impuls - Soziale Arbeit - Berner Fachhochschule
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«Erfolg der Familienpolitik wird oft an der<br />
Geburtenrate gemessen. Das gilt natürlich<br />
so alleine nicht. Erfolg kann auch sehr<br />
stark an der Frage ‹Erfüllen sich die Eltern<br />
ihre Lebenswünsche?›, ‹Gelingt es, die<br />
Sozialisationsaufgabe ordentlich zu erledigen,<br />
im Verbund mit familienunterstützenden<br />
Betreuung?› gemessen werden. Und<br />
da kann man eigentlich in ganz Europa<br />
feststellen, dass das ganz wesentlich ist.<br />
Die monetäre Förderung alleine ist vergleichsweise<br />
erfolglos. Sie können das<br />
Kindergeld und die Kinderzulagen verdoppeln<br />
und verdreifachen, und sie werden<br />
alleine damit familienpolitisch keinen Erfolg<br />
erzielen. Man muss die finanzielle Förderung<br />
immer mit Vereinbarkeit und Frühförderung<br />
in der Betreuungs- und<br />
Bildungspolitik verbinden.»<br />
Prof. Dr. Irene Gerlach<br />
Westfälische Wilhelms-Universität Münster und<br />
Evangelische <strong>Fachhochschule</strong> Bochum<br />
den Plätze in Kindertagesstätten von<br />
Mittelstands familien belegt und ärmere<br />
Familien gehen leer aus.»<br />
Familienpolitik als erweiterte<br />
Gleichstellungspolitik?<br />
Eine Aussensicht auf die vom schweizerischen<br />
Föderalismus geprägte Familienpolitik<br />
lieferte das Referat von Prof. Dr.<br />
Irene Gerlach von der Westfälischen Wilhelms-Universität<br />
Münster. Die Umsetzung<br />
der Familienpolitik sei bei der Sicherung<br />
von Grundrechten eine gesellschaftsweite<br />
Aufgabe. Dort, wo es um die konkrete<br />
Daseinsorganisation der Menschen gehe,<br />
komme allerdings der Kommune oder<br />
dem direkten Umfeld eine herausragende<br />
Be deutung zu.<br />
In der Podiumsdiskussion am Nachmittag<br />
wurden nebst den Experten aus der<br />
Forschung auch Vertreter aus Praxis, Politik<br />
und Verwaltung hinzugezogen. Einen<br />
wichtigen Punkt sah das Diskussionspodium<br />
insbesondere in der Rolle der Väter.<br />
So erläuterte Irene Gerlach, dass in<br />
Deutschland erfolgreiche Familienpolitik<br />
vor allem bei der Weiterentwicklung der<br />
klassischen Gleichstellungspolitik ansetze.<br />
Nachdem man dort den Vätern eine<br />
Zweidrittelsvergütung des letzten Gehalts<br />
versprochen hatte, stieg die Anzahl der<br />
Vatererziehungen um das Vierfache. Dass<br />
Väter Teilzeit arbeiten möchten, um mehr<br />
Zeit für die Familie aufbringen zu können,<br />
stosse aber noch immer auf Unverständnis<br />
in der Bevölkerung, betonte Barbara Ruf,<br />
Gleichstellungsbeauftragte des Kantons<br />
Bern. Deshalb fordert Ruf einen Kulturwandel<br />
und Anreize, dass sich Männer in<br />
Zukunft vermehrt in der Volksschule engagierten.<br />
Der Kulturwandel habe bereits<br />
begonnen, ist Lucrezia Meier-Schatz überzeugt.<br />
Sie meinte, dass es auch ein Wahrnehmungswechsel<br />
bei Unternehmen<br />
be nötige und relativierte allerdings: «Wir<br />
diskutieren hier ein völlig elitäres Problem.<br />
Nur eine kleine Schicht kann sich die Männerteilzeitarbeit<br />
überhaupt leisten.» Man<br />
solle sich deshalb vermehrt auf die Rea <br />
li tät konzentrieren und bei aktiver Familienpolitik<br />
auf Gleichstellungspolitik setzen.<br />
Mit der Tagung «Aktive Familienpolitik:<br />
Strategien und Umsetzung» konnte der<br />
Fachbereich <strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> Brücken zwischen<br />
der Theorie und der Praxis bauen.<br />
Der Austausch erzeugte unverkennbare<br />
Spannungen, was zeigt, dass die Thematik<br />
aktuell und noch längst nicht zu Ende<br />
diskutiert wurde. >>><br />
«Ich hoffe, dass wir in zehn bis zwanzig<br />
Jahren in der Schweiz partnerschaftlich<br />
ausgeglichene Familienmodelle haben, in<br />
welchen die Erziehungs- und Betreuungsarbeit,<br />
aber auch die Einkommenssicherheit<br />
von beiden Partnern gewährleistet<br />
wird. Das ist für mich das Zukunftsmodell –<br />
und zwar auch zugunsten der Kinder,<br />
die so Rollenbilder erhalten, welche sie in<br />
ihrer Wahrnehmung und in ihrer Persönlichkeitsentwicklung<br />
stärken.»<br />
Lucrezia Meier-Schatz<br />
Nationalrätin<br />
und Geschäftsführerin Pro Familia<br />
<strong>impuls</strong> März 2010<br />
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