />

Polen: hier rhythmisch packende<br />

Blues- und Funk-Knochenschüttler,<br />

in denen heisere Baritonsaxes<br />

mit spitzen Riffs den<br />

Gitarren nochmals zusätzlichen<br />

Pfeffer einblasen – dort gefühlige<br />

Texmex-Balladen ähnlich<br />

jenen, denen Bob Dylan zuletzt<br />

frönte. Aber Waits nölt und wütet<br />

heftiger: Im schwülen Boogie<br />

„Get Lost“ steigert er sich in einen<br />

überdrehten Falsettgesang,<br />

dessen Intensität nur noch von<br />

einem fiesen Bluesgitarrensolo<br />

übertroffen wird. Und in „Hell<br />

Broke Luce“, einer Art Rap-Inferno<br />

mit Metalgitarren, Maschinengewehrfeuer<br />

und Explosionsgeräuschen<br />

im Hintergrund, lebt<br />

er seine Lust am Untergang hemmungslos<br />

aus. Felix Marondel<br />

Comeback: Sieben Jahre nachdem<br />

er zuletzt mit neuem Material auf-<br />

gewartet hatte, serviert Tom Waits<br />

auf „Bad As Me“ 13 neue Songs (in<br />

der Deluxe-Version sogar 16)<br />

Spectrals<br />

„Bad Penny“<br />

WIcHITA/PIAS<br />

[indie pop] Louis Jones ist 21<br />

Jahre alt und muss in seinem Leben<br />

bereits viel britischen Pop<br />

gehört haben. Denn der Sänger<br />

und Songwriter, der sich hinter<br />

dem Projekt Spectrals verbirgte,<br />

präsentiert mit „Bad Penny“ ein<br />

Album, das Morrissey in seinen<br />

jungen Jahren mit The Smiths<br />

kaum besser hinbekommen hätte.<br />

Diese Musik hat alles, was das<br />

sanfte Independent-Herz englischer<br />

Stilprägung sich wünscht:<br />

eine Prise Lakonik gepaart mit<br />

aufs Wesentliche reduzierten Gitarren-Pop<br />

Arrangements, einen<br />

launisch vor sich hin singenden<br />

Barden mit nicht allzu fordernden<br />

Texten über die Liebe und<br />

mehr, die bei aller Schlichtheit die<br />

Untiefen des Banalen geschickt<br />

umschiffen. So ist „Bad Penny“<br />

eigentlich das Album, das man<br />

sich von längst etablierten Kollegen<br />

wie eben Morrissey oder<br />

Matt Johnson wünschen würde.<br />

Und das ist schon ziemlich viel<br />

für einen Neuling des Geschäfts.<br />

Sascha Fröhlich<br />

Ähnlich wie: The The, The Smiths,<br />

Elvis costello, Pulp<br />

SuperHeavy<br />

„SuperHeavy“<br />

A&M/UNIVERSAL<br />

[Rock/soul/Reggae] Für Mick<br />

Jagger muss es nach fünf Jahrzehnten<br />

Rolling Stones durchaus<br />

einen gewissen Reiz besitzen,<br />

sich musikalisch noch<br />

31


P O P, ROck & cO<br />

einmal neu zu orientieren. Für<br />

sein Projekt SuperHeavy hat er<br />

seine Mitstreiter, Sängerin Joss<br />

Stone, Eurythmics-Mastermind<br />

Dave Stewart, Soundtrack-Komponist<br />

A.R. Rahman („Slumdog<br />

Millionaire“) und Dancehall-Star<br />

Damian Marley, mit viel Bedacht<br />

ausgewählt. Theoretisch betrachtet<br />

eine mehr als reizvolle Kombination,<br />

deren musikalischer<br />

Mehrwert sich aber leider nicht<br />

immer einstellt. So überzeugend<br />

diese Gruppe der Genre-Stars<br />

auch beim Titelsong „Superheavy“<br />

agiert, auf die gesamte Spieldauer<br />

weist dieses Experiment<br />

doch zu viele Leerstellen auf,<br />

in denen das Zusammenspiel<br />

nur bedingt funktioniert. Neben<br />

gelungenen Nummern wie<br />

der sonnigen Reggae-Hymne<br />

„Miracle Worker“ und dem mit<br />

Elektronik-Elementen angereicherten<br />

„Energy“ gibt es mit dem<br />

zu stark an bekannte Strukturen<br />

angelehnten „Unbelievable“ und<br />

der recht zähen Ballade „One Day<br />

One Night“ durchaus ein paar<br />

Ausfälle zu vermelden.<br />

Robert Wallner<br />

Info: Die fünf Beteiligten an diesem<br />

Projekt können zusammen elf Grammys<br />

auf ihrem konto verbuchen.<br />

James Morrison<br />

„The Awakening“<br />

ISLAND/UNIVERSAL<br />

[pop, soul] Schon der Opener<br />

von „The Awakening“ macht<br />

deutlich, wohin die musikalische<br />

Reise auf dem dritten Album des<br />

Sänger, Gitarristen und Songwriters<br />

geht: Der sanfte Popsong „In<br />

My Dreams“ bettet James Morrisons<br />

prägnanten Gesang in ein<br />

ausgeklügeltes Soundgewand aus<br />

Streichern, dezenten Gitarren<br />

und Percussions ein. Auch mit<br />

den übrigen zwölf Songs bewegt<br />

sich der Brite fast ausschließlich<br />

im Midtempo-Bereich, weiß je-<br />

32<br />

doch einen interessanten Spannungsbogen<br />

aufzubauen. Vom<br />

souligen „6 Weeks“ über das tanzbare<br />

„Slave To The Music“ und<br />

das kraftvolle „Forever“ bis hin<br />

zur spartanisch instrumentierten<br />

Ballade „Right By Your Side“<br />

reicht Morrisons breites Spektrum.<br />

Seinen Höhepunkt findet<br />

das überwiegend vom ehemaligen<br />

Suede-Gitarristen Bernard Butler<br />

produzierte Album allerdings in<br />

„Up“, einem stimmigen Duett mit<br />

der Sängerin Jessie J.<br />

Jörg Laumann<br />

Wissenswertes: Die „Saturn-Edition“<br />

des Albums enthält eine Bonus-<br />

DVD mit der 20minütigen Dokumentation<br />

„Man Behind The Music“ und<br />

zwei Videoclips.<br />

Downloadtipp: „Up“, „The Awakening“,<br />

„I Won’t Let You Go“<br />

Udo Lindenberg<br />

„MTV Unplugged – Live<br />

aus dem Hotel Atlantic“<br />

STARWATcH MUSIc/WARNER<br />

[Rock] Vor drei Jahren gelang<br />

Udo Lindenberg mit dem Album<br />

„Stark wie zwei“ ein spektakuläres<br />

Comeback. Der Sänger, Musiker,<br />

Komponist, Maler und Entertainer<br />

feierte dieses Jahre seinen 65.<br />

Geburtstag und denkt noch lange<br />

nicht ans Aufhören. Mit „MTV<br />

Unplugged – Live aus dem Hotel<br />

Atlantic“ setzt sich Udo Lindenberg<br />

selbst ein Denkmal und legt<br />

eine pfiffige Werkschau seiner<br />

Karriere vor, eingespielt mit vielen<br />

Gästen und Kollegen, darunter<br />

Inga Humpe, Jennifer Rostock,<br />

Max Herre, Jan Delay, Clueso und<br />

natürlich dem Panik orchester.<br />

Aufgenommen wurde das Livealbum,<br />

für dessen musikalische<br />

Umsetzung Andreas Herbig,<br />

Henrik Menzel und Peter „Jem“<br />

Seifert verantwortlich zeichen, in<br />

der Kulturfabrik Kampnagel. Die<br />

Bandbreite der Songs reicht von<br />

„Good Life City“ aus den frühen<br />

70er Jahren über Titel wie „Mein<br />

Ding“ aus dem Comeback-Album<br />

„Stark wie zwei“ bis hin zum von<br />

Annette und Inga Humpe komponierten<br />

Song „Ein Herz kann<br />

man nicht reparieren“.<br />

Robert Wallner<br />

Info: Das Album ist in einer<br />

„Einzelzimmer“-Edition mit 13 Songs<br />

und einer „Doppelzimmer“-Edition<br />

mit 24 Songs erhältlich.<br />

Grateful Dead<br />

„Europe ’72, Vol. 2“<br />

RHINO/WARNER<br />

[Rock] In den frühen 70er Jahren<br />

waren die Grateful Dead, jenes<br />

Vorzeigekollektiv des Hippierock,<br />

nicht nur auf der Höhe ihrer Popularität<br />

und kollektiven Schaffenskraft<br />

angelangt, sondern hatten<br />

die psychedelischen Soundexperimente<br />

ihrer Anfangszeit<br />

durch einen ansteckend lässigen<br />

Folk- und Countryrock ersetzt,<br />

den sie in ausgedehnten Improvisationen<br />

immer weiter verfeinerten.<br />

Mit diesem Sound bestritten<br />

Jerry Garcia, Bob Weir &<br />

Co. damals eine Tournee auf dem<br />

alten Kontinent und durch Großbritannien,<br />

die später auf dem legendären<br />

Triple-Album „Europe<br />

’72“ dokumentiert wurde. Was die<br />

Europäer damals vorgeführt bekamen,<br />

war relaxtes, der eigenen<br />

ländlichen Wurzeln auf neue Art<br />

bewusstes, kalifornisches Alternativ-Lebensgefühl.<br />

Die britische<br />

Popzeitung Melody Maker würdigte<br />

die Gastspielreise später als<br />

das „Europäische Rock-Ereignis<br />

des Jahres“. Nun wird das historische<br />

Livedokument um eine<br />

Doppel-CD ergänzt, die weitere<br />

fast ausnahmslos hörenswerte<br />

Mitschnitte der Konzertreise<br />

enthält. In für eine Rock-Liveaufnahme<br />

der frühen 70er Jahre<br />

verblüffend transparentem und<br />

knackigem Sound (die moderne<br />

Remixtechnik hat hier Wunder<br />

getan) erlebt man das Septett<br />

aus San Francisco in fabelhafter<br />

Spiellaune und als ungemein homogene<br />

Einheit. Traumhaft schön<br />

die entspannte Country-Ballade<br />

„Loser“, das dylaneske „Black-<br />

Throated Wind“, ansteckend funky<br />

das allmaneske „Good Lovin’“,<br />

faszinierend der Jam-Block aus<br />

„Darkstar – Drums – The Other<br />

One“. Felix Marondel<br />

Nachschlag: Die Doppel-cD ist<br />

eine Art Sequel des erstmals vor<br />

fast 40 Jahre erschienenen Albums<br />

„Europe ’72“<br />

Klingen ähnlich: Bob Dylan, Neil<br />

Young, Gram Parsons, Tom Petty,<br />

The Allman Brothers Band<br />

John Watts<br />

„Fischer-Z“<br />

PMG<br />

[Wave/pop] Natürlich fragt der<br />

Fan: Warum das Ganze? John<br />

Watts gräbt zum 30jährigen des<br />

Erfolgsalbums „Red Skies Over<br />

Paradise“ in der Krabbelkiste<br />

der eigenen Hits und nimmt<br />

Songs seiner Combo Fischer-Z<br />

noch einmal auf. Das ist an sich<br />

eine schöne Sache, denn es ermöglicht<br />

im Prinzip die Erweiterung<br />

der stilistischen Bandbreite.<br />

Nur verpasst John Watts<br />

diese Chance, denn er hält sich<br />

in vielen Passagen weitgehend an<br />

die Arrangements der Originale<br />

aus den frühen 80er Jahren. Er<br />

spielt ein Tribute für sich selbst<br />

und setzt damit fort, was er während<br />

der vergangenen zweieinhalb<br />

Jahrzehnte bereits gepflegt<br />

hat. John Watts kann nicht aus<br />

seiner Haut und genau genommen<br />

ist das auch gut so. Denn der<br />

agile und engagierte Brite war<br />

einer der großen Songschreiber<br />

der New Wave, der wiederum<br />

seine Energie aus kulturellen<br />

Konflikten vom Kalten Krieg bis<br />

zum unsozialen Thatcherismus<br />

gezogen hat. Durch die Brille


des Historikers betrachtet ist<br />

„Fischer-Z“ die anspruchsvollere<br />

Variante eines Best-Of-Albums.<br />

Und als solches macht es wieder<br />

Spaß. Ralf Dombrowski<br />

Wissenswertes: Fischer-Z spielen<br />

im November neun konzerte in<br />

Deutschland.<br />

Downloadtipp: „Room Service“,<br />

„Berlin“<br />

Wilco<br />

„The Whole Love“<br />

ANTI/INDIGO<br />

[progressive americana] Wilco<br />

haben einen langen Anlauf<br />

von den mittleren 90er Jahren<br />

bis heute genommen, aber es hat<br />

sich gelohnt. Als Country-Rock-<br />

Band gestartet, von Jim O’Rourke<br />

in Richtung Postrock geführt,<br />

durch Nels Cline zur Elitetruppe<br />

zwischen Americana, Jazz und<br />

Kunstlied avanciert, gelingt Wilco<br />

auf „The Whole Love“ ihr bislang<br />

komplettestes Statement. Die<br />

Sophistication der letzten Alben<br />

haben sie gegen simple und eingängige<br />

Melodien eingetauscht.<br />

Ihr Klangerfindungsreichtum ist<br />

grenzenlos, kein einziger Einfall,<br />

der sich wiederholen würde. Viele<br />

ihrer Songs glaubt man schon eine<br />

kleine Ewigkeit zu kennen. Nichts<br />

ist vordergründig, alles sanft verpackt.<br />

Unaufdringlich breiten sie<br />

sich in der Rockgeschichte aus,<br />

manches erinnert an die späten<br />

Beatles, anderes auch an die frühen<br />

Grateful Dead, einiges sogar<br />

an Krautrock, aber das Augenmaß,<br />

mit dem sie unterschiedlichste<br />

Klang- und Störquellen zu<br />

einem poetischen Fluss vereinen,<br />

kündet von Zukünftigem. Dieses<br />

ungewöhnliche Album will wieder<br />

und wieder entdeckt werden.<br />

Wolf Kampmann<br />

Weiterhören: Jim O’Rourke, Bonnie<br />

„Prince“ Billy<br />

Downloadtipp: „The Whole Love“<br />

The Gotan Project<br />

„La Revancha En cumbia“<br />

¡YA BASTA!/ALIVE<br />

[cumbia] Vor zehn Jahren veröffentlichte<br />

das Gotan Project sein<br />

mittlerweile legendäres Mix-Album<br />

„La Revancha del Tango“,<br />

das immer noch als Referenzwerk<br />

für einen aufgeklärten Umgang<br />

mit traditionellen Musikstilen gilt.<br />

Für „La Revancha En Cumbia“<br />

haben die drei Herren den Spieß<br />

jetzt einfach umgedreht und die<br />

