Keith jarrett - SONO
Keith jarrett - SONO
Keith jarrett - SONO
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Musik für erwachsene Hörer<br />
<strong>Keith</strong><br />
<strong>jarrett</strong><br />
Solo in rio und die<br />
Magie des Moments<br />
Ian Anderson<br />
„Das alles macht<br />
mich immer<br />
noch wütend!“<br />
w w w. sonomaga z i n .d e<br />
Anoushka<br />
Shankar<br />
Eine Sitar auf dem<br />
Weg nach Spanien<br />
NOV. / DeZ. 2011 8 0.0 0 0 exe m p la re<br />
Roger Cicero<br />
Mehr Soul im<br />
Swing – die<br />
„Männersachen“<br />
geben Gas<br />
Außerdem: George Benson, U2,<br />
Peter Gabriel, Michel Godard u. a.<br />
Und immer: CD-Besprechungen<br />
und Tourneedaten aus<br />
Pop, Rock, Klassik und Jazz!
The<br />
Real Jazz<br />
Is Back!<br />
Archie Shepp Alice Coltrane McCoy Tyner Coleman<br />
Hawkins <strong>Keith</strong> Jarrett Charles Mingus Duke<br />
Ellington Chico Hamilton Pharoah Sanders<br />
Paul Gonsalves Howard Roberts Albert Ayler<br />
Freddie Hubbard Michael White Sonny Rollins Milt<br />
Jackson Oliver Nelson Ahmad Jamal Clark Terry<br />
Hank Jones Art Blakey Gabor Szabo Mel Brown<br />
Sonny Stitt Marion Brown Curtis Fuller Steve Allen<br />
Elvin Jones Sonny Criss Shirley Scott John Handy<br />
Zum fünfzigsten Jubiläum des Kultlabels:<br />
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JAZZ-KLASSIKER<br />
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Weihnachtsbaum Platz freihalten!<br />
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Saxophonisten ab: “Expression”, “Live at the Village Vanguard Again!”, “Om”,<br />
“Cosmic Music”, “Selfl essness”, “Live in Seattle”, “Sun Ship”, “Transition”, “Infi nity”<br />
und “Live in Japan”.<br />
Der swingendste schwarze<br />
Kasten aller Zeiten! Alle zwanzig<br />
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inh alt<br />
Zunächst das Wetter: Golden<br />
scheint die herbstsonne durch<br />
das Münchner Redaktionsfenster,<br />
ein prächtiger altweibersommer.<br />
Dann die Stimmung: ist auch ganz<br />
gut, denn die musikalische Saison wartet mit<br />
vielen Prominenten und noch mehr Künstlern auf,<br />
die endlich entdeckt werden wollen. Da heißt es,<br />
eine auswahl treffen: alte Recken und junges Blut,<br />
klas sischer Jazz und modernes Entertainment,<br />
Weltmusik und Kammerklänge, alles unter einem<br />
Dach. Und dazu so manches Schmankerl, das<br />
über diesen horizont hinausreicht. lassen sie sich<br />
also ruhig zum Schmökern verführen. Denn wenn<br />
uns das gelingt, haben wir unsere Mission erfüllt!<br />
Ralf Dombrowski<br />
Chefredakteur SOnO<br />
t r ailer<br />
News aus der Welt der Musik 4<br />
l e serp ost/ iMpre ssUM<br />
Lob, Kritik und Wissenswertes 5<br />
In Rio spielte <strong>Keith</strong> Jarrett eines<br />
der Konzerte seines Lebens 6<br />
Jethro Tulls ian anderson denkt<br />
an die Kirche und an „Aqualung“ 8<br />
entertainment ist eine Kunst<br />
finden Alsmann, Cicero, Tukur 10<br />
Der Grübler peter Gabriel feilt<br />
weiter am Gesamtkunstwerk 12<br />
Diesmal singt George Benson<br />
kaum, greift dafür in die Saiten 14<br />
n eUe Gesi chter<br />
Irma, Alexander von Hagke,<br />
Duo Gazzana 15<br />
Berlin hatte für U2 die nötige<br />
Frischzellenkur parat 16<br />
Vergesst die Stones! Die stadionrocker<br />
Coldplay, Kings of Leon<br />
RHCP machen das Rennen 18<br />
Als camille Mutter wurde,<br />
klang plötzlich alles anders 20<br />
d ie sono - liste<br />
Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“<br />
im neuen Gewand 22<br />
Jazz trifft bei Michel Godard,<br />
auf Alte Musik und die<br />
Ideen Monteverdis 24<br />
Das radio.string.quartet.vienna<br />
schürft bei Freud und Dali,<br />
ein traumhaftes Projekt 26<br />
In anoushka shankas Welt<br />
lernt die Sitar spanisch 28<br />
c d - r e z e n si o n e n r o c K , p o p & co.<br />
Jeff Bridges, theo Bleckmann, Superheavy,<br />
Udo lindenberg, John Watts u.a. 30<br />
c d - r e z e n si o n e n K l a s siK<br />
Daniel Barenboim, hélène Grimaud, Sharon<br />
isbin, David Orlowsky, David Garrett u.a. 34<br />
c d - re z e n si o n e n Ja z z & wo r l d<br />
Malcolm Braff, Chick Corea, Brad Mehldau<br />
Rudresh Mahanthappa, Stefano Bollani u.a. 36<br />
s c h at z t r U h e<br />
neue Boxsets, Serien und Sampler 38<br />
M e d i a M i x<br />
neue Bücher, Spiele und DVDs 42<br />
t o U r n e e n p o p<br />
tony Christie, Bob Dylan, Jean Michel Jarre,<br />
ina Müller, Saga, tok tok tok, Wilco, u.a. 46<br />
t o U r n e e n K l a s siK<br />
lisa Batiashvili, nigel Kennedy, alice Sara<br />
Ott, Martin Stadtfeld, ingolf Wunder u.a. 48<br />
t o U r n e e n Ja z z<br />
Jan Garbarek, tringvall trio u.a.<br />
Rückblick: Badi assad 49<br />
p r o M i - h ö r e r -s t e c K B rief<br />
Fantasy-autor Kai Meyer 50<br />
E x K l U S i V F ü R a B O n n E n t E n :<br />
16 seiten s o n o p l Us<br />
10 camille<br />
8 Michel Godard<br />
10 stadionrocker<br />
14 radio.string.<br />
quartet.<br />
vienna<br />
3
TRAIleR<br />
Björk ist die Zukunft, R.E.M. schon Vergangenheit. Die eine feilt am<br />
eigenen Musik-App, die anderen haben vorerst die Segel gestrichen.<br />
Während Modesignerin Stella McCartney gerne Modells betrachtet,<br />
hat Papa Paul in new york Spaß bei den Proben zu seinem Ballett.<br />
Die Feuilletons haben geweint.<br />
Denn R.E.M. haben<br />
sich aufgelöst, und<br />
damit ging für manchen Redakteur<br />
ein „kleines Wunder der<br />
Pop-Geschichte“ (Süddeutsche<br />
Zeitung) zu Ende. Michael Stipe,<br />
Sänger und Vordenker der<br />
US-amerikanischen Edelrocker,<br />
nahm es allerdings gelassen. „Wie<br />
ein weiser Mann einmal sagte: Die<br />
Kunst ist es zu wissen, wann es Zeit<br />
ist, die Party zu verlassen“, gab er<br />
zu Protokoll und verwies darauf,<br />
dass 31 Jahre und 15 Alben mit einer<br />
Band genug seien. Man trenne<br />
sich in Freundschaft, hieß es<br />
weiter, und wer noch einmal die<br />
ganze Pracht des R.E.M.-Sounds<br />
genießen wolle, der könne ja zum<br />
frisch kompilierten Abschieds-<br />
Best-Of-Album „Part Lies, Part<br />
Heart, Part Truth, Part Garbage,<br />
1982–2001“ greifen. There’s no biz<br />
like showbiz!<br />
PAul MCCARtnEy hat ein Ballett<br />
geschrieben. Es heißt „Ocean’s<br />
Kingdom“ und ist das erste Werk<br />
4<br />
des Liverpoolers für die Welt des<br />
Tanzes. Den Auftrag dazu gab<br />
das New York City Ballet, das<br />
sich auch um die Uraufführung<br />
am 22. September in New York<br />
kümmerte. Gerade einmal zwei<br />
Monate soll McCartney für die<br />
Entwürfe gebraucht haben, die<br />
er dann zusammen mit dem<br />
Dirigenten John Wilson in eine<br />
Orchesterpartitur verwandelte<br />
und dem Leiter des New York City<br />
Ballet für die Bühne präsentierte.<br />
Die Kostüme übrigens designte<br />
McCartney-Tochter StEllA, die<br />
in diesen Tagen auch sonst viel zu<br />
tun hatte. Schließlich wollte Papas<br />
dritte Ehefrau Nancy Shevell,<br />
die der Ex-Beatle am 9.Oktober in<br />
London geheiratet hat, ebenfalls<br />
im schicken Kostüm antreten.<br />
Jamie Oliver hat ihn schon erhalten<br />
und auch Robin Gibb. Und<br />
Prince Charles. So befindet sich<br />
CliFF RiChARD in guter Gesellschaft,<br />
wenn er am 4. November<br />
in Düsseldorf den Ehrenpreis des<br />
Deutschen Nachhaltigkeitspreises<br />
überreicht bekommt. Der Künstler<br />
und Entertainer, der nicht zuletzt<br />
wegen seines humanitären Engagements<br />
von Queen Elizabeth II<br />
in den Adelsstand erhoben wurde,<br />
wird damit unter anderem für<br />
die weitreichende Unterstützung<br />
geehrt, die er wohltätigen Organisationen<br />
zukommen lässt. Allerdings<br />
wäre es nicht wirklich<br />
D i e z a h l<br />
30,1 %<br />
der Fernsehzuschauer hätten gerne<br />
Helge Schneider als neuen Tatort-<br />
Kommissar im Ruhrpott. In einer<br />
repräsentativen Umfrage des Medienportals<br />
Blickpunkt:Film konnte<br />
der Komödiant und Querdenker<br />
sich knapp vor Armin Rohde (27,9<br />
Prozent) platzieren. Andere Musikerkollegen<br />
blieben wie Marius Müller-<br />
Westernhagen (10,3 Prozent) und<br />
Herbert Grönemeyer (6,6 Prozent)<br />
weit abgeschlagen in der Gunst der<br />
Krimi-Freunde.<br />
Christoph Schlingensiefs Operndorf<br />
in Burkina Faso wächst<br />
und wächst. Sir Cliff Richard (l.)<br />
hilft gerne und singt am liebsten<br />
Souliges.<br />
nachhaltig, wenn Cliff Richard<br />
angesichts der Gala nicht auch<br />
einen Teil des Programms von<br />
„Soulicious – The Soul Album“<br />
vorstellen würde. Apropos Nachhaltigkeit:<br />
Die Sängerin Björk, Islands<br />
Königin der Illusion, hat ihr<br />
neues Album „Biophilia“ zuerst<br />
nur als App veröffentlicht. Denn<br />
das Virtuelle macht weniger Müll,<br />
vielleicht aber auch nicht so viel<br />
Spaß. Deshalb kam die CD dann<br />
doch noch hinterher.<br />
Es war einer der Träume des<br />
im vergangenen Jahr gestorbenen<br />
Theaterpioniers ChRiStOPh<br />
SChlingEnSiEF: ein Operndorf<br />
in Burkina Faso, ganz real und<br />
zugleich eine „soziale Plastik“.<br />
Am 8.Oktober nun wurde diese<br />
Vision ein wenig mehr zur Wirklichkeit.<br />
Denn da öffnete die vom<br />
Architekten Francis Kéré entworfene<br />
Dorfschule ihre Pforten. Und<br />
auch sonst wird eifrig weiter gearbeitet,<br />
wie etwa in der vom Goethe-Institut<br />
geförderten „Dodo<br />
Opera Connection“, in der der<br />
Theateraktivist Wilfried Bambara<br />
Künstler und über 70 Jugendliche<br />
der umliegenden Dörfer in Tanz-<br />
und Gesangsprojekte integriert.<br />
Das Operndorf wächst.<br />
Foto: Corbijn
leSeRP oST<br />
Mehr junges Blut<br />
Betrifft: SoNo allgemein<br />
Erst ein Kompliment:<br />
Sie machen ein wirklich<br />
schönes Heft! Dann<br />
auch Kritik: Warum<br />
kommen so wenig jüngere<br />
Rockthemen vor?<br />
Ich bin zwar aus dem<br />
Hitparadenalter raus.<br />
Aber das heißt ja nicht, dass ich<br />
nicht noch was Neues entdecken<br />
möchte. Also nur Mut zu jungem<br />
Blut!<br />
Heinz Beierlein, per eMail<br />
Swingt ordentlich<br />
Betrifft: SoNoplus<br />
Manche brauchen dafür ein ganzes<br />
Buch, aber der Beilage vom<br />
letzten <strong>SONO</strong> Heft ist es gelungen,<br />
die Geschichte des Swings wirklich<br />
spannend und unterhaltsam<br />
auf wenigen Seiten darzustellen.<br />
Ich habe das mit viel Vergnügen<br />
gelesen!<br />
Friedemann Strate, Essen.<br />
Der Blender<br />
Betrifft: Nigel Kennedy<br />
in SoNo 4/11<br />
Also, ich will ja nicht<br />
meckern, aber Nigel<br />
Kennedy ist nun<br />
wirklich ein Blender.<br />
Mir kommt er vor wie<br />
ein Geiger, der nicht<br />
übt, und deshalb alles<br />
Mögliche spielt. Da hätte man<br />
ihm ruhig mal ein bisschen auf<br />
den Zahn fühlen können!<br />
Annemarie Liephold, Potsdam<br />
Sehr ehrlich<br />
Betrifft: Chris Rea in SoNo 4/11<br />
Ich war sehr beeindruckt, wie<br />
selbstverständlich Chris Rea<br />
in ihrem Interview über seine<br />
Krankheit und den Tod geredet<br />
hat. Solche Themen werden bei<br />
Künstlern in der Öffentlichkeit<br />
von den Hochglanzblätter ja oft<br />
verschwiegen. Dabei machen sie<br />
sie erst richtig menschlich.<br />
Klaus Heinemann, Trittau<br />
Projekt1:Layout 1 13.10.2011 11:54 am Seite 1<br />
Echt der hammer<br />
Betrifft: Sono-liste in SoNo 3/11<br />
Ihre <strong>SONO</strong>-Liste ist ein echtes<br />
Schmankerl! Dass da auch mal<br />
so Leute vorkommen wie Joni<br />
Mitchell , die ja sonst gerne bei all<br />
den Lady Gagas vergessen werden!<br />
Ich habe mir jedenfalls gleich<br />
mal ein paar von diesen Tipps bestellt<br />
und Joni Mitchell, Joe Jackson<br />
und Steve Hackett sind echt<br />
der Hammer. Freue mich schon<br />
auf die nächste Liste!<br />
Anselm Schuster, per eMail<br />
i h r e m e i n u n g<br />
ist uns wichtig!<br />
Haben Sie Fragen, Kritik, Anregun-<br />
gen oder ergänzungen zu den<br />
Artikeln in SoNo? Dann schreiben<br />
Sie uns – die Redaktion freut<br />
sich auf ihr Feedback unter post@<br />
sonomagazin.de oder per Post<br />
an Inmedia, Redaktion SoNo, lucile-<br />
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Verlag: I N M e D I A Verlagsund<br />
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herausgeber: Günter F. Bereiter<br />
Redaktion: Ralf Dombrowski<br />
(r.dombrowski@inmedia.de,<br />
Tel. 0 89 / 45 72 61-41)<br />
Autoren dieser Ausgabe:<br />
Guido Fischer, Sascha Fröhlich,<br />
Raoul Gulbenkian, Paul Hammerthal,<br />
Wolf Kampmann, Jörg laumann,<br />
Reinhard lemelle, Felix Marondel,<br />
Gunther Matejka, Christiane<br />
Rebmann, Christian Stolberg,<br />
Steffen Rüth, Hans-Jürgen Schaal,<br />
Robert Wallner<br />
Bildredaktion: Fritz osskar<br />
termine: Michael Sailer<br />
Design: Arndt Knieper<br />
Produktion: Viola Müller-Hergerdt<br />
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(m.kumpe@inmedia.de,<br />
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Tel. 0 89 / 45 72 61-45)<br />
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86167 Augsburg<br />
SOnO erscheint sechsmal jährlich
<strong>Keith</strong> Jarre t t<br />
Das Rio-Erlebnis<br />
Eigentlich wäre Bach an der Reihe gewesen. Und auch<br />
ein Album im bewährten Trio steht auf der Warteliste.<br />
Aber dann spielte <strong>Keith</strong> Jarrett ein Konzert in Rio de<br />
Janeiro und war selbst so fasziniert, dass er alles andere<br />
vertagte. Von ralf Dombrowski<br />
Es sollte eine kleine Tournee im vergangenen<br />
Frühjahr werden. Drei Termine<br />
in Südamerika, São Paulo, Rio<br />
de Janeiro und Buenos Aires, drei der raren<br />
Solokonzerte, die <strong>Keith</strong> Jarrett selbst streng<br />
kontingentiert, um nicht in eine Routine der<br />
Gestaltung zu verfallen. Für die Fans in Brasilien<br />
war das eine Sensation, schließlich<br />
hatten sie mehr als zwei Jahrzehnte warten<br />
müssen, bis der anspruchsvolle Pianist zum<br />
überhaupt erst zweiten Mal in ihrem Land<br />
gastierte. Jarrett selbst hatte das Gefühl, dass<br />
er noch einen Koffer in Brasilien hatte, und<br />
so waren die Voraussetzungen gut für ein<br />
paar außergewöhnliche Konzertgastspiele.<br />
São Paulo klappte gut, Buenos Aires auch,<br />
aber der Abend in Rio de Janeiro fiel aus dem<br />
Rahmen. „Ich hatte zuvor nicht wirklich eine<br />
Vorstellung davon, was das bedeuten sollte,<br />
aber dann war mir klar: Dieses Konzert ist<br />
es!“ meint <strong>Keith</strong> Jarrett in der Rückschau.<br />
„Alles, was ich in Rio gespielt habe, ist improvisiert<br />
und es führt schlicht kein Weg dorthin,<br />
zu diesem speziellen musikalischen Platz ein<br />
zweites Mal zurückzufinden, nicht in einem<br />
anderen Land, nicht in einem anderen Saal,<br />
mit einem anderen Publikum oder in einer anderen<br />
Nacht.“<br />
Der magische Moment<br />
Es ist das Mysterium des Spontanen und es<br />
führte dazu, dass der Pianist sich in Rio auf<br />
ungewohnt streng gegliederte Weise in Form<br />
spielte. Wo er früher große Bögen spannte,<br />
indem er lange Passagen oft aus einem initialen<br />
Motiv entwickelte, es in Farben, Formen,<br />
Dynamiken variierte und mit kontrastiven<br />
Elementen konfrontierte, bevorzugte er in<br />
Rio einzelne Stücke, 15 improvisierte Albumblätter,<br />
die er jedes für sich sich emphatisch<br />
6<br />
entfalten ließ, um sie in einem Fluss der<br />
Energien am Ende wieder zusammenzuführen.<br />
<strong>Keith</strong> Jarrett betont, dass er beim Spielen<br />
selbst nicht wusste, was er tat, am Ende aber<br />
ein Konzert formte, das alles hatte, was er sich<br />
als Künstler wünschte. Denn die Aufnahme<br />
aus Rio fühle sich auch aus der Distanz noch<br />
gut an, „ jazzig, ernsthaft, sanft, spielerisch,<br />
warm, ökonomisch, energetisch, leidenschaftlich<br />
und mit der brasilianischen Kultur auf<br />
einzigartige Weise verknüpft. Der Sound in<br />
der Halle war exzellent und ebenso das enthusiastische<br />
Publikum.“<br />
Ganz bei sich und bei der Kunst: Der junge<br />
<strong>Keith</strong> Jarrett definiert das Solo-Konzert<br />
„Ich hatte zuvor<br />
nicht wirklich eine<br />
Vorstellung davon,<br />
was das bedeuten<br />
sollte, aber dann<br />
war mir klar: Dieses<br />
Konzert ist es!“<br />
Ein Glücksfall also und doch auch das<br />
Ergebnis langjähriger Erfahrung. Denn Jarrett<br />
gehört zu den Mitbegründern des kammerjazzigen<br />
Solokonzerts, das er in der stilistischen<br />
Phase der Verinnerlichung im<br />
Anschluss an den extrovertierten freien und<br />
den lümmelig lärmenden Jazz entwickelt<br />
hatte. Viele Entwicklungsstränge liefen damals<br />
in den frühen 70er Jahren zusammen,<br />
zum einen das Bedürfnis nach einer neuen<br />
Individualität und Privatheit der Musik,<br />
nachdem man sie jahrelang in den Dienst
des Poltischen, Engagierten, Öffentlichen<br />
gestellt hatte. Ein bisschen Genietypus durfte<br />
ruhig auch dabei sein, die Absetzung vom<br />
Diktat des Afroamerikanischen, die Idee des<br />
Konzertanten, des Hochkulturellen, letztlich<br />
eine Abkehr von den Werten des überhitzten<br />
vorangegangenen Jahrzehnts, das mit dem<br />
offensichtlich scheiternden Vietnamkrieg,<br />
den unheilvollen Prophezeiungen des Club<br />
of Rome von den Grenzen des Wachstums die<br />
Bedürfnisse der Menschen nach Ruhe, Einkehr,<br />
Bedeutung multiplizierte.<br />
Zufriedenheit ist harte Arbeit. <strong>Keith</strong> Jarrett<br />
stellt hohe Ansprüche an sein Publikum,<br />
aber auch an sich selbst. Das Los des Genies.<br />
Die Möglichkeiten rasant sich verbessernder<br />
Aufnahme- und Wiedergabetechniken<br />
trafen damals auf den jungen Produzenten<br />
Manfred Eicher, der diese Notwendigkeiten<br />
erkannte, und auf den ebenfalls noch<br />
jungen, überaus begabten <strong>Keith</strong> Jarrett, der<br />
nach dem rasanten Aufstieg in Bands von<br />
Charles Lloyd bis Miles Davis nach einer veränderten,<br />
eigenen Identität suchte. Mit einer<br />
Prise Romantik im auditiven Cortex startete<br />
er eine ganze Reihe von Solokonzerten, traf<br />
damit auf eine Empathie des Publikums, das<br />
sich diesen Klangreisen verbunden fühlte,<br />
und schuf vor allem mit dem pathostrunkenen<br />
Kölner Konzert vom 24.Januar 1975 einen<br />
Monolithen der künstlerischen Selbstoffenbarung,<br />
der weit über die engen Kreise der<br />
improvisierenden Musik hinaus die Menschen<br />
bei der Emotion packte.<br />
Ein lebenslanges Projekt<br />
Seitdem kehrt <strong>Keith</strong> Jarrett in verschiedenen<br />
Näherungen alternierend mit der Arbeit im<br />
Trio zu den Soloprojekten zurück und erforscht<br />
die Dimensionen des Konzepts aus<br />
T h e K ö l n Co n C e rT<br />
Dauerbrenner des Spontanen<br />
Das Konzert, das <strong>Keith</strong> Jarrett<br />
am 24. Januar 1975 in der<br />
Kölner Oper spielte, war ein<br />
Glücksgriff. Zwar hatte der<br />
Pianist bereits in Lausanne,<br />
Bremen und andernorts<br />
seine improvisationen präsentiert. Manchem<br />
Spezialisten gelten die aufnahmen dieser abende<br />
als die eigentlichen Sternstunden jener Solojahre.<br />
in Köln jedoch brachte Jarrett seine künstlerische<br />
idee so pfiffig auf den Punkt, das ihn im anschluss<br />
daran auch das große Publikum ins herz schloss.<br />
wechselnden Perspektiven, noch immer<br />
streng dem Dogma des Spontanen folgend,<br />
bis hin eben zu dem Abend in Rio, den er in<br />
einer Dramaturgie der Kontraste von impressionistischen<br />
Flächen und bluesigen Exkursen,<br />
balladenhaften und gospelig-funkigen,<br />
weit schweifenden und kompakt verdichtenden<br />
Kapiteln fließen ließ. Es ist diese Vielfalt<br />
der improvisierten Angebote, versöhnlich im<br />
Impetus und von einem aufbrausend enthusiastischen<br />
Publikum begleitet, das „Rio“ eine<br />
besondere Atmosphäre verleiht und auch als<br />
Livedokument mit einer Aura des Besonderen<br />
umgibt. Und den Künstler rundum zufrieden<br />
macht.<br />
Neu: Das Doppelalbum „rio“ (eCM/Universal)<br />
mit dem Live-Mitschnitt des spektakulären<br />
Konzerts erscheint am 4.November.<br />
7
Je thro t ull<br />
„Das alles macht mich<br />
immer noch wütend!“<br />
Mit „Aqualung“ überschritten Jethro Tull die Schwelle zum<br />
Erfolg. Jetzt wird der Album-Klassiker wiederveröffentlicht,<br />
aufwendig restauriert in neuer klingender Pracht. Band-<br />
leader Ian Anderson erinnert sich im Gespräch mit <strong>SONO</strong><br />
an dessen schwere Geburt. Interview: Christian Stolberg<br />
Ian, dies ist nicht die erste<br />
8<br />
Anniversary-Edition von<br />
„Aqualung“ – zum 25. gab’s<br />
auch schon eine. Was bedeuten<br />
Ihnen selbst diese Jubiläen?<br />
Mir persönlich sind sie im Grunde<br />
ziemlich egal. Die Plattenfirmen<br />
nutzen sie natürlich, um<br />
ältere Titel wieder in Umlauf zu<br />
bringen. Die neue „Aqualung“-<br />
Edition hat aber auch für mich<br />
persönlich besondere Reize, weil<br />
wir dank der neuen Technologien<br />
endlich den Klang hingebracht<br />
haben, der mir seinerzeit schon<br />
bei der Aufnahme vorschwebte.<br />
Damals mussten wir aus rein<br />
technischen Gründen eine Reihe<br />
von Kompromissen machen, die<br />
mir überhaupt nicht behagt haben.<br />
In den neuen Mixen klingt<br />
das alles um Welten besser.<br />
Was für Erinnerungen kommen in<br />
Ihnen hoch, wenn Sie diese Songs<br />
nun wieder hören?<br />
Offen gestanden keine so besonders<br />
erfreulichen, obwohl ich<br />
auf dieses Album sehr stolz bin.<br />
Aber es war keine leichte Geburt:<br />
Die Räume waren feucht<br />
und kalt, die Akustik im Studio<br />
ziemlich unbefriedigend. Ich<br />
hatte bald einen satten Schnupfen,<br />
und die Band brauchte lange,<br />
bis sie unter diesen Umständen<br />
Clown mit<br />
Tiefgang: Ian<br />
Anderson<br />
spart nicht mit<br />
klaren Worten<br />
das gewisse Feeling in der Musik<br />
fand, das ich haben wollte.<br />
„Aqualung“ ist zwar kein Kon-<br />
zeptalbum, aber es hat doch ein<br />
eindeutiges und durchaus unge-<br />
wöhnliches Zentralthema: Ihre<br />
Auseinandersetzung mit der or-<br />
ganisierten Religion. War das von<br />
vorneherein so geplant?<br />
Nein, aber es war unvermeidlich<br />
– denn das waren Dinge, die mir<br />
damals ständig durch den Kopf<br />
gingen. Ich hatte sehr widerstreitende<br />
Gefühle und Gedanken,<br />
was das Christentum anbetraf,<br />
und sie verwirrten mich, so ähn-<br />
Foto: Corbis
lich wie die widersprüchlichen<br />
Emotionen in der Pubertät einen<br />
umtreiben. Mir ist eigentlich<br />
auch erst im Nachhinein klar geworden,<br />
wie sehr das Album von<br />
diesen Themen geprägt ist. Viele<br />
Leute behaupten ja bis heute, es<br />
sei ein Konzeptalbum, aber das<br />
ist schlicht nicht wahr!<br />
„Wir haben dank<br />
der neuen Technologien<br />
endlich<br />
den Klang hingebracht,<br />
der mir<br />
seinerzeit schon<br />
bei der Aufnahme<br />
vorschwebte“<br />
Wie stehen Sie 40 Jahre später<br />
zu dem, was der 24jährige Ian<br />
damals über die Anglikanische<br />
Kirche von sich gegeben hat?<br />
Gut, ich habe heute nicht nur<br />
deutlich weniger Haare auf dem<br />
Kopf, sondern auch ein paar<br />
Flausen weniger im Sinn. Aber<br />
in den wesentlichen Punkten hat<br />
sich meine Meinung nicht geändert.<br />
Ich war ja kein Teenie damals,<br />
sondern immerhin schon<br />
Jethro Tull schminkten sich alt,<br />
als alle jung sein wollten. Ian<br />
Anderson (r.) ist noch immer<br />
der Derwisch der Rockflöte.<br />
ein junger Erwachsener, der alt<br />
genug war, um Auto fahren zu<br />
dürfen und bei Bedarf in den<br />
Krieg geschickt zu werden. Auch<br />
heute noch finde ich vieles an den<br />
Amtskirchen haarsträubend: die<br />
Überalterung ihres Führungspersonals,<br />
dass bei Anglikanern<br />
und Katholiken Frauen noch immer<br />
vom Klerus ausgeschlossen<br />
sind und so weiter und so fort.<br />
Das alles macht mich immer<br />
noch wütend. Andererseits sollten<br />
wir nie vergessen, wie sehr<br />
unsere Geschichte von den Kirchen<br />
geprägt ist. Und so laut ich<br />
vieles kritisiere, so wichtig ist es<br />
mir, etwa durch Benefizkonzerte<br />
meinen Beitrag zu leisten, um<br />
alte Kirchenbauten zu erhalten.<br />
Trotzdem: Der Reformbedarf in<br />
den Kirchen ist gewaltig!<br />
War Ihnen klar, als sie „Locomotive<br />
Breath“ fertig komponiert hatten,<br />
dass da etwas Besonderes im<br />
Entstehen war, dass dieser Song<br />
ein Klassiker werden könnte?<br />
Ich war schon sehr zufrieden mit<br />
dem Song, den späteren Hit habe<br />
ich aber nicht gerochen, auch<br />
weil er in meiner ursprünglichen<br />
Vision ruhiger und fast<br />
rein akustisch instrumentiert<br />
war. Übrigens war es damals<br />
auch nur in Deutschland und<br />
im Vereinigten Königreich so,<br />
dass „Locomotive Breath“ das<br />
Zugpferd von „Aqualung“ wurde.<br />
Die Amerikaner fuhren erst<br />
mehr auf „Crosseyed Mary“ ab,<br />
und in Italien und Spanien war<br />
„My God“ sehr populär.<br />
„Aqualung“ war das Album, das<br />
für Jethro Tull den endgültigen<br />
Durchbruch in Stadiondimensionen<br />
brachte. Hat Sie das über-<br />
rascht, angesichts der schweren<br />
Thematik?<br />
Wir haben das erst gar nicht so<br />
mitbekommen, weil es sich auch<br />
nicht über Nacht vollzogen hat,<br />
sondern nach und nach passierte.<br />
„Aqualung“ war ein „Slowburner“,<br />
wie wir das in England<br />
nannten.<br />
Sie spielen einige der Songs ja<br />
auch noch heute noch in Ihren<br />
Konzerten. Wie fühlt sich das für<br />
Sie an nach 40 Jahren?<br />
In aller Bescheidenheit: Die Substanz<br />
der Songs ist doch immerhin<br />
so gut, dass man sie in immer<br />
wieder neuen, anders akzentuierten<br />
Arrangements spielen<br />
kann. Und das hält sie dann auch<br />
für mich frisch.<br />
Neu erscheint:am 28. oktober<br />
Jethro tulls „Aqualung“ (eMI) als<br />
remasterte Doppel-CD-edition<br />
und als 40th Anniversary Deluxe<br />
edition mit einer 180g-lP, zwei<br />
CDs, jeweils einer Audio-DVD und<br />
Audio-Blu-ray inkl. unveröffentlichtem<br />
Material, verschiedenen<br />
Mixen und einem 48seitigen<br />
hardcover-Booklet.<br />
9<br />
Officium Novum<br />
Jan Garbarek<br />
and the<br />
Hilliard Ensemble<br />
07.11. MÜNCHEN<br />
Lukaskirche<br />
08.11. AUGSBURG<br />
Heilig Kreuz<br />
Kirche<br />
09. 09.11. WÜRZBURG<br />
Johanniskirche<br />
10.11. NÜRNBERG<br />
G. Adolf Kirche<br />
12.11. HAMM<br />
Pauluskirche<br />
13.11. ESSEN<br />
Ev. Kirche<br />
Katernberg<br />
11.12. STUTTGART<br />
Markuskirche<br />
info: 06221 25672<br />
www. bremme-hohensee.de<br />
16.11.<br />
KÖLN Philharmonie<br />
23.11.<br />
ZÜRICH Neumünster<br />
02.12.<br />
WIEN Konzerthaus<br />
03.12.<br />
MÜNCHEN<br />
Herkulessaal<br />
04.12.<br />
HALLE Oper<br />
07.12.<br />
HANNOVER Markuskirche<br />
08.12.<br />
HEIDELBERG<br />
Heilig Geist<br />
Kirche<br />
info: 06221 25672<br />
www. bremme-hohensee.de<br />
Das neue Album
CiCero · Al smAnn · T ukur<br />
That’s Entertainment!<br />
Dezent fing es in der 90ern mit Künstlern<br />
wie Max Raabe an. Inzwischen hat deutsches<br />
