Sonderpädagogische Förderung in NRW
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VERBAND<br />
SONDERPÄDAGOGIK<br />
Landesverband<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen e.V.<br />
<strong>Sonderpädagogische</strong><br />
<strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />
ISSN 16 18-60 36 · Mitteilungen 2/2014 · 52. Jahrgang
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Editorial<br />
Johannes Schumacher 2 Unterricht <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs GEMEINSAM<br />
entwickeln - praktische Ansätze und notwendige<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
vds aktuell<br />
Wolfgang Franz 9 Brief an M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Löhrmann zum Entwurf e<strong>in</strong>er<br />
Verordnung zur Änderung der AO-SF<br />
Wolfgang Franz 14 Brief an M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Löhrmann mit e<strong>in</strong>er Stellungnahme<br />
zur sonderpädagogischen Diagnostik<br />
Rita Lackmann/Monika Ostmeier 19 Pilotphase „KsF“ im Regierungsbezirk Detmold -<br />
Strukturen - Praktiken - Transformationsschritte<br />
Susanne Eßer 24 Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als<br />
e<strong>in</strong> wirksames classroom management <strong>in</strong> der <strong>in</strong>klusiv/<br />
<strong>in</strong>tegrativen <strong>Förderung</strong> von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern<br />
im Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung<br />
Herma Friedrich 35 Die Rolle des Musiklehrers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven<br />
Lernumfeld an Regelschulen – Umfang und Nutzung<br />
von Unterstützungssystemen<br />
40 Call for Papers -<br />
Kongress „Mite<strong>in</strong>ander Unterricht entwickeln“<br />
42 Anprechpartner des vds <strong>NRW</strong><br />
Melissa Schrieber 43 Hundertwasser - Die besonderen Elemente<br />
se<strong>in</strong>er Architektur<br />
Die Bilder auf den äußeren Umschlagseiten zeigen Exponate der Ausstellung<br />
„Unter freiem Himmel“ der Schule am Haus Langendreer Bochum.<br />
Impressum:<br />
<strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />
Mitteilungen des Verbandes Sonderpädagogik e.V<br />
Landesverband <strong>NRW</strong> • Heft 2/2014 ISSN 1618-6036<br />
Herausgeber:<br />
Verband Sonderpädagogik<br />
(vds)<br />
Landesverband <strong>NRW</strong> e.V.<br />
Mitgliederverwaltung:<br />
Dirk Wasmuth<br />
Wilhelm-Canaris-Str. 6<br />
59348 Lüd<strong>in</strong>ghausen<br />
Tel.: 0 25 91 / 94 94 77<br />
Fax: 0 25 91 / 94 95 62<br />
e-mail: post@verbandsonderpaedagogik-nrw.de<br />
Vorsitzender: Wolfgang Franz,<br />
Kleiststraße 25, 50321 Brühl,<br />
Tel.: 0 22 32 / 94 27 50, Fax: 0 22 32 / 94 27 51<br />
e-mail: w.franz@verband-sonderpaedagogik-nrw.de<br />
Geschäftsführer: Dirk Wasmuth<br />
Wilhelm-Canaris-Str. 6, 59348 Lüd<strong>in</strong>ghausen<br />
Tel.: 0 25 91 / 94 94 77<br />
Fax: 0 25 91 / 94 95 62<br />
e-mail: post@verband-sonderpaedagogik-nrw.de<br />
Schriftleiter: Re<strong>in</strong>hard Leben<br />
Im Sundern 11, 45731 Waltrop<br />
Tel.: 0 23 09 / 78 32 19<br />
e-mail: R.Leben@verband-sonderpaedagogik-nrw.de<br />
Herstellung: Druck+Graphik manumediagmbh<br />
Bottroper Str. 180, 45964 Gladbeck<br />
Tel.: 0 20 43/48 39-0,<br />
Fax: 0 20 43/48 39-39<br />
Die Artikel dieser Ausgabe können mit Genehmigung<br />
der Schriftleitung unter Quellenangabe<br />
nachgedruckt werden. Namentlich gekennzeichnete<br />
Beiträge geben nicht unbed<strong>in</strong>gt die Auffassung<br />
des VDS wieder.<br />
Bezugspreis: Die Zeitschrift ist im Mitgliedsbeitrag<br />
enthalten. Jahresabo 15 EURO<br />
Auflage: 2.800 Exemplare<br />
Ersche<strong>in</strong>ungsterm<strong>in</strong>e 15. Februar 15. Mai 15. September 15. Dezember<br />
Redaktionsschluss 15. Januar 15. April 15. August 15. November
Editorial<br />
Liebe Leser<strong>in</strong>nen und Leser!<br />
<strong>in</strong> dieser Ausgabe f<strong>in</strong>den Sie den protokollarischen Bericht<br />
von Johannes Schumacher über die jährliche Bensberger<br />
Tagung des vds mit dem Thema „Unterricht <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven<br />
Sett<strong>in</strong>gs GEMEINSAM entwickeln – praktische<br />
Ansätze und notwendige Rahmenbed<strong>in</strong>gungen“. Im<br />
Vordergrund der Tagung stand die Frage, wie <strong>in</strong>klusiver<br />
Unterricht gestaltet se<strong>in</strong> muss, um der jetzt größer<br />
werdenden Heterogenität der Lernenden gerecht zu<br />
werden. Dieser Frage näherten sich die Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />
und Teilnehmer der Tagung, die sich aus Experten der<br />
Sonderpädagogik und Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertretern der<br />
allgeme<strong>in</strong>en Schulen zusammensetzten, <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Workshops an und versuchten, erste Antworten zu f<strong>in</strong>den.<br />
Ebenfalls mit dem Thema <strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs befasst sich<br />
Herma Friedrich <strong>in</strong> ihrem Beitrag „Die Rolle des<br />
Musiklehrers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven Lernumfeld<br />
an Regelschulen“. Herma Friedrich warnt hierbei vor<br />
übersteigerten Erwartungen an das Fach Musik und vor<br />
Überforderungen der Musikpädagog<strong>in</strong>nen und -pädagogen.<br />
Letztlich braucht auch das Fach Musik, will es <strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs unterrichtet werden, gleiche äußere<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wie jedes andere Fach auch. Hier bietet<br />
Herma Friedrich Planungshilfen für Lehrkräfte und formuliert<br />
weitere Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>klusiv gestalteten Unterrichts<br />
im Fach Musik an.<br />
Susanne Eßer weist <strong>in</strong> ihrem Beitrag „Die<br />
Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik<br />
als e<strong>in</strong> wirksames classroom management <strong>in</strong> der<br />
<strong>in</strong>klusiv/<strong>in</strong>tegrativen <strong>Förderung</strong> von Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schülern im Förderschwerpunkt soziale<br />
und emotionale Entwicklung“ auf e<strong>in</strong>en wichtigen<br />
Orientierungsrahmen für Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, gerade<br />
mit e<strong>in</strong>em Förderbedarf im Bereich der sozialen und emotionalen<br />
Entwicklung, h<strong>in</strong>. Nach e<strong>in</strong>er kurzen Darstellung des<br />
entwicklungspädagogischen Ansatzes leitet Susanne Eßer<br />
unterrichtspraktische Pr<strong>in</strong>zipien ab, die für e<strong>in</strong> wirksames<br />
classroom-management unerlässlich s<strong>in</strong>d.<br />
Melissa Schrieber stellt <strong>in</strong> ihrem Beitrag „Hundertwasser-<br />
Die besonderen Elemente se<strong>in</strong>er Architektur“<br />
e<strong>in</strong> Unterrichtsprojekt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Oberstufenklasse e<strong>in</strong>er<br />
Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige<br />
Entwicklung vor, das durch se<strong>in</strong>e Ergebnisse besticht und<br />
zur Nachahmung, auch von Nicht-Künstlern, herausfordert.<br />
Rita Lackmann und Monika Ostmeier ziehen <strong>in</strong> ihrem<br />
Artikel „Pilotphase KsF im Regierungsbezirk Detmold“<br />
e<strong>in</strong> Fazit der bisherigen Arbeit des Kompetenzzentrums<br />
sonderpädagogische <strong>Förderung</strong> und leiten die nächsten<br />
notwendigen Schritte zur Transformation der Arbeit <strong>in</strong> die<br />
neuen Strukturen der sonderpädagogischen <strong>Förderung</strong> im<br />
Geme<strong>in</strong>samen Lernen ab.<br />
Weiterh<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> dieser Ausgabe Stellungnahmen<br />
des Verbandes zu den wichtigen Themen der AO-SF und der<br />
Diagnostik.<br />
H<strong>in</strong>weisen möchte ich Sie besonders auf den Aufruf des<br />
Landesvorsitzenden Wolfgang Franz, sich an der <strong>in</strong>haltlichen<br />
Gestaltung unseres nächsten Landeskongresses <strong>in</strong><br />
Düsseldorf (Mai 2015) mit dem Thema „Mite<strong>in</strong>ander<br />
Unterricht entwickeln – für Schüler/<strong>in</strong>nen mit und<br />
ohne sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf“<br />
zu beteiligen, <strong>in</strong>dem Sie e<strong>in</strong>en Workshop zum Thema anbieten.<br />
Das Redaktionsteam hofft, wieder e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Ausgabe<br />
der Mitteilungen zusammengestellt zu haben, und wünscht<br />
Ihnen bei der Lektüre dieser Ausgabe gute Impulse für die<br />
eigene Arbeit.<br />
Re<strong>in</strong>hard Leben<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 1
Johannes Schumacher<br />
Unterricht <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs GEMEINSAM entwickeln –<br />
praktische Ansätze und notwendige Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
Der <strong>in</strong>klusive Transformationsprozess schreitet <strong>in</strong><br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen voran. Nach Verabschiedung des<br />
9. Schulrechtsänderungsgesetzes zum 1.8.2014 gilt die<br />
Vorgabe: „Die Schule fördert die vorurteilsfreie Begegnung<br />
von Menschen mit und ohne Beh<strong>in</strong>derung. In der Schule<br />
werden sie <strong>in</strong> der Regel geme<strong>in</strong>sam unterrichtet und erzogen<br />
(<strong>in</strong>klusive Bildung)“ § 2, Abs. 5. Neben den wichtigen regionalen<br />
Standortfragen und der Ressourcensteuerung steht im<br />
Zentrum des Veränderungsprozesses die Weiterentwicklung<br />
des „<strong>in</strong>klusiven“ Unterrichts <strong>in</strong> der allgeme<strong>in</strong>en Schule.<br />
Wie muss er gestaltet se<strong>in</strong>, um der jetzt größer werdenden<br />
Heterogenität der Lernenden gerecht zu werden? Die spezifische<br />
Herausforderung dieses Entwicklungsprozesses besteht<br />
dar<strong>in</strong>, dass die ohneh<strong>in</strong> schon gegebene Heterogenität der<br />
Klasse um den sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf<br />
e<strong>in</strong>iger Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler erweitert wird. H<strong>in</strong>zu<br />
kommt, dass dieser veränderte Unterricht geme<strong>in</strong>sam mit<br />
sonderpädagogischen Lehrkräften <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich produktiv<br />
ergänzenden Kooperation entwickelt werden muss.<br />
Dieses geme<strong>in</strong>same Entwickeln ist für viele Lehrkräfte neu<br />
und ungewohnt, da sie bisher <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Schulen<br />
und Förderschulen ihren Unterricht <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelbesetzung<br />
alle<strong>in</strong>e verantwortet haben. Nachdem die Term<strong>in</strong>ologie<br />
„Geme<strong>in</strong>samer Unterricht“ und „<strong>in</strong>tegrative Lerngruppe“<br />
nun im Schulgesetz § 20, Abs3 durch die Formulierung<br />
„Unterricht als Geme<strong>in</strong>sames Lernen“ abgelöst ist, stellt sich<br />
die Frage, was diesen Unterricht kennzeichnet und wie er <strong>in</strong><br />
der Klasse konkret umgesetzt werden kann. Der Auftrag richtet<br />
sich direkt an alle Lehrkräfte, die e<strong>in</strong>e Klasse unterrichten.<br />
Er ist also Teamaufgabe für Lehrkräfte der allgeme<strong>in</strong>en<br />
Schulen und die sonderpädagogische Lehrkraft, die <strong>in</strong> der<br />
Regel nur <strong>in</strong> begrenztem Umfang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klasse arbeitet.<br />
Das Schulgesetz macht zum geme<strong>in</strong>samen Unterrichten<br />
ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltlichen Aussagen, mittlerweile liegen aber praxisnahe<br />
Materialien vor. Viele Schulämter haben dazu Leitl<strong>in</strong>ien<br />
verfasst, die Bezirksregierung Düsseldorf bietet unter www.<br />
brd.nrw.de e<strong>in</strong> Manual an, Prof. Wember veröffentlichte<br />
<strong>in</strong> Heft 10/2013 der ZfH se<strong>in</strong> fünfstufiges Modell <strong>in</strong>klusiven<br />
Lernens. In dieser Zeitschrift wurde <strong>in</strong> Heft 1, 2014, S.36 ff.<br />
das Konzept der „Lernlandkarten“ vorgestellt.<br />
Der vds <strong>NRW</strong> möchte als Fachverband unterstützende<br />
Hilfestellungen für die Praxis leisten. So stand die Bensberger<br />
Jahrestagung 2014 (<strong>in</strong> Kooperation mit dem IfL Mülheim)<br />
unter der Fragestellung, wie Klassenteams und letztlich<br />
Kollegien ihren Unterricht geme<strong>in</strong>sam „<strong>in</strong>klusiv“ weiter<br />
entwickelt können. Ziel der Tagung sollte es se<strong>in</strong>, praxisnahe<br />
Ansätze für das Geme<strong>in</strong>same Unterrichten zu formulieren.<br />
Damit setzte der Fachverband se<strong>in</strong>e Tradition fort, die<br />
Jahrestagung mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Thematik zu füllen.<br />
Unterricht <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs GEMEINSAM entwickeln<br />
me<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>en Prozess, <strong>in</strong> dem sich diese Geme<strong>in</strong>samkeit bei<br />
Lehrenden und Lernenden Schritt für Schritt entwickelt:<br />
• Geme<strong>in</strong>samkeit der Lehrenden: Unterricht planen, realisieren<br />
und reflektieren<br />
• Geme<strong>in</strong>samkeit der Lernenden: an e<strong>in</strong>em Lerngegenstand<br />
mite<strong>in</strong>ander und vone<strong>in</strong>ander zu lernen<br />
Dieses „Geme<strong>in</strong>same“ ist als e<strong>in</strong> tiefgreifendes Umdenken<br />
von allgeme<strong>in</strong>er Pädagogik und Sonderpädagogik zu verstehen.<br />
Es geht um mehr als e<strong>in</strong> Nebene<strong>in</strong>ander unter e<strong>in</strong>em<br />
Dach, es geht um mehr als e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Addition und es<br />
geht um mehr als die Implantation sonderpädagogischer<br />
Expertise <strong>in</strong> die Praxis der allgeme<strong>in</strong>en Schule, die so bleiben<br />
kann, wie sie ist.<br />
Das „Geme<strong>in</strong>same“ der Lehrenden muss – unter<br />
Berücksichtigung ihrer jeweiligen Expertisen – <strong>in</strong>tegrativ zu<br />
e<strong>in</strong>em neuen produktiven pädagogischen Ganzen zusammengeführt<br />
werden, <strong>in</strong> wechselseitiger Ergänzungsbedürftigkeit<br />
und Ergänzungsfähigkeit. Dies be<strong>in</strong>haltet:<br />
• Bewusstse<strong>in</strong> für die schulrechtliche Beauftragung zur<br />
Realisierung des Geme<strong>in</strong>samen Lernens<br />
• Geme<strong>in</strong>samer Wille zur kooperativen<br />
Unterrichtsentwicklung<br />
• Gesicherte Kommunikations- und Besprechungsstrukturen<br />
• Geme<strong>in</strong>same Planungs- und Dokumentationsstrukturen<br />
• Erweiterung des schul<strong>in</strong>ternen Lehrplans um basale<br />
Aneignungsniveaus der Lernenden<br />
• Entwickeln e<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>uierlichen Diagnostik:<br />
Lernausgangslage und Lernprozessbegleitung<br />
2<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Bensberger Tagung 2014<br />
• Erweiterung von Formen der Leistungsfeststellung und<br />
der Leitungsbewertung, <strong>in</strong>kl. Nachteilsausgleich<br />
• Flexible Formen des Co-teach<strong>in</strong>gs bei Doppelbesetzung<br />
• Flexible Anwendung von <strong>in</strong>neren und äußeren<br />
Differenzierungsmaßnahmen<br />
• Flexibler Wechsel zwischen lehrergesteuerten, selbst<br />
gesteuerten und kooperativen Lernphasen der SuS.<br />
Alle didaktischen und methodischen Ansätze allgeme<strong>in</strong>er<br />
Schulen, die sich jetzt schon auf heterogene Lerngruppen<br />
ausrichten, s<strong>in</strong>d bereits als Ressource für das „Geme<strong>in</strong>same<br />
Lernen“ zu begreifen. Diese Praxis muss nun unter<br />
E<strong>in</strong>beziehen sonderpädagogischer Unterstützungsformen<br />
erweitert und verändert werden.<br />
Im Unterricht geme<strong>in</strong>sam agieren:<br />
Sechs Formen des Co-teach<strong>in</strong>gs<br />
Wenn zum<strong>in</strong>dest zeitweise e<strong>in</strong>e Doppelbesetzung <strong>in</strong> der<br />
<strong>in</strong>klusiven Klasse gegeben ist, sollten die Aufgaben der<br />
Lehrkräfte passend und flexibel verteilt werden. Das aus dem<br />
Amerikanischen stammende Modell von FRIEND mit sechs<br />
Formen der Kooperation im Klassenraum ermöglicht den<br />
Lehrkräften, Aufgaben und Zuständigkeiten passend zu planen.<br />
Alle dargestellten Positionen <strong>in</strong> der folgenden Übersicht<br />
können sowohl von Allgeme<strong>in</strong>pädagogen wie auch von<br />
Sonderpädagogen e<strong>in</strong>genommen werden.<br />
Unterricht geme<strong>in</strong>sam planen:<br />
die Struktur der „Differenzierungsmatrizen“<br />
E<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames <strong>in</strong>klusives Planungskonzept muss e<strong>in</strong>e sehr<br />
heterogene Lerngruppe im Blick haben und die Leistungsund<br />
Lernkompetenz <strong>in</strong> der ganzen Spreizung abbilden<br />
können. Außerdem soll es für die Aufgabenverteilung im<br />
Co-teach<strong>in</strong>g hilfreich se<strong>in</strong>.<br />
Die Unterscheidung zwischen „zielgleichen“ Niveaus<br />
und „zieldifferenten“ Niveaus stellt für die Planung des<br />
Geme<strong>in</strong>samen Lernens e<strong>in</strong>e weitere Herausforderung dar.<br />
Ziel-„differenz“ wird bisher verstanden als Abweichung von<br />
den allgeme<strong>in</strong>en Lehrplänen und H<strong>in</strong>zunehmen der jeweiligen<br />
Lehrpläne für den Bildungsgang Lernen und geistige<br />
Entwicklung. Geme<strong>in</strong>sames Lernen kann aber letztlich nur<br />
dann „geme<strong>in</strong>sam“ genannt werden, wenn es sich auf<br />
e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Lehrplan bezieht. Dieser „<strong>in</strong>klusive“<br />
schul<strong>in</strong>terne Plan umfasst das gesamte Spektrum von<br />
Kompetenzerwartungen und e<strong>in</strong>e dazu passende Sammlung<br />
von Lernaufgaben auf allen Aneignungsniveaus.<br />
Die Unterrichtung von Schülern im Geme<strong>in</strong>samen Lernen<br />
nach unterschiedlichen Lehrplänen ist nicht mehr passend<br />
und entspricht auch nicht mehr der schulischen Wirklichkeit.<br />
Im Alltag ergibt sich folgende Situation: Schüler im<br />
Förderbedarf Lernen oder geistige Entwicklung nehmen im<br />
geme<strong>in</strong>samen Lernen <strong>in</strong> der Regel an den Bildungsvorgaben<br />
des allgeme<strong>in</strong>en Lehrplanes teil. Sie lernen im Vergleich zum<br />
Lehrplan der Förderschulen im Geme<strong>in</strong>samen Lernen viel<br />
früher komplexe Bildungsangebote kennen. Diese werden<br />
im Bildungsplan der Förderschulen oft später, langsamer<br />
und von vornehere<strong>in</strong> elementarisiert angeboten. De facto<br />
nehmen die Schüler also schon heute im Geme<strong>in</strong>samen<br />
Lernen – mit ihren Möglichkeiten – am Lehrplan der Grundund<br />
weiterführenden Schule teil und nicht – wie offiziell<br />
