01.11.2012 Aufrufe

texte aus den literaturwerkstätten des - Crespo Foundation

texte aus den literaturwerkstätten des - Crespo Foundation

texte aus den literaturwerkstätten des - Crespo Foundation

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

auf die Kaffeemaschine, und sie bekam noch nicht mal in<br />

Gedanken alle Schritte zusammen. Sah also darauf, resignierte<br />

mit einem Seufzen und ging wieder zurück in ihr Bett.<br />

Sanne war in <strong>den</strong> letzten zwei Monaten unbrauchbar gewor<strong>den</strong>.<br />

Sie hatte sich nicht mehr im Büro gemeldet, nachdem ihre<br />

Krankschreibung abgelaufen war und dachte auch nicht<br />

daran, das zu tun. Sie erhielt ihr Restgehalt für <strong>den</strong> Monat<br />

Oktober, mehr nahm sie nicht wahr.<br />

Sannes Körper war in Zeitlupe steckengeblieben, dafür<br />

flogen die Gedanken ihr um die Ohren. Je mehr sie versuchte,<br />

sich abzulenken, umso häufiger dachte sie an Maris. – Ihren<br />

Maris. – Den Mann, <strong>des</strong>sen helle Locken sie eben noch, ja,<br />

gerade eben noch zwischen ihren Fingern teilte. Dem sie<br />

morgens die Brille aufsetzte, wenn sie schneller war als er.<br />

Der nicht mehr redete als nötig, aber mit Akkordeon zwischen<br />

seinen hochgekrempelten Armen laut lachte. Dachte an<br />

Maris, – <strong>den</strong> Schwimmer. Schwimmer?<br />

Einmal, nach dem Umzug <strong>aus</strong> der gemeinsamen Wohnung zurück<br />

zu ihren Eltern, kamen Maris’ –<br />

Eltern vorbei, wollten nach<br />

ihr sehen. Sie meinten es gut, das wusste Sanne, und lu<strong>den</strong><br />

sie zu sich ein, aber sie konnte ihren Blicken nicht standhalten.<br />

Ein paar Mal riefen sie auch an, das konnte Sanne an der<br />

Nummer erkennen. Sie ging nicht ran. Was hätte sie sagen<br />

sollen? Kopfschmerz pochte Ich-bin-schuld in beständigem<br />

Rhythmus gegen ihre linke Schläfe. Wegen mir ist ihr Sohn<br />

tot. Wenn ich nicht wäre, er würde noch leben. Sanne stammelte<br />

in Gedanken, etrug die Freundlichkeit und Aufmerksamkeit<br />

der bei<strong>den</strong> nicht.<br />

Es gab auch Tage, da wachte Sanne morgens auf. Tage, die<br />

<strong>den</strong> nächtlichen Traum in Vergesslichkeit versteckten. Tage,<br />

die sie mit gerade soviel Stärke versorgten, dass sie es<br />

schaffte, sich <strong>aus</strong>zuziehen und <strong>den</strong> Wasserhahn Richtung rot<br />

zu drehen. Ihre Beine ins heiße Wasser zu halten und <strong>den</strong><br />

Rest <strong>des</strong> Körpers nachzuschieben. Dann ging alles schon viel<br />

besser. Dann frühstückte sie mehr als rohe Toastscheiben.<br />

Dann bekam sie einen guten Kaffee hin, mit Maschinengluckern,<br />

und warf auch das nasse Filtertütenbeutelchen in <strong>den</strong><br />

richtigen Mülleimer. Dann öffnete sie ihr Fenster zum<br />

Lüften.<br />

Der erste Dezembermorgen versprach so einen Tag. Es war<br />

sonnig und frisch, und sie hatte sich ans Klavier gesetzt,<br />

um zu klimpern. Auf <strong>den</strong> weißen Tasten, dorisch.<br />

86

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!