Sitour-Magazin Muztagh Ata Special
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W<br />
ie ein Schleier verhüllt<br />
der Schatten des Berges<br />
die bunte Zeltstadt.<br />
Ruhe legt sich<br />
über die Moräne am Fuße des <strong>Muztagh</strong><br />
<strong>Ata</strong>. Die kalten Finger verschwinden<br />
schnell in den Hosentaschen. Der<br />
kleine, rundliche Alidjan tippelt vor<br />
dem ranzigen, auf Halbmast hängenden<br />
Küchenzelt und blickt besorgt<br />
nach oben. Er verfolgt einen ameisengroßen,<br />
schwarzen Punkt, der behäbig<br />
im Zickzack gen Tal stolpert.<br />
Zwanzig Minuten später reicht der<br />
Blick nicht weiter als über den Lichtkegel<br />
der Stirnlampe.<br />
Der Punkt – Jean-Pierre – sitzt mittlerweile<br />
neben uns im Küchenzelt. Alidjan<br />
stößt hastig, aber erleichtert immer<br />
wieder dazu und serviert heißen Tee,<br />
Kekse und frische Melonenstücke.<br />
Von seiner Daunenjacke verschlungen<br />
schildert der angeschlagene Franzose<br />
eine schreckliche Nacht und seinen<br />
Solo-Abstieg vom zweiten Hochlager.<br />
Kein Einzelfall. „Die Diamox-Tabletten<br />
haben nicht gereicht. Für mich sind<br />
wir zu schnell aufgestiegen. Für den<br />
Abstieg habe ich sogar Viagra geschluckt“,<br />
berichtet Jean-Pierre. Wir<br />
sind schockiert. Auch andere Expeditionen<br />
dröhnen ihre Körper von Beginn<br />
an mit Medikamenten zu. Verzichten<br />
damit auf körpereigene Warnsignale.<br />
Das scheint Höhenbergsteigen zu sein.<br />
Statt behutsam Lager für Lager höher,<br />
und dazwischen wieder abzusteigen,<br />
greifen die Bergsteiger zur Tablette.<br />
Täglich zwei Diamox-Pillen und im Notfall<br />
Härteres. Ein Schock für uns unerfahrene<br />
Bergsteiger-Puristen.<br />
Erste Sonnenstrahlen klopfen an die<br />
Zeltwand. Ein leiser „Breeekfast“-Ruf<br />
von unserem uigurischen Guide Alidjan<br />
gibt das Signal. Wir schälen uns<br />
aus den kuscheligen Daunenschlafsäcken.<br />
Morgendliche Frische hält<br />
das Basislager auf 4400 Metern fest<br />
in der Hand. Eine Woche sind wir bereits<br />
hier, in diesem idyllischen Fleckchen<br />
Moräne zwischen vergletscherten<br />
Eisbrüchen und karger Wüste.<br />
Zwei Mal hat uns der Berg bereits spüren<br />
lassen, wer der Chef ist. Dabei lief<br />
Täglich zwei Diamox-Pillen<br />
und im Notfall Härteres.<br />
beim ersten Vorstoß auf 5400 Meter –<br />
zum ersten Hochlager – alles ganz passabel.<br />
Klar, die dünne Luft versetzte<br />
unsere Lungen in Dauer-Alarmzustand<br />
und bremste unser Gehtempo. Aber<br />
schließlich wollten wir nur eine erste<br />
Ladung Ausrüstung nach oben schaffen.<br />
Rauf, deponieren und schnell wieder<br />
runter. Nach 7 Stunden zurück im<br />
Basislager stellte uns der <strong>Muztagh</strong> <strong>Ata</strong><br />
prompt die Quittung aus: Kopfweh,<br />
Übelkeit, Appetitlosigkeit – die natürlichen<br />
Symptome mangelnder Höhenanpassung.<br />
Ähnlich verlief unser nächster Akklimatisationsausflug<br />
nach einem Tag<br />
Ruhe: Wieder den Rücken dieses<br />
Steinhaufens hoch, wieder massierten<br />
prall gefüllte Rucksäcke unbarmherzig<br />
unsere Schultern als würden die<br />
Klitschkos zupacken. Doch daran führt<br />
kein Weg vorbei, außer man schnallt<br />
sein Gepäck für zehn Dollar pro Kilo<br />
den Eseln auf den Rücken. Leider die<br />
Regel, für uns aus Stolz keine Option.<br />
Wir durchlebten zwei einsame und<br />
höchst unterschiedliche Tage und<br />
Nächte auf 5100 Metern: Zwei quälte<br />
die Höhe mit ständigem Kopfschmerz<br />
und Mir-geht-alles-am-Arsch-vorbei-<br />
Mentalität. Die tägliche Aktivität beschränkte<br />
sich auf Herumliegen und<br />
Trinken. Nach einer weiteren Nacht<br />
auf 5500 Metern erlöste uns der Abstieg<br />
in die Ruhe-Oase Basislager.<br />
Die blau-gelbe Flamme unseres Benzinkochers<br />
pfeift vor dem Zelteingang<br />
im Schnee. Das integrierte Thermome-<br />
Wenige hundert Meter obhalb des Basislagers, direkt<br />
neben dem Weg, sprießen Edelweiß wie im Gewächshaus.<br />
Zwar nur ein Regenbogen, doch irgendwie viel intensiver<br />
und klarer als zuhause.<br />
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