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Sonderpädagogische Förderung in NRW

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VERBAND<br />

SONDERPÄDAGOGIK<br />

Landesverband<br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen e.V.<br />

<strong>Sonderpädagogische</strong><br />

<strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />

ISSN 16 18-60 36 · Mitteilungen 2/2014 · 52. Jahrgang


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Editorial<br />

Johannes Schumacher 2 Unterricht <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs GEMEINSAM<br />

entwickeln - praktische Ansätze und notwendige<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

vds aktuell<br />

Wolfgang Franz 9 Brief an M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Löhrmann zum Entwurf e<strong>in</strong>er<br />

Verordnung zur Änderung der AO-SF<br />

Wolfgang Franz 14 Brief an M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Löhrmann mit e<strong>in</strong>er Stellungnahme<br />

zur sonderpädagogischen Diagnostik<br />

Rita Lackmann/Monika Ostmeier 19 Pilotphase „KsF“ im Regierungsbezirk Detmold -<br />

Strukturen - Praktiken - Transformationsschritte<br />

Susanne Eßer 24 Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als<br />

e<strong>in</strong> wirksames classroom management <strong>in</strong> der <strong>in</strong>klusiv/<br />

<strong>in</strong>tegrativen <strong>Förderung</strong> von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern<br />

im Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung<br />

Herma Friedrich 35 Die Rolle des Musiklehrers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven<br />

Lernumfeld an Regelschulen – Umfang und Nutzung<br />

von Unterstützungssystemen<br />

40 Call for Papers -<br />

Kongress „Mite<strong>in</strong>ander Unterricht entwickeln“<br />

42 Anprechpartner des vds <strong>NRW</strong><br />

Melissa Schrieber 43 Hundertwasser - Die besonderen Elemente<br />

se<strong>in</strong>er Architektur<br />

Die Bilder auf den äußeren Umschlagseiten zeigen Exponate der Ausstellung<br />

„Unter freiem Himmel“ der Schule am Haus Langendreer Bochum.<br />

Impressum:<br />

<strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />

Mitteilungen des Verbandes Sonderpädagogik e.V<br />

Landesverband <strong>NRW</strong> • Heft 2/2014 ISSN 1618-6036<br />

Herausgeber:<br />

Verband Sonderpädagogik<br />

(vds)<br />

Landesverband <strong>NRW</strong> e.V.<br />

Mitgliederverwaltung:<br />

Dirk Wasmuth<br />

Wilhelm-Canaris-Str. 6<br />

59348 Lüd<strong>in</strong>ghausen<br />

Tel.: 0 25 91 / 94 94 77<br />

Fax: 0 25 91 / 94 95 62<br />

e-mail: post@verbandsonderpaedagogik-nrw.de<br />

Vorsitzender: Wolfgang Franz,<br />

Kleiststraße 25, 50321 Brühl,<br />

Tel.: 0 22 32 / 94 27 50, Fax: 0 22 32 / 94 27 51<br />

e-mail: w.franz@verband-sonderpaedagogik-nrw.de<br />

Geschäftsführer: Dirk Wasmuth<br />

Wilhelm-Canaris-Str. 6, 59348 Lüd<strong>in</strong>ghausen<br />

Tel.: 0 25 91 / 94 94 77<br />

Fax: 0 25 91 / 94 95 62<br />

e-mail: post@verband-sonderpaedagogik-nrw.de<br />

Schriftleiter: Re<strong>in</strong>hard Leben<br />

Im Sundern 11, 45731 Waltrop<br />

Tel.: 0 23 09 / 78 32 19<br />

e-mail: R.Leben@verband-sonderpaedagogik-nrw.de<br />

Herstellung: Druck+Graphik manumediagmbh<br />

Bottroper Str. 180, 45964 Gladbeck<br />

Tel.: 0 20 43/48 39-0,<br />

Fax: 0 20 43/48 39-39<br />

Die Artikel dieser Ausgabe können mit Genehmigung<br />

der Schriftleitung unter Quellenangabe<br />

nachgedruckt werden. Namentlich gekennzeichnete<br />

Beiträge geben nicht unbed<strong>in</strong>gt die Auffassung<br />

des VDS wieder.<br />

Bezugspreis: Die Zeitschrift ist im Mitgliedsbeitrag<br />

enthalten. Jahresabo 15 EURO<br />

Auflage: 2.800 Exemplare<br />

Ersche<strong>in</strong>ungsterm<strong>in</strong>e 15. Februar 15. Mai 15. September 15. Dezember<br />

Redaktionsschluss 15. Januar 15. April 15. August 15. November


Editorial<br />

Liebe Leser<strong>in</strong>nen und Leser!<br />

<strong>in</strong> dieser Ausgabe f<strong>in</strong>den Sie den protokollarischen Bericht<br />

von Johannes Schumacher über die jährliche Bensberger<br />

Tagung des vds mit dem Thema „Unterricht <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven<br />

Sett<strong>in</strong>gs GEMEINSAM entwickeln – praktische<br />

Ansätze und notwendige Rahmenbed<strong>in</strong>gungen“. Im<br />

Vordergrund der Tagung stand die Frage, wie <strong>in</strong>klusiver<br />

Unterricht gestaltet se<strong>in</strong> muss, um der jetzt größer<br />

werdenden Heterogenität der Lernenden gerecht zu<br />

werden. Dieser Frage näherten sich die Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />

und Teilnehmer der Tagung, die sich aus Experten der<br />

Sonderpädagogik und Vertreter<strong>in</strong>nen und Vertretern der<br />

allgeme<strong>in</strong>en Schulen zusammensetzten, <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Workshops an und versuchten, erste Antworten zu f<strong>in</strong>den.<br />

Ebenfalls mit dem Thema <strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs befasst sich<br />

Herma Friedrich <strong>in</strong> ihrem Beitrag „Die Rolle des<br />

Musiklehrers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven Lernumfeld<br />

an Regelschulen“. Herma Friedrich warnt hierbei vor<br />

übersteigerten Erwartungen an das Fach Musik und vor<br />

Überforderungen der Musikpädagog<strong>in</strong>nen und -pädagogen.<br />

Letztlich braucht auch das Fach Musik, will es <strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs unterrichtet werden, gleiche äußere<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wie jedes andere Fach auch. Hier bietet<br />

Herma Friedrich Planungshilfen für Lehrkräfte und formuliert<br />

weitere Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>klusiv gestalteten Unterrichts<br />

im Fach Musik an.<br />

Susanne Eßer weist <strong>in</strong> ihrem Beitrag „Die<br />

Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik<br />

als e<strong>in</strong> wirksames classroom management <strong>in</strong> der<br />

<strong>in</strong>klusiv/<strong>in</strong>tegrativen <strong>Förderung</strong> von Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schülern im Förderschwerpunkt soziale<br />

und emotionale Entwicklung“ auf e<strong>in</strong>en wichtigen<br />

Orientierungsrahmen für Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, gerade<br />

mit e<strong>in</strong>em Förderbedarf im Bereich der sozialen und emotionalen<br />

Entwicklung, h<strong>in</strong>. Nach e<strong>in</strong>er kurzen Darstellung des<br />

entwicklungspädagogischen Ansatzes leitet Susanne Eßer<br />

unterrichtspraktische Pr<strong>in</strong>zipien ab, die für e<strong>in</strong> wirksames<br />

classroom-management unerlässlich s<strong>in</strong>d.<br />

Melissa Schrieber stellt <strong>in</strong> ihrem Beitrag „Hundertwasser-<br />

Die besonderen Elemente se<strong>in</strong>er Architektur“<br />

e<strong>in</strong> Unterrichtsprojekt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Oberstufenklasse e<strong>in</strong>er<br />

Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Geistige<br />

Entwicklung vor, das durch se<strong>in</strong>e Ergebnisse besticht und<br />

zur Nachahmung, auch von Nicht-Künstlern, herausfordert.<br />

Rita Lackmann und Monika Ostmeier ziehen <strong>in</strong> ihrem<br />

Artikel „Pilotphase KsF im Regierungsbezirk Detmold“<br />

e<strong>in</strong> Fazit der bisherigen Arbeit des Kompetenzzentrums<br />

sonderpädagogische <strong>Förderung</strong> und leiten die nächsten<br />

notwendigen Schritte zur Transformation der Arbeit <strong>in</strong> die<br />

neuen Strukturen der sonderpädagogischen <strong>Förderung</strong> im<br />

Geme<strong>in</strong>samen Lernen ab.<br />

Weiterh<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den Sie <strong>in</strong> dieser Ausgabe Stellungnahmen<br />

des Verbandes zu den wichtigen Themen der AO-SF und der<br />

Diagnostik.<br />

H<strong>in</strong>weisen möchte ich Sie besonders auf den Aufruf des<br />

Landesvorsitzenden Wolfgang Franz, sich an der <strong>in</strong>haltlichen<br />

Gestaltung unseres nächsten Landeskongresses <strong>in</strong><br />

Düsseldorf (Mai 2015) mit dem Thema „Mite<strong>in</strong>ander<br />

Unterricht entwickeln – für Schüler/<strong>in</strong>nen mit und<br />

ohne sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf“<br />

zu beteiligen, <strong>in</strong>dem Sie e<strong>in</strong>en Workshop zum Thema anbieten.<br />

Das Redaktionsteam hofft, wieder e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Ausgabe<br />

der Mitteilungen zusammengestellt zu haben, und wünscht<br />

Ihnen bei der Lektüre dieser Ausgabe gute Impulse für die<br />

eigene Arbeit.<br />

Re<strong>in</strong>hard Leben<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 1


Johannes Schumacher<br />

Unterricht <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs GEMEINSAM entwickeln –<br />

praktische Ansätze und notwendige Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

Der <strong>in</strong>klusive Transformationsprozess schreitet <strong>in</strong><br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen voran. Nach Verabschiedung des<br />

9. Schulrechtsänderungsgesetzes zum 1.8.2014 gilt die<br />

Vorgabe: „Die Schule fördert die vorurteilsfreie Begegnung<br />

von Menschen mit und ohne Beh<strong>in</strong>derung. In der Schule<br />

werden sie <strong>in</strong> der Regel geme<strong>in</strong>sam unterrichtet und erzogen<br />

(<strong>in</strong>klusive Bildung)“ § 2, Abs. 5. Neben den wichtigen regionalen<br />

Standortfragen und der Ressourcensteuerung steht im<br />

Zentrum des Veränderungsprozesses die Weiterentwicklung<br />

des „<strong>in</strong>klusiven“ Unterrichts <strong>in</strong> der allgeme<strong>in</strong>en Schule.<br />

Wie muss er gestaltet se<strong>in</strong>, um der jetzt größer werdenden<br />

Heterogenität der Lernenden gerecht zu werden? Die spezifische<br />

Herausforderung dieses Entwicklungsprozesses besteht<br />

dar<strong>in</strong>, dass die ohneh<strong>in</strong> schon gegebene Heterogenität der<br />

Klasse um den sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf<br />

e<strong>in</strong>iger Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler erweitert wird. H<strong>in</strong>zu<br />

kommt, dass dieser veränderte Unterricht geme<strong>in</strong>sam mit<br />

sonderpädagogischen Lehrkräften <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich produktiv<br />

ergänzenden Kooperation entwickelt werden muss.<br />

Dieses geme<strong>in</strong>same Entwickeln ist für viele Lehrkräfte neu<br />

und ungewohnt, da sie bisher <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Schulen<br />

und Förderschulen ihren Unterricht <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelbesetzung<br />

alle<strong>in</strong>e verantwortet haben. Nachdem die Term<strong>in</strong>ologie<br />

„Geme<strong>in</strong>samer Unterricht“ und „<strong>in</strong>tegrative Lerngruppe“<br />

nun im Schulgesetz § 20, Abs3 durch die Formulierung<br />

„Unterricht als Geme<strong>in</strong>sames Lernen“ abgelöst ist, stellt sich<br />

die Frage, was diesen Unterricht kennzeichnet und wie er <strong>in</strong><br />

der Klasse konkret umgesetzt werden kann. Der Auftrag richtet<br />

sich direkt an alle Lehrkräfte, die e<strong>in</strong>e Klasse unterrichten.<br />

Er ist also Teamaufgabe für Lehrkräfte der allgeme<strong>in</strong>en<br />

Schulen und die sonderpädagogische Lehrkraft, die <strong>in</strong> der<br />

Regel nur <strong>in</strong> begrenztem Umfang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klasse arbeitet.<br />

Das Schulgesetz macht zum geme<strong>in</strong>samen Unterrichten<br />

ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltlichen Aussagen, mittlerweile liegen aber praxisnahe<br />

Materialien vor. Viele Schulämter haben dazu Leitl<strong>in</strong>ien<br />

verfasst, die Bezirksregierung Düsseldorf bietet unter www.<br />

brd.nrw.de e<strong>in</strong> Manual an, Prof. Wember veröffentlichte<br />

<strong>in</strong> Heft 10/2013 der ZfH se<strong>in</strong> fünfstufiges Modell <strong>in</strong>klusiven<br />

