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Riviera Côte d'Azur Zeitung Yachten-Fieber (Vorschau)

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www.rivierazeitung.com<br />

liGurien<br />

13<br />

mutige vor!<br />

Apotheken-Boom<br />

Selbst in Krisenzeiten sind viele<br />

Menschen bereit, in ihre Gesundheit<br />

zu investieren. So erklärt es<br />

sich vielleicht, dass in den nächsten<br />

Monaten sieben neue Apotheken<br />

in Ligurien eröffnen werden,<br />

davon allein drei in Imperia<br />

und jeweils eine in Sanremo, Ventimiglia,<br />

Taggia und Camporosso.<br />

Laut der Behörden könnten demnächst<br />

weitere 30 im Hinterland<br />

entstehen. Das Gesetz sagt, dass<br />

jeder Ort Anrecht auf eine Apotheke<br />

habe – unabhängig von der<br />

Einwohnerzahl. Fragt sich nur,<br />

welcher Apotheker den Mut hat,<br />

sich in einem 300-Seelen-Dorf zu<br />

etablieren.<br />

renovierter weg<br />

Nicht nur für Verliebte<br />

Damit verliebte Paare wieder in<br />

aller Sicherheit auf Imperias<br />

Passeggiata degli Innamorati wandeln<br />

können, beginnen nun die<br />

Bauarbeiten. Voraussichtlich<br />

sollen diese bis Januar 2015 fertiggestellt<br />

sein. Finanziert wird die<br />

nötige Summe von einer Million<br />

Euro aus europäischen Mitteln.<br />

Die Strecke zwischen der Promenade<br />

Moriani und dem alten Fischerviertel<br />

Borgo von Porto<br />

Maurizio zählt aufgrund ihrer Ursprünglichkeit<br />

zu den schönsten<br />

Wegen der <strong>Riviera</strong>, vergleichbar<br />

mit der Via dell’ Amore in den<br />

Cinque Terre. Der Weg war in<br />

letzter Zeit mehr und mehr verwahrlost<br />

und daher für ein Jahr<br />

gesperrt worden.<br />

guinness<br />

Rekord-Pizza<br />

2015 soll Sanremo in das Guinness-Buch<br />

der Rekorde eingehen<br />

– und zwar mit einer 25 Meter<br />

großen, traditionellen Pizza Sardenaira.<br />

Bei der Generalprobe<br />

Ende August wurden 40 Kilo<br />

Mehl, 5 Kilo Oliven, 10 Liter Öl,<br />

3 Kilo Knoblauch sowie je 1 Kilo<br />

Sardellen, Kapern und Oregano<br />

verwendet.<br />

leben und arbeiten im süden<br />

Der besondere Blick<br />

Fotograf Julian Kanz lebt seit zehn Jahren in Diano Marina<br />

Die Liebe zu seiner Frau und zu Italien war stärker als alle rationellen<br />

Überlegungen: Der Böblinger Fotograf Julian Kanz bereut<br />

seine Entscheidung, nach Ligurien zu ziehen, keine Minute.<br />

RCZ: Sie leben seit zehn Jahren<br />

in Italien und arbeiten als<br />

Hochzeitsfotograf. Was hat zu<br />

dieser Entscheidung geführt?<br />

Und warum ausgerechnet Ligurien,<br />

wo der Arbeitsmarkt<br />

nicht eben rosig ist?<br />

JULIAN KANZ: Als ich vor elf<br />

Jahren meine Frau kennenlernte,<br />

haben wir überlegt, wo häufiger<br />

die Sonne scheint, nicht, wo der<br />

Arbeitsmarkt am besten ist. Und<br />

da sie in Ligurien fest verwurzelt<br />

ist und es auch mir dort sehr gut<br />

gefiel, entschieden wir, am Meer<br />

zu bleiben. Aber es stimmt: Beruflich<br />

gesehen gab es bestimmt aussichtsreichere<br />

Gegenden. Ich<br />

wollte mich auch gerne freiberuflich<br />

bewegen. Im Laufe der Zeit<br />

fand ich dann die perfekte Mischung:<br />

Ich lebe in Ligurien und<br />

arbeite in ganz Italien oder sogar<br />

weltweit.<br />

Was haben Sie in Deutschland<br />

gemacht?<br />

