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Keith jarrett - SONO

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<strong>Keith</strong> Jarre t t<br />

Das Rio-Erlebnis<br />

Eigentlich wäre Bach an der Reihe gewesen. Und auch<br />

ein Album im bewährten Trio steht auf der Warteliste.<br />

Aber dann spielte <strong>Keith</strong> Jarrett ein Konzert in Rio de<br />

Janeiro und war selbst so fasziniert, dass er alles andere<br />

vertagte. Von ralf Dombrowski<br />

Es sollte eine kleine Tournee im vergangenen<br />

Frühjahr werden. Drei Termine<br />

in Südamerika, São Paulo, Rio<br />

de Janeiro und Buenos Aires, drei der raren<br />

Solokonzerte, die <strong>Keith</strong> Jarrett selbst streng<br />

kontingentiert, um nicht in eine Routine der<br />

Gestaltung zu verfallen. Für die Fans in Brasilien<br />

war das eine Sensation, schließlich<br />

hatten sie mehr als zwei Jahrzehnte warten<br />

müssen, bis der anspruchsvolle Pianist zum<br />

überhaupt erst zweiten Mal in ihrem Land<br />

gastierte. Jarrett selbst hatte das Gefühl, dass<br />

er noch einen Koffer in Brasilien hatte, und<br />

so waren die Voraussetzungen gut für ein<br />

paar außergewöhnliche Konzertgastspiele.<br />

São Paulo klappte gut, Buenos Aires auch,<br />

aber der Abend in Rio de Janeiro fiel aus dem<br />

Rahmen. „Ich hatte zuvor nicht wirklich eine<br />

Vorstellung davon, was das bedeuten sollte,<br />

aber dann war mir klar: Dieses Konzert ist<br />

es!“ meint <strong>Keith</strong> Jarrett in der Rückschau.<br />

„Alles, was ich in Rio gespielt habe, ist improvisiert<br />

und es führt schlicht kein Weg dorthin,<br />

zu diesem speziellen musikalischen Platz ein<br />

zweites Mal zurückzufinden, nicht in einem<br />

anderen Land, nicht in einem anderen Saal,<br />

mit einem anderen Publikum oder in einer anderen<br />

Nacht.“<br />

Der magische Moment<br />

Es ist das Mysterium des Spontanen und es<br />

führte dazu, dass der Pianist sich in Rio auf<br />

ungewohnt streng gegliederte Weise in Form<br />

spielte. Wo er früher große Bögen spannte,<br />

indem er lange Passagen oft aus einem initialen<br />

Motiv entwickelte, es in Farben, Formen,<br />

Dynamiken variierte und mit kontrastiven<br />

Elementen konfrontierte, bevorzugte er in<br />

Rio einzelne Stücke, 15 improvisierte Albumblätter,<br />

die er jedes für sich sich emphatisch<br />

6<br />

entfalten ließ, um sie in einem Fluss der<br />

Energien am Ende wieder zusammenzuführen.<br />

<strong>Keith</strong> Jarrett betont, dass er beim Spielen<br />

selbst nicht wusste, was er tat, am Ende aber<br />

ein Konzert formte, das alles hatte, was er sich<br />

als Künstler wünschte. Denn die Aufnahme<br />

aus Rio fühle sich auch aus der Distanz noch<br />

gut an, „ jazzig, ernsthaft, sanft, spielerisch,<br />

warm, ökonomisch, energetisch, leidenschaftlich<br />

und mit der brasilianischen Kultur auf<br />

einzigartige Weise verknüpft. Der Sound in<br />

der Halle war exzellent und ebenso das enthusiastische<br />

Publikum.“<br />

Ganz bei sich und bei der Kunst: Der junge<br />

<strong>Keith</strong> Jarrett definiert das Solo-Konzert<br />

„Ich hatte zuvor<br />

nicht wirklich eine<br />

Vorstellung davon,<br />

was das bedeuten<br />

sollte, aber dann<br />

war mir klar: Dieses<br />

Konzert ist es!“<br />

Ein Glücksfall also und doch auch das<br />

Ergebnis langjähriger Erfahrung. Denn Jarrett<br />

gehört zu den Mitbegründern des kammerjazzigen<br />

Solokonzerts, das er in der stilistischen<br />

Phase der Verinnerlichung im<br />

Anschluss an den extrovertierten freien und<br />

den lümmelig lärmenden Jazz entwickelt<br />

hatte. Viele Entwicklungsstränge liefen damals<br />

in den frühen 70er Jahren zusammen,<br />

zum einen das Bedürfnis nach einer neuen<br />

Individualität und Privatheit der Musik,<br />

nachdem man sie jahrelang in den Dienst

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