Entertainment auch jenseits des Schlagermarktes<br />
wieder Konjunktur. Ein Seitenblick auf drei<br />
Protagonisten dieses Musikherbstes. Von ralf Dombrowski<br />
Vor fünf Jahren ging es für Roger Cicero<br />
richtig los. „Männersachen“ wurde<br />
veröffentlicht, ein Album, das aus<br />
der Rückschau wirkt, als wäre es genau für<br />
ein verändertes Bedürfnis erwachsener Hörer<br />
konzipiert worden, die angesichts rasant<br />
sich beschleunigender Download-Beliebigkeit<br />
ein wenig Originales mit einem Hauch<br />
von Nabelschau und der nötigen Portion machistischer<br />
Larmoyanz zum selbstkritischen<br />
Beschmunzeln suchten. „Tatsächlich war das<br />
für mich ein Experiment“, erinnert sich der<br />
Sänger und Entertainer aus heutiger Sicht.<br />
„Zuvor hatte ich mich immer irgendwie in den<br />
Dienst von anderen gestellt. Das wollte ich<br />
nicht mehr, sondern an meiner eigenen Karriere<br />
basteln. Und so stand schnell die Idee im<br />
Raum, ob ich es mal mit deutschsprachigem<br />
Swing versuchen sollte. Nun waren bereits andere<br />
Pioniere wie Götz Alsmann an der Grenze<br />
von Swing und Pop unterwegs, aber das war<br />
ein anderer Sound, Chanson-Schlager-Jazz-<br />
Swing der 20er bis 40er. Wir wollten eher den<br />
typischen Big-Band-Swing, da hatte ich auch<br />
schon etwas Erfahrung. Dieser Mischung aus<br />
großer Band, Swing, Pop und etwas Soul sind<br />
wir dann über drei Alben hinweg treu geblieben.<br />
Diese vier Zutaten sind weiterhin im<br />
Topf, wurden aber für „In diesem Moment“<br />
neu vermengt und mit einer anderen Kelle<br />
verrührt.“ Außerdem wurden ein paar neue<br />
Köche hinzugefügt. Kiko Masbaum, bekannt<br />
unter anderem von seiner Arbeit mit Unhei-<br />
Mit „Männersachen“ gegen den Rest der<br />
Popwelt: Der Big-Band-Swing hat Roger<br />
Cicero in die großen Hallen geführt. Nun<br />
ist er „In diesem Moment“ angekommen.<br />
10<br />
lig, stieß als Produzent zum Team, versierte<br />
Arrangeure wurden gewonnen, „um den Big-<br />
Band-Sound ein wenig aufzubrechen“. Der<br />
neue Roger Cicero ist also ein bisschen noch<br />
der alte, vor allem in der Tendenz, seine Texte<br />
pointiert, aber nicht zu exaltiert zu gestalten.<br />
Ansonsten dominieren Soul und Pop im<br />
orchestralen Gewand, präsent gemischt und<br />
durchaus mehrheitsfähig.<br />
Kollege Götz Alsmann hingegen präsentiert<br />
sich noch ein wenig puristischer<br />
als bisher. „Die Idee, ein wirklich<br />
durchgestyltes Konzeptalbum zu machen,<br />
stand immer wieder mal im Raum. Als dann<br />
die Idee mit Frankreich kam, war das etwas,<br />
wo man am wenigsten nachdenken musste.<br />
Das fühlte sich gleich so organisch, total<br />
gut an. Lass uns nach Paris fahren und dort<br />
Chansons suchen! Natürlich, nichts könnte<br />
selbstverständlicher sein!“ Als bekennendem<br />
Nostalgiker war es Alsmann klar, dass<br />
Recherche und Aufnahme vor Ort stattfinden<br />
mussten. Sänger und Band packten ihre Sachen,<br />
ließen sich als Wanderzirkus im Traditionsstudio<br />
Ferber nieder und machten<br />
sich daran, Lieder von Charles Trenet, Yves<br />
Montant oder auch Charles Aznavour in ein<br />
deutsches Bar-Jazz-Gewand zu kleiden. Die<br />
Stimmung in den Räumen des Komplexes<br />
war ebenso pittoresk wie inspirierend. „Da<br />
steht ein Flügel“, erinnert Alsmann sich weiter,<br />
„angeblich sollen auf dem schon Gilbert<br />
Becaud und Charles Aznavour gespielt haben.<br />
Ich sage, dieser Flügel hat schon Johannes<br />
Brahms persönlich gekannt.“ Künstler und Instrument<br />
gewöhnten sich aneinander, ebenso<br />
wie die 15 Lieder, die Alsmann und sein Quar-<br />
Foto: mathias Bothor
tett anstimmten. „Es gibt mehr Schnittstellen,<br />
als man glaubt. Wenn man sich vorstellt, dass<br />
schon in den 30ern französische Chansons<br />
ins Deutsche übertragen wurden, deutlich<br />
liebevoller und originalgetreuer als die USamerikanischen<br />
Schlager dieser Zeit, dann<br />
merkt man doch, wie früh man Notiz davon<br />
nahm.“ Nun also „In Paris“, mit Klassikern<br />
und Randnotizen des bilateralen Musikverständnisses,<br />
wie gewohnt stilvoll souverän<br />
gespielt und mit etwas Pomade im Konzept.<br />
Aber diese Konsequenz ist es ja, warum der<br />
Entertainer Alsmann so unterhaltsam ist.<br />
Mit Stilisierung hat auch der dritte<br />
im Bunde der souveränen Selbstdarsteller<br />
viel Erfahrung. Ulrich<br />
Tukur, Schauspieler, zuweilen Tatort-Kommissar,<br />
pflegt schon seit den späten 90ern<br />
mit seinen Rhythmus-Boys die Kunst der<br />
nostalgischen Unterhaltung. Das hat ihm<br />
sogar Jazz-Awards beschert, auch wenn die<br />
Musik deutlicher in der Tradition des Varietés<br />
als des improvisierenden Untertagebaus<br />
steht. Er selbst jedenfalls nimmt es mit einem<br />
Quäntchen Ironie, beschert dem goldenen<br />
Herbst „Musik für schwache Stunden“ und<br />
heftet dem Programm ein Augenzwinkern<br />
ans Revers. „So grau und trüb kann kein Tag,<br />
so schwach keine Stunde sein, dass sie nicht<br />
von Ulrich Tukur und den Rhythmus-Boys<br />
in ein heiter-lichtes Fest verwandelt würden.<br />
Hier haben Sie nicht nur Momente schöns-<br />
ter Besinnlichkeit, Sie tanken die Kraft, die<br />
Sie nötig brauchen, um mit rebellischer Entschlossenheit<br />
eine marode Welt durch eine<br />
neue, anmutigere zu ersetzen.“ „Coraggio e<br />
buon divertimento!“ gibt Tukur als Motto der<br />
Männer auf verlorenem Posten: Ulrich Tukur<br />
(ohne Eis) spielt mit den Klischees der<br />
heilen Welt und macht daraus einen bittersüßen<br />
Fluchtraum der Melancholie<br />
Die Pomade passt zum Konzept: Götz Alsmann<br />
schlendert musikalisch swingend<br />
durch Paris und landet damit in der Bar der<br />
Nostalgie. Voilà, un homme!<br />
Musik mit auf den Weg und taucht in eine<br />
Klangwelt ein, die im akustisch befrackten<br />
Bar-Swing-Gewand von „Liebling, was wird<br />
nun aus uns beiden“ bis „Ich steh im Regen“<br />
führt. Auf Charles Trenets „Que reste-t-il<br />
de nos amour?“ textet er gar seinen eigenen<br />
galan ten Epilog.<br />
Zieht man zu Cicero, Alsmann und Tukur<br />
Phänomene in Betracht wie dass alte<br />
Recken wie Udo Lindenberg es wieder in die<br />
Hitparade schaffen und Annette Humpe mit<br />
Max Raabe fabulierend fusioniert, fällt das<br />
Fazit beinahe euphorisch aus. Denn wer sich<br />
dieser Tage niveauvoll unterhalten lassen<br />
will, hat gute Chancen, den richtigen Songs<br />
fürs nostalgisch zeitlose Gemüt zu finden.<br />
Neu: Götz Alsmann „in Paris“ (Blue note/<br />
emi) erscheint am 21.oktober, roger Cicero „in<br />
diesem moment“ (Warner) folgt am 28. oktober.<br />
ulrich Tukur & Die rhythmus Boys „musik für<br />
schwache stunden“ (Trocadero/indigo) ist<br />
bereits seit 23. september erhältlich.<br />
Auf Tournee zu erleben: Götz Alsmann:<br />
Tourneestart 21. oktober 2011 (Dortmund).<br />
roger Cicero & Big Band: Tourneestart 23. Februar<br />
2012 (Timmendorf). ulrich Tukur & Die<br />
rhythmus Boys: Tourneestart 28. november<br />
2011 (Hamburg)<br />
11
Pe ter Gabriel<br />
Hits ohne Beats<br />
Mastermind ist das falsche Wort. Peter<br />
Gabriel ist eher eine Mischung aus<br />
Sinnsucher, musikalischem Pfadfinder<br />
und Filou. Und er liebt das Orchester.<br />
Von Christiane rebmann<br />
Als Peter Gabriel im vergangenen<br />
Jahr sein Album<br />
„Scratch My Back“<br />
mit Coverversionen der Songs<br />
seiner Lieblingsmusiker herausbrachte,<br />
kündigte er an: „So,<br />
jetzt drehe ich den Spieß um und<br />
bitte die Kollegen, meine Songs<br />
zu interpretieren. Das wird mein<br />
nächstes Album.“ Dann aber<br />
hat der 61jährige Brite sich für<br />
sein neues Werk „New Blood“<br />
umentschlossen und eigene<br />
Songs im veränderten Klanggewand<br />
aufgenommen.<br />
Herr Gabriel, haben sich keine<br />
Kollegen gefunden, die Ihre Songs<br />
singen wollten?<br />
(lacht) Doch. Ich habe jetzt die<br />
Hälfte zusammen. Da sind richtig<br />
schöne Sachen dabei: David<br />
Byrne singt „Not One Of Us“,<br />
Paul Simon „Biko“ und Lou Reed<br />
„Solsbury Hill“. Aber insgesamt<br />
dauert es länger, als ich geschätzt<br />
hatte. Die Idee zum jetzigen Album<br />
entstand dann, als wir meine<br />
letzte Tournee vorbereiteten.<br />
Wir stellten fest, dass wir außer<br />
den Coverversionen noch ein<br />
bisschen Material brauchten.<br />
Deshalb ließ ich meinen Arrangeur<br />
John Metcalfe auch einen<br />
Teil meiner eigenen Songs umarrangieren,<br />
wie die „Scratch<br />
my Back“-Versionen ohne Gitarre<br />
und ohne Schlagzeug. Und<br />
diese Arrangements gefielen mir<br />
so gut, dass ich mich entschied,<br />
12<br />
ein ganzes Album damit aufzunehmen.<br />
Hits wie „Sledgehammer“ sind<br />
allerdings nicht mit drauf. Nach<br />
welchen Kriterien haben Sie die<br />
Songs für dieses Album ausgesucht?<br />
Ich wollte nicht meine Hits mit<br />
Orchester. Ich suchte die Kompositionen<br />
aus, die nicht gerade<br />
traditionelle Popsongs sind.<br />
Ich fand, dass „San Jacinto“,<br />
„The Rhythm Of The Heat“ oder<br />
„Wallflower“ besser passen.<br />
Unter anderem nahmen Sie eine<br />
sehr filigrane Version ihres Liebesliedes<br />
„In Your Eyes“ auf.<br />
Das Stück bot sich für diese Art<br />
von Arrangement geradezu an.<br />
„Ich wollte nicht<br />
meine Hits mit<br />
Orchester. Ich<br />
suchte die Kompositionen<br />
aus,<br />
die nicht gerade<br />
traditionelle<br />
Popsongs sind“<br />
Ich mag das rhythmische Element,<br />
das die Streicher diesem<br />
Lied geben. Es bekommt in dieser<br />
Fassung auch eine ausgeprägtere<br />
spirituelle Komponente.<br />
Das war mir wichtig.<br />
Eine Konsequenz des Älterwerdens?<br />
Wenn Sie so wollen. Ich habe<br />
quasi den Mittelpunkt der<br />
Schwerkraft im Körper etwas<br />
mehr von unten nach oben verlagert.<br />
(lacht) Wenn man älter<br />
wird, ist Sex nicht mehr so ein<br />
ausgeprägter Motivator.<br />
Für Ihre neue Version des 86er<br />
Klassikers „Don’t Give Up“ holten<br />
Sie sich die norwegische Sängerin<br />
Ane Brun ins Studio, die hier Kate<br />
Bush ersetzt. Können Sie sich<br />
noch an die Situation erinnern,<br />
in der Sie den Song schrieben?<br />
Er entstand in dem Bauernhaus,<br />
das ich damals außerhalb von<br />
Bath gemietet hatte. Ich hatte mir<br />
vorher einen Bildband der Fotokünstlerin<br />
Dorothy Lange angesehen,<br />
Fotos von der Großen Depression,<br />
der US-Wirtschaftskrise<br />
von 1929. In den Song flossen<br />
aber auch meine persönlichen<br />
Probleme ein. Ich hatte damals<br />
mit Eheproblemen und einer<br />
Depression zu kämpfen.<br />
Sie kämpften und hatten Erfolg.<br />
Ja, nach meiner Scheidung ging<br />
ich sechs Jahre lang in eine The-<br />
Warum in die Ferne<br />
schweifen, wenn das<br />
Gute liegt so nah?<br />
Peter Gabriel liebt es,<br />
sich musikalisch selbst<br />
zu kommentieren
apie. Ich bin dadurch ein bisschen<br />
offener geworden für die<br />
Gefühle anderer Menschen.<br />
Zumindest die Zeit der Eheprob-<br />
leme scheint passé. Sie leben seit<br />
einigen Jahren in zweiter Ehe mit<br />
zwei kleinen Söhnen. Spüren Sie<br />
hier und da noch etwas von den<br />
Depressionen?<br />
Manchmal. Ich habe dann das<br />
Gefühl, als wäre ich unter Wasser.<br />
Aber meistens bin ich viel<br />
entspannter als damals und fühle<br />
mich, als würde ich auf dem<br />
Wasser schweben.<br />
Vor vier Jahren gründeten Sie ge-<br />
meinsam mit Richard Branson The<br />
Elders, eine Art nationenübergrei-<br />
fenden Ältestenrat, der für eine<br />
bessere Welt kämpfen will. Wie<br />
kommen Sie voran?<br />
Gerade versuchen wir, eine Zusammenarbeit<br />
mit der internationalen<br />
Nichtregierungs-<br />
Organisation Avaaz aufzubauen.<br />
Protestbewegungen in Online-Petitionen<br />
eine Plattform zu<br />
geben, darin sehe ich die Zukunft.<br />
Neu erschienen: Das Doppelalbum<br />
„New blood“(real World/eMi)<br />
von Peter Gabriel ist seit 7. Oktober<br />
erhältlich. am 21. Oktober folgt die<br />
DVD „New blood – live in london“<br />
mit der Konzertaufzeichnung vom<br />
März 2011 aus dem Hammersmith<br />
apollo (siehe <strong>SONO</strong> Mediamix).<br />
Foto: York tillyer<br />
baCKStaGe-le Ktü re<br />
Nils Wülker<br />
Sind sie schon einmal nachts vor dem Fernseher aufgewacht<br />
und haben festgestellt, dass die Musik der blauen Stunde besser<br />
klingt als manches im Hauptprogramm? Dann sind sie wahrscheinlich<br />
bei der „Space Night“ gelandet, einem der vielen Projekte,<br />
bei dem Nils Wülker mitmischt. Denn der trompeter aus<br />
bonn gehört in Deutschland zu den gefragtesten Musikern seines<br />
Fachs. im Handgepäck hat er zur Zeit einen amerikanischen<br />
roman, für den die Kritik nur lobende Worte fand: „Aktuell lese<br />
ich ‚Freedom‘ von Jonathan Franzen im Original.<br />
Besonders faszinieren mit die Absurditäten und<br />
Abgründe im Alltag der Protagonisten vor dem<br />
Hintergrund aktuellen Zeitgeschehens. Für mich<br />
das Richtige, wenn ich im Tourbus sitze.“<br />
Hörfutter: Nils Wülkers album „6“, erschienen<br />
auf seinem eigenen label ear treat.<br />
VerlOSuNG<br />
„In The Spirit Of Jazz“<br />
Die Compilation „In The Spirit Of Jazz _<br />
Magic Moments 5 “ enthält unter anderem<br />
die einzige Solo-Aufname des Pianisten<br />
Esbjörn Svensson.<br />
Wir verlosen drei Exemplare dieser<br />
famosen Komplilation mit Jazz und<br />
mehr für die langen Abende des Herbstes.<br />
Einfach eine Postkarte mit dem Stichwort „Spirit Of Jazz“<br />
abschicken an: Inmedia, Redaktion <strong>SONO</strong>,<br />
Lucile-Grahn-Str. 37, 81675 München. Einsendeschluss<br />
ist der 10. November 2011.<br />
13
Geo rGe Bens o n<br />
Der sanfte<br />
Riese<br />
Kaum zu glauben, aber<br />
George Benson steuert<br />
zügig auf die 70 zu.<br />
Eineinhalb Jahre vor<br />
dem runden Geburtstag<br />
zeigt er, dass er<br />
noch lange nicht zum<br />
alten Eisen gehört.<br />
Von sascha Fröhlich<br />
14<br />
Er spielt „I Want To Hold Your Hand“,<br />
aber man hört eigentlich „Breezin’“.<br />
George Benson darf das. Denn unter<br />
allen US-amerikanischen Jazzmusikern der<br />
vergangenen vier Jahrzehnte hat es der Gitarrist<br />
aus Pittsburgh in Pennsylvania am<br />
überzeugendsten geschafft, auf dem Grat<br />
zwischen improvisierter Musik und Pop entlang<br />
zu balancieren. Einst als Wunderknabe<br />
in der Nachfolge von Wes Montgomery gefeiert,<br />
konnte man es ihm angesichts seiner verblüffenden<br />
Fingerfertigkeit am Instrument<br />
noch nicht einmal übel nehmen, als er in den<br />
frühen 80ern in den Hitparaden auftauchte.<br />
„Für mich gibt es nur Musik“, meint Benson<br />
aus heutiger Perspektive. „Ich muss immer<br />
daran denken, dass früher viele Popsongs, die<br />
in den USA ein Hit waren, mit Jazzmusikern<br />
aufgenommen wurden. So entstanden zum Beispiel<br />
viele Motown-Aufnahmen. Die Jungs, die<br />
da spielten, waren Jazzmusiker, die in Detroit<br />
lebten. Man gab ihnen diesen Job, und sie erledigten<br />
ihn prima. Ich versuche, dasselbe zu<br />
machen. Egal was ich spiele, es soll natürlich<br />
klingen. Denn es gibt nur zwei Sorten Musik:<br />
gute und schlechte.“<br />
Das ist ein Topos der Interviewgeschichte,<br />
aber er führt noch immer zum Wesentlichen<br />
zurück. Denn am Anfang aller als lässig<br />
empfundenen Musik stehen Künstler, die<br />
auch einmal loslassen können. George Benson<br />
hat diese Fähigkeit bei zahllosen Konzerten<br />
in aller Welt erworben und über die Jahre<br />
darüber hinaus seine Spielkompetenzen am<br />
Instrument weiter verfeinert. Wenn er ein<br />
Album nun „Guitar Man“ nennt, dann ist<br />
das zum einen ein Bekenntnis zu den Wurzeln<br />
seines Musikantentums, setzt aber auch<br />
die Latte hoch, an der er sich messen lassen<br />
will. Aufgenommen live im Studio mit überwiegend<br />
kleiner Band – nur an einigen Stellen<br />
ergänzt ein schmeichelndes Orchester im<br />
Ogerman-Stil die Aufnahmen –, spürt er dem<br />
Gefühl der Unmittelbarkeit nach und erweist<br />
sich abermals als souveräner Melodiker.<br />
Hauptsache elegant<br />
Damit setzt er sich aber auch gleichzeitig die<br />
Grenzmarke. Denn so flüssig und leichtfingrig<br />
ihm die Lieder von „Don’t Know Why“<br />
bis „Tequilla“ von der Hand gehen, so wenig<br />
wagen sie doch, über ein gewisses Maß<br />
der Expressivität hinaus zu gehen. Es ist die<br />
künstlerische Maske, die George Benson seit<br />
zwei Jahrzehnten angelegt hat, die freiwillige<br />
Selbstbeschränkung des Erfolgs, von der er<br />
sich auch bei „Guitar Man“ an vielen Stellen<br />
nicht lösen kann oder will. Wie sehr wünscht<br />
man sich manchmal den Hendrix im Manne,<br />
der dem Glanz ein wenig Bodensatz verordnet.<br />
Aber das erlebt man nur in den seltenen<br />
Momenten, wenn der Meister sich inkognito<br />
wie eines Nachts beim Jazzfestival in Montreal<br />
im Club blicken lässt. Und so bleibt es bei<br />
sanften, wenn auch wunderschönen Harmonisierungen<br />
wie etwa in den Balladen „Tenderly“<br />
und „My One And Only Love“, die<br />
die Kunst des „Guitar Man“ prägen. Und das<br />
wiederum beherrscht George Benson elegant<br />
und geschmackvoll wie sonst kaum ein anderer<br />
Gitarrist der Jazzwelt.<br />
Neu: George Benson „Guitar Man“ (Concord/<br />
Universal) erscheint am 21. oktober 2011.<br />
ricardel<br />
Show gehört zum Geschäft. George Benson<br />
ist ein großer Poser, aber gut genug, um sich<br />
Vince<br />
ein bisschen Eitelkeit leisten zu können. Foto:
neUe Ge siCh ter<br />
Irma<br />
Die Selbstbewusste<br />
[World Pop] es muss ein Kul-<br />
turschock gewesen sein. Vor acht<br />
Jahren kam irma aus Kamerun<br />
nach Paris, eine teenagerin vom<br />
afrikanischen Land in einer vor<br />
eindrücken nur so sprudelnden<br />
Metropole. erst einmal wurde sie<br />
umgeworfen von der normativen<br />
Kraft der Großstadt, aber dann<br />
entdeckte sie bald deren Chancen.<br />
irma hörte sich so viel Musik an<br />
wie nur möglich und begann als<br />
sängerin eigene schlüsse daraus<br />
zu ziehen. „Letter to the Lord“ ist<br />
das resultat dieser orientierungsphase,<br />
ein Debüt, das irma sogar<br />
zweimal aufgenommen hat, weil<br />
Römische<br />
Kunst:<br />
Natascia (l.)<br />
und Raffaella<br />
Gazzana<br />
[Klassik] Auf Bildern sehen sie so jung aus. Aber das heißt nicht, dass Natascia<br />
und Raffaella Gazzana nicht schon längst international auf sich aufmerksam gemacht<br />
hätten. Schließlich sind die beiden Schwestern aus Sora in der Nähe von<br />
Rom seit Mitte der 90er auf den Bühnen der Klassikwelt unterwegs. So war es an<br />
der Zeit, die Früchte der gemeinsamen künstlerischen Arbeit festzuhalten. „Five<br />
Pieces“ führen die Geigerin und die Pianistin von Paul Hindemith bis Valentin<br />
Silvestrov. Dabei können sie auf eine musikalische Sensibilität bauen, die über die<br />
Spielkompetenz hinaus dem Programm Tiefe, Nachdruck, Bedeutung verleiht.<br />
Zwei Schwestern sind doch mehr als nur ein Duo. Paul Hammerthal<br />
Duo Gazzana: „Five Pieces“ (ECM/Universal))<br />
ihr die erste Version nicht gefallen<br />
hat. Die themen ihrer Lieder<br />
behandeln das Allzumenschliche,<br />
von der Gleichgültigkeit des Alltags<br />
bis hin zur Leidenschaft der<br />
Zweisamkeit. Aber sie bringen die<br />
bekannten themen derart auf den<br />
Punkt, wie man es seit tracy Chapman<br />
nicht mehr erlebt hat. „Ich<br />
vermische in meinen Liedern alles<br />
was ich irgendwo aufschnappe:<br />
ein paar Sekunden aus dem Radio<br />
und Sachen, die ich auf der Straße<br />
höre. Ich verarbeite alles zu meinem<br />
ganz eigenen Style.“ Das sagen<br />
viele Künstler, aber nur selten<br />
trifft es so genau zu wie bei irma.<br />
Ralf Dombrowski<br />
Irma „Letter to the Lord“<br />
(Warner)<br />
Duo Gazzana Die Klangverwandten<br />
Die Melancholie<br />
im Blick täuscht –<br />
Irma singt Lieder<br />
voller Energie<br />
Alexander von Hagke<br />
Der Seitenspringer<br />
[Jazz] Das Panzerballett ist harter stoff. sehr gut,<br />
aber braucht man nicht immer, befand der Münchner<br />
saxofonist Alexander von hagke. Mit eigenem Quar-<br />
tett gelingt es ihm nun auf „Loreley“, erfrischend mo-<br />
derne Kompositionen zu entfalten, die anders als bei<br />
den herben Kollegen den Fokus ganz auf die Feinheit<br />
der Melodieführung und die Ästhetik des instrumen-<br />
talklangs lenken. Damit schafft er Perspektiven für<br />
die eigene künstlerische Zukunft und empfiehlt sich<br />
als neue Kraft am horn. Sascha Fröhlich<br />
Alexander von Hagke „Loreley“ (Enja/Soulfood)<br />
15
U2<br />
Der Hansa-Encounter<br />
Es gibt Platten, an denen gehen Bands kaputt. Mit<br />
„Achtung Baby“ überwanden U2 vor genau 20 Jahren<br />
die Mauer zum Ernst des Künstlertums, kämpften<br />
und gewannen gegen die Reste der eigenen Pubertät.<br />
Nicht ohne Tränen im Auge. Von Sascha Fröhlich<br />
Der Trabi wurde zum Symbol. Im Jahr<br />
1991 wusste niemand genau, was bitte<br />
die Zweitaktplastikwannen des real<br />
nicht mehr existierenden Sozialismus auf<br />
dem Cover einer der beliebtesten Rockbands<br />
der Ära sollten. Koketterie wurde gemutmaßt,<br />
Ironie soll auch Pate bei der seltsam<br />
traumatisch anmutenden Collage gestanden<br />
haben, die Szene-Photograph Anton Corbijn<br />
für die CD-Hülle gestaltet hatte. Jedenfalls<br />
versuchten U2 sich mühsam neu zu erfinden,<br />
monatelang im noch unaufgeräumten Berlin,<br />
in das sie im November 1990 auf der Suche<br />
nach dem renovierten Gruppensound gezogen<br />
waren. Immerhin verhieß die kommende<br />
Hauptstadt des auf eine Vereinigung zustrebenden<br />
Deutschlands gleichzeitig Historie<br />
und Aufbruch, noch diffus in seiner künstlerischen<br />
Stoßrichtung, aber – und da machte<br />
der Trabi als Zeichen wieder Sinn – als Metropole,<br />
auferstanden aus ideologischen Ruinen<br />
mit der Option, die hippste Adresse der<br />
Alten Welt zu sein.<br />
U2 liefen im alten Hansa-Studio ein, das<br />
spätestens mit David Bowie und den Aufnahmen<br />
zu „Heroes“ den Ritterschlag der künstlerischen<br />
Bohème erhalten hatte. Die Räume<br />
lagen im ehemaligen Grenzgebiet, draußen<br />
herrschte die Atmosphäre eines vergessenen<br />
Carpenter-Films, abgerissen und irgendwie<br />
abgefahren. Drinnen war es bald ebenso. The<br />
Edge trennte sich während der Aufnahmen<br />
von seiner Frau Aislinn O’Sullivan, die Stimmung<br />
war gespannt, der Gitarrist stürzte<br />
sich ins Chaos der Untreue,<br />
während Produzenten wie<br />
Daniel Lanois und<br />
Brian Eno im Studio<br />
vorbei schauten<br />
und einer Band<br />
Ratschläge gaben,<br />
16<br />
die zwischen Überspanntheit, musikalischer<br />
Frühvergreisung und Diventum pendelte. Eigentlich<br />
platzte der Knoten erst, als in einem<br />
konzentrierten Moment „One“ entstand, geschrieben<br />
innerhalb einer Stunde und trotzdem<br />
einer der größten Songs, die der Band<br />
bislang gelungen waren.<br />
Von da an ging es voran, wenn auch langsam.<br />
Nach Monaten, die aus der Rückschau<br />
eigentlich der Weg aus der Agonie waren,<br />
ging es U2 wie Berlin. Aus den Relikten der<br />
Vergangenheit entstand etwas Neues. Der<br />
Sound der Gitarren war härter, die Beats<br />
hatten das Elektrifizierte kennengelernt, die<br />
christliche Rockmusik der irischen Gutmänner<br />
war in der säkularen Wirklichkeit angekommen.<br />
Im November 1991 erschien „Achtung<br />
Baby“. Im Anschluss daran wurde viel<br />
getourt, die Fans erlebten eine ins Gigantische<br />
gewachsene Combo der Superstars, und<br />
die Promi-Szene gefiel sich, Bono & Co. die<br />
Reverenz zu erweisen. Aber es wurden eben<br />
gleichzeitig auch Alben wie Nirvanas „Nevermind“<br />
veröffentlicht, das mal eben die Hybris<br />
des saturierten Vorjahrzehnts mit melancholischer<br />
Wut hinwegfegte, und grellbunte Hedonisten<br />
feierten in Clubs wie dem ‚Tresor‘<br />
ein ganz anderes, boomendes Lebensgefühl.<br />
U2 jedenfalls hatten den Anschluss geschafft.<br />
Aber fast wäre es ihnen wie den Trabis auf<br />
dem Cover gegangen. Denn sie standen kurz<br />
vor der Ausmusterung.<br />
Info: Davis Guggenheims Doku „From The<br />
Sky Down“ eröffnete am 8.September das<br />
Toronto Film Festival. „Achtung Baby<br />
20th Anniversary –<br />
Remastered“ (Island/<br />
Universal) erscheint<br />
am 28.11. als Doppel-CD<br />
und Super Deluxe Edition.<br />
Fotos: Anton Corbijn, Mark Monheim, Erich Roland, Eric Steelberg<br />
The Edge (l.) und Bono (r.) in Kanada: Für<br />
die Doku „From The Sky Down“ haben U2<br />
alte Lieder noch einmal live aufgenommen
Der Trabi wurde<br />
zum Maskottchen<br />
und zum Lieblings-<br />
bandmotiv von<br />
Star-Photograph<br />
Anton Corbijn<br />
Im Frühjahr sind<br />
U2 für Dokufilmer<br />
Davis Guggenheim<br />
in das Hansa-Studio<br />
zurückgekehrt<br />
Wenn nicht Berlin,<br />
dann Marokko:<br />
Auf der Suche nach<br />
Inspiration fuh-<br />
ren U2 auch in den<br />
Maghreb<br />
„Die Rohmixe haben<br />
mich umgehauen“,<br />
meinte Gitarrist<br />
The Edge (l.) beim<br />
Remastering<br />
von „Achtung Baby“<br />
„So hört es<br />
sich an, wenn<br />
vier Männer<br />
den Joshua<br />
Tree zerlegen“<br />
Bono über<br />
„Achtung Baby“<br />
17
stadion-ro cker<br />
Alte Recken, junges Blut<br />
Die erfolgreichsten Tourneen der vergangenen Jahre<br />
waren The Police, Genesis, U2. Die Herren füllen,<br />
wie auch Metallica oder AC/DC die Stadien, doch was<br />
macht der Nachwuchs? ein ausblick von steffen rüth<br />
Die Dinosaurier des Rock’n’Roll sind<br />
zwar beileibe noch nicht ausgestorben,<br />
doch so langsam grasen sie mit<br />
unterschiedlichem Tempo ihrer wohlverdienten<br />
Ruhestandsweide entgegen. Nehmen<br />
wir die Rolling Stones als Paradebeispiel, seit<br />
fünf Jahrzehnten sind sie die internationalen<br />
Vorzeigestadionrocker schlechthin. Charlie<br />
Watts hat dieses Jahr seinen 70. gefeiert,<br />
auch Mick Jagger und <strong>Keith</strong> Richards sind<br />
inzwischen alt genug, um die Rente mit 67 zu<br />
18<br />
bekommen. Im kommenden Jahr feiert die<br />
Band ihr 50jähriges Bestehen, es halten sich<br />
Gerüchte, dass sie zu diesem Anlass Konzerte<br />
spielen, doch ob es noch einmal eine wirkliche<br />
Welttournee geben wird, ist unklar. Oder Bon<br />
Jovi. Der an guten Tagen immer noch schwer<br />
juvenil wirkende Herzensbrecher am Mikrofon<br />
wird nächsten März auch schon 50, und<br />
nach anstrengenden Jahren in den Stadien<br />
dieses Erdballs gönnt sich die Gruppe bis auf<br />
weiteres ein ausgedehntes Päuschen.<br />
Bühne mit Aussicht: Noch vor<br />
wenigen Jahren ein Geheimtipp<br />
aus der Südstaatenprovinz,<br />
füllt die Familienband Kings Of<br />
Leon inzwischen die Rockarenen<br />
Coldplay: Britsound für alle<br />
Was wird also aus ihm, dem guten alten Stadionrock,<br />
der in den 80er und 90er Jahren,<br />
als auch noch pensionierte, nicht mehr so angesagte<br />
oder verblichene Künstler wie Bryan<br />
Adams, Tina Turner, Michael Jackson das<br />