Creme der argentinischen Cumbia-Szene<br />

verpflichtet, um sich<br />

etwas genauer mit ausgewählten<br />

Songs des Gotan Projects auseinanderzusetzen.Herausgekommen<br />

sind zehn Remixe, unter anderem<br />

von Axel Krieger, El Hijo<br />

De La Cumbia, Bomba Estereo,<br />

Fauna, Tremor und El Remolon,<br />

die die ganze Vielfalt dieser ungemein<br />

vitalen Szene zeigen. Zu<br />

den Höhepunkten dieses Album<br />

zählen unter anderem die elektrisierende<br />

Bearbeitung des Titels<br />

„Triptico“ durch die einzigartigen<br />

Frikstailers und vor allem El Hijo<br />

De La Cumbias schweißtreibender<br />

Remix von „Una Musica Brutal“.<br />

Robert Wallner<br />

Ähnlich wie: Tango crash<br />

The Walkabouts<br />

„Travels In The Dustland“<br />

GLITTERHOUSE/INDIGO VÖ 21.10.<br />

[Rock] Es schien so, als hätten<br />

sich die Walkabouts nach ihrem<br />

letzten Album „Acetylene“ vor<br />

sechs Jahren in Wohlgefallen<br />

aufgelöst, doch jetzt kehren Chris<br />

Eckman, Carla Torgerson und Co.<br />

mit einem ihrer bislang stärksten<br />

Alben zurück. „Travels In<br />

The Dustland“ ist auf den ersten<br />

Blick einfach nur eine Sammlung<br />

einfacher Songs, doch bei genauerem<br />

Hinhören entpuppen sich<br />

alle Lieder als Teil einer größeren<br />

Geschichte, die in dem fiktiven<br />

County Dustland im mittleren<br />

Westen der USA spielt. Es ist eine<br />

Story über Amerika, die Chris<br />

Eckman so nur anlegen konnte,<br />

weil er in seiner neuen Wahlheimat<br />

Slowenien genug Distanz zu<br />

den Vereinigten Staaten gefunden<br />

hat. Durch alle Stücke, die heftigeren<br />

wie die ruhigeren, zieht<br />

sich ein durchgängiger Groove,<br />

der das Erzähltempo vorgibt. In<br />

alter Walkabouts-Manier teilen<br />

sich Eckman und Torgerson die<br />

Gesangsparts auf und wechseln<br />

somit die Erzählperspektive.<br />

Wenn es schon keine Romane<br />

mehr gibt, die an William Faulkner<br />

anschließen, dann tun das<br />

zumindest die Walkabouts musikalisch<br />

mit diesem Album.<br />

Wolf Kampmann<br />

Weiterhören: The Baseball Project,<br />

John Hiatt<br />

V.A.<br />

„Geisterbahn“<br />

STEEPLEJAck/INAkUSTIk<br />

[Folk] Die Idee klingt zunächst<br />

mal gut: Folksänger von den britischen<br />

Inseln erzählen uns ein<br />

paar Takte über die deutsche<br />

Volksmusik. Produzent Andrew<br />

Cadie hat sich schon lange mit<br />

deutscher Folklore beschäftigt<br />

und ist befremdet, dass im deutschen<br />

Radio nur angloamerikanischer<br />

Pop läuft. Jetzt gibt er uns<br />

mit ein paar Landsleuten, die allesamt<br />

in Deutschland leben, einige<br />

verborgene Folkperlen zurück. So<br />

weit, so gut. Leider bleibt er dabei<br />

tief in den 70er Jahren stecken.<br />

Abgesehen von dem charmanten<br />

britischen Akzent erinnern viele<br />

der hier vorgetragenen Versionen<br />

an längst überwundene Gutmenschenmusik<br />

à la Zupfgeigenhansel<br />

(West) und Wacholder (Ost). Diese<br />

leicht verklemmte Rüstfahrtenromantik<br />

mag die eine oder andere<br />

sentimentale Erinnerung<br />

wecken, ist aber sicher nicht dazu<br />

angetan, eine Trendwende in der<br />

Aneignung deutschen Volksguts<br />

einzuleiten. Schade, denn es handelt<br />

sich hier um eine verschenkte<br />

Chance, die in dieser Form nicht<br />

so schnell wiederkommen wird.<br />

Wolf Kampmann<br />

Weiterhören: Wacholder,<br />

Brummtopf<br />

Downloadtipp: „Es geht ein<br />

dunkler Wolk herein“<br />

Johnny Winter<br />

„Roots“<br />

MEGAFORcE/NEO/SONY<br />

[Blues] Der Name ist Programm<br />

bei der neuen Veröffentlichung<br />

von Johnny Winter. „Roots“ führt<br />

den Gitarristen und Sänger zurück<br />

zu seinen musikalischen Wurzeln.<br />

Mit Unterstützung diverser Gäste<br />

hat Winter elf Blues-Klassiker<br />

neu eingespielt. Herausgekommen<br />

ist eine unterhaltsame, mit<br />

ansteckender Spielfreude dargebotene<br />

Zeitreise, die mit Robert<br />

Johnsons „Dust My Broom“ den<br />

Bogen zurück bis in die 1930er<br />

Jahre spannt. DerProtagonist<br />

liefert sich Gitarrenduelle mit<br />

namhaften Kollegen wie Warren<br />

Haynes und Susan Tedeschi und<br />

kann auch in gesanglicher Hinsicht<br />

überzeugen. Bruder Edgar<br />

Winter darf beim Instrumental<br />

„Honky Tonk“ mit dem Saxofon<br />

die Akzente setzen, bevor das mit<br />

satten Bläsersätzen instrumentierte<br />

„Come Back Baby“, im Original<br />

von Ray Charles bekannt gemacht,<br />

den stimmungsvollen Abschluss<br />

markiert. Jörg Laumann<br />

Wissenswertes: Die Idee zu „Roots“<br />

stammt von dem Gitarristen Paul<br />

Nelson, der auch als Produzent und<br />

Musiker mitgewirkt hat.<br />

33


Kl a SSiK<br />

David Orlowsky Trio<br />

„Chronos“<br />

Sony<br />

[Weltmusik] Der deutsche Klarinettist<br />

David Orlowsky hat genau<br />

diese intensive Herzenswärme in<br />

seinem ,singenden’ Ton, der man<br />

sich kaum entziehen kann. Und<br />

selbst wenn er jetzt wieder auf<br />

sein angestammtes Terrain zurückkehrt,<br />

in die Welt des Klezmer,<br />

reibt man sich verwundert<br />

die Ohren. Denn obwohl Orlowsky<br />

auch auf seinem dritten Album<br />

seiner Klarinette eigentlich altbekannte<br />

Tränen entlockt, er sein<br />

Instrument frech aufjauchzen<br />

lässt oder zum Tanz aufspielt,<br />

kommt diese uralte Musik einfach<br />

ganz neu daher. Das liegt jedoch<br />

weniger an den Kompositionen,<br />

die allesamt aus der Feder von Orlowsky,<br />

Florian Dohrmann (Kontrabass)<br />

und Gitarrist Jens-Uwe<br />

Popp stammen. Mit Gästen wie<br />

Bandoneonist Per Arne Glorvigen<br />

zeigt das Trio, das es hier nicht um<br />

das Idiom der osteuropäischen<br />

Folklore geht, sondern um ihren<br />

Geist. Reinhard Lemelle<br />

Weiterhören: Giora Feidman, David<br />

Krakauer, Don Byron<br />

David Garrett<br />

„Beethoven: Violinkonzert;<br />

Kreisler: Violinstücke“<br />

DeCCa/UniVerSal, V.Ö. 4.11.<br />

[Konzert] Fast nur mit der Lupe<br />

kann man auf dem CD-Cover lesen,<br />

was Glam-Geiger und Teenie-Schwarm<br />

David Garrett nun<br />

eingespielt hat: Es ist Beethovens<br />

einziges Violinkonzert! Wer aber<br />

befürchtet, dass Garrett auf diesen<br />

Prüfstein der Interpretationkompetenz<br />

rockig drauf los<br />

34<br />

drischt, darf durchatmen. Dezent<br />

und elegant kommt sein Spiel daher.<br />

Sein Ton ist nicht nur schlank,<br />

sondern besitzt zudem verzaubernde<br />

Schönheit. Als wollte<br />

Garrett den oftmals verkannten<br />

Melodiker Beethoven endlich<br />

rehabilitieren. Und das ist ihm<br />

jetzt auf seine Weise gelungen.<br />

Im Zugabenprogramm zeigt er<br />

dann mit dem (leicht blassen) Royal<br />

Philharmonic Orchestra unter<br />

Ion Marin, dass er nicht nur sentimental<br />

zu schwelgen versteht.<br />

In den Wiener Salonstücken des<br />

Geigers Fritz Kreisler schaltet<br />

Garrett auch bravourös ein paar<br />

Gänge höher – und dürfte selbst<br />

damit seine ärgsten Kritiker souverän<br />

entwaffnen. Guido Fischer<br />

Weiterhören: Jascha Heifetz, Gidon<br />

Kremer, nikolaj Znaider<br />

The London Steve<br />

Reich Ensemble<br />

„reich: Different Trains,<br />

Piano Counterpoint u. a.“<br />

eMi ClaSSiCS<br />

[Minimal Music] Goethe empfand<br />

das Streichquartett noch als<br />

Gespräch zwischen vier vernünftigen<br />

Menschen. Vorausgesetzt, es<br />

gibt Themen, über die man sich<br />

streiten kann. Beim US-amerikanischen<br />

Minimalismus-Guru<br />

Steve Reich gibt es stattdessen<br />

nur die rhythmische Kinetik. So<br />

komponierte er 1999 gleich ein<br />

Triple-Quartet, bei dem 12 Streicher<br />

über komplex verschachtelte<br />

Motive und Rhythmen einen unglaublichen<br />

Sog entwickeln. Und<br />

mit „Different Trains“ schuf Reich<br />

1988 gar ein beklemmendes Quartett<br />

über den Holocaust, das er mit<br />

Tonbandzuspielungen collagierte.<br />

Anlässlich von Reichs 75. Geburtstag<br />

hat das London Steve Reich<br />

Ensemble diese Kammermusikwerke<br />

enorm spannungsvoll in<br />

den Griff bekommen. Kaum glauben<br />

möchte man hingegen, dass<br />

Reichs Minimal Music-Manifest<br />

„Six Pianos“ jetzt als „Piano Counterpoint“<br />

von einem einzigen Pianisten<br />

gestemmt worden sein soll.<br />

Guido Fischer<br />

Ähnlich wie: Philip Glass, John<br />

adams<br />

Trio Bravo+<br />

„Trio Bravo+“<br />

oZella/Galileo MC<br />

[Crossover] Eine Biographie, die<br />

heute schon wieder unwirklich<br />

wirkt. Der Geiger Mark Chaet wurde<br />

in der realsozialistischen Ukraine<br />

geboren, geriet dort zunächst<br />

an den falschen Musiklehrer, der<br />

ihm sein Talent absprach. Er ließ<br />

sich aber davon nicht abbringen,<br />

kam in einer Musikberufsschule<br />

unter und studierte sein Instrument<br />

so lange, bis seine politische<br />

Einstellung nicht mehr ins System<br />

passte. Zwar wurde er in der Ära<br />

der Öffnung als Musiker rehabilitiert,<br />

hatte aber 1992 dann doch<br />

die Nase voll und wanderte über<br />

weite Umwege nach Berlin aus,<br />

wo er 1994 endlich an der Hanns-<br />

Eisler-Universität seine Kompetenzen<br />

weiter verfeinern durfte.<br />

Dort traf er auf den Kontrabassisten<br />

Sergej Sweschinskij und<br />

gründete zusammen mit Pianist<br />

Alexander Gutman das Trio Bravo.<br />

Mit dieser Formation erspielte<br />

Chaet sich im Lauf der folgenden<br />

Jahre einen guten Ruf als Geiger<br />

zwischen den Stilen, und so<br />

entwickelt sich das Ensemble zu<br />

einer Konstante in seinem Künstlerleben.<br />

„Trio Bravo+“ bietet nun<br />

einen Schlusspunkt der ersten<br />

15 Jahre Klangerkundungen im<br />

Grenzgebiet von Folklore, Klassik<br />

und Jazzgetöntem. Mit wechselnden<br />

Besetzungen etwa um die<br />

Marimba-Spielerin Maria Schneider<br />

ergänzt, schlendert Chaet an<br />

den Stationen seiner bisherigem<br />

Karriere entlang, bringt eine Prise<br />

Russisches mit etwas Abstrakti-<br />

on, einen Hauch des Schtetls mit<br />

Kammermusikalischem zusammen.<br />

Mit viel Emphase gestaltet<br />

er Räume voller Offenheit, Melancholie<br />

und ist längst da, wo Nigel<br />

Kennedy gerne wäre.<br />

Ralf Dombrowski<br />

Weiterhören: Fauré Quartett, Daniel<br />

Kahn, Moscow art Trio<br />

Enrico Pieranunzi<br />

„1685 – enrico Piera nunzi<br />

plays Bach, Händel,<br />

Scarlatti“<br />

CaM JaZZ/eDel KUlTUr<br />

VÖ 28.10.<br />

[Recital] Irgendwann packt es<br />

jeden einmal. <strong>Keith</strong> Jarrett hat es<br />

schon getan, Chick Corea ebenfalls<br />

und nun eben auch Enrico<br />

Pieranunzi. Der italienische Pianist<br />

und Klavierprofessor spielt<br />

Klassiker, und er wählt die Komponisten<br />

aus, die mit ihrem Hang<br />

zur zuweilen improvisiert wirkenden<br />

Linienbildung neben den Impressionisten<br />

dem Jazzempfinden<br />

am nächsten sind. Als Motto wählt<br />

er das Geburtsjahr von Johann<br />

Sebastian Bach, Georg Friedrich<br />

Händel und Domenico Scarlatti<br />

1685, von dem aus er verschiedene<br />

Kapitel der Variationskultur<br />

anvisiert. Das Besondere dabei:<br />

Pieranunzi verknüpft die Werke<br />

der barocken Meister mit eigenen<br />

Improvisationen, gemäß der Vorstellung,<br />

dass erst die bürgerliche<br />

Klassikrezeption des 19. Jahrhunderts<br />

den Interpreten die Fähigkeit<br />

zu spontanen Variationen<br />

abgewöhnt hat. Und tatsächlich<br />

ist dieses Solo-Recital immer dann<br />

am besten, wenn Freiheit auf die<br />

Festlegung trifft, wenn eine intuitive<br />

Passage beinahe unmerklich<br />

in eine komponierte übergeht und<br />

sich auf diese Weise die musikalischen<br />

Welten kommentieren, ergänzen,<br />

komplettieren. Allerdings<br />

stößt Pieranunzi da auch an seine<br />

Grenzen. Denn so souverän sein


Anschlag und seine Phrasierung<br />

