Keith jarrett - SONO
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Ja Z Z & Wo rlD<br />
Inge Brandenburg<br />
„Sing! inge, sing!“<br />
SilVer SPoT/eDel:KUlTUr<br />
[Vocal Jazz] Im Booklet liest<br />
man über die gebürtige Leipzigerin<br />
Lobeshymnen aus berufenem<br />
Jazz-Munde, auch von Emil<br />
Mangelsdorff und Klaus Doldinger.<br />
Dabei ist der Name Inge Brandenburg<br />
längst vom Jazz-Radar<br />
verschwunden. 1999 starb die<br />
Sängerin mit 70 Jahren in München,<br />
verarmt und vergessen.<br />
Doch auch in den Jahrzehnten zuvor<br />
kannten sie nur noch Insider,<br />
obwohl Brandenburg für kurze<br />
Zeit als Europas beste Jazzsängerin<br />
galt. Ein überfälliger Tribut<br />
an diese verschollene Künstlerin<br />
versammelt jetzt Aufnahmen von<br />
1959 bis 1995, die sie vorrangig für<br />
deutsche Rundfunkstationen gemacht<br />
hatte. Und ob nun in den<br />
Standards „The Man I Love“ und<br />
„Body and Soul“ oder „Non, je ne<br />
regrette rien“ – sie besaß neben<br />
mitreißender Swing-Power auch<br />
stets diese Bittersüße im Ausdruck,<br />
die große Jazzstimmen<br />
aus und unsterblich macht.<br />
Guido Fischer<br />
Besonderheit: ein gleichnamiges<br />
Filmporträt über inge Brandenburg<br />
kommt am 26.10. in die Kinos.<br />
Dieter Ilg<br />
„otello live at<br />
Schloss elmau“<br />
aCT/eDel:KUlTUr VÖ 28.10.<br />
[Fusion] Jazz-Bassist Dieter<br />
Ilg gibt meistens prominenten<br />
Musikern Rückendeckung, wie<br />
etwa Till Brönner oder Bassbariton<br />
Thomas Quasthoff bei dessen<br />
Standardausflügen. Doch 2010 begab<br />
sich Ilg mit eigenem Trio ins<br />
36<br />
Studio und in die Operngeschichte,<br />
um Giuseppe Verdis berühmten<br />
Mohren „Otello“ auf Fusion-<br />
Herz und Nieren abzuklopfen.<br />
Das Experiment glückte, die verjazzte<br />
Otello-Annäherung wurde<br />
mit einem Schallplattenpreis ausgezeichnet.<br />
Anfang 2011 entstand<br />
nun der Livemitschnitt im oberbayerischen<br />
Schloss Elmau. Und<br />
mit seinen Kompagnons Rainer<br />
Böhm (Klavier) und Patrice Heral<br />
(Schlagzeug) legte Ilg noch mal<br />
nach, was die dauergroovende<br />
Gangart und romantische Jazz-<br />
Hymnenseligkeit angeht. Würde<br />
da aber zwischendurch nicht<br />
einer der Musiker als intriganter<br />
,Jago’ mit einer Free-Funk-Scat-<br />
Arie auftreten, man würde glatt<br />
vermuten, hier eine verschollene<br />
Aufnahme des schwedischen<br />
Esbjörn Svensson Trio zu hören.<br />
Guido Fischer<br />
Weiterhören: Uri Caine „Wagner e<br />
Venezia“<br />
Kerkko Koskinen<br />
Orchestra<br />
„Trains & letters“<br />
riCKy-TiCK/GrooVe aTTaCK<br />
[Ensemble Jazz] Der finnische<br />
Komponist, Pianist und Bandleader<br />
Kerkko Koskinen nennt gerne<br />
Charles Mingus als Vorbild<br />
seiner eigenwillig humorvollen<br />
Klangwelten. Tatsächlich ist da<br />
eine entfernte Geistesverwandtschaft<br />
auf dem aktuellen Album<br />
seines Orchesters zu spüren.<br />
Zum einen erscheint das Thema<br />
„Trains & Letters“ zunächst abstrus<br />
genug, dass es auch von dem<br />
amerikanischen Querdenker hätte<br />
sein können. Es ist gedacht als<br />
augenzwinkernder Nekrolog auf<br />
zwei Kulturräume, die in Zeiten<br />
von Internet und E-Mail immer<br />
mehr verloren gehen, Züge als<br />
Soziotope und Briefe als fest geschriebene<br />
Dokumente menschlicher<br />
Verfasstheit. Vor allem aber<br />
ist die Musik auf sympathisch<br />