formuliert – am Lehrplan im Bildungsgang Lernen oder<br />
geistige Entwicklung. Langfristig macht es ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n mehr,<br />
Schüler e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Klasse ggf. nach 3 unterschiedlichen<br />
Lehrplänen zu unterrichten, die derzeit nicht aufe<strong>in</strong>ander<br />
bezogen s<strong>in</strong>d. Perspektivisch muss es im geme<strong>in</strong>samen<br />
Lernen e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Lehrplan geben. E<strong>in</strong>en Schritt <strong>in</strong><br />
diese Richtung stellen die „Differenzierungsmatrizen“ dar.<br />
Der Thür<strong>in</strong>ger Schulversuch „Unterrichtung von Schülern mit<br />
sonderpädagogischem Förderbedarf im Lernen im geme<strong>in</strong>samen<br />
Unterricht nach den Lehrplänen der Grund- und<br />
Regelschule“ hat e<strong>in</strong>e Planungsstruktur auf der Basis des allgeme<strong>in</strong>en<br />
Lehrplans entwickelt. Die „Differenzierungsmatrizen“<br />
bieten e<strong>in</strong> Modell für die Planung, Gestaltung und Reflexion<br />
von Unterricht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr heterogenen Lerngruppe an,<br />
die auch Schüler<strong>in</strong>nen im Bildungsgang Lernen e<strong>in</strong>schließt.<br />
Das Konzept wurde <strong>in</strong> der Thür<strong>in</strong>ger Forschungs- und<br />
Arbeitsstelle für den Geme<strong>in</strong>samen Unterricht von Frau Prof.<br />
Ada Sasse und Ursula Schulzeck entwickelt. Es wurde auf der<br />
Bensberger Fachtagung von zwei Mitarbeiter<strong>in</strong>nen von Frau<br />
Professor Sasse vorgestellt und ist unter http://www.gu-thue.<br />
de/matrix.htm im Detail dargestellt.<br />
Ausgangspunkt der Überlegungen des <strong>in</strong>klusiven<br />
Planungsansatzes war das Unterrichtskonzept des Marburger<br />
Erziehungswissenschaftlers Re<strong>in</strong>hard Kutzer. Er beschrieb<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 3
Bensberger Tagung 2014<br />
1978 se<strong>in</strong>e Überlegungen für das mathematische Lernen bei<br />
lernbeh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>dern. Pr<strong>in</strong>zipiell können diese Schüler/<br />
<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong> mathematisches Operationsverständnis erwerben,<br />
wenn zwei Ebene passend zue<strong>in</strong>ander f<strong>in</strong>den: Die fachliche<br />
Anforderungsstruktur und die dazu passende Niveaustufe<br />
des Denkens.<br />
Es müssen also die sachlogische Struktur des Lerngegenstandes<br />
und das aktuelle Aneignungsniveau des Lernenden systematisch<br />
und entwicklungslogisch <strong>in</strong> Beziehung gebracht<br />
werden. Dies lässt sich <strong>in</strong> Tabellenform darstellen. Man kann<br />
an dieser systematischen Tabellenstruktur ablesen, welches<br />
fachliche Anforderungsniveau mit welchem Lernniveau bearbeitet<br />
werden kann. Die Verknüpfung von Diagnostik der<br />
Lernausgangslage und F<strong>in</strong>dung nächster Lernziele macht<br />
den Vorteil dieses Ansatzes aus. In e<strong>in</strong>er solchen Tabelle lassen<br />
sich die verschiedenen Abstraktionsstufen des Denkens<br />
<strong>in</strong> Bezug zur Komplexität des Lerngegenstandes darstellen.<br />
Das Thür<strong>in</strong>ger Forschungsteam unter Leitung von Frau<br />
Prof. Sasse führte KUTZERS Ansatz mit dem Konzept der<br />
„Differenzierungsmatrizen“ weiter.<br />
Für das Fach Mathematik ist e<strong>in</strong> entwicklungsbasiertes<br />
Modell schulischen Lernen durch die vorgegebene<br />
Fachstruktur klar ersichtlich, aber wie soll das <strong>in</strong> den anderen<br />
Unterrichtsfächern gel<strong>in</strong>gen? Es ist e<strong>in</strong>e Herausforderung<br />
für alle Fachdidaktiken. Die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen von Frau Prof.<br />
Sasse stellten zur Erläuterung beispielhaft Matrizen aus<br />
verschiedenen Fächern vor. Die Matrizen werden nicht von<br />
den Kompetenzerwartungen der Lehrpläne her konstruiert,<br />
sondern von der fachlichen Struktur der dazu gehörenden<br />
Bildungs<strong>in</strong>halte. Sie s<strong>in</strong>d auch nicht e<strong>in</strong>deutig empirisch<br />
abgesichert, sondern stellen vorrangig e<strong>in</strong> praktikables<br />
Planungs<strong>in</strong>strument des Klassenteams für die sehr heterogene<br />
Lerngruppe dar.<br />
Das folgende Beispiel (Seite 5) stammt aus e<strong>in</strong>er jahrgangsgemischten<br />
Lerngruppe (Kl. 3/4) der Montessorigesamtschule<br />
Jena zum fächerübergreifenden Projekt „Planeten“. Die<br />
Differenzierungsmatrix ist so aufgebaut: Die thematische<br />
Komplexität nimmt von l<strong>in</strong>ks nach rechts zu: vom Planeten<br />
Erde zu den Galaxien und der Milchstraße. Die kognitive<br />
Komplexität nimmt von unten nach oben zu: vom<br />
anschaulich-praktischen zum abstrakten Lernen. Die Arbeit<br />
mit diesem Strukturgitter bietet folgende Möglichkeiten und<br />
Vorteile:<br />
• Alle SuS haben pr<strong>in</strong>zipiell Zugang zu allen Ebenen.<br />
• Das Thema kann auf e<strong>in</strong>em Lernniveau mit mehreren<br />
<strong>in</strong>haltlich unterschiedlichen Lernaufgaben differenziert<br />
bearbeitet werden.<br />
• E<strong>in</strong> Thema kann bei steigender kognitiver Komplexität<br />
anspruchsvoller bearbeitet werden.<br />
• Thematische und kognitive Komplexität können gleichzeitig<br />
erhöht werden.<br />
• Kommt e<strong>in</strong> Schüler mit e<strong>in</strong>er Aufgabe, e<strong>in</strong>em Lernniveau<br />
nicht zurecht, kann e<strong>in</strong> Angebot auf e<strong>in</strong>em anderen<br />
Niveau ausgewählt werden.<br />
• Die SuS können selbst durch Markieren zeigen, was<br />
sie bereits können und woran sie aktuell arbeiten. Mit<br />
Pfeilen können sie markieren, welchen Weg sie durch das<br />
Themenfeld gegangen s<strong>in</strong>d.<br />
• Sonderpädagoge und Allgeme<strong>in</strong>pädagoge können auf<br />
der Basis der Matrix ihre Aufgaben teilen und absprechen.<br />
• Die Summe und Qualität der Lernergebnisse kann für e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>dividuelle oder kriterienbezogene Leistungsbewertung<br />
genutzt werden.<br />
Mit den „Differenzierungsmatrizen“ können die Lehrer<br />
(-teams) für e<strong>in</strong> Fach Bildungs<strong>in</strong>halte so analysieren und<br />
strukturieren, dass für die heterogene Lerngruppe passende<br />
Lernaufgaben/-situationen auf unterschiedlichen Lernniveaus<br />
vorbereitet werden können. Im Thür<strong>in</strong>ger Schulversuch wurden<br />
mittlerweile viele Differenzierungsmatrizen für unterschiedliche<br />
Fächer – <strong>in</strong> unterschiedlicher Qualität – erstellt.<br />
E<strong>in</strong> 2. Beispiel dazu steht auf Seite 6 (rationale Zahlen).<br />
Sie können unter www.gu-thue.de e<strong>in</strong>gesehen werden.<br />
Bisher werden <strong>in</strong> den Beispielen nur Schüler/<strong>in</strong>nen im<br />
Bildungsgang Lernen berücksichtigt, perspektivisch sollen<br />
die Matrizen auch um den Förderschwerpunkt geistige<br />
Entwicklung erweitert werden.<br />
Basis für geme<strong>in</strong>same Planungsentscheidungen s<strong>in</strong>d die<br />
Kompetenzerwartungen des allgeme<strong>in</strong>en Lehrplans und die<br />
Lernausgangslagen <strong>in</strong> der heterogenen Lerngruppe. Für sie<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Matrizen Themen und Lernaufgaben so zu bestimmen,<br />
dass alle Schüler/<strong>in</strong>nen ihren Zugang zum geme<strong>in</strong>samen<br />
Thema f<strong>in</strong>den können. Die Differenzierungsmatrix bündelt<br />
also didaktische Entscheidungen vor dem Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es<br />
Projektes oder e<strong>in</strong>er Unterrichtsreihe. Zu jedem Zielbereich<br />
müssten dann die entsprechenden Aufgaben, Medien, Hilfen,<br />
Sozialformen aufgelistet werden.<br />
• Die SuS sehen im Überblick, was es alles zu entdecken,<br />
zu lernen gibt. Dafür müssen die Ziele allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong><br />
Schülersprache übersetzt werden.<br />
4<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Bensberger Tagung 2014<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 5
Bensberger Tagung 2014<br />
6<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Bensberger Tagung 2014<br />
Kritische Diskussion des Ansatzes<br />
„Differenzierungsmatrizen“<br />
Lehrerteams <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Klassen benötigen für ihre heterogenen<br />
Lerngruppen e<strong>in</strong> praktikables Planungsschema.<br />
Differenzierungsmatrizen werden als e<strong>in</strong>e praktikable<br />
Möglichkeit e<strong>in</strong>geschätzt. Allerd<strong>in</strong>gs wurden die vorgestellten<br />
Beispiele auch kritisch gesehen. Folgende Ergänzungen<br />
müssten im Konzept vorgenommen werden:<br />
• Durchgehende Kompetenzorientierung<br />
• Erkennbare Dokumentation für sonderpädagogische<br />
Unterstützungsmaßnahmen<br />
• E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Förderpläne e<strong>in</strong>er Klasse<br />
• Nur umsetzbar <strong>in</strong> Doppelbesetzung, da sich durch die<br />
offene Lernform e<strong>in</strong> großer Unterstützungsbedarf ergibt.<br />
• Nur möglich, wenn es im Team e<strong>in</strong>e gesicherte<br />
Besprechungsstruktur gibt.<br />
• Nur umsetzbar, wenn alle beteiligten Lehrpersonen diese<br />
Planungsstruktur geme<strong>in</strong>sam füllen und umsetzen.<br />
• E<strong>in</strong> Kollegium kann dieses Planungsraster geme<strong>in</strong>sam<br />
umsetzen, wenn der schul<strong>in</strong>terne Lehrplan <strong>in</strong> allen<br />
Fachkonferenzen <strong>in</strong> dieser Form dokumentiert wird.<br />
Differenzierungsmatrizen – Schritt für Schritt<br />
nutzen<br />
Die Grundstruktur ist hilfreich und wird beibehalten, die<br />
Abstraktionsstufen werden auf drei reduziert.<br />
• Jedem Schüler die Möglichkeit eröffnen, auf allen drei<br />
Ebenen zu arbeiten: Alle Ebenen s<strong>in</strong>d gleichwertig.<br />
Gel<strong>in</strong>gensbed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />
Unterrichtsentwicklung: Die Rolle des<br />
Sonderpädagogen muss durch <strong>in</strong>stitutionelle<br />
Vorgaben gestärkt werden.<br />
• Die Klassen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> großem Zeitanteil doppelt besetzt.<br />
• Sonderpädagogen mit verschiedenen Fachrichtungen<br />
s<strong>in</strong>d fest an der Schule angestellt.<br />
• Sonderpädagogen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>gebunden <strong>in</strong> e<strong>in</strong> regionales<br />
fachliches Netzwerk für allgeme<strong>in</strong>e sonderpädagogische<br />
und förderschwerpunktspezifische Fragen.<br />
• Sonderpädagogen stehen aus dem Stundenkont<strong>in</strong>gent<br />
Zeiten für die Beratung mit e<strong>in</strong>zelnen Schülern zur<br />
Verfügung.<br />
• E<strong>in</strong>e Zeit für Teamgespräche ist im Stundenplan verankert.<br />
• Sonderpädagogen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Vertretungsreserve.<br />
• E<strong>in</strong>e GL – Fachkonferenz ist <strong>in</strong>stitutionalisiert.<br />
• Die Leitung der Fachkonferenz GL ist mit e<strong>in</strong>er<br />
Funktionsstelle verbunden.<br />
• Fachkonferenzmitglieder wirken als Multiplikatoren <strong>in</strong><br />
den Klassenteams.<br />
• Systematisch wird der Fortbildungsbedarf ermittelt.<br />
• Die <strong>in</strong>stitutionellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen werden möglichst<br />
über Schulaufsicht und MSW abgesichert.<br />
Geme<strong>in</strong>same Unterrichtsentwicklung –<br />
fachliche Aspekte<br />
Bauste<strong>in</strong>e für die schrittweise E<strong>in</strong>führung der Matrizen:<br />
• Vere<strong>in</strong>fachung durch Reduktion auf drei<br />
Aneignungsniveaus<br />
• Herausforderung für die jeweiligen Fachlehrer, e<strong>in</strong> Thema<br />
<strong>in</strong> unterschiedliche Aufgabenstellungen zu gliedern und<br />
auf unterschiedlichen Niveaus zu elementarisieren<br />
• Herausforderung für die Sonderpädagogen,<br />
Unterstützungen zu entwickeln, damit alle SuS<br />
Lernaufgaben erfolgreich bewältigen können<br />
• Schrittweise E<strong>in</strong>bezug aller Abstraktionsebenen<br />
• Das Aufgabenspektrum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Wochenplan für die<br />
Schüler e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den<br />
• Die geme<strong>in</strong>same Unterrichtsentwicklung ist für e<strong>in</strong><br />
Kollegium verpflichtend.<br />
• E<strong>in</strong> E<strong>in</strong>stieg könnte z.B. die erschwerte E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung von<br />
ES-SuS <strong>in</strong> den Unterricht se<strong>in</strong>.<br />
• Leitfrage der Erarbeitung: Was brauchen die Schüler/<br />
<strong>in</strong>nen dieser Klasse und was muss die Schule tun, damit<br />
geme<strong>in</strong>sames Lernen gel<strong>in</strong>gt?<br />
• Wahrnehmung und Wertschätzung auch kle<strong>in</strong>er erfolgreicher<br />
Schritte der Unterrichtsveränderung.<br />
• Klärung gegenseitiger Vorstellungen und Erwartungen<br />
im Klassenteam.<br />
• Verständigung auf e<strong>in</strong>en „<strong>in</strong>klusiven“ Bildungs- und<br />
Unterrichtsbegriff.<br />
• Verb<strong>in</strong>dung von kompetenzorientierten Förderplänen<br />
mit dem kompetenzorientierten schul<strong>in</strong>ternen Lehrplan.<br />
• Flächendeckende Schule<strong>in</strong>gangsdiagnostik.<br />
Geme<strong>in</strong>same Unterrichtsentwicklung – Woran sollte<br />
man diese Kooperation konkret erkennen?<br />
• Sonderpädagogen s<strong>in</strong>d Mitglied <strong>in</strong> den Fachkonferenzen.<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 7
Bensberger Tagung 2014<br />
• Es gibt Teamstunden, die Besprechungen sichern.<br />
• Alle Lehrpersonen s<strong>in</strong>d über ihre Unterrichtszeit h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong><br />
der Schule.<br />
• Die Lehrpersonen kommunizieren mite<strong>in</strong>ander und pflegen<br />
e<strong>in</strong>en themenbezogenen fachlichen Austausch.<br />
• Das Selbstverständnis der Lehrpersonen verändert sich <strong>in</strong><br />
Richtung e<strong>in</strong>es Lernunterstützers und Lerncoaches; Die<br />
Lehrer/<strong>in</strong>nen fördern das selbst gesteuerte und kooperative<br />
Lernen der SuS.<br />
• Sonderpädagoge und Allgeme<strong>in</strong>pädagoge klären<br />
ihre Kompetenzen und br<strong>in</strong>gen sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e produktive<br />
Ergänzung.<br />
• Die Unterrichtsfächer werden zum Ausgangspunkt von<br />
kollegialen Gesprächen.<br />
• Die Schulleitung übernimmt im Entwicklungsprozess e<strong>in</strong>e<br />
zentrale fördernde Rolle.<br />
• Das Kollegium erweitert die schul<strong>in</strong>ternen Lehrpläne<br />
bezogen auf elementare Aneignungsniveaus, evtl. werden<br />
Themen auf der Basis der Differenzierungsmatrizen<br />
im Kollegium exemplarisch geme<strong>in</strong>sam geplant und dann<br />
<strong>in</strong> Fachkonferenzen weiter bearbeitet.<br />
• Sonderpädagogen s<strong>in</strong>d Lehrkräfte der allgeme<strong>in</strong>en Schule<br />
und gehören zum Kollegium.<br />
• Es gibt „Dialogkonferenzen“ der Schulleitungen von<br />
allgeme<strong>in</strong>en Schulen und Förderschulen.<br />
• Das Kollegium f<strong>in</strong>det lohnende passende geme<strong>in</strong>same<br />
Themen, z.B. Classroom-Management, Fallberatung,<br />
Störungs- und Beh<strong>in</strong>derungsbilder stärkenorientiert<br />
betrachtet, Schulprogrammarbeit unter Berücksichtigung<br />
sonderpädagogischer Unterstützungsbedarfe, Veränderung<br />
der Leistungsbewertung.<br />
• Es gibt e<strong>in</strong> Planungsraster, <strong>in</strong> dem das Co-teach<strong>in</strong>g<br />
und der Unterstützungsbedarf e<strong>in</strong>zelner Schüler/<strong>in</strong>nen<br />
erkennbar abgebildet wird. Beispiel: www.2teachLLC.<br />
com<br />
Die Weiterarbeit des Verbandes<br />
Der vds sichtet vorhandene Konzepte zur geme<strong>in</strong>samen<br />
Unterrichtsplanung und entwickelt daraus e<strong>in</strong>e Handreichung.<br />
Dabei sollte die Kooperation mit anderen Fachverbänden<br />
und Vertretern der allgeme<strong>in</strong>en Schule gesucht werden.<br />
Der Verband stellt folgende Forderungen an das MSW:<br />
• Es müssen zeitliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für den gesicherten<br />
fachlichen Austausch im Lehrerteam geschaffen<br />
werden.<br />
• In den allgeme<strong>in</strong>en Schulen wird e<strong>in</strong>e Fachkonferenz<br />
„sonderpädagogische <strong>Förderung</strong>“ e<strong>in</strong>gerichtet.<br />
• Es wird <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Schulen e<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dliche<br />
Planstelle für die sonderpädagogische Koord<strong>in</strong>ation<br />
geschaffen.<br />
• Es werden verb<strong>in</strong>dliche Rahmenvorgaben für die<br />
Aufgabenverteilung zwischen allgeme<strong>in</strong>pädagogischen<br />
und sonderpädagogischen Lehrkräften erlassen.<br />
• Es wird e<strong>in</strong>e Stelle e<strong>in</strong>gerichtet, welche die regionale<br />
sonderpädagogische Koord<strong>in</strong>ierung übernimmt.<br />
Johannes Schumacher<br />
Institut für Lehrerfortbildung<br />
Kuhlendahl 64<br />
45470 Mülheim/Ruhr<br />
8<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
vds-aktuell<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 9
vds-aktuell<br />
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VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Rita Lackmann / Monika Ostmeier<br />
Pilotphase „KsF“ im Regierungsbezirk Detmold –<br />
Strukturen – Praktiken – Transformationsschritte<br />
Im Regierungsbezirk Detmold nehmen <strong>in</strong>sgesamt 6 Regionen<br />
seit den Schuljahren 2008/2009 bzw. 2010/11 am Pilotprojekt<br />
„Ausbau von Förderschulen zu Kompetenzzentren für sonderpädagogische<br />
<strong>Förderung</strong>“ des Landes <strong>NRW</strong> teil. Mit dem<br />
Schuljahr 2013/14 endet die Pilotphase. Entscheidend ist<br />
nun, welche zentralen Ergebnisse wir sichern und bei der<br />
weiteren Gestaltung der <strong>in</strong>klusiven Bildungslandschaften<br />
nutzen werden. Daher haben wir uns entschlossen, im letzten<br />
Jahr der Pilotphase wichtige Erkenntnisse aus der KsF-<br />
Arbeit herauszuarbeiten, sie zu bewerten und erste Schritte<br />
zur Transformation zu vere<strong>in</strong>baren. Diesem Ziel dienten bisher<br />
drei Workshops im November und Dezember 2013 sowie<br />
im März 2014, <strong>in</strong> denen diejenigen, die an dem KsF-Projekt<br />
bezirksweit maßgeblich beteiligt s<strong>in</strong>d, geme<strong>in</strong>sam gearbeitet<br />
haben. Hierzu zählen:<br />
• Die KsF-Leitungen<br />
• Die Grundschulleitungen der Netzwerkschulen<br />
• Die Schulträger<br />
• Die Inklusionskoord<strong>in</strong>atoren <strong>in</strong> den Schulämtern<br />
mit KsF-Regionen<br />