im Jazzigen klingen, so klar fehlt<br />

ihm im Klassischen doch eine Anschlagskultur<br />

etwa eines András<br />

Schiff oder der Nachdruck eines<br />

Friedrich Gulda. Da hilft es auch<br />

nicht, für einige Stücke auf ein historisches<br />

Instrument aus dem Jahr<br />

1849 zurückzugreifen, denn gerade<br />

ein alter Pleyel ist noch herausfordernder<br />

als ein neuer Steinway.<br />

Ralf Dombrowski<br />

Weiterhören: Brad Mehldau,<br />

Stefano Bollani, alfred Brendel<br />

Daniel Barenboim/<br />

Pierre Boulez<br />

„The liszt Concertos“<br />

DG/UniVerSal<br />

[Konzert] Ein Pianist spielt Liszt,<br />

natürlich, es ist ja Jubiläum. Und<br />

deshalb widmen sich dieser Tage<br />

ganze Armaden von Interpreten<br />

dem musikalischen Schaffen<br />

des romantischen Komponisten,<br />

der in vielfacher Hinsicht die<br />

Vorstellung und Wahrnehmung<br />

von Musik verändert hat. Denn<br />

Liszt etablierte die Idee des Virtuosen<br />

endgültig in der bürgerlichen<br />

Konzertkultur, und seine<br />

beiden Klavierkonzerte gelten<br />

als Schlachtschiffe des Zirzensischen,<br />

gerne geschmäht von einer<br />

Musikkritik, die den Kampf des<br />

erfolgreichen Künstlers mit den<br />

Grenzen der Ausdruckskraft so<br />

nicht akzeptieren wollte. Daniel<br />

Barenboim nun, selbst auf seine<br />

Weise ein Missionar eines toleranten<br />

Kulturverständnisses, konnte<br />

es daher nicht hinnehmen, dass<br />

die Liszt’schen Konzerte im Jubeljahr<br />

womöglich falsch verstanden<br />

werden könnten, und widmete<br />

sich für das Klavier-Festival<br />

Ruhr dem mächtigen Werk aus<br />

seiner Perspektive. Wichtig war<br />

ihm die Entkleidung des Mythos<br />

vom Gewand des Historischen<br />

und eine Neudeutung des Virtuosen<br />

als Spiel mit Illusionen und<br />

Farben. Damit das auch möglich<br />

werden konnte, lud er seinen Kollegen<br />

Pierre Boulez an das Pult der<br />

Staatskapelle Berlin, einen der erfahrensten<br />

Klangraumgestalter<br />

der Gegenwart. Und vor allem<br />

diese Entscheidung trug dazu<br />

bei, dass die im Juni des Jahres in<br />

Essen aufgezeichneten Konzerte<br />

sich auch dem nähern, was Barenboim<br />

sich dachte. Denn erst<br />

im Verbund des dynamisch und<br />

dramaturgisch perfekt gesteuerten<br />

Orchesters konnte der Pianist<br />

mit den Möglichkeiten der Klangfarblichkeit<br />

spielen. So wurde aus<br />

„The Liszt Concertos“ zwar keine<br />

Jahrhundertaufnahme, aber doch<br />

eine Version inspirierter Auseinandersetzung<br />

mit dem Monumentalen,<br />

die Feinheiten des Tiefgründigen<br />

zuließ. Sascha Fröhlich<br />

Weiterhören: Svjatoslav richter,<br />

Julius Katchen<br />

Hélène Grimaud<br />

„Mozart: Klavierkonzerte<br />

nr. 19 & 23 u. a.“<br />

DG/UniVerSal<br />

[Konzert] Von den bisherigen<br />

Aufnahmen Hélène Grimauds<br />

weiß man, dass sie sich über die<br />

ausgewählten Klavierstücke lieber<br />

einmal zu viel als zu wenig<br />

Gedanken macht. Kopflastig ist<br />

ihr Spiel aber nie, sondern bisweilen<br />

verstörend aufwühlend.<br />

Kein Wunder, dass sie selbst bei<br />

ihren in München mitgeschnittenen<br />

Konzert-Aufnahmen zwei<br />

bekannte Klavierkonzerte von<br />

Mozart nicht einfach runterperlte.<br />

Mit dem Kammerorchester<br />

des Symphonieorchesters des BR<br />

legte sie vielmehr Stimmen und<br />

Stimmungen frei, die vor allem<br />

an den Musikdramatiker Mozart<br />

denken lassen. Ungemein empfindsam<br />

und subtil lotet Grimaud<br />

die langsamen Sätze aus, während<br />

die spielerische Brillanz in<br />

den schnellen immer auch etwas<br />

Trügerisches besitzt. Geistigkeit<br />

und Musikalität geraten bei Grimaud<br />

in ein auf- und anregendes<br />

Wechselspiel. Guido Fischer<br />

Sylvain Cambreling<br />

„antonín Dvorˇák: Sinfonie<br />

nr. 9 ,aus der neuen<br />

Welt‘; leoš Janáček:<br />

Sinfonietta“<br />

Glor ClaSSiCS/Sono MUSiC<br />

[Sinfonik] Es ist eine Frage des<br />

Tempos und der Offenheit. Denn<br />

Antonín Dvorˇáks neunte Sinfonie<br />

„Aus der Neuen Welt“ ist so<br />

prall gefüllt mit grandiosen, pathostrunkenen<br />

Melodien, dass<br />

Dirigenten gerne den Fehler begehen,<br />

sie als Potpourri klassischer<br />

Gassenhauer zu verstehen oder<br />

auf der anderen Seite via übertriebener<br />

Empathie dem imaginierten<br />

Schicksal der Indianer akustisch<br />

nachzuspüren. Es ist eine Frage<br />

der Balance, und Sylvain Cambreling<br />

erweist sich als umsichtiger<br />

Gestalter mit dem Gespür für ein<br />

passendes Maß der Introspektion.<br />

So zart und fragil, beinahe intim<br />

war das „Largo“ lange nicht<br />

mehr zu hören; mehr portionierter<br />

Nachdruck als beim „Scherzo.<br />

Molto Vivace“ mit dem SWR-Sinfonieorchester<br />

Baden-Baden und<br />

Freiburg, das der gebürtige Nordfranzose<br />

seit 1999 als Chefdirigent<br />

leitet, ist kaum noch möglich. Cambreling<br />

schöpft die Möglichkeiten<br />

der Farbgestaltung mit Pfiffigkeit<br />

aus, und bevor das Fest der Ohrwürmer<br />

allzu versöhnlich wird, ist<br />

die 2009 entstandene Aufnahme<br />

auch schon vorbei und mündet in<br />

Leoš Janáček „Sinfonietta“, eine<br />

Komposition des bereits 72jährigen<br />

Tschechen, die er in nur drei<br />

Wochen anlässlich eines Kongresses<br />

des patriotischen Turnerverbandes<br />

„Sokol“ geschrieben hatte<br />

und die 1926 in Prag uraufgeführt<br />

wurde. Hier treffen imaginierte<br />

Folklore und Fanfarenpracht, orchestraler<br />

Wohlklang und dezente<br />

Abstraktion aufeinander, als spätes<br />

Erbe der nationalen Musikjahrzehnte.<br />

Für Cambreling und<br />

sein Orchester ist Janáček mehr<br />

noch als Dvorˇák eine Spielwiese<br />

der Akzente, der Präsenz in der<br />

Transparenz. Eine ebenso feinsinnige<br />

wie unterhaltsame Aufnahme<br />

zweier großer Orchesterwerke<br />

aus dem Geiste der reflektierten<br />

Romantik. Sascha Fröhlich<br />

Wissenswertes: im Jahr 2009<br />

bekam Sylvain Cambreling den<br />

echo Klassik als Dirigent des Jahres<br />

für sei ne Beschäftigung mit olivier<br />

Messiaen.<br />

Sharon Isbin &<br />

Friends<br />

„Guitar Passions“<br />

Sony ClaSSiCal<br />

[Crossover] Natürlich ist die<br />

US-amerikanische Topgitarristin<br />

Sharon Isbin absolut sattelfest im<br />

klassischen Kernrepertoire, ob bei<br />

Bach oder in den spanischen Miniaturen<br />

eines Albéniz. Die ehemalige<br />

Schülerin des Jahrhundertgitarristen<br />

Andrés Segovia geht aber<br />

eben gerne mal musikalisch fremd.<br />

Für ihre Klangroute in Richtung<br />

Brasilien und Lateinamerika hat<br />

sie sich nun namhafte Begleitung<br />

gesichert. Ex-Zappa-Gitarrist Steve<br />

Vai, die brasilianische Sirene<br />

Rosa Passos sowie der Tapping-<br />

Spezialist Stanley Jordan assistieren<br />

Isbin bei ihren einfühlsamen,<br />

akustischen Saitenschwingungen.<br />

Und für weltmusikalisch angenehme<br />

Brisen sorgt etwa eine Coverversion<br />

von Antonio Carlos Jobims<br />

„Chovendo na Roseira“. Das<br />

eigentliche Gitarrenfeuer lodert<br />

aber erst, wenn Isbin ganz allein<br />

und atemberaubend virtuos zupackt,<br />

in Klassikern von Agustín<br />

Barrios Mangoré und Albéniz.<br />

Reinhard Lemelle<br />

Ähnlich wie: Miloš Karadaglić<br />

„Mediterráneo“<br />

35


Ja Z Z & Wo rlD<br />

Inge Brandenburg<br />

„Sing! inge, sing!“<br />

SilVer SPoT/eDel:KUlTUr<br />

[Vocal Jazz] Im Booklet liest<br />

man über die gebürtige Leipzigerin<br />

Lobeshymnen aus berufenem<br />

Jazz-Munde, auch von Emil<br />

Mangelsdorff und Klaus Doldinger.<br />

Dabei ist der Name Inge Brandenburg<br />

längst vom Jazz-Radar<br />

verschwunden. 1999 starb die<br />

Sängerin mit 70 Jahren in München,<br />

verarmt und vergessen.<br />

Doch auch in den Jahrzehnten zuvor<br />

kannten sie nur noch Insider,<br />

obwohl Brandenburg für kurze<br />

Zeit als Europas beste Jazzsängerin<br />

galt. Ein überfälliger Tribut<br />

an diese verschollene Künstlerin<br />

versammelt jetzt Aufnahmen von<br />

1959 bis 1995, die sie vorrangig für<br />

deutsche Rundfunkstationen gemacht<br />

hatte. Und ob nun in den<br />

Standards „The Man I Love“ und<br />

„Body and Soul“ oder „Non, je ne<br />

regrette rien“ – sie besaß neben<br />

mitreißender Swing-Power auch<br />

stets diese Bittersüße im Ausdruck,<br />

die große Jazzstimmen<br />

aus und unsterblich macht.<br />

Guido Fischer<br />

Besonderheit: ein gleichnamiges<br />

Filmporträt über inge Brandenburg<br />

kommt am 26.10. in die Kinos.<br />

Dieter Ilg<br />

„otello live at<br />

Schloss elmau“<br />

aCT/eDel:KUlTUr VÖ 28.10.<br />

[Fusion] Jazz-Bassist Dieter<br />

Ilg gibt meistens prominenten<br />

Musikern Rückendeckung, wie<br />

etwa Till Brönner oder Bassbariton<br />

Thomas Quasthoff bei dessen<br />

Standardausflügen. Doch 2010 begab<br />

sich Ilg mit eigenem Trio ins<br />

36<br />

Studio und in die Operngeschichte,<br />

um Giuseppe Verdis berühmten<br />

Mohren „Otello“ auf Fusion-<br />

Herz und Nieren abzuklopfen.<br />

Das Experiment glückte, die verjazzte<br />

Otello-Annäherung wurde<br />

mit einem Schallplattenpreis ausgezeichnet.<br />

Anfang 2011 entstand<br />

nun der Livemitschnitt im oberbayerischen<br />

Schloss Elmau. Und<br />

mit seinen Kompagnons Rainer<br />

Böhm (Klavier) und Patrice Heral<br />

(Schlagzeug) legte Ilg noch mal<br />

nach, was die dauergroovende<br />

Gangart und romantische Jazz-<br />

Hymnenseligkeit angeht. Würde<br />

da aber zwischendurch nicht<br />

einer der Musiker als intriganter<br />

,Jago’ mit einer Free-Funk-Scat-<br />

Arie auftreten, man würde glatt<br />

vermuten, hier eine verschollene<br />

Aufnahme des schwedischen<br />

Esbjörn Svensson Trio zu hören.<br />

Guido Fischer<br />

Weiterhören: Uri Caine „Wagner e<br />

Venezia“<br />

Kerkko Koskinen<br />

Orchestra<br />

„Trains & letters“<br />

riCKy-TiCK/GrooVe aTTaCK<br />

[Ensemble Jazz] Der finnische<br />

Komponist, Pianist und Bandleader<br />

Kerkko Koskinen nennt gerne<br />

Charles Mingus als Vorbild<br />

seiner eigenwillig humorvollen<br />

Klangwelten. Tatsächlich ist da<br />

eine entfernte Geistesverwandtschaft<br />

auf dem aktuellen Album<br />

seines Orchesters zu spüren.<br />

Zum einen erscheint das Thema<br />

„Trains & Letters“ zunächst abstrus<br />

genug, dass es auch von dem<br />

amerikanischen Querdenker hätte<br />

sein können. Es ist gedacht als<br />

augenzwinkernder Nekrolog auf<br />

zwei Kulturräume, die in Zeiten<br />

von Internet und E-Mail immer<br />

mehr verloren gehen, Züge als<br />

Soziotope und Briefe als fest geschriebene<br />

Dokumente menschlicher<br />

Verfasstheit. Vor allem aber<br />

ist die Musik auf sympathisch<br />

intendierte Art chaotisch, ein<br />

wunderbares Ineinanderwirken<br />

konkurrierender Bläsersätze,<br />

irrlichternder Linien auf modern<br />

swingender Basis, die aber<br />

rechtzeitig zur Gemeinsamkeit<br />

zurückkehren, bevor musikalische<br />

Zentrifugalkräfte wirken<br />

können. Zwischendurch wird<br />

das Ganze noch gewürzt durch<br />

ein wenig Cembalo oder auch ein<br />

paar finnische Verse. So bekommt<br />

Kerkko Koskinens Klangkosmos<br />

eine überraschende Prise Sonderbarkeit,<br />

die so vielen gelackten<br />

Orchesterplatten abgeht. Eine<br />

Entdeckung! Ralf Dombrowski<br />

Weiterhören: le Sacre Du Tympan,<br />

Mingus Big Band<br />

Brad Mehldau, Kevin<br />

Hays<br />

„Modern Music“<br />

noneSUCH/Warner<br />

[Piano Jazz] In den 90ern startete<br />

der New Yorker Tenorsaxofonist<br />

Patrick Zimmerli zunächst<br />

eine Musiklaufbahn im Umkreis<br />

der avancierten Moderne etwa<br />

an der Seite des Gitarristen Ben<br />

Monder. Doch dann zog es ihn<br />

mehr zum Komponieren hin, und<br />

er schrieb viel Kammermusik unter<br />