Genre verstärkten, so wahnsinnig boomte?<br />
Alles Geschichte, oder steuern wir gar auf die<br />
Ära Netrebko zu? Entwarnung, der Generationenwechsel<br />
hat eingesetzt. Coldplay zum<br />
Beispiel gastierten im Oktober im FNB Stadium<br />
in Johannesburg, Südafrika, und 62.000<br />
Besucher waren Zeugen. Die Band um Sänger<br />
Chris Martin ist eine Besonderheit. Eigentlich<br />
sind ja die wenigsten ihrer Songs besonders<br />
knallig, laut oder zum Grölen animierend.<br />
Und dennoch gelten die Briten global als diejenige<br />
Band, der man am ehesten zutraut, die<br />
nächsten U2 zu werden – eine verlässliche,<br />
qualitativ über die meisten Zweifel erhabene<br />
und fleißige Megaband.<br />
Dabei haben Coldplay vor 15 Jahren einmal<br />
als eher zarte, kleine Gitarrenpopgruppe<br />
angefangen, besonders unbescheiden<br />
waren sie außerdem nie. „Die Entwicklung<br />
ist bei uns nicht über Nacht passiert“, sagt<br />
Will Champion, der Schlagzeuger. „Wir haben<br />
sehr viel live gespielt und überhaupt sehr<br />
Foto: thomas rabsch
viel gearbeitet. Wir sind nicht eines Morgens<br />
wach geworden und haben festgestellt: Oh, wir<br />
sind ganz oben. Ich denke auf jeden Fall, dass<br />
wir Schwein hatten, eine der letzten Bands zu<br />
sein, die innerhalb eines stabilen Plattenfirmengefüges<br />
sich haben entwickeln können.“<br />
Es ist also ein bisschen paradox. Coldplay<br />
sind eine Stadionrockband, ohne direkt Stadionrock<br />
zu spielen. Gut, ihr Hit „Viva La<br />
Vida“ und die jüngste, vom neuen Album<br />
„Mylo Xyloto“ stammende Single „Paradise“<br />
passen schon ganz gut dazu, die Hände zum<br />
Himmel zu heben. Trotzdem schafft es die<br />
Band, speziell mit stilleren, fast intimen und<br />
doch energisch vorgetragenen Songs wie „Fix<br />
you“, „Clocks“ und „Yellow“ große Arenen zu<br />
bewegen. „Es gibt immer den Weg, eine kompromisslose<br />
künstlerische Reise damit zu verbinden,<br />
populär zu sein. Wenn du die ganzen<br />
Rock’n’Roll-Stories hören willst, dann sind<br />
wir die falsche Band. Wir arbeiten sehr hart,<br />
und das könnten wir nicht, wenn wir die ganze<br />
Zeit Party machen würden. Man muss fit und<br />
gesund bleiben, sonst bricht so ein Bandgefüge<br />
auch ganz schnell auseinander. Deshalb sind<br />
wir sehr vernünftig. Harte Drogen etwa sind<br />
bei uns vollkommen tabu. Und einen trinken<br />
tun wir nur, wenn es unserer Energie und der<br />
Show nicht schadet.“<br />
Alltagsphilosophen mit Hang zur großen<br />
Geste: Coldplay verquirlen Melancholie<br />
und Ethos zur breitenwirksamen Mischung<br />
RHCP: Muskelspiel mit Appeal<br />
Bei den Kings Of Leon aus Nashville und den<br />
Red Hot Chili Peppers aus Los Angeles, also<br />
den zwei anderen Bands, die sich langfristig<br />
in der Stadionliga etablieren dürften (Kings<br />
Of Leon) oder diesen Schritt schon geschafft<br />
haben (Chili Peppers), sind die Regeln im Umgang<br />
mit Rauschmitteln laxer. Insbesondere<br />
die Mitglieder der Chili Peppers haderten lange<br />
Jahre ihrer seit den frühen 80ern währen-<br />
den Laufbahn mit Drogenproblemen. Heute<br />
sind die Männer clean und gesund, Sänger<br />
Anthony Kiedis surft täglich, Bassist Flea<br />
läuft Marathon, und die Shows rund um das<br />
jüngste Album „I’m With You“ haben absolute<br />
Großraumqualitäten. Die Lichttechnik der<br />
aktuellen Tournee hat Champions-League-<br />
Format, und Funkrocksongs wie „Give It<br />
Away“ und „Under the Bridge“ elektrisieren<br />
Massen jedes Alters. Denn auch das ist wichtig:<br />
Wer heute Stadien füllen will, der muss<br />
Zielgruppen und Generationen übergreifend<br />
die Leute begeistern. Coldplay schaffen das,<br />
die Chili Peppers auch.<br />
Kings Of Leon: Think Nashville!<br />
Die Kings Of Leon indes haben zumindest<br />
großes Potential, seit ihrem ersten Album<br />
„Youth And Young Manhood“ aus dem Jahre<br />
2003 bauen sie ihr Publikum sowie ihre<br />
stilistische Bandbreite kontinuierlich aus.<br />
Angefangen als Südstaatenrocker zwischen<br />
den Strokes und Lynyrd Skynyrd, umfasst<br />
das musikalische Spektrum auf dem neuesten<br />
Werk „Come Around Sundown“ auch viel<br />
Folkiges und Countryklänge. Ihren Durchbruch<br />
schafften die drei Söhne eines Wanderpredigers<br />
und ihr Cousin in Europa und<br />
dort speziell in Großbritannien. Seit sie 2008<br />
die zwei Hymnen „Sex On Fire“ und „Use<br />
Somebody“ auf ihrem Album „Only By The<br />
Night“ am Start hatten, sind die etwas kauzigen<br />
Kings Of Leon auch in der US-Heimat Superstars.<br />
Nur sind die Rocker, bei denen nur<br />
Schlagzeuger Nathan Followhill die 30 überschritten<br />
hat, bisweilen etwas unstet. Nach einem<br />
abgebrochenen Konzert in Dallas muss-<br />
Alles Macho oder was?<br />
Konzerte der Red Hot<br />
Chili Peppers sind auch<br />
Konditionssache<br />
ten sie zuletzt eine ganze US-Tour absagen,<br />
man tuschelte über Alkoholprobleme von<br />
Frontmann Caleb Followhill, zudem gibt es<br />
immer wieder Streit zwischen den Brüdern,<br />
die ihre bewegten Anfänge als Band jetzt in<br />
dem wirklich feinen Dokumentarfilm „Talihina<br />
Sky“ in die Kinos bringen. Mittlerweile<br />
ist das unermüdliche Quartett jedoch wieder<br />
unterwegs, und Bandküken Jared Followill<br />
bringt auf den Punkt, was für alle drei der<br />
nachrückenden Stadionrockbands gilt: „Ich<br />
weiß, dass wir ein wunderbares Publikum haben,<br />
sehr loyale Fans. Ich hoffe, dass wir immer<br />
in der Lage sein werden zu touren, egal<br />
was im Musikgeschäft sonst noch passiert.“<br />
Neu erschienen: Bis zur nächsten stadionsaison<br />
kann man sich mit neuen alben von<br />
coldplay „Mylo Xyloto“ (eMi), den red Hot chili<br />
Peppers „i’m With You“ (Warner) und<br />
der doku-dVd „talihina sky“ (sony) trösten.<br />
„Wir arbeiten sehr hart,<br />
und das könnten<br />
wir nicht, wenn wir<br />
die ganze Zeit Party<br />
machen würden“<br />
Will Champion,Coldplay<br />
19
C amille<br />
„Ein Song ist eine Frage“<br />
Camille ist Mutter geworden. Auch für ihre Lieder hat die<br />
Stimmkünstlerin ein neues Gefühl von Verantwortung entwickelt.<br />
Die CD „Ilo Veyou“ steht für ihre Liebe zu ihrem<br />
Kind, zu Frankreich und zum Leben. interview: Wolf Kampmann<br />
Sie ist nicht einfach nur<br />
Sängerin, sondern hat<br />
ihre Stimme zur Skulptur<br />
gemacht. Von der Popband<br />
Nouvelle Vague kommend, erkundet<br />
Camille mit radikaler<br />
Hingabe die Abgründe und Horizonte<br />
ihres Instruments. Dabei<br />
nimmt sie stets in Kauf, den<br />
Hörer mit ihrer Hyper-Poesie<br />
zu überfordern. Auch auf ihre<br />
neue CD muss man sich sehr<br />
bewusst einlassen, denn Camille<br />
macht es uns nicht leicht, diesem<br />
äußerst heterogenen Liederzyklus<br />
zu folgen. Warum sie<br />
dennoch viel entspannter wirkt<br />
als auf früheren Alben, lässt sie<br />
im Interview mit <strong>SONO</strong> durchblicken.<br />
Auf „Ilo Veyou“ erzählt jeder Song<br />
eine andere Geschichte. Gibt es<br />
auch eine übergreifende Story?<br />
Ich habe mich bewusst gegen ein<br />
Konzeptalbum entschieden. Es<br />
war ein Experiment. Ich wollte<br />
a cappella in Kirchen arbeiten,<br />
mit einem Streichquartett<br />
aufnehmen und andere Dinge<br />
ausprobieren. Weil ich ein Baby<br />
erwartete, war ich in einer speziellen<br />
Stimmung. Einige Songs<br />
waren fertig, andere in Planung.<br />
All das musste raus. Wenn sich<br />
überhaupt ein roter Faden durch<br />
das Album zieht, dann diese<br />
Energie. Ich wollte in den Songs<br />
20<br />
an alle Orte gelangen, an die das<br />
Leben mich führt. Gib dich zärtlich<br />
und verspielt in den Lauf<br />
der Dinge, sagte ich mir. Ein Album<br />
zu machen, ist ja niemals<br />
ein hundertprozentig friedvoller<br />
Prozess. Es ist viel Arbeit, bei<br />
der man immer wieder an seine<br />
Grenzen stößt und sich selbst<br />
hinterfragt. Aber ich fühlte mich<br />
voller Leben. Darum geht es. Es<br />
ist ein Fluss.<br />
Jeder Song stellt die Frage, wer<br />
und wo bin ich. Doch bevor Gelegenheit<br />
für eine Antwort da<br />
ist, beginnt ein neuer Song.<br />
Richtig, ein Song ist eine<br />
Frage. Und ich erhalte<br />
niemals die Antwort. Ich<br />
wusste wirklich nicht, wo-<br />
Ca m i l l e s W e lt<br />
Stimme mit Anspruch<br />
Bossa Nova hieß<br />
die erste liebe der<br />
Camille Dalmais.<br />
2004 sang die Pariserin Hymnen<br />
den Punk-Ära im brasilianischen<br />
Klanggewand bei der Band Nouvelle<br />
Vague. es folgten nationale Pophits<br />
wie „Ta douleur“, ein Song-auftritt Bouret<br />
in „Ratatouille“ und eine Solokarriere,<br />
die sie immer weiter von den<br />
armelle<br />
Klischees der Popmusik entfernt. Foto:<br />
Eine Madonna des<br />
Gesangs: Camille<br />
liebt Inszenierungen<br />
mit Hintersinn<br />
hin ich gehen würde. Ausgehend<br />
von ein paar losen Ideen,<br />
musste ich mich immer wieder<br />
fragen, was ich will und was<br />
nicht. Jedes Album ist eine Reise<br />
von einem Punkt zu einem
anderen. Das ist ein Ritual. Ich<br />
schließe eine Türe und öffne<br />
eine andere.<br />
Es macht ja kaum einen Unterschied,<br />
ob du a cappella singst<br />
oder dich in verschiedenen Konstellationen<br />
begleiten lässt.<br />
Die Stimme hält alles zusammen.<br />
Ich wollte keinen Backgroundgesang,<br />
vom Kinderchor an einigen<br />
Stellen mal abgesehen. Meine<br />
Stimme sollte das Boot den Fluss<br />
hinabsteuern.<br />
Für mich als Deutschen geht es<br />
auf der Platte auch um verschiedene<br />
Zustände und Phasen von<br />
Frankreich.<br />
Manchmal bin ich ganz erfüllt<br />
von Frankreich. Heutzutage ist<br />
es so einfach zu reisen. Man bildet<br />
sich ja oft ein, überall sonst<br />
Reichtum der ganzen Welt in<br />
Paris. Als Künstlerin kann ich<br />
nicht vergessen, dass ich Französin<br />
bin.<br />
All diese Gerüche von Frankreich<br />
von Vietnam über den Maghreb<br />
bis zu Edith Piaf sind ja auf deiner<br />
Platte zu hören.<br />
Frankreich ist wie ein Stern mit<br />
ganz unterschiedlichen Zacken.<br />
Es ist der Schnittpunkt zwischen<br />
Süd-, Nord- und Osteuropa.<br />
Ohne die Einwanderer wären<br />
wir nichts. Wir waren schon<br />
immer ein Einwanderungsland.<br />
Das vergessen wir oft. Die extremen<br />
Rechten werden immer<br />
stärker und wollen die Zigeuner<br />
und andere Volksgruppen einfach<br />
aus dem Land schmeißen.<br />
Das ist eine Schande, denn sie<br />
missverstehen unsere Kultur.<br />
„Frankreich ist ein schönes Land.<br />
Warum tun wir uns so schwer,<br />
diese Schönheit zu erkennen?“<br />
wäre es besser als dort, wo man<br />
lebt. Für uns abendländische<br />
Künstler ist es oft die größte<br />
Herausforderung, zu bleiben,<br />
wo wir sind, und zu beobachten,<br />
wie sich die Dinge dort entwickeln.<br />
Wir müssen uns mit<br />
den Schwierigkeiten unserer<br />
Umgebung konfrontieren und<br />
etwas daraus machen. Das passiert<br />
mir gerade. Ich bin so viel<br />
gereist und sehe mein Land sehr<br />
kritisch. Paris ist keine freundliche<br />
Stadt. Die Leute sind immer<br />
gestresst. Überall ist Stau. Es<br />
wäre so einfach, zu verschwinden.<br />
Aber Frankreich ist auch<br />
ein schönes Land. Warum tun<br />
wir uns so schwer, diese Schönheit<br />
zu erkennen? Außerdem<br />
haben wir so viel Ausland im<br />
eigenen Land. Wir haben den<br />
Früher sagtest du einmal, eine<br />
Platte zu machen sei wie eine<br />
Geburt. Siehst du das als junge<br />
Mutter immer noch so?<br />
Es gibt viele Gemeinsamkeiten,<br />
aber ein Hauptunterschied besteht<br />
darin, dass das Leben bei der Geburt<br />
eines Kindes stärker ist als du<br />
selbst. Der Zeitrahmen ist in etwa<br />
ähnlich. Bei einer Platte ist dieser<br />
Prozess nur ungleich komplizierter,<br />
weil du Kontrolle darüber<br />
hast. Wenn ein Baby dann auf der<br />
Welt ist, gehört es dir genauso wenig<br />
wie eine veröffentlichte Platte.<br />
Beide gehen ihren eigenen Weg.<br />
Neu erschienen: Camille<br />
„ilo Veyou“ (Virgin / emi)<br />
Live: Camille ist ende mai 2012<br />
mit vier Konzerten in Deutschland<br />
zu erleben. .<br />
21<br />
Die neue CD des weltberühmten britischen Geigers<br />
mit einer Eigenkomposition für Violine, Orchester,<br />
Band und Vokalstimme, inspiriert von Vivaldis „Die vier<br />
Jahreszeiten“ und den vier Elementen<br />
LUFT, ERDE, FEUER UND WASSER.<br />
Eine spannende Mischung aus Klassik, Jazz, Pop und<br />
Folk, eingespielt mit dem von Kennedy gegründeten<br />
„Orchestra of Life“.<br />
GROSSE DEUTSCHLAND-TOURNEE 2011<br />
1.11. Leipzig, 2.11. Stuttgart, 3.11. München, 5.11. Freiburg,<br />
6.11. Hannover, 8.11. Düsseldorf, 9.11. Bielefeld, 10.11.<br />
Hamburg, 12.11. Nürnberg, 13.11. Berlin, 14.11. Dresden,<br />
16.11. Dortmund, 17.11. Regensburg, 18.11. Baden-Baden,<br />
20.11. Mannheim, 21.11. Aachen, 23.11. Bremen, 24.11.<br />
Köln, 26.11. Kassel, 28.11. Essen, 29.11. Saarbrücken, 30.11.<br />
Frankfurt<br />
WWW.NIGEL-KENNEDY.NET<br />
WWW.SONYMUSICCLASSICAL.DE
Die S o n o - liSte<br />
22<br />
Sie kennen schon<br />
alle Bearbeitungen von<br />
Mussorgskys „Bilder<br />
einer Ausstellung“?<br />
Werfen Sie lieber mal einen Blick auf<br />
unsere Liste. Von Hans-Jürgen Schaal<br />
illustration: Fornfest
1. Emile Naoumoff<br />
„the Piano Concerto“<br />
Wenn Sie sich zwischen Mussorgskys<br />
Original für Klavier und<br />
Ravels Orchesterfassung mal<br />
wieder nicht entscheiden können,<br />
versuchen Sie es doch mit<br />
diesem 44minütigen Zwitter. Die<br />
„Paraphrase“ des bulgarischen<br />
Pianisten Naoumoff zusammen<br />
mit dem Deutschen Symphonie-<br />
Orchester Berlin lässt zuweilen<br />
an ein brillantes russisches Klavierkonzert<br />
denken. Im Orchesterklang<br />
überraschen dagegen<br />
vorklassisch wirkende Holzbläserfarben.<br />
(Alcra-Wergo)<br />
2. John Wallace & The<br />
Wallace Collection<br />
Es gibt rund 30 verschiedene<br />
sinfonische Orchestrierungen<br />
der „Bilder einer Ausstellung“ –<br />
und ein Vielfaches an weiteren<br />
Bearbeitungen. Diese hier – nur<br />
für Blechbläser und Perkussion –<br />
schuf Elgar Howarth 1977 für das<br />
Philip Jones Brass Ensemble. Die<br />
Neuaufnahme unter John Wallace<br />
besticht durch ihre Farbigkeit<br />
und Dynamik – butterweich<br />
in den Solostellen, messerscharf<br />
in den Tutti. Eines vermisst man<br />
hier nie: Streicher. (Collins Classics)<br />
3. Granados Trio<br />
„Bilder einer Ausstellung“<br />
Mussorgskys Klavierzyklus,<br />
übersetzt auf drei klassische Gitarren:<br />
Das hat perkussive Kontur,<br />
schönen Akkordklang und<br />
atmende Räumlichkeit. Die drei<br />
Gitarristen, die sich vor 20 Jahren<br />
in Professor Teucherts Solistenseminar<br />
in Frankfurt zusammenfanden,<br />
verzaubern die<br />
hohen Töne mit Silber und die<br />
tiefen mit Bronze. Wie wohligwarm<br />
akustische Gitarren klingen<br />
können, das wissen eben<br />
nicht nur Folkmusiker und Singer/Songwriter.<br />
(FSM)<br />
4. Tomita<br />
„Pictures At An exhibition“<br />
Die Synthesizerversion des Elektronikpioniers<br />
Isao Tomita ist<br />
längst selbst zum Klassiker geworden.<br />
Ravels Orchester-Instrumentierung<br />
folgend, steigert<br />
sich der Japaner in einen wilden<br />
Rausch greller Klangfarben zwischen<br />
Horror und Humor. Zwitschernde<br />
Küken, blubbernde Tuilerien,<br />
sphärische Chorstimmen<br />
und diskrete Perkussionsanklänge<br />
– all das quetschte Tomita aus<br />
den frühen Synthesizermodellen<br />
von anno 1974. (BMG/RCA)<br />
5. Carsten Wiebusch<br />
„Reger – Wagner –<br />
Mussorgsky“<br />
Erste Orgelversionen der „Bilder<br />
einer Ausstellung“ entstanden in<br />
den 1970er Jahren. Der Organist<br />
Carsten Wiebusch aber schrieb<br />
sich seine Fassung lieber selbst –<br />
maßgeschneidert auf die historische<br />
Walcker-Orgel der Evangelischen<br />
Kirche in Essen-Werden.<br />
Statt in extremen Registern musiziert<br />
Wiebusch auf ihren Manualen<br />
fast romantisch und mit<br />
der Finesse eines Konzertpianisten.<br />
Ein unspektakulär daherkommendes,<br />
großes Hörerlebnis.<br />
(Fermate)<br />
6. Heavy Tuba<br />
& Jon Sass<br />
Den Kern dieser eigenwilligen<br />
Jazzband aus Österreich bilden<br />
sieben tiefe Blechbläser, darunter<br />
der New Yorker Wahl-Wiener<br />
Jon Sass an der Basstuba. Wo das<br />
schwere Blech an Grenzen stößt,<br />
ergänzt Keyboarder Helmar<br />
Hill digitale Sounds. Er schrieb<br />
auch die phantasievollen Arrangements:<br />
Die „Tuilerien“ gibt’s<br />
rein perkussiv, die „Küken“ tanzen<br />
ein Blues-Duett auf synthetischen<br />
Flöten, immer wieder<br />
geht’s übermütig Richtung Rock<br />
und Salsa. (ATS Records)<br />
7. Fine Arts Brass<br />
Ensemble<br />
Noch einmal Blech, aber ganz anders:<br />
Das 1980 gegründete britische<br />
Fine Arts Brass Ensemble<br />
ist ein klassisches Blechbläserquintett<br />
– mit zwei Trompeten,<br />
Horn, Posaune und Tuba. Äußerst<br />
geschickt hat Stephen Roberts,<br />
der Hornist des Ensembles,<br />
Mussorgskys Klaviernoten<br />
auf das fünfstimmige Gebläse<br />
verdichtet. Das Ergebnis ist konzentrierte,<br />
virtuose Kammermusik<br />
mit Biss und Tiefe: 16 wohlklingend-expressive<br />
Miniaturen.<br />
(Nimbus Records)<br />
8. Mats-Up<br />
„Same Pictures,<br />
new exhibition“<br />
Aus der Schweiz kommt die bislang<br />
überzeugendste Modern-<br />
Jazz-Adaption der „Bilder einer<br />
Ausstellung“. Das Septett des<br />
Trompeters Matthias Spillmann –<br />
vier Bläser und ein Rhythmustrio<br />
– stülpt Mussorgskys Themen<br />
jazzmäßig um und verwendet<br />
sie als Startschuss für<br />
kompetente Improvisation. Da<br />
werden Techniken der Westcoast-Jazz-Arrangeureaufgegriffen<br />
und große Bläsersoli der<br />
Jazzgeschichte zitiert. Mussorgsky<br />
swingt! (Unit Records)<br />
9. Mekong Delta<br />
„Pictures At An exhibition“<br />
Wie man die „Bilder“ rockt, haben<br />
Emerson, Lake & Palmer 1971 mit<br />
viel Phantasie vorgemacht. Damit<br />
verglichen wirkt die Komplett-<br />
Version des deutschen Prog-<br />
Metal-Trios Mekong Delta asketisch<br />
streng: nur Gitarre, Bass,<br />
Drums. Allerdings erklingt die<br />
Gitarre zuweilen in ganzen Chören,<br />
der Bass spielt auch Melodie,<br />
der Drummer schlägt originelle<br />
Rhythmen – und wo es passt<br />
(Bydlo, Katakomben), wird’s auch<br />
mal heavy-düster. (Bullet Proof)<br />
10. German<br />
Marimba Duo<br />
Für Matthias Krohn und Andreas<br />
Schwarz war ihre Version der<br />
„Bilder“ der erfolgreiche Karrierestart<br />
als „German Marimba<br />
Duo“. Zu welchen Wirkungen<br />
zwei fünfoktavige Marimbas<br />
im Verein fähig sind, darüber<br />
kann man bei ihnen in jedem<br />
Stück staunen. Fast scheint es,<br />
als würde das Motorische in<br />
Mussorgskys Musik hier noch<br />
motorischer, das Groteske noch<br />
grotesker, das Schaurige noch<br />
schauriger. Wer braucht da Orchesterfarben?<br />
(KlangRäume)<br />
11. ChoralConcert<br />
„Bilder einer Ausstellung“<br />
Jazz mit Kirchenorgel? Oder Orgelmusik<br />
mit Gästen? Beim Trio<br />
ChoralConcert bleibt so manches<br />
in der Schwebe, nicht nur stilistisch.<br />
Karl Scharnweber an der<br />
Orgel der Christkirche Rendsburg,<br />
Thomas Klemm an Saxofon<br />
und Flöten und Wolfgang<br />
Schmiedt an den Gitarren treten<br />
immer wieder überraschend zusammen<br />
und auseinander, als<br />
wollten sie Endgültiges vermeiden.<br />
Ein musikalischer Essay,<br />
der zum Nachdenken anregt<br />
(KlangRäume).<br />
12. „Mussorgsky<br />
für 44 Pianisten“<br />
Zum Schluss noch ein echtes<br />
Unikum, ein Happening, ein musikalisches<br />
Ereignis zwischen<br />
Monumentalität und Bizarrerie.<br />
Fünftausend Zuhörer erlebten<br />
1993 in einer Braunschweiger<br />
Klavierfabrik diese Aufführung<br />
der „Bilder“ an 44 Flügeln und<br />
einem präparierten Piano. Hans-<br />
Christian Wille plante, Hans-<br />
Wilhelm Plate arrangierte, Uwe<br />
Präkelt dirigierte, VW sponserte.<br />
Heraus kam Klaviermusik<br />
als orchestrales Raumerlebnis.<br />
(ram)<br />
23
Michel G o dard<br />
Claudios Erben<br />
Drei Barockmusiker treffen auf drei Jazz-<br />
kollegen. Sie spielen Musik von Monteverdi<br />
und ein bisschen mehr. Und aus<br />
dem Experiment wird eine Begegnung<br />
auf Augenhöhe. Von ralf dombrowski<br />
Die ehemalige Zisterzienserabtei von Noirlac ist ein besonderer<br />
Ort. Seit 2008 ein Kultur- und Begegnungszentrum, sind<br />
dort häufig Künstler zu Gast, um sich von der Atmosphäre<br />
oder auch der Akustik inspirieren zu lassen. Im Juni 2011 versammelte<br />
der Tubaist Michel Godard ein ungewöhnliches Sextett in den Gewölben.<br />
Theorbe, Barockvioline und Gesang standen Serpent, Bassgitarre<br />
und Saxofon gegenüber. Heraus kam Musik zwischen den Stilwelten,<br />
feintönend, manchmal knorrig, aber sehr französisch im Impetus der<br />
Klangkulturverschmelzung. Das Album „Monteverdi – A Trace Of<br />
Grace“ ist bei Carpe Diem Records erschienen, einem Label aus Bremen,<br />
das sich auf Alte Musik und deren Grenzgänge konzentriert.<br />
24<br />
Monteverdi macht<br />
glücklich. Das Projekt war<br />
für Michel Godard (r.)<br />
und seine Freunde<br />
die Erfüllung eines Traums<br />
Wie kam es zu „Monteverdi“?<br />
Die Aufnahme ist der Abschluss einer Trilogie. Der erste Teil beschäftigte<br />
sich mit Musik und Parfüm, der zweite mit Wein, und jetzt folgt<br />
Monteverdi. Jedes Mal ging es um Grenzüberschreitungen, zu Düften,<br />
zum Geschmack oder eben nun zur Alten Musik. Und es war außerdem<br />
ein Treffen von Musikern verschiedener Stilherkünfte. Drei entstammen<br />
der Barockszene, die anderen drei im Großen und Ganzen<br />
dem Jazz.<br />
Wie haben Sie sich vorbereitet?<br />
Die Musik von Monteverdi kenne ich, seit ich klein bin. Sie hat mich<br />
eigentlich immer schon begleitet. Dann habe Steve Swallow gefragt, ob<br />
er auch Kompositionen beisteuern möchte. So steht Monteverdi auf der<br />
einen Seite und unsere Musik als Spiegel auf der anderen. Als wir dann<br />
zu den Proben kamen, hatten wir ursprünglich Arrangements dabei,<br />
die sich dann aber vielfältig verändert haben. Denn im Kern geht es<br />
auch um Improvisation.<br />
Die Barockmusiker haben auch improvisiert?<br />
Natürlich. Vor allem der Spieler der Theorbe hat andauernd die Stücke<br />
variiert, ebenso die Geigerin. Lediglich Guillemette Laurens hat<br />
ihre Stimmpassagen weitgehend original beibehalten. Sie ist ja eine der<br />
Pionierfiguren der Alten Musik. Sucht man nach frühen Monteverdi-<br />
Aufnahmen, war meistens sie daran beteiligt.<br />
Wie kam das Repertoire zustande?<br />
Die meisten Stücke sind mir sehr präsent, überwiegend Madrigale und<br />
Ausschnitte aus der Oper „L’Incoronazione di Poppea“. Sie basieren<br />
vielfach auf einer ostinaten Grundform. Da wiederum ergeben sich
viele Berührungspunkte zum<br />
Jazz und sogar zur heutigen populären<br />
Musik.<br />
T ö n e n d e<br />
s c h l a n g e<br />
der (oder das) Serpent<br />
Warum diese Kombination von<br />
wurde um 1590 erfunden<br />
Musikern?<br />
und besteht aus einer<br />
Wichtig war für mich natürlich<br />
bis zu 240 cm langen<br />
Steve Swallow, eines meiner<br />
konischen, schlan-<br />
großen Idole. Die Möglichkeit,<br />
genförmig gewundenen<br />
mit ihm zu arbeiten, war die Er- Schallröhre. aufgrund seines tiefen<br />
füllungen eines Traumes. Aber und vokalnahen Klangs wurde es vor<br />
auch die anderen Musiker ken- allem in Frankreich zur Begleitung<br />
ne ich schon länger.<br />
von Gregorianischen chorälen<br />
verwendet. im 19. Jahrhundert wurde<br />
Warum spielen Sie in diesem Fall das Serpent durch Basshorn und<br />
nur Serpent und ein bisschen Tuba verdrängt und geriet lange in<br />
Bass?<br />
Vergessenheit.<br />
Auf der eine Seite wollte ich so<br />
nah wie möglich am Barock sein.<br />
Darüber hinaus aber hätte die<br />
Tuba in dieser Akustik dem Ganzen ein wenig die Natürlichkeit genommen.<br />
Sie wäre zu kraftvoll, zu dominant gewesen. Ich wollte mich<br />
da auch etwas selbst beschränken.<br />
Worin besteht die besondere Faszination des Serpents?<br />
Es lässt sich wie viele traditionelle Instrumente sehr reduziert spielen.<br />
Manchmal reicht die richtige Positionierung eines Tones, um eine große<br />
Wirkung hervorzurufen. Dafür werden Fragen etwa der Intonation<br />
viel wichtiger.<br />
Was kommt als nächstes? Ein Album zur französischen Küche?<br />
Nein, nein. Es wird eher darauf hinaus laufen, dass ich mit Steve<br />
Swallow enger zusammenarbeite. Erst unlängst meinte er, wir sollten<br />
öfter spielen, aber uns nicht mehr nur der Musik anderer Komponisten<br />
widmen, sondern etwas Eigenes machen. Und da habe ich nun wirklich<br />
nichts dagegen.<br />
Auch ein Schluck Wein im Becher: das Monteverdi-Team bei der Arbeit<br />
25<br />
K A R S T E N J A H N K E K O N Z E R T D I R E K T I O N<br />
11.11.11 Erfurt - Alte Oper<br />
12.11.11 Halle - Steintor-Varieté<br />
24.11.11 Stade - Stadeum<br />
25.11.11 Paderborn - Paderhalle<br />
26.11.11 Mülheim a.d. Ruhr - Stadthalle<br />
01.12.11 Dortmund - Konzerthaus<br />
02.12.11 Soest - Stadthalle<br />
09.12.11 Berlin - UdK<br />
10.12.11 Elmshorn - Stadttheater<br />
14.12.11 Düsseldorf - Tonhalle<br />
15.12.11 Mannheim - Capitol<br />
17.12.11 Frankfurt - Alte Oper<br />
12.01.12 Aachen - Eurogress<br />
13.01.12 Wuppertal - Historische Stadthalle<br />
14.01.12 Bonn - Oper<br />
19.01.12 Stuttgart - Liederhalle / Hegelsaal<br />
20.01.12 Lörrach - Burghof<br />
21.01.12 Mainz - Frankfurter Hof<br />
22.01.12 Saarbrücken - Congresshalle<br />
28.01.12 Ludwigsburg - Scala<br />
29.01.12 Karlsruhe - Tollhaus<br />
09.02.12 Wahlstedt - Kleines Theater am Markt<br />
10.02.12 Flensburg - Deutsches Haus<br />
11.02.12 Hamburg - Laeiszhalle<br />
08.03.12 Münster - Halle Münsterland, Congress-Saal<br />
09.03.12 Hannover - Theater am Aegi<br />
10.03.12 Buchholz - Empore<br />
14.03.12 Lüneburg - Vamos! Kulturhalle<br />
15.03.12 Bremen - Glocke<br />
16.03.12 Lübeck - Musik- und Kongreßhalle<br />
TOWER<br />
OF<br />
POWER<br />
15.03.12 Düsseldorf - Tonhalle<br />
17.03.12 Hamburg - Laeiszhalle<br />
22.03.12 Bremen - Glocke<br />
23.03.12 Frankfurt - Alte Oper<br />
24.03.12 Freiburg - Konzerthaus<br />
27.03.12 Stuttgart - Liederhalle<br />
28.03.12 München - Philharmonie<br />
30.03.12 Berlin - Tempodrom<br />
funkelnagelneu<br />
Winner<br />
Emmy Award<br />
17.03.12 Kiel - Kieler Schloss<br />
19.03.12 Köln - Philharmonie<br />
22.03.12 Datteln - Stadthalle<br />
23.03.12 Essen - Philharmonie<br />
24.03.12 Bielefeld - Rudolf-Oetker-Halle<br />
Theater am Ring<br />
31.03.12 Trier - Europahalle<br />
13.04.12 Aurich - Stadthalle<br />
14.04.12 Lingen - Theater an der Wilhelmshöhe<br />
15.04.12 Krefeld - Seidenweberhaus<br />
20.03.2012 Hamburg - Fabrik<br />
21.03.2012 Hannover - Capitol<br />
22.03.2012 Berlin - Postbahnhof<br />
TICKETS: 01805 - 62 62 80* | 040 - 413 22 60 | www.karsten-jahnke.de<br />
*� 0,14/Min. aus dem dt. Festnetz, Mobilfunk max. � 0,42/Min.