• Die Generalisten Inklusion <strong>in</strong> den Schulämtern<br />
• Die Vertreter der oberen und unteren Schulaufsichten<br />
• Die Fachberater<strong>in</strong>nen der Bezirksregierung.<br />
Die zentralen Ergebnisse der Workshops haben wir für den<br />
weiteren Transformationsprozess auf drei Ebenen gebündelt<br />
(siehe Grafik).<br />
1. Die Prozess-Steuerung<br />
Alle Beteiligten bewerten die Ebene der Prozess-Steuerung<br />
als am wichtigsten. Hier zeigt sich am deutlichsten, wo aufgrund<br />
der Organisationsform KsF erweitert gearbeitet werden<br />
konnte im Vergleich zu den Modellen des Geme<strong>in</strong>samen<br />
Unterrichts bzw. der Integrativen Lerngruppe. „KsF“ als regional<br />
gedachte und verankerte Organisationsform geht weit<br />
über die Möglichkeiten der Arbeit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelschule h<strong>in</strong>aus<br />
und stellt ganz neue Herausforderungen dar.<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 19
Rita Lackmann / Monika Ostmeier<br />
1.1. Geme<strong>in</strong>sames Lernen <strong>in</strong> den KsF-Regionen:<br />
Entwicklungsstand<br />
E<strong>in</strong> zentrales Ergebnis im Bereich der Prozess-Steuerung ist,<br />
wie das Geme<strong>in</strong>same Lernen zum jetzigen Zeitpunkt <strong>in</strong> den<br />
e<strong>in</strong>zelnen KsF-Regionen ausgebaut ist. Dieser Ausbau stellt<br />
e<strong>in</strong>en Standard der <strong>in</strong>klusiven Bildungsentwicklung <strong>in</strong> den<br />
Regionen dar, der <strong>in</strong> Absprache mit den Schulträgern und<br />
den Schulaufsichten zu sichern ist.<br />
Kompetenzzentrumsregionen <strong>in</strong> OWL:<br />
Grundschulen und allen Schulformen der Sek I der Region und<br />
zudem kreisübergreifend. Bezeichnend ist, dass es <strong>in</strong> dieser<br />
Region ke<strong>in</strong>e Parallelstrukturen zu den Organisationsformen des<br />
Geme<strong>in</strong>samen Unterrichts (GU) und Integrativen Lerngruppen<br />
(IL) gibt und sich das Geme<strong>in</strong>same Lernen <strong>in</strong> dieser Region über<br />
die Zusammenarbeit im KsF entwickelt hat.<br />
Im Kreis M<strong>in</strong>den-Lübbecke (4) arbeiten die sonderpädagogischen<br />
Lehrkräfte des KsFs <strong>in</strong> allen Grundschulen der<br />
KsF-Region „Espelkamp/Rahden/Stemwede“. Im Bereich<br />
der weiterführenden Schulen s<strong>in</strong>d die sonderpädagogischen<br />
Lehrkräfte den Schulzentren zugewiesen.<br />
Das KsF der Albatros-Schule <strong>in</strong> Bielefeld (1) ist als besonderes<br />
Projekt anzusehen. Es vertritt die Förderschwerpunkte<br />
Körperlich-motorische Entwicklung (KME) und Geistige<br />
Entwicklung (GE). Die sonderpädagogische <strong>Förderung</strong> f<strong>in</strong>det<br />
überwiegend für K<strong>in</strong>der und Jugendliche statt, die e<strong>in</strong>en ausgewiesenen<br />
sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich<br />
KME haben.<br />
Die fünf KsFs, die e<strong>in</strong>e sonderpädagogische <strong>Förderung</strong> im<br />
Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen durchführen,<br />
haben das Geme<strong>in</strong>same Lernen <strong>in</strong> ihren Regionen unterschiedlich<br />
ausgebaut:<br />
Das KsF Bad-Salzuflen (2) arbeitet <strong>in</strong> allen Grundschulen der<br />
Region. Das KsF der Geme<strong>in</strong>de Kalletal (3) arbeitet <strong>in</strong> allen<br />
Das KsF der Stadt Herford (5) konzentriert die Zusammenarbeit<br />
auf drei (von 11) Grundschulen, die als Pilotschulen aufgrund<br />
ihrer bereits gelebten Konzepte bezüglich <strong>in</strong>dividueller<br />
<strong>Förderung</strong> und der Stadtteilarbeit ausgewählt worden s<strong>in</strong>d.<br />
Lehrkräfte des KsFs beraten außerdem e<strong>in</strong>e Gesamtschule<br />
und e<strong>in</strong>e Realschule mit Integrativen Lerngruppen bei der<br />
Konzepterarbeitung und im Aufbau von Beratungsstrukturen.<br />
Das KsF der Stadt Gütersloh (6) ist <strong>in</strong> fast allen Grundschulen<br />
vertreten sowie <strong>in</strong> den Schulformen der Sek I, bis auf die<br />
Gymnasien.<br />
Wir stehen nun vor der Herausforderung, wie wir aufgebaute<br />
Strukturen des Geme<strong>in</strong>samen Lernens und konzeptionelle<br />
20<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Pilotphase „KsF“ im Regierungsbezirk Detmold Strukturen – Praktiken – Transformationsschritte<br />
Ansätze an den Netzwerkschulen bewerten und den neuen<br />
rechtlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen anpassen. Die Ergebnisse<br />
der Workshops zeigen e<strong>in</strong>deutig, dass alle Schulen, die mit<br />
den KsFs zusammenarbeiten, die Kooperationen mit den<br />
sonderpädagogischen Lehrkräften sowie das Geme<strong>in</strong>same<br />
Lernen fortsetzen bzw. ausbauen wollen. Die Schulträger<br />
sehen die beteiligten Schulen zukünftig grundsätzlich als<br />
„Schulen des Geme<strong>in</strong>samen Lernens“.<br />
In den Workshops wurden Zuständigkeiten und erste<br />
Arbeitsschritte für die Vorbereitung des kommenden<br />
Schuljahrs vere<strong>in</strong>bart:<br />
• Die Netzwerkschulen werden zu „Schulen des<br />
Geme<strong>in</strong>samen Lernens“. Der Transformationsprozess<br />
wird <strong>in</strong> die politischen Gremien e<strong>in</strong>gebracht (Schulträger).<br />
• In den KsF-Regionen werden Schwerpunktschulen<br />
bestimmt. Dazu bedarf es der politischen<br />
Beschlussfassungen und <strong>in</strong> der Folge der E<strong>in</strong>richtung<br />
durch die Schulaufsichtsbehörde (Schulträger, untere<br />
bzw. obere Schulaufsicht).<br />
• Die Verteilung des Budgets für die Lern- und<br />
Entwicklungsstörungen ab dem Schuljahr 2014/15<br />
berücksichtigt aufgebaute und bewährte KsF-Strukturen.<br />
In den Regionen, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e hohe Anzahl von Schulen<br />
<strong>in</strong> die KsF-Arbeit e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d, wird sorgfältig<br />
geprüft, wie die neuen Standards zur Budgetverteilung<br />
umgesetzt werden bzw. welche Übergangsregelungen<br />
s<strong>in</strong>nvoll s<strong>in</strong>d (Schulaufsichten, Schulen, Schulträger,<br />
Lehrkräfte).<br />
1.2. Personalsteuerung<br />
Das Pr<strong>in</strong>zip der Budgetierung wird ab dem Schuljahr 2014/15<br />
<strong>in</strong> <strong>NRW</strong> landesweit übertragen und gilt als e<strong>in</strong>e der zukunftsweisendsten<br />
Facetten des Projektes.<br />
Die Planung des Transformationsprozesses ist sowohl<br />
von Seiten der Schulen als auch der Schulträger mit<br />
Verunsicherungen bezüglich der Zuweisung der sonderpädagogischen<br />
Stellenressource verknüpft. Für den regionalen<br />
und schulischen Inklusionsprozess ist nach Ansicht<br />
der Beteiligten e<strong>in</strong>e transparente, regional ausgerichtete<br />
Steuerung des Stellenbudgets zentral, wie sie bislang <strong>in</strong><br />
der Verantwortung der KsF-Leitungen geschieht. In KsF-<br />
Regionen hat sich e<strong>in</strong>e zufriedenstellende und transparente<br />
Personalsteuerung entwickelt, die basiert auf<br />
• guten Standort- und Personenkenntnissen der KsF-<br />
Leitungen,<br />
• regionalen Kommunikationsstrukturen<br />
(KsF-Leitungsteams aus den beteiligten KsF –<br />
Förderschulen; Teamsitzungen mit den beteiligten<br />
Schulleitungen der allgeme<strong>in</strong>en Netzwerkschulen<br />
zur Schaffung von Transparenz bezüglich der<br />
Ressourcenverteilung und Absprachen <strong>in</strong> besonderen<br />
Problemlagen),<br />
• e<strong>in</strong>er gewissen Flexibilität zum Reagieren auf schulische<br />
oder personelle Veränderungen.<br />
Folgende Eckpunkte bilden sich aus Sicht der KsF-Leitungen<br />
für e<strong>in</strong>en unterstützenden und effizienten E<strong>in</strong>satz von<br />
sonderpädagogischen Lehrkräften <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Schulen<br />
heraus:<br />
• Unterstützungsbedarfe der K<strong>in</strong>der<br />
• Fachspezifische Kompetenzen der Lehrkräfte<br />
• Standortfaktoren der allgeme<strong>in</strong>en Schulen<br />
• Personelle Kont<strong>in</strong>uität<br />
• Möglichst hoher Stundenumfang e<strong>in</strong>er Lehrkraft an e<strong>in</strong>er<br />
Schule<br />
• Möglichst e<strong>in</strong> Team von zwei sonderpädagogischen<br />
Lehrkräften an e<strong>in</strong>er Schule<br />
Von Seiten der Grundschulleitungen wird bestätigt, dass<br />
die personelle Kont<strong>in</strong>uität e<strong>in</strong>e Grundvoraussetzung für<br />
die Entwicklung professioneller Lerngeme<strong>in</strong>schaften ist.<br />
Unabhängig von der Systemgröße ist der E<strong>in</strong>satz sonderpädagogischer<br />
Lehrkräfte mit e<strong>in</strong>em Stundenumfang von<br />
m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er halben Stelle notwendig (vgl. auch: http://<br />
www.schulm<strong>in</strong>isterium.nrw.de/docs/Schulsystem/Inklusion/<br />
E<strong>in</strong>fuehrung_der_neuen_Ressourcensteuerung/Eckpunkte-<br />
Verteilung-Stellenbudget---Stand-Maerz-2014.pdf)<br />
Die Erfahrungen zeigen, dass es mit dieser Maßgabe eher<br />
gel<strong>in</strong>gt, e<strong>in</strong>e Aufgaben- und Rollentransparenz zu schaffen<br />
und tragfähige Kooperationen aufzubauen.<br />
Außerdem ermöglicht dieser Stundenumfang es, sonderpädagogische<br />
Lehrkräfte h<strong>in</strong>reichend im Unterricht e<strong>in</strong>zusetzen.<br />
Dieses, sowohl im Rahmen von Doppelbesetzung als besonders<br />
auch im Rahmen des eigenständigen Unterrichts, ist<br />
entscheidend für die Arbeitszufriedenheit der sonderpädagogischen<br />
Lehrkräfte und die Akzeptanz bei den Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schülern.<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 21
Rita Lackmann / Monika Ostmeier<br />
Der E<strong>in</strong>satz von zwei sonderpädagogischen Lehrkräften<br />
an e<strong>in</strong>er Schule stärkt das Stand<strong>in</strong>g der Kollegen und ist<br />
vor allem <strong>in</strong> großen Systemen hilfreich für den fachlichen<br />
Erfahrungsaustausch, aber auch <strong>in</strong> Vertretungssituationen.<br />
Von Seiten der sonderpädagogischen Lehrkräfte als auch der<br />
allgeme<strong>in</strong>en Schulen wird es jedoch e<strong>in</strong>deutig als prioritär<br />
angesehen, mit e<strong>in</strong>em möglichst hohen Stundenanteil an<br />
e<strong>in</strong>er Schule tätig zu se<strong>in</strong>.<br />
Die Verantwortung, die die KsF-Leitungen für die<br />
Qualitätssicherung der fachlichen Expertise ihrer Lehrkräfte<br />
übernommen haben, ist zukunftsweisend. In den KsFs werden<br />
fest term<strong>in</strong>ierte regelmäßige Teamsitzungen der sonderpädagogischen<br />
Lehrkräfte, die an allgeme<strong>in</strong>en Schulen tätig<br />
s<strong>in</strong>d, durchgeführt, meistens <strong>in</strong> 14-tägigem Rhythmus.<br />
Auf der Agenda der Sitzungen stehen u.a.:<br />
• Die fachrichtungsübergreifende Vernetzung<br />
• Die fachdidaktische Weiterentwicklung vor allem <strong>in</strong><br />
H<strong>in</strong>blick auf zieldifferent lernende Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schüler<br />
• Die Weiterqualifizierung <strong>in</strong> den Bereichen Diagnostik und<br />
Beratung<br />
• Der Austausch von Interventionsmaßnahmen und<br />
Förderkonzepten<br />
• Die kollegiale Fallberatung<br />
Aus Sicht der Schulaufsichten für die Förderschulen ist<br />
es besonders unter den neuen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, die<br />
e<strong>in</strong>en verstärkten E<strong>in</strong>satz sonderpädagogischer Lehrkräfte<br />
ausschließlich <strong>in</strong> Bereichen der allgeme<strong>in</strong>en Schulen<br />
und Versetzungen <strong>in</strong> die jeweiligen Schulkapitel vorsehen,<br />
e<strong>in</strong>e zentrale Aufgabe, Funktionen und verb<strong>in</strong>dliche<br />
Organisationsformen beizubehalten, die die fachrichtungsspezifischen<br />
Kompetenzen der sonderpädagogischen<br />
Lehrkräfte sichern und vernetzen, Sicherheit mit den fachdidaktischen<br />
Herausforderungen aufbauen und auf die neuen<br />
Aufgabenfelder im Bereich der allgeme<strong>in</strong>en Schulen gezielt<br />
vorbereiten.<br />
In den Workshops s<strong>in</strong>d folgende Schritte zur Sicherung<br />
bewährter Strukturen im Rahmen des Personalmanagements<br />
für den Transformationsprozess herausgestellt worden:<br />
• Steuerung des Stellenbudgets für LES <strong>in</strong> Abstimmung<br />
mit Schulentwicklungsplanungen und regionalen<br />
Besonderheiten<br />
• E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Steuerungserfahrungen der KsF-Leitungen<br />
im zukünftigen Personalmanagement<br />
• Sicherung der sonderpädagogischen Expertise, u.a.<br />
durch den E<strong>in</strong>satz von Inklusionsfachberatern (s.<br />
Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 15.10.2013, Drucksache<br />
16/4218)<br />
1.3. Gestaltung von Übergängen.<br />
Beispielhaft konzeptionell gestaltet f<strong>in</strong>det bereits an<br />
den meisten KsF-Grundschulen vor der E<strong>in</strong>schulung e<strong>in</strong>e<br />
Schule<strong>in</strong>gangsdiagnostik statt, die die Expertise der sonderpädagogischen<br />
Lehrkräfte e<strong>in</strong>bezieht und somit e<strong>in</strong>en<br />
entscheidenden Präventionsaspekt aufzeigt. K<strong>in</strong>der aus den<br />
K<strong>in</strong>dertagesstätten werden nach der Anmeldung <strong>in</strong> die<br />
Grundschule e<strong>in</strong>geladen und erhalten e<strong>in</strong> „Spiel- und<br />
Unterrichtsangebot“. Hierbei handelt es sich z.B. um ausgearbeitete<br />
Bewegungsangebote, die die K<strong>in</strong>der gern<br />
annehmen. Während e<strong>in</strong>e Lehrkraft die K<strong>in</strong>der an den<br />
verschiedenen Stationen anleitet, vermerkt e<strong>in</strong> Team aus<br />
Grundschullehrkräften und sonderpädagogischen Lehrkräften<br />
mit Hilfe e<strong>in</strong>es kriteriengestützten Beobachtungsbogens die<br />
motorischen, sozialen und sprachlichen Kompetenzen der<br />
K<strong>in</strong>der sowie deren Aufgabenverständnis und Merkfähigkeit.<br />
Diese Dokumentationen werden anschließend im Team aus<br />
Grundschul- und sonderpädagogischen Lehrkräften ausgewertet.<br />
Ziel dieser E<strong>in</strong>gangsdiagnostik ist es, die Zeit bis zur<br />
E<strong>in</strong>schulung durch gezielte, förderplangestützte Maßnahmen<br />
<strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dertagesstätte zu nutzen und allen K<strong>in</strong>dern von<br />
Schulbeg<strong>in</strong>n an die bestmöglichen <strong>in</strong>dividuellen Unterrichtsund<br />
Förderangebote machen zu können.<br />
Als Schritte zur Weiterführung und Weiterentwicklung<br />
des Diagnostik-Konzeptes wurde <strong>in</strong> den Workshops u.a.<br />
mit der Schulaufsicht der Grundschulen vere<strong>in</strong>bart, die<br />
E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung sonderpädagogischer Lehrkräfte <strong>in</strong> die<br />
Schule<strong>in</strong>gangsdiagnostik weiterh<strong>in</strong> sicherzustellen und das<br />
Konzept <strong>in</strong> andere Regionen zu übertragen, beg<strong>in</strong>nend mit<br />
e<strong>in</strong>er Information der Grundschulen sowie der Leitungen und<br />
Träger der K<strong>in</strong>dertagesstätten.<br />
2. Die <strong>Sonderpädagogische</strong> Unterstützung<br />
<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Schulen <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf<br />
Beratungs- und Kooperationsstrukturen<br />
Mit E<strong>in</strong>führung des Stellenbudgets ist es nicht mehr notwendig<br />
und vorgesehen, sonderpädagogische Unterstützungsbedarfe<br />
im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen formal festzustellen,<br />
um daraus e<strong>in</strong>en Anspruch auf sonderpädagogische<br />
Stellenanteile an der Schule sicherzustellen. Besonders <strong>in</strong> den<br />
Grundschulen und ganz besonders <strong>in</strong> den Flächenregionen<br />
wird sich unter dem Anspruch, e<strong>in</strong>en Schulwechsel im<br />
Grundschulbereich möglichst zu vermeiden, die Situation<br />
ergeben, dass K<strong>in</strong>der mit Unterstützungsbedarfen zu fördern<br />
s<strong>in</strong>d, ohne dass e<strong>in</strong>e feste sonderpädagogische Lehrkraft vor<br />
Ort ist. In den KsF-Regionen gibt es für diese Situationen niedrigschwellige,<br />
allen bekannte und abgestimmte Verfahren zu<br />
Beratungs- und Unterstützungsanfragen für Lehrkräfte und<br />
22<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Pilotphase „KsF“ im Regierungsbezirk Detmold Strukturen – Praktiken – Transformationsschritte<br />
Eltern, sogar für Kitas. Beratungsanfragen werden durch<br />
die KsF-Leitungen <strong>in</strong>nerhalb weniger Tage bearbeitet und<br />
koord<strong>in</strong>iert.<br />
Bedeutsam und zukunftsweisend für die KsF-Arbeit s<strong>in</strong>d<br />
außerdem Vere<strong>in</strong>barungen für die Zusammenarbeit der<br />
Lehrkräfte (Kooperationsvere<strong>in</strong>barungen/regionale Rahmenkonzepte).<br />
Hierbei geht es nicht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie um die<br />
Gestaltung professioneller Lerngeme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> der<br />
Klasse, sondern um Rollen- und Aufgabenklärungen im<br />
Prozess e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Schul- und Unterrichtsentwicklung<br />
unter den strukturellen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>es KsFs. Für die<br />
Entwicklung dieser Konzepte / Vere<strong>in</strong>barungen bzw. ihrer<br />
Nutzung und Akzeptanz war es maßgeblich, dass sie<br />
unter Berücksichtigung der regionalen Bed<strong>in</strong>gungen, unter<br />
aktiver Beteiligung der Akteure und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em moderierten<br />
Prozess stattfand. An e<strong>in</strong>igen Schulen wurden sie mit<br />
Blick auf die systemischen Ausprägungen konkretisiert.<br />
Die Vere<strong>in</strong>barungen und Konzepte s<strong>in</strong>d zu f<strong>in</strong>den unter:<br />
http://www.bezreg-detmold.nrw.de/200_Aufgaben/025_<br />
Schule/026_Inklusion/042_Kompetenzzentren_K sF/<strong>in</strong>dex.<br />
php<br />
Wie wichtig es ist, sich im Rahmen e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>klusiven<br />
Bildungsprozesses aktiv des Themas der professionellen<br />
Zusammenarbeit <strong>in</strong> den Regionen und den E<strong>in</strong>zelschulen<br />
anzunehmen, damit K<strong>in</strong>der und Jugendliche davon maximal<br />
profitieren, ist uns durch das KsF-Projekt sehr bewusst geworden.<br />
In den Workshops wurden folgende Arbeitsaufträge<br />
entwickelt:<br />
• <strong>Sonderpädagogische</strong> Beratung an Schulen ohne feste<br />
sonderpädagogische Lehrkräfte: Weiterführung der<br />
Verfahren / Klärung von Zuständigkeiten durch die<br />
Schulaufsicht Förderschulen<br />
• Evaluation der erarbeiteten Kooperationsvere<strong>in</strong>barungen<br />
und Rahmenkonzepte zur Zusammenarbeit <strong>in</strong> den KsF-<br />
Regionen; Abstimmungen zur Weiterentwicklung auf<br />