Lernens. In dieser Zeitschrift wurde <strong>in</strong> Heft 1, 2014, S.36 ff.<br />

das Konzept der „Lernlandkarten“ vorgestellt.<br />

Der vds <strong>NRW</strong> möchte als Fachverband unterstützende<br />

Hilfestellungen für die Praxis leisten. So stand die Bensberger<br />

Jahrestagung 2014 (<strong>in</strong> Kooperation mit dem IfL Mülheim)<br />

unter der Fragestellung, wie Klassenteams und letztlich<br />

Kollegien ihren Unterricht geme<strong>in</strong>sam „<strong>in</strong>klusiv“ weiter<br />

entwickelt können. Ziel der Tagung sollte es se<strong>in</strong>, praxisnahe<br />

Ansätze für das Geme<strong>in</strong>same Unterrichten zu formulieren.<br />

Damit setzte der Fachverband se<strong>in</strong>e Tradition fort, die<br />

Jahrestagung mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Thematik zu füllen.<br />

Unterricht <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs GEMEINSAM entwickeln<br />

me<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>en Prozess, <strong>in</strong> dem sich diese Geme<strong>in</strong>samkeit bei<br />

Lehrenden und Lernenden Schritt für Schritt entwickelt:<br />

• Geme<strong>in</strong>samkeit der Lehrenden: Unterricht planen, realisieren<br />

und reflektieren<br />

• Geme<strong>in</strong>samkeit der Lernenden: an e<strong>in</strong>em Lerngegenstand<br />

mite<strong>in</strong>ander und vone<strong>in</strong>ander zu lernen<br />

Dieses „Geme<strong>in</strong>same“ ist als e<strong>in</strong> tiefgreifendes Umdenken<br />

von allgeme<strong>in</strong>er Pädagogik und Sonderpädagogik zu verstehen.<br />

Es geht um mehr als e<strong>in</strong> Nebene<strong>in</strong>ander unter e<strong>in</strong>em<br />

Dach, es geht um mehr als e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Addition und es<br />

geht um mehr als die Implantation sonderpädagogischer<br />

Expertise <strong>in</strong> die Praxis der allgeme<strong>in</strong>en Schule, die so bleiben<br />

kann, wie sie ist.<br />

Das „Geme<strong>in</strong>same“ der Lehrenden muss – unter<br />

Berücksichtigung ihrer jeweiligen Expertisen – <strong>in</strong>tegrativ zu<br />

e<strong>in</strong>em neuen produktiven pädagogischen Ganzen zusammengeführt<br />

werden, <strong>in</strong> wechselseitiger Ergänzungsbedürftigkeit<br />

und Ergänzungsfähigkeit. Dies be<strong>in</strong>haltet:<br />

• Bewusstse<strong>in</strong> für die schulrechtliche Beauftragung zur<br />

Realisierung des Geme<strong>in</strong>samen Lernens<br />

• Geme<strong>in</strong>samer Wille zur kooperativen<br />

Unterrichtsentwicklung<br />

• Gesicherte Kommunikations- und Besprechungsstrukturen<br />

• Geme<strong>in</strong>same Planungs- und Dokumentationsstrukturen<br />

• Erweiterung des schul<strong>in</strong>ternen Lehrplans um basale<br />

Aneignungsniveaus der Lernenden<br />

• Entwickeln e<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>uierlichen Diagnostik:<br />

Lernausgangslage und Lernprozessbegleitung<br />

2<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Bensberger Tagung 2014<br />

• Erweiterung von Formen der Leistungsfeststellung und<br />

der Leitungsbewertung, <strong>in</strong>kl. Nachteilsausgleich<br />

• Flexible Formen des Co-teach<strong>in</strong>gs bei Doppelbesetzung<br />

• Flexible Anwendung von <strong>in</strong>neren und äußeren<br />

Differenzierungsmaßnahmen<br />

• Flexibler Wechsel zwischen lehrergesteuerten, selbst<br />

gesteuerten und kooperativen Lernphasen der SuS.<br />

Alle didaktischen und methodischen Ansätze allgeme<strong>in</strong>er<br />

Schulen, die sich jetzt schon auf heterogene Lerngruppen<br />

ausrichten, s<strong>in</strong>d bereits als Ressource für das „Geme<strong>in</strong>same<br />

Lernen“ zu begreifen. Diese Praxis muss nun unter<br />

E<strong>in</strong>beziehen sonderpädagogischer Unterstützungsformen<br />

erweitert und verändert werden.<br />

Im Unterricht geme<strong>in</strong>sam agieren:<br />

Sechs Formen des Co-teach<strong>in</strong>gs<br />

Wenn zum<strong>in</strong>dest zeitweise e<strong>in</strong>e Doppelbesetzung <strong>in</strong> der<br />

<strong>in</strong>klusiven Klasse gegeben ist, sollten die Aufgaben der<br />

Lehrkräfte passend und flexibel verteilt werden. Das aus dem<br />

Amerikanischen stammende Modell von FRIEND mit sechs<br />

Formen der Kooperation im Klassenraum ermöglicht den<br />

Lehrkräften, Aufgaben und Zuständigkeiten passend zu planen.<br />

Alle dargestellten Positionen <strong>in</strong> der folgenden Übersicht<br />

können sowohl von Allgeme<strong>in</strong>pädagogen wie auch von<br />

Sonderpädagogen e<strong>in</strong>genommen werden.<br />

Unterricht geme<strong>in</strong>sam planen:<br />

die Struktur der „Differenzierungsmatrizen“<br />

E<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames <strong>in</strong>klusives Planungskonzept muss e<strong>in</strong>e sehr<br />

heterogene Lerngruppe im Blick haben und die Leistungsund<br />

Lernkompetenz <strong>in</strong> der ganzen Spreizung abbilden<br />

können. Außerdem soll es für die Aufgabenverteilung im<br />

Co-teach<strong>in</strong>g hilfreich se<strong>in</strong>.<br />

Die Unterscheidung zwischen „zielgleichen“ Niveaus<br />

und „zieldifferenten“ Niveaus stellt für die Planung des<br />

Geme<strong>in</strong>samen Lernens e<strong>in</strong>e weitere Herausforderung dar.<br />

Ziel-„differenz“ wird bisher verstanden als Abweichung von<br />

den allgeme<strong>in</strong>en Lehrplänen und H<strong>in</strong>zunehmen der jeweiligen<br />

Lehrpläne für den Bildungsgang Lernen und geistige<br />

Entwicklung. Geme<strong>in</strong>sames Lernen kann aber letztlich nur<br />

dann „geme<strong>in</strong>sam“ genannt werden, wenn es sich auf<br />

e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Lehrplan bezieht. Dieser „<strong>in</strong>klusive“<br />

schul<strong>in</strong>terne Plan umfasst das gesamte Spektrum von<br />

Kompetenzerwartungen und e<strong>in</strong>e dazu passende Sammlung<br />

von Lernaufgaben auf allen Aneignungsniveaus.<br />

Die Unterrichtung von Schülern im Geme<strong>in</strong>samen Lernen<br />

nach unterschiedlichen Lehrplänen ist nicht mehr passend<br />

und entspricht auch nicht mehr der schulischen Wirklichkeit.<br />

Im Alltag ergibt sich folgende Situation: Schüler im<br />

Förderbedarf Lernen oder geistige Entwicklung nehmen im<br />

geme<strong>in</strong>samen Lernen <strong>in</strong> der Regel an den Bildungsvorgaben<br />

des allgeme<strong>in</strong>en Lehrplanes teil. Sie lernen im Vergleich zum<br />

Lehrplan der Förderschulen im Geme<strong>in</strong>samen Lernen viel<br />

früher komplexe Bildungsangebote kennen. Diese werden<br />

im Bildungsplan der Förderschulen oft später, langsamer<br />

und von vornehere<strong>in</strong> elementarisiert angeboten. De facto<br />

nehmen die Schüler also schon heute im Geme<strong>in</strong>samen<br />

Lernen – mit ihren Möglichkeiten – am Lehrplan der Grundund<br />

weiterführenden Schule teil und nicht – wie offiziell<br />

formuliert – am Lehrplan im Bildungsgang Lernen oder<br />

geistige Entwicklung. Langfristig macht es ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n mehr,<br />

Schüler e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Klasse ggf. nach 3 unterschiedlichen<br />

Lehrplänen zu unterrichten, die derzeit nicht aufe<strong>in</strong>ander<br />

bezogen s<strong>in</strong>d. Perspektivisch muss es im geme<strong>in</strong>samen<br />

Lernen e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Lehrplan geben. E<strong>in</strong>en Schritt <strong>in</strong><br />

diese Richtung stellen die „Differenzierungsmatrizen“ dar.<br />

Der Thür<strong>in</strong>ger Schulversuch „Unterrichtung von Schülern mit<br />

sonderpädagogischem Förderbedarf im Lernen im geme<strong>in</strong>samen<br />

Unterricht nach den Lehrplänen der Grund- und<br />

Regelschule“ hat e<strong>in</strong>e Planungsstruktur auf der Basis des allgeme<strong>in</strong>en<br />

Lehrplans entwickelt. Die „Differenzierungsmatrizen“<br />

bieten e<strong>in</strong> Modell für die Planung, Gestaltung und Reflexion<br />

von Unterricht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr heterogenen Lerngruppe an,<br />

die auch Schüler<strong>in</strong>nen im Bildungsgang Lernen e<strong>in</strong>schließt.<br />

Das Konzept wurde <strong>in</strong> der Thür<strong>in</strong>ger Forschungs- und<br />

Arbeitsstelle für den Geme<strong>in</strong>samen Unterricht von Frau Prof.<br />

Ada Sasse und Ursula Schulzeck entwickelt. Es wurde auf der<br />

Bensberger Fachtagung von zwei Mitarbeiter<strong>in</strong>nen von Frau<br />

Professor Sasse vorgestellt und ist unter http://www.gu-thue.<br />

de/matrix.htm im Detail dargestellt.<br />

Ausgangspunkt der Überlegungen des <strong>in</strong>klusiven<br />

Planungsansatzes war das Unterrichtskonzept des Marburger<br />

Erziehungswissenschaftlers Re<strong>in</strong>hard Kutzer. Er beschrieb<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 3


Bensberger Tagung 2014<br />

1978 se<strong>in</strong>e Überlegungen für das mathematische Lernen bei<br />

lernbeh<strong>in</strong>derten K<strong>in</strong>dern. Pr<strong>in</strong>zipiell können diese Schüler/<br />

<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong> mathematisches Operationsverständnis erwerben,<br />

wenn zwei Ebene passend zue<strong>in</strong>ander f<strong>in</strong>den: Die fachliche<br />

Anforderungsstruktur und die dazu passende Niveaustufe<br />

des Denkens.<br />

Es müssen also die sachlogische Struktur des Lerngegenstandes<br />

und das aktuelle Aneignungsniveau des Lernenden systematisch<br />

und entwicklungslogisch <strong>in</strong> Beziehung gebracht<br />

werden. Dies lässt sich <strong>in</strong> Tabellenform darstellen. Man kann<br />

an dieser systematischen Tabellenstruktur ablesen, welches<br />

fachliche Anforderungsniveau mit welchem Lernniveau bearbeitet<br />

werden kann. Die Verknüpfung von Diagnostik der<br />

Lernausgangslage und F<strong>in</strong>dung nächster Lernziele macht<br />

den Vorteil dieses Ansatzes aus. In e<strong>in</strong>er solchen Tabelle lassen<br />

sich die verschiedenen Abstraktionsstufen des Denkens<br />

<strong>in</strong> Bezug zur Komplexität des Lerngegenstandes darstellen.<br />

Das Thür<strong>in</strong>ger Forschungsteam unter Leitung von Frau<br />

Prof. Sasse führte KUTZERS Ansatz mit dem Konzept der<br />

„Differenzierungsmatrizen“ weiter.<br />

Für das Fach Mathematik ist e<strong>in</strong> entwicklungsbasiertes<br />

Modell schulischen Lernen durch die vorgegebene<br />

Fachstruktur klar ersichtlich, aber wie soll das <strong>in</strong> den anderen<br />

Unterrichtsfächern gel<strong>in</strong>gen? Es ist e<strong>in</strong>e Herausforderung<br />

für alle Fachdidaktiken. Die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen von Frau Prof.<br />

Sasse stellten zur Erläuterung beispielhaft Matrizen aus<br />

verschiedenen Fächern vor. Die Matrizen werden nicht von<br />

den Kompetenzerwartungen der Lehrpläne her konstruiert,<br />

sondern von der fachlichen Struktur der dazu gehörenden<br />

Bildungs<strong>in</strong>halte. Sie s<strong>in</strong>d auch nicht e<strong>in</strong>deutig empirisch<br />

abgesichert, sondern stellen vorrangig e<strong>in</strong> praktikables<br />

Planungs<strong>in</strong>strument des Klassenteams für die sehr heterogene<br />

Lerngruppe dar.<br />

Das folgende Beispiel (Seite 5) stammt aus e<strong>in</strong>er jahrgangsgemischten<br />