adio.strin g.quarte t.vienna<br />
Rapid String Movement<br />
Das radio.string.quartet.vienna wagt den ästhetischen<br />
Neuanfang und kommt mit „radiodream“ seinem Ziel<br />
ein gutes Stück näher. von Paul Hammerthal<br />
Björk würde er gerne einmal treffen.<br />
Aber daraus wird wohl nichts, denn<br />
die isländische Künstlerin, die sich<br />
eben erst mit dem Album „Biophilia“ wieder<br />
einmal neu erfunden hat, gehört zu den<br />
am besten abgeschotteten Künstlerinnen der<br />
Netzwelt. „Es ist erstaunlich und auch ein<br />
bisschen frustrierend“, meint Bernie Mallinger,<br />
erster Geiger und Mitbegründer des<br />
radio.string.quartet.vienna. „Einen ganzen<br />
Tag lang habe ich das Internet abgesucht, aber<br />
nicht einen Hinweis gefunden, kein Kontakt,<br />
nichts, was man verwenden könnte.“ Dabei<br />
hätte er der Sängerin gerne ein Exemplar von<br />
„radiodream“ in die Hand gedrückt. Denn<br />
Mallinger ist der festen Überzeugung, dass<br />
eine Geistesverwandschaft zwischen dem<br />
besteht, was er in Wien mit seinen Freunden<br />
experimentiert, und dem, was die öffentlichkeitsscheue<br />
Sängerin im Land der Geysire<br />
imaginiert.<br />
Tatsächlich gibt es Gemeinsamkeiten,<br />
wenn auch vor allem konzeptioneller Natur.<br />
So schwer sich Björk in ein Schema der Popwelt<br />
einpassen lässt, so wenig sieht sich<br />
auch das r.s.q.v. noch als Statthalter einer<br />
festgefügten Tradition. „Ich glaube, wir<br />
sind schon ein Streichquartett. Aber<br />
wir entwickeln uns immer mehr<br />
in Richtung einer Art globalen<br />
Musik. Deshalb bleibt es nicht<br />
immer beim Streichquartett,<br />
sondern der Sound<br />
öffnet sich nach vielen<br />
Seiten. Natürlich<br />
lieben wir alle die<br />
ursprüngliche Form,<br />
und auch auf dem Album<br />
gibt es Passagen,<br />
die sich ganz klassisch<br />
im klanglich bekannten<br />
Rahmen bewegen. Aber<br />
26<br />
es ist eben nicht das Einzige. Ein weiterer<br />
Punkt: Wir dürfen, sollen und wollen über den<br />
Tellerrand schauen. Das ist bei vielen Kollegen<br />
anders, die sind aus unterschiedlichen<br />
Gründen festgelegter.“ Dieser Anspruch der<br />
latent Klangausweitung hat allerdings nicht<br />
nur Vorteile. Während traditionelle Streichquartette<br />
sich zwar in harter Konkurrenz,<br />
aber doch innerhalb eines klaren Rahmens<br />
von Repertoire, Interpretation und Rezeption<br />
bewegen, muss das r.s.q.v. mit der Vielfalt<br />
der Möglichkeiten kämpfen, um eine eigene<br />
Sprache zu finden.<br />
Grenzgänger<br />
mit Geigen und<br />
einem Faible<br />
fürs Konzeptuelle:<br />
das r.s.q.v<br />
Die musikalischen Ergebnisse dieser ästhetischen<br />
Auseinandersetzung fielen bislang<br />
sehr unterschiedlich aus. Während das Tribute<br />
an die Musik des Mahavishnu Orchestra<br />
in sich rund und stimmig wirkte, gelang<br />
ihnen mit den folgenden drei Alben kein<br />
wirklicher Treffer. Zwar führten auch diese<br />
Projekte durch unterschiedliche Gäste<br />
wie den Akkordeonisten Klaus Paier klanglich<br />
über den engen Stilzusammenhang des<br />
Genres hinaus. Im Kern jedoch verwiesen<br />
sie das Streichquartett auf den Platz der Begleitung,<br />
wohltönend und wenig charakteristisch.<br />
„Quartett mit Gast ist etwas ganz anderes.<br />
Natürlich waren die ganzen Kooperationen der<br />
vergangenen Jahre jede für sich großartig. Aber<br />
jetzt schien es uns dringend nötig, wieder einmal<br />
etwas nur als Quartett zu machen. Denn wir hatten<br />
das Gefühl, dass sich sehr viel verändert hat,<br />
was wir noch nicht festgehalten hatten und unbedingt<br />
mitteilen wollten.“<br />
Traumdeutung musikalisch<br />
Und so reifte ein Programm heran, mit dem<br />
das r.s.q.v. die Träume einer Nacht musikalisch<br />
nachvollziehen wollte. „Von Anfang an<br />
war klar, dass vieles von uns selbst geschrieben<br />
sein sollte. Aber es durften auch Stücke<br />
von anderen vorkommen, die irgendwie mit<br />
dem Thema zu tun hatten.“ Und so machten<br />
sich die Musiker und Musikerinnen des r.s.q.v.<br />
auf die Traumreise, ließen sich von Sigmund<br />
Freud und Salvador Dali, von Kinospektakeln<br />
wie „Inception“ und Henry Mancini inspirieren.<br />
Manches entwickelte sich schrill, anderes<br />
profitierte von der Transparenz der Streicherstimmen.<br />
Soundopulenz und Reduktion,<br />
Synthetik und Natürlichkeit stehen<br />
nebeneinander und ergänzen sich in 14<br />
Abschnitten zu einer Suite der akustischen<br />
Chimären. Aus den bisherigen<br />
Experimenten innerhalb der originär<br />
klassischen Klangwelt wurden<br />
Ausflüge bis hin in rockverwandte<br />
Gefilde. Für das r.s.q.v. jedenfalls<br />
ist „radiodream“ ein großer<br />
Schritt aus dem Lager der<br />
Puristen heraus. Und für die<br />
Szene womöglich ein Wegweiser<br />
in eine bislang kaum erforschte<br />
Richtung.<br />
Neu: das album<br />
„radio-dream“ (aCt/edel<br />
Kultur) des radio.string.<br />
quartet.vienna erscheint<br />
am 28. ok tober 2011.
Billy Joel<br />
Live at the<br />
Shea Stadium<br />
MiCHAel JACkson<br />
The Ultimate Collection<br />
peArl JAM<br />
Ten (Collector's Edition)<br />
roger WAters<br />
The Roger Waters Collection<br />
Miles DAvis<br />
The Complete Columbia Album Collection<br />
JiMi HenDrix West Coast Seattle Boy:<br />
The Jimi Hendrix Anthology (Collectors Edition)<br />
AC/DC<br />
Pug Me In<br />
BruCe springsteen<br />
Born To Run - 30th Anniversary
Anoushk A sh Ank Ar<br />
Krishna – Olé!<br />
Sie ist die Halbschwester von Norah<br />
Jones und trägt einen großen Namen.<br />
Doch mit ihrem Können ist Anoushka<br />
Shankar an der Sitar mehr als nur<br />
in die Fußstapfen ihres Vaters Ravi<br />
Shankar getreten. Von Guido Fischer<br />
28<br />
Der Sound einer Sitar ist einzigartig. Aber bei keinem anderen<br />
Weltmusik-Instrument schwingen bis heute so hartnäckig<br />
Klischees mit. Schließlich steht sie für eine Zeit, als Erleuchtungswillige<br />
und Blumenkinder sich nach Indien aufmachten, um am<br />
eigenen Karma zu feilen. Natürlich kann man sich auch weiterhin an<br />
der Sitar in höhere Klangsphären improvisieren. In einer genau geregelten<br />
Bodensitzhaltung, die wahrscheinlich allen orthopädischen<br />
Weisheiten spottet. Anoushka Shankar ist allein schon optisch der<br />
Beweis, dass man bei ausgiebigen Sessions seine Würde und Schönheit<br />
bewahren kann. Die 30jährige hat aber eben nicht nur das tiefverwurzelte<br />
ABC der indischen Musik verinnerlicht, all die Ragas,<br />
die den Weg zur spirituellen Einkehr ebnen. An der Sitar konnte sie<br />
mittlerweile selbst die verschiedensten musikalischen Freundschaften<br />
knüpfen. Mal spielte sie mit dem klassischen Cellisten Mstislaw Rostropowitsch<br />
und dann wieder mit Jazzklavier-Ikone Herbie Hancock.<br />
Und wenn sie nicht gerade mal mit Lenny Kravitz jammte, bildete sie<br />
mit Sting ein durchaus magisches Duo.<br />
Für ihr sechstes Album „Traveller“ hat Anoushka Shankar aber<br />
nun an eine musikalische Tradition angedockt, die in ihrer feurigen<br />
Robustheit eigentlich so gar nichts mit den filigranen Reizen der indischen<br />
Musik zu tun hat. Für die Virtuosin<br />
liegen die Unterschiede zwischen dem<br />
Flamenco und der Musik ihrer Ahnen aber<br />
Vater Ravi kann stolz nur im Detail. Was beide dagegen unüber-<br />
sein: Noch ist Anoushka hörbar miteinander verbindet, ist nicht nur<br />
Shankar keine Legende. ihr Fokus auf den Rhythmus. „Flamenco<br />
Aber musikalisch<br />
hat mich immer schon begeistert und fas-<br />
kann sie ihm bereits ziniert“, erinnert sich Anoushka Shankar.<br />
das Wasser reichen.<br />
„Er sprach mich an, da ich spürte, dass
er eine Eigenschaft mit der klassischen indischen Musik teilt, die ich<br />
ganz besonders schätze: die grenzenlose Musikalität des Ausdrucks,<br />
ganz gleich, ob es sich um eine Solostimme handelt, eine Sitar oder<br />
eine Gitarre.“<br />
Die indischen Wurzeln des Flamenco<br />
Warum sich Shankar im Flamenco von jeher ein wenig wie zu Hause<br />
fühlte, wurde ihr erst so richtig bei den Vorbereitungen ihres Albums<br />
klar, als sie erfuhr, dass der Flamenco seine Ursprünge in Indien hat.<br />
So sollen vor rund 800 Jahren die Vorfahren der Gitanos aus Rajasthan<br />
zu einer lange Reise aufgebrochen sein, die sie über Asien und den Vorderen<br />
Orient bis nach Spanien geführt hat. Musikhistorisch gesehen ist<br />
der Flamenco damit gewissermaßen der kleine Bruder der indischen<br />
Musik. Nur hatten sie sich auch in der ansonsten so hellhörigen Weltmusik-Szene<br />
etwas aus den Augen und Ohren verloren. Jetzt ist aber<br />
die überfällige und verblüffende Familienzusammenführung geglückt,<br />
unter der Ägide von Anoushka Shankar und dem spanischen Gitarristen<br />
Javier Limón, die jeweils Koryphäen aus ihrem Umkreis wie den<br />
Ghatam-Spieler Pirashanna Thevarajah und Flamenco-Altmeister<br />
Pepe Habichuela zu den Aufnahmen mitgebracht haben. Dementsprechend<br />
bestaunt man da hitzige Duelle zwischen Tablas und spanischer<br />
Perkussion. Und plötzlich scheinen<br />
die Schleifgesänge von der Spanierin<br />
Sandra Carrasco und der Inderin<br />
Shubda Mudgal auf einem Atem daherzukommen.<br />
Die Musik auf „Traveller“ stammt<br />
durchweg von Anoushka Shankar<br />
und Javier Limón. Bei den Texten<br />
hingegen hat neben historischen<br />
Vorlagen auch ihr Vater Ravi Shankar<br />
mitgewirkt, den sie voller Stolz<br />
„meinen Guru, meinen Lehrer“ nennt.<br />
Neun Jahre war sie gerade mal, als sie<br />
von ihm in die Kunst des Sitarspiels<br />
eingewiesen wurde. Aber bereits mit<br />
13 Jahren gab das in London geborene<br />
und in den USA aufgewachsene<br />
Talent anno 1994 sein erstes Konzert<br />
in Neu-Dehli. Ravi Shankar war aber<br />
mehr als nur ihr unerschöpflicher Urquell<br />
der Inspiration. Wer wie er Gott<br />
und die Welt kannte, vom Klassikviolinisten<br />
Yehudi Menuhin bis zu den<br />
Beatles, der machte seine Tochter auf<br />
D i e T ö c h T e r<br />
Ravi Shankars<br />
Erben sind<br />
überaus aktiv<br />
Die erfolgreiche halbschwester<br />
ging ihren eigenen musikalischen<br />
Weg. Im Jahr 2002 veröffentlichte<br />
norah Jones „Come Away<br />
With Me“, den Überraschungserfolg<br />
des Jahrzehnts. und mit<br />
Anoushka shankar fand sie auch<br />
zusammen. Zwei Talente mit viel<br />
Wirkung auf die Musikwelt.<br />
den ständigen gemeinsamen Reisen mit der musikalischen Prominenz<br />
bekannt. Das größte Erlebnis aber waren nicht die George Harrisons<br />
und Eric Claptons dieser Welt – obwohl gerade mit ersterem die Teenagerin<br />
eine musikalische Seelenverwandschaft verband –, sondern<br />
die Geburt ihres ersten eigenen Kindes. Zubin heißt der stramme Junge<br />
und war schon bei den „Traveller“-Sessions mit dabei. Und so wie<br />
Anoushka Shankar in dem Stück „Inside Me“ ihre Sitarsaiten hüpfen<br />
und glitzern lässt, kann man sich lebhaft vorstellen, in welch freudiger<br />
Erwartung sie sich da befand.<br />
Neu: Anoushka shankar „Traveller“ (DG/universal)<br />
Tournee: Anoushka shankar spielt von 6. november 2011 an sechs<br />
konzerte in Deutschland, in München (6.11.), heidelberg (7.11.), Baden-<br />
Baden (17.11.), Berlin (6.12.), hamburg (7.12.) und Dortmund (8.12.).<br />
29<br />
Foto: Getty<br />
„Tut uns leid,<br />
alle vergriffen!“<br />
Wenn Sie diesen Satz nie mehr<br />
hören wollen, können Sie ihn hier unten<br />
löschen – jetzt und für immer.<br />
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P O P, ROck & cO<br />
Jeff Bridges<br />
„Jeff Bridges“<br />
BLUE NOTE/EMI<br />
[americana] Wie Hollywood-<br />
Recke Jeff Bridges auf dem Cover<br />
seiner gleichnamigen Debüt-CD<br />
mit einer alten Gretsch-Klampfe<br />
posiert – das passt. Das wirkt<br />
auch nicht gestellt. Klar, Bridges<br />
hat für seine Rolle als abgehalfterter<br />
Countrysänger in „Crazy<br />
Heart“ einen Oscar bekommen.<br />
Doch Musik spielt, so sagt er, eigentlich<br />
schon lange in seinem Leben<br />
eine Hauptrolle. Gemeinsam<br />
mit Produzent T-Bone Burnett<br />
und Songwritern wie John Goodwin<br />
und Greg Brown – alle waren<br />
sie auch bei „Crazy Heart“ beteiligt<br />
– präsentiert er jetzt zehn Titel<br />
aus dem Americana-, Folk- und<br />
Country-Fach. Meist hält sich<br />
der Hollywood-Veteran stimmlich<br />
diskret zurück: Er grummelt,<br />
nuschelt und näselt zu gemütlichen<br />
Rhythmen wie Dylan oder<br />
Young. Wenn das Tempo mal anzieht,<br />
wie bei „Blue Car“, lassen<br />
Clapton und/oder Cale grüßen.<br />
Kurz: gut gemachter Laidback-<br />
Sound. Gunther Matejka<br />
Hintergrund: Mit Produzent T-<br />
Bone Burnett verbindet Bridges seit<br />
30 Jahren eine enge Freundschaft.<br />
Downloadtipp: „What A Little Bit<br />
Love can Do“, „Everything But Love“,<br />
„Blue car“<br />
The B-52s<br />
„With The Wild crowd! –<br />
Live In Athens, GA“<br />
EAGLE/EDEL<br />
[new Wave/Rock] Auf ein Livealbum<br />
der legendären New-Wave-<br />
Band aus Athens, Georgia, hat<br />
wahrscheinlich niemand drin-<br />
30<br />
die pop-cd des monats<br />
Theo Bleckmann<br />
„Hello Earth! - The Music Of kate<br />
Bush“ WINTER & WINTER / EDEL:kULTUR<br />
kate Bush ist sakrosankt. Zu eigenwillig erscheint ihre Musik im kosmos der<br />
anspruchsvollen Popmusik der vergangenen drei Jahrzehnte, um sich ei-<br />
ner Bearbeitung unterziehen zu lassen. Tatsächlich blieben ihre Lieder im<br />
Vergleich zu denen von kollegen wie Sting oder Peter Gabriel bislang weitgehend<br />
ungecovert. Denn sie erfordern nicht nur einen brillanten Interpreten, um den be-<br />
reits komplexen Originalen eine weitere Ebene hinzuzufügen, sondern auch eine<br />
selbstbewusste Ästhetik, die sich am Bush-Universum reibt. kurz: Es braucht<br />
jemanden wir Theo Bleckmann, um der britischen künstlerin auf Augenhöhe<br />
zu begegnen. Denn der in New York lebende Sänger ist mit allen Avantgarde-<br />
Wassern gewaschen, zugleich aber empathisch genug, um Musik von innen he-<br />
raus leuchten zu lassen. „Hello Earth!“ hat er im Quintett mit Gleichgesinnten<br />
wie dem Pianisten Henry Hey und dem Bassisten Skuli Sverrisson aufgenom-<br />
men, mit Schwerpunkt auf der „Hounds Of Love“-Phase , aber auch mit Liedern<br />
wie „Army Dreamers“ und „The Man With The child In His Eyes“. Und es gelingt<br />
Bleckmann mit weicher, dezent dramatischer Stimme und Stilexkursen in die<br />
Welten von Folk bis Jazz, die Lieder auf ihre ursprüngliche Schönheit zurück-<br />
zuführen. Das ist ein kunststück, denn es entkleidet die Musik von kate Bush<br />
der Dominanz ihrer Stimme, ohne ihr gleichzeitig die Identität und Finesse zu<br />
nehmen. Ein Meisterstück der Interpretationskultur. Ralf Dombrowski<br />
Wissenswertes: Theo Bleckmann hat bereits mit künstlern wie Laurie Ander-<br />
son, Philip Glass oder auch Meredith Monk gearbeitet.<br />
Downloadtipp: das ganze Album<br />
gend gewartet. Umso größer ist<br />
die Überraschung, in welch bestechender<br />
Form sich die Formation<br />
um Sängerin Kate Pierson und<br />
Sänger Fred Schneider auf diesem<br />
Livemitschnitt aus dem Classic<br />
Center in ihrer Heimatstadt präsentiert.<br />
Nachdem ihr 2008 veröffentlichtes<br />
Comeback-Album<br />
„Funplex“ auf durchaus gemischte<br />
Reaktionen stieß, scheint die Band<br />
ihr kleines Tief wieder überwunden<br />
zu haben. Die anlässlich des<br />
34jährigen Jubiläums ihres ersten<br />
Konzerts am Valentinstag 1977<br />
aufgezeichnete Show überzeugt<br />
jedenfalls ohne Abstriche. Hits<br />
wie „Rock Lobster“ und „Party<br />
Out Of Bounds“ haben bis heute<br />
nichts von ihrer Dynamik eingebüßt<br />
und klingen erstaunlich<br />
modern und zeitgemäß. Entsprechend<br />
groß ist der Jubel, der der<br />
Band entgegen brandet, die sich<br />
gegen Ende hin bei Stücken wie<br />
„Love Shack“ und „Planet Claire“<br />
in einen wahren Spielrausch hineinsteigert.<br />
Robert Wallner<br />
Downloadtipp: „Give Me Back My<br />
Man“, „Party Out Of Bounds“ und<br />
„Rock Lobster“<br />
Tony Christie<br />
„Now’s The Time!“<br />
cOLUMBIA/SONY<br />
[adult pop] Der Titel ist Programm:<br />
Zeit wird’s, meint Tony<br />
Christie, um aus dem Soziotop<br />
der Schlagerwelt heraus zu treten<br />
und einen Sound zu machen,<br />
der das Erbauliche zugunsten<br />
des Tanzbaren und Soulgetönten<br />
hinter sich lässt. Damit steht<br />
der 68jährige Brite, der vor vier<br />
Dekaden mit Liedern wie „I Did<br />
What I Did For Maria“ bekannt<br />
wurde, in der Entertainment-<br />
Welt nicht alleine. Schon Tom<br />
Jones hatte als reiferer Herr die<br />
„Sex Bomb“ platzen lassen, und<br />
Produzent Rick Rubin recycelt erfolgreich<br />
alte Recken von Johnny<br />
Cash bis Neil Diamond. Nun also<br />
auch Tony Christie, und siehe da:<br />
Der Profi macht seine Sache gut.<br />
„Now’s The Time!“ hat mit seiner<br />
souligen Grundhaltung klares<br />
Partypotential, und der Meister<br />
selbst profitiert mit kräftigem<br />
Bariton davon, dass er mit<br />
allen Showwassern gewaschen<br />
ist. Ein Prise Motown schwingt<br />
da mit und ein pfiffiges Pathos,<br />
wie man es aus der Paul-Anka-<br />
Schule kennt. Handgemachter<br />
Studiosound mit einer Prise Big<br />
Band bildet den Rahmen, und der<br />
rüstige Crooner selbst fühlt sich<br />
in diesem entspannten Ambiente<br />
hörbar wohl. Offenbar wurde<br />
es wirklich Zeit für einen neuen<br />
Tony Christie. Sascha Fröhlich<br />
Ähnlich wie: Tom Jones,<br />
Phil collins, Neil Diamond<br />
Downloadtipp: „Now’s The Time!“<br />
Fatoumata Diawara<br />
„Fatou“<br />
WORLD cIRcUIT/INDIGO<br />
[World pop] Die 1982 in der Elfenbeinküste<br />
geborene Sängerin<br />
und Schauspielerin zählt zu den<br />
großen Talenten der Weltmusikszene.<br />
Zu ihren Bewunderern gehören<br />
unter anderem Herbie Hancock,<br />
John Paul Jones, Damon Albarn<br />
und Tourmani Diabaté. Und<br />
das vollkommen zu Recht, denn<br />
auf ihrem Debütalbum für das<br />
Label World Circuit überzeugt<br />
Fatoumata Diawara mit zwölf eindringlichen,<br />
angenehm zurückhaltend<br />
instrumentierten Songs.<br />
Eingespielt hat die Künstlerin die<br />
Platte mit Hilfe von Produzent<br />
Nick Gold und Musikern wie Gitarrist<br />
Moh Kouyate, Keyboarder
Boris Persikoff, Schlagzeuger Seb<br />
Rochford und Bassist Alioune<br />
Wade. In Stücken wie „Sowa“ oder<br />
„Makoun Oumou“ begeistert Fatoumata<br />
Diawara als einfühlsame<br />
Geschichtenerzählerin, die<br />
durchaus auch vor kontroversen<br />
Themen nicht zurückschreckt. Zu<br />
den eindringlichsten Kompositionen<br />
auf „Fatou“ gehört neben<br />
dem mit einem hypnotischen Gitarrenmotiv<br />
unterlegten Opener<br />
„Kanou“ vor allem der mit einem<br />
hypnotischen Afrobeat-Groove<br />
veredelte Titel „Bissa“.<br />
Robert Wallner<br />
Hintergrund: Bereits im Alter<br />
von 16 Jahren stand Fatoumata<br />
Diawara erstmals als Schauspiele-<br />
rin vor der kamera.<br />
Downloadtipp: „Bissa“<br />
Kinderzimmer<br />
Productions<br />
„Gegen den Strich“<br />
TRIkONT/INDIGO<br />
[symphonic Hiphop] Mit Kinderzimmer<br />
hat „Gegen den Strich“<br />
nicht mehr viel zu tun, eher mit<br />
dem Salon einer herrschaftlichen<br />
Villa. Und eigentlich hatte sich das<br />
Duo von Textor und Quasi Modo,<br />
das unter dem Signum Kinderzimmer<br />
Productions den deutschen<br />
Hiphop expressiv-elektronisch<br />
aufgepimpt hatte, zum<br />
Zeitpunkt der Aufnahme bereits<br />
seit drei Jahren aufgelöst. Als aber<br />
der österreichische Radiosender<br />
FM4 die Herren im Sommer 2010<br />
zum Ortstermin mit Symphonie-<br />
Orchester einlud, konnten sie<br />
doch nicht nein sagen und erschienen<br />
im Großen Sendesaal<br />
des Radio-Kulturhauses des ORF<br />
in der Wiener Argentinierstraße.<br />
Rund 200 Zuhörer waren außerdem<br />
dabei, und so wurde diese<br />
Unplugged-Deluxe-Session eine<br />
bemerkenswerte Stilhybride dieses<br />
Musikherbstes. Neben alten<br />
Liedern wie „Marihuana“ kamen<br />
auch neue Songs wie „Sie kriegen<br />
uns nie“ zum Einsatz, die im dezent<br />
orchestrierten Rahmen schon<br />
beinahe etwas Offizielles hatten.<br />
Überhaupt ist das Experiment der<br />
Stil- und Attitude-Fusion auf irritierende<br />
Weise geglückt. Denn<br />
eigentlich war Hiphop ja einmal<br />
der Sound der Kinderzimmer, renitent<br />
und subversiv. Mit „Gegen<br />
den Strich“ aber tritt er in das Repertoire<br />
des erwachsenen Pop ein.<br />
Paul Hammerthal<br />
Wissenswertes: FM4, die amtliche<br />
Jugendwelle des ORF, ist seit 1995<br />
auf Sendung.<br />
Noel Gallagher’s<br />
High Flying Birds<br />
„Noel Gallagher’s High<br />
Flying Birds“<br />
SOUR MASH/INDIGO<br />
[Rock] Seinem Bruder Liam ist<br />
es mit dem Anfang des Jahres<br />
veröffentlichten Debütalbum<br />
seiner Band Beady Eye nicht gelungen,<br />
sich nur halbwegs vom<br />
allseits bekannten Oasis-Sound<br />
zu emanzipieren. Noel Gallagher<br />
ist da auf seinem neuen Werk, unterstützt<br />
von Toningenieur Paul<br />
Stacey und dessen Zwillingsbruder<br />
Jeremy Stacey am Schlagzeug,<br />
schon etwas mutiger unterwegs.<br />
Natürlich enthalten auch die zehn<br />
Songs von „Noel Gallagher’s High<br />
Flying Birds“ viele bekannte Oasis-Elemente,<br />
aber doch in absolut<br />
verträglicher Dosis. Zu den<br />
außergewöhnlichsten Stücken<br />
zählt sicherlich das stark an die<br />
Kings Mitte der 60er Jahre erinnernde,<br />
mit Ragtime-Elementen<br />
angereicherte „The Death Of You<br />
And Me“, mit dem Noel unter Beweis<br />
stellt, was für ein versierter<br />
Songwriter er immer noch ist. Befreit<br />
vom einengenden Korsett seiner<br />
früheren Band läuft er auch<br />
in Nummern wie dem epischen<br />
„Everybody’s On The Run“ und<br />
der Midtempo-Hymne „If I Had<br />
A Gun“ zu absoluter Hochform<br />
auf. Robert Wallner<br />
Wissenswert: Noel Gallagher hat<br />
zusammen mit den DJs der Forma-<br />
tion Amorphous Androgynous noch<br />
ein weiteres Album eingespielt.<br />
Downloadtipp: „The Death Of You<br />
And Me“<br />
Tom Waits<br />
„Bad As Me“<br />
ANTI/INDIGO<br />
[Blues, Rock] Amerikas Gossenpoet<br />
und Rotlichtbarde Nummer<br />
eins ist wieder da und präsentiert<br />
sich bestens erholt mit einer so<br />
vitalen, engagierten, aufgedrehten<br />
Performance wie lange nicht<br />
mehr. Zudem haben er und seine<br />
Produzentin Kathleen Brennan<br />
großen Aufwand für den Klang<br />
seiner neuen Songs betrieben:<br />
Da scheppert wie immer vieles<br />
schräg, aber alle Instrumente bekommen<br />
viel Volumen – eine satte<br />
Soundkulisse. Die Stimmung<br />
der Stücke pendelt zwischen zwei<br />
Polen: hier rhythmisch packende<br />
Blues- und Funk-Knochenschüttler,<br />
in denen heisere Baritonsaxes<br />
mit spitzen Riffs den<br />
Gitarren nochmals zusätzlichen<br />
Pfeffer einblasen – dort gefühlige<br />
Texmex-Balladen ähnlich<br />
jenen, denen Bob Dylan zuletzt<br />
frönte. Aber Waits nölt und wütet<br />
heftiger: Im schwülen Boogie<br />
„Get Lost“ steigert er sich in einen<br />
überdrehten Falsettgesang,<br />
dessen Intensität nur noch von<br />