Geboren wurde ich in Böblingen<br />

und wuchs danach im Rheinland<br />

auf. Mit 15 fing ich an zu fotografieren,<br />

mit 18 absolvierte ich<br />

ein Schülerbetriebspraktikum bei<br />

einer Fotoagentur in Bonn und<br />

bin ihr als Fotojournalist einige<br />

Jahre treu geblieben. Trotzdem<br />

hatte ich immer den unwiderstehlichenDrang,<br />

Neues zu erleben,<br />

ging dann nach Berlin und<br />

arbeitete für den Bundespresseball.<br />

Doch die Berliner Winter<br />

waren mir zu lang und zu kalt, so<br />

zog ich nach Italien.<br />

Wie schwierig war es, hier Fuß zu<br />

fassen?<br />

Es war am Anfang natürlich eine<br />

große Umstellung. Nicht nur wegen<br />

der Sprache, sondern auch<br />

wegen der Mentalität. Es hat eine<br />

Weile gedauert, aber inzwischen<br />

Der Fotograf auf der Pirsch: Ein Hochzeitspaar im Lavendelfeld<br />

– mediterrane Romantik pur<br />

fühle ich mich sehr wohl hier.<br />

Mein Vorteil ist natürlich, dass ich<br />

mir meinen eigenen Job geschaffen<br />

habe und somit beruflich eher<br />

meine deutsche Mentalität einfließen<br />

lassen kann. Privat leben<br />

wir allerdings eher italienisch.<br />

Wie kommen Sie mit der mediterranen<br />

Mentalität zurecht?<br />

Beruflich weniger, privat mehr. In<br />

meinem Beruf ist es mir sehr<br />

wichtig, pünktlich, ordentlich<br />

und verlässlich zu sein. Meinen<br />

Hang zur Perfektion habe ich aus<br />

Deutschland mitgebracht. Privat<br />

hingegen habe ich mir die mediterrane<br />

Mentalität schon sehr<br />

angeeignet, vor allem unter kulinarischen<br />

Gesichtspunkten. Das<br />

will nicht heißen, dass ich privat<br />

unpünktlich bin, aber mir gefällt<br />

es inzwischen, nicht alles zu eng<br />

zu sehen oder sich über zu viele<br />

Sorgen den Kopf zu zerbrechen.<br />

Mein Schwiegervater pflegt zu<br />

sagen: «Non fasciarti la testa prima<br />

di rompertela» (Verbinde Dir<br />

nicht den Kopf, bevor Du ihn Dir<br />

gestoßen hast – Anm. d. Redaktion).<br />

Ist eine deutsch-italienische Ehe<br />

komplizierter als eine «normale»?<br />

Bei uns kommt zu den ganz normalen<br />

Ehekomplikationen erschwerend<br />

hinzu, dass wir sowohl<br />

sprachlich als auch familiär einen<br />

unterschiedlichen Background<br />

haben. Das merkt man an Kleinigkeiten<br />

wie dem Einräumen der<br />

Spülmaschine, aber auch, wann<br />

die Kinder abends ins Bett gehen<br />

sollen und wie lange der Fernseher<br />

anbleiben darf. Aber so<br />

kommt wenigstens nie Langeweile<br />

auf. Wir versuchen, unsere<br />

beiden Töchter mit einem Mix<br />

aus beiden Kulturen zu erziehen,<br />

und ich glaube, das gelingt uns<br />

ganz gut.<br />

Bei ihnen kommt nie Langeweile auf: Julian Kanz und seine<br />

italienische Frau versuchen, ihre beiden Töchter mit einem<br />

Mix aus beiden Kulturen zu erziehen<br />

Was suchen Ihre Kunden, wenn<br />

sie sich anstatt an einen traditionellen<br />

Fotografen an Sie wenden?<br />

Man sagt Ihnen «den<br />

besonderen Blick» nach. Ist das<br />

angeboren oder erlernt?<br />

Meine Kunden wünschen sich<br />

ganz einfach schöne Fotos vom<br />

schönsten Tag in ihrem Leben.<br />

Fotos, die sie mit Freude noch in<br />

20 Jahren anschauen werden oder<br />

irgendwann einmal stolz ihren<br />

Kindern zeigen können. Der<br />

besondere Blick ist vielleicht angeboren,<br />