Lerngruppe (Kl. 3/4) der Montessorigesamtschule<br />

Jena zum fächerübergreifenden Projekt „Planeten“. Die<br />

Differenzierungsmatrix ist so aufgebaut: Die thematische<br />

Komplexität nimmt von l<strong>in</strong>ks nach rechts zu: vom Planeten<br />

Erde zu den Galaxien und der Milchstraße. Die kognitive<br />

Komplexität nimmt von unten nach oben zu: vom<br />

anschaulich-praktischen zum abstrakten Lernen. Die Arbeit<br />

mit diesem Strukturgitter bietet folgende Möglichkeiten und<br />

Vorteile:<br />

• Alle SuS haben pr<strong>in</strong>zipiell Zugang zu allen Ebenen.<br />

• Das Thema kann auf e<strong>in</strong>em Lernniveau mit mehreren<br />

<strong>in</strong>haltlich unterschiedlichen Lernaufgaben differenziert<br />

bearbeitet werden.<br />

• E<strong>in</strong> Thema kann bei steigender kognitiver Komplexität<br />

anspruchsvoller bearbeitet werden.<br />

• Thematische und kognitive Komplexität können gleichzeitig<br />

erhöht werden.<br />

• Kommt e<strong>in</strong> Schüler mit e<strong>in</strong>er Aufgabe, e<strong>in</strong>em Lernniveau<br />

nicht zurecht, kann e<strong>in</strong> Angebot auf e<strong>in</strong>em anderen<br />

Niveau ausgewählt werden.<br />

• Die SuS können selbst durch Markieren zeigen, was<br />

sie bereits können und woran sie aktuell arbeiten. Mit<br />

Pfeilen können sie markieren, welchen Weg sie durch das<br />

Themenfeld gegangen s<strong>in</strong>d.<br />

• Sonderpädagoge und Allgeme<strong>in</strong>pädagoge können auf<br />

der Basis der Matrix ihre Aufgaben teilen und absprechen.<br />

• Die Summe und Qualität der Lernergebnisse kann für e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>dividuelle oder kriterienbezogene Leistungsbewertung<br />

genutzt werden.<br />

Mit den „Differenzierungsmatrizen“ können die Lehrer<br />

(-teams) für e<strong>in</strong> Fach Bildungs<strong>in</strong>halte so analysieren und<br />

strukturieren, dass für die heterogene Lerngruppe passende<br />

Lernaufgaben/-situationen auf unterschiedlichen Lernniveaus<br />

vorbereitet werden können. Im Thür<strong>in</strong>ger Schulversuch wurden<br />

mittlerweile viele Differenzierungsmatrizen für unterschiedliche<br />

Fächer – <strong>in</strong> unterschiedlicher Qualität – erstellt.<br />

E<strong>in</strong> 2. Beispiel dazu steht auf Seite 6 (rationale Zahlen).<br />

Sie können unter www.gu-thue.de e<strong>in</strong>gesehen werden.<br />

Bisher werden <strong>in</strong> den Beispielen nur Schüler/<strong>in</strong>nen im<br />

Bildungsgang Lernen berücksichtigt, perspektivisch sollen<br />

die Matrizen auch um den Förderschwerpunkt geistige<br />

Entwicklung erweitert werden.<br />

Basis für geme<strong>in</strong>same Planungsentscheidungen s<strong>in</strong>d die<br />

Kompetenzerwartungen des allgeme<strong>in</strong>en Lehrplans und die<br />

Lernausgangslagen <strong>in</strong> der heterogenen Lerngruppe. Für sie<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Matrizen Themen und Lernaufgaben so zu bestimmen,<br />

dass alle Schüler/<strong>in</strong>nen ihren Zugang zum geme<strong>in</strong>samen<br />

Thema f<strong>in</strong>den können. Die Differenzierungsmatrix bündelt<br />

also didaktische Entscheidungen vor dem Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es<br />

Projektes oder e<strong>in</strong>er Unterrichtsreihe. Zu jedem Zielbereich<br />

müssten dann die entsprechenden Aufgaben, Medien, Hilfen,<br />

Sozialformen aufgelistet werden.<br />

• Die SuS sehen im Überblick, was es alles zu entdecken,<br />

zu lernen gibt. Dafür müssen die Ziele allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong><br />

Schülersprache übersetzt werden.<br />

4<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Bensberger Tagung 2014<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 5


Bensberger Tagung 2014<br />

6<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Bensberger Tagung 2014<br />

Kritische Diskussion des Ansatzes<br />

„Differenzierungsmatrizen“<br />

Lehrerteams <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Klassen benötigen für ihre heterogenen<br />

Lerngruppen e<strong>in</strong> praktikables Planungsschema.<br />

Differenzierungsmatrizen werden als e<strong>in</strong>e praktikable<br />

Möglichkeit e<strong>in</strong>geschätzt. Allerd<strong>in</strong>gs wurden die vorgestellten<br />

Beispiele auch kritisch gesehen. Folgende Ergänzungen<br />

müssten im Konzept vorgenommen werden:<br />

• Durchgehende Kompetenzorientierung<br />

• Erkennbare Dokumentation für sonderpädagogische<br />

Unterstützungsmaßnahmen<br />

• E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Förderpläne e<strong>in</strong>er Klasse<br />

• Nur umsetzbar <strong>in</strong> Doppelbesetzung, da sich durch die<br />

offene Lernform e<strong>in</strong> großer Unterstützungsbedarf ergibt.<br />

• Nur möglich, wenn es im Team e<strong>in</strong>e gesicherte<br />

Besprechungsstruktur gibt.<br />

• Nur umsetzbar, wenn alle beteiligten Lehrpersonen diese<br />

Planungsstruktur geme<strong>in</strong>sam füllen und umsetzen.<br />

• E<strong>in</strong> Kollegium kann dieses Planungsraster geme<strong>in</strong>sam<br />

umsetzen, wenn der schul<strong>in</strong>terne Lehrplan <strong>in</strong> allen<br />

Fachkonferenzen <strong>in</strong> dieser Form dokumentiert wird.<br />

Differenzierungsmatrizen – Schritt für Schritt<br />

nutzen<br />

Die Grundstruktur ist hilfreich und wird beibehalten, die<br />

Abstraktionsstufen werden auf drei reduziert.<br />

• Jedem Schüler die Möglichkeit eröffnen, auf allen drei<br />

Ebenen zu arbeiten: Alle Ebenen s<strong>in</strong>d gleichwertig.<br />

Gel<strong>in</strong>gensbed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />

Unterrichtsentwicklung: Die Rolle des<br />

Sonderpädagogen muss durch <strong>in</strong>stitutionelle<br />

Vorgaben gestärkt werden.<br />

• Die Klassen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> großem Zeitanteil doppelt besetzt.<br />

• Sonderpädagogen mit verschiedenen Fachrichtungen<br />

s<strong>in</strong>d fest an der Schule angestellt.<br />

• Sonderpädagogen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>gebunden <strong>in</strong> e<strong>in</strong> regionales<br />

fachliches Netzwerk für allgeme<strong>in</strong>e sonderpädagogische<br />

und förderschwerpunktspezifische Fragen.<br />

• Sonderpädagogen stehen aus dem Stundenkont<strong>in</strong>gent<br />

Zeiten für die Beratung mit e<strong>in</strong>zelnen Schülern zur<br />

Verfügung.<br />

• E<strong>in</strong>e Zeit für Teamgespräche ist im Stundenplan verankert.<br />

• Sonderpädagogen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Vertretungsreserve.<br />

• E<strong>in</strong>e GL – Fachkonferenz ist <strong>in</strong>stitutionalisiert.<br />

• Die Leitung der Fachkonferenz GL ist mit e<strong>in</strong>er<br />

Funktionsstelle verbunden.<br />

• Fachkonferenzmitglieder wirken als Multiplikatoren <strong>in</strong><br />

den Klassenteams.<br />

• Systematisch wird der Fortbildungsbedarf ermittelt.<br />

• Die <strong>in</strong>stitutionellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen werden möglichst<br />

über Schulaufsicht und MSW abgesichert.<br />

Geme<strong>in</strong>same Unterrichtsentwicklung –<br />

fachliche Aspekte<br />

Bauste<strong>in</strong>e für die schrittweise E<strong>in</strong>führung der Matrizen:<br />

• Vere<strong>in</strong>fachung durch Reduktion auf drei<br />

Aneignungsniveaus<br />

• Herausforderung für die jeweiligen Fachlehrer, e<strong>in</strong> Thema<br />

<strong>in</strong> unterschiedliche Aufgabenstellungen zu gliedern und<br />

auf unterschiedlichen Niveaus zu elementarisieren<br />

• Herausforderung für die Sonderpädagogen,<br />

Unterstützungen zu entwickeln, damit alle SuS<br />

Lernaufgaben erfolgreich bewältigen können<br />

• Schrittweise E<strong>in</strong>bezug aller Abstraktionsebenen<br />

• Das Aufgabenspektrum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Wochenplan für die<br />

Schüler e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den<br />

• Die geme<strong>in</strong>same Unterrichtsentwicklung ist für e<strong>in</strong><br />

Kollegium verpflichtend.<br />

• E<strong>in</strong> E<strong>in</strong>stieg könnte z.B. die erschwerte E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung von<br />

ES-SuS <strong>in</strong> den Unterricht se<strong>in</strong>.<br />

• Leitfrage der Erarbeitung: Was brauchen die Schüler/<br />

<strong>in</strong>nen dieser Klasse und was muss die Schule tun, damit<br />

geme<strong>in</strong>sames Lernen gel<strong>in</strong>gt?<br />

• Wahrnehmung und Wertschätzung auch kle<strong>in</strong>er erfolgreicher<br />

Schritte der Unterrichtsveränderung.<br />

• Klärung gegenseitiger Vorstellungen und Erwartungen<br />

im Klassenteam.<br />

• Verständigung auf e<strong>in</strong>en „<strong>in</strong>klusiven“ Bildungs- und<br />

Unterrichtsbegriff.<br />

• Verb<strong>in</strong>dung von kompetenzorientierten Förderplänen<br />

mit dem kompetenzorientierten schul<strong>in</strong>ternen Lehrplan.<br />

• Flächendeckende Schule<strong>in</strong>gangsdiagnostik.<br />

Geme<strong>in</strong>same Unterrichtsentwicklung – Woran sollte<br />

man diese Kooperation konkret erkennen?<br />

• Sonderpädagogen s<strong>in</strong>d Mitglied <strong>in</strong> den Fachkonferenzen.<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 7


Bensberger Tagung 2014<br />

• Es gibt Teamstunden, die Besprechungen sichern.<br />

• Alle Lehrpersonen s<strong>in</strong>d über ihre Unterrichtszeit h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong><br />

der Schule.<br />

• Die Lehrpersonen kommunizieren mite<strong>in</strong>ander und pflegen<br />

e<strong>in</strong>en themenbezogenen fachlichen Austausch.<br />

• Das Selbstverständnis der Lehrpersonen verändert sich <strong>in</strong><br />

Richtung e<strong>in</strong>es Lernunterstützers und Lerncoaches; Die<br />

Lehrer/<strong>in</strong>nen fördern das selbst gesteuerte und kooperative<br />

Lernen der SuS.<br />

• Sonderpädagoge und Allgeme<strong>in</strong>pädagoge klären<br />

ihre Kompetenzen und br<strong>in</strong>gen sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e produktive<br />

Ergänzung.<br />

• Die Unterrichtsfächer werden zum Ausgangspunkt von<br />

kollegialen Gesprächen.<br />

• Die Schulleitung übernimmt im Entwicklungsprozess e<strong>in</strong>e<br />

zentrale fördernde Rolle.<br />

• Das Kollegium erweitert die schul<strong>in</strong>ternen Lehrpläne<br />

bezogen auf elementare Aneignungsniveaus, evtl. werden<br />

Themen auf der Basis der Differenzierungsmatrizen<br />

im Kollegium exemplarisch geme<strong>in</strong>sam geplant und dann<br />

<strong>in</strong> Fachkonferenzen weiter bearbeitet.<br />

• Sonderpädagogen s<strong>in</strong>d Lehrkräfte der allgeme<strong>in</strong>en Schule<br />

und gehören zum Kollegium.<br />

• Es gibt „Dialogkonferenzen“ der Schulleitungen von<br />

allgeme<strong>in</strong>en Schulen und Förderschulen.<br />

• Das Kollegium f<strong>in</strong>det lohnende passende geme<strong>in</strong>same<br />

Themen, z.B. Classroom-Management, Fallberatung,<br />

Störungs- und Beh<strong>in</strong>derungsbilder stärkenorientiert<br />

betrachtet, Schulprogrammarbeit unter Berücksichtigung<br />

sonderpädagogischer Unterstützungsbedarfe, Veränderung<br />

der Leistungsbewertung.<br />

• Es gibt e<strong>in</strong> Planungsraster, <strong>in</strong> dem das Co-teach<strong>in</strong>g<br />

und der Unterstützungsbedarf e<strong>in</strong>zelner Schüler/<strong>in</strong>nen<br />

erkennbar abgebildet wird. Beispiel: www.2teachLLC.<br />

com<br />

Die Weiterarbeit des Verbandes<br />

Der vds sichtet vorhandene Konzepte zur geme<strong>in</strong>samen<br />

Unterrichtsplanung und entwickelt daraus e<strong>in</strong>e Handreichung.<br />