einem fiesen Bluesgitarrensolo<br />
übertroffen wird. Und in „Hell<br />
Broke Luce“, einer Art Rap-Inferno<br />
mit Metalgitarren, Maschinengewehrfeuer<br />
und Explosionsgeräuschen<br />
im Hintergrund, lebt<br />
er seine Lust am Untergang hemmungslos<br />
aus. Felix Marondel<br />
Comeback: Sieben Jahre nachdem<br />
er zuletzt mit neuem Material auf-<br />
gewartet hatte, serviert Tom Waits<br />
auf „Bad As Me“ 13 neue Songs (in<br />
der Deluxe-Version sogar 16)<br />
Spectrals<br />
„Bad Penny“<br />
WIcHITA/PIAS<br />
[indie pop] Louis Jones ist 21<br />
Jahre alt und muss in seinem Leben<br />
bereits viel britischen Pop<br />
gehört haben. Denn der Sänger<br />
und Songwriter, der sich hinter<br />
dem Projekt Spectrals verbirgte,<br />
präsentiert mit „Bad Penny“ ein<br />
Album, das Morrissey in seinen<br />
jungen Jahren mit The Smiths<br />
kaum besser hinbekommen hätte.<br />
Diese Musik hat alles, was das<br />
sanfte Independent-Herz englischer<br />
Stilprägung sich wünscht:<br />
eine Prise Lakonik gepaart mit<br />
aufs Wesentliche reduzierten Gitarren-Pop<br />
Arrangements, einen<br />
launisch vor sich hin singenden<br />
Barden mit nicht allzu fordernden<br />
Texten über die Liebe und<br />
mehr, die bei aller Schlichtheit die<br />
Untiefen des Banalen geschickt<br />
umschiffen. So ist „Bad Penny“<br />
eigentlich das Album, das man<br />
sich von längst etablierten Kollegen<br />
wie eben Morrissey oder<br />
Matt Johnson wünschen würde.<br />
Und das ist schon ziemlich viel<br />
für einen Neuling des Geschäfts.<br />
Sascha Fröhlich<br />
Ähnlich wie: The The, The Smiths,<br />
Elvis costello, Pulp<br />
SuperHeavy<br />
„SuperHeavy“<br />
A&M/UNIVERSAL<br />
[Rock/soul/Reggae] Für Mick<br />
Jagger muss es nach fünf Jahrzehnten<br />
Rolling Stones durchaus<br />
einen gewissen Reiz besitzen,<br />
sich musikalisch noch<br />
31
P O P, ROck & cO<br />
einmal neu zu orientieren. Für<br />
sein Projekt SuperHeavy hat er<br />
seine Mitstreiter, Sängerin Joss<br />
Stone, Eurythmics-Mastermind<br />
Dave Stewart, Soundtrack-Komponist<br />
A.R. Rahman („Slumdog<br />
Millionaire“) und Dancehall-Star<br />
Damian Marley, mit viel Bedacht<br />
ausgewählt. Theoretisch betrachtet<br />
eine mehr als reizvolle Kombination,<br />
deren musikalischer<br />
Mehrwert sich aber leider nicht<br />
immer einstellt. So überzeugend<br />
diese Gruppe der Genre-Stars<br />
auch beim Titelsong „Superheavy“<br />
agiert, auf die gesamte Spieldauer<br />
weist dieses Experiment<br />
doch zu viele Leerstellen auf,<br />
in denen das Zusammenspiel<br />
nur bedingt funktioniert. Neben<br />
gelungenen Nummern wie<br />
der sonnigen Reggae-Hymne<br />
„Miracle Worker“ und dem mit<br />
Elektronik-Elementen angereicherten<br />
„Energy“ gibt es mit dem<br />
zu stark an bekannte Strukturen<br />
angelehnten „Unbelievable“ und<br />
der recht zähen Ballade „One Day<br />
One Night“ durchaus ein paar<br />
Ausfälle zu vermelden.<br />
Robert Wallner<br />
Info: Die fünf Beteiligten an diesem<br />
Projekt können zusammen elf Grammys<br />
auf ihrem konto verbuchen.<br />
James Morrison<br />
„The Awakening“<br />
ISLAND/UNIVERSAL<br />
[pop, soul] Schon der Opener<br />
von „The Awakening“ macht<br />
deutlich, wohin die musikalische<br />
Reise auf dem dritten Album des<br />
Sänger, Gitarristen und Songwriters<br />
geht: Der sanfte Popsong „In<br />
My Dreams“ bettet James Morrisons<br />
prägnanten Gesang in ein<br />
ausgeklügeltes Soundgewand aus<br />
Streichern, dezenten Gitarren<br />
und Percussions ein. Auch mit<br />
den übrigen zwölf Songs bewegt<br />
sich der Brite fast ausschließlich<br />
im Midtempo-Bereich, weiß je-<br />
32<br />
doch einen interessanten Spannungsbogen<br />
aufzubauen. Vom<br />
souligen „6 Weeks“ über das tanzbare<br />
„Slave To The Music“ und<br />
das kraftvolle „Forever“ bis hin<br />
zur spartanisch instrumentierten<br />
Ballade „Right By Your Side“<br />
reicht Morrisons breites Spektrum.<br />
Seinen Höhepunkt findet<br />
das überwiegend vom ehemaligen<br />
Suede-Gitarristen Bernard Butler<br />
produzierte Album allerdings in<br />
„Up“, einem stimmigen Duett mit<br />
der Sängerin Jessie J.<br />
Jörg Laumann<br />
Wissenswertes: Die „Saturn-Edition“<br />
des Albums enthält eine Bonus-<br />
DVD mit der 20minütigen Dokumentation<br />
„Man Behind The Music“ und<br />
zwei Videoclips.<br />
Downloadtipp: „Up“, „The Awakening“,<br />
„I Won’t Let You Go“<br />
Udo Lindenberg<br />
„MTV Unplugged – Live<br />
aus dem Hotel Atlantic“<br />
STARWATcH MUSIc/WARNER<br />
[Rock] Vor drei Jahren gelang<br />
Udo Lindenberg mit dem Album<br />
„Stark wie zwei“ ein spektakuläres<br />
Comeback. Der Sänger, Musiker,<br />
Komponist, Maler und Entertainer<br />
feierte dieses Jahre seinen 65.<br />
Geburtstag und denkt noch lange<br />
nicht ans Aufhören. Mit „MTV<br />
Unplugged – Live aus dem Hotel<br />
Atlantic“ setzt sich Udo Lindenberg<br />
selbst ein Denkmal und legt<br />
eine pfiffige Werkschau seiner<br />
Karriere vor, eingespielt mit vielen<br />
Gästen und Kollegen, darunter<br />
Inga Humpe, Jennifer Rostock,<br />
Max Herre, Jan Delay, Clueso und<br />
natürlich dem Panik orchester.<br />
Aufgenommen wurde das Livealbum,<br />
für dessen musikalische<br />
Umsetzung Andreas Herbig,<br />
Henrik Menzel und Peter „Jem“<br />
Seifert verantwortlich zeichen, in<br />
der Kulturfabrik Kampnagel. Die<br />
Bandbreite der Songs reicht von<br />
„Good Life City“ aus den frühen<br />
70er Jahren über Titel wie „Mein<br />
Ding“ aus dem Comeback-Album<br />
„Stark wie zwei“ bis hin zum von<br />
Annette und Inga Humpe komponierten<br />
Song „Ein Herz kann<br />
man nicht reparieren“.<br />
Robert Wallner<br />
Info: Das Album ist in einer<br />
„Einzelzimmer“-Edition mit 13 Songs<br />
und einer „Doppelzimmer“-Edition<br />
mit 24 Songs erhältlich.<br />
Grateful Dead<br />
„Europe ’72, Vol. 2“<br />
RHINO/WARNER<br />
[Rock] In den frühen 70er Jahren<br />
waren die Grateful Dead, jenes<br />
Vorzeigekollektiv des Hippierock,<br />
nicht nur auf der Höhe ihrer Popularität<br />
und kollektiven Schaffenskraft<br />
angelangt, sondern hatten<br />
die psychedelischen Soundexperimente<br />
ihrer Anfangszeit<br />
durch einen ansteckend lässigen<br />
Folk- und Countryrock ersetzt,<br />
den sie in ausgedehnten Improvisationen<br />
immer weiter verfeinerten.<br />
Mit diesem Sound bestritten<br />
Jerry Garcia, Bob Weir &<br />
Co. damals eine Tournee auf dem<br />
alten Kontinent und durch Großbritannien,<br />
die später auf dem legendären<br />
Triple-Album „Europe<br />
’72“ dokumentiert wurde. Was die<br />
Europäer damals vorgeführt bekamen,<br />
war relaxtes, der eigenen<br />
ländlichen Wurzeln auf neue Art<br />
bewusstes, kalifornisches Alternativ-Lebensgefühl.<br />
Die britische<br />
Popzeitung Melody Maker würdigte<br />
die Gastspielreise später als<br />
das „Europäische Rock-Ereignis<br />
des Jahres“. Nun wird das historische<br />
Livedokument um eine<br />
Doppel-CD ergänzt, die weitere<br />
fast ausnahmslos hörenswerte<br />
Mitschnitte der Konzertreise<br />
enthält. In für eine Rock-Liveaufnahme<br />
der frühen 70er Jahre<br />
verblüffend transparentem und<br />
knackigem Sound (die moderne<br />
Remixtechnik hat hier Wunder<br />
getan) erlebt man das Septett<br />
aus San Francisco in fabelhafter<br />
Spiellaune und als ungemein homogene<br />
Einheit. Traumhaft schön<br />
die entspannte Country-Ballade<br />
„Loser“, das dylaneske „Black-<br />
Throated Wind“, ansteckend funky<br />
das allmaneske „Good Lovin’“,<br />
faszinierend der Jam-Block aus<br />
„Darkstar – Drums – The Other<br />
One“. Felix Marondel<br />
Nachschlag: Die Doppel-cD ist<br />
eine Art Sequel des erstmals vor<br />
fast 40 Jahre erschienenen Albums<br />
„Europe ’72“<br />
Klingen ähnlich: Bob Dylan, Neil<br />
Young, Gram Parsons, Tom Petty,<br />
The Allman Brothers Band<br />
John Watts<br />
„Fischer-Z“<br />
PMG<br />
[Wave/pop] Natürlich fragt der<br />
Fan: Warum das Ganze? John<br />
Watts gräbt zum 30jährigen des<br />
Erfolgsalbums „Red Skies Over<br />
Paradise“ in der Krabbelkiste<br />
der eigenen Hits und nimmt<br />
Songs seiner Combo Fischer-Z<br />
noch einmal auf. Das ist an sich<br />
eine schöne Sache, denn es ermöglicht<br />
im Prinzip die Erweiterung<br />
der stilistischen Bandbreite.<br />
Nur verpasst John Watts<br />
diese Chance, denn er hält sich<br />
in vielen Passagen weitgehend an<br />
die Arrangements der Originale<br />
aus den frühen 80er Jahren. Er<br />
spielt ein Tribute für sich selbst<br />
und setzt damit fort, was er während<br />
der vergangenen zweieinhalb<br />
Jahrzehnte bereits gepflegt<br />
hat. John Watts kann nicht aus<br />
seiner Haut und genau genommen<br />
ist das auch gut so. Denn der<br />
agile und engagierte Brite war<br />
einer der großen Songschreiber<br />
der New Wave, der wiederum<br />
seine Energie aus kulturellen<br />
Konflikten vom Kalten Krieg bis<br />
zum unsozialen Thatcherismus<br />
gezogen hat. Durch die Brille
des Historikers betrachtet ist<br />
„Fischer-Z“ die anspruchsvollere<br />
Variante eines Best-Of-Albums.<br />
Und als solches macht es wieder<br />
Spaß. Ralf Dombrowski<br />
Wissenswertes: Fischer-Z spielen<br />
im November neun konzerte in<br />
Deutschland.<br />
Downloadtipp: „Room Service“,<br />
„Berlin“<br />
Wilco<br />
„The Whole Love“<br />
ANTI/INDIGO<br />
[progressive americana] Wilco<br />
haben einen langen Anlauf<br />
von den mittleren 90er Jahren<br />
bis heute genommen, aber es hat<br />
sich gelohnt. Als Country-Rock-<br />
Band gestartet, von Jim O’Rourke<br />
in Richtung Postrock geführt,<br />
durch Nels Cline zur Elitetruppe<br />
zwischen Americana, Jazz und<br />
Kunstlied avanciert, gelingt Wilco<br />
auf „The Whole Love“ ihr bislang<br />
komplettestes Statement. Die<br />
Sophistication der letzten Alben<br />
haben sie gegen simple und eingängige<br />
Melodien eingetauscht.<br />
Ihr Klangerfindungsreichtum ist<br />
grenzenlos, kein einziger Einfall,<br />
der sich wiederholen würde. Viele<br />
ihrer Songs glaubt man schon eine<br />
kleine Ewigkeit zu kennen. Nichts<br />
ist vordergründig, alles sanft verpackt.<br />
Unaufdringlich breiten sie<br />
sich in der Rockgeschichte aus,<br />
manches erinnert an die späten<br />
Beatles, anderes auch an die frühen<br />
Grateful Dead, einiges sogar<br />
an Krautrock, aber das Augenmaß,<br />
mit dem sie unterschiedlichste<br />
Klang- und Störquellen zu<br />
einem poetischen Fluss vereinen,<br />
kündet von Zukünftigem. Dieses<br />
ungewöhnliche Album will wieder<br />
und wieder entdeckt werden.<br />
Wolf Kampmann<br />
Weiterhören: Jim O’Rourke, Bonnie<br />
„Prince“ Billy<br />
Downloadtipp: „The Whole Love“<br />
The Gotan Project<br />
„La Revancha En cumbia“<br />
¡YA BASTA!/ALIVE<br />
[cumbia] Vor zehn Jahren veröffentlichte<br />
das Gotan Project sein<br />
mittlerweile legendäres Mix-Album<br />
„La Revancha del Tango“,<br />
das immer noch als Referenzwerk<br />
für einen aufgeklärten Umgang<br />
mit traditionellen Musikstilen gilt.<br />
Für „La Revancha En Cumbia“<br />
haben die drei Herren den Spieß<br />
jetzt einfach umgedreht und die<br />
Creme der argentinischen Cumbia-Szene<br />
verpflichtet, um sich<br />
etwas genauer mit ausgewählten<br />
Songs des Gotan Projects auseinanderzusetzen.Herausgekommen<br />
sind zehn Remixe, unter anderem<br />
von Axel Krieger, El Hijo<br />
De La Cumbia, Bomba Estereo,<br />
Fauna, Tremor und El Remolon,<br />
die die ganze Vielfalt dieser ungemein<br />
vitalen Szene zeigen. Zu<br />
den Höhepunkten dieses Album<br />
zählen unter anderem die elektrisierende<br />
Bearbeitung des Titels<br />
„Triptico“ durch die einzigartigen<br />
Frikstailers und vor allem El Hijo<br />
De La Cumbias schweißtreibender<br />
Remix von „Una Musica Brutal“.<br />
Robert Wallner<br />
Ähnlich wie: Tango crash<br />
The Walkabouts<br />
„Travels In The Dustland“<br />
GLITTERHOUSE/INDIGO VÖ 21.10.<br />
[Rock] Es schien so, als hätten<br />
sich die Walkabouts nach ihrem<br />
letzten Album „Acetylene“ vor<br />
sechs Jahren in Wohlgefallen<br />
aufgelöst, doch jetzt kehren Chris<br />
Eckman, Carla Torgerson und Co.<br />
mit einem ihrer bislang stärksten<br />
Alben zurück. „Travels In<br />
The Dustland“ ist auf den ersten<br />
Blick einfach nur eine Sammlung<br />
einfacher Songs, doch bei genauerem<br />
Hinhören entpuppen sich<br />
alle Lieder als Teil einer größeren<br />
Geschichte, die in dem fiktiven<br />
County Dustland im mittleren<br />
Westen der USA spielt. Es ist eine<br />
Story über Amerika, die Chris<br />
Eckman so nur anlegen konnte,<br />
weil er in seiner neuen Wahlheimat<br />
Slowenien genug Distanz zu<br />
den Vereinigten Staaten gefunden<br />
hat. Durch alle Stücke, die heftigeren<br />
wie die ruhigeren, zieht<br />
sich ein durchgängiger Groove,<br />
der das Erzähltempo vorgibt. In<br />
alter Walkabouts-Manier teilen<br />
sich Eckman und Torgerson die<br />
Gesangsparts auf und wechseln<br />
somit die Erzählperspektive.<br />
Wenn es schon keine Romane<br />
mehr gibt, die an William Faulkner<br />
anschließen, dann tun das<br />
zumindest die Walkabouts musikalisch<br />
mit diesem Album.<br />
Wolf Kampmann<br />
Weiterhören: The Baseball Project,<br />
John Hiatt<br />
V.A.<br />
„Geisterbahn“<br />
STEEPLEJAck/INAkUSTIk<br />
[Folk] Die Idee klingt zunächst<br />
mal gut: Folksänger von den britischen<br />
Inseln erzählen uns ein<br />
paar Takte über die deutsche<br />
Volksmusik. Produzent Andrew<br />
Cadie hat sich schon lange mit<br />
deutscher Folklore beschäftigt<br />
und ist befremdet, dass im deutschen<br />
Radio nur angloamerikanischer<br />
Pop läuft. Jetzt gibt er uns<br />
mit ein paar Landsleuten, die allesamt<br />
in Deutschland leben, einige<br />
verborgene Folkperlen zurück. So<br />
weit, so gut. Leider bleibt er dabei<br />
tief in den 70er Jahren stecken.<br />
Abgesehen von dem charmanten<br />
britischen Akzent erinnern viele<br />
der hier vorgetragenen Versionen<br />
an längst überwundene Gutmenschenmusik<br />
à la Zupfgeigenhansel<br />
(West) und Wacholder (Ost). Diese<br />
leicht verklemmte Rüstfahrtenromantik<br />
mag die eine oder andere<br />
sentimentale Erinnerung<br />
wecken, ist aber sicher nicht dazu<br />
angetan, eine Trendwende in der<br />
Aneignung deutschen Volksguts<br />
einzuleiten. Schade, denn es handelt<br />
sich hier um eine verschenkte<br />
Chance, die in dieser Form nicht<br />
so schnell wiederkommen wird.<br />
Wolf Kampmann<br />
Weiterhören: Wacholder,<br />
Brummtopf<br />
Downloadtipp: „Es geht ein<br />
dunkler Wolk herein“<br />
Johnny Winter<br />
„Roots“<br />
MEGAFORcE/NEO/SONY<br />
[Blues] Der Name ist Programm<br />
bei der neuen Veröffentlichung<br />
von Johnny Winter. „Roots“ führt<br />
den Gitarristen und Sänger zurück<br />
zu seinen musikalischen Wurzeln.<br />
Mit Unterstützung diverser Gäste<br />
hat Winter elf Blues-Klassiker<br />
neu eingespielt. Herausgekommen<br />
ist eine unterhaltsame, mit<br />
ansteckender Spielfreude dargebotene<br />
Zeitreise, die mit Robert<br />
Johnsons „Dust My Broom“ den<br />
Bogen zurück bis in die 1930er<br />
Jahre spannt. DerProtagonist<br />
liefert sich Gitarrenduelle mit<br />
namhaften Kollegen wie Warren<br />
Haynes und Susan Tedeschi und<br />
kann auch in gesanglicher Hinsicht<br />
überzeugen. Bruder Edgar<br />
Winter darf beim Instrumental<br />
„Honky Tonk“ mit dem Saxofon<br />
die Akzente setzen, bevor das mit<br />
satten Bläsersätzen instrumentierte<br />
„Come Back Baby“, im Original<br />
von Ray Charles bekannt gemacht,<br />
den stimmungsvollen Abschluss<br />
markiert. Jörg Laumann<br />
Wissenswertes: Die Idee zu „Roots“<br />
stammt von dem Gitarristen Paul<br />
Nelson, der auch als Produzent und<br />
Musiker mitgewirkt hat.<br />
33
Kl a SSiK<br />
David Orlowsky Trio<br />
„Chronos“<br />
Sony<br />
[Weltmusik] Der deutsche Klarinettist<br />
David Orlowsky hat genau<br />
diese intensive Herzenswärme in<br />
seinem ,singenden’ Ton, der man<br />
sich kaum entziehen kann. Und<br />
selbst wenn er jetzt wieder auf<br />
sein angestammtes Terrain zurückkehrt,<br />
in die Welt des Klezmer,<br />
reibt man sich verwundert<br />
die Ohren. Denn obwohl Orlowsky<br />
auch auf seinem dritten Album<br />
seiner Klarinette eigentlich altbekannte<br />
Tränen entlockt, er sein<br />
Instrument frech aufjauchzen<br />
lässt oder zum Tanz aufspielt,<br />
kommt diese uralte Musik einfach<br />
ganz neu daher. Das liegt jedoch<br />
weniger an den Kompositionen,<br />
die allesamt aus der Feder von Orlowsky,<br />
Florian Dohrmann (Kontrabass)<br />
und Gitarrist Jens-Uwe<br />
Popp stammen. Mit Gästen wie<br />
Bandoneonist Per Arne Glorvigen<br />
zeigt das Trio, das es hier nicht um<br />
das Idiom der osteuropäischen<br />
Folklore geht, sondern um ihren<br />
Geist. Reinhard Lemelle<br />
Weiterhören: Giora Feidman, David<br />
Krakauer, Don Byron<br />
David Garrett<br />
„Beethoven: Violinkonzert;<br />
Kreisler: Violinstücke“<br />
DeCCa/UniVerSal, V.Ö. 4.11.<br />
[Konzert] Fast nur mit der Lupe<br />
kann man auf dem CD-Cover lesen,<br />
was Glam-Geiger und Teenie-Schwarm<br />
David Garrett nun<br />
eingespielt hat: Es ist Beethovens<br />
einziges Violinkonzert! Wer aber<br />
befürchtet, dass Garrett auf diesen<br />
Prüfstein der Interpretationkompetenz<br />
rockig drauf los<br />
34<br />
drischt, darf durchatmen. Dezent<br />
und elegant kommt sein Spiel daher.<br />
Sein Ton ist nicht nur schlank,<br />
sondern besitzt zudem verzaubernde<br />
Schönheit. Als wollte<br />
Garrett den oftmals verkannten<br />
Melodiker Beethoven endlich<br />
rehabilitieren. Und das ist ihm<br />
jetzt auf seine Weise gelungen.<br />
Im Zugabenprogramm zeigt er<br />
dann mit dem (leicht blassen) Royal<br />
Philharmonic Orchestra unter<br />
Ion Marin, dass er nicht nur sentimental<br />
zu schwelgen versteht.<br />
In den Wiener Salonstücken des<br />
Geigers Fritz Kreisler schaltet<br />
Garrett auch bravourös ein paar<br />
Gänge höher – und dürfte selbst<br />
damit seine ärgsten Kritiker souverän<br />
entwaffnen. Guido Fischer<br />
Weiterhören: Jascha Heifetz, Gidon<br />
Kremer, nikolaj Znaider<br />
The London Steve<br />
Reich Ensemble<br />
„reich: Different Trains,<br />
Piano Counterpoint u. a.“<br />
eMi ClaSSiCS<br />
[Minimal Music] Goethe empfand<br />
das Streichquartett noch als<br />
Gespräch zwischen vier vernünftigen<br />
Menschen. Vorausgesetzt, es<br />
gibt Themen, über die man sich<br />
streiten kann. Beim US-amerikanischen<br />
Minimalismus-Guru<br />
Steve Reich gibt es stattdessen<br />
nur die rhythmische Kinetik. So<br />
komponierte er 1999 gleich ein<br />
Triple-Quartet, bei dem 12 Streicher<br />
über komplex verschachtelte<br />
Motive und Rhythmen einen unglaublichen<br />
Sog entwickeln. Und<br />
mit „Different Trains“ schuf Reich<br />
1988 gar ein beklemmendes Quartett<br />
über den Holocaust, das er mit<br />
Tonbandzuspielungen collagierte.<br />
Anlässlich von Reichs 75. Geburtstag<br />
hat das London Steve Reich<br />
Ensemble diese Kammermusikwerke<br />
enorm spannungsvoll in<br />
den Griff bekommen. Kaum glauben<br />
möchte man hingegen, dass<br />
Reichs Minimal Music-Manifest<br />
„Six Pianos“ jetzt als „Piano Counterpoint“<br />
von einem einzigen Pianisten<br />
gestemmt worden sein soll.<br />
Guido Fischer<br />
Ähnlich wie: Philip Glass, John<br />
adams<br />
Trio Bravo+<br />
„Trio Bravo+“<br />
oZella/Galileo MC<br />
[Crossover] Eine Biographie, die<br />
heute schon wieder unwirklich<br />
wirkt. Der Geiger Mark Chaet wurde<br />
in der realsozialistischen Ukraine<br />
geboren, geriet dort zunächst<br />
an den falschen Musiklehrer, der<br />
ihm sein Talent absprach. Er ließ<br />
sich aber davon nicht abbringen,<br />
kam in einer Musikberufsschule<br />
unter und studierte sein Instrument<br />
so lange, bis seine politische<br />
Einstellung nicht mehr ins System<br />
passte. Zwar wurde er in der Ära<br />
der Öffnung als Musiker rehabilitiert,<br />
hatte aber 1992 dann doch<br />
die Nase voll und wanderte über<br />
weite Umwege nach Berlin aus,<br />
wo er 1994 endlich an der Hanns-<br />
Eisler-Universität seine Kompetenzen<br />
weiter verfeinern durfte.<br />
Dort traf er auf den Kontrabassisten<br />
Sergej Sweschinskij und<br />
gründete zusammen mit Pianist<br />
Alexander Gutman das Trio Bravo.<br />
Mit dieser Formation erspielte<br />
Chaet sich im Lauf der folgenden<br />
Jahre einen guten Ruf als Geiger<br />
zwischen den Stilen, und so<br />
entwickelt sich das Ensemble zu<br />
einer Konstante in seinem Künstlerleben.<br />
„Trio Bravo+“ bietet nun<br />
einen Schlusspunkt der ersten<br />
15 Jahre Klangerkundungen im<br />
Grenzgebiet von Folklore, Klassik<br />
und Jazzgetöntem. Mit wechselnden<br />
Besetzungen etwa um die<br />
Marimba-Spielerin Maria Schneider<br />
ergänzt, schlendert Chaet an<br />
den Stationen seiner bisherigem<br />
Karriere entlang, bringt eine Prise<br />
Russisches mit etwas Abstrakti-<br />
on, einen Hauch des Schtetls mit<br />
Kammermusikalischem zusammen.<br />
Mit viel Emphase gestaltet<br />
er Räume voller Offenheit, Melancholie<br />
und ist längst da, wo Nigel<br />
Kennedy gerne wäre.<br />
Ralf Dombrowski<br />
Weiterhören: Fauré Quartett, Daniel<br />
Kahn, Moscow art Trio<br />
Enrico Pieranunzi<br />
„1685 – enrico Piera nunzi<br />
plays Bach, Händel,<br />
Scarlatti“<br />
CaM JaZZ/eDel KUlTUr<br />
VÖ 28.10.<br />
[Recital] Irgendwann packt es<br />
jeden einmal. <strong>Keith</strong> Jarrett hat es<br />
schon getan, Chick Corea ebenfalls<br />
und nun eben auch Enrico<br />
Pieranunzi. Der italienische Pianist<br />
und Klavierprofessor spielt<br />
Klassiker, und er wählt die Komponisten<br />
aus, die mit ihrem Hang<br />
zur zuweilen improvisiert wirkenden<br />
Linienbildung neben den Impressionisten<br />
dem Jazzempfinden<br />
am nächsten sind. Als Motto wählt<br />
er das Geburtsjahr von Johann<br />
Sebastian Bach, Georg Friedrich<br />
Händel und Domenico Scarlatti<br />
1685, von dem aus er verschiedene<br />
Kapitel der Variationskultur<br />
anvisiert. Das Besondere dabei:<br />
Pieranunzi verknüpft die Werke<br />
der barocken Meister mit eigenen<br />
Improvisationen, gemäß der Vorstellung,<br />
dass erst die bürgerliche<br />
Klassikrezeption des 19. Jahrhunderts<br />
den Interpreten die Fähigkeit<br />
zu spontanen Variationen<br />
abgewöhnt hat. Und tatsächlich<br />
ist dieses Solo-Recital immer dann<br />
am besten, wenn Freiheit auf die<br />
Festlegung trifft, wenn eine intuitive<br />
Passage beinahe unmerklich<br />
in eine komponierte übergeht und<br />
sich auf diese Weise die musikalischen<br />
Welten kommentieren, ergänzen,<br />
komplettieren. Allerdings<br />
stößt Pieranunzi da auch an seine<br />
Grenzen. Denn so souverän sein
Anschlag und seine Phrasierung<br />
im Jazzigen klingen, so klar fehlt<br />
ihm im Klassischen doch eine Anschlagskultur<br />
etwa eines András<br />
Schiff oder der Nachdruck eines<br />
Friedrich Gulda. Da hilft es auch<br />
nicht, für einige Stücke auf ein historisches<br />