ich war schon immer sehr<br />

neugierig und habe als Kind stundenlang<br />

anderen Leute zugucken<br />

können. Vielleicht hat diese<br />

Eigenschaft in Verbindung mit<br />

dem Willen, möglichst viel um<br />

die Fotografie herum lernen zu<br />

wollen, dazu geführt, dass das Resultat<br />

eben diese Fotos sind.<br />

Einige Highlights Ihrer Karriere?<br />

Journalistisch gesehen bestimmt<br />

das erste Foto von Oskar Lafontaine<br />

nach seinem Rücktritt<br />

1998 als Finanzminister. Dieses<br />

Fotos hatte ich als einziger Fotograf,<br />

und es wurde groß in der<br />

Bildzeitung gedruckt. Als Hochzeitsfotograf<br />

mit Sicherheit<br />

meine Hochzeiten letztes Jahr in<br />

Kanada und nächstes Jahr in<br />

Japan. Es ist schon eine Genugtuung,<br />

dass mich Kunden um die<br />

Welt fliegen lassen, um mich als<br />

Fotografen zu haben.<br />

Ein weltweit sehr bekanntes<br />

Onlineportal für Hochzeitsplanungen<br />

hat mich als ersten italienischen<br />

Fotografen in seine<br />

World’s Best Wedding Photographers<br />

Hotlist aufgenommen.<br />

Außerdem freue ich mich natürlich<br />

auch immer wieder über<br />

Auszeichnungen in nationalen<br />

und internationalen Fotowettbewerben.<br />

Zukunftspläne?<br />

Ich versuche nicht zu sehr, an<br />

die Zukunft zu denken oder<br />

meine Zukunft zu planen, aber<br />

wenn mir jemand versichern<br />

würde, dass in den nächsten<br />

zehn Jahren alles so weiter<br />

laufen wird wie bisher, wäre ich<br />

sehr glücklich.<br />

Das Interview führte Petra Hall<br />

leser-tipp: ristorante da settimia auf 1250 metern höhe<br />

Nichts für Schwächlinge<br />

An der strada della cucina<br />

bianca liegt auf 1250<br />

Metern Höhe am Pass<br />

San Bernardo di Mendatica<br />

das kleine Restaurant Da<br />

Settimia. Einer jener Geheimtipps,<br />

auf die man als Ligurien-<br />

Neuling hofft. Beim ersten Besuch<br />

fanden wir es kaum!<br />

Jeden Sonntag Punkt eins geht<br />

es hier typisch ligurisch zu: Gegessen<br />

wird, was auf den Tisch<br />

kommt! In diesem Fall sind es<br />

schlanke 16 Gänge. Eine Karaffe<br />

mit frischem Gebirgswasser und<br />

der rote Hauswein stehen schon<br />

auf dem Tisch.<br />

Kurz zuvor bildet sich eine kleine<br />

Schlange vor dem Lokal, zumeist<br />

italienische Großfamilien.<br />

Der umsichtige Padrone Walter<br />

Gandolfo verteilt die vorbestellten<br />

Plätze. Vor dem ersten Gang<br />

bleibt mir noch ein flüchtiger<br />

Blick auf das Interieur. Gott sei<br />

dank keine Renovierung! Der<br />

Mustermix aus den 1950er- und<br />

70er-Jahren ist geblieben, und<br />

auch der gute Wein steht noch in<br />

seinem Kanonenrohr-Halter.<br />

Dann wird serviert: Fünf Antipasti<br />

in schneller Folge: Prosciutto<br />

Crudo con Melone, Bresaola mit<br />

Ricotta, Bruschetta salmone, Salat<br />

aus Fenchel und Staudensellerie<br />

mit weißem Thunfisch, mariniert<br />

mit Zitrone und Olivenöl –<br />

Capricciosa di Sedano. Zum Abschluss,<br />

der Jahreszeit entsprechend,<br />

Steinpilze in Olivenöl und<br />

Zitronensaft.<br />

Eigentlich könnte man an diesem<br />

Punkt schon gesättigt aufstehen,<br />

denn die fleißige Mannschaft<br />

ist immer bereit nachzulegen,<br />

was aber nur ganz<br />

Unerfahrene annehmen.<br />

Das Touristenpärchen neben<br />