Dabei sollte die Kooperation mit anderen Fachverbänden<br />

und Vertretern der allgeme<strong>in</strong>en Schule gesucht werden.<br />

Der Verband stellt folgende Forderungen an das MSW:<br />

• Es müssen zeitliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für den gesicherten<br />

fachlichen Austausch im Lehrerteam geschaffen<br />

werden.<br />

• In den allgeme<strong>in</strong>en Schulen wird e<strong>in</strong>e Fachkonferenz<br />

„sonderpädagogische <strong>Förderung</strong>“ e<strong>in</strong>gerichtet.<br />

• Es wird <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Schulen e<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dliche<br />

Planstelle für die sonderpädagogische Koord<strong>in</strong>ation<br />

geschaffen.<br />

• Es werden verb<strong>in</strong>dliche Rahmenvorgaben für die<br />

Aufgabenverteilung zwischen allgeme<strong>in</strong>pädagogischen<br />

und sonderpädagogischen Lehrkräften erlassen.<br />

• Es wird e<strong>in</strong>e Stelle e<strong>in</strong>gerichtet, welche die regionale<br />

sonderpädagogische Koord<strong>in</strong>ierung übernimmt.<br />

Johannes Schumacher<br />

Institut für Lehrerfortbildung<br />

Kuhlendahl 64<br />

45470 Mülheim/Ruhr<br />

8<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


vds-aktuell<br />

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VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Rita Lackmann / Monika Ostmeier<br />

Pilotphase „KsF“ im Regierungsbezirk Detmold –<br />

Strukturen – Praktiken – Transformationsschritte<br />

Im Regierungsbezirk Detmold nehmen <strong>in</strong>sgesamt 6 Regionen<br />

seit den Schuljahren 2008/2009 bzw. 2010/11 am Pilotprojekt<br />

„Ausbau von Förderschulen zu Kompetenzzentren für sonderpädagogische<br />

<strong>Förderung</strong>“ des Landes <strong>NRW</strong> teil. Mit dem<br />

Schuljahr 2013/14 endet die Pilotphase. Entscheidend ist<br />

nun, welche zentralen Ergebnisse wir sichern und bei der<br />

weiteren Gestaltung der <strong>in</strong>klusiven Bildungslandschaften<br />

nutzen werden. Daher haben wir uns entschlossen, im letzten<br />

Jahr der Pilotphase wichtige Erkenntnisse aus der KsF-<br />

Arbeit herauszuarbeiten, sie zu bewerten und erste Schritte<br />

zur Transformation zu vere<strong>in</strong>baren. Diesem Ziel dienten bisher<br />

drei Workshops im November und Dezember 2013 sowie<br />

im März 2014, <strong>in</strong> denen diejenigen, die an dem KsF-Projekt<br />

bezirksweit maßgeblich beteiligt s<strong>in</strong>d, geme<strong>in</strong>sam gearbeitet<br />

haben. Hierzu zählen:<br />

• Die KsF-Leitungen<br />

• Die Grundschulleitungen der Netzwerkschulen<br />

• Die Schulträger<br />

• Die Inklusionskoord<strong>in</strong>atoren <strong>in</strong> den Schulämtern<br />

mit KsF-Regionen<br />

• Die Generalisten Inklusion <strong>in</strong> den Schulämtern<br />

• Die Vertreter der oberen und unteren Schulaufsichten<br />

• Die Fachberater<strong>in</strong>nen der Bezirksregierung.<br />

Die zentralen Ergebnisse der Workshops haben wir für den<br />

weiteren Transformationsprozess auf drei Ebenen gebündelt<br />

(siehe Grafik).<br />

1. Die Prozess-Steuerung<br />

Alle Beteiligten bewerten die Ebene der Prozess-Steuerung<br />

als am wichtigsten. Hier zeigt sich am deutlichsten, wo aufgrund<br />

der Organisationsform KsF erweitert gearbeitet werden<br />

konnte im Vergleich zu den Modellen des Geme<strong>in</strong>samen<br />

Unterrichts bzw. der Integrativen Lerngruppe. „KsF“ als regional<br />

gedachte und verankerte Organisationsform geht weit<br />

über die Möglichkeiten der Arbeit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zelschule h<strong>in</strong>aus<br />

und stellt ganz neue Herausforderungen dar.<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 19


Rita Lackmann / Monika Ostmeier<br />

1.1. Geme<strong>in</strong>sames Lernen <strong>in</strong> den KsF-Regionen:<br />

Entwicklungsstand<br />

E<strong>in</strong> zentrales Ergebnis im Bereich der Prozess-Steuerung ist,<br />

wie das Geme<strong>in</strong>same Lernen zum jetzigen Zeitpunkt <strong>in</strong> den<br />

e<strong>in</strong>zelnen KsF-Regionen ausgebaut ist. Dieser Ausbau stellt<br />

e<strong>in</strong>en Standard der <strong>in</strong>klusiven Bildungsentwicklung <strong>in</strong> den<br />

Regionen dar, der <strong>in</strong> Absprache mit den Schulträgern und<br />

den Schulaufsichten zu sichern ist.<br />

Kompetenzzentrumsregionen <strong>in</strong> OWL:<br />

Grundschulen und allen Schulformen der Sek I der Region und<br />

zudem kreisübergreifend. Bezeichnend ist, dass es <strong>in</strong> dieser<br />

Region ke<strong>in</strong>e Parallelstrukturen zu den Organisationsformen des<br />

Geme<strong>in</strong>samen Unterrichts (GU) und Integrativen Lerngruppen<br />

(IL) gibt und sich das Geme<strong>in</strong>same Lernen <strong>in</strong> dieser Region über<br />

die Zusammenarbeit im KsF entwickelt hat.<br />

Im Kreis M<strong>in</strong>den-Lübbecke (4) arbeiten die sonderpädagogischen<br />

Lehrkräfte des KsFs <strong>in</strong> allen Grundschulen der<br />

KsF-Region „Espelkamp/Rahden/Stemwede“. Im Bereich<br />

der weiterführenden Schulen s<strong>in</strong>d die sonderpädagogischen<br />

Lehrkräfte den Schulzentren zugewiesen.<br />

Das KsF der Albatros-Schule <strong>in</strong> Bielefeld (1) ist als besonderes<br />

Projekt anzusehen. Es vertritt die Förderschwerpunkte<br />

Körperlich-motorische Entwicklung (KME) und Geistige<br />

Entwicklung (GE). Die sonderpädagogische <strong>Förderung</strong> f<strong>in</strong>det<br />

überwiegend für K<strong>in</strong>der und Jugendliche statt, die e<strong>in</strong>en ausgewiesenen<br />

sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich<br />

KME haben.<br />

Die fünf KsFs, die e<strong>in</strong>e sonderpädagogische <strong>Förderung</strong> im<br />

Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen durchführen,<br />

haben das Geme<strong>in</strong>same Lernen <strong>in</strong> ihren Regionen unterschiedlich<br />

ausgebaut:<br />

Das KsF Bad-Salzuflen (2) arbeitet <strong>in</strong> allen Grundschulen der<br />

Region. Das KsF der Geme<strong>in</strong>de Kalletal (3) arbeitet <strong>in</strong> allen<br />

Das KsF der Stadt Herford (5) konzentriert die Zusammenarbeit<br />

auf drei (von 11) Grundschulen, die als Pilotschulen aufgrund<br />

ihrer bereits gelebten Konzepte bezüglich <strong>in</strong>dividueller<br />

<strong>Förderung</strong> und der Stadtteilarbeit ausgewählt worden s<strong>in</strong>d.<br />

Lehrkräfte des KsFs beraten außerdem e<strong>in</strong>e Gesamtschule<br />

und e<strong>in</strong>e Realschule mit Integrativen Lerngruppen bei der<br />

Konzepterarbeitung und im Aufbau von Beratungsstrukturen.<br />

Das KsF der Stadt Gütersloh (6) ist <strong>in</strong> fast allen Grundschulen<br />

vertreten sowie <strong>in</strong> den Schulformen der Sek I, bis auf die<br />

Gymnasien.<br />

Wir stehen nun vor der Herausforderung, wie wir aufgebaute<br />

Strukturen des Geme<strong>in</strong>samen Lernens und konzeptionelle<br />

20<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Pilotphase „KsF“ im Regierungsbezirk Detmold Strukturen – Praktiken – Transformationsschritte<br />

Ansätze an den Netzwerkschulen bewerten und den neuen<br />

rechtlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen anpassen. Die Ergebnisse<br />

der Workshops zeigen e<strong>in</strong>deutig, dass alle Schulen, die mit<br />

den KsFs zusammenarbeiten, die Kooperationen mit den<br />

sonderpädagogischen Lehrkräften sowie das Geme<strong>in</strong>same<br />

Lernen fortsetzen bzw. ausbauen wollen. Die Schulträger<br />

sehen die beteiligten Schulen zukünftig grundsätzlich als<br />

„Schulen des Geme<strong>in</strong>samen Lernens“.<br />

In den Workshops wurden Zuständigkeiten und erste<br />

Arbeitsschritte für die Vorbereitung des kommenden<br />

Schuljahrs vere<strong>in</strong>bart:<br />

• Die Netzwerkschulen werden zu „Schulen des<br />

Geme<strong>in</strong>samen Lernens“. Der Transformationsprozess<br />

wird <strong>in</strong> die politischen Gremien e<strong>in</strong>gebracht (Schulträger).<br />

• In den KsF-Regionen werden Schwerpunktschulen<br />

bestimmt. Dazu bedarf es der politischen<br />

Beschlussfassungen und <strong>in</strong> der Folge der E<strong>in</strong>richtung<br />

durch die Schulaufsichtsbehörde (Schulträger, untere<br />

bzw. obere Schulaufsicht).<br />

• Die Verteilung des Budgets für die Lern- und<br />

Entwicklungsstörungen ab dem Schuljahr 2014/15<br />

berücksichtigt aufgebaute und bewährte KsF-Strukturen.<br />

In den Regionen, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e hohe Anzahl von Schulen<br />

<strong>in</strong> die KsF-Arbeit e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d, wird sorgfältig<br />

geprüft, wie die neuen Standards zur Budgetverteilung<br />

umgesetzt werden bzw. welche Übergangsregelungen<br />

s<strong>in</strong>nvoll s<strong>in</strong>d (Schulaufsichten, Schulen, Schulträger,<br />

Lehrkräfte).<br />

1.2. Personalsteuerung<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip der Budgetierung wird ab dem Schuljahr 2014/15<br />

<strong>in</strong> <strong>NRW</strong> landesweit übertragen und gilt als e<strong>in</strong>e der zukunftsweisendsten<br />

Facetten des Projektes.<br />

Die Planung des Transformationsprozesses ist sowohl<br />

von Seiten der Schulen als auch der Schulträger mit<br />

Verunsicherungen bezüglich der Zuweisung der sonderpädagogischen<br />

Stellenressource verknüpft. Für den regionalen<br />

und schulischen Inklusionsprozess ist nach Ansicht<br />

der Beteiligten e<strong>in</strong>e transparente, regional ausgerichtete<br />

Steuerung des Stellenbudgets zentral, wie sie bislang <strong>in</strong><br />

der Verantwortung der KsF-Leitungen geschieht. In KsF-<br />

Regionen hat sich e<strong>in</strong>e zufriedenstellende und transparente<br />

Personalsteuerung entwickelt, die basiert auf<br />

• guten Standort- und Personenkenntnissen der KsF-<br />

Leitungen,<br />

• regionalen Kommunikationsstrukturen<br />

(KsF-Leitungsteams aus den beteiligten KsF –<br />

Förderschulen; Teamsitzungen mit den beteiligten<br />

Schulleitungen der allgeme<strong>in</strong>en Netzwerkschulen<br />

zur Schaffung von Transparenz bezüglich der<br />

Ressourcenverteilung und Absprachen <strong>in</strong> besonderen<br />

Problemlagen),<br />

• e<strong>in</strong>er gewissen Flexibilität zum Reagieren auf schulische<br />

oder personelle Veränderungen.<br />

Folgende Eckpunkte bilden sich aus Sicht der KsF-Leitungen<br />

für e<strong>in</strong>en unterstützenden und effizienten E<strong>in</strong>satz von<br />

sonderpädagogischen Lehrkräften <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Schulen<br />

heraus:<br />

• Unterstützungsbedarfe der K<strong>in</strong>der<br />

• Fachspezifische Kompetenzen der Lehrkräfte<br />

• Standortfaktoren der allgeme<strong>in</strong>en Schulen<br />

• Personelle Kont<strong>in</strong>uität<br />

• Möglichst hoher Stundenumfang e<strong>in</strong>er Lehrkraft an e<strong>in</strong>er<br />

Schule<br />

• Möglichst e<strong>in</strong> Team von zwei sonderpädagogischen<br />

Lehrkräften an e<strong>in</strong>er Schule<br />

Von Seiten der Grundschulleitungen wird bestätigt, dass<br />

die personelle Kont<strong>in</strong>uität e<strong>in</strong>e Grundvoraussetzung für<br />

die Entwicklung professioneller Lerngeme<strong>in</strong>schaften ist.<br />

Unabhängig von der Systemgröße ist der E<strong>in</strong>satz sonderpädagogischer<br />