Instrument aus dem Jahr<br />
1849 zurückzugreifen, denn gerade<br />
ein alter Pleyel ist noch herausfordernder<br />
als ein neuer Steinway.<br />
Ralf Dombrowski<br />
Weiterhören: Brad Mehldau,<br />
Stefano Bollani, alfred Brendel<br />
Daniel Barenboim/<br />
Pierre Boulez<br />
„The liszt Concertos“<br />
DG/UniVerSal<br />
[Konzert] Ein Pianist spielt Liszt,<br />
natürlich, es ist ja Jubiläum. Und<br />
deshalb widmen sich dieser Tage<br />
ganze Armaden von Interpreten<br />
dem musikalischen Schaffen<br />
des romantischen Komponisten,<br />
der in vielfacher Hinsicht die<br />
Vorstellung und Wahrnehmung<br />
von Musik verändert hat. Denn<br />
Liszt etablierte die Idee des Virtuosen<br />
endgültig in der bürgerlichen<br />
Konzertkultur, und seine<br />
beiden Klavierkonzerte gelten<br />
als Schlachtschiffe des Zirzensischen,<br />
gerne geschmäht von einer<br />
Musikkritik, die den Kampf des<br />
erfolgreichen Künstlers mit den<br />
Grenzen der Ausdruckskraft so<br />
nicht akzeptieren wollte. Daniel<br />
Barenboim nun, selbst auf seine<br />
Weise ein Missionar eines toleranten<br />
Kulturverständnisses, konnte<br />
es daher nicht hinnehmen, dass<br />
die Liszt’schen Konzerte im Jubeljahr<br />
womöglich falsch verstanden<br />
werden könnten, und widmete<br />
sich für das Klavier-Festival<br />
Ruhr dem mächtigen Werk aus<br />
seiner Perspektive. Wichtig war<br />
ihm die Entkleidung des Mythos<br />
vom Gewand des Historischen<br />
und eine Neudeutung des Virtuosen<br />
als Spiel mit Illusionen und<br />
Farben. Damit das auch möglich<br />
werden konnte, lud er seinen Kollegen<br />
Pierre Boulez an das Pult der<br />
Staatskapelle Berlin, einen der erfahrensten<br />
Klangraumgestalter<br />
der Gegenwart. Und vor allem<br />
diese Entscheidung trug dazu<br />
bei, dass die im Juni des Jahres in<br />
Essen aufgezeichneten Konzerte<br />
sich auch dem nähern, was Barenboim<br />
sich dachte. Denn erst<br />
im Verbund des dynamisch und<br />
dramaturgisch perfekt gesteuerten<br />
Orchesters konnte der Pianist<br />
mit den Möglichkeiten der Klangfarblichkeit<br />
spielen. So wurde aus<br />
„The Liszt Concertos“ zwar keine<br />
Jahrhundertaufnahme, aber doch<br />
eine Version inspirierter Auseinandersetzung<br />
mit dem Monumentalen,<br />
die Feinheiten des Tiefgründigen<br />
zuließ. Sascha Fröhlich<br />
Weiterhören: Svjatoslav richter,<br />
Julius Katchen<br />
Hélène Grimaud<br />
„Mozart: Klavierkonzerte<br />
nr. 19 & 23 u. a.“<br />
DG/UniVerSal<br />
[Konzert] Von den bisherigen<br />
Aufnahmen Hélène Grimauds<br />
weiß man, dass sie sich über die<br />
ausgewählten Klavierstücke lieber<br />
einmal zu viel als zu wenig<br />
Gedanken macht. Kopflastig ist<br />
ihr Spiel aber nie, sondern bisweilen<br />
verstörend aufwühlend.<br />
Kein Wunder, dass sie selbst bei<br />
ihren in München mitgeschnittenen<br />
Konzert-Aufnahmen zwei<br />
bekannte Klavierkonzerte von<br />
Mozart nicht einfach runterperlte.<br />
Mit dem Kammerorchester<br />
des Symphonieorchesters des BR<br />
legte sie vielmehr Stimmen und<br />
Stimmungen frei, die vor allem<br />
an den Musikdramatiker Mozart<br />
denken lassen. Ungemein empfindsam<br />
und subtil lotet Grimaud<br />
die langsamen Sätze aus, während<br />
die spielerische Brillanz in<br />
den schnellen immer auch etwas<br />
Trügerisches besitzt. Geistigkeit<br />
und Musikalität geraten bei Grimaud<br />
in ein auf- und anregendes<br />
Wechselspiel. Guido Fischer<br />
Sylvain Cambreling<br />
„antonín Dvorˇák: Sinfonie<br />
nr. 9 ,aus der neuen<br />
Welt‘; leoš Janáček:<br />
Sinfonietta“<br />
Glor ClaSSiCS/Sono MUSiC<br />
[Sinfonik] Es ist eine Frage des<br />
Tempos und der Offenheit. Denn<br />
Antonín Dvorˇáks neunte Sinfonie<br />
„Aus der Neuen Welt“ ist so<br />
prall gefüllt mit grandiosen, pathostrunkenen<br />
Melodien, dass<br />
Dirigenten gerne den Fehler begehen,<br />
sie als Potpourri klassischer<br />
Gassenhauer zu verstehen oder<br />
auf der anderen Seite via übertriebener<br />
Empathie dem imaginierten<br />
Schicksal der Indianer akustisch<br />
nachzuspüren. Es ist eine Frage<br />
der Balance, und Sylvain Cambreling<br />
erweist sich als umsichtiger<br />
Gestalter mit dem Gespür für ein<br />
passendes Maß der Introspektion.<br />
So zart und fragil, beinahe intim<br />
war das „Largo“ lange nicht<br />
mehr zu hören; mehr portionierter<br />
Nachdruck als beim „Scherzo.<br />
Molto Vivace“ mit dem SWR-Sinfonieorchester<br />
Baden-Baden und<br />
Freiburg, das der gebürtige Nordfranzose<br />
seit 1999 als Chefdirigent<br />
leitet, ist kaum noch möglich. Cambreling<br />
schöpft die Möglichkeiten<br />
der Farbgestaltung mit Pfiffigkeit<br />
aus, und bevor das Fest der Ohrwürmer<br />
allzu versöhnlich wird, ist<br />
die 2009 entstandene Aufnahme<br />
auch schon vorbei und mündet in<br />
Leoš Janáček „Sinfonietta“, eine<br />
Komposition des bereits 72jährigen<br />
Tschechen, die er in nur drei<br />
Wochen anlässlich eines Kongresses<br />
des patriotischen Turnerverbandes<br />
„Sokol“ geschrieben hatte<br />
und die 1926 in Prag uraufgeführt<br />
wurde. Hier treffen imaginierte<br />
Folklore und Fanfarenpracht, orchestraler<br />
Wohlklang und dezente<br />
Abstraktion aufeinander, als spätes<br />
Erbe der nationalen Musikjahrzehnte.<br />
Für Cambreling und<br />
sein Orchester ist Janáček mehr<br />
noch als Dvorˇák eine Spielwiese<br />
der Akzente, der Präsenz in der<br />
Transparenz. Eine ebenso feinsinnige<br />
wie unterhaltsame Aufnahme<br />
zweier großer Orchesterwerke<br />
aus dem Geiste der reflektierten<br />
Romantik. Sascha Fröhlich<br />
Wissenswertes: im Jahr 2009<br />
bekam Sylvain Cambreling den<br />
echo Klassik als Dirigent des Jahres<br />
für sei ne Beschäftigung mit olivier<br />
Messiaen.<br />
Sharon Isbin &<br />
Friends<br />
„Guitar Passions“<br />
Sony ClaSSiCal<br />
[Crossover] Natürlich ist die<br />
US-amerikanische Topgitarristin<br />
Sharon Isbin absolut sattelfest im<br />
klassischen Kernrepertoire, ob bei<br />
Bach oder in den spanischen Miniaturen<br />
eines Albéniz. Die ehemalige<br />
Schülerin des Jahrhundertgitarristen<br />
Andrés Segovia geht aber<br />
eben gerne mal musikalisch fremd.<br />
Für ihre Klangroute in Richtung<br />
Brasilien und Lateinamerika hat<br />
sie sich nun namhafte Begleitung<br />
gesichert. Ex-Zappa-Gitarrist Steve<br />
Vai, die brasilianische Sirene<br />
Rosa Passos sowie der Tapping-<br />
Spezialist Stanley Jordan assistieren<br />
Isbin bei ihren einfühlsamen,<br />
akustischen Saitenschwingungen.<br />
Und für weltmusikalisch angenehme<br />
Brisen sorgt etwa eine Coverversion<br />
von Antonio Carlos Jobims<br />
„Chovendo na Roseira“. Das<br />
eigentliche Gitarrenfeuer lodert<br />
aber erst, wenn Isbin ganz allein<br />
und atemberaubend virtuos zupackt,<br />
in Klassikern von Agustín<br />
Barrios Mangoré und Albéniz.<br />
Reinhard Lemelle<br />
Ähnlich wie: Miloš Karadaglić<br />
„Mediterráneo“<br />
35
Ja Z Z & Wo rlD<br />
Inge Brandenburg<br />
„Sing! inge, sing!“<br />
SilVer SPoT/eDel:KUlTUr<br />
[Vocal Jazz] Im Booklet liest<br />
man über die gebürtige Leipzigerin<br />
Lobeshymnen aus berufenem<br />
Jazz-Munde, auch von Emil<br />
Mangelsdorff und Klaus Doldinger.<br />
Dabei ist der Name Inge Brandenburg<br />
längst vom Jazz-Radar<br />
verschwunden. 1999 starb die<br />
Sängerin mit 70 Jahren in München,<br />
verarmt und vergessen.<br />
Doch auch in den Jahrzehnten zuvor<br />
kannten sie nur noch Insider,<br />
obwohl Brandenburg für kurze<br />
Zeit als Europas beste Jazzsängerin<br />
galt. Ein überfälliger Tribut<br />
an diese verschollene Künstlerin<br />
versammelt jetzt Aufnahmen von<br />
1959 bis 1995, die sie vorrangig für<br />
deutsche Rundfunkstationen gemacht<br />
hatte. Und ob nun in den<br />
Standards „The Man I Love“ und<br />
„Body and Soul“ oder „Non, je ne<br />
regrette rien“ – sie besaß neben<br />
mitreißender Swing-Power auch<br />
stets diese Bittersüße im Ausdruck,<br />
die große Jazzstimmen<br />
aus und unsterblich macht.<br />
Guido Fischer<br />
Besonderheit: ein gleichnamiges<br />
Filmporträt über inge Brandenburg<br />
kommt am 26.10. in die Kinos.<br />
Dieter Ilg<br />
„otello live at<br />
Schloss elmau“<br />
aCT/eDel:KUlTUr VÖ 28.10.<br />
[Fusion] Jazz-Bassist Dieter<br />
Ilg gibt meistens prominenten<br />
Musikern Rückendeckung, wie<br />
etwa Till Brönner oder Bassbariton<br />
Thomas Quasthoff bei dessen<br />
Standardausflügen. Doch 2010 begab<br />
sich Ilg mit eigenem Trio ins<br />
36<br />
Studio und in die Operngeschichte,<br />
um Giuseppe Verdis berühmten<br />
Mohren „Otello“ auf Fusion-<br />
Herz und Nieren abzuklopfen.<br />
Das Experiment glückte, die verjazzte<br />
Otello-Annäherung wurde<br />
mit einem Schallplattenpreis ausgezeichnet.<br />
Anfang 2011 entstand<br />
nun der Livemitschnitt im oberbayerischen<br />
Schloss Elmau. Und<br />
mit seinen Kompagnons Rainer<br />
Böhm (Klavier) und Patrice Heral<br />
(Schlagzeug) legte Ilg noch mal<br />
nach, was die dauergroovende<br />
Gangart und romantische Jazz-<br />
Hymnenseligkeit angeht. Würde<br />
da aber zwischendurch nicht<br />
einer der Musiker als intriganter<br />
,Jago’ mit einer Free-Funk-Scat-<br />
Arie auftreten, man würde glatt<br />
vermuten, hier eine verschollene<br />
Aufnahme des schwedischen<br />
Esbjörn Svensson Trio zu hören.<br />
Guido Fischer<br />
Weiterhören: Uri Caine „Wagner e<br />
Venezia“<br />
Kerkko Koskinen<br />
Orchestra<br />
„Trains & letters“<br />
riCKy-TiCK/GrooVe aTTaCK<br />
[Ensemble Jazz] Der finnische<br />
Komponist, Pianist und Bandleader<br />
Kerkko Koskinen nennt gerne<br />
Charles Mingus als Vorbild<br />
seiner eigenwillig humorvollen<br />
Klangwelten. Tatsächlich ist da<br />
eine entfernte Geistesverwandtschaft<br />
auf dem aktuellen Album<br />
seines Orchesters zu spüren.<br />
Zum einen erscheint das Thema<br />
„Trains & Letters“ zunächst abstrus<br />
genug, dass es auch von dem<br />
amerikanischen Querdenker hätte<br />
sein können. Es ist gedacht als<br />
augenzwinkernder Nekrolog auf<br />
zwei Kulturräume, die in Zeiten<br />
von Internet und E-Mail immer<br />
mehr verloren gehen, Züge als<br />
Soziotope und Briefe als fest geschriebene<br />
Dokumente menschlicher<br />
Verfasstheit. Vor allem aber<br />
ist die Musik auf sympathisch<br />
intendierte Art chaotisch, ein<br />
wunderbares Ineinanderwirken<br />
konkurrierender Bläsersätze,<br />
irrlichternder Linien auf modern<br />
swingender Basis, die aber<br />
rechtzeitig zur Gemeinsamkeit<br />
zurückkehren, bevor musikalische<br />
Zentrifugalkräfte wirken<br />
können. Zwischendurch wird<br />
das Ganze noch gewürzt durch<br />
ein wenig Cembalo oder auch ein<br />
paar finnische Verse. So bekommt<br />
Kerkko Koskinens Klangkosmos<br />
eine überraschende Prise Sonderbarkeit,<br />
die so vielen gelackten<br />
Orchesterplatten abgeht. Eine<br />
Entdeckung! Ralf Dombrowski<br />
Weiterhören: le Sacre Du Tympan,<br />
Mingus Big Band<br />
Brad Mehldau, Kevin<br />
Hays<br />
„Modern Music“<br />
noneSUCH/Warner<br />
[Piano Jazz] In den 90ern startete<br />
der New Yorker Tenorsaxofonist<br />
Patrick Zimmerli zunächst<br />
eine Musiklaufbahn im Umkreis<br />
der avancierten Moderne etwa<br />
an der Seite des Gitarristen Ben<br />
Monder. Doch dann zog es ihn<br />
mehr zum Komponieren hin, und<br />
er schrieb viel Kammermusik unter<br />
dem Eindruck von Minimalisten<br />
wie Steve Reich. Eines dieser<br />
Projekte ist „Modern Music“, ein<br />
Programm, konzipiert für zwei<br />
Klaviere, dessen sich nun die Pianisten<br />
Kevin Hays und Brad Mehldau<br />
angenommen haben. Obwohl<br />
weitgehend auskomponiert, ist die<br />
Wahl von zwei Jazzkoryphäen<br />
für diese musikalischen Zwiegespräche<br />
wohl durchdacht. Denn<br />
Zimmerlis Kompositionen wirken<br />
frei fließend und fordern von den<br />
Interpreten dieses nötige Quäntchen<br />
Spontaneität und Impulsivität,<br />
um aufzublühen. So gelingt es<br />
Hays und Mehldau, die „Modern<br />
Music“ mit postimpressionisti-<br />
scher Gestaltungskraft wirken zu<br />
lassen und der Tendenz zum Plakativen<br />
der Ausdruckspatterns<br />
mit Impulsivität und pianistischer<br />
Eleganz entgegen zu wirken.<br />
Sascha Fröhlich<br />
Ähnlich wie: Wim Mertens,<br />
Michael nyman<br />
Chick Corea, Stefano<br />
Bollani<br />
„orvieto“<br />
eCM/UniVerSal<br />
[Piano Jazz] Spontan sollte es<br />
sein, ein Treffen aus dem Geiste<br />
der berühmten Klavierduos, die in<br />
den 70er Jahren die Jazzwelt faszinierten.<br />
So reisten die Pianisten<br />
Chick Corea und Stefano Bollani<br />
im vergangenen Dezember ohne<br />
große vorherige Absprachen an,<br />
um beim Umbria Jazz Winter<br />
Festival ihr Glück auf der Bühne<br />
zu versuchen. Lediglich ein paar<br />
Lieder hatten sie vereinbart, der<br />
Rest blieb der Gunst des Moments<br />
überlassen. Und die Schwingungen<br />
am Abend vor Silvester waren<br />
dem Künstlerduo gewogen. Mit<br />
charmanter Eloquenz formulierten<br />
sie ihre Dialoge, ästhetisch<br />
eher unter der postromantischen<br />
Führung Bollanins als dem früheren<br />
Idiom der Corea-Gespanne<br />
folgend. Es gab Kammerjazziges<br />
und ein wenig Avantgardeskes,<br />
allerdings in Maßen, ansonsten<br />
viel Melodie, viele perlende Läufe<br />
und fein balancierte, manchmal<br />
gar höflich zurückhaltende<br />
Zwiegespräche. Tatsächlich fehlt<br />
„Orvieto“ daher ein wenig der<br />
Schmiss, der zweieinhalb Jahrzehnte<br />
zuvor die Konzeption der<br />
Klavierduos von Corea bestimmte.<br />
Dazu hätten sich die beiden vielleicht<br />
doch vorher treffen sollen,<br />
um im Kleinen die Grenzen des jeweiligen<br />
Partners auszuloten und<br />
sie dann vor Publikum im kreativen<br />
Idealfall auszukosten. Sei’s
drum: Schön klingt die Musik von<br />
Corea und Bollani allemal.<br />
Sascha Fröhlich<br />
Wissenswertes: Chick Corea ist der<br />
Duo-König des Jazz. Berühmt wur-<br />
den vor allem seine aufnahmen mit<br />
dem Vibrafonisten Gary Burton.<br />
Rudresh<br />
Mahanthappa<br />
„Samdhi“<br />
aCT/eDel:KUlTUr<br />
[World Jazz] Indien holt auf.<br />
Während das Land kurz davor<br />
steht, China den demographischen<br />
Spitzentitel abzuluchsen,<br />
ist auf der anderen Seite der Welt<br />
eine Generation von nicht mehr<br />
ganz jungen, selbstbewussten<br />
Musikern herangewachsen, die<br />
in der Jazzszene klangkulturelle<br />
Akzente setzen. Dabei geht es<br />
nicht um das Relativieren vorhandener<br />
Normen, sondern eher um<br />
die Definition eines eigenen Stilplatzes<br />
im Impulsgemenge starker<br />
Gestaltungstraditionen. Dem<br />
Saxofonisten Rudresh Mahanthappa<br />
kommt dabei eine besondere<br />
Bedeutung zu. Denn über seine<br />
spieltechnische Kompetenz hat er<br />
sich bereits während der vergangenen<br />
fünf Jahre einen prominenten<br />
Platz in der Wertschätzung<br />
von Presse und Publikum erspielt.<br />
Mit „Samdhi“ nun geht er einen<br />
Schritt weiter als bisher. Im Quintett<br />
mit Gitarrist David Gilmore,<br />
E-Bassist Rich Brown, Drummer<br />
Damion Reid und Mridangam-<br />
Trommler Anantha Krishnan<br />
entwickelt er ein Programm zwischen<br />
den Welten, verwurzelt im<br />
Free Funk ebenso wie im Polyrhythmischen,<br />
im Jazz Blues wie<br />
in den weit ausholenden Bögen<br />
der indischen Ideenwelt. Da findet<br />
sich viel New York im Stilgepäck,<br />
das Erbe der M-Base-Ära à<br />
la Steve Coleman etwa, aber eben<br />
auch jazzig Ungewohntes in Tonbildung<br />
und Phrasierung. Das ist<br />
neu, muss sich setzen, wird aber<br />
Spuren hinterlassen.<br />
Paul Hammerthal<br />
Malcolm Braff<br />
„inside“<br />
enJa/SoUlFooD<br />
[Piano Jazz] Für Malcolm Braff<br />
war es auch ein wenig ein Neuanfang.<br />
Sein langjähriges Trio<br />
mit dem Bassisten Bänz Oester<br />
und dem Drummer Samuel<br />
Rohrer hatte sich aufgelöst, und<br />
so konnte sich der in der Schweiz<br />
lebende, aber in Brasilien geborene<br />
Pianist Malcolm Braff nach<br />
anderen Partnern umsehen, ohne<br />
jemanden vor den Kopf zu stoßen.<br />
Als ihn das Festival von Cully in<br />
diesem Frühjahr als Artist in Residence<br />
engagierte, bekam er die<br />
Gelegenheit, den Bassgitarristen<br />
Reggie Washington und den<br />
jungen Drummer Lukas Koenig<br />
einzuladen. Die Arbeitsphasen<br />
entwickelten sich so produktiv,<br />
dass das frischgebackene Trio<br />
wenig später ins Studio ging. Elf<br />
überwiegend eigene Stücke wurden<br />
aufgenommen, funky an der<br />
Basis und beiläufig komplex in<br />
der Durchführung. Auf „Inside“<br />
laufen die M-Base-Erfahrungen<br />
Washingtons mit frei fließenden<br />
Grooves und Braffs Hang zu verschmitzter<br />
Abstraktion zusammen,<br />
ergänzt um das klare, versiert<br />
kommentierende Schlagzeug<br />
des österreichischen Newcomers.<br />
Als kleinen Bonus sang schließlich<br />
im Nachhinein noch die bislang<br />
unbekannte Aurélie Emery<br />
– ein Session-Gast aus Cully –<br />
Björk-getönte Linien über ein<br />
Stück des Albums. So entstand<br />
funky Pianojazz mit ordentlich<br />
Kraft in der Hinterhand, ein Rezept,<br />
das noch richtig groß rauskommen<br />
könnte.<br />
Sascha Fröhlich<br />
Ähnlich wie: Kevin Hays, Gerald<br />
Clayton, andy Milne<br />
37<br />
Joo Kraus & Tales In<br />
Tones Trio<br />
„Painting Pop“<br />
eDel ConTenT / eDel KUlTUr<br />
[Cool Jazz] Erinnert sich noch<br />
jemand an Tab Two? An dieses<br />
rätselhaft verschrobene Duo des<br />
früheren Kraan-Bassisten Helmut<br />
Hattler mit einem jungen<br />
Trompeter namens Joo Kraus?<br />
Richtig, es ist eben jener Newcomer,<br />
der sich inzwischen zu<br />
einem der führenden Instrumentalisten<br />
seines Fachs in der<br />
deutschen Szene gemausert hat.<br />
Und er kann es noch immer nicht<br />
lassen, mit seinen Projekten die<br />
Randgebiete des Jazz an der Grenze<br />
zum Pop abzugehen, um nach<br />
Inspirationen und Repertoireideen<br />
zu suchen. „Painting Pop“<br />
führt ihn nun mit seinem Trio<br />
Highlights:<br />
Fr., 04.11., 19.30 Uhr, Festsaal Ingolstadt<br />
Pat Metheny Trio<br />
w/Larry Grenadier & Bill Stewart<br />
So., 06.11., 19.30 Uhr, Festsaal Ingolstadt<br />
Earth, Wind & Fire<br />
Experience<br />
feat. The Al McKay Allstars<br />
Fr., 04.11., Jazz Party I:<br />
• George Duke Quartet • Tingvall Trio<br />
• Iiro Rantala<br />
Sa., 05.11., Jazz Party II:<br />
• The Bahama Soul Club • Magnus<br />
Lindgren Quartet • Raphael Gualazzi<br />
• Incognito • Mike Stern Band feat.<br />
Dave Weckl, Bob Malach, Chris Minh Doky<br />
über den Kosmos von Michael<br />
Jackson hinaus, den er mit dem<br />
vorangegangenen „Neverland“-<br />
Projekt erkundete. Wirkte die<br />
Hommage an den „King Of Pop“<br />
noch ein wenig konstruiert, so<br />
ist dieses Album ein gelungenes<br />
Experiment. Die Stücke stammen<br />
mal von Toto und 10cc, mal<br />
von Sade und sogar Nena, werden<br />
aber von den Musikern mit<br />
einer Nonchalance in die eigene<br />
Klangsprache übersetzt, dass<br />
einem stellenweise Gänsehaut<br />
kommt. So klingt ein „I’m Not In<br />
Love“ momenthaft wie eine verschollene<br />
Ballade von Chet Baker,<br />
und der „Smooth Operator“ hätte<br />
auch aus einer Laune von Art<br />
Blakey’s Jazz Messengers heraus<br />
entstanden sein können. Hier ist<br />
ein Konzept gereift und wirkt sogar<br />
bei den Liveaufnahmen der<br />
Bonus-CD von der Neverland-<br />
Tournee homogen und überzeugend.<br />
Was für ein cooler Typ dieser<br />
Kraus doch geworden ist!<br />
Paul Hammerthal<br />
Das komplette Programm & Tickets unter:<br />
www.ingolstaedter-jazztage.de, Tel.: 08 41/3 05 18 11
s chat zkiste<br />
The Smiths<br />
„complete“<br />
RhiNO/WaRNeR<br />
The Smiths waren das gute Gewissen der New<br />
Wave, jedenfalls stellen sie sich gerne so dar.<br />
Während die Kollegen von Human League<br />
bis Spandau Ballet den Synthiepop der Punk-<br />
Nachfolge gerne als Kunstform inszenierten,<br />
gaben sich Sänger Steven Patrick Morrissey<br />
und Gitarrist Johnny Marr mit ihrer Band betont<br />
authentisch und normal. Schon der Allerweltsname<br />
war eine Botschaft, allerdings eine<br />
ironisch relativierte. Denn so durchschnittlich<br />
jugendlich The Smiths auf der einen Seite<br />
wirken wollte, so massiv nahmen sie auf der<br />
anderen Stellung zu den Verfasstheiten<br />
der britischen Gegenwart. Morrisseys<br />
verbaler Lieblingsfeind war<br />
Premierministerin Margaret Thatcher,<br />
der er in seinen Liedern schon einmal<br />
die Guillotine an den Hals wünschte,<br />
dicht gefolgt von Bob Geldof, den er<br />
schlicht für einen Scharlatan des Benefiz-Business<br />
hielt. Dazu kamen klare<br />
Stellungnahmen gegen den Verzehr<br />
von Fleisch, dem die Band sogar<br />
den Albumtitel „Meat Is Murder“<br />
widmete.<br />
38<br />
Saubermänner mit<br />
Attitüde: Johnny Marr<br />
(l.) und Morrissey<br />
(2.v.l.) mit Band<br />
So waren The Smiths eine wunderbar widersprüchliche<br />
Combo, die zum einen stellenweise<br />
aggressive oder traumatische Texte in eine<br />
ansprechende musikalische Form brachte, auf<br />
der anderen Seite zumindest auf dezente Weise<br />
dem Ausverkauf der Popmusik, der in den<br />
frühen 80ern einsetzte, einen künstlerischen<br />
Anspruch der Originalität entgegensetzten.<br />
Markant waren neben Morrisseys mal flehender,<br />
mal larmoyanter, aber auch beschwörender<br />
Stimme vor allem die schwebenden und<br />
fröhlich flirrenden Gitarrenlinien Marrs, die<br />
dem Pathos des Textes einen Teil des poetischen<br />
Ernstes wieder nahmen. So war es eigentlich<br />
unvermeidlich, dass<br />
die beiden stilistischen Protagonisten<br />
der Band über kurz<br />
oder lang aneinander geraten<br />
mussten.<br />
Anno 1987, nur fünf Jahre nachdem sich<br />
The Smiths in Manchester gegründet hatten,<br />
verließ Johnny Marr die Band, die das letzte,<br />
noch gemeinsame und vierte Studioalbum<br />
„Strangeways, Here We Come“ wenig später<br />
als Nachruf veröffentlichte. Morrissey startete<br />
seine Solokarriere, setzte mit „Viva Hate!“ im<br />
folgenden Jahr das Politikerbashing erfolgreich<br />
fort und gilt heute neben Elvis Costello<br />
und David Sylvian als integre Ikone der<br />
Independent-80er. Marr arbeitete mit Bands<br />
wie Electronic weiter, schrieb Songs für Oasis<br />
und Beck und machte sich im Vorfeld der<br />
30jährigen Bandjubiläums daran, das Erbe<br />
von The Smith zu remastern und in einer<br />
CD-Box mit neuen Linernotes herauszugeben.<br />
„Complete“ heißt das gute Stück, ist in<br />
verschiedenen CD- und Vinylversionen erhältlich<br />
und macht alle, die die 80er miterlebt<br />
haben, ein bisschen nostalgisch. Denn genau<br />
genommen ging es damals kaum jemandem<br />
in England, in Europa wirklich schlecht. The<br />
Smiths dokumentieren diesen musikalischen<br />
Wohlstand in aller verschmitzt intellektueller<br />
Pracht. Sascha Fröhlich<br />
Info: the smiths wurden zum Vorbild vieler Bands<br />
des Britpop und des New-Wave-Revivals.