dem Eindruck von Minimalisten<br />

wie Steve Reich. Eines dieser<br />

Projekte ist „Modern Music“, ein<br />

Programm, konzipiert für zwei<br />

Klaviere, dessen sich nun die Pianisten<br />

Kevin Hays und Brad Mehldau<br />

angenommen haben. Obwohl<br />

weitgehend auskomponiert, ist die<br />

Wahl von zwei Jazzkoryphäen<br />

für diese musikalischen Zwiegespräche<br />

wohl durchdacht. Denn<br />

Zimmerlis Kompositionen wirken<br />

frei fließend und fordern von den<br />

Interpreten dieses nötige Quäntchen<br />

Spontaneität und Impulsivität,<br />

um aufzublühen. So gelingt es<br />

Hays und Mehldau, die „Modern<br />

Music“ mit postimpressionisti-<br />

scher Gestaltungskraft wirken zu<br />

lassen und der Tendenz zum Plakativen<br />

der Ausdruckspatterns<br />

mit Impulsivität und pianistischer<br />

Eleganz entgegen zu wirken.<br />

Sascha Fröhlich<br />

Ähnlich wie: Wim Mertens,<br />

Michael nyman<br />

Chick Corea, Stefano<br />

Bollani<br />

„orvieto“<br />

eCM/UniVerSal<br />

[Piano Jazz] Spontan sollte es<br />

sein, ein Treffen aus dem Geiste<br />

der berühmten Klavierduos, die in<br />

den 70er Jahren die Jazzwelt faszinierten.<br />

So reisten die Pianisten<br />

Chick Corea und Stefano Bollani<br />

im vergangenen Dezember ohne<br />

große vorherige Absprachen an,<br />

um beim Umbria Jazz Winter<br />

Festival ihr Glück auf der Bühne<br />

zu versuchen. Lediglich ein paar<br />

Lieder hatten sie vereinbart, der<br />

Rest blieb der Gunst des Moments<br />

überlassen. Und die Schwingungen<br />

am Abend vor Silvester waren<br />

dem Künstlerduo gewogen. Mit<br />

charmanter Eloquenz formulierten<br />

sie ihre Dialoge, ästhetisch<br />

eher unter der postromantischen<br />

Führung Bollanins als dem früheren<br />

Idiom der Corea-Gespanne<br />

folgend. Es gab Kammerjazziges<br />

und ein wenig Avantgardeskes,<br />

allerdings in Maßen, ansonsten<br />

viel Melodie, viele perlende Läufe<br />

und fein balancierte, manchmal<br />

gar höflich zurückhaltende<br />

Zwiegespräche. Tatsächlich fehlt<br />

„Orvieto“ daher ein wenig der<br />

Schmiss, der zweieinhalb Jahrzehnte<br />

zuvor die Konzeption der<br />

Klavierduos von Corea bestimmte.<br />

Dazu hätten sich die beiden vielleicht<br />

doch vorher treffen sollen,<br />

um im Kleinen die Grenzen des jeweiligen<br />

Partners auszuloten und<br />

sie dann vor Publikum im kreativen<br />

Idealfall auszukosten. Sei’s


drum: Schön klingt die Musik von<br />

Corea und Bollani allemal.<br />

Sascha Fröhlich<br />

Wissenswertes: Chick Corea ist der<br />

Duo-König des Jazz. Berühmt wur-<br />

den vor allem seine aufnahmen mit<br />

dem Vibrafonisten Gary Burton.<br />

Rudresh<br />

Mahanthappa<br />

„Samdhi“<br />

aCT/eDel:KUlTUr<br />

[World Jazz] Indien holt auf.<br />

Während das Land kurz davor<br />

steht, China den demographischen<br />

Spitzentitel abzuluchsen,<br />

ist auf der anderen Seite der Welt<br />

eine Generation von nicht mehr<br />

ganz jungen, selbstbewussten<br />

Musikern herangewachsen, die<br />

in der Jazzszene klangkulturelle<br />

Akzente setzen. Dabei geht es<br />

nicht um das Relativieren vorhandener<br />

Normen, sondern eher um<br />

die Definition eines eigenen Stilplatzes<br />

im Impulsgemenge starker<br />

Gestaltungstraditionen. Dem<br />

Saxofonisten Rudresh Mahanthappa<br />

kommt dabei eine besondere<br />

Bedeutung zu. Denn über seine<br />

spieltechnische Kompetenz hat er<br />

sich bereits während der vergangenen<br />

fünf Jahre einen prominenten<br />

Platz in der Wertschätzung<br />

von Presse und Publikum erspielt.<br />

Mit „Samdhi“ nun geht er einen<br />

Schritt weiter als bisher. Im Quintett<br />

mit Gitarrist David Gilmore,<br />

E-Bassist Rich Brown, Drummer<br />

Damion Reid und Mridangam-<br />

Trommler Anantha Krishnan<br />

entwickelt er ein Programm zwischen<br />

den Welten, verwurzelt im<br />

Free Funk ebenso wie im Polyrhythmischen,<br />

im Jazz Blues wie<br />

in den weit ausholenden Bögen<br />

der indischen Ideenwelt. Da findet<br />

sich viel New York im Stilgepäck,<br />

das Erbe der M-Base-Ära à<br />

la Steve Coleman etwa, aber eben<br />

auch jazzig Ungewohntes in Tonbildung<br />

und Phrasierung. Das ist<br />

neu, muss sich setzen, wird aber<br />

Spuren hinterlassen.<br />

Paul Hammerthal<br />

Malcolm Braff<br />

„inside“<br />

enJa/SoUlFooD<br />

[Piano Jazz] Für Malcolm Braff<br />

war es auch ein wenig ein Neuanfang.<br />

Sein langjähriges Trio<br />

mit dem Bassisten Bänz Oester<br />

und dem Drummer Samuel<br />

Rohrer hatte sich aufgelöst, und<br />

so konnte sich der in der Schweiz<br />

lebende, aber in Brasilien geborene<br />

Pianist Malcolm Braff nach<br />

anderen Partnern umsehen, ohne<br />

jemanden vor den Kopf zu stoßen.<br />

Als ihn das Festival von Cully in<br />

diesem Frühjahr als Artist in Residence<br />

engagierte, bekam er die<br />

Gelegenheit, den Bassgitarristen<br />

Reggie Washington und den<br />

jungen Drummer Lukas Koenig<br />

einzuladen. Die Arbeitsphasen<br />

entwickelten sich so produktiv,<br />

dass das frischgebackene Trio<br />

wenig später ins Studio ging. Elf<br />

überwiegend eigene Stücke wurden<br />

aufgenommen, funky an der<br />

Basis und beiläufig komplex in<br />

der Durchführung. Auf „Inside“<br />

laufen die M-Base-Erfahrungen<br />

Washingtons mit frei fließenden<br />

Grooves und Braffs Hang zu verschmitzter<br />

Abstraktion zusammen,<br />

ergänzt um das klare, versiert<br />

kommentierende Schlagzeug<br />

des österreichischen Newcomers.<br />

Als kleinen Bonus sang schließlich<br />

im Nachhinein noch die bislang<br />

unbekannte Aurélie Emery<br />

– ein Session-Gast aus Cully –<br />

Björk-getönte Linien über ein<br />

Stück des Albums. So entstand<br />

funky Pianojazz mit ordentlich<br />

Kraft in der Hinterhand, ein Rezept,<br />

das noch richtig groß rauskommen<br />

könnte.<br />

Sascha Fröhlich<br />

Ähnlich wie: Kevin Hays, Gerald<br />

Clayton, andy Milne<br />

37<br />

Joo Kraus & Tales In<br />

Tones Trio<br />

„Painting Pop“<br />

eDel ConTenT / eDel KUlTUr<br />

[Cool Jazz] Erinnert sich noch<br />

jemand an Tab Two? An dieses<br />

rätselhaft verschrobene Duo des<br />

früheren Kraan-Bassisten Helmut<br />

Hattler mit einem jungen<br />

Trompeter namens Joo Kraus?<br />

Richtig, es ist eben jener Newcomer,<br />

der sich inzwischen zu<br />

einem der führenden Instrumentalisten<br />

seines Fachs in der<br />

deutschen Szene gemausert hat.<br />

Und er kann es noch immer nicht<br />

lassen, mit seinen Projekten die<br />

Randgebiete des Jazz an der Grenze<br />

zum Pop abzugehen, um nach<br />

Inspirationen und Repertoireideen<br />

zu suchen. „Painting Pop“<br />

führt ihn nun mit seinem Trio<br />

Highlights:<br />

Fr., 04.11., 19.30 Uhr, Festsaal Ingolstadt<br />

Pat Metheny Trio<br />

w/Larry Grenadier & Bill Stewart<br />

So., 06.11., 19.30 Uhr, Festsaal Ingolstadt<br />

Earth, Wind & Fire<br />

Experience<br />

feat. The Al McKay Allstars<br />

Fr., 04.11., Jazz Party I:<br />

• George Duke Quartet • Tingvall Trio<br />

• Iiro Rantala<br />

Sa., 05.11., Jazz Party II:<br />

• The Bahama Soul Club • Magnus<br />

Lindgren Quartet • Raphael Gualazzi<br />

• Incognito • Mike Stern Band feat.<br />

Dave Weckl, Bob Malach, Chris Minh Doky<br />

über den Kosmos von Michael<br />

Jackson hinaus, den er mit dem<br />

vorangegangenen „Neverland“-<br />

Projekt erkundete. Wirkte die<br />

Hommage an den „King Of Pop“<br />

noch ein wenig konstruiert, so<br />

ist dieses Album ein gelungenes<br />

Experiment. Die Stücke stammen<br />

mal von Toto und 10cc, mal<br />

von Sade und sogar Nena, werden<br />

aber von den Musikern mit<br />

einer Nonchalance in die eigene<br />

Klangsprache übersetzt, dass<br />

einem stellenweise Gänsehaut<br />

kommt. So klingt ein „I’m Not In<br />

Love“ momenthaft wie eine verschollene<br />

Ballade von Chet Baker,<br />

und der „Smooth Operator“ hätte<br />

auch aus einer Laune von Art<br />

Blakey’s Jazz Messengers heraus<br />

entstanden sein können. Hier ist<br />

ein Konzept gereift und wirkt sogar<br />

bei den Liveaufnahmen der<br />

Bonus-CD von der Neverland-<br />

Tournee homogen und überzeugend.<br />

Was für ein cooler Typ dieser<br />

Kraus doch geworden ist!<br />

Paul Hammerthal<br />

Das komplette Programm & Tickets unter:<br />

www.ingolstaedter-jazztage.de, Tel.: 08 41/3 05 18 11


s chat zkiste<br />

The Smiths<br />

„complete“<br />

RhiNO/WaRNeR<br />

The Smiths waren das gute Gewissen der New<br />

Wave, jedenfalls stellen sie sich gerne so dar.<br />

Während die Kollegen von Human League<br />

bis Spandau Ballet den Synthiepop der Punk-<br />

Nachfolge gerne als Kunstform inszenierten,<br />

gaben sich Sänger Steven Patrick Morrissey<br />

und Gitarrist Johnny Marr mit ihrer Band betont<br />

authentisch und normal. Schon der Allerweltsname<br />

war eine Botschaft, allerdings eine<br />

ironisch relativierte. Denn so durchschnittlich<br />

jugendlich The Smiths auf der einen Seite<br />

wirken wollte, so massiv nahmen sie auf der<br />

anderen Stellung zu den Verfasstheiten<br />

der britischen Gegenwart. Morrisseys<br />

verbaler Lieblingsfeind war<br />

Premierministerin Margaret Thatcher,<br />

der er in seinen Liedern schon einmal<br />

die Guillotine an den Hals wünschte,<br />

dicht gefolgt von Bob Geldof, den er<br />

schlicht für einen Scharlatan des Benefiz-Business<br />

hielt. Dazu kamen klare<br />

Stellungnahmen gegen den Verzehr<br />

von Fleisch, dem die Band sogar<br />

den Albumtitel „Meat Is Murder“<br />

widmete.<br />

38<br />

Saubermänner mit<br />

Attitüde: Johnny Marr<br />

(l.) und Morrissey<br />

(2.v.l.) mit Band<br />

So waren The Smiths eine wunderbar widersprüchliche<br />

Combo, die zum einen stellenweise<br />

aggressive oder traumatische Texte in eine<br />

ansprechende musikalische Form brachte, auf<br />

der anderen Seite zumindest auf dezente Weise<br />

dem Ausverkauf der Popmusik, der in den<br />

frühen 80ern einsetzte, einen künstlerischen<br />

Anspruch der Originalität entgegensetzten.<br />

Markant waren neben Morrisseys mal flehender,<br />

mal larmoyanter, aber auch beschwörender<br />

Stimme vor allem die schwebenden und<br />

fröhlich flirrenden Gitarrenlinien Marrs, die<br />

dem Pathos des Textes einen Teil des poetischen<br />

Ernstes wieder nahmen. So war es eigentlich<br />

unvermeidlich, dass<br />

die beiden stilistischen Protagonisten<br />

der Band über kurz<br />

oder lang aneinander geraten<br />

mussten.<br />

Anno 1987, nur fünf Jahre nachdem sich<br />

The Smiths in Manchester gegründet hatten,<br />

verließ Johnny Marr die Band, die das letzte,<br />

noch gemeinsame und vierte Studioalbum<br />

„Strangeways, Here We Come“ wenig später<br />

als Nachruf veröffentlichte. Morrissey startete<br />

seine Solokarriere, setzte mit „Viva Hate!“ im<br />

folgenden Jahr das Politikerbashing erfolgreich<br />

fort und gilt heute neben Elvis Costello<br />

und David Sylvian als integre Ikone der<br />

Independent-80er. Marr arbeitete mit Bands<br />

wie Electronic weiter, schrieb Songs für Oasis<br />

und Beck und machte sich im Vorfeld der<br />

30jährigen Bandjubiläums daran, das Erbe<br />

von The Smith zu remastern und in einer<br />

CD-Box mit neuen Linernotes herauszugeben.<br />

„Complete“ heißt das gute Stück, ist in<br />

verschiedenen CD- und Vinylversionen erhältlich<br />

und macht alle, die die 80er miterlebt<br />

haben, ein bisschen nostalgisch. Denn genau<br />

genommen ging es damals kaum jemandem<br />

in England, in Europa wirklich schlecht. The<br />

Smiths dokumentieren diesen musikalischen<br />

Wohlstand in aller verschmitzt intellektueller<br />

Pracht. Sascha Fröhlich<br />

Info: the smiths wurden zum Vorbild vieler Bands<br />

des Britpop und des New-Wave-Revivals.