Lehrkräfte mit e<strong>in</strong>em Stundenumfang von<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>er halben Stelle notwendig (vgl. auch: http://<br />

www.schulm<strong>in</strong>isterium.nrw.de/docs/Schulsystem/Inklusion/<br />

E<strong>in</strong>fuehrung_der_neuen_Ressourcensteuerung/Eckpunkte-<br />

Verteilung-Stellenbudget---Stand-Maerz-2014.pdf)<br />

Die Erfahrungen zeigen, dass es mit dieser Maßgabe eher<br />

gel<strong>in</strong>gt, e<strong>in</strong>e Aufgaben- und Rollentransparenz zu schaffen<br />

und tragfähige Kooperationen aufzubauen.<br />

Außerdem ermöglicht dieser Stundenumfang es, sonderpädagogische<br />

Lehrkräfte h<strong>in</strong>reichend im Unterricht e<strong>in</strong>zusetzen.<br />

Dieses, sowohl im Rahmen von Doppelbesetzung als besonders<br />

auch im Rahmen des eigenständigen Unterrichts, ist<br />

entscheidend für die Arbeitszufriedenheit der sonderpädagogischen<br />

Lehrkräfte und die Akzeptanz bei den Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schülern.<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 21


Rita Lackmann / Monika Ostmeier<br />

Der E<strong>in</strong>satz von zwei sonderpädagogischen Lehrkräften<br />

an e<strong>in</strong>er Schule stärkt das Stand<strong>in</strong>g der Kollegen und ist<br />

vor allem <strong>in</strong> großen Systemen hilfreich für den fachlichen<br />

Erfahrungsaustausch, aber auch <strong>in</strong> Vertretungssituationen.<br />

Von Seiten der sonderpädagogischen Lehrkräfte als auch der<br />

allgeme<strong>in</strong>en Schulen wird es jedoch e<strong>in</strong>deutig als prioritär<br />

angesehen, mit e<strong>in</strong>em möglichst hohen Stundenanteil an<br />

e<strong>in</strong>er Schule tätig zu se<strong>in</strong>.<br />

Die Verantwortung, die die KsF-Leitungen für die<br />

Qualitätssicherung der fachlichen Expertise ihrer Lehrkräfte<br />

übernommen haben, ist zukunftsweisend. In den KsFs werden<br />

fest term<strong>in</strong>ierte regelmäßige Teamsitzungen der sonderpädagogischen<br />

Lehrkräfte, die an allgeme<strong>in</strong>en Schulen tätig<br />

s<strong>in</strong>d, durchgeführt, meistens <strong>in</strong> 14-tägigem Rhythmus.<br />

Auf der Agenda der Sitzungen stehen u.a.:<br />

• Die fachrichtungsübergreifende Vernetzung<br />

• Die fachdidaktische Weiterentwicklung vor allem <strong>in</strong><br />

H<strong>in</strong>blick auf zieldifferent lernende Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler<br />

• Die Weiterqualifizierung <strong>in</strong> den Bereichen Diagnostik und<br />

Beratung<br />

• Der Austausch von Interventionsmaßnahmen und<br />

Förderkonzepten<br />

• Die kollegiale Fallberatung<br />

Aus Sicht der Schulaufsichten für die Förderschulen ist<br />

es besonders unter den neuen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, die<br />

e<strong>in</strong>en verstärkten E<strong>in</strong>satz sonderpädagogischer Lehrkräfte<br />

ausschließlich <strong>in</strong> Bereichen der allgeme<strong>in</strong>en Schulen<br />

und Versetzungen <strong>in</strong> die jeweiligen Schulkapitel vorsehen,<br />

e<strong>in</strong>e zentrale Aufgabe, Funktionen und verb<strong>in</strong>dliche<br />

Organisationsformen beizubehalten, die die fachrichtungsspezifischen<br />

Kompetenzen der sonderpädagogischen<br />

Lehrkräfte sichern und vernetzen, Sicherheit mit den fachdidaktischen<br />

Herausforderungen aufbauen und auf die neuen<br />

Aufgabenfelder im Bereich der allgeme<strong>in</strong>en Schulen gezielt<br />

vorbereiten.<br />

In den Workshops s<strong>in</strong>d folgende Schritte zur Sicherung<br />

bewährter Strukturen im Rahmen des Personalmanagements<br />

für den Transformationsprozess herausgestellt worden:<br />

• Steuerung des Stellenbudgets für LES <strong>in</strong> Abstimmung<br />

mit Schulentwicklungsplanungen und regionalen<br />

Besonderheiten<br />

• E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Steuerungserfahrungen der KsF-Leitungen<br />

im zukünftigen Personalmanagement<br />

• Sicherung der sonderpädagogischen Expertise, u.a.<br />

durch den E<strong>in</strong>satz von Inklusionsfachberatern (s.<br />

Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und<br />

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 15.10.2013, Drucksache<br />

16/4218)<br />

1.3. Gestaltung von Übergängen.<br />

Beispielhaft konzeptionell gestaltet f<strong>in</strong>det bereits an<br />

den meisten KsF-Grundschulen vor der E<strong>in</strong>schulung e<strong>in</strong>e<br />

Schule<strong>in</strong>gangsdiagnostik statt, die die Expertise der sonderpädagogischen<br />

Lehrkräfte e<strong>in</strong>bezieht und somit e<strong>in</strong>en<br />

entscheidenden Präventionsaspekt aufzeigt. K<strong>in</strong>der aus den<br />

K<strong>in</strong>dertagesstätten werden nach der Anmeldung <strong>in</strong> die<br />

Grundschule e<strong>in</strong>geladen und erhalten e<strong>in</strong> „Spiel- und<br />

Unterrichtsangebot“. Hierbei handelt es sich z.B. um ausgearbeitete<br />

Bewegungsangebote, die die K<strong>in</strong>der gern<br />

annehmen. Während e<strong>in</strong>e Lehrkraft die K<strong>in</strong>der an den<br />

verschiedenen Stationen anleitet, vermerkt e<strong>in</strong> Team aus<br />

Grundschullehrkräften und sonderpädagogischen Lehrkräften<br />

mit Hilfe e<strong>in</strong>es kriteriengestützten Beobachtungsbogens die<br />

motorischen, sozialen und sprachlichen Kompetenzen der<br />

K<strong>in</strong>der sowie deren Aufgabenverständnis und Merkfähigkeit.<br />

Diese Dokumentationen werden anschließend im Team aus<br />

Grundschul- und sonderpädagogischen Lehrkräften ausgewertet.<br />

Ziel dieser E<strong>in</strong>gangsdiagnostik ist es, die Zeit bis zur<br />

E<strong>in</strong>schulung durch gezielte, förderplangestützte Maßnahmen<br />

<strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dertagesstätte zu nutzen und allen K<strong>in</strong>dern von<br />

Schulbeg<strong>in</strong>n an die bestmöglichen <strong>in</strong>dividuellen Unterrichtsund<br />

Förderangebote machen zu können.<br />

Als Schritte zur Weiterführung und Weiterentwicklung<br />

des Diagnostik-Konzeptes wurde <strong>in</strong> den Workshops u.a.<br />

mit der Schulaufsicht der Grundschulen vere<strong>in</strong>bart, die<br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung sonderpädagogischer Lehrkräfte <strong>in</strong> die<br />

Schule<strong>in</strong>gangsdiagnostik weiterh<strong>in</strong> sicherzustellen und das<br />

Konzept <strong>in</strong> andere Regionen zu übertragen, beg<strong>in</strong>nend mit<br />

e<strong>in</strong>er Information der Grundschulen sowie der Leitungen und<br />

Träger der K<strong>in</strong>dertagesstätten.<br />

2. Die <strong>Sonderpädagogische</strong> Unterstützung<br />

<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Schulen <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf<br />

Beratungs- und Kooperationsstrukturen<br />

Mit E<strong>in</strong>führung des Stellenbudgets ist es nicht mehr notwendig<br />

und vorgesehen, sonderpädagogische Unterstützungsbedarfe<br />

im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen formal festzustellen,<br />

um daraus e<strong>in</strong>en Anspruch auf sonderpädagogische<br />

Stellenanteile an der Schule sicherzustellen. Besonders <strong>in</strong> den<br />

Grundschulen und ganz besonders <strong>in</strong> den Flächenregionen<br />

wird sich unter dem Anspruch, e<strong>in</strong>en Schulwechsel im<br />

Grundschulbereich möglichst zu vermeiden, die Situation<br />

ergeben, dass K<strong>in</strong>der mit Unterstützungsbedarfen zu fördern<br />

s<strong>in</strong>d, ohne dass e<strong>in</strong>e feste sonderpädagogische Lehrkraft vor<br />

Ort ist. In den KsF-Regionen gibt es für diese Situationen niedrigschwellige,<br />

allen bekannte und abgestimmte Verfahren zu<br />

Beratungs- und Unterstützungsanfragen für Lehrkräfte und<br />

22<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Pilotphase „KsF“ im Regierungsbezirk Detmold Strukturen – Praktiken – Transformationsschritte<br />

Eltern, sogar für Kitas. Beratungsanfragen werden durch<br />

die KsF-Leitungen <strong>in</strong>nerhalb weniger Tage bearbeitet und<br />

koord<strong>in</strong>iert.<br />

Bedeutsam und zukunftsweisend für die KsF-Arbeit s<strong>in</strong>d<br />

außerdem Vere<strong>in</strong>barungen für die Zusammenarbeit der<br />

Lehrkräfte (Kooperationsvere<strong>in</strong>barungen/regionale Rahmenkonzepte).<br />

Hierbei geht es nicht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie um die<br />

Gestaltung professioneller Lerngeme<strong>in</strong>schaften <strong>in</strong> der<br />

Klasse, sondern um Rollen- und Aufgabenklärungen im<br />

Prozess e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Schul- und Unterrichtsentwicklung<br />

unter den strukturellen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>es KsFs. Für die<br />

Entwicklung dieser Konzepte / Vere<strong>in</strong>barungen bzw. ihrer<br />

Nutzung und Akzeptanz war es maßgeblich, dass sie<br />

unter Berücksichtigung der regionalen Bed<strong>in</strong>gungen, unter<br />

aktiver Beteiligung der Akteure und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em moderierten<br />

Prozess stattfand. An e<strong>in</strong>igen Schulen wurden sie mit<br />

Blick auf die systemischen Ausprägungen konkretisiert.<br />

Die Vere<strong>in</strong>barungen und Konzepte s<strong>in</strong>d zu f<strong>in</strong>den unter:<br />

http://www.bezreg-detmold.nrw.de/200_Aufgaben/025_<br />

Schule/026_Inklusion/042_Kompetenzzentren_K sF/<strong>in</strong>dex.<br />

php<br />

Wie wichtig es ist, sich im Rahmen e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>klusiven<br />

Bildungsprozesses aktiv des Themas der professionellen<br />

Zusammenarbeit <strong>in</strong> den Regionen und den E<strong>in</strong>zelschulen<br />

anzunehmen, damit K<strong>in</strong>der und Jugendliche davon maximal<br />

profitieren, ist uns durch das KsF-Projekt sehr bewusst geworden.<br />

In den Workshops wurden folgende Arbeitsaufträge<br />

entwickelt:<br />

• <strong>Sonderpädagogische</strong> Beratung an Schulen ohne feste<br />

sonderpädagogische Lehrkräfte: Weiterführung der<br />

Verfahren / Klärung von Zuständigkeiten durch die<br />

Schulaufsicht Förderschulen<br />

• Evaluation der erarbeiteten Kooperationsvere<strong>in</strong>barungen<br />

und Rahmenkonzepte zur Zusammenarbeit <strong>in</strong> den KsF-<br />

Regionen; Abstimmungen zur Weiterentwicklung auf<br />

Ebene der Schulaufsichten<br />

die regelmäßigen Steuergruppensitzungen überwiegend von<br />

den KsF-Leitungen geplant und e<strong>in</strong>berufen. Im KsF der<br />

Stadt Gütersloh hat seit längerer Zeit der Schulträger die<br />

Verantwortung für die Steuergruppe übernommen.<br />

Zu klären ist die Frage, wer nach Projektende verantwortlich<br />

ist für die regionalen Steuerungen und mit welchen<br />

neuen Legitimationen, durch welche Gremien, mit wessen<br />

Aufträgen diese Steuerungsprozesse weitergeführt und gesichert<br />

werden.<br />

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die KsFs<br />

als regionale Organisationsformen regionale <strong>in</strong>klusive<br />

Bildungsprozesse erfolgreich gestaltet haben. Es wurden<br />

tragfähige Beratungsstrukturen aufgebaut, es wurden<br />

Übergangskonzepte entwickelt und multiprofessionell ausgerichtet.<br />

In den Schulen konnte der systemische Blick<br />

geschärft werden. Die Zusammenarbeit der Lehrkräfte bezüglich<br />

Rollenklarheit und transparenter Aufgabenverteilung<br />

wurde reflektiert und an vere<strong>in</strong>barten Kriterien ausgerichtet.<br />

Für e<strong>in</strong>e gute <strong>in</strong>klusive Gestaltung e<strong>in</strong>er Bildungsregion müssen<br />