Ebene der Schulaufsichten<br />
die regelmäßigen Steuergruppensitzungen überwiegend von<br />
den KsF-Leitungen geplant und e<strong>in</strong>berufen. Im KsF der<br />
Stadt Gütersloh hat seit längerer Zeit der Schulträger die<br />
Verantwortung für die Steuergruppe übernommen.<br />
Zu klären ist die Frage, wer nach Projektende verantwortlich<br />
ist für die regionalen Steuerungen und mit welchen<br />
neuen Legitimationen, durch welche Gremien, mit wessen<br />
Aufträgen diese Steuerungsprozesse weitergeführt und gesichert<br />
werden.<br />
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die KsFs<br />
als regionale Organisationsformen regionale <strong>in</strong>klusive<br />
Bildungsprozesse erfolgreich gestaltet haben. Es wurden<br />
tragfähige Beratungsstrukturen aufgebaut, es wurden<br />
Übergangskonzepte entwickelt und multiprofessionell ausgerichtet.<br />
In den Schulen konnte der systemische Blick<br />
geschärft werden. Die Zusammenarbeit der Lehrkräfte bezüglich<br />
Rollenklarheit und transparenter Aufgabenverteilung<br />
wurde reflektiert und an vere<strong>in</strong>barten Kriterien ausgerichtet.<br />
Für e<strong>in</strong>e gute <strong>in</strong>klusive Gestaltung e<strong>in</strong>er Bildungsregion müssen<br />
Unterrichts-, Schul- und regionale Entwicklung <strong>in</strong>e<strong>in</strong>andergreifen.<br />
Die große Herausforderung wird es nun se<strong>in</strong>, die<br />
Ergebnisse <strong>in</strong> der Transformation auch ohne den „Rückhalt<br />
KsF“, aber unter guter Nutzung der Projekterfahrungen zu<br />
sichern und weiterzuentwickeln.<br />
Rita Lackmann, LRSD<br />
Monika Ostmeier, Koord<strong>in</strong>ation Inklusion<br />
Bezirksregierung Detmold<br />
Leopoldstraße 15<br />
32756 Detmold<br />
rita.lackmann@brdt.nrw.de<br />
monika.ostmeier@brdt.nrw.de<br />
3. Die Vernetzung und Kooperation<br />
Als e<strong>in</strong> Beispiel für die vielfältigen Vernetzungsstrukturen<br />
<strong>in</strong> den KsF-Regionen führen wir hier die „Steuergruppen<br />
KsF“ an, durch die die Steuerung der regionalen Prozesse<br />
entscheidend geschieht. Die Steuergruppen s<strong>in</strong>d multiprofessionell<br />
besetzt mit Vertretern aus den Schulen aller<br />
Schulformen, der Jugendhilfe, der regionalen Schulberatung,<br />
der Schulträger, der Schulaufsichten und den Bildungsbüros.<br />
Diese gezielte Kooperation hat zur Folge, dass der Prozess<br />
e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Bildungsentwicklung <strong>in</strong> den Kommunen<br />
mit KsF <strong>in</strong> der Regel deutlich weiter entwickelt ist als <strong>in</strong><br />
vielen anderen Kommunen. In den KsF-Regionen werden<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 23
Susanne Eßer<br />
Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong><br />
wirksames classroom management <strong>in</strong> der <strong>in</strong>klusiv/<strong>in</strong>tegrativen<br />
<strong>Förderung</strong> von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern im Förderschwerpunkt<br />
soziale und emotionale Entwicklung<br />
1. E<strong>in</strong>leitung<br />
Im Zuge des <strong>in</strong>klusiven Schulentwicklungsauftrags für<br />
das deutsche Bildungssystem durch die Unterzeichnung<br />
des UN-Charta 1 wird die <strong>in</strong>tegrative bzw. <strong>in</strong>klusive<br />
<strong>Förderung</strong> der Schüler 2 mit e<strong>in</strong>em sonderpädagogischen<br />
Unterstützungsbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen<br />
Entwicklung immer wieder mit großen Schwierigkeiten<br />
behaftet gesehen. Nach Preuss-Lausitz stellen nicht nur<br />
<strong>in</strong> Deutschland die „K<strong>in</strong>der mit Verhaltensauffälligkeiten<br />
bzw. sozialen und emotionalen Problemen die größte<br />
Herausforderung für die heutige Schule“ dar. 3<br />
Mit Hilfe des classroom managements, im Deutschen<br />
häufig übersetzt mit „Klassenführung“, kann e<strong>in</strong><br />
Orientierungsrahmen für alle Schüler geschaffen werden,<br />
der nicht nur für mehr aktive Lernzeit im S<strong>in</strong>ne des kognitiven<br />
Lernens sorgt, wie Helmke mit unterschiedlichen <strong>in</strong>ternationalen<br />
Studien belegt 4 , sondern auch den Schülern mit<br />
e<strong>in</strong>em Förderbedarf im Bereich der sozialen und emotionalen<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>e unterstützende Struktur zur erfolgreichen<br />
Verhaltenssteuerung bietet.<br />
Die Bedeutsamkeit des e<strong>in</strong>zelnen Lehrers für die<br />
Entwicklungsprozesse der Schüler wird dabei ebenso hervorgehoben<br />
wie der Gew<strong>in</strong>n konkreter H<strong>in</strong>weise zur Strukturierung<br />
e<strong>in</strong>es unterstützenden Fördersett<strong>in</strong>gs im Bereich Schule. Der<br />
Lehrer bietet sich als Bezugsperson an und wirkt sowohl<br />
durch se<strong>in</strong>e Person als auch durch die von ihm angebotenen<br />
pädagogischen Maßnahmen. Er behält den Überblick über<br />
das Gesamtgeschehen und setzt zum passenden Zeitpunkt<br />
gezielte Interventionen. „S<strong>in</strong>nvolle Ordnungen und e<strong>in</strong> verlässlicher<br />
Rhythmus für alltägliche Vorgänge im Schulbereich<br />
s<strong>in</strong>d Schutzmaßnahmen für den e<strong>in</strong>zelnen wie für die Gruppe<br />
und stabilisieren den Schüler gegenüber Enttäuschung,<br />
Angst und Versagen.“ 5 Ebenso sehen auch Hillenbrand und<br />
Bergsson die Beziehung des Erwachsenen zum K<strong>in</strong>d und<br />
die Strukturierung des pädagogischen Feldes als wichtige<br />
Grundlagen des Förderprozesses an. 6;7<br />
2. Entwicklungspädagogik<br />
Die „Entwicklungspädagogik“ geht auf das Modell der<br />
„Developmental Thepapy <strong>in</strong> the classroom“ von Mary<br />
M. Wood 8 zurück. Unter diesem Titel veröffentlichte sie<br />
1986 e<strong>in</strong> Programm zur <strong>in</strong>tensiven <strong>Förderung</strong> von Schülern<br />
mit e<strong>in</strong>em Förderbedarf im Bereich der sozial-emotionalen<br />
Entwicklung. Hierzu hatte Mary Wood verschiedenste<br />
Theorien zu Aspekten k<strong>in</strong>dlicher Entwicklung unter dem<br />
Blickw<strong>in</strong>kel ihrer Relevanz für die schulische <strong>Förderung</strong><br />
untersucht und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stufenmodell, dem „Baum der<br />
Entwicklung“, zusammengefasst. 9 Es beschreibt die<br />
Entwicklung sozial-emotionalem Verhaltens von der Geburt<br />
bis zum Ende des 16ten Lebensjahres <strong>in</strong> fünf Stufen und vier<br />
Bereichen. Zur Erfassung der Kompetenzen der K<strong>in</strong>der wurde<br />
analog zum Baum-Modell e<strong>in</strong> Beobachtungsbogen mit<br />
Indikatoren für die e<strong>in</strong>zelnen Stufen und Bereiche entwickelt<br />
(DTORF, Developemtal Teach<strong>in</strong>g Objektives Rat<strong>in</strong>g Form) 10 .<br />
Neben der E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das Modell der Entwicklung und<br />
der entsprechenden Diagnostik umfasst das Handbuch auch<br />
detaillierte H<strong>in</strong>weise zur Umsetzung <strong>in</strong> die unterrichtliche<br />
Praxis. Das Modell der „Developmental Therapy“ wurde von<br />
Dr. Marita Bergsson und dem Team der Jakob Muth-Schule <strong>in</strong><br />
Essen auf den deutschen Kulturkreis h<strong>in</strong> adaptiert und dort<br />
auch evaluiert. 11 Der Umsetzungs- und Adaptionsprozess<br />
der Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik <strong>in</strong><br />
Europa wird <strong>in</strong>zwischen von e<strong>in</strong>em Institut (ETEP-Europe)<br />
<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem „Developmental Institute“ <strong>in</strong><br />
Athens, Georgia vollzogen.<br />
In der <strong>in</strong>klusiv / <strong>in</strong>tegrativen schulischen <strong>Förderung</strong> hat<br />
das Modell der Entwicklungspädagogik <strong>in</strong> Deutschland<br />
<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und Hamburg große Verbreitung<br />
gefunden. In Berl<strong>in</strong> gibt es circa 200 Schulen, die die<br />
Entwicklungspädagogik <strong>in</strong> ihr Schulprogramm aufgenommen<br />
haben. 12<br />
24<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong> wirksames classroom management<br />
3. Das Entwicklungspädagogische Programm<br />
Das Entwicklungspädagogische Programm verb<strong>in</strong>det<br />
Diagnostik, <strong>Förderung</strong> und Evaluation im gesamten<br />
Förderprozess untrennbar mite<strong>in</strong>ander.<br />
Mit Hilfe e<strong>in</strong>es Beobachtungs<strong>in</strong>struments, <strong>in</strong> der deutschen<br />
Fassung ELDiB genannt (Entwicklungspädagogischer Lernziel-<br />
Diagnose-Bogen), der analog der Entwicklungsstufen aufgebaut<br />
ist, wird die Stufe der aktuellen Entwicklung des Schülers<br />
beschrieben. Der ELDiB liegt <strong>in</strong> Formen für Pädagogen,<br />
Erziehungsberechtigte, K<strong>in</strong>der und ältere Jugendliche vor<br />
und ermöglicht damit e<strong>in</strong>e Mitarbeit aller am Förderprozess<br />
Beteiligten. Auf dieser diagnostischen Grundlage werden<br />
vorhandene Verhaltensfähigkeiten beschrieben sowie<br />
Entwicklungsziele bestimmt, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>sam erstellten<br />
<strong>in</strong>dividuellen Entwicklungsplan festgehalten werden.<br />
Für die Gestaltung des Förder- bzw. Entwicklungsprozesses<br />
f<strong>in</strong>den sich für jede Entwicklungsstufe Ausführungen zu den<br />
relevanten Entwicklungsprozessen, den Entwicklungszielen<br />
und den relevanten Strukturpr<strong>in</strong>zipien. 13<br />
Beschreibt das amerikanische Modell e<strong>in</strong> hochstrukturiertes<br />
Sett<strong>in</strong>g, welches zwar für die <strong>in</strong>tegrative <strong>Förderung</strong> entwickelt<br />
wurde, aber tendenziell <strong>in</strong> äußerer Differenzierung umgesetzt<br />
wird, liegen <strong>in</strong> der Weiterentwicklung von Bergsson<br />
auch Modelle für die Umsetzung im Klassenunterricht, vornehmlich<br />
der allgeme<strong>in</strong>en Schule, vor. 14<br />
3.1 Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der<br />
Entwicklungspädagogik<br />
Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik beschreiben<br />
<strong>in</strong> den vier Dimensionen Raum, Zeit, Personen und<br />
Interventionen notwendige Förderbed<strong>in</strong>gungen bezogen auf<br />
die jeweilige Entwicklungsstufe des Schülers. Dem Schüler<br />
soll damit e<strong>in</strong> Rahmen gegeben werden, der Sicherheit<br />
und Verlässlichkeit bietet und ihm dadurch ermöglicht,<br />
Verhaltensfähigkeiten auf- bzw. auszubauen.<br />
Das Maß an äußerer Struktur wird entsprechend der Zunahme<br />
an <strong>in</strong>nerer Struktur beim Schüler reduziert.<br />
3.1.1 Die Struktur des Raumes<br />
Nach den Pr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik ist der<br />
Raum <strong>in</strong> verschiedene Bereiche unterteilt, die übersichtlich<br />
angeordnet s<strong>in</strong>d und vom Lehrer immer e<strong>in</strong>gesehen werden<br />
können. Für die unterschiedlichen Raumbereiche werden<br />
entsprechende Verfahrensabläufe mit der Klasse e<strong>in</strong>geübt. 15<br />
Es gibt Arbeitsplätze, die sich <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> der Nähe<br />
der Tafel bef<strong>in</strong>den und die für die kognitive Arbeit <strong>in</strong><br />
der Gesamtgruppe vorgesehen s<strong>in</strong>d. Abhängig von den<br />
Gruppenfähigkeiten der Klasse s<strong>in</strong>d diese eher e<strong>in</strong>zeln oder<br />
<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Blöcken angeordnet. M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> weiterer<br />
E<strong>in</strong>zelarbeitsplatz bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ruhigen, reizarmen<br />
Bereich des Raumes. Dieser dient dem Zur-Ruhe-Kommen<br />
bzw. der konzentrierten E<strong>in</strong>zelarbeit e<strong>in</strong>es Schülers. E<strong>in</strong> weiterer<br />
Raumbereich ist der <strong>Förderung</strong> der sozialen Begegnung<br />
vorbehalten. Bei jüngeren Schülern ist dies häufig e<strong>in</strong><br />
Teppich, der zu Spielen e<strong>in</strong>lädt, der aber auch zum Vorlesen<br />
und für Gesprächsrunden genutzt werden kann. Für ältere<br />
Schüler bietet sich eher e<strong>in</strong>e Sitzecke mit Bänken und<br />
flexiblen kle<strong>in</strong>eren Tischen an, die die Schüler bzw. Lehrer<br />
entsprechend ihrer Absichten nutzen können.<br />
Da auch für die Bildung der bereits genannten Raumbereiche<br />
nicht immer die baulichen Voraussetzungen gegeben s<strong>in</strong>d,<br />
sollte dann das Mobiliar so flexibel zu handhaben se<strong>in</strong>,<br />
dass es für neue Arbeitszusammenhänge verändert werden<br />
kann. Mit den Schülern werden dann die Abläufe der<br />
Umstrukturierung des Raumes e<strong>in</strong>geübt, so dass der Umbau<br />
möglichst ruhig und störungsfrei ablaufen kann.<br />
Für die Materialien der Schule und der e<strong>in</strong>zelnen Schüler gibt<br />
es feste Plätze.<br />
Die Klassenregeln hängen an e<strong>in</strong>em übersichtlichen Platz<br />
und die <strong>in</strong>dividuellen Ziele der e<strong>in</strong>zelnen Schüler s<strong>in</strong>d ebenfalls<br />
präsent.<br />
3.1.2 Die Struktur der Zeit<br />
E<strong>in</strong> detaillierter Tagesplan wird zu Beg<strong>in</strong>n des Tages besprochen<br />
und gibt Auskunft über die Aktivitäten, die Themen und<br />
die Arbeitszusammenhänge. Bei jüngeren K<strong>in</strong>dern kann sich<br />
dieser Plan auf kürzere Tagese<strong>in</strong>heiten beziehen.<br />
Auf die Rhythmisierung der e<strong>in</strong>zelnen Arbeitse<strong>in</strong>heit wird<br />
großer Wert gelegt und sie schließt immer unter wachsender<br />
E<strong>in</strong>beziehung der Schüler mit e<strong>in</strong>er kognitiven Rückschau <strong>in</strong><br />
Bezug auf Lernzuwachs und sozialem Fortschritt ab.<br />
Dem Schultag sollte e<strong>in</strong>e gute Rhythmisierung <strong>in</strong><br />
Anspannungs- und Entspannungsphasen zugrunde liegen.<br />
Bestimmte Kernaktivitäten sollten jeden Tag wiederkehren<br />
und für e<strong>in</strong>e hilfreiche Rout<strong>in</strong>e im Tagesablauf sorgen. 16<br />
3.1.3 Die Rolle der Personen<br />
Die Rolle der Personen ist der jeweiligen Entwicklungsstufe<br />
des Schülers angepasst. 17 Sie nimmt e<strong>in</strong>e Entwicklung<br />
ausgehend von der Versorgerrolle dem K<strong>in</strong>d gegenüber<br />
über die Rolle des Garanten für den <strong>in</strong>dividuellen<br />
Erfolg des Schülers immer mehr h<strong>in</strong> zum Manager von<br />
Gruppenprozessen und e<strong>in</strong>em Berater, der im weiteren<br />
Entwicklungsverlauf vom Schüler angefragt werden kann. In<br />
allen Phasen der Entwicklung ist e<strong>in</strong> klares und berechenbares<br />
Erwachsenenverhalten der Garant für den Erfolg des<br />
K<strong>in</strong>des.<br />
Entsprechende Beispiele f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der Tabelle I.<br />
3.1.4 Die Interventionsstrategien<br />
Dem Verständnis von Interventionen <strong>in</strong> der<br />
Entwicklungspädagogik liegt e<strong>in</strong> pro-aktiver Ansatz zugrunde.<br />
Als Pädagoge sollte ich mir e<strong>in</strong> Bild von den Bedürfnissen<br />
der Schüler und der Klasse gemacht haben, so dass ich<br />
me<strong>in</strong>e Interventionen gezielt e<strong>in</strong>setzen kann, bevor es zu<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 25
Susanne Eßer<br />
störendem Verhaltensweisen kommt. Die Interventionen<br />
geben dem Schüler e<strong>in</strong>e Hilfestellung beim Auf- bzw. Ausbau<br />
se<strong>in</strong>er Verhaltensfähigkeiten. Die dah<strong>in</strong>terstehende Haltung,<br />
unterstützend zu wirken, erlaubt auch den E<strong>in</strong>satz von eher<br />
reaktiven und regulierenden Interventionen, wenn diese<br />
erforderlich s<strong>in</strong>d.<br />
Entsprechende Beispiele f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der Tabelle II.<br />
4. Classroom management<br />
Der Begriff „classroom management“ wurde <strong>in</strong> den 70erJahren<br />
des 20. Jahrhunderts von Koun<strong>in</strong> geprägt. 18 Er hatte den<br />
Forschungsauftrag herauszuf<strong>in</strong>den, welches Lehrerverhalten<br />
jeweils für die Bearbeitung e<strong>in</strong>er Diszipl<strong>in</strong>störung e<strong>in</strong>es<br />
Schülers wirksam sei. Im Zuge se<strong>in</strong>er Forschungsarbeiten fand<br />
er heraus, dass es ke<strong>in</strong>en l<strong>in</strong>earen Wirkungszusammenhang<br />
zwischen e<strong>in</strong>er bestimmten Intervention des Erwachsenen<br />
und e<strong>in</strong>em spezifischen Störverhalten e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des bzw.<br />
Jugendlichen gibt. Aus zahlreichen Videosequenzen <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />
Schulformen und Klassenstufen filterte er fünf<br />
Lehrerstil-Dimensionen 19 heraus, die geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong> wirkungsvolles<br />
Erwachsenenverhalten h<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er effizienten<br />
Arbeit mit K<strong>in</strong>dern bzw. Jugendlichen <strong>in</strong> Gruppen<br />
ausmachen:<br />
Allgegenwärtigkeit und Überlappung<br />
prägen e<strong>in</strong> Lehrerverhalten, das sämtliche Abläufe <strong>in</strong> der<br />
Klasse im Blick hat und simultan se<strong>in</strong>e Aufmerksamkeit auch<br />
zwei gleichzeitig auftretenden Problemen widmen kann.<br />
Reibungslosigkeit und Schwung<br />
bestimmen das Steuerverhalten des Lehrers bei sämtlichen<br />
Unterrichtsabläufen und auch bei den Übergängen von e<strong>in</strong>er<br />
Aktivität zur nächsten.<br />
Gruppenmobilisierung und Rechenschaftspr<strong>in</strong>zip<br />
zeichnen e<strong>in</strong> Lehrerverhalten aus, welches <strong>in</strong> Übungsphasen<br />
immer die Gruppe und den e<strong>in</strong>zelnen Schüler <strong>in</strong> den Blick<br />
nimmt.<br />
Valenz und <strong>in</strong>tellektuelle Herausforderung<br />
prägen e<strong>in</strong>en Unterricht, der für jeden Schüler bedeutsam ist<br />
und niemanden unter- bzw. überfordert.<br />
Abwechslung und Herausforderung bei der Stillarbeit<br />
charakterisieren sämtliche Lernaktivitäten, aber <strong>in</strong>sbesondere<br />
die <strong>in</strong>dividuelle E<strong>in</strong>zelarbeit, die immer wieder <strong>in</strong>tellektuell<br />
herausfordern soll.<br />
4.1 Bedeutung des classroom managements<br />
Wie bereits <strong>in</strong> den Studien von Koun<strong>in</strong> nachgewiesen<br />
wurde, setzt erfolgreiches Arbeiten <strong>in</strong> Klassen, welches von<br />
der Beteiligung aller Schüler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ruhigen Atmosphäre<br />
geprägt ist, e<strong>in</strong> Lehrerverhalten voraus, welches die gesamte<br />
Klassengruppe professionell unterstützend <strong>in</strong> den Blick nimmt.<br />
Dem geht voraus, dass der Unterricht gut geplant und vorbereitet<br />