intendierte Art chaotisch, ein<br />
wunderbares Ineinanderwirken<br />
konkurrierender Bläsersätze,<br />
irrlichternder Linien auf modern<br />
swingender Basis, die aber<br />
rechtzeitig zur Gemeinsamkeit<br />
zurückkehren, bevor musikalische<br />
Zentrifugalkräfte wirken<br />
können. Zwischendurch wird<br />
das Ganze noch gewürzt durch<br />
ein wenig Cembalo oder auch ein<br />
paar finnische Verse. So bekommt<br />
Kerkko Koskinens Klangkosmos<br />
eine überraschende Prise Sonderbarkeit,<br />
die so vielen gelackten<br />
Orchesterplatten abgeht. Eine<br />
Entdeckung! Ralf Dombrowski<br />
Weiterhören: le Sacre Du Tympan,<br />
Mingus Big Band<br />
Brad Mehldau, Kevin<br />
Hays<br />
„Modern Music“<br />
noneSUCH/Warner<br />
[Piano Jazz] In den 90ern startete<br />
der New Yorker Tenorsaxofonist<br />
Patrick Zimmerli zunächst<br />
eine Musiklaufbahn im Umkreis<br />
der avancierten Moderne etwa<br />
an der Seite des Gitarristen Ben<br />
Monder. Doch dann zog es ihn<br />
mehr zum Komponieren hin, und<br />
er schrieb viel Kammermusik unter<br />
dem Eindruck von Minimalisten<br />
wie Steve Reich. Eines dieser<br />
Projekte ist „Modern Music“, ein<br />
Programm, konzipiert für zwei<br />
Klaviere, dessen sich nun die Pianisten<br />
Kevin Hays und Brad Mehldau<br />
angenommen haben. Obwohl<br />
weitgehend auskomponiert, ist die<br />
Wahl von zwei Jazzkoryphäen<br />
für diese musikalischen Zwiegespräche<br />
wohl durchdacht. Denn<br />
Zimmerlis Kompositionen wirken<br />
frei fließend und fordern von den<br />
Interpreten dieses nötige Quäntchen<br />
Spontaneität und Impulsivität,<br />
um aufzublühen. So gelingt es<br />
Hays und Mehldau, die „Modern<br />
Music“ mit postimpressionisti-<br />
scher Gestaltungskraft wirken zu<br />
lassen und der Tendenz zum Plakativen<br />
der Ausdruckspatterns<br />
mit Impulsivität und pianistischer<br />
Eleganz entgegen zu wirken.<br />
Sascha Fröhlich<br />
Ähnlich wie: Wim Mertens,<br />
Michael nyman<br />
Chick Corea, Stefano<br />
Bollani<br />
„orvieto“<br />
eCM/UniVerSal<br />
[Piano Jazz] Spontan sollte es<br />
sein, ein Treffen aus dem Geiste<br />
der berühmten Klavierduos, die in<br />
den 70er Jahren die Jazzwelt faszinierten.<br />
So reisten die Pianisten<br />
Chick Corea und Stefano Bollani<br />
im vergangenen Dezember ohne<br />
große vorherige Absprachen an,<br />
um beim Umbria Jazz Winter<br />
Festival ihr Glück auf der Bühne<br />
zu versuchen. Lediglich ein paar<br />
Lieder hatten sie vereinbart, der<br />
Rest blieb der Gunst des Moments<br />
überlassen. Und die Schwingungen<br />
am Abend vor Silvester waren<br />
dem Künstlerduo gewogen. Mit<br />
charmanter Eloquenz formulierten<br />
sie ihre Dialoge, ästhetisch<br />
eher unter der postromantischen<br />
Führung Bollanins als dem früheren<br />
Idiom der Corea-Gespanne<br />
folgend. Es gab Kammerjazziges<br />
und ein wenig Avantgardeskes,<br />
allerdings in Maßen, ansonsten<br />
viel Melodie, viele perlende Läufe<br />
und fein balancierte, manchmal<br />
gar höflich zurückhaltende<br />
Zwiegespräche. Tatsächlich fehlt<br />
„Orvieto“ daher ein wenig der<br />
Schmiss, der zweieinhalb Jahrzehnte<br />
zuvor die Konzeption der<br />
Klavierduos von Corea bestimmte.<br />
Dazu hätten sich die beiden vielleicht<br />
doch vorher treffen sollen,<br />
um im Kleinen die Grenzen des jeweiligen<br />
Partners auszuloten und<br />
sie dann vor Publikum im kreativen<br />
Idealfall auszukosten. Sei’s