Unterrichts-, Schul- und regionale Entwicklung <strong>in</strong>e<strong>in</strong>andergreifen.<br />

Die große Herausforderung wird es nun se<strong>in</strong>, die<br />

Ergebnisse <strong>in</strong> der Transformation auch ohne den „Rückhalt<br />

KsF“, aber unter guter Nutzung der Projekterfahrungen zu<br />

sichern und weiterzuentwickeln.<br />

Rita Lackmann, LRSD<br />

Monika Ostmeier, Koord<strong>in</strong>ation Inklusion<br />

Bezirksregierung Detmold<br />

Leopoldstraße 15<br />

32756 Detmold<br />

rita.lackmann@brdt.nrw.de<br />

monika.ostmeier@brdt.nrw.de<br />

3. Die Vernetzung und Kooperation<br />

Als e<strong>in</strong> Beispiel für die vielfältigen Vernetzungsstrukturen<br />

<strong>in</strong> den KsF-Regionen führen wir hier die „Steuergruppen<br />

KsF“ an, durch die die Steuerung der regionalen Prozesse<br />

entscheidend geschieht. Die Steuergruppen s<strong>in</strong>d multiprofessionell<br />

besetzt mit Vertretern aus den Schulen aller<br />

Schulformen, der Jugendhilfe, der regionalen Schulberatung,<br />

der Schulträger, der Schulaufsichten und den Bildungsbüros.<br />

Diese gezielte Kooperation hat zur Folge, dass der Prozess<br />

e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Bildungsentwicklung <strong>in</strong> den Kommunen<br />

mit KsF <strong>in</strong> der Regel deutlich weiter entwickelt ist als <strong>in</strong><br />

vielen anderen Kommunen. In den KsF-Regionen werden<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 23


Susanne Eßer<br />

Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong><br />

wirksames classroom management <strong>in</strong> der <strong>in</strong>klusiv/<strong>in</strong>tegrativen<br />

<strong>Förderung</strong> von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern im Förderschwerpunkt<br />

soziale und emotionale Entwicklung<br />

1. E<strong>in</strong>leitung<br />

Im Zuge des <strong>in</strong>klusiven Schulentwicklungsauftrags für<br />

das deutsche Bildungssystem durch die Unterzeichnung<br />

des UN-Charta 1 wird die <strong>in</strong>tegrative bzw. <strong>in</strong>klusive<br />

<strong>Förderung</strong> der Schüler 2 mit e<strong>in</strong>em sonderpädagogischen<br />

Unterstützungsbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen<br />

Entwicklung immer wieder mit großen Schwierigkeiten<br />

behaftet gesehen. Nach Preuss-Lausitz stellen nicht nur<br />

<strong>in</strong> Deutschland die „K<strong>in</strong>der mit Verhaltensauffälligkeiten<br />

bzw. sozialen und emotionalen Problemen die größte<br />

Herausforderung für die heutige Schule“ dar. 3<br />

Mit Hilfe des classroom managements, im Deutschen<br />

häufig übersetzt mit „Klassenführung“, kann e<strong>in</strong><br />

Orientierungsrahmen für alle Schüler geschaffen werden,<br />

der nicht nur für mehr aktive Lernzeit im S<strong>in</strong>ne des kognitiven<br />

Lernens sorgt, wie Helmke mit unterschiedlichen <strong>in</strong>ternationalen<br />

Studien belegt 4 , sondern auch den Schülern mit<br />

e<strong>in</strong>em Förderbedarf im Bereich der sozialen und emotionalen<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>e unterstützende Struktur zur erfolgreichen<br />

Verhaltenssteuerung bietet.<br />

Die Bedeutsamkeit des e<strong>in</strong>zelnen Lehrers für die<br />

Entwicklungsprozesse der Schüler wird dabei ebenso hervorgehoben<br />

wie der Gew<strong>in</strong>n konkreter H<strong>in</strong>weise zur Strukturierung<br />

e<strong>in</strong>es unterstützenden Fördersett<strong>in</strong>gs im Bereich Schule. Der<br />

Lehrer bietet sich als Bezugsperson an und wirkt sowohl<br />

durch se<strong>in</strong>e Person als auch durch die von ihm angebotenen<br />

pädagogischen Maßnahmen. Er behält den Überblick über<br />

das Gesamtgeschehen und setzt zum passenden Zeitpunkt<br />

gezielte Interventionen. „S<strong>in</strong>nvolle Ordnungen und e<strong>in</strong> verlässlicher<br />

Rhythmus für alltägliche Vorgänge im Schulbereich<br />

s<strong>in</strong>d Schutzmaßnahmen für den e<strong>in</strong>zelnen wie für die Gruppe<br />

und stabilisieren den Schüler gegenüber Enttäuschung,<br />

Angst und Versagen.“ 5 Ebenso sehen auch Hillenbrand und<br />

Bergsson die Beziehung des Erwachsenen zum K<strong>in</strong>d und<br />

die Strukturierung des pädagogischen Feldes als wichtige<br />

Grundlagen des Förderprozesses an. 6;7<br />

2. Entwicklungspädagogik<br />

Die „Entwicklungspädagogik“ geht auf das Modell der<br />

„Developmental Thepapy <strong>in</strong> the classroom“ von Mary<br />

M. Wood 8 zurück. Unter diesem Titel veröffentlichte sie<br />

1986 e<strong>in</strong> Programm zur <strong>in</strong>tensiven <strong>Förderung</strong> von Schülern<br />

mit e<strong>in</strong>em Förderbedarf im Bereich der sozial-emotionalen<br />

Entwicklung. Hierzu hatte Mary Wood verschiedenste<br />

Theorien zu Aspekten k<strong>in</strong>dlicher Entwicklung unter dem<br />

Blickw<strong>in</strong>kel ihrer Relevanz für die schulische <strong>Förderung</strong><br />

untersucht und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Stufenmodell, dem „Baum der<br />

Entwicklung“, zusammengefasst. 9 Es beschreibt die<br />

Entwicklung sozial-emotionalem Verhaltens von der Geburt<br />

bis zum Ende des 16ten Lebensjahres <strong>in</strong> fünf Stufen und vier<br />

Bereichen. Zur Erfassung der Kompetenzen der K<strong>in</strong>der wurde<br />

analog zum Baum-Modell e<strong>in</strong> Beobachtungsbogen mit<br />

Indikatoren für die e<strong>in</strong>zelnen Stufen und Bereiche entwickelt<br />

(DTORF, Developemtal Teach<strong>in</strong>g Objektives Rat<strong>in</strong>g Form) 10 .<br />

Neben der E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das Modell der Entwicklung und<br />

der entsprechenden Diagnostik umfasst das Handbuch auch<br />

detaillierte H<strong>in</strong>weise zur Umsetzung <strong>in</strong> die unterrichtliche<br />

Praxis. Das Modell der „Developmental Therapy“ wurde von<br />

Dr. Marita Bergsson und dem Team der Jakob Muth-Schule <strong>in</strong><br />

Essen auf den deutschen Kulturkreis h<strong>in</strong> adaptiert und dort<br />

auch evaluiert. 11 Der Umsetzungs- und Adaptionsprozess<br />

der Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik <strong>in</strong><br />

Europa wird <strong>in</strong>zwischen von e<strong>in</strong>em Institut (ETEP-Europe)<br />

<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem „Developmental Institute“ <strong>in</strong><br />

Athens, Georgia vollzogen.<br />

In der <strong>in</strong>klusiv / <strong>in</strong>tegrativen schulischen <strong>Förderung</strong> hat<br />

das Modell der Entwicklungspädagogik <strong>in</strong> Deutschland<br />

<strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und Hamburg große Verbreitung<br />

gefunden. In Berl<strong>in</strong> gibt es circa 200 Schulen, die die<br />

Entwicklungspädagogik <strong>in</strong> ihr Schulprogramm aufgenommen<br />

haben. 12<br />

24<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong> wirksames classroom management<br />

3. Das Entwicklungspädagogische Programm<br />

Das Entwicklungspädagogische Programm verb<strong>in</strong>det<br />

Diagnostik, <strong>Förderung</strong> und Evaluation im gesamten<br />

Förderprozess untrennbar mite<strong>in</strong>ander.<br />

Mit Hilfe e<strong>in</strong>es Beobachtungs<strong>in</strong>struments, <strong>in</strong> der deutschen<br />

Fassung ELDiB genannt (Entwicklungspädagogischer Lernziel-<br />

Diagnose-Bogen), der analog der Entwicklungsstufen aufgebaut<br />

ist, wird die Stufe der aktuellen Entwicklung des Schülers<br />

beschrieben. Der ELDiB liegt <strong>in</strong> Formen für Pädagogen,<br />

Erziehungsberechtigte, K<strong>in</strong>der und ältere Jugendliche vor<br />

und ermöglicht damit e<strong>in</strong>e Mitarbeit aller am Förderprozess<br />

Beteiligten. Auf dieser diagnostischen Grundlage werden<br />

vorhandene Verhaltensfähigkeiten beschrieben sowie<br />

Entwicklungsziele bestimmt, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>sam erstellten<br />

<strong>in</strong>dividuellen Entwicklungsplan festgehalten werden.<br />

Für die Gestaltung des Förder- bzw. Entwicklungsprozesses<br />

f<strong>in</strong>den sich für jede Entwicklungsstufe Ausführungen zu den<br />

relevanten Entwicklungsprozessen, den Entwicklungszielen<br />

und den relevanten Strukturpr<strong>in</strong>zipien. 13<br />

Beschreibt das amerikanische Modell e<strong>in</strong> hochstrukturiertes<br />

Sett<strong>in</strong>g, welches zwar für die <strong>in</strong>tegrative <strong>Förderung</strong> entwickelt<br />

wurde, aber tendenziell <strong>in</strong> äußerer Differenzierung umgesetzt<br />

wird, liegen <strong>in</strong> der Weiterentwicklung von Bergsson<br />

auch Modelle für die Umsetzung im Klassenunterricht, vornehmlich<br />

der allgeme<strong>in</strong>en Schule, vor. 14<br />

3.1 Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der<br />

Entwicklungspädagogik<br />

Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik beschreiben<br />

<strong>in</strong> den vier Dimensionen Raum, Zeit, Personen und<br />

Interventionen notwendige Förderbed<strong>in</strong>gungen bezogen auf<br />

die jeweilige Entwicklungsstufe des Schülers. Dem Schüler<br />

soll damit e<strong>in</strong> Rahmen gegeben werden, der Sicherheit<br />

und Verlässlichkeit bietet und ihm dadurch ermöglicht,<br />

Verhaltensfähigkeiten auf- bzw. auszubauen.<br />

Das Maß an äußerer Struktur wird entsprechend der Zunahme<br />

an <strong>in</strong>nerer Struktur beim Schüler reduziert.<br />

3.1.1 Die Struktur des Raumes<br />

Nach den Pr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik ist der<br />

Raum <strong>in</strong> verschiedene Bereiche unterteilt, die übersichtlich<br />

angeordnet s<strong>in</strong>d und vom Lehrer immer e<strong>in</strong>gesehen werden<br />

können. Für die unterschiedlichen Raumbereiche werden<br />

entsprechende Verfahrensabläufe mit der Klasse e<strong>in</strong>geübt. 15<br />

Es gibt Arbeitsplätze, die sich <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> der Nähe<br />

der Tafel bef<strong>in</strong>den und die für die kognitive Arbeit <strong>in</strong><br />

der Gesamtgruppe vorgesehen s<strong>in</strong>d. Abhängig von den<br />

Gruppenfähigkeiten der Klasse s<strong>in</strong>d diese eher e<strong>in</strong>zeln oder<br />

<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Blöcken angeordnet. M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> weiterer<br />

E<strong>in</strong>zelarbeitsplatz bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ruhigen, reizarmen<br />

Bereich des Raumes. Dieser dient dem Zur-Ruhe-Kommen<br />

bzw. der konzentrierten E<strong>in</strong>zelarbeit e<strong>in</strong>es Schülers. E<strong>in</strong> weiterer<br />

Raumbereich ist der <strong>Förderung</strong> der sozialen Begegnung<br />

vorbehalten. Bei jüngeren Schülern ist dies häufig e<strong>in</strong><br />

Teppich, der zu Spielen e<strong>in</strong>lädt, der aber auch zum Vorlesen<br />

und für Gesprächsrunden genutzt werden kann. Für ältere<br />

Schüler bietet sich eher e<strong>in</strong>e Sitzecke mit Bänken und<br />

flexiblen kle<strong>in</strong>eren Tischen an, die die Schüler bzw. Lehrer<br />

entsprechend ihrer Absichten nutzen können.<br />

Da auch für die Bildung der bereits genannten Raumbereiche<br />

nicht immer die baulichen Voraussetzungen gegeben s<strong>in</strong>d,<br />

sollte dann das Mobiliar so flexibel zu handhaben se<strong>in</strong>,<br />

dass es für neue Arbeitszusammenhänge verändert werden<br />

kann. Mit den Schülern werden dann die Abläufe der<br />

Umstrukturierung des Raumes e<strong>in</strong>geübt, so dass der Umbau<br />

möglichst ruhig und störungsfrei ablaufen kann.<br />

Für die Materialien der Schule und der e<strong>in</strong>zelnen Schüler gibt<br />

es feste Plätze.<br />

Die Klassenregeln hängen an e<strong>in</strong>em übersichtlichen Platz<br />

und die <strong>in</strong>dividuellen Ziele der e<strong>in</strong>zelnen Schüler s<strong>in</strong>d ebenfalls<br />

präsent.<br />

3.1.2 Die Struktur der Zeit<br />

E<strong>in</strong> detaillierter Tagesplan wird zu Beg<strong>in</strong>n des Tages besprochen<br />

und gibt Auskunft über die Aktivitäten, die Themen und<br />

die Arbeitszusammenhänge. Bei jüngeren K<strong>in</strong>dern kann sich<br />

dieser Plan auf kürzere Tagese<strong>in</strong>heiten beziehen.<br />

Auf die Rhythmisierung der e<strong>in</strong>zelnen Arbeitse<strong>in</strong>heit wird<br />

großer Wert gelegt und sie schließt immer unter wachsender<br />

E<strong>in</strong>beziehung der Schüler mit e<strong>in</strong>er kognitiven Rückschau <strong>in</strong><br />