Blondie<br />

„Original album classics“<br />

ePic/LeGacY/sONY<br />

Zwar hatte sich die New Yorker<br />

Pop-Punk-Combo Blondie 1983<br />

nach neun produktiven Jahren offiziell<br />

aufgelöst. Aber so ganz sein<br />

lassen wollten es die Musiker und die Sängerin Deborah<br />

Harry dann doch nicht, und so veröffentlicht die Band bis<br />

heute Alben unter dem erfolgreichen Namen. Drei Aufnahmen<br />

der mittleren Jahre, „No Exit“, „Livid“ und „The<br />

Curse Of Blondie“ sind nun im Rahmen der Reihe „Original<br />

Album Classics“ in einem Schuber zusammengefasst wieder<br />

zu haben. Sie gehören zur Herbstrunde der bereits 2008<br />

gestarteten Serie, die Raritäten und vergriffene Aufnahmen<br />

jeweils im Dreierpack mit Originalcovers im Vinylstil<br />

zusammenfassen. Neben Blondie sind diesmal Songwriter<br />

Ben Folds, die Altrocker von Deep Purple und die britischen<br />

Indie-Rocker Manic Street Preachers mit von der Partie.<br />

Noch umfangreicher sind die 5-CD-Päckchen mit Alben von<br />

REO Speedwagon, Lou Reed, Suicidal Tendencies und Elvis<br />

Presley, die ebenfalls dieser Tage in die Läden kommen.<br />

Und wem das nicht genügt, der kann noch ein bisschen in<br />

den Regalen kramen. Denn seit Start der Serie sind bereits<br />

rund 200 Titel im Rahmen der „Original Album Classics“<br />

wieder veröffentlicht worden. Paul Hammerthal<br />

Info: Die „Original album classics“ umfassen auch Folk- und<br />

Jazztitel von Willie Nelson über George Benson bis Deodato.<br />

Ganz entspannt: Als<br />

Blondie stagnierte,<br />

sang Deborah Harry<br />

auch mal Jazz<br />

Miles Davis<br />

„the Perfect Miles Davis<br />

collection“<br />

cOLUMBia/LeGacY/sONY<br />

im september 1991 starb Miles Da-<br />

vis an den Folgen eines schlagan-<br />

falls. zwei Jahrzehnte sind seitdem<br />

vergangen, aber noch immer gilt der<br />

trompeter als tonangebende kraft<br />

im Jazz. Denn er war mehreres zu-<br />

gleich: einerseits ein neugieriger und<br />

risikofreudiger Musiker, der mehr-<br />

mals dem Jazz eine Richtung wies<br />

und darüber hinaus in seinen Bands<br />

mit steter Regelmäßigkeit die hoff-<br />

nungsträger seines Fachs versam-<br />

melte. auf der anderen seite war er<br />

ein kämpfer für die Gleichberechti-<br />

gung schwarzer künstler, der es als<br />

einer der ersten durchsetzte, ge-<br />

nauso bezahlt zu werden wie seine<br />

weißen kollegen. Und er war Prota-<br />

gonist eines Lebensstils, der mit ex-<br />

altierter Mode, ruppigen Gesten und<br />

der Botschaft, mit dem Rücken zum<br />

Publikum zu spielen, die Verhaltens-<br />

normen von Jazzmusikern revidierte.<br />

in einer hinsicht allerdings war<br />

Miles Davis erstaunlich konstant.<br />

Nachdem er Mitte der 50er<br />

Jahre einen Vertrag mit<br />

der Plattenfirma cBs/<br />

columbia unterschrieben<br />

hatte, blieb er dem<br />

haus weitgehend treu.<br />

Das ermöglicht es sony,<br />

d i e i n z w i s c h e n d e n<br />

katalog von columbia verwaltet,<br />

erstaunliche sammlungen seiner<br />

Platten herauszugeben. aus anlass<br />

des 20. todestages nun kann man<br />

als Miles-Davis-Fan auf zwei zusammenstellungen<br />

zurückgreifen.<br />

Für den enzyklopädisch veranlagten<br />

sammler bietet die bereits 2009<br />

erschienene Box „the complete columbia<br />

album collection“ die Möglichkeit,<br />

den gesamten Miles mit 52<br />

alben auf 70 cDs, Bonusmaterial<br />

und zusätzlicher DVD zu archivieren.<br />

Darüber hinaus gibt es nun auch<br />

eine auswahl dieser edition in einer<br />

kleineren, aber für viele Jazzfans<br />

vollkommen ausreichenden Version.<br />

„the Perfect Miles Davis collection“<br />

versammelt 20 essentielle alben,<br />

angefangen bei den Gil-evans-aufnahmen<br />

über „kind Of Blue“ und<br />

das legendäre Quintett der 60er bis<br />

hin zum Jazzrock von „Bitches Brew“<br />

und einigen alben aus den 80ern.<br />

Mit einem eigenen Booklet sorgfältig<br />

ediert und kommentiert, bietet<br />

diese Box einen ausgezeichneten<br />

Überblick über die schaffensphasen<br />

mit hohem Genusspotential. Und<br />

wer dann erst einmal<br />

Blut geleckt hat,<br />

kann sich „sorcerer“,<br />

„the Man With the<br />

horn“ oder „You’re<br />

Under arrest“ immer<br />

noch einzeln zulegen.<br />

Ralf Dombrowski<br />

39


s chat zkiste<br />

Verschiedene<br />

Interpreten<br />

„süddeutsche zeitung Jazz“<br />

aLiVe<br />

Es muss eine Heidenarbeit gewesen<br />

sein, mehr als 300 Titel zusammenzustellen,<br />

um das Thema Jazz mal von<br />

einer neuen Seite anzugehen. Aber der<br />

Musikjournalist – und frisch gebackene<br />

Chefredakteur des <strong>SONO</strong>-Magazins<br />

Ralf Dombrowski – hatte die Idee, das<br />

schier grenzenlose Repertoire nicht<br />

nach Kriterien wie Chronologie oder<br />

Persönlichkeiten, sondern nach einem<br />

dramaturgischen Konzept zu gliedern.<br />

Es sollten CDs entstehen, die jeweils<br />

nach Themen sortiert jede für sich einem<br />

Spannungsbogen folgen, der die<br />

ganz alten Stücke ebenso integriert wie<br />

die ganz neuen. Spezialisten sollten<br />

ebenso angesprochen werden wie Novizen<br />

des Musikgenusses, Entdecker<br />

ebenso wie Hörer, die sich einfach nur<br />

gute Unterhaltung wünschen. Heraus<br />

kam eine Box mit 18 CDs, die manche<br />

Überraschung zu bieten hat. So finden<br />

sich die Größen des Geschäfts<br />

40<br />

Hände hoch und<br />

zuhören! Bugge ist<br />

dabei bei SZ Jazz<br />

von Charlie Parker und Miles Davis<br />

bis John Coltrane und Ornette Coleman<br />

ebenso in den Zusammenstellungen<br />

wieder wie Musiker, die auf<br />

einem Theremin spielen, eine Bluegrass-Version<br />

eines Queen-Klassikers<br />

anstimmen oder indische Musik aus<br />

Jazzperspektive interpretieren. Darin<br />

unterscheidet sich die Jazz-Edition der<br />

Süddeutschen Zeitung von anderen<br />

Compilations, die diesen Weg schon<br />

gegangen sind. Sie nimmt den Hörer<br />

an der Hand und führt ihn durch das<br />

Spiegelkabinett einer Musik, die viel<br />

mehr zu bieten hat als Swing, Bebop<br />

und verrückte Bläser.<br />

Paul Hammerthal<br />

Maria Callas<br />

„the callas effect“<br />

eMi cLassics<br />

Als Teenagerin sang Maria<br />

Callas ihre erste Rolle<br />

in Mascagnis „Cavalleria<br />

Rusticana“ in Athen, und<br />

wenig später schon galt die in New York geborene<br />

Griechin mit italienischem Pass als Jahrhundertstimme.<br />

Sie schaffte es, in den nach neuen Helden<br />

und Heldinnen dürstenden Nachkriegsjahren<br />

nicht nur der Oper an sich wieder zu neuem Glanz<br />

und Popularität zu verhelfen, sondern ganze Epochen<br />

wie das Belcanto neu zu beleben. Und sie<br />

war eine schillernde Gestalt des öffentlichen Lebens,<br />

durch ihre glamouörsen Auftritte, aber auch<br />

durch ihre Affäre mit dem Milliardär Aristoteles<br />

Onassis. Die Edition „The Callas Effect“ spürt dem<br />

besonderen Reiz dieser Märchenkarriere nach,<br />

mit zwei CDs, die ihre Paradearien von Gluck<br />

bis Verdi und Puccini bis Catalani unter einem<br />

Dach versammeln. Als besonderer Bonus wird<br />

die Sammlung durch eine DVD-Dokumentation<br />

ergänzt, die mit viel historischem Material die Lebensgeschichte<br />

von Maria Callas nachvollzieht.<br />

Sascha Fröhlich<br />

Little Feat<br />

„40 Feat“<br />

PROPeR/ROUGh tRaDe<br />

als Litte Feat 1968 anfin-<br />

gen, war noch alles offen.<br />

Die Rockmusik war gerade<br />

erst im Begriff, erfunden zu<br />

werden, und allerlei schräge Vögel und träumer suchten<br />

nach ihrem Platz auf der spielwiese. einer davon<br />

war Lowell George, sänger und Gitarrist mit Blumen<br />

im haar und Gewürzkraut im kopf. er rief mit Freunden<br />

aus dem zappa-Umfeld Little Feat ins Leben, schrieb<br />

Lieder, die die Freiheit der amerikanischen highways<br />

priesen, und glaubte selbst an diese Mythen. in den<br />

70ern avancierte die Band zum kritikerliebling, wurde<br />

allerdings vom Publikum langsamer anerkannt. Lowell<br />

George frönte den Rauschmitteln, starb 1979 an herzversagen<br />

und hinterließ eine Band, die im Laufe der<br />

Jahre auf der Bühne immer besser wurde. „40 Feat/<br />

the hot tomato anthology 1971-2001“ versammelt<br />

nun auf 3cDs Live-aufnahmen aus vier Jahrzehnten<br />

vom bandeigenen hot-tomato-Label. Manches fällt<br />

unter die Rubrik kurioses, das Meiste aber ist so durch<br />

und durch amerikanischer country-Funk mit Blues vermengt,<br />

dass man sich am liebsten gleich ins auto setzen<br />

möchte und gen süden cruisen, der sonne, dem<br />

taumel, der Freiheit entgegen. Paul Hammerthal


Elvis Presley<br />

Young Man With the Beat –<br />

the complete ’56<br />

elvis Presley Masters<br />

Rca/LeGacY/sOnY<br />

Popgeschichtsschreibung hat etwas surrea-<br />

les. Denn Journalisten neigen dazu, karrieren<br />

wie naturgewalten erscheinen zu lassen, die<br />

über die Musikwelt hereinbrechen. Da tau-<br />

chen Genies wie aus dem nichts auf, walzen<br />

alles nieder, was sich ihnen kritisch in den<br />

Weg stellt, und schaffen es scheinbar mühelos,<br />

ein großes Publikum auf ihre seite zu<br />

ziehen. Dieses Modell ist zwar alt, aber wirkungsvoll,<br />

und einer der ersten, bei denen es<br />

breitenwirksam zum tragen kam, war elvis<br />

Presley.<br />

noch 1955 kannte kaum jemanden den<br />

jungen Wilden aus tupelo, der mit seiner Mischung<br />

aus country-sound und Rockabilly<br />

beim regionalen sun-Label ein paar ebenso<br />

regionale singles aufgenommen hatte.<br />

allerdings waren die talentscouts von Rca<br />

Victor auf ihn aufmerksam geworden und<br />

bearbeiteten elvis’ Manager sam Philips, den<br />

newcomer doch für die große Firma zu verpflichten.<br />

es wurde viel gefeilscht, schließlich<br />

unterschrieb Presley im november 1955 seinen<br />

Vertrag und kassierte den für damalige<br />

Für seine Karriere ging Elvis<br />

Presley auch vor den Fans<br />

auf die Knie. Die fanden es<br />

großartig und liebten ihn.<br />

Verhältnisse traumhaften Betrag von 35.000<br />

Dollar. Das war eine große investition, die<br />

sich für Rca Victor lohnen musste, und deshalb<br />

warfen die Werbe- und Marketingleute<br />

die star-Maschinerie an. elvis Presley, eben<br />

erst 20 geworden, machte mit jugendlichem<br />

elan den ganzen trubel mit. Das Jahr 1956<br />

ging daraufhin in die Pophistorie ein als Beben<br />

des Rock’n’Rolls, der in Gestalt des Jungen<br />

mit dem hüftschwung die nach neuen<br />

klängen dürstende Musikszene überflutete.<br />

ein Märchen, möchte man meinen. Doch<br />

die umfangreiche edition „Young Man With<br />

the Big Beat – the complete ’56 elvis Presley<br />

Masters“ zeichnet da ein differenziertes<br />

Bild. natürlich gibt es in dieser opulent bebilderten<br />

und mit Devotionalien,<br />

Outtakes,<br />

Liveaufnahmen und<br />

interviews auf insgesamt<br />

5 cDs geschmückten<br />

edition<br />

reichlich mitreißende<br />

Musik zu hören. Die<br />

minutiös rekonstruierte<br />

chronologie<br />

des Durchbruchsjahres 1956 dokumentiert<br />

aber auch einen pausenlos arbeitenden, von<br />

termin zu termin hetzenden künstler, der<br />

sich ganz in den Dienst der Vermarktung der<br />

eigenen Person gestellt hat.<br />

Das ist spannend nachzuvollziehen und<br />

zeigt darüber hinaus einen Menschen innerhalb<br />

eines Räderwerks, dem das Private<br />

weitgehend abhanden gekommen war. auf<br />

der Promosingle von 1956, mit der elvis unter<br />

dem Motto „the truth about Me“ den<br />

Wissensdurst der Fans zu stillen versuchte,<br />

meinte er: „In vielen der Briefen fragen<br />

mich die Leute nach den Dingen, die ich<br />

so mache. Also, ich rauche nicht, ich trinke<br />

nicht, und ich gehe gern ins Kino. Vielleicht<br />

werde ich eines Tages auch ein Heim<br />

und eine eigene Familie haben, von der ich<br />

mich nicht mehr fortbewegen werde.“<br />

träume eines 21jährigen, der sich in den<br />

Dienst der Öffentlichkeit gestellt hatte,<br />

von dort den Weg aber nie mehr zurück<br />

in die normalität gefunden hat.<br />

Sascha Fröhlich


42<br />

Der Durchstarter: Als<br />

Produzent und Filmkomponist<br />

wird Quincy<br />

Jones berühmt<br />

Buch: Quincy Jones<br />

„Mein Leben – meine Leidenschaften“<br />

EDEL:VITA<br />

Es muss einen unglaublichen Spaß gemacht haben, dieses<br />

Buch zu gestalten. Denn zum einen ist Quincy Jones<br />

einer dieser Dogen der Musikkultur, der über mehr als<br />

ein halbes Jahrhundert hinweg als Musiker, Komponist,<br />

Produzent und Master Mind mit so ziemlich allen wichtigen<br />

Gestalten des Business gearbeitet hat. Darüber hinaus<br />

aber hat er wirklich auch Geschichten zu erzählen, wie<br />

das war, damals mit Michael Jackson zum Beispiel, dem<br />

begabten Wunderkind des Pop, das den richtigen Anstoß<br />

zur Weltkarriere brauchte. Oder als er als erster Schwarzer<br />

in leitender Stellung bei einer Plattenfirma 1961 über Nacht<br />

mit Lesley Gores Nummer-1-Hit „It‘s My Party“ ein Label<br />

sanierte. Oder noch früher, als er als Neuling im Geschäft<br />

gleich eine zehnmonatige Orchester-Tournee organisierte<br />

und beinahe pleite ging. Genau genommen hat er fast überall<br />

im Lauf der Jahre mitgemischt, hat mehrere Dutzend<br />

Filmmusiken geschrieben, wurde 79 Mal für den Grammy<br />

nominiert und hat die begehrte Trophäe der amerikanischen<br />

Musikwirtschaft auch 27 Mal erhalten.<br />

So kann ein Buch wie „Mein Leben – meine Leidenschaften“<br />

aus den Vollen schöpfen. Auf 178 Seiten tummelt<br />

sich die Hautevolee des amerikanischen Entertainments<br />

auf zahlreichen, zum Teil seltenen oder noch nie gezeigten<br />

Bildern und der Meister selbst kommentiert die eigene Biographie,<br />

aber auch die Geheimnisse des Musikgeschäfts. Es<br />

ist keine Autobiographie im strengen Sinne, eher ein mit<br />

vielen Zitaten garniertes Portrait, das Quincy Jones‘ Aktivitäten<br />

locker chronologisch abbildet. Und das macht auch<br />

den Schmökerspaß bei der Lektüre aus. Denn man muss<br />

nicht den Erinnerungen allein folgen, sondern bekommt<br />

sie von einem Autorenteam im Hintergrund journalistisch<br />

aufbereitet präsentiert. Vor allem aber vermittelt sich mit<br />

den vielen Dokumenten eines prall gefüllten Lebens eine<br />

doppelte, rundum positive Botschaft: Erstens kann man<br />

sehr viel mehr erreichen, als es am Anfang erscheinen<br />

mag, und zweitens ist Musik eine Leidenschaft, für die es<br />

sich zu kämpfen lohnt. Sascha Fröhlich<br />

Fakten: Quincy Jones: „Mein Leben – meine Leidenschaften“<br />

(Edel:Vita), 178 Seiten, 24,95 €.<br />

Seine Karriere<br />

startete Quincy<br />

Jones als Jazztrompeter


Hörbuch: Walter Moers<br />

„Das Labyrinth der<br />

Träumenden Bücher“<br />

Man darf Walter Moers nicht unterschät-<br />

zen. Natürlich, bekannt wurde er über seine<br />

Cartoons wie das „kleine Arschloch“, einem<br />

renitenten Weltverächter, der mit einer Portion<br />

Sarkasmus der hedonistischen Spaßgesellschaft<br />

der Neunzigerjahre den Spiegel<br />

vorhielt. Und spätestens, seitdem der Großmeister<br />

des Seemannsgarns Käpt‘n Blaubär<br />

seinen Platz in der „Sendung mit der Maus“<br />

gefunden hatte, waren die charakteristischen<br />

Kartoffelnasen ein fester Bestandteil<br />

bundesdeutscher Kinderzimmer. Weit<br />

weniger bekannt ist aber Walter Moers, der<br />

Romanautor. Ähnlich pointiert wie bei seinen<br />

Zeichnungen, nur freigiebiger noch mit<br />

phantasievollen Ideen hat er von seinem<br />

Erstling „Die 13½ Leben des Käpt‘n<br />

Blaubär“ an seinen Phantasiekontinent<br />

Zamonien aufgebaut, wo sich allerlei<br />

schräge Vögel tummeln.<br />

Zur zentralen Figur nach dem furchtlosen<br />

Blaubären und dem Wolpertinger<br />

Rumo hat sich der schriftstellernde Lindwurm<br />

Hildegunst von Mythenmetz<br />

entwickelt, der bereits in „Die<br />

Stadt der Träumenden Bücher“<br />

tief in die Katakomben von<br />

Buchhain hinabstieg, um den<br />

Schattenkönig zu suchen. Auf<br />

dieser abenteuerlichen Reise<br />

ins Innere des Literarischen<br />

begegnete er harmlosen Buchlingen ebenso<br />

wie skrupellosen Bücherjägern und entkam<br />

einer Katastrophe nur fast. Da sich aber diese<br />

seltsame Echse schnell zu einem Liebling<br />

einer wachsenden Zamonien-Fanschar entwickelte,<br />

entschloss sich der Autor, die Saga<br />

von Hildegunst fortzusetzen.<br />

Nun also das „Labyrinth der Träumenden<br />

Bücher“, zum einen als illustrierter<br />

Schmöker-Wälzer, zum anderen in der Hörbuchversion.<br />

Wieder kämpft Hildegunst<br />

von Mythenmetz mit den Wörtern wie mit<br />

den irrlichternden Gestalten und Andreas<br />

Fröhlich gibt dem phantastischen Getümmel<br />

mit sonorer, dramaturgisch vielseitiger<br />

Stimme eine raffiniert lakonische Form. Wer<br />

Hörstoff für dunkle, verwunschene Herbstund<br />

Winterabende sucht, für den ist dieses<br />

„Labyrinth“ ein Füllhorn. Ralf Dombrowski<br />

Fakten: Walter Moers „Das Labyrinth der<br />

Träumenden Bücher“ (Der Hörverlag), Vollständige<br />

Lesung durch Andreas Fröhlich.<br />

Laufzeit ca. 1.050 Min. 12 CD (39,99 €),<br />

2 mp3-CD (29,99 €)<br />

DVD: Sonic Youth<br />

„1991: The Year Punk Broke“<br />

GEFFEN / UNIVERSAL<br />

20 Jahre ist es her, dass Sonic Youth mit dieser<br />

rasanten Filmmontage ein ungewöhnliches<br />

Dokument einer Festivaltour, an der neben<br />

ihnen selbst auch Nirvana, Dinosaur Jr, die<br />

Babes In Toyland und noch ein paar andere<br />

Bands beteiligt waren, veröffentlichten. Schon<br />

damals ging es weniger um einen Konzertfilm,<br />

als um ein Zeitgemälde. Neben mitreißenden<br />

Live-Aufnahmen, die meist aus mehreren<br />

Shows zusammengeschnitten und nur selten<br />

in Bild und Ton synchron sind, gibt<br />

es flüchtige Szenen aus dem Backstage<br />

und seltsame Inszenierungen<br />

wie einen Dackel, der bellend zu Sonic<br />

Youth einlädt, Kim Gordon beim<br />

vergeblichen Versuch, J Mascis zu interviewen,<br />

spontane Gedichte, die in<br />

irgendwelchen europäischen Städten<br />

proklamiert werden und viele absurde<br />

Spielereien. Nichts an diesem Film sollte allzu<br />

ernst genommen werden. Wir erleben einen<br />

lebensfrohen Kurt Cobain unmittelbar vor der<br />

Veröffentlichung von „Nevermind“ und Sonic<br />

Youth im Zenit ihres alternativen Ruhmes. Die<br />

zentrale Botschaft des Films: Alles hätte ganz<br />

anders werden können, wenn es diesen Bands<br />

wirklich gelungen wäre, die Macht der Plattenfirmen<br />

zu brechen. Hier setzt sich eine Szene<br />

selbst ein Denkmal, wohl wissend, dass ihr<br />

Husarenritt bald vorbei sein wird. Die erstmalige<br />

Veröffentlichung dieses Films auf DVD<br />

hat daher einen überaus sentimentalen Beigeschmack.<br />

Obwohl es derselbe Film wie damals<br />

ist, wurde es doch ein ganz anderer Film, denn<br />

wir wissen, wie die Geschichte nach 1991 weitergegangen<br />

ist. Wolf Kampmann<br />

Weiterhören: Das wohl einflussreichste Album<br />

von Sonic Youth ist „Bad Moon Rising“ (1985).<br />

Selbst Freejazztrommler Han Bennink gehört wie<br />

auch Rapper Chuck D zu den Fans der Band.<br />

MONTEVERDI a trace of grace<br />

Anfang Juni 2011 treffen sich sechs Musiker in der uralten französischen Abtei<br />

von Noirlac, um in der Stille traumhafter Sommernächte eine außergewöhnliche<br />

Musik zu erschaffen. Es entsteht eine einzigartige Begegnung zwischen Jazz und<br />