ist, so dass der Fokus des Lehrers im Unterricht deutlich<br />
auf der Beziehungsebene (Schüler – Schüler, Lehrer – Schüler,<br />
Schüler – Unterrichts<strong>in</strong>halt, Lehrer – Unterrichts<strong>in</strong>halt)<br />
se<strong>in</strong> kann. Pro-aktives Handeln dom<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong>en solchen<br />
Unterricht. Agierendes Lehrerverhalten prägt die Prozesse<br />
im Unterricht und baut so aktiv Störungen vor. Nach Koun<strong>in</strong><br />
stellt die Beherrschung von Klassenführungstechniken<br />
ke<strong>in</strong>en Selbstzweck dar, sondern dient der Erweiterung<br />
des <strong>in</strong>dividuellen Handlungsspielraums des Lehrers. Ohne<br />
Störungsverhalten <strong>in</strong> der Klasse können die Schüler ruhig<br />
an ihren Aufgaben arbeiten und der Lehrer kann <strong>in</strong>dividuelle<br />
Unterstützung geben. 20 Dieser Gedanke wird <strong>in</strong> neueren<br />
Veröffentlichungen zur Unterrichtsentwicklung zunehmend<br />
relevant.<br />
Übersetzt wird der Begriff des classroom managements<br />
häufig mit „Klassenführung“, wie auch der Titel des Repr<strong>in</strong>ts<br />
des Buches von Koun<strong>in</strong>: „Techniken der Klassenführung“<br />
lautet, oder sich auch entsprechend bei Helmke f<strong>in</strong>det.<br />
21 Helmke macht deutlich, dass Klassenführung und<br />
Unterrichtsqualität zwar begrifflich vone<strong>in</strong>ander unterschieden<br />
werden, aber stets wechselseitig eng mite<strong>in</strong>ander verflochten<br />
s<strong>in</strong>d. Effiziente Klassenführung ist sozusagen e<strong>in</strong><br />
Schlüsselmerkmal für Unterrichtsqualität und lässt sich nicht<br />
auf den Umgang mit Diszipl<strong>in</strong>problemen verkürzen, sondern<br />
schafft e<strong>in</strong>en geordneten Rahmen für anspruchsvollen<br />
Unterricht 22 Er bezeichnet e<strong>in</strong>e effiziente Klassenführung<br />
als e<strong>in</strong>e der Basiskompetenzen des Lehrerberufs und zitiert<br />
unterschiedliche <strong>in</strong>ternationale Studien, die belegen, dass<br />
„ke<strong>in</strong> anderes Merkmal so e<strong>in</strong>deutig und konsistent mit<br />
dem Leistungsniveau und dem Leistungsfortschritt von<br />
Schulklassen verknüpft ist wie die Klassenführung“ 23<br />
Prof. Clemens Hillenbrand, der <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> die<br />
Qualifizierungsmaßnahme des Schulm<strong>in</strong>isteriums für<br />
„Moderatoren für Inklusion“ 24 , die <strong>in</strong> der Lehrerfortbildung<br />
als Multiplikatoren wirken, mit konzipiert hat, kommt<br />
durch eigene empirische Studien zu dem Ergebnis, dass<br />
zur <strong>Förderung</strong> und Prävention bei Schülern mit e<strong>in</strong>er<br />
hohen Risikobelastung im Bereich der sozial-emotionalen<br />
Entwicklung unter anderem das classroom management<br />
e<strong>in</strong>e erfolgversprechende Form der Intervention darstellt. 25<br />
International herrscht die Sichtweise e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>tegrativen<br />
Ansatzes vor, der „präventive, pro-aktive und reaktive<br />
Elemente umfasst, wobei die Vorbeugung (Prophylaxe) klar<br />
im Mittelpunkt steht.“ 26<br />
4.2 Der Ansatz des classroom managements<br />
nach Carolyn M. Evertson<br />
Carolyn Evertson erweitert <strong>in</strong> ihrem Ansatz das Verständnis<br />
von classroom management grundlegend. Seit über 30<br />
Jahren forscht sie <strong>in</strong> diesem Bereich und hat im Zuge ihrer<br />
Studien E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> das classroom management von über<br />
500 Klassen genommen. 27 Evertson bezieht auch die möglichen<br />
Anteile der Schüler bzw. der Klassengruppe am classroom<br />
management mit e<strong>in</strong> und bezeichnet ihren Ansatz als<br />
Lerner-zentriert. 28 Entsprechend des aktuellen Standes der<br />
26<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong> wirksames classroom management<br />
Unterrichtsentwicklung, stellt sie die <strong>Förderung</strong> des kooperativen<br />
Lernens <strong>in</strong> den Mittelpunkt. Sie betont, wie Schüler<br />
mit unterschiedlichen Voraussetzungen von dieser Methode<br />
profitieren. und gibt H<strong>in</strong>weise zur <strong>Förderung</strong> von entsprechenden<br />
sozialen und arbeitsbezogenen Verhaltensweisen. 29<br />
In der deutschen Literatur werden häufig die 11 Punkte von<br />
Evertson zitiert, die sie für e<strong>in</strong> effektives Klassenmanagement<br />
<strong>in</strong> der Grundschule vorsieht. 30<br />
Diese s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Tabelle II dargestellt.<br />
5. Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik<br />
als wirkungsvolles Classroom management<br />
Die Untersuchungen von Koun<strong>in</strong> zum classroom management<br />
haben ergeben, dass die von ihm herausgearbeiteten<br />
Techniken der Klassenführung gleichermaßen für den<br />
Unterricht mit emotional gestörten K<strong>in</strong>dern gelten. 31 Auch<br />
Evertson berücksichtigt die speziellen Bedürfnisse dieser<br />
Schülergruppe: „A positive, supportive, structural, and predictable<br />
environment helps the students feel safe and<br />
accepted.“ 32 Die genaue Beobachtung der Schüler, das<br />
Beachten von H<strong>in</strong>weisen <strong>in</strong> ihrem Verhalten, ermöglicht<br />
es dem Lehrer, aktiv se<strong>in</strong> Verhalten darauf abzustimmen<br />
und strukturelle Veränderungen vorzunehmen, so dass es<br />
nicht zu e<strong>in</strong>em Verhaltensdurchbruch kommt, der dem<br />
Schüler wieder se<strong>in</strong> Scheitern verdeutlicht. 33 Die emotionale<br />
Unterstützung durch die Lehrperson, die Anerkennung zeigt<br />
und sich um den e<strong>in</strong>zelnen Schüler kümmert, hat e<strong>in</strong>e große<br />
Bedeutsamkeit für erfolgreiches Klassenmanagement. 34<br />
Die Entwicklungspädagogik geht <strong>in</strong> der Beschreibung<br />
der Strukturpr<strong>in</strong>zipien für die Dimensionen Raum, Zeit,<br />
Personen und Interventionen <strong>in</strong> die gleiche Richtung. Sie<br />
bietet durch die ressourcenorientierte Diagnostik, aus der<br />
die Entwicklungsbedürfnisse des K<strong>in</strong>des abgeleitet werden,<br />
Leitideen für e<strong>in</strong> unterstützendes Erwachsenenverhalten. Die<br />
Entwicklungspädagogik ergänzt damit das Repertoire des<br />
classroom management um e<strong>in</strong>e Entwicklungsdimension. Sie<br />
kann auf diese Weise den Lehrer dar<strong>in</strong> unterstützen, das Maß<br />
an Struktur und Steuerung passgenau auf die Entwicklungsbzw.<br />
Förderbedürfnisse e<strong>in</strong>es Schülers abzustimmen. Evertson<br />
selbst beschreibt dieses Maß an zwei gegensätzlichen Polen<br />
ausgerichtet: Auf der e<strong>in</strong>en Seite steht e<strong>in</strong> stark kontrollierender<br />
Lehrer, der alle Fäden <strong>in</strong> der Hand behält, und auf der<br />
anderen Seite nimmt der Lehrer eher e<strong>in</strong>e Moderatorenrolle<br />
zwischen Schüler und Lernstoff e<strong>in</strong>. 35 Evertson beschreibt,<br />
dass es zwischen diesen beiden Polaritäten e<strong>in</strong>e Bandbreite<br />
von Handlungsmöglichkeiten gäbe, der Lehrer sich aber<br />
möglichst am Pol des Lerner-zentrierten Unterrichts bewegen<br />
solle und e<strong>in</strong>e Passung zwischen Erziehungszielen und<br />
se<strong>in</strong>em Management herzustellen habe. Sie spricht sich<br />
gegen e<strong>in</strong> classroom management, welches der Kontrolle<br />
des Lehrers über die Klasse dient, aus und beabsichtigt e<strong>in</strong>e<br />
Neudef<strong>in</strong>ition des Managementbegriffes: „A redef<strong>in</strong>ition of<br />
management must adress the <strong>in</strong>terrelationship of management<br />
and <strong>in</strong>struction and how these relate to educational<br />
goals.“ 36<br />
Die Beziehung zwischen dem classroom management nach<br />
Evertson und dem Ansatz der Entwicklungspädagogik wird<br />
beispielhaft anhand der grundlegenden „Maßstäbe für<br />
Klassenführung“ <strong>in</strong> der folgenden Tabelle I verdeutlicht.<br />
Sie stellt e<strong>in</strong>e Erweiterung der Darstellung von Evertson<br />
dar. 37 Die Aussagen zur Entwicklungspädagogik s<strong>in</strong>d kursiv<br />
gedruckt. Dabei werden nur die Entwicklungsstufen berücksichtigt,<br />
die für die schulische <strong>Förderung</strong> im Bereich der<br />
Grundschule Relevanz besitzen.<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 27
Susanne Eßer<br />
28<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong> wirksames classroom management<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 29
Susanne Eßer<br />
Hillenbrand und Hennemann haben die elf von Evertson<br />
zitierten Punkte e<strong>in</strong>es effektiven classroom managments<br />
unter die Kriterien „pro-aktiv“ und „reaktiv“ geordnet. 38<br />
Auch Wood nimmt diese E<strong>in</strong>teilung <strong>in</strong> A- und C-Strategien<br />
für die von ihr beschriebenen Interventionsstrategien vor und<br />
führt zusätzlich die B-Strategien als e<strong>in</strong>e weitere Kategorie<br />
e<strong>in</strong>, die Strategien umfasst, welche unterstützend wirken,<br />
damit sich Verhaltensprobleme nicht ausweiten, sondern<br />
wieder reduziert werden. 39<br />
Die folgende Tabelle II stellt e<strong>in</strong>e Modifizierung der Darstellung<br />
nach Hillenbrand und Hennemann dar. Die Beispiele aus der<br />
Entwicklungspädagogik s<strong>in</strong>d kursiv dargestellt.<br />
Pro-aktive Kriterien entsprechende A-Strategien der<br />
Entwicklungspädagogik<br />
Vorbereitung des<br />
Klassenraumes<br />
Planung und<br />
Unterrichtung<br />
von Regeln und<br />
unterrichtlichen<br />
Verfahrensweisen<br />
Festlegung von<br />
Konsequenzen<br />
Schaffung e<strong>in</strong>es<br />
positiven (Lern-),<br />
Klimas im<br />
Klassenraum<br />
Beaufsichtigung der<br />
Schüler<br />
Unterricht angemessen<br />
vorbereiten<br />
Festlegung<br />
von Schülerverantwortlichkeit<br />
Strukturierung des Raumes,<br />
des Ablaufs, der Aktivitäten, der<br />
Materialien<br />
Erläuterung der unterrichtlichen<br />
Verfahren und Etablierung positiv<br />
formulierter Regeln<br />
Spiegeln von angemessenen<br />
Anteilen im Verhalten der Schüler<br />
– Schüler sollen <strong>in</strong> ihrer positiven<br />
Selbstwahrnehmung unterstützt<br />
werden<br />
Ermutigung und Lob für Arbeitsergebnisse,<br />
Mitarbeit und Verhalten<br />
Benennung von<br />
Verhaltensanforderungen vorab.<br />
Motivation durch <strong>in</strong>teressanten,<br />
entwicklungsadäquaten Unterricht<br />
Etablierung positiv formulierter<br />
Regeln – die Schüler werden <strong>in</strong><br />
diesen Prozess möglichst mit e<strong>in</strong>bezogen<br />
Unterrichtliche Klarheit Der Lehrer wirkt als Modell für<br />
erwar-tetes Verhalten und für<br />
Beziehungen.<br />
Kooperative<br />
Lernformen<br />
Motivation durch <strong>in</strong>teressanten<br />
Unterricht – die Schüler werden<br />
mit ihren Interessen, Vorstellungen<br />
und Bedürfnissen mit e<strong>in</strong>bezogen<br />
Reaktive Kriterien entsprechende<br />
C-Strategien der<br />
Entwicklungspädagogik<br />
Unangemessenes<br />
Schülerverhalten<br />
unterb<strong>in</strong>den<br />
Strategien für potenzielle<br />
Probleme<br />
Tabelle II<br />
Konfrontation und Ermahnung<br />
Time-Out – bei älteren<br />
Schülern auch auf<br />
freiwilliger Basis – die<br />
Rückkehr zur Gruppe<br />
wird geme<strong>in</strong>sam vorbereitet<br />
Herausnahme aus dem<br />
Raum unter Klärung des<br />
Problems im geme<strong>in</strong>samen<br />
Gespräch<br />
Halten (nur für jüngere<br />
K<strong>in</strong>der) als Unterstützung<br />
zur Erlangung der<br />
Selbstkontrolle bei<br />
gleichzeitigem positiven<br />
Zuspruch<br />
entsprechende<br />
B-Strategien der<br />
Entwicklungspädagogik<br />
Nonverbale Signale,<br />
Physische Nähe<br />
Umlenken und Umgestalten<br />
– dadurch den Fokus zum<br />
eigentlichen Auftrag des<br />
Schülers zurückführen<br />
Spiegeln von positiven<br />
Verhaltensanteilen bei<br />
gleichzeitigem Ignorieren<br />
der Negativanteile<br />
Interpretation der vermuteten<br />
Gefühle bei gleichzeitiger<br />
Unterstützung<br />
positiven Verhaltens<br />
30<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong> wirksames classroom management<br />
Die Tabelle macht deutlich, dass die Interventionsstrategien<br />
der Entwicklungspädagogik durchaus e<strong>in</strong> Modell für classroom<br />
management darstellen. Was diese Darstellungsform<br />
nicht zum Ausdruck br<strong>in</strong>gt, ist die Entwicklungsdimension,<br />
die auch den E<strong>in</strong>satz der Interventionsstrategien vom <strong>in</strong>dividuellen<br />
Entwicklungsstand des Schülers bestimmt sieht.<br />
Hillenbrand sieht <strong>in</strong> dieser Hierarchisierung das besondere<br />
Verdienst des entwicklungspädagogischen Ansatzes, da<br />
dadurch e<strong>in</strong>e gestufte Handlungskompetenz erworben wird,<br />
die vor unkontrollierten Reaktionen schützt. 40<br />
6. Schlussfolgerungen und Ausblick<br />
Die schulische <strong>Förderung</strong> von Schülern mit e<strong>in</strong>em<br />
Förderbedarf <strong>in</strong> ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung<br />
basiert grundlegend auf e<strong>in</strong>er tragfähigen Pädagogen-<br />
K<strong>in</strong>d-Beziehung. Berechenbarkeit und Vorhersagbarkeit des<br />
Handelns sowie klare Strukturen wirken unterstützend und<br />
geben die Sicherheit, die von den Schülern benötigt wird, um<br />
<strong>in</strong> ihrer Entwicklung voranzuschreiten. 41 Re<strong>in</strong>hard Stähl<strong>in</strong>g,<br />
der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch „Du gehörst zu uns“ die <strong>in</strong>klusive<br />
Schulentwicklung der von ihm geleiteten Grundschule<br />
beschreibt, formuliert, dass klare Regeln und Strukturen die<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>es „Nährbodens von Achtung, Verlässlichkeit<br />
und Zugehörigkeit“ <strong>in</strong> der Schule ermöglichen. 42 K<strong>in</strong>der<br />
f<strong>in</strong>den erst auf der Basis e<strong>in</strong>er tragfähigen, verlässlichen<br />
Beziehung den Mut zu neuen Wegen. 43<br />
Die Entwicklungspädagogik und das Konzept des classroom<br />
managements nach Evertson tragen dem Rechnung.<br />
Beide gehen von dem Grundsatz aus, durch pro-aktives<br />
Pädagogenverhalten dem Schüler die Möglichkeit zu<br />
angemessenem Verhalten zu bahnen. E<strong>in</strong> Menschenbild,<br />
welches durch Vertrauen <strong>in</strong> die Entwicklungsmöglichkeiten<br />
des Schülers geprägt ist, wirkt sich sowohl <strong>in</strong> der<br />
Entwicklungspädagogik als auch im classroom management<br />
auf das Erwachsenenverhalten aus und lässt es nicht manipulativ<br />
wirken. Die angebotenen Strukturen dienen nicht<br />
als Selbstzweck oder zur Herstellung e<strong>in</strong>es Schonraumes,<br />
sondern geben je nach Entwicklungsstand das Maß an<br />
Sicherheit und Orientierung, welches vom Schüler <strong>in</strong>dividuell<br />
benötigt wird, wobei das classroom management durch die<br />
Entwicklungsdimension, die das entwicklungspädagogische<br />
Modell bietet, e<strong>in</strong>e qualitative Ergänzung erfährt. Das Erfassen<br />
der jeweiligen Entwicklungsstufe des Schülers durch die entwicklungspädagogische<br />
Diagnostik gibt Aufschlüsse über<br />
die aktuellen Entwicklungsziele und die damit verbundenen<br />
Entwicklungsansprüche an e<strong>in</strong> unterstützendes Umfeld. E<strong>in</strong>e<br />
passgenaue Gestaltung des Umfeldes, der Erwachsenen-<br />
Schüler-Beziehung und der konkreten Unterrichtsgestaltung<br />
wird so ermöglicht. Im Vordergrund der <strong>in</strong>klusiv/<strong>in</strong>tegrativen<br />
<strong>Förderung</strong> stehen dann nicht Prozessqualitäten, die<br />
ausschließlich von Struktur und Ergebnissen geprägt s<strong>in</strong>d,<br />
sondern e<strong>in</strong> Menschenbild prägt die geme<strong>in</strong>same Arbeit,<br />
welches jedem E<strong>in</strong>zelnen auf se<strong>in</strong>em Weg und se<strong>in</strong>e Weise<br />
Teilhabe, Lernen und Persönlichkeitsentwicklung mit den<br />
spezifischen Hilfen ermöglicht. 44<br />
Das classroom management wiederum ergänzt das entwicklungspädagogische<br />
Modell um den deutlichen Fokus<br />
auf das kooperative Lernen. Damit ist die Anb<strong>in</strong>dung an<br />
den aktuellen Stand der Unterrichtsentwicklung gegeben,<br />
womit der E<strong>in</strong>satz im <strong>in</strong>klusiv/<strong>in</strong>tegrativen Fördersett<strong>in</strong>g<br />
erleichtert wird. Entsprechend der Empfehlungen der deutschen<br />
Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz zur <strong>in</strong>klusiven Bildung ist die<br />
empfohlene enge Verknüpfung von sonderpädagogischen<br />
Angeboten mit der Pädagogik der allgeme<strong>in</strong>en Schule gegeben.<br />
45<br />
Re<strong>in</strong>hard Stähl<strong>in</strong>g postuliert: „Wird die strukturierte<br />
Klassenführung vernachlässigt, kommen Nachteile stark<br />
heterogener Lerngruppen zum Vorsche<strong>in</strong>. LehrerInnen fühlen<br />
sich dann überfordert und die Lernchancen „geme<strong>in</strong>samen“<br />
Unterrichts werden vertan. Auffällige K<strong>in</strong>der werden zu<br />
Störern und fühlen sich <strong>in</strong> ihrer Klasse nicht mehr zugehörig<br />
…“ 46 Classroom management lediglich auf die Ebene e<strong>in</strong>er<br />
strukturierten Klassenführung, auf die Gesamtheit aller<br />
Unterrichtsaktivitäten und Verhaltensweisen e<strong>in</strong>er Lehrkraft<br />
zu begrenzen, mit der Zielsetzung e<strong>in</strong> optimales Lernumfeld<br />
für Schüler bereitzustellen, ist nicht im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven<br />
Schulentwicklung, die deutlich auf die Entwicklung aller<br />
Beteiligten zielt, Teamprozesse betont und die Ausbildung<br />
professioneller Lerngeme<strong>in</strong>schaften als besonders förderlich<br />
erachtet. 47 Als Richtschnur für <strong>in</strong>klusive Schulentwicklung<br />
wird vielfach der „Index für Inklusion“ zitiert. 48 Speziell für<br />
den Indikator „Unterstützungssysteme bei psychischen und<br />
Verhaltensproblemen werden mit denen bei Lernproblemen<br />
und mit der <strong>in</strong>haltlichen Planung koord<strong>in</strong>iert“ wird dort die<br />
Notwendigkeit formuliert, dass H<strong>in</strong>dernisse für das Lernen<br />
und die Teilhabe <strong>in</strong> Schulstrukturen und Kulturen sowie<br />
Schulpraktiken zu erkennen und abzubauen s<strong>in</strong>d. 49<br />
E<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer theoretischer H<strong>in</strong>tergrund, basierend auf<br />
e<strong>in</strong>em classroom management Modell, welches die aktuelle<br />
Unterrichtsentwicklung und die Strukturpr<strong>in</strong>zipien zur<br />
<strong>Förderung</strong> der sozial-emotionalen Entwicklung verknüpft,<br />
bietet e<strong>in</strong>e tragfähige Basis der Zusammenarbeit aller am<br />