Bezug auf Lernzuwachs und sozialem Fortschritt ab.<br />

Dem Schultag sollte e<strong>in</strong>e gute Rhythmisierung <strong>in</strong><br />

Anspannungs- und Entspannungsphasen zugrunde liegen.<br />

Bestimmte Kernaktivitäten sollten jeden Tag wiederkehren<br />

und für e<strong>in</strong>e hilfreiche Rout<strong>in</strong>e im Tagesablauf sorgen. 16<br />

3.1.3 Die Rolle der Personen<br />

Die Rolle der Personen ist der jeweiligen Entwicklungsstufe<br />

des Schülers angepasst. 17 Sie nimmt e<strong>in</strong>e Entwicklung<br />

ausgehend von der Versorgerrolle dem K<strong>in</strong>d gegenüber<br />

über die Rolle des Garanten für den <strong>in</strong>dividuellen<br />

Erfolg des Schülers immer mehr h<strong>in</strong> zum Manager von<br />

Gruppenprozessen und e<strong>in</strong>em Berater, der im weiteren<br />

Entwicklungsverlauf vom Schüler angefragt werden kann. In<br />

allen Phasen der Entwicklung ist e<strong>in</strong> klares und berechenbares<br />

Erwachsenenverhalten der Garant für den Erfolg des<br />

K<strong>in</strong>des.<br />

Entsprechende Beispiele f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der Tabelle I.<br />

3.1.4 Die Interventionsstrategien<br />

Dem Verständnis von Interventionen <strong>in</strong> der<br />

Entwicklungspädagogik liegt e<strong>in</strong> pro-aktiver Ansatz zugrunde.<br />

Als Pädagoge sollte ich mir e<strong>in</strong> Bild von den Bedürfnissen<br />

der Schüler und der Klasse gemacht haben, so dass ich<br />

me<strong>in</strong>e Interventionen gezielt e<strong>in</strong>setzen kann, bevor es zu<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 25


Susanne Eßer<br />

störendem Verhaltensweisen kommt. Die Interventionen<br />

geben dem Schüler e<strong>in</strong>e Hilfestellung beim Auf- bzw. Ausbau<br />

se<strong>in</strong>er Verhaltensfähigkeiten. Die dah<strong>in</strong>terstehende Haltung,<br />

unterstützend zu wirken, erlaubt auch den E<strong>in</strong>satz von eher<br />

reaktiven und regulierenden Interventionen, wenn diese<br />

erforderlich s<strong>in</strong>d.<br />

Entsprechende Beispiele f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der Tabelle II.<br />

4. Classroom management<br />

Der Begriff „classroom management“ wurde <strong>in</strong> den 70erJahren<br />

des 20. Jahrhunderts von Koun<strong>in</strong> geprägt. 18 Er hatte den<br />

Forschungsauftrag herauszuf<strong>in</strong>den, welches Lehrerverhalten<br />

jeweils für die Bearbeitung e<strong>in</strong>er Diszipl<strong>in</strong>störung e<strong>in</strong>es<br />

Schülers wirksam sei. Im Zuge se<strong>in</strong>er Forschungsarbeiten fand<br />

er heraus, dass es ke<strong>in</strong>en l<strong>in</strong>earen Wirkungszusammenhang<br />

zwischen e<strong>in</strong>er bestimmten Intervention des Erwachsenen<br />

und e<strong>in</strong>em spezifischen Störverhalten e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des bzw.<br />

Jugendlichen gibt. Aus zahlreichen Videosequenzen <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Schulformen und Klassenstufen filterte er fünf<br />

Lehrerstil-Dimensionen 19 heraus, die geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong> wirkungsvolles<br />

Erwachsenenverhalten h<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er effizienten<br />

Arbeit mit K<strong>in</strong>dern bzw. Jugendlichen <strong>in</strong> Gruppen<br />

ausmachen:<br />

Allgegenwärtigkeit und Überlappung<br />

prägen e<strong>in</strong> Lehrerverhalten, das sämtliche Abläufe <strong>in</strong> der<br />

Klasse im Blick hat und simultan se<strong>in</strong>e Aufmerksamkeit auch<br />

zwei gleichzeitig auftretenden Problemen widmen kann.<br />

Reibungslosigkeit und Schwung<br />

bestimmen das Steuerverhalten des Lehrers bei sämtlichen<br />

Unterrichtsabläufen und auch bei den Übergängen von e<strong>in</strong>er<br />

Aktivität zur nächsten.<br />

Gruppenmobilisierung und Rechenschaftspr<strong>in</strong>zip<br />

zeichnen e<strong>in</strong> Lehrerverhalten aus, welches <strong>in</strong> Übungsphasen<br />

immer die Gruppe und den e<strong>in</strong>zelnen Schüler <strong>in</strong> den Blick<br />

nimmt.<br />

Valenz und <strong>in</strong>tellektuelle Herausforderung<br />

prägen e<strong>in</strong>en Unterricht, der für jeden Schüler bedeutsam ist<br />

und niemanden unter- bzw. überfordert.<br />

Abwechslung und Herausforderung bei der Stillarbeit<br />

charakterisieren sämtliche Lernaktivitäten, aber <strong>in</strong>sbesondere<br />

die <strong>in</strong>dividuelle E<strong>in</strong>zelarbeit, die immer wieder <strong>in</strong>tellektuell<br />

herausfordern soll.<br />

4.1 Bedeutung des classroom managements<br />

Wie bereits <strong>in</strong> den Studien von Koun<strong>in</strong> nachgewiesen<br />

wurde, setzt erfolgreiches Arbeiten <strong>in</strong> Klassen, welches von<br />

der Beteiligung aller Schüler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ruhigen Atmosphäre<br />

geprägt ist, e<strong>in</strong> Lehrerverhalten voraus, welches die gesamte<br />

Klassengruppe professionell unterstützend <strong>in</strong> den Blick nimmt.<br />

Dem geht voraus, dass der Unterricht gut geplant und vorbereitet<br />

ist, so dass der Fokus des Lehrers im Unterricht deutlich<br />

auf der Beziehungsebene (Schüler – Schüler, Lehrer – Schüler,<br />

Schüler – Unterrichts<strong>in</strong>halt, Lehrer – Unterrichts<strong>in</strong>halt)<br />

se<strong>in</strong> kann. Pro-aktives Handeln dom<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong>en solchen<br />

Unterricht. Agierendes Lehrerverhalten prägt die Prozesse<br />

im Unterricht und baut so aktiv Störungen vor. Nach Koun<strong>in</strong><br />

stellt die Beherrschung von Klassenführungstechniken<br />

ke<strong>in</strong>en Selbstzweck dar, sondern dient der Erweiterung<br />

des <strong>in</strong>dividuellen Handlungsspielraums des Lehrers. Ohne<br />

Störungsverhalten <strong>in</strong> der Klasse können die Schüler ruhig<br />

an ihren Aufgaben arbeiten und der Lehrer kann <strong>in</strong>dividuelle<br />

Unterstützung geben. 20 Dieser Gedanke wird <strong>in</strong> neueren<br />

Veröffentlichungen zur Unterrichtsentwicklung zunehmend<br />

relevant.<br />

Übersetzt wird der Begriff des classroom managements<br />

häufig mit „Klassenführung“, wie auch der Titel des Repr<strong>in</strong>ts<br />

des Buches von Koun<strong>in</strong>: „Techniken der Klassenführung“<br />

lautet, oder sich auch entsprechend bei Helmke f<strong>in</strong>det.<br />

21 Helmke macht deutlich, dass Klassenführung und<br />

Unterrichtsqualität zwar begrifflich vone<strong>in</strong>ander unterschieden<br />

werden, aber stets wechselseitig eng mite<strong>in</strong>ander verflochten<br />

s<strong>in</strong>d. Effiziente Klassenführung ist sozusagen e<strong>in</strong><br />

Schlüsselmerkmal für Unterrichtsqualität und lässt sich nicht<br />

auf den Umgang mit Diszipl<strong>in</strong>problemen verkürzen, sondern<br />

schafft e<strong>in</strong>en geordneten Rahmen für anspruchsvollen<br />

Unterricht 22 Er bezeichnet e<strong>in</strong>e effiziente Klassenführung<br />

als e<strong>in</strong>e der Basiskompetenzen des Lehrerberufs und zitiert<br />

unterschiedliche <strong>in</strong>ternationale Studien, die belegen, dass<br />

„ke<strong>in</strong> anderes Merkmal so e<strong>in</strong>deutig und konsistent mit<br />

dem Leistungsniveau und dem Leistungsfortschritt von<br />

Schulklassen verknüpft ist wie die Klassenführung“ 23<br />

Prof. Clemens Hillenbrand, der <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> die<br />

Qualifizierungsmaßnahme des Schulm<strong>in</strong>isteriums für<br />

„Moderatoren für Inklusion“ 24 , die <strong>in</strong> der Lehrerfortbildung<br />

als Multiplikatoren wirken, mit konzipiert hat, kommt<br />

durch eigene empirische Studien zu dem Ergebnis, dass<br />

zur <strong>Förderung</strong> und Prävention bei Schülern mit e<strong>in</strong>er<br />

hohen Risikobelastung im Bereich der sozial-emotionalen<br />

Entwicklung unter anderem das classroom management<br />

e<strong>in</strong>e erfolgversprechende Form der Intervention darstellt. 25<br />

International herrscht die Sichtweise e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>tegrativen<br />

Ansatzes vor, der „präventive, pro-aktive und reaktive<br />

Elemente umfasst, wobei die Vorbeugung (Prophylaxe) klar<br />

im Mittelpunkt steht.“ 26<br />

4.2 Der Ansatz des classroom managements<br />

nach Carolyn M. Evertson<br />

Carolyn Evertson erweitert <strong>in</strong> ihrem Ansatz das Verständnis<br />

von classroom management grundlegend. Seit über 30<br />

Jahren forscht sie <strong>in</strong> diesem Bereich und hat im Zuge ihrer<br />

Studien E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> das classroom management von über<br />

500 Klassen genommen. 27 Evertson bezieht auch die möglichen<br />

Anteile der Schüler bzw. der Klassengruppe am classroom<br />

management mit e<strong>in</strong> und bezeichnet ihren Ansatz als<br />

Lerner-zentriert. 28 Entsprechend des aktuellen Standes der<br />

26<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong> wirksames classroom management<br />

Unterrichtsentwicklung, stellt sie die <strong>Förderung</strong> des kooperativen<br />

Lernens <strong>in</strong> den Mittelpunkt. Sie betont, wie Schüler<br />

mit unterschiedlichen Voraussetzungen von dieser Methode<br />

profitieren. und gibt H<strong>in</strong>weise zur <strong>Förderung</strong> von entsprechenden<br />

sozialen und arbeitsbezogenen Verhaltensweisen. 29<br />

In der deutschen Literatur werden häufig die 11 Punkte von<br />

Evertson zitiert, die sie für e<strong>in</strong> effektives Klassenmanagement<br />

<strong>in</strong> der Grundschule vorsieht. 30<br />

Diese s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Tabelle II dargestellt.<br />

5. Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik<br />

als wirkungsvolles Classroom management<br />

Die Untersuchungen von Koun<strong>in</strong> zum classroom management<br />

haben ergeben, dass die von ihm herausgearbeiteten<br />

Techniken der Klassenführung gleichermaßen für den<br />

Unterricht mit emotional gestörten K<strong>in</strong>dern gelten. 31 Auch<br />

Evertson berücksichtigt die speziellen Bedürfnisse dieser<br />

Schülergruppe: „A positive, supportive, structural, and predictable<br />

environment helps the students feel safe and<br />

accepted.“ 32 Die genaue Beobachtung der Schüler, das<br />

Beachten von H<strong>in</strong>weisen <strong>in</strong> ihrem Verhalten, ermöglicht<br />

es dem Lehrer, aktiv se<strong>in</strong> Verhalten darauf abzustimmen<br />

und strukturelle Veränderungen vorzunehmen, so dass es<br />

nicht zu e<strong>in</strong>em Verhaltensdurchbruch kommt, der dem<br />

Schüler wieder se<strong>in</strong> Scheitern verdeutlicht. 33 Die emotionale<br />

