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Keith jarrett - SONO

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Anschlag und seine Phrasierung<br />

im Jazzigen klingen, so klar fehlt<br />

ihm im Klassischen doch eine Anschlagskultur<br />

etwa eines András<br />

Schiff oder der Nachdruck eines<br />

Friedrich Gulda. Da hilft es auch<br />

nicht, für einige Stücke auf ein historisches<br />

Instrument aus dem Jahr<br />

1849 zurückzugreifen, denn gerade<br />

ein alter Pleyel ist noch herausfordernder<br />

als ein neuer Steinway.<br />

Ralf Dombrowski<br />

Weiterhören: Brad Mehldau,<br />

Stefano Bollani, alfred Brendel<br />

Daniel Barenboim/<br />

Pierre Boulez<br />

„The liszt Concertos“<br />

DG/UniVerSal<br />

[Konzert] Ein Pianist spielt Liszt,<br />

natürlich, es ist ja Jubiläum. Und<br />

deshalb widmen sich dieser Tage<br />

ganze Armaden von Interpreten<br />

dem musikalischen Schaffen<br />

des romantischen Komponisten,<br />

der in vielfacher Hinsicht die<br />

Vorstellung und Wahrnehmung<br />

von Musik verändert hat. Denn<br />

Liszt etablierte die Idee des Virtuosen<br />

endgültig in der bürgerlichen<br />

Konzertkultur, und seine<br />

beiden Klavierkonzerte gelten<br />

als Schlachtschiffe des Zirzensischen,<br />

gerne geschmäht von einer<br />

Musikkritik, die den Kampf des<br />

erfolgreichen Künstlers mit den<br />

Grenzen der Ausdruckskraft so<br />

nicht akzeptieren wollte. Daniel<br />

Barenboim nun, selbst auf seine<br />

Weise ein Missionar eines toleranten<br />

Kulturverständnisses, konnte<br />

es daher nicht hinnehmen, dass<br />

die Liszt’schen Konzerte im Jubeljahr<br />

womöglich falsch verstanden<br />

werden könnten, und widmete<br />

sich für das Klavier-Festival<br />

Ruhr dem mächtigen Werk aus<br />

seiner Perspektive. Wichtig war<br />

ihm die Entkleidung des Mythos<br />

vom Gewand des Historischen<br />

und eine Neudeutung des Virtuosen<br />

als Spiel mit Illusionen und<br />

Farben. Damit das auch möglich<br />

werden konnte, lud er seinen Kollegen<br />

Pierre Boulez an das Pult der<br />

Staatskapelle Berlin, einen der erfahrensten<br />

Klangraumgestalter<br />

der Gegenwart. Und vor allem<br />

diese Entscheidung trug dazu<br />

bei, dass die im Juni des Jahres in<br />

Essen aufgezeichneten Konzerte<br />

sich auch dem nähern, was Barenboim<br />

sich dachte. Denn erst<br />

im Verbund des dynamisch und<br />

dramaturgisch perfekt gesteuerten<br />

Orchesters konnte der Pianist<br />

mit den Möglichkeiten der Klangfarblichkeit<br />

spielen. So wurde aus<br />

„The Liszt Concertos“ zwar keine<br />

Jahrhundertaufnahme, aber doch<br />

eine Version inspirierter Auseinandersetzung<br />

mit dem Monumentalen,<br />

die Feinheiten des Tiefgründigen<br />

zuließ. Sascha Fröhlich<br />

Weiterhören: Svjatoslav richter,<br />

Julius Katchen<br />

Hélène Grimaud<br />

„Mozart: Klavierkonzerte<br />

nr. 19 & 23 u. a.“<br />

DG/UniVerSal<br />

[Konzert] Von den bisherigen<br />

Aufnahmen Hélène Grimauds<br />

weiß man, dass sie sich über die<br />

ausgewählten Klavierstücke lieber<br />

einmal zu viel als zu wenig<br />

Gedanken macht. Kopflastig ist<br />

ihr Spiel aber nie, sondern bisweilen<br />

verstörend aufwühlend.<br />

Kein Wunder, dass sie selbst bei<br />

ihren in München mitgeschnittenen<br />

Konzert-Aufnahmen zwei<br />

bekannte Klavierkonzerte von<br />

Mozart nicht einfach runterperlte.<br />

Mit dem Kammerorchester<br />

des Symphonieorchesters des BR<br />

legte sie vielmehr Stimmen und<br />

Stimmungen frei, die vor allem<br />

an den Musikdramatiker Mozart<br />

denken lassen. Ungemein empfindsam<br />

und subtil lotet Grimaud<br />

die langsamen Sätze aus, während<br />

die spielerische Brillanz in<br />