Förderprozess Beteiligten. Geme<strong>in</strong>sam kann so e<strong>in</strong> pädagogisches<br />
Feld geschaffen werden, welches jedem Schüler<br />
wichtige Entwicklungsimpulse gibt.<br />
Langfristig kann Inklusion nur im Rahmen von geme<strong>in</strong>sam<br />
angestrengten Schulentwicklungsprozessen gel<strong>in</strong>gen. Der<br />
Schulentwickler Hans-Günter Rolff beschreibt, dass Schulen<br />
sich Prioritäten für ihren Entwicklungsprozess setzen müssen,<br />
welche sie aus e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Vision abgeleitet<br />
haben. 50 Mit dem Gedanken der Inklusion ist nicht nur<br />
allen Schulen, sondern der gesamten Gesellschaft e<strong>in</strong>e<br />
Vision vorangestellt, die es zu verfolgen und e<strong>in</strong>zulösen gilt.<br />
Rolff beschreibt, dass Schulen sich zu lernenden Schulen<br />
entwickeln, dass sie systemeigene Lernkapazitäten und<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 31
Susanne Eßer<br />
Lernstrukturen schaffen müssen, um ihre Visionen zu verfolgen.<br />
Die dafür notwendigen Methoden und Werkzeuge müssen<br />
erworben werden und die Entwicklung der E<strong>in</strong>zelschule<br />
setzt e<strong>in</strong>e „Steuerung des Gesamtzusammenhanges voraus,<br />
welche die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen festlegt, die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Schulen bei ihrer Entwicklung nachdrücklich ermuntert und<br />
unterstützt. 51<br />
Es wäre wenig hilfreich, wenn dabei nur die re<strong>in</strong>e<br />
Managementebene <strong>in</strong> den Blick genommen würde, wie z.B.<br />
das Erstellen von Checklisten, um den e<strong>in</strong>zelnen Lehrer <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>er Vorbereitung zu entlasten. Wichtig im geme<strong>in</strong>samen<br />
Lernen mit e<strong>in</strong>er heterogenen Schülerschaft, die sich durch<br />
<strong>in</strong>klusive Schulentwicklungsprozesse weiter ausfächert, ist<br />
die Etablierung von Strukturen auf der Organisationsebene,<br />
die dem E<strong>in</strong>zelnen auch emotionalen Rückhalt geben:<br />
Teamstrukturen, die gegenseitige Hospitation, kollegiales<br />
Feedback, Intervision umfassen. Teamstrukturen, die dazu<br />
angelegt s<strong>in</strong>d, Unterricht geme<strong>in</strong>sam vor- und nachzubereiten,<br />
die geme<strong>in</strong>sames Unterrichten ermöglichen, s<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong>e wenn nicht die wichtigste Voraussetzung, damit das<br />
geme<strong>in</strong>same Lernen aller Schüler gel<strong>in</strong>gen kann 52 . Dann<br />
kann auch der von vielen Lehrern als große Herausforderung<br />
gesehenen <strong>in</strong>klusiv/<strong>in</strong>tegrativen <strong>Förderung</strong> von Schüler mit<br />
e<strong>in</strong>em sozial-emotionalen Förderbedarf gestärkt entgegengesehen<br />
werden.<br />
An dieser Stelle ist aber auch die adm<strong>in</strong>istrative Ebene <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em solchen Schulentwicklungsprozess gefordert, die den<br />
Schulen dafür Gestaltungsräume zur Verfügung stellen muss.<br />
Ressourcen für die Personalentwicklung haben dafür zu<br />
sorgen, dass die Beteiligten den Prozess erfolgreich formen<br />
können.<br />
Hillenbrand und Hennemann sehen <strong>in</strong> den Strategien<br />
des classroom managements e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag zur<br />
<strong>Förderung</strong> der sozial-emotionalen Entwicklung als präventive<br />
Maßnahme. Sie weisen auf dessen Verankerung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Schulsystem h<strong>in</strong>, welches dadurch e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag zur<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>er „präventiven Schule“ leistet, die auch <strong>in</strong><br />
der Arbeit mit Schülern mit Gefühls- und Verhaltensstörungen<br />
erfolgreich se<strong>in</strong> kann. 53 Wichtig ist aber auch der H<strong>in</strong>weis der<br />
beiden Autoren, dass zu e<strong>in</strong>em effektiven classroom management<br />
auch die Kooperationsfähigkeit der Lehrer gehört,<br />
die sich <strong>in</strong> schwierigen Situationen Unterstützung durch<br />
Fachkräfte, wie z.B. Förderschullehrer holen. 54 Hierzu ist es<br />
s<strong>in</strong>nvoll, bereits im Schulentwicklungsprozess Netzwerke<br />
von Schulen und anderen E<strong>in</strong>richtungen der psycho-sozialen<br />
Versorgung e<strong>in</strong>zurichten.<br />
–––––<br />
1 http://www.bmas.de/DE/Themen/Teilhabe-beh<strong>in</strong>derter-<br />
M e n s c h e n / Po l i t i k - f u e r- b e h i n d e r t e - M e n s c h e n /<br />
Uebere<strong>in</strong>kommen-der-Vere<strong>in</strong>ten-Nationen/rechte-von-menschen-mit-beh<strong>in</strong>derungen.html<br />
2 Gender-H<strong>in</strong>weis: In der deutschen Sprachregelung ist die<br />
ausschließliche Verwendung der männlichen Form allgeme<strong>in</strong><br />
anerkannt. Aus Gründen der Lesbarkeit wird <strong>in</strong> dieser Arbeit<br />
nur die männliche Form verwandt. Die weibliche Form ist dabei<br />
immer e<strong>in</strong>geschlossen.<br />
3 Preuss-Lausitz: Verhaltensauffällige K<strong>in</strong>der <strong>in</strong>tegrieren, Zur<br />
<strong>Förderung</strong> der emotionalen und sozialen Entwicklung, Beltz,<br />
We<strong>in</strong>heim und Basel 2005, S. 14<br />
4 Helmke, Andreas: Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität,<br />
Seelze, Kallmeyer, 2009, S. 174<br />
5 Die Schule <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen: Schule für Erziehungshilfe,<br />
Richtl<strong>in</strong>ien Nr. 6051, Greven Verlag, Köln 1978, S.12f<br />
6 Hillenbrand, Clemens: E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Pädagogik bei<br />
Verhaltensstörungen, Re<strong>in</strong>hardt UTB, München 2006, S. 131<br />
7 Bergsson, Marita und Luckfiel, Heide: Umgang mit „schwierigen”<br />
K<strong>in</strong>dern, Cornelsen Scriptor, Berl<strong>in</strong> 1998, S. 50ff<br />
8 Wood, Mary M.: Developmental Therapy <strong>in</strong> the Classroom,<br />
(2nd ed.) Aust<strong>in</strong>, Texas, Pro-ed, 1986<br />
9 ebd., S. 22<br />
10 ebd., S. 45ff<br />
11 Bergsson, Marita: E<strong>in</strong> entwicklungstherapeutisches Modell<br />
für Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten – Organisation e<strong>in</strong>er<br />
Schule, Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-Wiedenhöft-Verlag/Progressus-Verlag<br />
für Pädagogische Praxis, Essen 1995<br />
12 Quelle: Institut für Entwicklungstherapie/<br />
Entwicklungspädagogik (ETEP)-Europe, Stand April 2012<br />
13 Wood, Mary M. u.a.: Developmental Therapy-Developmental<br />
Teach<strong>in</strong>g, pro-ed, Aust<strong>in</strong> Texas 1996<br />
14 Bergsson, Marita: Entwicklungspädagogik im Klassenunterricht,<br />
Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-Wiedenhöft-Verlag, Progressus, Düsseldorf<br />
2006 und Bergsson, Marita und Holze, Anke: Ziele-Arbeit im<br />
entwicklungspädagogischen Unterricht, , Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-<br />
Wiedenhöft-Verlag, Progressus, Mönchengladbach 2011<br />
15 Erich, Reg<strong>in</strong>a: K<strong>in</strong>der mit Verhaltensschwierigkeiten gezielt<br />
fördern, Raabe, Stuttgart 2007, S. 89f<br />
16 Erich, 2007, S. 87<br />
17 Erich, 2007, S. 17<br />
18 Koun<strong>in</strong>, Jacob S.: Techniken der Klassenführung, Waxmann<br />
Münster, 2006<br />
19 ebd. S. 148<br />
20 ebd. S. 149f<br />
21 Helmke, Andreas: Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität,<br />
Seelze, Kallmeyer, 2009, S. 172ff<br />
22 ebd. S. 173f<br />
23 ebd. S. 174<br />
24 http://www.schulm<strong>in</strong>isterium.nrw.de/BP/Inklusion_<br />
Geme<strong>in</strong>sames_Lernen/Auf_dem_Weg_zum_Inklusionsplan.<br />
pdf<br />
25 Hillenbrand, Clemens: Schüler unter hohen Entwicklungsrisiken:<br />
Was tun? <strong>in</strong>: <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> –<br />
Mitteilungen des Verbandes Sonderpädagogik e.V. –<br />
Landesverband <strong>NRW</strong>, Heft 2/2009, S. 14<br />
26 Helmke 2009, S. 173<br />
27 Evertson, Carolyn M. – Edmund T.Emmer: Classroom<br />
Management for Elementary Teachers, Pearson Education<br />
2009<br />
28 Eikenbusch, Gerhard: Classroom Management für Lehrer und<br />
Schüler <strong>in</strong>: Pädagogik Heft 2/2009, S. 9f<br />
32<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong> wirksames classroom management<br />
29 Evertson 2009, S. 122ff<br />
30 Helmke 2009, S. 184 f.; Brägger, Gerold und Posse, Norbert:<br />
Instrumente für die Qualitätsentwicklung und Evaluation <strong>in</strong><br />
Schulen, IQES, Unfallkasse Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, 2007, S.114<br />
31 Koun<strong>in</strong>, S. 148<br />
32 Evertson 2009, S. 224<br />
33 ebd.<br />
34 Schönbächler, Marie-Theres: Klassenmanagement, Haupt Berne<br />
2008, S. 51<br />
35 Evertson, Carolyn, Neal, Kristen W: Look<strong>in</strong>g <strong>in</strong>to Learn<strong>in</strong>g-<br />
Centered Classrooms, Implications for Classroom Management,<br />
National Education Association, Wash<strong>in</strong>gton 2006, S. 4 ff<br />
36 ebd. S. 1<br />
37 ebd. S. 4<br />
38 Hennemann, Thomas und Hillenbrand, Clemens: Klassenführung<br />
– Classroom Management <strong>in</strong>: Hartke, Bodo u.a. (Hrsg.):<br />
<strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> der schulischen E<strong>in</strong>gangsstufe, Kohlhammer,<br />
Stuttgart 2010, S. 259<br />
39 Wood, Mary M. u.a.: Teach<strong>in</strong>g Responsible Behavior, Pro-ed,<br />
Aust<strong>in</strong>, Texas 2007, S. 126ff<br />
40 Hillenbrand, Clemens: E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Pädagogik bei<br />
Verhaltensstörungen, Re<strong>in</strong>hardt UTB, München 2006, S. 149ff<br />
41 Schule <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen: Schule für Erziehungshilfe,<br />
Richtl<strong>in</strong>ien Nr. 6051, Greven Verlag, Köln 1978, S. 15f;<br />
Hillenbrand, Clemens: E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Pädagogik der<br />
Verhaltensstörungen, Re<strong>in</strong>hardt UTB, München 2006, S. 131f.<br />
42 Stähl<strong>in</strong>g, Re<strong>in</strong>hard: „Du gehörst zu uns“ Inklusive Grundschule,<br />
Schneider Hohengehren, Baltmannsweiler 2006, S. 140ff<br />
43 ebd.<br />
44 Reicher, Hannelore: Sozial-emotionales Lernen im Kontext<br />
<strong>in</strong>klusiver Pädagogik: Potenziale und Perspektiven, Grazer<br />
Universitätsverlag, Graz 2010<br />
45 Deutsche Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz: Inklusive Bildung von<br />
K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen mit Beh<strong>in</strong>derungen <strong>in</strong> Schulen,<br />
2010, S. 6<br />
46 Stähl<strong>in</strong>g, S. 143<br />
47 Klose, Birgit: Inklusion – Welche Rolle kann die<br />
Sonderpädagogik übernehmen? <strong>in</strong> Verband Sonderpädagogik:<br />
<strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong>, 4/2011, S. 11<br />
48 Boban, Ines und H<strong>in</strong>z, Andreas: Index für Inklusion – Lernen<br />
und Teilhabe <strong>in</strong> der Schule der Vielfalt entwickeln, Mart<strong>in</strong>-<br />
Luther-Universität Halle Wittenberg, 2003<br />
49 ebd. S. 77<br />
50 Rolff, Hans-Günther: Konzepte und Verfahren der<br />
Schulentwicklung, Studienbrief Nr. 0710 des Master-<br />
Fernstudiengangs Erwachsenenbildung der TU Kaiserslautern.<br />
Unveröffentlichtes Manuskript, Kaiserslautern, S.25f<br />
51 ebd., S. 29<br />
52 Konietzko, Gerd und Brün<strong>in</strong>g, Ludger: E<strong>in</strong>e symbiotische<br />
Beziehung, Schulmanagement als Voraussetzung erfolgreichen<br />
Klassenmanagements <strong>in</strong>: Praxis Schule 4-2010, S. 24ff<br />
53 Hillenbrand/Hennemann 2010, S. 275<br />
54 ebd. S.276<br />
Literatur<br />
Bergsson, Marita und Luckfiel, Heide: Umgang mit “schwierigen”<br />
K<strong>in</strong>dern, Cornelsen Scriptor, Berl<strong>in</strong> 1998<br />
Bergsson, Marita: E<strong>in</strong> entwicklungstherapeutisches Modell<br />
für Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten - Organisation<br />
e<strong>in</strong>er Schule-,Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-Wiedenhöft-Verlag, Essen<br />
1995<br />
Bergsson, Marita: Entwicklungspädagogik im Klassenunterricht,<br />
Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-Wiedenhöft-Verlag, Progressus,<br />
Düsseldorf 2006<br />
Bergsson, Marita und Holze, Anke: Ziele-Arbeit im entwicklungspädagogischen<br />
Unterricht, Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-<br />
Wiedenhöft-Verlag, Progressus, Mönchengladbach 2011<br />
Boban, Ines und H<strong>in</strong>z, Andreas: Index für Inklusion – Lernen<br />
und Teilhabe <strong>in</strong> der Schule der Vielfalt entwickeln, Mart<strong>in</strong>-<br />
Luther-Universität Halle Wittenberg, 2003<br />
Deutsche Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz: Inklusive Bildung von<br />
K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen mit Beh<strong>in</strong>derungen <strong>in</strong> Schulen,<br />
2010<br />
Die Schule <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen: Schule für Erziehungshilfe,<br />
Richtl<strong>in</strong>ien Nr. 6051, Greven Verlag, Köln 1978<br />
Erich, Reg<strong>in</strong>a: K<strong>in</strong>der mit Verhaltensschwierigkeiten gezielt<br />
fördern, Raabe, Stuttgart 2007<br />
Evertson, Carolyn M. und Edmund T. Emmer: Classroom<br />
Management for Elementary Teachers Pearson Education<br />
2009<br />
Evertson, Carolyn, Neal, Kristen W: Look<strong>in</strong>g <strong>in</strong>to Learn<strong>in</strong>g-<br />
Centered Classrooms, Implications for Classroom<br />
Management, National Education Association, Wash<strong>in</strong>gton<br />
2006<br />
Helmke, Andreas: Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität,<br />
Seelze, Kallmeyer, 2009<br />
Hillenbrand, Clemens: E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Pädagogik bei<br />
Verhaltensstörungen, Re<strong>in</strong>hardt UTB, München 2006<br />
Institut für Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik:<br />
Curriculum für pädagogische Fachkräfte, ETEP Europe,<br />
Mönchengladbach 2000<br />
Koun<strong>in</strong>, Jacob S: Techniken der Klassenführung Neudruck:<br />
Waxmann 2006<br />
Preuss-Lausitz, Ulf: Verhaltensauffällige K<strong>in</strong>der <strong>in</strong>tegrieren,<br />
Zur <strong>Förderung</strong> der emotionalen und sozialen Entwicklung,<br />
Beltz, We<strong>in</strong>heim und Basel 2005<br />
Reicher, Hannelore: Sozial-emotionales Lernen im Kontext<br />
<strong>in</strong>klusiver Pädagogik: Potenziale und Perspektiven. Grazer<br />
Universitätsverlag, Graz 2010<br />
Schönbächler, Marie-Theres: Klassenmanagement, Haupt<br />
Berne 2008<br />
Stähl<strong>in</strong>g, Re<strong>in</strong>hard: „Du gehörst zu uns“ Inklusive Grundschule,<br />
Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler 2006<br />
Wood, Mary M.: Developmental Therapy <strong>in</strong> the Classroom,<br />
(2nd ed.) Aust<strong>in</strong>, Texas, Pro-ed, 1986<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 33
Susanne Eßer<br />
Wood, Mary M. u.a.: Developmental Therapy-Developmental<br />
Teach<strong>in</strong>g, pro-ed, Aust<strong>in</strong> Texas 1996<br />
Wood, Mary M. u.a.: Teach<strong>in</strong>g Responsible Behavior, Pro-ed,<br />
Aust<strong>in</strong>, Texas 2007,<br />
Beiträge <strong>in</strong> Sammelwerken / Aufsätze<br />
<strong>in</strong> Zeitschriften<br />
Eikenbusch, Gerhard: Classroom Management für Lehrer und<br />
Schüler <strong>in</strong>: Pädagogik Heft 2/2009,<br />
Hennemann, Thomas und Hillenbrand, Clemens:<br />
Klassenführung – Classroom Management <strong>in</strong>: Hartke, Bodo<br />
u.a. (Hrsg.): <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> der schulischen E<strong>in</strong>gangsstufe,<br />
Kohlhammer, Stuttgart 2010<br />
Hillenbrand, Clemens: Schüler mit hohen Entwicklungsrisiken:<br />
Was tun?<br />
<strong>in</strong>: <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong>, Mitteilungen des<br />
VDS Landesverbandes <strong>NRW</strong> e.V., Heft 2/2009<br />
Konietzko, Gerd und Brün<strong>in</strong>g, Ludger: E<strong>in</strong>e symbiotische<br />
Beziehung, Schulmanagement als Voraussetzung erfolgreichen<br />
Klassenmanagements <strong>in</strong>: Praxis Schule 4-2010<br />
Lütje-Klose, Birgit: Inklusion – Welche Rolle kann die<br />
Sonderpädagogik übernehmen? <strong>in</strong> Verband<br />
Sonderpädagogik: <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>NRW</strong>, 4/2011<br />
Wern<strong>in</strong>g, Rolf: Inklusive Pädagogik, E<strong>in</strong>e Herausforderung für<br />
die Schulentwicklung <strong>in</strong>: Lernende Schule 55/2011<br />
Rolff, Hans-Günther: Konzepte und Verfahren der<br />
Schulentwicklung, Studienbrief Nr. 0710 des Master-<br />
Fernstudiengangs Erwachsenenbildung der TU<br />
Kaiserslautern. Unveröffentlichtes Manuskript,<br />
Kaiserslautern<br />
URL / Internet-Quellen<br />
Klemm, und Preuss-Lausitz, Ulf: Auf dem Weg zur schulischen<br />
Inklusion <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, veröffentlicht<br />
unter: http://www.schulm<strong>in</strong>isterium.nrw.de/BP/Inklusion_<br />
Geme<strong>in</strong>sames_Lernen/Gutachten__Auf_dem_Weg_zur_<br />
Inklusion_/<strong>NRW</strong>_Inklusionskonzept_2011__-_neue_<br />
Version_08_07_11.pdf (letzter Zugriff am 07.05.2012)<br />
Übere<strong>in</strong>kunft der Vere<strong>in</strong>ten Nationen über die Rechte von<br />
Menschen mit Beh<strong>in</strong>derungen<br />
http://www.bmas.de/DE/Themen/Teilhabe-beh<strong>in</strong>derter-<br />
Menschen/Politik-fuer-beh<strong>in</strong>derte-Menschen/<br />
Uebere<strong>in</strong>kommen-der-Vere<strong>in</strong>ten-Nationen/rechte-vonmenschen-mit-beh<strong>in</strong>derungen.html<br />
(letzter Zugriff am<br />
03.04.2012)<br />
Ausbildungsordnung <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong><br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, onl<strong>in</strong>e im Internet unter:<br />
http://www.schulm<strong>in</strong>isterium.nrw.de/BP/Schulrecht/APOen/<br />
AO_SF.pdf<br />
(letzter Zugriff am 29.03.2012)<br />
Ausbildungsmodule der Moderatoren für Inklusion der<br />
Kompetenzteams <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, onl<strong>in</strong>e im<br />
Internet unter:<br />
http://www.schulm<strong>in</strong>isterium.nrw.de/BP/Inklusion_<br />
G e m e i n s a m e s _ L e r n e n / A u f _ d e m _ We g _ z u m _<br />
Inklusionsplan.pdf (letzter Zugriff am 30.04.2012)<br />
Susanne Eßer M.A. (Schulmanagement)<br />
Lehrer<strong>in</strong> für Sonderpädagogik<br />
Nationale Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> für Entwicklungspädagogik<br />
Will<strong>in</strong>grott 35<br />
48157 Münster<br />
34<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Herma Friedrich<br />
Die Rolle des Musiklehrers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven Lernumfeld<br />