Blondie<br />
„Original album classics“<br />
ePic/LeGacY/sONY<br />
Zwar hatte sich die New Yorker<br />
Pop-Punk-Combo Blondie 1983<br />
nach neun produktiven Jahren offiziell<br />
aufgelöst. Aber so ganz sein<br />
lassen wollten es die Musiker und die Sängerin Deborah<br />
Harry dann doch nicht, und so veröffentlicht die Band bis<br />
heute Alben unter dem erfolgreichen Namen. Drei Aufnahmen<br />
der mittleren Jahre, „No Exit“, „Livid“ und „The<br />
Curse Of Blondie“ sind nun im Rahmen der Reihe „Original<br />
Album Classics“ in einem Schuber zusammengefasst wieder<br />
zu haben. Sie gehören zur Herbstrunde der bereits 2008<br />
gestarteten Serie, die Raritäten und vergriffene Aufnahmen<br />
jeweils im Dreierpack mit Originalcovers im Vinylstil<br />
zusammenfassen. Neben Blondie sind diesmal Songwriter<br />
Ben Folds, die Altrocker von Deep Purple und die britischen<br />
Indie-Rocker Manic Street Preachers mit von der Partie.<br />
Noch umfangreicher sind die 5-CD-Päckchen mit Alben von<br />
REO Speedwagon, Lou Reed, Suicidal Tendencies und Elvis<br />
Presley, die ebenfalls dieser Tage in die Läden kommen.<br />
Und wem das nicht genügt, der kann noch ein bisschen in<br />
den Regalen kramen. Denn seit Start der Serie sind bereits<br />
rund 200 Titel im Rahmen der „Original Album Classics“<br />
wieder veröffentlicht worden. Paul Hammerthal<br />
Info: Die „Original album classics“ umfassen auch Folk- und<br />
Jazztitel von Willie Nelson über George Benson bis Deodato.<br />
Ganz entspannt: Als<br />
Blondie stagnierte,<br />
sang Deborah Harry<br />
auch mal Jazz<br />
Miles Davis<br />
„the Perfect Miles Davis<br />
collection“<br />
cOLUMBia/LeGacY/sONY<br />
im september 1991 starb Miles Da-<br />
vis an den Folgen eines schlagan-<br />
falls. zwei Jahrzehnte sind seitdem<br />
vergangen, aber noch immer gilt der<br />
trompeter als tonangebende kraft<br />
im Jazz. Denn er war mehreres zu-<br />
gleich: einerseits ein neugieriger und<br />
risikofreudiger Musiker, der mehr-<br />
mals dem Jazz eine Richtung wies<br />
und darüber hinaus in seinen Bands<br />
mit steter Regelmäßigkeit die hoff-<br />
nungsträger seines Fachs versam-<br />
melte. auf der anderen seite war er<br />
ein kämpfer für die Gleichberechti-<br />
gung schwarzer künstler, der es als<br />
einer der ersten durchsetzte, ge-<br />
nauso bezahlt zu werden wie seine<br />
weißen kollegen. Und er war Prota-<br />
gonist eines Lebensstils, der mit ex-<br />
altierter Mode, ruppigen Gesten und<br />
der Botschaft, mit dem Rücken zum<br />
Publikum zu spielen, die Verhaltens-<br />
normen von Jazzmusikern revidierte.<br />
in einer hinsicht allerdings war<br />
Miles Davis erstaunlich konstant.<br />
Nachdem er Mitte der 50er<br />
Jahre einen Vertrag mit<br />
der Plattenfirma cBs/<br />
columbia unterschrieben<br />
hatte, blieb er dem<br />
haus weitgehend treu.<br />
Das ermöglicht es sony,<br />
d i e i n z w i s c h e n d e n<br />
katalog von columbia verwaltet,<br />
erstaunliche sammlungen seiner<br />
Platten herauszugeben. aus anlass<br />
des 20. todestages nun kann man<br />
als Miles-Davis-Fan auf zwei zusammenstellungen<br />
zurückgreifen.<br />
Für den enzyklopädisch veranlagten<br />
sammler bietet die bereits 2009<br />
erschienene Box „the complete columbia<br />
album collection“ die Möglichkeit,<br />
den gesamten Miles mit 52<br />
alben auf 70 cDs, Bonusmaterial<br />
und zusätzlicher DVD zu archivieren.<br />
Darüber hinaus gibt es nun auch<br />
eine auswahl dieser edition in einer<br />
kleineren, aber für viele Jazzfans<br />
vollkommen ausreichenden Version.<br />
„the Perfect Miles Davis collection“<br />
versammelt 20 essentielle alben,<br />
angefangen bei den Gil-evans-aufnahmen<br />
über „kind Of Blue“ und<br />
das legendäre Quintett der 60er bis<br />
hin zum Jazzrock von „Bitches Brew“<br />
und einigen alben aus den 80ern.<br />
Mit einem eigenen Booklet sorgfältig<br />
ediert und kommentiert, bietet<br />
diese Box einen ausgezeichneten<br />
Überblick über die schaffensphasen<br />
mit hohem Genusspotential. Und<br />
wer dann erst einmal<br />
Blut geleckt hat,<br />
kann sich „sorcerer“,<br />
„the Man With the<br />
horn“ oder „You’re<br />
Under arrest“ immer<br />
noch einzeln zulegen.<br />
Ralf Dombrowski<br />
39
s chat zkiste<br />
Verschiedene<br />
Interpreten<br />
„süddeutsche zeitung Jazz“<br />
aLiVe<br />
Es muss eine Heidenarbeit gewesen<br />
sein, mehr als 300 Titel zusammenzustellen,<br />
um das Thema Jazz mal von<br />
einer neuen Seite anzugehen. Aber der<br />
Musikjournalist – und frisch gebackene<br />
Chefredakteur des <strong>SONO</strong>-Magazins<br />
Ralf Dombrowski – hatte die Idee, das<br />
schier grenzenlose Repertoire nicht<br />
nach Kriterien wie Chronologie oder<br />
Persönlichkeiten, sondern nach einem<br />
dramaturgischen Konzept zu gliedern.<br />
Es sollten CDs entstehen, die jeweils<br />
nach Themen sortiert jede für sich einem<br />
Spannungsbogen folgen, der die<br />
ganz alten Stücke ebenso integriert wie<br />
die ganz neuen. Spezialisten sollten<br />
ebenso angesprochen werden wie Novizen<br />
des Musikgenusses, Entdecker<br />
ebenso wie Hörer, die sich einfach nur<br />
gute Unterhaltung wünschen. Heraus<br />
kam eine Box mit 18 CDs, die manche<br />
Überraschung zu bieten hat. So finden<br />
sich die Größen des Geschäfts<br />
40<br />
Hände hoch und<br />
zuhören! Bugge ist<br />
dabei bei SZ Jazz<br />
von Charlie Parker und Miles Davis<br />
bis John Coltrane und Ornette Coleman<br />
ebenso in den Zusammenstellungen<br />
wieder wie Musiker, die auf<br />
einem Theremin spielen, eine Bluegrass-Version<br />
eines Queen-Klassikers<br />
anstimmen oder indische Musik aus<br />
Jazzperspektive interpretieren. Darin<br />
unterscheidet sich die Jazz-Edition der<br />
Süddeutschen Zeitung von anderen<br />
Compilations, die diesen Weg schon<br />
gegangen sind. Sie nimmt den Hörer<br />
an der Hand und führt ihn durch das<br />
Spiegelkabinett einer Musik, die viel<br />
mehr zu bieten hat als Swing, Bebop<br />
und verrückte Bläser.<br />
Paul Hammerthal<br />
Maria Callas<br />
„the callas effect“<br />
eMi cLassics<br />
Als Teenagerin sang Maria<br />
Callas ihre erste Rolle<br />
in Mascagnis „Cavalleria<br />
Rusticana“ in Athen, und<br />
wenig später schon galt die in New York geborene<br />
Griechin mit italienischem Pass als Jahrhundertstimme.<br />
Sie schaffte es, in den nach neuen Helden<br />
und Heldinnen dürstenden Nachkriegsjahren<br />
nicht nur der Oper an sich wieder zu neuem Glanz<br />
und Popularität zu verhelfen, sondern ganze Epochen<br />
wie das Belcanto neu zu beleben. Und sie<br />
war eine schillernde Gestalt des öffentlichen Lebens,<br />
durch ihre glamouörsen Auftritte, aber auch<br />
durch ihre Affäre mit dem Milliardär Aristoteles<br />
Onassis. Die Edition „The Callas Effect“ spürt dem<br />
besonderen Reiz dieser Märchenkarriere nach,<br />
mit zwei CDs, die ihre Paradearien von Gluck<br />
bis Verdi und Puccini bis Catalani unter einem<br />
Dach versammeln. Als besonderer Bonus wird<br />
die Sammlung durch eine DVD-Dokumentation<br />
ergänzt, die mit viel historischem Material die Lebensgeschichte<br />
von Maria Callas nachvollzieht.<br />
Sascha Fröhlich<br />
Little Feat<br />
„40 Feat“<br />
PROPeR/ROUGh tRaDe<br />
als Litte Feat 1968 anfin-<br />
gen, war noch alles offen.<br />
Die Rockmusik war gerade<br />
erst im Begriff, erfunden zu<br />
werden, und allerlei schräge Vögel und träumer suchten<br />
nach ihrem Platz auf der spielwiese. einer davon<br />
war Lowell George, sänger und Gitarrist mit Blumen<br />
im haar und Gewürzkraut im kopf. er rief mit Freunden<br />
aus dem zappa-Umfeld Little Feat ins Leben, schrieb<br />
Lieder, die die Freiheit der amerikanischen highways<br />
priesen, und glaubte selbst an diese Mythen. in den<br />
70ern avancierte die Band zum kritikerliebling, wurde<br />
allerdings vom Publikum langsamer anerkannt. Lowell<br />
George frönte den Rauschmitteln, starb 1979 an herzversagen<br />
und hinterließ eine Band, die im Laufe der<br />
Jahre auf der Bühne immer besser wurde. „40 Feat/<br />
the hot tomato anthology 1971-2001“ versammelt<br />
nun auf 3cDs Live-aufnahmen aus vier Jahrzehnten<br />
vom bandeigenen hot-tomato-Label. Manches fällt<br />
unter die Rubrik kurioses, das Meiste aber ist so durch<br />
und durch amerikanischer country-Funk mit Blues vermengt,<br />
dass man sich am liebsten gleich ins auto setzen<br />
möchte und gen süden cruisen, der sonne, dem<br />
taumel, der Freiheit entgegen. Paul Hammerthal
Elvis Presley<br />
Young Man With the Beat –<br />
the complete ’56<br />
elvis Presley Masters<br />
Rca/LeGacY/sOnY<br />
Popgeschichtsschreibung hat etwas surrea-<br />
les. Denn Journalisten neigen dazu, karrieren<br />
wie naturgewalten erscheinen zu lassen, die<br />
über die Musikwelt hereinbrechen. Da tau-<br />
chen Genies wie aus dem nichts auf, walzen<br />
alles nieder, was sich ihnen kritisch in den<br />
Weg stellt, und schaffen es scheinbar mühelos,<br />
ein großes Publikum auf ihre seite zu<br />
ziehen. Dieses Modell ist zwar alt, aber wirkungsvoll,<br />
und einer der ersten, bei denen es<br />
breitenwirksam zum tragen kam, war elvis<br />
Presley.<br />
noch 1955 kannte kaum jemanden den<br />
jungen Wilden aus tupelo, der mit seiner Mischung<br />
aus country-sound und Rockabilly<br />
beim regionalen sun-Label ein paar ebenso<br />
regionale singles aufgenommen hatte.<br />
allerdings waren die talentscouts von Rca<br />
Victor auf ihn aufmerksam geworden und<br />
bearbeiteten elvis’ Manager sam Philips, den<br />
newcomer doch für die große Firma zu verpflichten.<br />
es wurde viel gefeilscht, schließlich<br />
unterschrieb Presley im november 1955 seinen<br />
Vertrag und kassierte den für damalige<br />
Für seine Karriere ging Elvis<br />
Presley auch vor den Fans<br />
auf die Knie. Die fanden es<br />
großartig und liebten ihn.<br />
Verhältnisse traumhaften Betrag von 35.000<br />
Dollar. Das war eine große investition, die<br />
sich für Rca Victor lohnen musste, und deshalb<br />
warfen die Werbe- und Marketingleute<br />
die star-Maschinerie an. elvis Presley, eben<br />
erst 20 geworden, machte mit jugendlichem<br />
elan den ganzen trubel mit. Das Jahr 1956<br />
ging daraufhin in die Pophistorie ein als Beben<br />
des Rock’n’Rolls, der in Gestalt des Jungen<br />
mit dem hüftschwung die nach neuen<br />
klängen dürstende Musikszene überflutete.<br />
ein Märchen, möchte man meinen. Doch<br />
die umfangreiche edition „Young Man With<br />
the Big Beat – the complete ’56 elvis Presley<br />
Masters“ zeichnet da ein differenziertes<br />
Bild. natürlich gibt es in dieser opulent bebilderten<br />
und mit Devotionalien,<br />
Outtakes,<br />
Liveaufnahmen und<br />
interviews auf insgesamt<br />
5 cDs geschmückten<br />
edition<br />
reichlich mitreißende<br />
Musik zu hören. Die<br />
minutiös rekonstruierte<br />
chronologie<br />
des Durchbruchsjahres 1956 dokumentiert<br />
aber auch einen pausenlos arbeitenden, von<br />
termin zu termin hetzenden künstler, der<br />
sich ganz in den Dienst der Vermarktung der<br />
eigenen Person gestellt hat.<br />
Das ist spannend nachzuvollziehen und<br />
zeigt darüber hinaus einen Menschen innerhalb<br />
eines Räderwerks, dem das Private<br />
weitgehend abhanden gekommen war. auf<br />
der Promosingle von 1956, mit der elvis unter<br />
dem Motto „the truth about Me“ den<br />
Wissensdurst der Fans zu stillen versuchte,<br />
meinte er: „In vielen der Briefen fragen<br />
mich die Leute nach den Dingen, die ich<br />
so mache. Also, ich rauche nicht, ich trinke<br />
nicht, und ich gehe gern ins Kino. Vielleicht<br />
werde ich eines Tages auch ein Heim<br />
und eine eigene Familie haben, von der ich<br />
mich nicht mehr fortbewegen werde.“<br />
träume eines 21jährigen, der sich in den<br />
Dienst der Öffentlichkeit gestellt hatte,<br />
von dort den Weg aber nie mehr zurück<br />
in die normalität gefunden hat.<br />
Sascha Fröhlich
42<br />
Der Durchstarter: Als<br />
Produzent und Filmkomponist<br />
wird Quincy<br />
Jones berühmt<br />
Buch: Quincy Jones<br />
„Mein Leben – meine Leidenschaften“<br />
EDEL:VITA<br />
Es muss einen unglaublichen Spaß gemacht haben, dieses<br />
Buch zu gestalten. Denn zum einen ist Quincy Jones<br />
einer dieser Dogen der Musikkultur, der über mehr als<br />
ein halbes Jahrhundert hinweg als Musiker, Komponist,<br />
Produzent und Master Mind mit so ziemlich allen wichtigen<br />
Gestalten des Business gearbeitet hat. Darüber hinaus<br />
aber hat er wirklich auch Geschichten zu erzählen, wie<br />
das war, damals mit Michael Jackson zum Beispiel, dem<br />
begabten Wunderkind des Pop, das den richtigen Anstoß<br />
zur Weltkarriere brauchte. Oder als er als erster Schwarzer<br />
in leitender Stellung bei einer Plattenfirma 1961 über Nacht<br />
mit Lesley Gores Nummer-1-Hit „It‘s My Party“ ein Label<br />
sanierte. Oder noch früher, als er als Neuling im Geschäft<br />
gleich eine zehnmonatige Orchester-Tournee organisierte<br />
und beinahe pleite ging. Genau genommen hat er fast überall<br />
im Lauf der Jahre mitgemischt, hat mehrere Dutzend<br />
Filmmusiken geschrieben, wurde 79 Mal für den Grammy<br />
nominiert und hat die begehrte Trophäe der amerikanischen<br />
Musikwirtschaft auch 27 Mal erhalten.<br />
So kann ein Buch wie „Mein Leben – meine Leidenschaften“<br />
aus den Vollen schöpfen. Auf 178 Seiten tummelt<br />
sich die Hautevolee des amerikanischen Entertainments<br />
auf zahlreichen, zum Teil seltenen oder noch nie gezeigten<br />
Bildern und der Meister selbst kommentiert die eigene Biographie,<br />
aber auch die Geheimnisse des Musikgeschäfts. Es<br />
ist keine Autobiographie im strengen Sinne, eher ein mit<br />
vielen Zitaten garniertes Portrait, das Quincy Jones‘ Aktivitäten<br />
locker chronologisch abbildet. Und das macht auch<br />
den Schmökerspaß bei der Lektüre aus. Denn man muss<br />
nicht den Erinnerungen allein folgen, sondern bekommt<br />
sie von einem Autorenteam im Hintergrund journalistisch<br />
aufbereitet präsentiert. Vor allem aber vermittelt sich mit<br />
den vielen Dokumenten eines prall gefüllten Lebens eine<br />
doppelte, rundum positive Botschaft: Erstens kann man<br />
sehr viel mehr erreichen, als es am Anfang erscheinen<br />
mag, und zweitens ist Musik eine Leidenschaft, für die es<br />
sich zu kämpfen lohnt. Sascha Fröhlich<br />
Fakten: Quincy Jones: „Mein Leben – meine Leidenschaften“<br />
(Edel:Vita), 178 Seiten, 24,95 €.<br />
Seine Karriere<br />
startete Quincy<br />
Jones als Jazztrompeter
Hörbuch: Walter Moers<br />
„Das Labyrinth der<br />
Träumenden Bücher“<br />
Man darf Walter Moers nicht unterschät-<br />
zen. Natürlich, bekannt wurde er über seine<br />
Cartoons wie das „kleine Arschloch“, einem<br />
renitenten Weltverächter, der mit einer Portion<br />
Sarkasmus der hedonistischen Spaßgesellschaft<br />
der Neunzigerjahre den Spiegel<br />
vorhielt. Und spätestens, seitdem der Großmeister<br />
des Seemannsgarns Käpt‘n Blaubär<br />
seinen Platz in der „Sendung mit der Maus“<br />
gefunden hatte, waren die charakteristischen<br />
Kartoffelnasen ein fester Bestandteil<br />
bundesdeutscher Kinderzimmer. Weit<br />
weniger bekannt ist aber Walter Moers, der<br />
Romanautor. Ähnlich pointiert wie bei seinen<br />
Zeichnungen, nur freigiebiger noch mit<br />
phantasievollen Ideen hat er von seinem<br />
Erstling „Die 13½ Leben des Käpt‘n<br />
Blaubär“ an seinen Phantasiekontinent<br />
Zamonien aufgebaut, wo sich allerlei<br />
schräge Vögel tummeln.<br />
Zur zentralen Figur nach dem furchtlosen<br />
Blaubären und dem Wolpertinger<br />
Rumo hat sich der schriftstellernde Lindwurm<br />
Hildegunst von Mythenmetz<br />
entwickelt, der bereits in „Die<br />
Stadt der Träumenden Bücher“<br />
tief in die Katakomben von<br />
Buchhain hinabstieg, um den<br />
Schattenkönig zu suchen. Auf<br />
dieser abenteuerlichen Reise<br />
ins Innere des Literarischen<br />
begegnete er harmlosen Buchlingen ebenso<br />
wie skrupellosen Bücherjägern und entkam<br />
einer Katastrophe nur fast. Da sich aber diese<br />
seltsame Echse schnell zu einem Liebling<br />
einer wachsenden Zamonien-Fanschar entwickelte,<br />
entschloss sich der Autor, die Saga<br />
von Hildegunst fortzusetzen.<br />
Nun also das „Labyrinth der Träumenden<br />
Bücher“, zum einen als illustrierter<br />
Schmöker-Wälzer, zum anderen in der Hörbuchversion.<br />
Wieder kämpft Hildegunst<br />
von Mythenmetz mit den Wörtern wie mit<br />
den irrlichternden Gestalten und Andreas<br />
Fröhlich gibt dem phantastischen Getümmel<br />
mit sonorer, dramaturgisch vielseitiger<br />
Stimme eine raffiniert lakonische Form. Wer<br />
Hörstoff für dunkle, verwunschene Herbstund<br />
Winterabende sucht, für den ist dieses<br />
„Labyrinth“ ein Füllhorn. Ralf Dombrowski<br />
Fakten: Walter Moers „Das Labyrinth der<br />
Träumenden Bücher“ (Der Hörverlag), Vollständige<br />
Lesung durch Andreas Fröhlich.<br />
Laufzeit ca. 1.050 Min. 12 CD (39,99 €),<br />
2 mp3-CD (29,99 €)<br />
DVD: Sonic Youth<br />
„1991: The Year Punk Broke“<br />
GEFFEN / UNIVERSAL<br />
20 Jahre ist es her, dass Sonic Youth mit dieser<br />
rasanten Filmmontage ein ungewöhnliches<br />
Dokument einer Festivaltour, an der neben<br />
ihnen selbst auch Nirvana, Dinosaur Jr, die<br />
Babes In Toyland und noch ein paar andere<br />
Bands beteiligt waren, veröffentlichten. Schon<br />
damals ging es weniger um einen Konzertfilm,<br />
als um ein Zeitgemälde. Neben mitreißenden<br />
Live-Aufnahmen, die meist aus mehreren<br />
Shows zusammengeschnitten und nur selten<br />
in Bild und Ton synchron sind, gibt<br />
es flüchtige Szenen aus dem Backstage<br />
und seltsame Inszenierungen<br />
wie einen Dackel, der bellend zu Sonic<br />
Youth einlädt, Kim Gordon beim<br />
vergeblichen Versuch, J Mascis zu interviewen,<br />
spontane Gedichte, die in<br />
irgendwelchen europäischen Städten<br />
proklamiert werden und viele absurde<br />
Spielereien. Nichts an diesem Film sollte allzu<br />
ernst genommen werden. Wir erleben einen<br />
lebensfrohen Kurt Cobain unmittelbar vor der<br />
Veröffentlichung von „Nevermind“ und Sonic<br />
Youth im Zenit ihres alternativen Ruhmes. Die<br />
zentrale Botschaft des Films: Alles hätte ganz<br />
anders werden können, wenn es diesen Bands<br />
wirklich gelungen wäre, die Macht der Plattenfirmen<br />
zu brechen. Hier setzt sich eine Szene<br />
selbst ein Denkmal, wohl wissend, dass ihr<br />
Husarenritt bald vorbei sein wird. Die erstmalige<br />
Veröffentlichung dieses Films auf DVD<br />
hat daher einen überaus sentimentalen Beigeschmack.<br />
Obwohl es derselbe Film wie damals<br />
ist, wurde es doch ein ganz anderer Film, denn<br />
wir wissen, wie die Geschichte nach 1991 weitergegangen<br />
ist. Wolf Kampmann<br />
Weiterhören: Das wohl einflussreichste Album<br />
von Sonic Youth ist „Bad Moon Rising“ (1985).<br />
Selbst Freejazztrommler Han Bennink gehört wie<br />
auch Rapper Chuck D zu den Fans der Band.<br />
MONTEVERDI a trace of grace<br />
Anfang Juni 2011 treffen sich sechs Musiker in der uralten französischen Abtei<br />
von Noirlac, um in der Stille traumhafter Sommernächte eine außergewöhnliche<br />
Musik zu erschaffen. Es entsteht eine einzigartige Begegnung zwischen Jazz und<br />
Alter Musik, voll magischer Momente der Improvisation aus einer gemeinsamen<br />
musikalischen Sprache.<br />
Das neue Projekt von Michel Godard mit Steve Swallow, Guillemette Laurens u.a.<br />
Jetzt überall im Handel und als MP3-Download erhältlich.<br />
www.carpediem-records.de
MEDIA- MIX<br />
3CD + DVD: Klaus Hoffmann<br />
„Mit Freunden“<br />
STILLE-MUSIC / INDIGO<br />
Gästelisten sind verräterisch.<br />
Denn wer sich bei<br />
einem größeren Event als<br />
Freund oder Mitwirkender<br />
ansagt, der gibt damit auch<br />
ein Votum über die Beliebtheit<br />
des Gastgebers ab. Und<br />
da kann Klaus Hoffmann nicht klagen. Denn<br />
als der Schauspieler und Sänger am 27. März<br />
2011 einen Tag nach seinem 60. Geburtstag<br />
zum großen Fest in den Berliner Friedrichstadtpalast<br />
lud, kamen nicht nur rund<br />
2.000 Gäste im Saal, sondern auch namhafte<br />
Kollegen, um dem Jubilar angemessen zu<br />
gratulieren. Mit dabei war beispielsweise<br />
Reinhard Mey, der zu Ehren Hoffmanns wie<br />
Orpheus singen wollte, sich auf der Bühne<br />
außerdem mit Hannes Wader zusammen<br />
tat und für diesen Abend mit „Bruder<br />
Klaus“ sogar ein neues Lied geschrieben<br />
Buch: „Paul Simon<br />
– die Biografie“<br />
von Marc Eliot<br />
EDEL:VITA<br />
Im angelsächsischen Sprachraum<br />
gibt es im Prinzip zweierlei Arten von<br />
Popstar-Biografien: die sogenannten<br />
„autorisierten“, deren Informations-<br />
und Unterhaltungswert oft darunter<br />
leidet, dass ihre Autoren Leben und<br />
Person der beschriebenen Stars bis<br />
zur Peinlichkeit schönfärben. Und,<br />
vor allem im Boulevardpresse-Pa-<br />
radies England beliebt, die soge-<br />
nannten „unautorisierten“, in de-<br />
44<br />
Reinhard Mey, Klaus Hoff-<br />
mann, Hannes Wader: mit<br />
Freuden unter Freunden<br />
nen durch allerlei mediale<br />
Schlammschlachten ge-<br />
stählte „Hacks“ aus der<br />
Fleet Street hinter jedem<br />
hatte. Ein ähnliches Kaliber war der holländische<br />
Entertainer und Charmeur Herman<br />
van Veen, der es sich nicht nehmen ließ, seine<br />
verschmitzt besinnlichen Texte auch auf Klaus<br />
Hoffmann zu münzen. Hinzu kamen künstlerische<br />
Partnerinnen wie Romy Haag und Caroline<br />
von Brünken, aber auch Instrumentalisten<br />
wie die französische Akkordeonistin Lydie<br />
Auvray und der in Berlin lebende Klarinettist<br />
Rolf Kühn. Es wurde ein rauschendes Fest, das<br />
mehr als drei Stunden lang einen großen Bogen<br />
bis hin zu „Mein Weg“ spannte, nicht dem<br />
von Frank Sinatra, sondern dem eigenen Song,<br />
den Hoffmann mit Reinhard Mey anstimmte.<br />
Festgehalten wurde dieser Abend, bei dem, so<br />
der Gastgeber, der Geburtstag nur der Anlass<br />
gewesen sei, das Leben selbst zu feiern, sowohl<br />
auf DVD als auch auf 3 CDs, die neben<br />
Stöhner ihrer Protagonis-<br />
ten einen Skandal, min-<br />
destens aber eine finstere<br />
Charakterschwäche wit-<br />
tern. Das Buch des Ame-<br />
rikaners Marc Eliot über Paul Simon<br />
gehört weder zur einen noch zur<br />
anderen Spezies. Eliot, ein Genera-<br />
tionsgenosse Simons, der schon Bio-<br />
graphien über Clint Eastwood, Bruce<br />
Springsteen und die Eagles geschrie-<br />
ben hat, ist ein profunder<br />
Kenner des US-Showge-<br />
schäfts. Er hat allerhand<br />
erhellendes mitzuteilen<br />
über die zeitgeschicht-<br />
lichen Umstände, unter<br />
denen sich die frühe<br />
Freundschaft zwischen<br />
Paul Simon und Art Garfunkel,<br />
ihr kometenhafter Aufstieg<br />
als Popduo in den 60er Jahren und<br />
die von allerlei Großtaten, aber auch<br />
immer wieder bitteren Enttäuschungen<br />
geprägte weitere Laufbahn Paul<br />
Simons bis heute vollzog.<br />
dem ungewöhnlichen Programm auch die<br />
begeisterte Stimmung dokumentieren, die<br />
die Künstler auf der Bühne beflügelt hat, tatsächlich<br />
wie Orpheus zu singen.<br />
Sascha Fröhlich<br />
Wissenswert: Klaus Hoffmann wurde auch<br />
als Schauspieler, unter anderem durch die Titel -<br />
rolle in der Verfilmung von Ulrich Plenzdorfs<br />
„Die neuen Leiden des jungen W.“, und als<br />
Interpret der Chansons von Jaques Brel bekannt.<br />
„Mit Freunden“ erscheint als 3CD-Box, DVD und<br />
Deluxe-Edition mit Bonusmaterial.<br />
Eliot bemüht sich spürbar dem<br />
komplexen (und von Komplexen<br />
geprägten) Charakter Paul Simons<br />
gerecht zu werden. Die Musik und<br />
deren Wirkungsgeschichte allerdings<br />
bekommt er schriftstellerisch wenig<br />
anschaulich in den Griff. Von diesem<br />
Manko abgesehen ist das ansprechend<br />
gestaltete und solide bebilderte<br />
Buch dennoch eine lohnende<br />
Lektüre. Christian Stolberg<br />
Info: 352 Seiten, 30 Bilder, € 19.95
DVD: Oscar Peterson Trio<br />
„The Stuttgart Concert“<br />
INAKUSTIK<br />
Der Kanadier Oscar Peterson galt als Wun-<br />
derkind des traditionellen Jazz und recht-<br />
mäßiger Erbe des Titanen der Virtuosität Art<br />
Tatum. Tatsächlich konnte sich in Sachen Ge-<br />
läufigkeit kaum jemand mit Peterson messen, zumindest bis zum<br />
Jahr 1993, als er einen Schlaganfall erlitt und im Anschluss dar-<br />
an erst mühsam die Kunst des Klavierspiels wieder erlernte. Der<br />
Mitschnitt des ZDF Jazz-Clubs vom 25. April 1988 gehört daher<br />
zu den goldenen Tagen, als der Pianist die Musik einfach laufen<br />
lassen konnte. Tatsächlich zeigte er im Fernsehstudio mit lässiger<br />
Eleganz die Facetten seiner Kunst, perlende Unisono-Passagen,<br />
Blues-inspirierte Phrasierungen, das ganze Spektrum des ge-<br />
schmackvollen Klavierspiels. Ihm zur Seite standen Bassist Dave<br />
Young und Schlagzeuger Kenny Drew, die den opulenten Passa-<br />
gen des Klaviers die nötige Trio-Form gaben. So ist das „Stuttgart<br />
Concert“ ein Dokument aus den glücklichen Tagen des Jazz und<br />
eines Pianisten, der über Jahre hinweg der Maßstab des modern<br />
traditionellen Klavierspiels war. Ralf Dombrowski<br />
Info: „Stuttgart Concert“ ist auch im Surround-Sound gemischt<br />
und führt High-End-Fans auf diese Weise mitten in den Club.<br />
DVD: Peter Gabriel<br />
„New Blood –<br />
Live In London“<br />
EAGLE VISION/EDEL<br />
Peter Gabriel ist Charismatiker.<br />
Schon in den Achtzigern zählten<br />
seine Konzerte zu den großen Live-<br />
Ereignissen der Pop-Kultur<br />
und daran hat sich bis<br />
heute nicht viel geändert,<br />
auch wenn er inzwischen<br />
auf Show zugunsten eines<br />
Orchesters verzichtet. Zwei<br />
Tage machte Gabriel im vergangenen<br />
März im Londoner<br />
20 JAHRE<br />
Hammersmith Apollo Theater Station<br />
und hatte ein gutes Dutzend<br />
Bearbeitungen seiner Hits von „Mercy<br />
Street“ über „Biko“ bis „Solsbury<br />
Hill“ im Gepäck. Es war zunächst ein<br />
Experiment, aber die beiden Abende<br />
wurden für alle, einschließlich<br />
des Künstlers selbst, ein derartiges<br />
Erlebnis, dass sie schließlich in sein<br />
Albumprojekt „New Blood“ mündeten.<br />
Und natürlich ließ Peter Gabriel<br />
die Shows in London auch mit Kameras<br />
für die Nachwelt festhalten.<br />
Zusammen mit dem New Blood Orchestra<br />
unter der Leitung von Ben<br />
Foster und ergänzt um pointierte<br />
Visuals lässt sich die Magie dieser<br />
Abende nachvollziehen, die auch<br />
noch Monate später die Zuschauer<br />
in Euphorie versetzen kann.<br />
Typisch Peter Gabriel eben,<br />
der Charismatiker.<br />
Sascha Fröhlich<br />
Fakten: Peter Gabriels DVD<br />
„New Blood – Live In London“<br />
erscheint am 21. 10.<br />
Das Berlin-Album von U2 mit den Hits One, Mysterious Ways und The Fly<br />
www.u2.com | www.universal-music.de<br />
2-CD Deluxe Version<br />
• CD 1: original Album<br />
neu gemastert<br />
• CD 2: B-Seiten,<br />
Raritäten und<br />
unveröffentlichte<br />
Tracks<br />
Limitierte Super Deluxe Edition<br />
• sechs CDs inkl. neu gemastertes<br />
Album, unveröffentlichte Remixe,<br />
B-Seiten und einer neuen, alternativen<br />
Version des Albums<br />
• vier DVDs mit Videos, unveröffentlichtem<br />
Bonus Material und der<br />
neuen Dokumentation „From The<br />
Sky Down“<br />
Streng limitierte und nummerierte<br />
Über Deluxe Edition<br />
• sechs CDs inkl. neu gemastertes Album, unveröffentlichte<br />
Remixe, B-Seiten und einer neuen,<br />
alternativen Version des Albums<br />
• vier DVDs mit Videos, unveröffentlichtem Bonus Material<br />
und der neuen Dokumentation „From The Sky Down“<br />
• fünf 7" Singles, Hardcoverbuch sowie ein Exemplar<br />
Bono’s „The Fly“ Sonnenbrille u.v.m.<br />