Alter Musik, voll magischer Momente der Improvisation aus einer gemeinsamen<br />

musikalischen Sprache.<br />

Das neue Projekt von Michel Godard mit Steve Swallow, Guillemette Laurens u.a.<br />

Jetzt überall im Handel und als MP3-Download erhältlich.<br />

www.carpediem-records.de


MEDIA- MIX<br />

3CD + DVD: Klaus Hoffmann<br />

„Mit Freunden“<br />

STILLE-MUSIC / INDIGO<br />

Gästelisten sind verräterisch.<br />

Denn wer sich bei<br />

einem größeren Event als<br />

Freund oder Mitwirkender<br />

ansagt, der gibt damit auch<br />

ein Votum über die Beliebtheit<br />

des Gastgebers ab. Und<br />

da kann Klaus Hoffmann nicht klagen. Denn<br />

als der Schauspieler und Sänger am 27. März<br />

2011 einen Tag nach seinem 60. Geburtstag<br />

zum großen Fest in den Berliner Friedrichstadtpalast<br />

lud, kamen nicht nur rund<br />

2.000 Gäste im Saal, sondern auch namhafte<br />

Kollegen, um dem Jubilar angemessen zu<br />

gratulieren. Mit dabei war beispielsweise<br />

Reinhard Mey, der zu Ehren Hoffmanns wie<br />

Orpheus singen wollte, sich auf der Bühne<br />

außerdem mit Hannes Wader zusammen<br />

tat und für diesen Abend mit „Bruder<br />

Klaus“ sogar ein neues Lied geschrieben<br />

Buch: „Paul Simon<br />

– die Biografie“<br />

von Marc Eliot<br />

EDEL:VITA<br />

Im angelsächsischen Sprachraum<br />

gibt es im Prinzip zweierlei Arten von<br />

Popstar-Biografien: die sogenannten<br />

„autorisierten“, deren Informations-<br />

und Unterhaltungswert oft darunter<br />

leidet, dass ihre Autoren Leben und<br />

Person der beschriebenen Stars bis<br />

zur Peinlichkeit schönfärben. Und,<br />

vor allem im Boulevardpresse-Pa-<br />

radies England beliebt, die soge-<br />

nannten „unautorisierten“, in de-<br />

44<br />

Reinhard Mey, Klaus Hoff-<br />

mann, Hannes Wader: mit<br />

Freuden unter Freunden<br />

nen durch allerlei mediale<br />

Schlammschlachten ge-<br />

stählte „Hacks“ aus der<br />

Fleet Street hinter jedem<br />

hatte. Ein ähnliches Kaliber war der holländische<br />

Entertainer und Charmeur Herman<br />

van Veen, der es sich nicht nehmen ließ, seine<br />

verschmitzt besinnlichen Texte auch auf Klaus<br />

Hoffmann zu münzen. Hinzu kamen künstlerische<br />

Partnerinnen wie Romy Haag und Caroline<br />

von Brünken, aber auch Instrumentalisten<br />

wie die französische Akkordeonistin Lydie<br />

Auvray und der in Berlin lebende Klarinettist<br />

Rolf Kühn. Es wurde ein rauschendes Fest, das<br />

mehr als drei Stunden lang einen großen Bogen<br />

bis hin zu „Mein Weg“ spannte, nicht dem<br />

von Frank Sinatra, sondern dem eigenen Song,<br />

den Hoffmann mit Reinhard Mey anstimmte.<br />

Festgehalten wurde dieser Abend, bei dem, so<br />

der Gastgeber, der Geburtstag nur der Anlass<br />

gewesen sei, das Leben selbst zu feiern, sowohl<br />

auf DVD als auch auf 3 CDs, die neben<br />

Stöhner ihrer Protagonis-<br />

ten einen Skandal, min-<br />

destens aber eine finstere<br />

Charakterschwäche wit-<br />

tern. Das Buch des Ame-<br />

rikaners Marc Eliot über Paul Simon<br />

gehört weder zur einen noch zur<br />

anderen Spezies. Eliot, ein Genera-<br />

tionsgenosse Simons, der schon Bio-<br />

graphien über Clint Eastwood, Bruce<br />

Springsteen und die Eagles geschrie-<br />

ben hat, ist ein profunder<br />

Kenner des US-Showge-<br />

schäfts. Er hat allerhand<br />

erhellendes mitzuteilen<br />

über die zeitgeschicht-<br />

lichen Umstände, unter<br />

denen sich die frühe<br />

Freundschaft zwischen<br />

Paul Simon und Art Garfunkel,<br />

ihr kometenhafter Aufstieg<br />

als Popduo in den 60er Jahren und<br />

die von allerlei Großtaten, aber auch<br />

immer wieder bitteren Enttäuschungen<br />

geprägte weitere Laufbahn Paul<br />

Simons bis heute vollzog.<br />

dem ungewöhnlichen Programm auch die<br />

begeisterte Stimmung dokumentieren, die<br />

die Künstler auf der Bühne beflügelt hat, tatsächlich<br />

wie Orpheus zu singen.<br />

Sascha Fröhlich<br />

Wissenswert: Klaus Hoffmann wurde auch<br />

als Schauspieler, unter anderem durch die Titel -<br />

rolle in der Verfilmung von Ulrich Plenzdorfs<br />

„Die neuen Leiden des jungen W.“, und als<br />

Interpret der Chansons von Jaques Brel bekannt.<br />

„Mit Freunden“ erscheint als 3CD-Box, DVD und<br />

Deluxe-Edition mit Bonusmaterial.<br />

Eliot bemüht sich spürbar dem<br />

komplexen (und von Komplexen<br />

geprägten) Charakter Paul Simons<br />

gerecht zu werden. Die Musik und<br />

deren Wirkungsgeschichte allerdings<br />

bekommt er schriftstellerisch wenig<br />

anschaulich in den Griff. Von diesem<br />

Manko abgesehen ist das ansprechend<br />

gestaltete und solide bebilderte<br />

Buch dennoch eine lohnende<br />

Lektüre. Christian Stolberg<br />

Info: 352 Seiten, 30 Bilder, € 19.95


DVD: Oscar Peterson Trio<br />

„The Stuttgart Concert“<br />

INAKUSTIK<br />

Der Kanadier Oscar Peterson galt als Wun-<br />

derkind des traditionellen Jazz und recht-<br />

mäßiger Erbe des Titanen der Virtuosität Art<br />

Tatum. Tatsächlich konnte sich in Sachen Ge-<br />

läufigkeit kaum jemand mit Peterson messen, zumindest bis zum<br />

Jahr 1993, als er einen Schlaganfall erlitt und im Anschluss dar-<br />

an erst mühsam die Kunst des Klavierspiels wieder erlernte. Der<br />

Mitschnitt des ZDF Jazz-Clubs vom 25. April 1988 gehört daher<br />

zu den goldenen Tagen, als der Pianist die Musik einfach laufen<br />

lassen konnte. Tatsächlich zeigte er im Fernsehstudio mit lässiger<br />

Eleganz die Facetten seiner Kunst, perlende Unisono-Passagen,<br />

Blues-inspirierte Phrasierungen, das ganze Spektrum des ge-<br />

schmackvollen Klavierspiels. Ihm zur Seite standen Bassist Dave<br />

Young und Schlagzeuger Kenny Drew, die den opulenten Passa-<br />

gen des Klaviers die nötige Trio-Form gaben. So ist das „Stuttgart<br />

Concert“ ein Dokument aus den glücklichen Tagen des Jazz und<br />

eines Pianisten, der über Jahre hinweg der Maßstab des modern<br />

traditionellen Klavierspiels war. Ralf Dombrowski<br />

Info: „Stuttgart Concert“ ist auch im Surround-Sound gemischt<br />

und führt High-End-Fans auf diese Weise mitten in den Club.<br />

DVD: Peter Gabriel<br />

„New Blood –<br />

Live In London“<br />

EAGLE VISION/EDEL<br />

Peter Gabriel ist Charismatiker.<br />

Schon in den Achtzigern zählten<br />

seine Konzerte zu den großen Live-<br />

Ereignissen der Pop-Kultur<br />

und daran hat sich bis<br />

heute nicht viel geändert,<br />

auch wenn er inzwischen<br />

auf Show zugunsten eines<br />

Orchesters verzichtet. Zwei<br />

Tage machte Gabriel im vergangenen<br />

März im Londoner<br />

20 JAHRE<br />

Hammersmith Apollo Theater Station<br />

und hatte ein gutes Dutzend<br />

Bearbeitungen seiner Hits von „Mercy<br />

Street“ über „Biko“ bis „Solsbury<br />

Hill“ im Gepäck. Es war zunächst ein<br />

Experiment, aber die beiden Abende<br />

wurden für alle, einschließlich<br />

des Künstlers selbst, ein derartiges<br />

Erlebnis, dass sie schließlich in sein<br />

Albumprojekt „New Blood“ mündeten.<br />

Und natürlich ließ Peter Gabriel<br />

die Shows in London auch mit Kameras<br />

für die Nachwelt festhalten.<br />

Zusammen mit dem New Blood Orchestra<br />

unter der Leitung von Ben<br />

Foster und ergänzt um pointierte<br />

Visuals lässt sich die Magie dieser<br />

Abende nachvollziehen, die auch<br />

noch Monate später die Zuschauer<br />

in Euphorie versetzen kann.<br />

Typisch Peter Gabriel eben,<br />

der Charismatiker.<br />

Sascha Fröhlich<br />

Fakten: Peter Gabriels DVD<br />

„New Blood – Live In London“<br />

erscheint am 21. 10.<br />

Das Berlin-Album von U2 mit den Hits One, Mysterious Ways und The Fly<br />

www.u2.com | www.universal-music.de<br />

2-CD Deluxe Version<br />

• CD 1: original Album<br />

neu gemastert<br />

• CD 2: B-Seiten,<br />

Raritäten und<br />

unveröffentlichte<br />

Tracks<br />

Limitierte Super Deluxe Edition<br />

• sechs CDs inkl. neu gemastertes<br />

Album, unveröffentlichte Remixe,<br />

B-Seiten und einer neuen, alternativen<br />

Version des Albums<br />

• vier DVDs mit Videos, unveröffentlichtem<br />

Bonus Material und der<br />

neuen Dokumentation „From The<br />

Sky Down“<br />

Streng limitierte und nummerierte<br />

Über Deluxe Edition<br />

• sechs CDs inkl. neu gemastertes Album, unveröffentlichte<br />

Remixe, B-Seiten und einer neuen,<br />

alternativen Version des Albums<br />

• vier DVDs mit Videos, unveröffentlichtem Bonus Material<br />

und der neuen Dokumentation „From The Sky Down“<br />

• fünf 7" Singles, Hardcoverbuch sowie ein Exemplar<br />

Bono’s „The Fly“ Sonnenbrille u.v.m.<br />

AB 28. Oktober Auch als Standard-CD, Vinyl und Download


TOUrNEEN P O P, rOcK & cO<br />

Alle Tourneedaten<br />

fortlaufend aktualisiert<br />

und mit<br />

genauen Ortsangaben<br />

finden Sie unter<br />

sonomagazin.de<br />

A<br />

Laith Al-Deen<br />

24.1. Hannover<br />

25.1. Hamburg<br />

26.1. Dortmund<br />

27.1. Bremen<br />

29.1. Bielefeld<br />

30.1. Köln<br />

31.1. Ulm<br />

1.2. Stuttgart<br />

3.2. Mannheim<br />

4.2. Karlsruhe<br />

5.2. Offenbach a. M.<br />

7.2. Leipzig<br />

8.2. München<br />

10.2. Berlin<br />

Tori Amos<br />

25.10. Frankfurt<br />

31.10. Essen<br />

b<br />

Beatsteaks<br />

7.11. Osnabrück<br />

8.11. Lübeck<br />

11.11. Trier<br />

12.11. Siegen<br />

14.11. Oldenburg<br />

15.11. rostock<br />

17.11. Zwickau<br />

19.11. Freiburg<br />

22.11. Heilbronn<br />

23.11. Würzburg<br />

27.11. Fürth<br />

29.11. Magdeburg<br />

30.11. cottbus<br />

2.12. Köln<br />

3.12. Göttingen<br />

5.12. Braunschweig<br />

7.12. Essen<br />

9.12. Berlin<br />

The BossHoss<br />

9.3. Oberhausen<br />

10.3. Leipzig<br />

16.3. München<br />

23.3. Hamburg<br />

24.3. Berling<br />

30.3. Stuttgart<br />

31.3. Offenbach<br />

Bush<br />

5.11. Hamburg<br />

7.11. Berlin<br />

8.11. Köln<br />

10.11. München<br />

c<br />

Tony Christie<br />

1.2. Heilbronn<br />

2.2. Bonn<br />

4.2. Fellbach<br />

5.2. Berlin<br />

46<br />

7.2. Frankfurt<br />

8.2. Hamburg<br />

Coldplay<br />

15.12. Köln<br />

20.12. Frankfurt<br />

21.12. Berlin<br />

Elvis Costello<br />

7.11. Berlin<br />

Crosby & Nash<br />

20.10. Essen<br />

27.10. Niedernhausen<br />

d<br />

Joy Denalane<br />

3.11. Köln<br />

5.11. München<br />

6.11. Berlin<br />

7.11. Hamburg<br />

9.11. Nürnberg<br />

The Dubliners<br />

1.11. München<br />

2.11. Nürnberg<br />

3.11. Stuttgart<br />

5.11. Dortmund<br />

6.11. Göttingen<br />

8.11. Dresden<br />

10.11. Braunschweig<br />

11.11. Berlin<br />

23.11. Hannover<br />

25.11. Bielefeld<br />

26.11. Aurich<br />

28.11. Lübeck<br />

30.11. Bremen<br />

2.12. Flensburg<br />

3.12. Hamburg<br />

e<br />

Elbow<br />

7.11. Köln<br />

8.11. München<br />

10.11. Berlin<br />

Erasure<br />

8.11.<br />

11.11.<br />

12.11.<br />

14.11.<br />

Evanescene<br />

17.11. Offenbach a. M.<br />

18.11. Düsseldorf<br />

20.11. Berlin<br />

21.11. München<br />

f<br />

Die Fantastischen<br />

Vier<br />

13.12. Münster<br />

14.12. Düsseldorf<br />

16.12. Leipzig<br />

17.12. Braunschweig<br />

18.12. Augsburg<br />

21.12. regensburg<br />

22.12. Stuttgart<br />

Peter Frampton<br />

21.11. Berlin<br />

22.11. Mainz<br />

Jean Michel Jarre<br />

Sein Vater Maurice Jarre war mit Musik für<br />

Schmonzetten wie „Doktor Schiwago“ oder „Law-<br />

rence von Arabien“ berühmt geworden. Dem Sohn<br />

stand aber der Sinn nach ganz anderer Musik. Sein<br />

Orchester holte sich der Technik-Freak aus den<br />

frühen Synthesizern, zumeist wandschrankgroßen<br />

Ungetümen, die aber ein neues Klang-Universum<br />

erschlossen. Als dann 1976 „Oxygène“ erschien, war<br />

es geschehen. Jean Michel Jarre war der erste Pop-<br />

star der elektronischen Musik, allen Kraftwerkern<br />

zum Trotz, ein Magier der Sound-Spektakel, zu de-<br />

nen bald auch aufwändige Light-Shows kamen.<br />

Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Die<br />

Konzerte, die der inzwischen 63jährige Meister des<br />

Synthetischen gibt, sind Multimedia-Ereignisse mit<br />

hohem Unterhaltungswert und Anfang November<br />

in zehn deutschen Städten zu erleben.<br />

Tournee in Deutschland vom 31.10. bis 19.11.2011,<br />

Weitere Infos unter www.jeanmicheljarre.com<br />

g<br />

Marla Glen<br />

7.11. Aschaffenburg<br />

8.11. Köln<br />

9.11. Hamburg<br />

10.11. ratingen<br />

Guano Apes<br />