an Regelschulen – Umfang und Nutzung von Unterstützungssystemen<br />
1. Problemaufriss: Musik <strong>in</strong> Zeiten der Inklusion –<br />
e<strong>in</strong> Fach mit „unbegrenzten Möglichkeiten“?<br />
Sechs Jahre nach E<strong>in</strong>führung der neuen Richtl<strong>in</strong>ien für das<br />
Fach Musik an Grundschulen (MSW <strong>NRW</strong>, 2008) und der<br />
damit verbundenen Aufgabe, diese im Rahmen e<strong>in</strong>es schuleigenen<br />
Curriculums an der eigenen Schule zu implementieren,<br />
wird das Fach mit neuen Aufgaben konfrontiert: „Heutzutage<br />
müssen sich Lehrkräfte vielen neuen Herausforderungen<br />
stellen und die Lehrerbildung muss die Studierenden angemessen<br />
auf diese vorbereiten. Inklusion ist e<strong>in</strong>e dieser<br />
Herausforderungen, deren E<strong>in</strong>führung gefordert und gleichsam<br />
kritisch beobachtet wird“ (Monitor Lehrerbildung,<br />
2013). Der Unterricht und damit also auch das Fach Musik<br />
sollen <strong>in</strong>klusiv gestaltet werden. Da <strong>in</strong>zwischen landesweit<br />
ca. 36 % aller Schüler und Schüler<strong>in</strong>nen* mit sonderpädagogischem<br />
Förderbedarf am Förderort Grundschule <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />
verbleiben (Klemm, 2013), muss sich auch das Fach Musik<br />
mit dieser neuen Realität ause<strong>in</strong>andersetzen.<br />
Die Frage nach wirksamen Steuerungsmechanismen für<br />
Gruppenprozesse mit zu <strong>in</strong>tegrierenden Schülern mit sonderpädagogischem<br />
Förderbedarf bestimmt die Diskussionen<br />
<strong>in</strong> Lehrerzimmern und <strong>in</strong> der Öffentlichkeit. E<strong>in</strong> häufig<br />
wiederkehrendes Stichwort ist der des Wissenstransfers:<br />
,,Die Regelschulen brauchen die Kompetenzen der<br />
Sonderpädagogen, um Förderschüler angemessen unterrichten<br />
zu können. Aber auch die Regelschullehrer müssen ihre<br />
Kompetenzen erweitern, um ihren Unterricht auf die Vielfalt<br />
der Schülerschaft besser e<strong>in</strong>zustellen und jedes K<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dividuell<br />
fördern zu können“ (Monitor Lehrerbildung, 2013). Die<br />
Umsetzung der UN-Beh<strong>in</strong>derten-Konvention vom März 2009<br />
erfordert e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tensiven Arbeits- und Realisierungsprozess<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Schulentwicklung, der nur mit vere<strong>in</strong>ten<br />
Kräften bewältigt werden kann.<br />
Aktuelle Studien, teilweise <strong>in</strong> mehreren Bundesländern<br />
durchgeführt, verweisen darauf, wie groß der positive E<strong>in</strong>fluss<br />
von musikalischen Aktivitäten auf das Lernen und das<br />
Sozialklima der Schüler se<strong>in</strong> kann (vgl. Bertelsmann-Projekt<br />
„Musikalische Grundschule“ im Zeitraum 2011-2014).<br />
Der praktizierende Musiklehrer sieht sich also enormen<br />
Erwartungen an se<strong>in</strong> Fach ausgesetzt, denn vielfach herrscht<br />
die Me<strong>in</strong>ung vor, Musik sei (neben Sport und Kunst) das<br />
Fach der „unbegrenzten Möglichkeiten“ (Claßen, 2013).<br />
Lehrerrolle also als e<strong>in</strong>e „Entwicklungschance“ – oder eher<br />
als „Kreuz“ (Carle, 2001)?<br />
Da kl<strong>in</strong>gt die Überschrift zu e<strong>in</strong>er Expertenrunde des<br />
Fernsehsenders ARD vom 23.08.2013 doch sehr viel nüchterner:<br />
„Lehrer“ seien im deutschen Schulsystem <strong>in</strong>zwischen<br />
„am Limit“ (Spiegel onl<strong>in</strong>e, 2013). Doch wer nimmt sich<br />
der veränderten Situation im Musikunterricht an? Haben<br />
Musiklehrer eigentlich e<strong>in</strong>e Lobby?<br />
2. Überforderung im Musikunterricht – e<strong>in</strong> Anliegen<br />
empirischer Forschung <strong>in</strong> der Musikpädagogik?<br />
Das Fach Musik sche<strong>in</strong>t wie bereits dargelegt <strong>in</strong> der öffentlichen<br />
Wahrnehmung nahezu „überladen“ zu se<strong>in</strong> mit<br />
Erwartungen an se<strong>in</strong>e musikalischen und nichtmusikalischen<br />
positiven Auswirkungen auf die Schülerpersönlichkeit (vgl.<br />
Bertelsmann-Studie 2009), hat dabei jedoch als besonderes<br />
Bedarfsfach mit zunehmendem Nachwuchsmangel<br />
zu kämpfen (vgl. KMK 2012). Bislang gibt es kaum explorative<br />
Studien, die diese Zuspitzung thematisieren und<br />
erforschen, <strong>in</strong>wieweit Musiklehrer die Gestaltung e<strong>in</strong>es<br />
Musikunterrichts <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Lernumfeldern eher als Krise<br />
oder als Chance wahrnehmen. Besonders wichtig ist hierbei,<br />
auf die Rollendef<strong>in</strong>ition e<strong>in</strong>es Musiklehrers zu achten:<br />
Empf<strong>in</strong>det er sich von jeher eher als „Künstler“, s<strong>in</strong>d Schüler<br />
folgerichtig „Rezipienten“. Sieht er sich eher als Musiker,<br />
der musikalische Prozesse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er – durchaus immer schon<br />
- heterogenen Schülerschaft anstoßen und verfe<strong>in</strong>ern will?<br />
Geht er die Herausforderungen möglicherweise auf der Basis<br />
se<strong>in</strong>er bereits erworbenen Kenntnisse über <strong>in</strong>dividualisierte<br />
Lernprozesse an? Didaktisch versierte Kollegen nähern sich<br />
der Thematik vielleicht über die Recherche von best practice-<br />
Beispielen oder im kollegialen Austausch. Doch stellen diese<br />
unterschiedlichen Herangehensweisen Schüler wie Lehrer<br />
gleichermaßen zufrieden? Und – ganz banal gefragt: Wie<br />
def<strong>in</strong>ieren sich all diejenigen fachfremd unterrichtenden<br />
Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer, die dem Fach Musik trotzdem Raum<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 35
Herma Friedrich<br />
geben und sich mit Fortbildungen weitergebildet haben,<br />
um den Ansprüchen wenigstens e<strong>in</strong>igermaßen genügen zu<br />
können?<br />
Auf dem ersten Bundeskongress Musikunterricht <strong>in</strong><br />
Weimar 2012 wurde die Frage nach den unterschiedlichen<br />
Lehrerrollen daher folgerichtig im „Jungen Forum“ thematisiert<br />
und aus Sicht von Berufsanfängern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiterführenden<br />
Workshop erarbeitet.<br />
Angesichts der drängenden Aktualität dieser Thematik bleibt<br />
zu fragen, <strong>in</strong>wieweit e<strong>in</strong> Problembewusstse<strong>in</strong> <strong>in</strong>zwischen<br />
<strong>in</strong> Praxis und Forschung gleichermaßen entstanden ist<br />
und dokumentiert wird und ob beispielsweise der Bereich<br />
der musikpädagogischen Diagnostik als „zuständige“<br />
Bezugswissenschaft ausreichende Konzepte liefert, die den<br />
Betroffenen Unterstützung bieten könnten. Reichen also<br />
musikpädagogisch-diagnostische Grundkenntnisse, für deren<br />
Vermittlung sich Greuel (2003, 2004) seit langem e<strong>in</strong>setzt,<br />
um der Komplexität beim Erwerb musikalischer Kompetenzen<br />
und ihrer Überprüfung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven Umfeld gerecht zu<br />
werden?<br />
E<strong>in</strong> noch größerer Bedarf stellt sicherlich der souveräne<br />
Umgang mit Unterrichtsstörungen dar. Eberhard (2010)<br />
nimmt Unterrichtsstörungen im Musikunterricht aus Sicht der<br />
Beteiligten <strong>in</strong> den Blick und entwirft e<strong>in</strong>en Fragebogen zur<br />
Metakommunikation Im Unterricht. Solcherlei Instrumente<br />
können dem Praktiker zwar Aufschluss über das „Warum?“<br />
und „Was passiert?“ geben, nötiger ersche<strong>in</strong>en jedoch<br />
Handlungskonzepte zur Professionalisierung der Situation.<br />
3. Veränderte Bed<strong>in</strong>gungen erfordern neue<br />
Kooperationen zwischen Rehabilitationswissenschaften<br />
und Allgeme<strong>in</strong>er Musikpädagogik<br />
Unterricht <strong>in</strong> Musik ist die Domäne der Musikpädagogik,<br />
gerade auch des aktuellen Konzepts des Aufbauenden<br />
Musikunterrichts. Seit vielen Jahren versuchen ausgebildete<br />
Sonderpädagogen mit dem Unterrichtsfach Musik jedoch<br />
verstärkt, den „Mehrwert“ des Faches angesichts der<br />
Möglichkeiten, mit Musik auch außermusikalische Fähigkeiten<br />
bzw. Kompetenzen zu fördern, zu fokussieren (vgl. Amrhe<strong>in</strong>,<br />
Albers, Schuchardt, Tischler etc.). Auch die rhythmisch-musikalische<br />
Erziehung weist mit ihrer ganzheitlichen <strong>Förderung</strong><br />
von Musik, Sprache und Bewegung weit über e<strong>in</strong>en engen<br />
Ansatz des Faches Musik h<strong>in</strong>aus. Inwieweit lassen sich<br />
Regelschullehrer im Fach Musik durch Sonderpädagogen,<br />
Heilpädagogen, Rhythmiker oder Musikschullehrer (JeKI,<br />
JeKisS) unterstützen oder bereichern? Gibt es Vorbehalte<br />
– oftmals nur im „sicheren Kollegenkreis“ geäußert –<br />
im H<strong>in</strong>blick auf Doppelbesetzungen und Team-Teach<strong>in</strong>gs?<br />
Welcher Musik-Kollege ist bereit, se<strong>in</strong> Unterrichtskonzept<br />
mit e<strong>in</strong>em möglicherweise fachfremden Sonderpädagogen<br />
im Team zu erörtern? Oder umgekehrt: Wird der ausgebildete<br />
Förderpädagoge mit Fach Musik nicht allzu gern als<br />
„Fachlehrer“ e<strong>in</strong>gesetzt und darf dann die Doppelrolle im<br />
Alle<strong>in</strong>gang übernehmen?<br />
Obwohl die Inklusion bereits seit 2009 Gesetzesgrundlage<br />
<strong>in</strong> Deutschland ist, lautet die neue Marschrichtung <strong>in</strong><br />
Schule, Universität und den Zentren für schulpraktische<br />
Lehrerausbildung noch längst nicht unisono „Wissenstransfer<br />
zwischen den Professionen der Rehabilitationspädagogik<br />
und der Allgeme<strong>in</strong>en Regelschulpädagogik“.<br />
Im Gegenteil, das Fach „Musik“ verschw<strong>in</strong>det nahezu<br />
vollständig aus dem Fächerkanon der Lehramtsstudenten.<br />
E<strong>in</strong> Beispiel: In <strong>NRW</strong> legen seit Jahren nur noch ca. fünf (!)<br />
Förderpädagogen pro Jahr ihr Examen im Fach Musik ab.<br />
Damit steht nicht nur die Versorgung mit Musikunterricht<br />
an den noch verbleibenden Förderschulen <strong>in</strong> Frage, sondern<br />
auch die Machbarkeit e<strong>in</strong>es solchen Wissenstransfers. Wer<br />
ke<strong>in</strong>e Fachleute mehr ausbildet, verschuldet e<strong>in</strong>e nachhaltige<br />
Verarmung unserer Schullandschaft!<br />
4. Soziale Inklusion, e<strong>in</strong>e „künstlerische und<br />
musikpädagogische Herausforderung“ (Greuel)<br />
Um befriedigenden und motivierenden Musikunterricht<br />
angesichts e<strong>in</strong>er heterogenen Schülerschaft praktizieren zu<br />
können, müssen alle sechs Lehrerfunktionen professionell<br />
abgedeckt werden:<br />
• Unterrichten<br />
• Erziehen<br />
• Diagnostizieren<br />
• Beraten<br />
• Kooperieren<br />
• Innovieren<br />
Daran schließt sich die Frage an, ob und wie Musiklehrer<br />
sogenannte sonderpädagogische Unterstützungssysteme<br />
nutzen (Reiser, 2007), die <strong>in</strong>zwischen auch an jeder Schule<br />
vorhanden se<strong>in</strong> soll(t)en: Vielleicht hilft e<strong>in</strong> Blick auf die<br />
diagnostischen und sonderpädagogischen Kompetenzen<br />
respektive Aufgaben des Förderschullehrers, um die vielfältigen<br />
Dimensionen <strong>in</strong>klusiver Unterrichtsvorbereitung und<br />
-durchführung darzustellen:<br />
<strong>Sonderpädagogische</strong> Unterstützungssysteme<br />
• Team-Teach<strong>in</strong>g (gleichberechtigte Ausführung des<br />
Unterrichts von zwei Kollegen)<br />
• Doppelbesetzungen bzw. Unterrichtsassistenzen<br />
• Unterrichtsplanung <strong>in</strong> Teams, hier auch Erstellung von<br />
<strong>in</strong>dividuellen Förderplänen<br />
• Kollegiale Beratung<br />
• „Helferkonferenzen“ auch mit außerschulischen Kooperationspartnern<br />
zur genauen Planung von verhaltensregulierenden<br />
Maßnahmen, Belohnungssystemen, Hilfen etc.<br />
• Fachkonferenzen Musik – Fortbildungsangebote zum<br />
Classroom-Management bzw. zum souveränen Umgang<br />
mit herausforderndem Schülerverhalten<br />
36<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Die Rolle des Musiklehrers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven Lernumfeld an Regelschulen<br />
5. Planungshilfen für Musikstunden <strong>in</strong> heterogenen<br />
Lerngruppen<br />
Oberste Priorität müsste e<strong>in</strong> Unterrichtskonzept haben,<br />
das sowohl für die sonderpädagogische Fachkraft als auch<br />
für die Musikfachkraft größtmögliche Aufgabenklarheit<br />
br<strong>in</strong>gt. Zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er solchen Kooperation könnte z.B.<br />
e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sam erstelltes Planungsraster wie abgebildet die<br />
Aufgabenverteilung erleichtern:<br />
Neue Aufgaben aus der Sicht der Förderpädagogen entstehen<br />
durch die Etablierung <strong>in</strong>dividueller Entwicklungsziele<br />
für die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mit sonderpädagogischem<br />
Förderbedarf. Diese können sich <strong>in</strong>nerhalb der gewählten<br />
Thematik e<strong>in</strong>es Faches wiederf<strong>in</strong>den, müssen es aber<br />
nicht. Sie werden je nach <strong>in</strong>dividuell erstelltem Förderplan<br />
zusätzlich, während des Klassenunterrichts oder <strong>in</strong> räumlich<br />
getrennten Kle<strong>in</strong>gruppen umgesetzt.<br />
Die Verknüpfung der fachlichen Ziele aus dem<br />
Kerncurriculum erfordert e<strong>in</strong>e spezifische Aufbereitung der<br />
Unterrichtsgegenstände an das Auffassungsniveau und die<br />
<strong>in</strong>dividuellen Fähigkeiten der Förderschüler. Hier ist zu<br />
unterscheiden zwischen den zieldifferent unterrichteten<br />
Schülern mit Lernbee<strong>in</strong>trächtigungen und den zielgleich<br />
unterrichteten Schülern, die möglicherweise Körper- oder<br />
S<strong>in</strong>nesbeh<strong>in</strong>derungen haben. Während zieldifferent unterrichtete<br />
Schüler eigene Lehrpläne haben und demzufolge andere<br />
Abschlüsse erreichen können, haben zielgleich unterrichtete<br />
Schüler – etwa aufgrund e<strong>in</strong>er emotionalen oder sozialen<br />
Auffälligkeit oder e<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>nesbeh<strong>in</strong>derung – die Möglichkeit,<br />
mit entsprechender Unterstützung den Schulabschluss<br />
der Regelschule zu erlangen. Inselbegabungen, Autismus-<br />
Spektrum-Störungen oder Mehrfachbeh<strong>in</strong>derungen bedürfen<br />
e<strong>in</strong>er sorgfältigen Diagnose und Förderplanerstellung,<br />
um Überforderungen im Alltag der allgeme<strong>in</strong>en Schule zu<br />
verh<strong>in</strong>dern. Hier kann es bedeutsam se<strong>in</strong>, hauptsächlich<br />
basale Fähigkeiten wie die der Wahrnehmung, der Motorik,<br />
der Aufmerksamkeit oder der Sprache zu fördern. Des<br />
Weiteren benötigen Förderschüler oft aufgrund ihres verlangsamten<br />
Lerntempos mehr Pausen, Wiederholungs- und<br />
Übungsphasen und e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>sgesamt stark durchstrukturierten<br />
Tagesablauf.<br />
Manchen K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen bietet besonders der<br />
Musikunterricht die Gelegenheit, Spannungen, Konflikte und<br />
motorische Unruhe abzubauen, besitzt also kompensatorische<br />
Funktion. E<strong>in</strong>e Steigerung des Selbstwertgefühls, der<br />
Selbststeuerungsfähigkeit oder der Selbstwirksamkeit s<strong>in</strong>d<br />
förderbezogene Ziele, die ebenfalls im Kontext der <strong>in</strong>dividuellen<br />
Entwicklungsförderung ihren Platz haben.<br />
Grundlage zur fachlichen und ressourcenorientierten Förderund<br />
Unterrichtsplanung und der konkreten Durchführung<br />
von Unterricht und Fördermaßnahmen s<strong>in</strong>d fortlaufende und<br />
strukturierte Schülerbeobachtungen (Pathe, 2010). Ziel e<strong>in</strong>es<br />
Musikunterrichts <strong>in</strong> heterogenen Lerngruppen muss also<br />
se<strong>in</strong>, sowohl aufgrund dieser vorausgehenden und begleitenden<br />
Diagnostik sowohl Schülern mit handicap als auch<br />
Schülern mit e<strong>in</strong>er außergewöhnlich hohen Begabung beim<br />
Musikhören oder beim Bewegen zur Musik, beim Sprechen<br />
über Musik oder beim <strong>in</strong>strumentalen Musizieren vielfältige<br />
musikalische Erfahrungen auf ihrer Niveaustufe zu ermöglichen.<br />
Auch wenn das Ziel der Inklusion die geme<strong>in</strong>same wohnortnahe<br />
Beschulung aller K<strong>in</strong>der ist, dürfen die bisher noch nicht<br />
idealen Bed<strong>in</strong>gungen an vielen Schulen nicht ausgeblendet<br />
werden. Nur wenn die <strong>in</strong>dividuellen Entwicklungsziele weiter<br />
verfolgt werden, kann man Schüler mit e<strong>in</strong>em Handicap vor<br />
e<strong>in</strong>er Überforderung <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Systemen bewahren und<br />
ihre Lernfreude langfristig sichern. Angesichts der enormen<br />
Bedeutung dieses sonderpädagogischen Know-hows<br />
ersche<strong>in</strong>t es zw<strong>in</strong>gend, dass <strong>in</strong>klusive Unterrichtsplanung<br />
<strong>in</strong> multiprofessionellen Teams durchgeführt und evaluiert<br />
werden muss.<br />
Weitere Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>klusiv gestalteten Unterrichts im<br />
Fach Musik können se<strong>in</strong>:<br />
• permanente Stunden- und Reihenpräsenz<br />
• ritualisierte warm ups und cool down-Phasen<br />
• geme<strong>in</strong>schaftsstärkende Methodenkonzepte wie<br />
Klassenmusizieren, Classroom-Management<br />
• lernförderliche Gestaltung des Musikraums <strong>in</strong> räumlich<br />
gut unterteilte Zonen – Bereiche zum konzentrierten<br />
Zuhören, Entspannen, Bewegen, Arbeitstische für<br />
Gruppenarbeiten<br />
• reizreduzierte Ausstattung: geeignete Bestuhlung,<br />
ausreichend Bewegungsfläche, verschließbare<br />
Instrumentenaufbewahrung, s<strong>in</strong>nvolle Möblierung<br />
• funktionale Trennung: möglichst ke<strong>in</strong>e „Gleichzeitigkeit“<br />
als Unterrichtsraum, Aula, Abstellraum, Theatersaal,<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 37
Herma Friedrich<br />
Regenpausenhalle etc.<br />
• angepasste Akustik (besonders wichtig bei hörgeschädigten<br />
Schülern)<br />
• Anschaffung von Resonanz<strong>in</strong>strumenten für e<strong>in</strong>e basale<br />
<strong>Förderung</strong> bzw. für sensomotorische Aktivitäten wie<br />
Cajon, Klangschaukel, Ocean drum, Steelpans<br />
• geeignete Dokumentationsformen wie Lerntagebücher,<br />
Portfolios, CD- und Video-Aufnahmen<br />
Diese allgeme<strong>in</strong>en Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>klusiv gestalteten<br />
Musikunterrichts würden die Chancen auf Teilhabe am<br />
vielfältigen musikalischen Geschehen für alle K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>er<br />
heterogenen Lerngruppe erhöhen.<br />
6. Ausblick<br />
Fühlt der Musiklehrer sich heute schon genügend unterstützt<br />
für die Aufgaben von morgen? Wer e<strong>in</strong>en Musikunterricht mit<br />