uns guckt schon leicht ungläubig.<br />

Außerdem scheint es erbärmlich<br />

zu frieren. Nur Flachländer<br />

denken, in Italien sei es immer<br />

heiß. Hier oben hat es auch im<br />

Juli bei Schönwetter milde 20<br />

Grad; aber wir saßen im Hochsommer<br />

schon in dicken Wolken<br />

in einem kühlen grauen Gemisch<br />

aus Nebel und Feuchtigkeit.<br />

Auftritt einer deutschen Familie,<br />

die nicht an italienische<br />

Pünktlichkeit glaubte: Wer zu<br />

spät kommt, den bestraft der<br />

Padrone: Die fünf Vorspeisen landen<br />

gebündelt auf ihren Tellern,<br />

mit der Aufforderung, zügig zu<br />

speisen, denn gleich gehe es weiter<br />

mit den warmen Vorspeisen. Wir<br />

Geübten dürfen kurz verschnaufen.<br />

Mit den nun folgenden<br />

Strudeln werde ich aus meinen<br />

Beobachtungen gerissen. Wer<br />

Strahlen um die Wette: Susanne Altweger-Minet und Walter Gandolfo<br />

bisher Österreich für ein Strudelland<br />

hielt, der kennt Ligurien<br />

nicht. Torta valdostana – in vier<br />

hauchdünnen Ausführungen, mal<br />

mit Spinat gefüllt, mal mit Käse,<br />

mal mit Ei und dann natürlich<br />

noch mit Porcini.<br />

Zwischendurch gibt es Schnecken<br />

(Lumache vignaiole) in einer herrlich<br />

pikanten Sauce aus Zwiebeln<br />

und Olivenöl. Das Pärchen<br />

neben uns friert jetzt nicht mehr,<br />

dafür kämpft es. Ungläubig starren<br />

die beiden auf den Tellerwechsel,<br />

denn jetzt kommen die<br />

tiefen Schüsseln. Als erstes landet<br />

eine kräftige Portion Taglierini<br />

mit Steinpilzen in Sahne darin.<br />

Spätestens ab jetzt heißt es, nur<br />

noch zwei, drei Gabeln nehmen,<br />

sonst wird es kritisch.<br />

Dann kommen dampfende<br />

Ravioli con carne. Ich probiere<br />

nur, denn ich weiß, in Kürze werden<br />

sich etwa 1000 Kalorien auf<br />

meinem Teller ausbreiten: Polenta<br />

saracena – im Mund zergehend<br />

mit Gorgonzola-Sauce drüber.<br />

Zum Daniederknien!<br />

Unsere Nachbarn geben auf.<br />

Walter ist entsetzt. Vorzeitige Kapitulation<br />

hat hier nicht stattzufinden.<br />

Er hebt nur die Augenbraue<br />

und drückt so ohne Worte<br />

aus, dass sein Gesamtkunstwerk<br />

eben nichts für Schwächlinge sei.<br />

Das Intermezzo bewirkt eine<br />

weitere kurze Verschnaufpause.<br />

Ich bereite mich vor, den nächsten<br />

Gang zu überspringen, denn ich<br />

erwarte das ligurische Nationalgericht<br />

Coniglio, Kaninchen.<br />

Aber diesmal gibt es scaloppine,<br />

natürlich in Pilzsauce.<br />

Der zweite Fleischgang naht:<br />

Capretto al Forno. Hier muss ich<br />

passen. Ich lasse mir nur die herrlichen<br />

Rosmarin-Kartoffeln aus<br />

dem Backofen servieren.<br />

Als letzte Prüfung der kulinarischen<br />

Überlebensfähigkeit<br />

kommt ein himmlischer Dolce-<br />

Teller mit frischen Erdbeeren,<br />

Tiramisù und Pannacotta.<br />

Zum Abschluss ein Caffè, also<br />

ein ganz kleiner, ganz starker<br />

Espresso. Die italienischen Großfamilien<br />

scheinen erstaunlich fit<br />

zu sein. Glückliche, zufriedene<br />

Gesichter, wohin man schaut.<br />

Auch beim Padrone.<br />

Walter Gandolfo wirkt wie ein<br />

Feldherr, der eine erfolgreiche<br />

Schlacht geschlagen hat.<br />

Susanne Altweger-Minet<br />

s e p t e M b e r 2 0 1 4

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