texte aus den literaturwerkstätten des - Crespo Foundation
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Bei diesen Worten zogen sich Schulzes Mundwinkel nach oben<br />
und er entblößte seine Zähne.<br />
„Weil ich bereits im 8. Semester – ich versichere Ihnen<br />
Herr Professor, ich wollte Ihnen da-“<br />
„Worauf wollen Sie hin<strong>aus</strong>, Schulze?“<br />
„Nun jaaa, ähm, die Sache ist die, dass – ich habe min<strong>des</strong>tens<br />
4 weitere Semester vor mir und unsere finanzielle<br />
Situation ist, wie Sie sich das sicher vorstellen, nicht<br />
gerade ber<strong>aus</strong>chend und da haben Pia und ich beschlossen,<br />
dass ich fürs Erste bei Pias Vater im Betrieb anfangen<br />
werde… Da geht das, Sie verstehen sicher, mit dem Studium<br />
dann nun leider nicht mehr so…“<br />
Schulzes Mundwinkel kehrten wieder zu ihrer Ausgangsposition<br />
zurück.<br />
„Wie gesagt, es ist wirklich schade und ich hätte unheimlich<br />
gerne mit Ihrer Hilfe, aber sie wissen ja, Herr Professor,<br />
wie das im Leben ist - Es kommt wie es kommt! Hehe,<br />
… he … Nuun, wie dem auch sei, ich möchte Sie ganz herzlich<br />
zu der Party, die wir anlässlich Pias Schwangerschaft und<br />
Pias und meiner Verlobung –“<br />
Bei diesen Worten zeigte Schulze wieder seine Zähne.<br />
„-<strong>den</strong>. Heineken war so freundlich, wir feiern in seiner<br />
Villa, Sie wissen ja, wo die liegt… Wie gesagt Pia und ich<br />
wür<strong>den</strong> uns sehr freuen, wenn Sie kommen könnten…“<br />
Schulzes Augen zuckten wie eine Kompassnadel in der Nähe<br />
eines elektromagnetischen Fel<strong>des</strong>. Möbus fixierte <strong>den</strong> Kugelschreiber<br />
in seiner Hemdtasche.<br />
„Ihnen ist klar, dass Sie zu <strong>den</strong> fähigsten Stu<strong>den</strong>ten zählen,<br />
die ich jemals hatte? Sie haben das Potenzial ein hervorragender<br />
Physiker zu wer<strong>den</strong>, vielleicht sogar die<br />
Wissenschaft zu verändern. So etwas gibt man doch nicht auf<br />
für Sentimentalitäten! Das kann, das darf nicht Ihr Ernst<br />
sein!“<br />
„Aber Herr Professor, he he … Ich liebe Pia mehr als<br />
alles Andere auf der Welt und ich würde ihr je<strong>den</strong> Wunsch<br />
erfüllen. Die Wissenschaft wird wohl auch ohne mich ganz gut<br />
zurechtkommen.“<br />
„Genau das, genau das ist die Scheiße, an der die<br />
Menschheit irgendwann ersticken wird! Wo wäre die Welt<br />
heute, wenn jeder große Wissenschaftler so gedacht hätte wie<br />
Sie? Wo wären wir heute, wenn Newton seine Frau lieber wund<br />
gebumst hätte, anstatt die ‚Principia mathematica’ zu<br />
schreiben, wenn Galilei Reime geschrieben hätte, anstatt <strong>den</strong><br />
Kopernikanismus zu beweisen?<br />
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