den schnellen immer auch etwas<br />

Trügerisches besitzt. Geistigkeit<br />

und Musikalität geraten bei Grimaud<br />

in ein auf- und anregendes<br />

Wechselspiel. Guido Fischer<br />

Sylvain Cambreling<br />

„antonín Dvorˇák: Sinfonie<br />

nr. 9 ,aus der neuen<br />

Welt‘; leoš Janáček:<br />

Sinfonietta“<br />

Glor ClaSSiCS/Sono MUSiC<br />

[Sinfonik] Es ist eine Frage des<br />

Tempos und der Offenheit. Denn<br />

Antonín Dvorˇáks neunte Sinfonie<br />

„Aus der Neuen Welt“ ist so<br />

prall gefüllt mit grandiosen, pathostrunkenen<br />

Melodien, dass<br />

Dirigenten gerne den Fehler begehen,<br />

sie als Potpourri klassischer<br />

Gassenhauer zu verstehen oder<br />

auf der anderen Seite via übertriebener<br />

Empathie dem imaginierten<br />

Schicksal der Indianer akustisch<br />

nachzuspüren. Es ist eine Frage<br />

der Balance, und Sylvain Cambreling<br />

erweist sich als umsichtiger<br />

Gestalter mit dem Gespür für ein<br />

passendes Maß der Introspektion.<br />

So zart und fragil, beinahe intim<br />

war das „Largo“ lange nicht<br />

mehr zu hören; mehr portionierter<br />

Nachdruck als beim „Scherzo.<br />

Molto Vivace“ mit dem SWR-Sinfonieorchester<br />

Baden-Baden und<br />

Freiburg, das der gebürtige Nordfranzose<br />

seit 1999 als Chefdirigent<br />

leitet, ist kaum noch möglich. Cambreling<br />

schöpft die Möglichkeiten<br />

der Farbgestaltung mit Pfiffigkeit<br />

aus, und bevor das Fest der Ohrwürmer<br />

allzu versöhnlich wird, ist<br />

die 2009 entstandene Aufnahme<br />

auch schon vorbei und mündet in<br />

Leoš Janáček „Sinfonietta“, eine<br />

Komposition des bereits 72jährigen<br />

Tschechen, die er in nur drei<br />

Wochen anlässlich eines Kongresses<br />

des patriotischen Turnerverbandes<br />

„Sokol“ geschrieben hatte<br />

und die 1926 in Prag uraufgeführt<br />

wurde. Hier treffen imaginierte<br />

Folklore und Fanfarenpracht, orchestraler<br />

Wohlklang und dezente<br />

Abstraktion aufeinander, als spätes<br />

Erbe der nationalen Musikjahrzehnte.<br />

Für Cambreling und<br />

sein Orchester ist Janáček mehr<br />

noch als Dvorˇák eine Spielwiese<br />

der Akzente, der Präsenz in der<br />

Transparenz. Eine ebenso feinsinnige<br />

wie unterhaltsame Aufnahme<br />

zweier großer Orchesterwerke<br />

aus dem Geiste der reflektierten<br />

Romantik. Sascha Fröhlich<br />

Wissenswertes: im Jahr 2009<br />

bekam Sylvain Cambreling den<br />

echo Klassik als Dirigent des Jahres<br />

für sei ne Beschäftigung mit olivier<br />

Messiaen.<br />

Sharon Isbin &<br />

Friends<br />

„Guitar Passions“<br />

Sony ClaSSiCal<br />

[Crossover] Natürlich ist die<br />

US-amerikanische Topgitarristin<br />

Sharon Isbin absolut sattelfest im<br />

klassischen Kernrepertoire, ob bei<br />

Bach oder in den spanischen Miniaturen<br />

eines Albéniz. Die ehemalige<br />

Schülerin des Jahrhundertgitarristen<br />

Andrés Segovia geht aber<br />

eben gerne mal musikalisch fremd.<br />

Für ihre Klangroute in Richtung<br />

Brasilien und Lateinamerika hat<br />

sie sich nun namhafte Begleitung<br />

gesichert. Ex-Zappa-Gitarrist Steve<br />

Vai, die brasilianische Sirene<br />

Rosa Passos sowie der Tapping-<br />

Spezialist Stanley Jordan assistieren<br />

Isbin bei ihren einfühlsamen,<br />

akustischen Saitenschwingungen.<br />

Und für weltmusikalisch angenehme<br />

Brisen sorgt etwa eine Coverversion<br />

von Antonio Carlos Jobims<br />

„Chovendo na Roseira“. Das<br />

eigentliche Gitarrenfeuer lodert<br />

aber erst, wenn Isbin ganz allein<br />

und atemberaubend virtuos zupackt,<br />

in Klassikern von Agustín<br />

Barrios Mangoré und Albéniz.<br />

Reinhard Lemelle<br />

Ähnlich wie: Miloš Karadaglić<br />

„Mediterráneo“<br />

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