AB 28. Oktober Auch als Standard-CD, Vinyl und Download
TOUrNEEN P O P, rOcK & cO<br />
Alle Tourneedaten<br />
fortlaufend aktualisiert<br />
und mit<br />
genauen Ortsangaben<br />
finden Sie unter<br />
sonomagazin.de<br />
A<br />
Laith Al-Deen<br />
24.1. Hannover<br />
25.1. Hamburg<br />
26.1. Dortmund<br />
27.1. Bremen<br />
29.1. Bielefeld<br />
30.1. Köln<br />
31.1. Ulm<br />
1.2. Stuttgart<br />
3.2. Mannheim<br />
4.2. Karlsruhe<br />
5.2. Offenbach a. M.<br />
7.2. Leipzig<br />
8.2. München<br />
10.2. Berlin<br />
Tori Amos<br />
25.10. Frankfurt<br />
31.10. Essen<br />
b<br />
Beatsteaks<br />
7.11. Osnabrück<br />
8.11. Lübeck<br />
11.11. Trier<br />
12.11. Siegen<br />
14.11. Oldenburg<br />
15.11. rostock<br />
17.11. Zwickau<br />
19.11. Freiburg<br />
22.11. Heilbronn<br />
23.11. Würzburg<br />
27.11. Fürth<br />
29.11. Magdeburg<br />
30.11. cottbus<br />
2.12. Köln<br />
3.12. Göttingen<br />
5.12. Braunschweig<br />
7.12. Essen<br />
9.12. Berlin<br />
The BossHoss<br />
9.3. Oberhausen<br />
10.3. Leipzig<br />
16.3. München<br />
23.3. Hamburg<br />
24.3. Berling<br />
30.3. Stuttgart<br />
31.3. Offenbach<br />
Bush<br />
5.11. Hamburg<br />
7.11. Berlin<br />
8.11. Köln<br />
10.11. München<br />
c<br />
Tony Christie<br />
1.2. Heilbronn<br />
2.2. Bonn<br />
4.2. Fellbach<br />
5.2. Berlin<br />
46<br />
7.2. Frankfurt<br />
8.2. Hamburg<br />
Coldplay<br />
15.12. Köln<br />
20.12. Frankfurt<br />
21.12. Berlin<br />
Elvis Costello<br />
7.11. Berlin<br />
Crosby & Nash<br />
20.10. Essen<br />
27.10. Niedernhausen<br />
d<br />
Joy Denalane<br />
3.11. Köln<br />
5.11. München<br />
6.11. Berlin<br />
7.11. Hamburg<br />
9.11. Nürnberg<br />
The Dubliners<br />
1.11. München<br />
2.11. Nürnberg<br />
3.11. Stuttgart<br />
5.11. Dortmund<br />
6.11. Göttingen<br />
8.11. Dresden<br />
10.11. Braunschweig<br />
11.11. Berlin<br />
23.11. Hannover<br />
25.11. Bielefeld<br />
26.11. Aurich<br />
28.11. Lübeck<br />
30.11. Bremen<br />
2.12. Flensburg<br />
3.12. Hamburg<br />
e<br />
Elbow<br />
7.11. Köln<br />
8.11. München<br />
10.11. Berlin<br />
Erasure<br />
8.11.<br />
11.11.<br />
12.11.<br />
14.11.<br />
Evanescene<br />
17.11. Offenbach a. M.<br />
18.11. Düsseldorf<br />
20.11. Berlin<br />
21.11. München<br />
f<br />
Die Fantastischen<br />
Vier<br />
13.12. Münster<br />
14.12. Düsseldorf<br />
16.12. Leipzig<br />
17.12. Braunschweig<br />
18.12. Augsburg<br />
21.12. regensburg<br />
22.12. Stuttgart<br />
Peter Frampton<br />
21.11. Berlin<br />
22.11. Mainz<br />
Jean Michel Jarre<br />
Sein Vater Maurice Jarre war mit Musik für<br />
Schmonzetten wie „Doktor Schiwago“ oder „Law-<br />
rence von Arabien“ berühmt geworden. Dem Sohn<br />
stand aber der Sinn nach ganz anderer Musik. Sein<br />
Orchester holte sich der Technik-Freak aus den<br />
frühen Synthesizern, zumeist wandschrankgroßen<br />
Ungetümen, die aber ein neues Klang-Universum<br />
erschlossen. Als dann 1976 „Oxygène“ erschien, war<br />
es geschehen. Jean Michel Jarre war der erste Pop-<br />
star der elektronischen Musik, allen Kraftwerkern<br />
zum Trotz, ein Magier der Sound-Spektakel, zu de-<br />
nen bald auch aufwändige Light-Shows kamen.<br />
Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Die<br />
Konzerte, die der inzwischen 63jährige Meister des<br />
Synthetischen gibt, sind Multimedia-Ereignisse mit<br />
hohem Unterhaltungswert und Anfang November<br />
in zehn deutschen Städten zu erleben.<br />
Tournee in Deutschland vom 31.10. bis 19.11.2011,<br />
Weitere Infos unter www.jeanmicheljarre.com<br />
g<br />
Marla Glen<br />
7.11. Aschaffenburg<br />
8.11. Köln<br />
9.11. Hamburg<br />
10.11. ratingen<br />
Guano Apes<br />
21.10. München<br />
28.1. Stuttgart<br />
29.1. Mannheim<br />
8.2. Hannover<br />
Wise Guys<br />
21.10. Bonn<br />
22.11. Hannover<br />
26.11. Bochum<br />
17.12. Essen<br />
20.1. Limburg<br />
11.2. Mannheim<br />
12.2. Mannheim<br />
1.6. Saarbrücken<br />
20.6. Lübeck<br />
21.6. Lübeck<br />
22.6. Flensburg<br />
30.6. Köln<br />
8.9. Dresden<br />
13.9. Leverkusen<br />
12.12. Leipzig<br />
13.12. Halle<br />
19.12. Kiel<br />
i<br />
In Flames<br />
21.11. Ludwigsburg<br />
22.11. Offenbach a. M.<br />
23.11. München<br />
25.11. Oberhausen<br />
Incubus<br />
19.11. Köln<br />
22.11. München<br />
27.11. Frankfurt<br />
j<br />
Jean Michel Jarre<br />
31.10. Frankfurt<br />
1.11. Hannover<br />
3.11. Hamburg<br />
4.11. Dortmund<br />
5.11. Köln<br />
7.11. Dresden<br />
8.11. Berlin<br />
9.11. Erfurt<br />
10.11. Trier<br />
19.11. München<br />
Jennifer Rostock<br />
29.10. München<br />
30.10. Nürnberg<br />
1.11. Stuttgart<br />
3.11. Bremen<br />
4.11. Dresden<br />
5.11. Erfurt<br />
6.11. Hannover<br />
9.11. Osnabrück<br />
11.11. Hamburg<br />
12.11. Leipzig<br />
14.11. Saarbrücken<br />
15.11. Mannheim<br />
16.11. Köln<br />
18.11. Kiel<br />
19.11. Magdeburg<br />
20.11. Berlin<br />
Jon Lord Blues<br />
Project<br />
15.11. regenstauf<br />
17.11. Berlin<br />
18.11. Hamburg<br />
19.11. Isernhagen<br />
20.11. Bochum<br />
Cowboy Junkies<br />
3.11. Hamburg<br />
4.11. Hannover<br />
5.11. Berlin<br />
k<br />
K.I.Z.<br />
10.11. Hamburg<br />
11.11. Flensburg<br />
12.11. Dresden<br />
22.11. Nürnberg<br />
23.11. Saarbrücken<br />
25.11. Bremen<br />
26.11. Dortmund<br />
Paul Kalkbrenner<br />
29.10. Neubrandenb.<br />
25.11. Frankfurt<br />
2.12. München<br />
16.12. Berlin<br />
The Kooks<br />
28.10. Ludwigsburg<br />
30.10. Offenbach a. M.<br />
31.10. München<br />
1.11. Düsseldorf<br />
3.11. Hamburg<br />
5.11. Berlin<br />
Lenny Kravitz<br />
2.11. Düsseldorf<br />
4.11. Hamburg<br />
5.11. Mannheim<br />
7.11. Berlin<br />
23.11. München<br />
l<br />
LaBrassBanda<br />
1.11. Erfurt<br />
2.11. Leipzig<br />
3.11. Dresden<br />
4.11. Berlin<br />
7.11. Dortmund<br />
8.11. Köln<br />
9.11. Frankfurt<br />
10.11. Freiburg<br />
2.12. regensburg<br />
4.12. München<br />
Annett Louisan<br />
25.10. Leipzig<br />
26.10. Kassel<br />
27.10. Bremen<br />
29.10. Karlsruhe<br />
30.10. Stuttgart<br />
31.10. Frankfurt<br />
2.11. Düsseldorf<br />
4.11. Hannover<br />
5.11. Erfurt<br />
6.11. Magdeburg<br />
8.11. Essen<br />
9.11. Saarbrücken<br />
10.11. Mannheim<br />
11.11. Nürnberg<br />
23.11. Dresden<br />
25.11. Bamberg<br />
28.11. Kiel<br />
29.11. Lübeck<br />
30.11. Braunschweig<br />
2.12. rostock<br />
3.12. Stade<br />
4.12. Oldenburg<br />
5.12. Hamburg<br />
7.12. Münster<br />
m<br />
Söhne Mannheims<br />
10.11. Frankfurt<br />
11.11. Hannover<br />
12.11. Leipzig<br />
14.11. Berlin<br />
15.11. Hamburg<br />
18.11. München<br />
21.11. Köln<br />
22.11. Oberhausen<br />
25.11. Mannheim<br />
Bob Dylan & Mark<br />
Knopfer<br />
26.10. München<br />
27.10. Leipzig<br />
29.10. Berlin<br />
31.10. Hamburg<br />
6.11. Hannover<br />
Ina Müller & Band<br />
11.11. Würzburg<br />
12.11. Ilsenburg<br />
18.11. Magdeburg<br />
19.11. Göttingen<br />
20.11. Kassel<br />
25.11. Fürth<br />
27.11. Bamberg<br />
1.12. Bremerhaven<br />
2.12. Kiel<br />
3.12. Hannover<br />
9.12. Bremen<br />
10.12. Flensburg<br />
11.12. Braunschweig<br />
15.12. Hamburg<br />
16.12. Hamburg<br />
George Michael -<br />
Symphonica<br />
9.11. Oberhausen<br />
15.11. Berlin<br />
17.11. München<br />
19.11. Frankfurt<br />
Milow<br />
25.10. Bamberg<br />
27.10. Düsseldorf<br />
28.10. Bielefeld<br />
29.10. Hamburg<br />
31.10. Berlin
3.11. Hannover<br />
4.11. Leipzig<br />
5.11. Bremen<br />
6.11. Flensburg<br />
11.12. Kempten<br />
12.12. München<br />
13.12. Dresden<br />
n<br />
Heather Nova<br />
9.11. Berlin<br />
11.11. Leipzig<br />
13.11. Bielefeld<br />
14.11. Köln<br />
22.11. Stuttgart<br />
r<br />
Rea Garvey, Xavier<br />
Naidoo, Sasha & Michael<br />
Mittermeier<br />
12.12. Dresden<br />
13.12. Dresden<br />
Achim Reichel<br />
3.11. Neuruppin<br />
4.11. Berlin<br />
Tok Tok Tok<br />
7.11. rostock<br />
8.11. Hamburg<br />
11.11. rheine<br />
12.11. Mülheim an der<br />
ruhr<br />
13.11. Witten<br />
15.11. Mainz<br />
16.11. Wolfenbüttel<br />
17.11. Kiel<br />
Rihanna<br />
25.10. München<br />
26.10. Frankfurt<br />
4.11. Hannover<br />
5.11. Leipzig<br />
8.11. Köln<br />
4.12. Hamburg<br />
Roxette<br />
11.10. München<br />
13.10. Hannover<br />
14.10. Halle/Westfalen<br />
16.10. Mannheim<br />
17.10. Stuttgart<br />
19.10. Oberhausen<br />
24.10. Berlin<br />
25.10. Hamburg<br />
27.10. Nürnberg<br />
Ist es noch Pop oder schon Pop, was Tok Tok Tok<br />
spielen? Während sich die Experten streiten, macht<br />
die Band um Sängerin Tokunbo Akinro und den<br />
Saxofonisten und Gitarristen Morten Klein Karriere.<br />
Gerade ist das Album „Was heisst das denn?“<br />
(BHM/ZYX) erschienen, ein Schritt in eine neue<br />
richtung. Denn diesmal sind alle Stücke auf<br />
deutsch geschrieben. Ansonsten aber bleiben sich<br />
Tok Tok Tok musikalisch treu und verpacken ihre Lieder<br />
in eine soulig funky swingenden Mischung flockiger<br />
Klänge. Damit stehen sie Ende November in<br />
ausgewählten deutschen Städten auf der Bühne –<br />
sonniger Sound gegen herbstliche Stimmungen.<br />
Konzerte vom 24.11. bis 3.12.2011, mehr unter<br />
www.toktoktok.de<br />
s<br />
Sade<br />
15.11. Leipzig<br />
16.11. Mannheim<br />
19.11. Dortmund<br />
Saga & Marrilion<br />
11.11. München<br />
12.11. Würzburg<br />
14.11. Münster<br />
15.11. Offenbach<br />
16.11. Mannheim<br />
18.11. Stuttgart<br />
19.11. Idar-Oberstein<br />
20.11. Köln<br />
22.11. Berlin<br />
24.11. Hamburg<br />
25.11. Mühlheim<br />
Helge Schneider<br />
21.10. Frankfurt<br />
22.10. Bamberg<br />
23.10. Mainz<br />
The Smashing<br />
Pumpkins<br />
21.11. Bremen<br />
23.11. Berlin<br />
24.11. Köln<br />
25.11. Offenbach a. M.<br />
27.11. München<br />
w<br />
John Watts<br />
6.11. Ubach-Palenberg<br />
7.11. Osnabrück<br />
8.11. Wuppertal<br />
9.11. Braunschweig<br />
10.11. Bremen<br />
12.11. Ubach-Palenberg<br />
13.11. Darmstadt<br />
14.11. Nürnberg<br />
Wilco<br />
8.11. Frankfurt<br />
9.11. München<br />
12.11. Berlin<br />
Kim Wilde<br />
7.3. Mainz<br />
8.3. Trier<br />
9.3. Köln<br />
10.3. Bremerhaven<br />
12.3. Nürnberg<br />
y<br />
Yes<br />
29.11. Dresden<br />
30.11. Stuttgart<br />
1.12. Oberhausen<br />
3.12. München<br />
4.12. Bielefeld<br />
z<br />
Zucchero<br />
3.11. Leipzig<br />
5.11. Nürnberg<br />
6.11. Frankfurt<br />
TOUrNEEN KL A SSIK<br />
Lisa Batiashvili<br />
Der Kollege vom Londoner The Guardian<br />
war unlängst schwer begeistert.<br />
„Lisa Batiashvili ist auf dem Podium<br />
so energiegeladen und charismatisch,<br />
eine Geigerin mit ungeheurem<br />
Potenzial und der künstlerischen<br />
Alle Tourneedaten<br />
fortlaufend aktualisiert<br />
und mit<br />
genauen Ortsangaben<br />
finden Sie unter<br />
sonomagazin.de<br />
b<br />
Joshua Bell<br />
27.11. Berlin<br />
Kolja Blacher<br />
23.11. Nienburg an<br />
der Weser<br />
2.12. Berlin<br />
15.12. Landshut<br />
16.12. Neumarkt<br />
18.12. Viersen<br />
Lisa Batiashvili<br />
3.11. Bremen<br />
8.11. Stuttgart<br />
9.11. Köln<br />
18.11. Schweinfurt<br />
19.11. Bamberg<br />
Khatia Buniatishvili<br />
29.11. Berlin<br />
2.12. Stuttgart<br />
9.12. Mainz<br />
10.12. Aschaffenburg<br />
c<br />
Cuarteto Casals<br />
17.11. Köln<br />
Ray Chen<br />
11.1. Elmau<br />
13.1. Elmau<br />
15.1. Gütersloh<br />
Trio di Clarone<br />
7.12. Ludwigshafen<br />
d<br />
Xavier de Maistre<br />
13.11. Hannover<br />
14.11. Köln<br />
15.11. Frankfurt<br />
17.11. Bietigheim-<br />
Bissingen<br />
18.11. Dortmund<br />
19.11. Münster<br />
23.11. Berlin<br />
e<br />
Quatuor Ébène<br />
3.12. Schweinfurt<br />
4.12. Neuss<br />
f<br />
Isabelle Faust<br />
25.10. Bad reichenhall<br />
Nelson Freire<br />
26.10. Düsseldorf<br />
g<br />
Sol Gabetta<br />
30.10. Berlin<br />
Elīna Garanča<br />
19.12. Berlin<br />
22.12. Berlin<br />
Christian Gerhaher<br />
14.11. Hamburg<br />
23.11. Herzogenaurach<br />
25.11. Freiburg<br />
27.11. Baden-Baden<br />
Neugier, um es auch zu verwirklichen“,<br />
gab er im Anschluss an ein<br />
Konzert der Newcomerin aus Tiflis<br />
zu Protokoll und brachte damit die<br />
Euphorie, die Lisa Batiashvili derzeit<br />
umgibt auf den Punkt. Dabei gehört<br />
sie nicht einmal zu denen, die zum<br />
Einstand vor allem Gefälliges spielen,<br />
sondern hat unlängst mit „Echoes Of<br />
Time“ (DG/Universal) ein durchaus<br />
eigenwilliges Debüt mit Klangerinnerungen<br />
an ihre georgische Heimat<br />
vorgelegt. Aber sie ist eben eine<br />
charismatische Gestalt und das hilft,<br />
um Musik eine überzeugende Kraft<br />
zu verleihen.<br />
Konzerte vom 3.11. bis zum 20.11.,<br />
mehr unter www.lisa-batiashvili.com<br />
Vadim Gluzman<br />
17.11. Leipzig<br />
18.11. Leipzig<br />
25.12. Dresden<br />
26.12. Dresden<br />
Vittorio Grigolo<br />
30.12. Berlin<br />
3.1. Berlin<br />
h<br />
Hilary Hahn<br />
23.11. Bielefeld<br />
Nikolaus<br />
Harnoncourt<br />
28.10. Berlin<br />
29.10. Berlin<br />
j<br />
René Jacobs<br />
3.11. Köln<br />
20.11. Berlin<br />
k<br />
Milos Karadaglic<br />
2.12. Berlin<br />
3.12. Hamburg<br />
5.12. Düsseldorf<br />
6.12. Bielefeld<br />
7.12. Münster<br />
9.12. Köln<br />
10.12. Frankfurt<br />
Vesselina Kasarova<br />
2.12. München<br />
5.12. München<br />
Nigel Kennedy<br />
1.11. Leipzig<br />
2.11. Stuttgart<br />
47
3.11. München<br />
5.11. Freiburg<br />
6.11. Hannover<br />
8.11. Düsseldorf<br />
9.11. Bielefeld<br />
10.11. Hamburg<br />
12.11. Nürnberg<br />
13.11. Berlin<br />
14.11. Dresden<br />
16.11. Dortmund<br />
17.11. regensburg<br />
18.11. Baden-Baden<br />
20.11. Mannheim<br />
21.11. Aachen<br />
23.11. Bremen<br />
24.11. Köln<br />
26.11. Kassel<br />
28.11. Essen<br />
29.11. Saarbrücken<br />
30.11. Frankfurt<br />
Simone Kermes<br />
1.11. Baden-Baden<br />
5.11. Berlin<br />
Gidon Kremer<br />
18.11. Neuhardenberg<br />
20.11. Frankfurt a. M.<br />
m<br />
Daniel Müller-<br />
Schott<br />
7.11. Würzburg<br />
30.11. Duisburg<br />
1.12. Duisburg<br />
9.12. Stuttgart<br />
o<br />
David Orlowsky<br />
30.10. Bremen<br />
31.10. Frankfurt<br />
1.11. Stuttgart<br />
3.11. Dresden<br />
9.11. Ulm<br />
10.11. Augsburg<br />
11.11. Erlangen<br />
12.11. Freiburg<br />
15.11. Heidelberg<br />
16.11. Köln<br />
18.11. Güglingen<br />
19.11. Heilbronn<br />
20.11. Neuenstadt<br />
23.11. Stuttgart<br />
29.11. Halle (Saale)<br />
Alice Sara Ott<br />
23.10. Pforzheim<br />
3.11. Bremen<br />
6.11. Düsseldorf<br />
7.11. Düsseldorf<br />
20.11. Mönchengladb.<br />
25.11. München<br />
30.11. Stuttgart<br />
4.12. Berlin<br />
p<br />
Murray Perahia<br />
7.12. Berlin<br />
Maurizio Pollini<br />
14.11. Berlin<br />
22.11. München<br />
48<br />
q<br />
Emerson String<br />
Quartet<br />
4.11. Bonn<br />
5.11. Hamburg<br />
10.11. Frankfurt a. M.<br />
Artemis Quartett<br />
21.11. Berlin<br />
29.11. München<br />
2.12. Oldenburg<br />
Hagen Quartett<br />
21.11. Bremen<br />
22.11. Hamburg<br />
s<br />
Fazıl Say<br />
15.11. Stuttgart<br />
Martin Stadtfeld<br />
5.11. Leipzig<br />
10.11. Baden-Baden<br />
11.11. Köln<br />
13.11. Flensburg<br />
14.11. Eckernförde<br />
17.11. Berlin<br />
18.11. Mainz<br />
t<br />
Nikolai Tokarev<br />
18.11. Berlin<br />
19.11. Berlin<br />
20.11. Dortmund<br />
21.11. Hamburg<br />
22.11. Düsseldorf<br />
23.11. Köln<br />
v<br />
Jan Vogler<br />
9.11. Hildesheim<br />
11.11. Mannheim<br />
w<br />
Carolin Widmann<br />
29.10. Stuttgart<br />
16.11. Freiburg<br />
21.11. Freiburg<br />
Ingolf Wunder<br />
31.10. Hamburg<br />
21.11. Berlin<br />
23.11. Münster<br />
25.11. Bielefeld<br />
27.11. Oldenburg<br />
29.11. Hannover<br />
y<br />
Quatuor Ysaÿe<br />
14.12. Erlangen<br />
17.12. Hamburg<br />
z<br />
Christian Zacharias<br />
7.11. Neuss<br />
TOUrNEEN JA Z Z & WO rLD<br />
Alle Tourneedaten<br />
fortlaufend aktualisiert<br />
und mit<br />
genauen Ortsangaben<br />
finden Sie unter<br />
sonomagazin.de<br />
b<br />
Rebekka Bakken<br />
11.11. Essen<br />
12.11. Mannheim<br />
13.11. Mainz<br />
15.11. Köln<br />
16.11. Oldenburg<br />
17.11. Hamburg<br />
18.11. Berlin<br />
19.11. Kiel<br />
22.11. Erlangen<br />
23.11. Hannover<br />
2.2. München<br />
3.2. Karlsruhe<br />
4.2. Stuttgart<br />
19.4. Lübeck<br />
20.4. Worpswede<br />
21.4. Hamm<br />
22.4. Nürnberg<br />
24.4. Bonn<br />
25.4. Magdeburg<br />
26.4. Halle<br />
27.4. Potsdam<br />
28.4. Dresden<br />
29.4. Helmbrechts<br />
Till Brönner<br />
22.10. München<br />
1.12. Hannover<br />
c<br />
Cyminology<br />
15.10. Neuhardenberg<br />
24.11. Kassel<br />
25.11. Bremen<br />
26.11. Kiel<br />
9.12. Penzberg<br />
10.12. Nürnberg<br />
4.12. Bielefeld<br />
d<br />
Barbara Dennerlein<br />
27.1. Kleve<br />
1.3. Bad Hamm<br />
11.3. Halle<br />
e<br />
Echoes Of Swing<br />
6.11. Duisburg<br />
g<br />
Jan Garbarek &<br />
Hilliard Ensemble<br />
14.10. Osnabrück<br />
16.10. Bremen<br />
18.10. Pirmasens<br />
7.11. München<br />
8.11. Augsburg<br />
9.11. Würzburg<br />
Jan Garbarek & Hilliard<br />
Ensemble<br />
Als vor 17 Jahren das Album „Officium“ erschien,<br />
konnte keiner ahnen, was für eine Welle der Zustimmung<br />
dem Experiment folgen sollte. Aber die<br />
Verbindung von frühneuzeitlicher Vokalmusik und<br />
improvisierendem Saxofon traf auf anhaltenden<br />
resonanz, so dass Jan Garbarek und das Hilliard<br />
Ensemble damit inzwischen nahezu überall auf<br />
der Welt zu Gast waren. Im vergangenen Jahr nun<br />
wurde das Projekt mit „Officium Novum“ (EcM/<br />
UNiversal) fortgesetzt und um Klangeinflüsse erweitert,<br />
deren Blick ostwärts in richtung Armenien<br />
zu dem Komponisten Komitas Vardapet schweift.<br />
Die Grundhaltung ist geblieben, nur das repertoire<br />
ist noch vielfältiger geworden. Im November sind<br />
Jan Garbarek und das Hilliard Ensemble wieder in<br />
Deutschland zu Gast. Ein Klassiker der Konzertwelt.<br />
Tournee vom 7.11. bis 11.12. 2011, Infos unter<br />
www.bremme-hohensee.de<br />
10.11. Nürnberg<br />
12.11. Hamm<br />
13.11. Essen<br />
15.11. Dortmund<br />
11.12. Stuttgart<br />
Hubert von Goisern<br />
23.1. Lörrach<br />
24.1. Kaiserslautern<br />
3.2. Landshut<br />
5.2. Karlsruhe<br />
6.2. Stuttgart<br />
7.2. Frankfurt<br />
8.2. Leipzig<br />
10.2. Dresden<br />
11.2. Magdeburg<br />
12.2. Erfurt<br />
10.3. Köln<br />
11.3. Hannover<br />
12.3. Berlin<br />
13.3. Bielefeld<br />
15.3. Hamburg<br />
16.3. Bremen<br />
17.3. Mühlheim an<br />
der ruhr<br />
13.4. Passau<br />
18.4. Nürnberg<br />
19.4. Mannheim<br />
20.4. regensburg<br />
21.4. München<br />
20.7. Losheim am See<br />
h<br />
The Harlem Gospel<br />
Singers Show<br />
25.12. Stuttgart<br />
26.12. Mannheim<br />
2.1. Köln<br />
3.1. Köln<br />
5.1. Essen<br />
6.1. Düsseldorf<br />
7.1. Düsseldorf<br />
13.1. Dortmund<br />
14.1. Dortmund<br />
16.1. Hamburg<br />
25.1. Frankfurt a. M.<br />
26.1. Frankfurt a. M.<br />
Julia Hülsmann Trio<br />
27.10. Gelsenkirchen<br />
29.10. Hameln<br />
2.3. Emsdetten<br />
17.3. Schweinfurt<br />
30.3. Schwäbisch Hall<br />
9.5. Hamburg<br />
12.5. Donaueschingen<br />
i<br />
Irish Folk Festival<br />
19.10. Kleinostheim<br />
20.10. Mainz<br />
21.10. München<br />
22.10. Landsberg<br />
23.10. Stuttgart<br />
30.10. Karlsruhe<br />
31.10. Unna<br />
1.11. Hamburg<br />
2.11. Buchholz<br />
3.11. Oldenburg<br />
4.11. Worpswede<br />
6.11. Schwedt<br />
7.11. Leipzig<br />
8.11. Dresden<br />
9.11. Görlitz<br />
10.11. Berlin<br />
11.11. Neubrandenburg<br />
12.11. rostock<br />
13.11. Bremerhaven<br />
14.11. Düsseldorf<br />
16.11. Hannover<br />
17.11. Nordhorn<br />
18.11. Kreuztal<br />
Vijay Iyer<br />
17.10. Koblenz<br />
20.10. Dortmund<br />
26.10. Innsbruck<br />
27.10. Salzburg<br />
28.10. Hamburg<br />
7.11. Leverkusen<br />
15.12. Singen<br />
26.1. Kassel<br />
27.1. Dornbirn<br />
28.1. Basel<br />
20.4. Neuburg/Donau<br />
k<br />
Rolf & Joachim<br />
Kühn Quintet<br />
29.10. Frankfurt<br />
4.11. Schorndorf<br />
5.11. Bayreuth<br />
6.12. Hamburg<br />
9.12. Darmstadt<br />
12.1. Düsseldorf<br />
3.3. Dessau<br />
l<br />
Charles Lloyd<br />
6.11. Berlin
m<br />
Max Raabe & Das<br />
Palast Orchester<br />
18.10. rosenheim<br />
8.11. Erfurt<br />
9.11. Gera<br />
10.11. cottbus<br />
11.11. Magdeburg<br />
23.11. Hamburg<br />
24.11. Münster<br />
26.11. Niedernhausen<br />
27.11. Darmstadt<br />
28.11. Mannheim<br />
29.11. Aschaffenburg<br />
30.11. Würzburg<br />
2.12. Kassel<br />
10.12. Kulmbach<br />
11.12. Leipzig<br />
Rudresh Mahanthappa<br />
25.10. Tübingen<br />
26.10. Bamberg<br />
27.10. Köln<br />
I Muvrini<br />
15.11. Ludwigsburg<br />
16.11. München<br />
18.11. Düsseldorf<br />
19.11. Hamburg<br />
Tingvall Trio<br />
21.11. Erfurt<br />
22.11. Dresden<br />
23.11. Berlin<br />
25.11. Mainz<br />
Mo’ Blow<br />
23.10. Greifswald<br />
5.11. Wolfsburg<br />
11.11. Dresden<br />
18.11. Jena<br />
r<br />
Céline Rudolph<br />
9.11. München<br />
12.11. Halle (Saale)<br />
14.11. Dresden<br />
7.2. Augsburg<br />
10.2. Lörrach<br />
s<br />
Ryuichi Sakamoto<br />
6.11. Dortmund<br />
Diknu Schneeberger<br />
Trio<br />
2.12. Sulzbachrosenberg<br />
21.1. Kirchheim/Teck<br />
Ein Schwede, ein Kubaner, ein Deutscher treffen<br />
sich in der Hamburger Szene und heraus kommt<br />
ein Trio, das die heimische Jazzwelt aufmischt. Nun<br />
machen der Pianist Martin Tingvall und seine Kumpels<br />
nichts wirklich Neues. Aber sie bringen die Idee<br />
des Klaviertrios derart gekonnt auf den Punkt, dass<br />
sie nicht nur das Publikum, sondern auch die connaisseure<br />
des Fachs überzeugen, die dem Tingvall<br />
Trio beispielsweise den Echo Jazz 2010 überreicht<br />
haben. Das aktuelle Kapitel ihrer Klangstreifzüge<br />
durch die nordisch geprägten Soundlandschaften<br />
heißt „Vägen“ (Skip/Soulfood) und ist auch die<br />
Grundlage des Live-Programm, mit dem die Musiker<br />
von Ende Oktober bis hinein in den Dezember<br />
auf deutschen Bühne Station machen.<br />
Konzerte vom 27.10. bis zum 8.12., mehr Info unter<br />
www.sonomagazin.de<br />
Karl Seglem<br />
11.11. ravensburg<br />
12.11. Herrenwies<br />
13.11. Münster<br />
14.11. Berlin<br />
15.11. Zehdenick<br />
16.11. Marburg<br />
17.11. Gotha<br />
18.11. Altenburg<br />
19.11. Helbedündorf<br />
t<br />
Tomasz Stanko<br />
3.11. Berlin<br />
26.4. Dortmund<br />
27.4. Neuburg<br />
Tingvall Trio<br />
3.11. Aalen<br />
4.11. Ingolstadt<br />
5.11. Neuwied<br />
6.11. Dresden<br />
7.11. Leverkusen<br />
12.11. Burghausen<br />
13.11. Freiburg<br />
15.11. München<br />
23.11. Berlin<br />
8.12. Hamburg<br />
19.1. Bremen<br />
21.1. Kassel<br />
24.1. Augsburg<br />
27.1. Offenburg<br />
30.3. St. Ingbert<br />
TOK TOK TOK<br />
24.11. Aschaffenburg<br />
29.11. Wiesbaden<br />
1.12. Freiburg<br />
2.12.11 Tübingen<br />
3.12.11 Jena<br />
Trombone Shorty<br />
29.11. Bremen<br />
1.12. Karlsruhe<br />
2.12. Erlangen<br />
3.12. Köln<br />
5.12. Stuttgart<br />
6.12. Mannheim<br />
7.12. München<br />
8.12. Berlin<br />
9.12. Hamburg<br />
Olivia Trummer<br />
15.10. Esslingen<br />
3.11. Ingolstadt<br />
17.12. Hamburg<br />
27.12. Bad Kissingen<br />
v<br />
Colin Vallon Trio<br />
29.10. Ludwigshafen<br />
15.11. Elmau<br />
w<br />
Bugge Wesseltoft<br />
27.11. Neuharden-<br />
berg<br />
30.11. Bochum<br />
2.12. Heidelberg<br />
Lizz Wright<br />
5.11. Berlin<br />
6.11. BIX Jazzcclub<br />
Badi Assad, Ottobrunn<br />
Man darf nicht immer auf die Ärzte<br />
hören. Denn hätte sich Badi Assad<br />
an das gehalten, was ihr die Spezialisten<br />
vor einen guten Jahrzehnt<br />
erzählt haben, dann hätte sie ihre<br />
Musikerlaufbahn knicken können.<br />
Denn jene meinten angesichts einer<br />
Nervenerkrankung an den Händen,<br />
sie würde nie mehr Gitarre spielen<br />
können. Tatsächlich legte Badi Assad<br />
das Instrument, mit dem die<br />
Schwester der beiden renommierten<br />
Gitarren-Gurus Sergio und Odair Assad<br />
zuvor innerhalb weniger Jahre<br />
den Sprung in die erste Musik-Liga<br />
geschafft hatte, zwei Jahre lang<br />
zur Seite und konzentrierte sich auf<br />
Gesang und Percussion. Dann aber,<br />
Stück für Stück, eroberte sie sich die<br />
Kompetenz an den Saiten zurück,<br />
und kann daher als besonderer Gast<br />
der Ottobrunner Konzerte gelassener<br />
und zugleich bewusster spielen, als<br />
ihr das früher möglich gewesen wäre.<br />
„Man kann sein Schicksal als Opfer<br />
verstehen,“ meint sie im Gespräch,<br />
„dann ist alles vorbei. Man kann es<br />
aber auch als Herausforderung se-<br />
Ein Hauch von<br />
Bra silien auf der<br />
Bühne: Badi Assad<br />
B L I c K Z U r ü c K :<br />
Der Dschungel von Assad<br />
hen und dann geht es immer weiter.“<br />
So massiert sich Badi Assad auf der<br />
Bühne zwar zwischendurch die Arme,<br />
präsentiert aber ein vielschichtiges<br />
Panoptikum der Stileinflüsse auf der<br />
Basis der Klangtraditionen ihrer brasilianischen<br />
Heimat. Die Klassik hat<br />
sie weitgehend hinter sich gelassen,<br />
dafür kommen Vorbilder wie caetano<br />
Veloso oder auch die Eurithmics<br />
ins Spiel, deren Lieder und Ideen sie<br />
geschickt in die eigene Songwelt integriert.<br />
Manches verblüfft wie die<br />
Mundpercussion, die sie gleichzeitig<br />
zum Gesang erzeugen kann, oder wie<br />
die mit einem Drumstick präparierte<br />
Gitarre, die auf einmal wie eine Mischung<br />
aus Koto und Kalimba klingt.<br />
Vor allem aber stellt Badi Assad sich<br />
als faszinierende rhythmikerin und<br />
musikalische Poetin vor, deren Lieder<br />
etwas von der Intensität haben,<br />
die viele Menschen suchen. So war<br />
das Konzert von Ottobrunn, gespielt<br />
in einem wild wuchernden Bühnendschungel<br />
aus Palmen und exotischen<br />
Dekorationen, einer dieser leisen,<br />
feinen Momenten, der weit über den<br />
Klangalltag hinausreicht.<br />
Ralf Dombrowski<br />
49
der Promih ö rer<br />
50<br />
Kai Meyer<br />
Kai Meyer ist einer der erfolgreichsten<br />
Romanautoren Deutschlands.<br />
Mit „Arkadien fällt“ (Carlsen) hat<br />
er soeben seine Gestaltwandlertrilogie<br />
fertig gestellt. Und er liebt<br />
musikalisch Opulentes.<br />
Welche Platte haben<br />
Sie sich als erste selbst<br />
gekauft?<br />
Im Anschluss an die<br />
Sozialisierung mit Hörspielplatten:<br />
„The Black<br />
Hole“, den Soundtrack<br />
von John Barry.<br />
Welches Instrument<br />
haben Sie gelernt?<br />
Keines. Leider. Trotz<br />
der üblichen elterlichen<br />
Mahnung.<br />
Was war ihr bisher<br />
eindrucksvollstes Kon-<br />
zerterlebnis?<br />
IQ im Londoner Marquee.<br />
Sind Sie auch<br />
mal selbst<br />
als Musiker<br />
aufgetreten?<br />
Mit Musikern,<br />
aber<br />
nicht<br />
als Musiker.<br />
Was singen<br />
sie unter der<br />
Dusche?<br />
Ich pfeife<br />
kunstvolle<br />
Eigenkompositionen.<br />
Mit wel -<br />
chen Songs<br />
bringt man<br />
sie auf die<br />
Tanzfläche?<br />
Mit keinem.<br />
Und mit welchen<br />
wieder herunter?<br />
Viel zu vielen.<br />
Mit welcher Platte<br />
testen Sie die Belastbarkeit<br />
ihrer Boxen?<br />
Metal aller Art.<br />
Was läuft bei Ihnen zum<br />
Sonntagsbrunch?<br />
Das Radio.<br />
Wessen Stimme könnten<br />
Sie ewig lauschen?<br />
Lisa Gerrard<br />
Der beste Soundtrack<br />
zum Joggen:<br />
„Conan the Barbarian“<br />
von Basil Poledouris.<br />
Schreibt sich auch gut<br />
dabei.<br />
Welche Musik haben<br />
Sie sich als letztes<br />
gekauft?<br />
„Ego Anthem“ von<br />
Tracedawn<br />
Bei welcher Musik bekommen<br />
Sie Ganzkörperausschlag?<br />
Obwohl ich Prog-Rock-<br />
Fan bin: Yes. Geht für<br />
mich so was von gar<br />
nicht.<br />
Ihr Album für die einsame<br />
Insel:<br />
„The Serpent’s Egg“ von<br />
Dead Can Dance.<br />
erscheinungstermin der nächsten Ausgabe: 1. dezember 2011
Ilja Richter präsentiert<br />
“Licht aus,<br />
Spot an!”<br />
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