Zukunft wünscht, darf und soll alle Möglichkeiten des Faches<br />
Musik, das gesamte Förderpotential <strong>in</strong> und durch Musik, <strong>in</strong><br />
den Blick nehmen, damit Unterricht, Ganztagsbetreuung und<br />
Schulleben von den zahlreichen musikalischen Begabungen,<br />
die trotz Lern- und Entwicklungsstörungen vorhanden s<strong>in</strong>d,<br />
profitieren können.<br />
Die <strong>in</strong>teressierte Öffentlichkeit wird sicherlich von e<strong>in</strong>zelnen<br />
Leuchtturm-Projekten wie geme<strong>in</strong>samen Theateroder<br />
Opernbesuchen, <strong>in</strong>klusiven Schulbands, Instrumentalunterricht<br />
für beh<strong>in</strong>derte Menschen oder schulübergreifenden<br />
Patenprojekten zwischen Gymnasien und Förderschulen<br />
bee<strong>in</strong>druckt se<strong>in</strong>.<br />
Doch nur durch e<strong>in</strong> Fachstudium Musik mit der betonten<br />
Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit Heterogenität<br />
wird es gel<strong>in</strong>gen, den Musikunterricht auf breitere Füße zu<br />
stellen, so dass wirklich JEDER Schüler <strong>in</strong> der Ausbildung<br />
se<strong>in</strong>er musikalischen Kompetenzen gefördert wird. Wenn<br />
Musiklehrer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er veränderten Schullandschaft vielfältige<br />
Unterstützungssysteme f<strong>in</strong>den und nutzen, wenn kompetenzorientierte<br />
Standards zugunsten der Erlebnisfähigkeit<br />
von Musik erneut reflektiert und auch ergänzt werden, kann<br />
auch im <strong>in</strong>klusiven Handlungsfeld Musik-Unterricht für alle<br />
Schüler gel<strong>in</strong>gen. Zum jetzigen Zeitpunkt existieren leider<br />
erst wenige „best practice“-Beispiele <strong>in</strong>klusiver Ausprägung,<br />
die wirklich konkrete Konzepte für adäquates Handeln im<br />
Musikunterricht liefern können. Da e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividualisierte<br />
<strong>Förderung</strong> auch immer an e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zigartige Situation<br />
anknüpft, die ihre ganz spezifischen räumlichen, materiellen<br />
und personellen Voraussetzungen hat, wird noch e<strong>in</strong>mal ausdrücklich<br />
vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Wer „guten<br />
Unterricht“ langfristig sichern möchte, darf nicht übersehen,<br />
dass e<strong>in</strong>e zentrale Gel<strong>in</strong>gensbed<strong>in</strong>gung der Inklusion der<br />
Aufbau von Akzeptanz und Toleranz <strong>in</strong> den Köpfen und<br />
Herzen der beteiligten Lehrpersonen ist.<br />
* Der Begriff „Schüler“, „Lehrer“ etc. wird im Text der<br />
E<strong>in</strong>fachheit <strong>in</strong> der männlichen Form verwandt, umfasst<br />
jedoch sowohl Personen männlichen als auch weiblichen<br />
Geschlechts.<br />
Literatur<br />
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(verfügbar unter: http://www.bundeskongress-musikunterricht.de/fileadm<strong>in</strong>/bkmu/Downloads/Programm_JFM_<br />
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Albers, S.: Medium mit Mehrwert - Musik an der Förderschule<br />
ist mehr als Unterricht. In: <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong><br />
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Bertelsmann-Stiftung: Geme<strong>in</strong>sam lernen. Auf dem Weg<br />
zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Schule (²2012). Gütersloh: Verlag<br />
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Bertelsmann-Studie: Musikalische Grundschule. (verfügbar<br />
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unter: http://www.grundschulpaedagogik.uni-bremen.<br />
de/lehre/2001ws/gspaed/literatur/Lehrerrolle%204.pdf,<br />
abgerufen am 23.11.2013)<br />
Claßen, A. (2013): Classroom-Management im <strong>in</strong>klusiven<br />
Klassenzimmer. Mülheim: Verlag an der Ruhr.<br />
Eberhard, D. (2010): „http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2010/1623/“<br />
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Musikunterricht der Bayerischen Realschule. OPUS-<br />
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Eberhard, D. (2013): „Und, wie läuft‘s bei Dir <strong>in</strong> Musik?“<br />
- Plädoyer für mehr Teamarbeit im Umgang mit<br />
Unterrichtsstörungen In: Nimczik, O. / Terhag, J. (Hg.):<br />
musikunterricht 1. Bildung • Musik • Kultur. Zukunft<br />
geme<strong>in</strong>sam gestalten. Kassel/Hannover: AfS/VDS-<br />
Eigenverlag.<br />
E<strong>in</strong>siedler, W; Föll<strong>in</strong>g-Albers, M.; Kelle, H.; Lohrmann, K.<br />
(2013): Standards und Forschungsstrategien <strong>in</strong> der empirischen<br />
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Greuel, T. (2003): „was zu lernen die K<strong>in</strong>der imstande<br />
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Musiklehrerausbildung. In: Kruse, Matthias; Schneider,<br />
Re<strong>in</strong>hard; Musikpädagogik als Aufgabe (Hg.): Festschrift<br />
zum 65. Geburtstag von Siegmund Helms. Kassel: Bosse,<br />
S. 67-90.<br />
Greuel, T. (2004): Übungen zur Entwicklung musikpädagogisch-diagnostischen<br />
Problembewusstse<strong>in</strong>s <strong>in</strong> der<br />
38<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Die Rolle des Musiklehrers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven Lernumfeld an Regelschulen<br />
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Bosse, S. 55-75.<br />
Greuel, T.; Schill<strong>in</strong>g-Sandvoß, K. (Hg.) (2012): Soziale<br />
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Herausforderung. Aachen: Shaker.<br />
Heimlich, U.; Wember, F. (2007): Didaktik des Unterrichts im<br />
Förderschwerpunkt Lernen. Stuttgart: Kohlhammer.<br />
Klemm, K. (2013): Inklusion <strong>in</strong> Deutschland. E<strong>in</strong>e bildungsstatistische<br />
Analyse. Gütersloh: Bertelsmann.<br />
Sekretariat der ständigen Konferenz der Kultusm<strong>in</strong>ister der<br />
Länder <strong>in</strong> der Bundesrepublik Deutschland: Kunst- und<br />
Musiklehrerausbildung. (verfügbar unter: HYPERLINK<br />
„http://www.kmk.org/fileadm<strong>in</strong>/veroeffentlichungen_<br />
beschluesse/2012/2012_12_06-Kunst-und-Musiklehrer.<br />
pdf“ http://www.kmk.org/fileadm<strong>in</strong>/veroeffentlichungen_<br />
beschluesse/2012/2012_12_06-Kunst-und-Musiklehrer.<br />
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Monitor-Lehrerbildung (2013). (verfügbar unter: http://www.<br />
monitor-lehrerbildung.de/web/im-blickpunkt/Inklusion/,<br />
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Reiser, H.; Willmann, M.; Urban, M. (2007): <strong>Sonderpädagogische</strong><br />
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Schule. Bad Heilbrunn: Kl<strong>in</strong>khardt.<br />
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Wember, F: Herausforderung Inklusion: E<strong>in</strong> präventiv orientiertes<br />
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Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>klusiver Unterrichtsentwicklung. In: ZfH<br />
10 (2013).<br />
Herma Friedrich<br />
Sonderpädagog<strong>in</strong> mit den Fächern Musik<br />
und Ev. Religionslehre für Sek. I,<br />
tätig im Geme<strong>in</strong>samen Lernen und <strong>in</strong> der<br />
Lehrerausbildung von Sonderpädagogen im Fach<br />
Musik im Regierungsbezirk Arnsberg<br />
Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung<br />
Sem<strong>in</strong>ar Lehramt für sonderpädagogische<br />
<strong>Förderung</strong><br />
Otto-Hahn-Straße 37<br />
44227 Dortmund<br />
E-Mail: hermafriedrich@web.de<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 39
Call for Papers<br />
Der Landesverband <strong>NRW</strong> des vds plant se<strong>in</strong>en nächsten Landeskongress für den 9. Mai 2015 <strong>in</strong> Düsseldorf.<br />
Er steht unter dem Motto:<br />
Mite<strong>in</strong>ander Unterricht entwickeln –<br />
für Schüler/<strong>in</strong>nen mit und ohne sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf<br />
Unterschiedliche Professionen, <strong>in</strong>sbesondere Lehrkräfte mit und ohne sonderpädagogische Qualifikation, gestalten geme<strong>in</strong>sam<br />
und <strong>in</strong> Absprache mite<strong>in</strong>ander Unterricht. Das koord<strong>in</strong>ierte und verschränkte geme<strong>in</strong>same Arbeiten <strong>in</strong> Entwicklung,<br />
Planung, Durchführung und Reflexion von Unterricht von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem<br />
Unterstützungsbedarf müssen beide Professionen noch lernen. Das betrifft vor allem die Entwicklung systemischer Sett<strong>in</strong>gs<br />
für das Geme<strong>in</strong>same Lernen von Gruppen, aber auch e<strong>in</strong>zelnen Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern mit sonderpädagogischem<br />
Unterstützungsbedarf <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Schulen.<br />
In unserem Schulsystem wird es außerdem auch schulisches Lernen <strong>in</strong> anderen E<strong>in</strong>richtungen geben. Auch diese stehen im<br />
Kontext von <strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs. Gesellschaftliche Teilhabe gilt als Auftrag für diese Schülergruppe.<br />
Unser Kongress soll zum Austausch, Diskutieren und Reflektieren anregen. Wir werden nach e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>führungsreferat <strong>in</strong> zwei<br />
Zeitblöcken praktisch orientierte Workshops anbieten. Die e<strong>in</strong>zelnen Workshops werden jeweils <strong>in</strong> der Regel zwei Mal angeboten.<br />
Wenn Sie e<strong>in</strong>en Workshop anbieten möchten <strong>in</strong> diesem thematischen und organisatorischen Kontext, melden Sie sich bitte<br />
beim Landesvorstand.<br />
Wolfgang Franz<br />
40<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 41
Ihre<br />
Ansprechpartner<br />
des<br />
vds-<strong>NRW</strong><br />
Vorsitzender Wolfgang Franz<br />
Kleiststr. 25, 50321 Brühl, Tel. 0 22 32 / 94 27 50, Fax 0 22 32 / 94 27 51<br />
1. Stellvertreter<strong>in</strong> Angelika Frücht<br />
Eligiusstr. 2, 47574 Goch, Tel. 0 28 23 / 62 84, Fax 0 28 23 / 97 55 84<br />
2. Stellvertreter Peter Rieger<br />
Baeumerstr. 3, 44141 Dortmund, Tel. 02 31 / 10 49 01, Fax 02 31 / 47 79 88 11<br />
Geschäftsführer Dirk Wasmuth<br />
Wilhelm-Canaris-Str. 6, 59348 Lüd<strong>in</strong>ghausen, Tel. 0 25 91 / 94 94 77, Fax 0 25 91 / 94 95 62<br />
Schriftleiter Re<strong>in</strong>hard Leben<br />
Im Sundern 11, 45731 Waltrop, Tel. 0 23 09 / 78 32 19<br />
Kassenführer Dirk Wasmuth<br />
Wilhelm-Canaris-Str. 6, 59348 Lüd<strong>in</strong>ghausen, Tel. 0 25 91 / 94 94 77, Fax 0 25 91 / 94 95 62<br />
Fachreferenten im Landesverband <strong>NRW</strong><br />
Autismus Maria Franzke-Zöllner<br />
Heidestr. 45, 58285 Gevelsberg, Tel. 0 23 32 / 8 38 04<br />
Emotionale und Soziale Entwicklung Susanne Eßer<br />
Will<strong>in</strong>grott 35, 48157 Münster<br />
Hören und Kommunikation N. N.<br />
Körperliche und motorische Entwicklung Frank Zöllner<br />
Heidestr. 45, 58285 Gevelsberg, Tel. 0 23 32 / 8 38 04<br />
Lernen Heike Grüter<br />
Eichenholzhof 94, 45149 Essen<br />
Geistige Entwicklung Michael Rösch<br />
Engelbertstr. 12, 57439 Attendorn, Tel. 0 27 22 / 63 24 40<br />
Schule für Kranke Cornelius Busch<br />
Drususdeich 15, 47533 Kleve<br />
Sehen Bernadette He<strong>in</strong>z<br />
Am Mühlenberg 12, 47647 Kerken<br />
Sprache Heike Raffalski<br />
T<strong>in</strong>khofstr. 19, 45731 Waltrop, Tel. 0 23 09 / 4 07 17<br />
Berufliche Bildung Peter-Paul Marienfeld<br />
Alsenstr. 8, 58511 Lüdenscheid<br />
Sonderpädagogik <strong>in</strong> der Lehrerausbildung, -fortbildung und -weiterbildung<br />
Ralph Diehm<br />
Br<strong>in</strong>kmannstr. 2, 33428 Harsew<strong>in</strong>kel, Tel. (d) 05 21 / 106 22 77<br />
Sonderpädagogik <strong>in</strong> Lehre und Forschung Frauke Jagfeld-Hölzl<br />
Weberstr. 5, 52349 Düren, Tel. 0 24 21 / 4 39 87<br />
RV Aachen Christiana Roob<br />
Reuleauxstr. 14, 52249 Eschweiler, Tel. 0 24 03 / 83 82 38<br />
RV Bergisch Land Manfred Diethert<br />
Gustav-Bohm-Str. 97, 58256 Ennepetal, Tel. 0 23 33 / 83 35 72<br />
RV Detmold Gudrun Beckmann-Zander<br />
Stedefreunder Str. 5, 33729 Bielefeld, Tel. 05 21 / 76 37 91, Fax 0 52 31 / 17 11 744<br />
RV Dortmund Anke Schulte<br />
Am Höhweg 11, 44149 Dortmund, Tel. 02 31 / 17 41 36<br />
RV Düsseldorf Günter Benn<strong>in</strong>ghaus<br />
Haus-Endt-Str. 89, 40593 Düseldorf, Tel. 02 11 / 7 00 57 68<br />
RV Emscher-Lippe Michael Röder<br />
Grünberger Str. 24, 45699 Herten, Tel. 0 23 66 / 8 12 96<br />
RV Köln Uwe Bongard<br />
Klettenberggürtel 15, 50939 Köln, Tel. 02 21 / 40 71 31<br />
RV Niederrhe<strong>in</strong> Angelika Frücht<br />
Eligiusstr. 2, 47574 Goch, Tel. 0 28 23 / 62 84<br />
RV Münster Bernhard Witte<br />
Dahlienweg 40, 48712 Gescher, Tel. 0 25 42 / 28 29<br />
RV Westl. Ruhrgebiet Christoph Hegener<br />
Mart<strong>in</strong>-Heix-Platz 5, 46045 Oberhausen, Tel. 02 08 / 2 99 35 42<br />
RV Südwestfalen Frank Zöllner<br />
Heidestr. 45, 58285 Gevelsberg, Tel. 0 23 32 / 8 38 04<br />
Die E-Mail-Adresse ist immer:<br />
1. Buchstabe des Vornamens.Nachname@verband-sonderpaedagogik-nrw.de<br />
42<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Melissa Schrieber<br />
Hundertwasser – Die besonderen Elemente se<strong>in</strong>er Architektur<br />
Der Beg<strong>in</strong>n<br />
Nach den Sommerferien 2013 entschied ich zusammen mit<br />
den Schülern der Oberstufe 4 der Schillerschule <strong>in</strong> Oberhausen<br />
mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, den<br />
Künstler Friedensreich Hundertwasser zum Gegenstand des<br />
Kunstunterrichtes zu machen.<br />
Das Interesse der Schüler wurde vor allen D<strong>in</strong>gen deshalb<br />
geweckt, weil sie se<strong>in</strong>e farbenfrohe Gestaltung und die<br />
besonderen Elemente se<strong>in</strong>er Architektur, wie die Säulen, die<br />
unterschiedlichen Dächer, die grüne Bedachung, die schwarzen<br />
Umrandungen und die Fenstergestaltung, <strong>in</strong>teressant<br />
fanden.<br />
Die Vorbereitung<br />
Nach den Herbstferien 2013 entschied ich zusammen mit<br />
den Schülern, e<strong>in</strong>e Hundertwasserlaterne mit den besonderen<br />
Elementen der Architektur zu erstellen. Vorab lernten die<br />
Schüler den Künstler selber kennen: Sie erstellten zu se<strong>in</strong>em<br />
Künstlernamen e<strong>in</strong>e Collage, sie lernten se<strong>in</strong>e Biographie<br />
kennen, sie erkannten/erstellten typische Spiral-Motive und<br />
setzten die Bedeutung der fünf Häute, die das Ich des<br />
Menschen umgeben, um: die natürliche Haut, die Kleidung,<br />
das Haus, das soziale Umfeld und die globale Haut.<br />
Die Umsetzung<br />
Um das Ziel – die Hundertwasserlaterne – zu erreichen,<br />
entschied ich mich, e<strong>in</strong>zelne Elemente der Architektur aufzusplitten,<br />
damit am Ende der Reihe e<strong>in</strong> großer Lernerfolg der<br />
Schüler zu sehen war. Die Unterrichtsreihe wurde <strong>in</strong> sieben<br />
Unterrichtsstunden mit je 60 M<strong>in</strong>uten durchgeführt.<br />
In der ersten Unterrichtsstunde lernten die Schüler die<br />
Säulen nach Hundertwasser kennen. Sie erstellten nicht nur<br />
eigene Hundertwassersäulen, sondern sie verstanden auch,<br />
warum er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Architektur Säulen verwendet hat.<br />
In der zweiten Unterrichtsstunde g<strong>in</strong>g es um die unterschiedlichen<br />
Dächer nach Hundertwasser. Hierbei wurden<br />
Bilder se<strong>in</strong>er Architektur verwendet, auf denen Satteldächer,<br />
Runddächer, e<strong>in</strong> Flachdach mit Säulen, Stufengiebeln mit<br />
Säulen und der Zwiebelturm herauskristallisiert wurden.<br />
Besonders im Vordergrund stand der Zwiebelturm. Die<br />
Schüler lernten hier die besondere Bedeutung des Turms<br />
kennen: als Symbol für Reichtum und Glück.<br />
In der dritten Unterrichtsstunde g<strong>in</strong>g es um die grünen<br />
Dächer nach Hundertwasser. Dabei lernten die Schüler,<br />
warum Hundertwasser die Dächer mit Bäumen und Rasen<br />
bestückt hat. Sie bekamen dabei die Aufgabe, e<strong>in</strong> normales<br />
Haus umzugestalten, <strong>in</strong>dem sie das Dach mit Bäumen<br />
und Rasen begrünten. Als zweiten Schritt bekamen sie die<br />
Aufgabe, die unterschiedlichen Dächer auf das von mir vorgezeichnete<br />
Architektenpapier zu übertragen.<br />
In der vierten und fünften Unterrichtsstunde g<strong>in</strong>g<br />
es um die schwarzen Umrandungen und die leuchtenden<br />
Farben. Die Schüler haben dabei die Dächer, Türen und<br />
Wände der Laterne auf dem Architektenpapier schwarz<br />
umrandet. Dabei lernten sie, dass durch die Farbe „schwarz“<br />
die leuchtenden Farben <strong>in</strong> Hundertwassers Architektur besser<br />
zur Geltung kommen.<br />
In der sechsten Unterrichtsstunde wurde die<br />
Fenstergestaltung nach Hundertwasser besprochen.<br />
Die Schüler erarbeiteten sich hier an Hand von unterschiedlichen<br />
Postkarten Merkmale der unterschiedlichen<br />
Fenstergestaltungen nach Hundertwasser (wie z.B. Spiralen<br />
oder Mosaikste<strong>in</strong>e um das Fenster usw.). Diese wurden <strong>in</strong><br />
der H<strong>in</strong>führungsphase aufgelistet, besprochen und <strong>in</strong> der<br />
Durchführungsphase auf das Architektenpapier übertragen.<br />
In der siebten Unterrichtsstunde wurde die Fassade mit<br />
den leuchtenden Farben zu Ende gestaltet und die Laterne<br />
mit den Schülern zusammen geklebt.<br />
Fazit<br />
Insgesamt ist bei den Schülern e<strong>in</strong> Lernerfolg sichtbar gewesen.<br />
Sie konnten mit Hilfe ihrer eigenen Hundertwasserlaterne<br />
die Besonderheiten der Architektur herauskristallisieren.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs war die Vorbereitung des Baumaterials mit<br />
e<strong>in</strong>igem Aufwand verbunden. Großformatiges, sperriges<br />
VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 43
Melissa Schrieber<br />
Architektenpapier musste auf e<strong>in</strong> praktisches Maß zugeschnitten<br />
werden. Danach faltete ich es <strong>in</strong> vier Teile, denn<br />
dieses Papier ist nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Richtung faltbar, da es <strong>in</strong><br />
der anderen Richtung brechen würde. Besonders gut zum<br />
Bemalen des Architektenpapiers eigneten sich leuchtende<br />
Filzstifte.<br />
Melissa Schrieber<br />
Friedrich-von-Bodelschw<strong>in</strong>gh Schule<br />
mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung<br />
Königslandwehr 116<br />
59192 Bergkamen-Heil<br />
Telefon: 0 23 89-404<br />
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VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014
Die Umgestaltung e<strong>in</strong>es normalen Hauses nach Hundertwasser<br />
Verschiedene Säulen nach Hundertwasser<br />
Umsetzung der besonderen Dächer und der<br />
Fenstergestaltung nach Hundertwasser<br />
Fertige Hundertwasserlaternen
Mitteilungen 2/2014<br />
Juniausgabe<br />
Postvertriebsstück K 1544<br />
Entgelt bezahlt<br />
www.verband-sonderpaedagogik-nrw.de