21.10. München<br />

28.1. Stuttgart<br />

29.1. Mannheim<br />

8.2. Hannover<br />

Wise Guys<br />

21.10. Bonn<br />

22.11. Hannover<br />

26.11. Bochum<br />

17.12. Essen<br />

20.1. Limburg<br />

11.2. Mannheim<br />

12.2. Mannheim<br />

1.6. Saarbrücken<br />

20.6. Lübeck<br />

21.6. Lübeck<br />

22.6. Flensburg<br />

30.6. Köln<br />

8.9. Dresden<br />

13.9. Leverkusen<br />

12.12. Leipzig<br />

13.12. Halle<br />

19.12. Kiel<br />

i<br />

In Flames<br />

21.11. Ludwigsburg<br />

22.11. Offenbach a. M.<br />

23.11. München<br />

25.11. Oberhausen<br />

Incubus<br />

19.11. Köln<br />

22.11. München<br />

27.11. Frankfurt<br />

j<br />

Jean Michel Jarre<br />

31.10. Frankfurt<br />

1.11. Hannover<br />

3.11. Hamburg<br />

4.11. Dortmund<br />

5.11. Köln<br />

7.11. Dresden<br />

8.11. Berlin<br />

9.11. Erfurt<br />

10.11. Trier<br />

19.11. München<br />

Jennifer Rostock<br />

29.10. München<br />

30.10. Nürnberg<br />

1.11. Stuttgart<br />

3.11. Bremen<br />

4.11. Dresden<br />

5.11. Erfurt<br />

6.11. Hannover<br />

9.11. Osnabrück<br />

11.11. Hamburg<br />

12.11. Leipzig<br />

14.11. Saarbrücken<br />

15.11. Mannheim<br />

16.11. Köln<br />

18.11. Kiel<br />

19.11. Magdeburg<br />

20.11. Berlin<br />

Jon Lord Blues<br />

Project<br />

15.11. regenstauf<br />

17.11. Berlin<br />

18.11. Hamburg<br />

19.11. Isernhagen<br />

20.11. Bochum<br />

Cowboy Junkies<br />

3.11. Hamburg<br />

4.11. Hannover<br />

5.11. Berlin<br />

k<br />

K.I.Z.<br />

10.11. Hamburg<br />

11.11. Flensburg<br />

12.11. Dresden<br />

22.11. Nürnberg<br />

23.11. Saarbrücken<br />

25.11. Bremen<br />

26.11. Dortmund<br />

Paul Kalkbrenner<br />

29.10. Neubrandenb.<br />

25.11. Frankfurt<br />

2.12. München<br />

16.12. Berlin<br />

The Kooks<br />

28.10. Ludwigsburg<br />

30.10. Offenbach a. M.<br />

31.10. München<br />

1.11. Düsseldorf<br />

3.11. Hamburg<br />

5.11. Berlin<br />

Lenny Kravitz<br />

2.11. Düsseldorf<br />

4.11. Hamburg<br />

5.11. Mannheim<br />

7.11. Berlin<br />

23.11. München<br />

l<br />

LaBrassBanda<br />

1.11. Erfurt<br />

2.11. Leipzig<br />

3.11. Dresden<br />

4.11. Berlin<br />

7.11. Dortmund<br />

8.11. Köln<br />

9.11. Frankfurt<br />

10.11. Freiburg<br />

2.12. regensburg<br />

4.12. München<br />

Annett Louisan<br />

25.10. Leipzig<br />

26.10. Kassel<br />

27.10. Bremen<br />

29.10. Karlsruhe<br />

30.10. Stuttgart<br />

31.10. Frankfurt<br />

2.11. Düsseldorf<br />

4.11. Hannover<br />

5.11. Erfurt<br />

6.11. Magdeburg<br />

8.11. Essen<br />

9.11. Saarbrücken<br />

10.11. Mannheim<br />

11.11. Nürnberg<br />

23.11. Dresden<br />

25.11. Bamberg<br />

28.11. Kiel<br />

29.11. Lübeck<br />

30.11. Braunschweig<br />

2.12. rostock<br />

3.12. Stade<br />

4.12. Oldenburg<br />

5.12. Hamburg<br />

7.12. Münster<br />

m<br />

Söhne Mannheims<br />

10.11. Frankfurt<br />

11.11. Hannover<br />

12.11. Leipzig<br />

14.11. Berlin<br />

15.11. Hamburg<br />

18.11. München<br />

21.11. Köln<br />

22.11. Oberhausen<br />

25.11. Mannheim<br />

Bob Dylan & Mark<br />

Knopfer<br />

26.10. München<br />

27.10. Leipzig<br />

29.10. Berlin<br />

31.10. Hamburg<br />

6.11. Hannover<br />

Ina Müller & Band<br />

11.11. Würzburg<br />

12.11. Ilsenburg<br />

18.11. Magdeburg<br />

19.11. Göttingen<br />

20.11. Kassel<br />

25.11. Fürth<br />

27.11. Bamberg<br />

1.12. Bremerhaven<br />

2.12. Kiel<br />

3.12. Hannover<br />

9.12. Bremen<br />

10.12. Flensburg<br />

11.12. Braunschweig<br />

15.12. Hamburg<br />

16.12. Hamburg<br />

George Michael -<br />

Symphonica<br />

9.11. Oberhausen<br />

15.11. Berlin<br />

17.11. München<br />

19.11. Frankfurt<br />

Milow<br />

25.10. Bamberg<br />

27.10. Düsseldorf<br />

28.10. Bielefeld<br />

29.10. Hamburg<br />

31.10. Berlin


3.11. Hannover<br />

4.11. Leipzig<br />

5.11. Bremen<br />

6.11. Flensburg<br />

11.12. Kempten<br />

12.12. München<br />

13.12. Dresden<br />

n<br />

Heather Nova<br />

9.11. Berlin<br />

11.11. Leipzig<br />

13.11. Bielefeld<br />

14.11. Köln<br />

22.11. Stuttgart<br />

r<br />

Rea Garvey, Xavier<br />

Naidoo, Sasha & Michael<br />

Mittermeier<br />

12.12. Dresden<br />

13.12. Dresden<br />

Achim Reichel<br />

3.11. Neuruppin<br />

4.11. Berlin<br />

Tok Tok Tok<br />

7.11. rostock<br />

8.11. Hamburg<br />

11.11. rheine<br />

12.11. Mülheim an der<br />

ruhr<br />

13.11. Witten<br />

15.11. Mainz<br />

16.11. Wolfenbüttel<br />

17.11. Kiel<br />

Rihanna<br />

25.10. München<br />

26.10. Frankfurt<br />

4.11. Hannover<br />

5.11. Leipzig<br />

8.11. Köln<br />

4.12. Hamburg<br />

Roxette<br />

11.10. München<br />

13.10. Hannover<br />

14.10. Halle/Westfalen<br />

16.10. Mannheim<br />

17.10. Stuttgart<br />

19.10. Oberhausen<br />

24.10. Berlin<br />

25.10. Hamburg<br />

27.10. Nürnberg<br />

Ist es noch Pop oder schon Pop, was Tok Tok Tok<br />

spielen? Während sich die Experten streiten, macht<br />

die Band um Sängerin Tokunbo Akinro und den<br />

Saxofonisten und Gitarristen Morten Klein Karriere.<br />

Gerade ist das Album „Was heisst das denn?“<br />

(BHM/ZYX) erschienen, ein Schritt in eine neue<br />

richtung. Denn diesmal sind alle Stücke auf<br />

deutsch geschrieben. Ansonsten aber bleiben sich<br />

Tok Tok Tok musikalisch treu und verpacken ihre Lieder<br />

in eine soulig funky swingenden Mischung flockiger<br />

Klänge. Damit stehen sie Ende November in<br />

ausgewählten deutschen Städten auf der Bühne –<br />

sonniger Sound gegen herbstliche Stimmungen.<br />

Konzerte vom 24.11. bis 3.12.2011, mehr unter<br />

www.toktoktok.de<br />

s<br />

Sade<br />

15.11. Leipzig<br />

16.11. Mannheim<br />

19.11. Dortmund<br />

Saga & Marrilion<br />

11.11. München<br />

12.11. Würzburg<br />

14.11. Münster<br />

15.11. Offenbach<br />

16.11. Mannheim<br />

18.11. Stuttgart<br />

19.11. Idar-Oberstein<br />

20.11. Köln<br />

22.11. Berlin<br />

24.11. Hamburg<br />

25.11. Mühlheim<br />

Helge Schneider<br />

21.10. Frankfurt<br />

22.10. Bamberg<br />

23.10. Mainz<br />

The Smashing<br />

Pumpkins<br />

21.11. Bremen<br />

23.11. Berlin<br />

24.11. Köln<br />

25.11. Offenbach a. M.<br />

27.11. München<br />

w<br />

John Watts<br />

6.11. Ubach-Palenberg<br />

7.11. Osnabrück<br />

8.11. Wuppertal<br />

9.11. Braunschweig<br />

10.11. Bremen<br />

12.11. Ubach-Palenberg<br />

13.11. Darmstadt<br />

14.11. Nürnberg<br />

Wilco<br />

8.11. Frankfurt<br />

9.11. München<br />

12.11. Berlin<br />

Kim Wilde<br />

7.3. Mainz<br />

8.3. Trier<br />

9.3. Köln<br />

10.3. Bremerhaven<br />

12.3. Nürnberg<br />

y<br />

Yes<br />

29.11. Dresden<br />

30.11. Stuttgart<br />

1.12. Oberhausen<br />

3.12. München<br />

4.12. Bielefeld<br />

z<br />

Zucchero<br />

3.11. Leipzig<br />

5.11. Nürnberg<br />

6.11. Frankfurt<br />

TOUrNEEN KL A SSIK<br />

Lisa Batiashvili<br />

Der Kollege vom Londoner The Guardian<br />

war unlängst schwer begeistert.<br />

„Lisa Batiashvili ist auf dem Podium<br />

so energiegeladen und charismatisch,<br />

eine Geigerin mit ungeheurem<br />

Potenzial und der künstlerischen<br />

Alle Tourneedaten<br />

fortlaufend aktualisiert<br />

und mit<br />

genauen Ortsangaben<br />

finden Sie unter<br />

sonomagazin.de<br />

b<br />

Joshua Bell<br />

27.11. Berlin<br />

Kolja Blacher<br />

23.11. Nienburg an<br />

der Weser<br />

2.12. Berlin<br />

15.12. Landshut<br />

16.12. Neumarkt<br />

18.12. Viersen<br />

Lisa Batiashvili<br />

3.11. Bremen<br />

8.11. Stuttgart<br />

9.11. Köln<br />

18.11. Schweinfurt<br />

19.11. Bamberg<br />

Khatia Buniatishvili<br />

29.11. Berlin<br />

2.12. Stuttgart<br />

9.12. Mainz<br />

10.12. Aschaffenburg<br />

c<br />

Cuarteto Casals<br />

17.11. Köln<br />

Ray Chen<br />

11.1. Elmau<br />

13.1. Elmau<br />

15.1. Gütersloh<br />

Trio di Clarone<br />

7.12. Ludwigshafen<br />

d<br />

Xavier de Maistre<br />

13.11. Hannover<br />

14.11. Köln<br />

15.11. Frankfurt<br />

17.11. Bietigheim-<br />

Bissingen<br />

18.11. Dortmund<br />

19.11. Münster<br />

23.11. Berlin<br />

e<br />

Quatuor Ébène<br />

3.12. Schweinfurt<br />

4.12. Neuss<br />

f<br />

Isabelle Faust<br />

25.10. Bad reichenhall<br />

Nelson Freire<br />

26.10. Düsseldorf<br />

g<br />

Sol Gabetta<br />

30.10. Berlin<br />

Elīna Garanča<br />

19.12. Berlin<br />

22.12. Berlin<br />

Christian Gerhaher<br />

14.11. Hamburg<br />

23.11. Herzogenaurach<br />

25.11. Freiburg<br />

27.11. Baden-Baden<br />

Neugier, um es auch zu verwirklichen“,<br />

gab er im Anschluss an ein<br />

Konzert der Newcomerin aus Tiflis<br />

zu Protokoll und brachte damit die<br />

Euphorie, die Lisa Batiashvili derzeit<br />

umgibt auf den Punkt. Dabei gehört<br />

sie nicht einmal zu denen, die zum<br />

Einstand vor allem Gefälliges spielen,<br />

sondern hat unlängst mit „Echoes Of<br />

Time“ (DG/Universal) ein durchaus<br />

eigenwilliges Debüt mit Klangerinnerungen<br />

an ihre georgische Heimat<br />

vorgelegt. Aber sie ist eben eine<br />

charismatische Gestalt und das hilft,<br />

um Musik eine überzeugende Kraft<br />

zu verleihen.<br />

Konzerte vom 3.11. bis zum 20.11.,<br />

mehr unter www.lisa-batiashvili.com<br />

Vadim Gluzman<br />

17.11. Leipzig<br />

18.11. Leipzig<br />

25.12. Dresden<br />

26.12. Dresden<br />

Vittorio Grigolo<br />

30.12. Berlin<br />

3.1. Berlin<br />

h<br />

Hilary Hahn<br />

23.11. Bielefeld<br />

Nikolaus<br />

Harnoncourt<br />

28.10. Berlin<br />

29.10. Berlin<br />

j<br />

René Jacobs<br />

3.11. Köln<br />

20.11. Berlin<br />

k<br />

Milos Karadaglic<br />

2.12. Berlin<br />

3.12. Hamburg<br />

5.12. Düsseldorf<br />

6.12. Bielefeld<br />

7.12. Münster<br />

9.12. Köln<br />

10.12. Frankfurt<br />

Vesselina Kasarova<br />

2.12. München<br />

5.12. München<br />

Nigel Kennedy<br />

1.11. Leipzig<br />

2.11. Stuttgart<br />

47


3.11. München<br />

5.11. Freiburg<br />

6.11. Hannover<br />

8.11. Düsseldorf<br />

9.11. Bielefeld<br />

10.11. Hamburg<br />

12.11. Nürnberg<br />

13.11. Berlin<br />

14.11. Dresden<br />

16.11. Dortmund<br />

17.11. regensburg<br />

18.11. Baden-Baden<br />

20.11. Mannheim<br />

21.11. Aachen<br />

23.11. Bremen<br />

24.11. Köln<br />

26.11. Kassel<br />

28.11. Essen<br />

29.11. Saarbrücken<br />

30.11. Frankfurt<br />

Simone Kermes<br />

1.11. Baden-Baden<br />

5.11. Berlin<br />

Gidon Kremer<br />

18.11. Neuhardenberg<br />

20.11. Frankfurt a. M.<br />

m<br />

Daniel Müller-<br />

Schott<br />

7.11. Würzburg<br />

30.11. Duisburg<br />

1.12. Duisburg<br />

9.12. Stuttgart<br />

o<br />

David Orlowsky<br />

30.10. Bremen<br />

31.10. Frankfurt<br />

1.11. Stuttgart<br />

3.11. Dresden<br />

9.11. Ulm<br />

10.11. Augsburg<br />

11.11. Erlangen<br />

12.11. Freiburg<br />

15.11. Heidelberg<br />

16.11. Köln<br />

18.11. Güglingen<br />

19.11. Heilbronn<br />

20.11. Neuenstadt<br />

23.11. Stuttgart<br />

29.11. Halle (Saale)<br />

Alice Sara Ott<br />

23.10. Pforzheim<br />

3.11. Bremen<br />

6.11. Düsseldorf<br />

7.11. Düsseldorf<br />

20.11. Mönchengladb.<br />

25.11. München<br />

30.11. Stuttgart<br />

4.12. Berlin<br />

p<br />

Murray Perahia<br />

7.12. Berlin<br />

Maurizio Pollini<br />

14.11. Berlin<br />

22.11. München<br />

48<br />

q<br />

Emerson String<br />

Quartet<br />

4.11. Bonn<br />

5.11. Hamburg<br />

10.11. Frankfurt a. M.<br />

Artemis Quartett<br />

21.11. Berlin<br />

29.11. München<br />

2.12. Oldenburg<br />

Hagen Quartett<br />

21.11. Bremen<br />

22.11. Hamburg<br />

s<br />

Fazıl Say<br />

15.11. Stuttgart<br />

Martin Stadtfeld<br />

5.11. Leipzig<br />

10.11. Baden-Baden<br />

11.11. Köln<br />

13.11. Flensburg<br />

14.11. Eckernförde<br />

17.11. Berlin<br />

18.11. Mainz<br />

t<br />

Nikolai Tokarev<br />

18.11. Berlin<br />

19.11. Berlin<br />

20.11. Dortmund<br />

21.11. Hamburg<br />

22.11. Düsseldorf<br />

23.11. Köln<br />

v<br />

Jan Vogler<br />

9.11. Hildesheim<br />

11.11. Mannheim<br />

w<br />

Carolin Widmann<br />

29.10. Stuttgart<br />

16.11. Freiburg<br />

21.11. Freiburg<br />

Ingolf Wunder<br />

31.10. Hamburg<br />

21.11. Berlin<br />

23.11. Münster<br />

25.11. Bielefeld<br />

27.11. Oldenburg<br />

29.11. Hannover<br />

y<br />

Quatuor Ysaÿe<br />

14.12. Erlangen<br />

17.12. Hamburg<br />

z<br />

Christian Zacharias<br />

7.11. Neuss<br />

TOUrNEEN JA Z Z & WO rLD<br />

Alle Tourneedaten<br />

fortlaufend aktualisiert<br />

und mit<br />

genauen Ortsangaben<br />

finden Sie unter<br />

sonomagazin.de<br />

b<br />

Rebekka Bakken<br />

11.11. Essen<br />

12.11. Mannheim<br />

13.11. Mainz<br />

15.11. Köln<br />

16.11. Oldenburg<br />

17.11. Hamburg<br />

18.11. Berlin<br />

19.11. Kiel<br />

22.11. Erlangen<br />

23.11. Hannover<br />

2.2. München<br />

3.2. Karlsruhe<br />

4.2. Stuttgart<br />

19.4. Lübeck<br />

20.4. Worpswede<br />

21.4. Hamm<br />

22.4. Nürnberg<br />

24.4. Bonn<br />

25.4. Magdeburg<br />

26.4. Halle<br />

27.4. Potsdam<br />

28.4. Dresden<br />

29.4. Helmbrechts<br />

Till Brönner<br />

22.10. München<br />

1.12. Hannover<br />

c<br />

Cyminology<br />

15.10. Neuhardenberg<br />

24.11. Kassel<br />

25.11. Bremen<br />

26.11. Kiel<br />

9.12. Penzberg<br />

10.12. Nürnberg<br />

4.12. Bielefeld<br />

d<br />

Barbara Dennerlein<br />

27.1. Kleve<br />

1.3. Bad Hamm<br />

11.3. Halle<br />

e<br />

Echoes Of Swing<br />

6.11. Duisburg<br />

g<br />

Jan Garbarek &<br />

Hilliard Ensemble<br />

14.10. Osnabrück<br />

16.10. Bremen<br />

18.10. Pirmasens<br />

7.11. München<br />

8.11. Augsburg<br />

9.11. Würzburg<br />

Jan Garbarek & Hilliard<br />

Ensemble<br />

Als vor 17 Jahren das Album „Officium“ erschien,<br />

konnte keiner ahnen, was für eine Welle der Zustimmung<br />

dem Experiment folgen sollte. Aber die<br />

Verbindung von frühneuzeitlicher Vokalmusik und<br />

improvisierendem Saxofon traf auf anhaltenden<br />

resonanz, so dass Jan Garbarek und das Hilliard<br />

Ensemble damit inzwischen nahezu überall auf<br />

der Welt zu Gast waren. Im vergangenen Jahr nun<br />

wurde das Projekt mit „Officium Novum“ (EcM/<br />

UNiversal) fortgesetzt und um Klangeinflüsse erweitert,<br />

deren Blick ostwärts in richtung Armenien<br />

zu dem Komponisten Komitas Vardapet schweift.<br />

Die Grundhaltung ist geblieben, nur das repertoire<br />

ist noch vielfältiger geworden. Im November sind<br />

Jan Garbarek und das Hilliard Ensemble wieder in<br />

Deutschland zu Gast. Ein Klassiker der Konzertwelt.<br />

Tournee vom 7.11. bis 11.12. 2011, Infos unter<br />

www.bremme-hohensee.de<br />

10.11. Nürnberg<br />

12.11. Hamm<br />

13.11. Essen<br />

15.11. Dortmund<br />

11.12. Stuttgart<br />

Hubert von Goisern<br />

23.1. Lörrach<br />

24.1. Kaiserslautern<br />

3.2. Landshut<br />

5.2. Karlsruhe<br />

6.2. Stuttgart<br />

7.2. Frankfurt<br />

8.2. Leipzig<br />

10.2. Dresden<br />

11.2. Magdeburg<br />

12.2. Erfurt<br />

10.3. Köln<br />

11.3. Hannover<br />

12.3. Berlin<br />

13.3. Bielefeld<br />

15.3. Hamburg<br />

16.3. Bremen<br />

17.3. Mühlheim an<br />

der ruhr<br />

13.4. Passau<br />

18.4. Nürnberg<br />

19.4. Mannheim<br />

20.4. regensburg<br />

21.4. München<br />

20.7. Losheim am See<br />

h<br />

The Harlem Gospel<br />

Singers Show<br />

25.12. Stuttgart<br />

26.12. Mannheim<br />

2.1. Köln<br />

3.1. Köln<br />

5.1. Essen<br />

6.1. Düsseldorf<br />

7.1. Düsseldorf<br />

13.1. Dortmund<br />

14.1. Dortmund<br />

16.1. Hamburg<br />

25.1. Frankfurt a. M.<br />

26.1. Frankfurt a. M.<br />

Julia Hülsmann Trio<br />

27.10. Gelsenkirchen<br />

29.10. Hameln<br />

2.3. Emsdetten<br />

17.3. Schweinfurt<br />

30.3. Schwäbisch Hall<br />

9.5. Hamburg<br />

12.5. Donaueschingen<br />

i<br />

Irish Folk Festival<br />

19.10. Kleinostheim<br />

20.10. Mainz<br />

21.10. München<br />

22.10. Landsberg<br />

23.10. Stuttgart<br />

30.10. Karlsruhe<br />

31.10. Unna<br />

1.11. Hamburg<br />

2.11. Buchholz<br />

3.11. Oldenburg<br />

4.11. Worpswede<br />

6.11. Schwedt<br />

7.11. Leipzig<br />

8.11. Dresden<br />

9.11. Görlitz<br />

10.11. Berlin<br />

11.11. Neubrandenburg<br />

12.11. rostock<br />

13.11. Bremerhaven<br />

14.11. Düsseldorf<br />

16.11. Hannover<br />

17.11. Nordhorn<br />

18.11. Kreuztal<br />

Vijay Iyer<br />

17.10. Koblenz<br />

20.10. Dortmund<br />

26.10. Innsbruck<br />

27.10. Salzburg<br />

28.10. Hamburg<br />

7.11. Leverkusen<br />

15.12. Singen<br />

26.1. Kassel<br />

27.1. Dornbirn<br />

28.1. Basel<br />

20.4. Neuburg/Donau<br />

k<br />

Rolf & Joachim<br />

Kühn Quintet<br />

29.10. Frankfurt<br />

4.11. Schorndorf<br />

5.11. Bayreuth<br />

6.12. Hamburg<br />

9.12. Darmstadt<br />

12.1. Düsseldorf<br />

3.3. Dessau<br />

l<br />

Charles Lloyd<br />

6.11. Berlin


m<br />

Max Raabe & Das<br />

Palast Orchester<br />

18.10. rosenheim<br />

8.11. Erfurt<br />

9.11. Gera<br />

10.11. cottbus<br />

11.11. Magdeburg<br />

23.11. Hamburg<br />

24.11. Münster<br />

26.11. Niedernhausen<br />

27.11. Darmstadt<br />

28.11. Mannheim<br />

29.11. Aschaffenburg<br />

30.11. Würzburg<br />

2.12. Kassel<br />

10.12. Kulmbach<br />

11.12. Leipzig<br />

Rudresh Mahanthappa<br />

25.10. Tübingen<br />

26.10. Bamberg<br />

27.10. Köln<br />

I Muvrini<br />

15.11. Ludwigsburg<br />

16.11. München<br />

18.11. Düsseldorf<br />

19.11. Hamburg<br />

Tingvall Trio<br />

21.11. Erfurt<br />

22.11. Dresden<br />

23.11. Berlin<br />

25.11. Mainz<br />

Mo’ Blow<br />

23.10. Greifswald<br />

5.11. Wolfsburg<br />

11.11. Dresden<br />

18.11. Jena<br />

r<br />

Céline Rudolph<br />

9.11. München<br />

12.11. Halle (Saale)<br />

14.11. Dresden<br />

7.2. Augsburg<br />

10.2. Lörrach<br />

s<br />

Ryuichi Sakamoto<br />

6.11. Dortmund<br />

Diknu Schneeberger<br />

Trio<br />

2.12. Sulzbachrosenberg<br />

21.1. Kirchheim/Teck<br />

Ein Schwede, ein Kubaner, ein Deutscher treffen<br />

sich in der Hamburger Szene und heraus kommt<br />

ein Trio, das die heimische Jazzwelt aufmischt. Nun<br />

machen der Pianist Martin Tingvall und seine Kumpels<br />

nichts wirklich Neues. Aber sie bringen die Idee<br />

des Klaviertrios derart gekonnt auf den Punkt, dass<br />

sie nicht nur das Publikum, sondern auch die connaisseure<br />

des Fachs überzeugen, die dem Tingvall<br />

Trio beispielsweise den Echo Jazz 2010 überreicht<br />

haben. Das aktuelle Kapitel ihrer Klangstreifzüge<br />

durch die nordisch geprägten Soundlandschaften<br />

heißt „Vägen“ (Skip/Soulfood) und ist auch die<br />

Grundlage des Live-Programm, mit dem die Musiker<br />

von Ende Oktober bis hinein in den Dezember<br />

auf deutschen Bühne Station machen.<br />

Konzerte vom 27.10. bis zum 8.12., mehr Info unter<br />

www.sonomagazin.de<br />

Karl Seglem<br />

11.11. ravensburg<br />

12.11. Herrenwies<br />

13.11. Münster<br />

14.11. Berlin<br />

15.11. Zehdenick<br />

16.11. Marburg<br />

17.11. Gotha<br />

18.11. Altenburg<br />

19.11. Helbedündorf<br />

t<br />

Tomasz Stanko<br />

3.11. Berlin<br />

26.4. Dortmund<br />

27.4. Neuburg<br />

Tingvall Trio<br />

3.11. Aalen<br />

4.11. Ingolstadt<br />

5.11. Neuwied<br />

6.11. Dresden<br />

7.11. Leverkusen<br />

12.11. Burghausen<br />

13.11. Freiburg<br />

15.11. München<br />

23.11. Berlin<br />

8.12. Hamburg<br />

19.1. Bremen<br />

21.1. Kassel<br />

24.1. Augsburg<br />

27.1. Offenburg<br />

30.3. St. Ingbert<br />

TOK TOK TOK<br />

24.11. Aschaffenburg<br />

29.11. Wiesbaden<br />

1.12. Freiburg<br />

2.12.11 Tübingen<br />

3.12.11 Jena<br />

Trombone Shorty<br />

29.11. Bremen<br />

1.12. Karlsruhe<br />

2.12. Erlangen<br />

3.12. Köln<br />

5.12. Stuttgart<br />

6.12. Mannheim<br />

7.12. München<br />

8.12. Berlin<br />

9.12. Hamburg<br />

Olivia Trummer<br />

15.10. Esslingen<br />

3.11. Ingolstadt<br />

17.12. Hamburg<br />

27.12. Bad Kissingen<br />

v<br />

Colin Vallon Trio<br />

29.10. Ludwigshafen<br />

15.11. Elmau<br />

w<br />

Bugge Wesseltoft<br />

27.11. Neuharden-<br />

berg<br />

30.11. Bochum<br />

2.12. Heidelberg<br />

Lizz Wright<br />

5.11. Berlin<br />

6.11. BIX Jazzcclub<br />

Badi Assad, Ottobrunn<br />

Man darf nicht immer auf die Ärzte<br />

hören. Denn hätte sich Badi Assad<br />

an das gehalten, was ihr die Spezialisten<br />

vor einen guten Jahrzehnt<br />

erzählt haben, dann hätte sie ihre<br />

Musikerlaufbahn knicken können.<br />

Denn jene meinten angesichts einer<br />

Nervenerkrankung an den Händen,<br />

sie würde nie mehr Gitarre spielen<br />

können. Tatsächlich legte Badi Assad<br />

das Instrument, mit dem die<br />

Schwester der beiden renommierten<br />

Gitarren-Gurus Sergio und Odair Assad<br />

zuvor innerhalb weniger Jahre<br />

den Sprung in die erste Musik-Liga<br />

geschafft hatte, zwei Jahre lang<br />

zur Seite und konzentrierte sich auf<br />

Gesang und Percussion. Dann aber,<br />

Stück für Stück, eroberte sie sich die<br />

Kompetenz an den Saiten zurück,<br />

und kann daher als besonderer Gast<br />

der Ottobrunner Konzerte gelassener<br />

und zugleich bewusster spielen, als<br />

ihr das früher möglich gewesen wäre.<br />

„Man kann sein Schicksal als Opfer<br />

verstehen,“ meint sie im Gespräch,<br />

„dann ist alles vorbei. Man kann es<br />

aber auch als Herausforderung se-<br />

Ein Hauch von<br />

Bra silien auf der<br />

Bühne: Badi Assad<br />

B L I c K Z U r ü c K :<br />

Der Dschungel von Assad<br />

hen und dann geht es immer weiter.“<br />

So massiert sich Badi Assad auf der<br />

Bühne zwar zwischendurch die Arme,<br />

präsentiert aber ein vielschichtiges<br />

Panoptikum der Stileinflüsse auf der<br />

Basis der Klangtraditionen ihrer brasilianischen<br />

Heimat. Die Klassik hat<br />

sie weitgehend hinter sich gelassen,<br />

dafür kommen Vorbilder wie caetano<br />

Veloso oder auch die Eurithmics<br />

ins Spiel, deren Lieder und Ideen sie<br />

geschickt in die eigene Songwelt integriert.<br />

Manches verblüfft wie die<br />

Mundpercussion, die sie gleichzeitig<br />

zum Gesang erzeugen kann, oder wie<br />

die mit einem Drumstick präparierte<br />

Gitarre, die auf einmal wie eine Mischung<br />

aus Koto und Kalimba klingt.<br />

Vor allem aber stellt Badi Assad sich<br />

als faszinierende rhythmikerin und<br />

musikalische Poetin vor, deren Lieder<br />

etwas von der Intensität haben,<br />

die viele Menschen suchen. So war<br />

das Konzert von Ottobrunn, gespielt<br />

in einem wild wuchernden Bühnendschungel<br />

aus Palmen und exotischen<br />

Dekorationen, einer dieser leisen,<br />

feinen Momenten, der weit über den<br />

Klangalltag hinausreicht.<br />

Ralf Dombrowski<br />

49


der Promih ö rer<br />

50<br />

Kai Meyer<br />

Kai Meyer ist einer der erfolgreichsten<br />

Romanautoren Deutschlands.<br />

Mit „Arkadien fällt“ (Carlsen) hat<br />

er soeben seine Gestaltwandlertrilogie<br />

fertig gestellt. Und er liebt<br />

musikalisch Opulentes.<br />

Welche Platte haben<br />

Sie sich als erste selbst<br />

gekauft?<br />

Im Anschluss an die<br />

Sozialisierung mit Hörspielplatten:<br />

„The Black<br />

Hole“, den Soundtrack<br />

von John Barry.<br />

Welches Instrument<br />

haben Sie gelernt?<br />

Keines. Leider. Trotz<br />

der üblichen elterlichen<br />

Mahnung.<br />

Was war ihr bisher<br />

eindrucksvollstes Kon-<br />

zerterlebnis?<br />

IQ im Londoner Marquee.<br />

Sind Sie auch<br />

mal selbst<br />

als Musiker<br />

aufgetreten?<br />

Mit Musikern,<br />

aber<br />

nicht<br />

als Musiker.<br />

Was singen<br />

sie unter der<br />

Dusche?<br />

Ich pfeife<br />

kunstvolle<br />

Eigenkompositionen.<br />

Mit wel -<br />

chen Songs<br />

bringt man<br />

sie auf die<br />

Tanzfläche?<br />

Mit keinem.<br />

Und mit welchen<br />

wieder herunter?<br />

Viel zu vielen.<br />

Mit welcher Platte<br />

testen Sie die Belastbarkeit<br />

ihrer Boxen?<br />

Metal aller Art.<br />

Was läuft bei Ihnen zum<br />

Sonntagsbrunch?<br />

Das Radio.<br />

Wessen Stimme könnten<br />

Sie ewig lauschen?<br />

Lisa Gerrard<br />

Der beste Soundtrack<br />

zum Joggen:<br />

„Conan the Barbarian“<br />

von Basil Poledouris.<br />

Schreibt sich auch gut<br />

dabei.<br />

Welche Musik haben<br />

Sie sich als letztes<br />

gekauft?<br />

„Ego Anthem“ von<br />

Tracedawn<br />

Bei welcher Musik bekommen<br />

Sie Ganzkörperausschlag?<br />

Obwohl ich Prog-Rock-<br />

Fan bin: Yes. Geht für<br />

mich so was von gar<br />

nicht.<br />

Ihr Album für die einsame<br />

Insel:<br />

„The Serpent’s Egg“ von<br />

Dead Can Dance.<br />

erscheinungstermin der nächsten Ausgabe: 1. dezember 2011


Ilja Richter präsentiert<br />

“Licht aus,<br />

Spot an!”<br />

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