Unterstützung durch die Lehrperson, die Anerkennung zeigt<br />

und sich um den e<strong>in</strong>zelnen Schüler kümmert, hat e<strong>in</strong>e große<br />

Bedeutsamkeit für erfolgreiches Klassenmanagement. 34<br />

Die Entwicklungspädagogik geht <strong>in</strong> der Beschreibung<br />

der Strukturpr<strong>in</strong>zipien für die Dimensionen Raum, Zeit,<br />

Personen und Interventionen <strong>in</strong> die gleiche Richtung. Sie<br />

bietet durch die ressourcenorientierte Diagnostik, aus der<br />

die Entwicklungsbedürfnisse des K<strong>in</strong>des abgeleitet werden,<br />

Leitideen für e<strong>in</strong> unterstützendes Erwachsenenverhalten. Die<br />

Entwicklungspädagogik ergänzt damit das Repertoire des<br />

classroom management um e<strong>in</strong>e Entwicklungsdimension. Sie<br />

kann auf diese Weise den Lehrer dar<strong>in</strong> unterstützen, das Maß<br />

an Struktur und Steuerung passgenau auf die Entwicklungsbzw.<br />

Förderbedürfnisse e<strong>in</strong>es Schülers abzustimmen. Evertson<br />

selbst beschreibt dieses Maß an zwei gegensätzlichen Polen<br />

ausgerichtet: Auf der e<strong>in</strong>en Seite steht e<strong>in</strong> stark kontrollierender<br />

Lehrer, der alle Fäden <strong>in</strong> der Hand behält, und auf der<br />

anderen Seite nimmt der Lehrer eher e<strong>in</strong>e Moderatorenrolle<br />

zwischen Schüler und Lernstoff e<strong>in</strong>. 35 Evertson beschreibt,<br />

dass es zwischen diesen beiden Polaritäten e<strong>in</strong>e Bandbreite<br />

von Handlungsmöglichkeiten gäbe, der Lehrer sich aber<br />

möglichst am Pol des Lerner-zentrierten Unterrichts bewegen<br />

solle und e<strong>in</strong>e Passung zwischen Erziehungszielen und<br />

se<strong>in</strong>em Management herzustellen habe. Sie spricht sich<br />

gegen e<strong>in</strong> classroom management, welches der Kontrolle<br />

des Lehrers über die Klasse dient, aus und beabsichtigt e<strong>in</strong>e<br />

Neudef<strong>in</strong>ition des Managementbegriffes: „A redef<strong>in</strong>ition of<br />

management must adress the <strong>in</strong>terrelationship of management<br />

and <strong>in</strong>struction and how these relate to educational<br />

goals.“ 36<br />

Die Beziehung zwischen dem classroom management nach<br />

Evertson und dem Ansatz der Entwicklungspädagogik wird<br />

beispielhaft anhand der grundlegenden „Maßstäbe für<br />

Klassenführung“ <strong>in</strong> der folgenden Tabelle I verdeutlicht.<br />

Sie stellt e<strong>in</strong>e Erweiterung der Darstellung von Evertson<br />

dar. 37 Die Aussagen zur Entwicklungspädagogik s<strong>in</strong>d kursiv<br />

gedruckt. Dabei werden nur die Entwicklungsstufen berücksichtigt,<br />

die für die schulische <strong>Förderung</strong> im Bereich der<br />

Grundschule Relevanz besitzen.<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 27


Susanne Eßer<br />

28<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong> wirksames classroom management<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 29


Susanne Eßer<br />

Hillenbrand und Hennemann haben die elf von Evertson<br />

zitierten Punkte e<strong>in</strong>es effektiven classroom managments<br />

unter die Kriterien „pro-aktiv“ und „reaktiv“ geordnet. 38<br />

Auch Wood nimmt diese E<strong>in</strong>teilung <strong>in</strong> A- und C-Strategien<br />

für die von ihr beschriebenen Interventionsstrategien vor und<br />

führt zusätzlich die B-Strategien als e<strong>in</strong>e weitere Kategorie<br />

e<strong>in</strong>, die Strategien umfasst, welche unterstützend wirken,<br />

damit sich Verhaltensprobleme nicht ausweiten, sondern<br />

wieder reduziert werden. 39<br />

Die folgende Tabelle II stellt e<strong>in</strong>e Modifizierung der Darstellung<br />

nach Hillenbrand und Hennemann dar. Die Beispiele aus der<br />

Entwicklungspädagogik s<strong>in</strong>d kursiv dargestellt.<br />

Pro-aktive Kriterien entsprechende A-Strategien der<br />

Entwicklungspädagogik<br />

Vorbereitung des<br />

Klassenraumes<br />

Planung und<br />

Unterrichtung<br />

von Regeln und<br />

unterrichtlichen<br />

Verfahrensweisen<br />

Festlegung von<br />

Konsequenzen<br />

Schaffung e<strong>in</strong>es<br />

positiven (Lern-),<br />

Klimas im<br />

Klassenraum<br />

Beaufsichtigung der<br />

Schüler<br />

Unterricht angemessen<br />

vorbereiten<br />

Festlegung<br />

von Schülerverantwortlichkeit<br />

Strukturierung des Raumes,<br />

des Ablaufs, der Aktivitäten, der<br />

Materialien<br />

Erläuterung der unterrichtlichen<br />

Verfahren und Etablierung positiv<br />

formulierter Regeln<br />

Spiegeln von angemessenen<br />

Anteilen im Verhalten der Schüler<br />

– Schüler sollen <strong>in</strong> ihrer positiven<br />

Selbstwahrnehmung unterstützt<br />

werden<br />

Ermutigung und Lob für Arbeitsergebnisse,<br />

Mitarbeit und Verhalten<br />

Benennung von<br />

Verhaltensanforderungen vorab.<br />

Motivation durch <strong>in</strong>teressanten,<br />

entwicklungsadäquaten Unterricht<br />

Etablierung positiv formulierter<br />

Regeln – die Schüler werden <strong>in</strong><br />

diesen Prozess möglichst mit e<strong>in</strong>bezogen<br />

Unterrichtliche Klarheit Der Lehrer wirkt als Modell für<br />

erwar-tetes Verhalten und für<br />

Beziehungen.<br />

Kooperative<br />

Lernformen<br />

Motivation durch <strong>in</strong>teressanten<br />

Unterricht – die Schüler werden<br />

mit ihren Interessen, Vorstellungen<br />

und Bedürfnissen mit e<strong>in</strong>bezogen<br />

Reaktive Kriterien entsprechende<br />

C-Strategien der<br />

Entwicklungspädagogik<br />

Unangemessenes<br />

Schülerverhalten<br />

unterb<strong>in</strong>den<br />

Strategien für potenzielle<br />

Probleme<br />

Tabelle II<br />

Konfrontation und Ermahnung<br />

Time-Out – bei älteren<br />

Schülern auch auf<br />

freiwilliger Basis – die<br />

Rückkehr zur Gruppe<br />

wird geme<strong>in</strong>sam vorbereitet<br />

Herausnahme aus dem<br />

Raum unter Klärung des<br />

Problems im geme<strong>in</strong>samen<br />

Gespräch<br />

Halten (nur für jüngere<br />

K<strong>in</strong>der) als Unterstützung<br />

zur Erlangung der<br />

Selbstkontrolle bei<br />

gleichzeitigem positiven<br />

Zuspruch<br />

entsprechende<br />

B-Strategien der<br />

Entwicklungspädagogik<br />

Nonverbale Signale,<br />

Physische Nähe<br />

Umlenken und Umgestalten<br />

– dadurch den Fokus zum<br />

eigentlichen Auftrag des<br />

Schülers zurückführen<br />

Spiegeln von positiven<br />

Verhaltensanteilen bei<br />

gleichzeitigem Ignorieren<br />

der Negativanteile<br />

Interpretation der vermuteten<br />

Gefühle bei gleichzeitiger<br />

Unterstützung<br />

positiven Verhaltens<br />

30<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong> wirksames classroom management<br />

Die Tabelle macht deutlich, dass die Interventionsstrategien<br />

der Entwicklungspädagogik durchaus e<strong>in</strong> Modell für classroom<br />

management darstellen. Was diese Darstellungsform<br />

nicht zum Ausdruck br<strong>in</strong>gt, ist die Entwicklungsdimension,<br />

die auch den E<strong>in</strong>satz der Interventionsstrategien vom <strong>in</strong>dividuellen<br />

Entwicklungsstand des Schülers bestimmt sieht.<br />

Hillenbrand sieht <strong>in</strong> dieser Hierarchisierung das besondere<br />

Verdienst des entwicklungspädagogischen Ansatzes, da<br />

dadurch e<strong>in</strong>e gestufte Handlungskompetenz erworben wird,<br />

die vor unkontrollierten Reaktionen schützt. 40<br />

6. Schlussfolgerungen und Ausblick<br />

Die schulische <strong>Förderung</strong> von Schülern mit e<strong>in</strong>em<br />

Förderbedarf <strong>in</strong> ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung<br />

basiert grundlegend auf e<strong>in</strong>er tragfähigen Pädagogen-<br />

K<strong>in</strong>d-Beziehung. Berechenbarkeit und Vorhersagbarkeit des<br />

Handelns sowie klare Strukturen wirken unterstützend und<br />

geben die Sicherheit, die von den Schülern benötigt wird, um<br />

<strong>in</strong> ihrer Entwicklung voranzuschreiten. 41 Re<strong>in</strong>hard Stähl<strong>in</strong>g,<br />

der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch „Du gehörst zu uns“ die <strong>in</strong>klusive<br />

Schulentwicklung der von ihm geleiteten Grundschule<br />

beschreibt, formuliert, dass klare Regeln und Strukturen die<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>es „Nährbodens von Achtung, Verlässlichkeit<br />

und Zugehörigkeit“ <strong>in</strong> der Schule ermöglichen. 42 K<strong>in</strong>der<br />

f<strong>in</strong>den erst auf der Basis e<strong>in</strong>er tragfähigen, verlässlichen<br />

Beziehung den Mut zu neuen Wegen. 43<br />

Die Entwicklungspädagogik und das Konzept des classroom<br />

managements nach Evertson tragen dem Rechnung.<br />

Beide gehen von dem Grundsatz aus, durch pro-aktives<br />

Pädagogenverhalten dem Schüler die Möglichkeit zu<br />

angemessenem Verhalten zu bahnen. E<strong>in</strong> Menschenbild,<br />

welches durch Vertrauen <strong>in</strong> die Entwicklungsmöglichkeiten<br />

des Schülers geprägt ist, wirkt sich sowohl <strong>in</strong> der<br />

Entwicklungspädagogik als auch im classroom management<br />

auf das Erwachsenenverhalten aus und lässt es nicht manipulativ<br />

wirken. Die angebotenen Strukturen dienen nicht<br />

als Selbstzweck oder zur Herstellung e<strong>in</strong>es Schonraumes,<br />

sondern geben je nach Entwicklungsstand das Maß an<br />

Sicherheit und Orientierung, welches vom Schüler <strong>in</strong>dividuell<br />

benötigt wird, wobei das classroom management durch die<br />

Entwicklungsdimension, die das entwicklungspädagogische<br />

Modell bietet, e<strong>in</strong>e qualitative Ergänzung erfährt. Das Erfassen<br />

der jeweiligen Entwicklungsstufe des Schülers durch die entwicklungspädagogische<br />

Diagnostik gibt Aufschlüsse über<br />

die aktuellen Entwicklungsziele und die damit verbundenen<br />

Entwicklungsansprüche an e<strong>in</strong> unterstützendes Umfeld. E<strong>in</strong>e<br />

passgenaue Gestaltung des Umfeldes, der Erwachsenen-<br />

Schüler-Beziehung und der konkreten Unterrichtsgestaltung<br />

wird so ermöglicht. Im Vordergrund der <strong>in</strong>klusiv/<strong>in</strong>tegrativen<br />

<strong>Förderung</strong> stehen dann nicht Prozessqualitäten, die<br />

ausschließlich von Struktur und Ergebnissen geprägt s<strong>in</strong>d,<br />

sondern e<strong>in</strong> Menschenbild prägt die geme<strong>in</strong>same Arbeit,<br />

welches jedem E<strong>in</strong>zelnen auf se<strong>in</strong>em Weg und se<strong>in</strong>e Weise<br />

Teilhabe, Lernen und Persönlichkeitsentwicklung mit den<br />

spezifischen Hilfen ermöglicht. 44<br />

Das classroom management wiederum ergänzt das entwicklungspädagogische<br />

Modell um den deutlichen Fokus<br />

auf das kooperative Lernen. Damit ist die Anb<strong>in</strong>dung an<br />

den aktuellen Stand der Unterrichtsentwicklung gegeben,<br />

womit der E<strong>in</strong>satz im <strong>in</strong>klusiv/<strong>in</strong>tegrativen Fördersett<strong>in</strong>g<br />

erleichtert wird. Entsprechend der Empfehlungen der deutschen<br />

Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz zur <strong>in</strong>klusiven Bildung ist die<br />

empfohlene enge Verknüpfung von sonderpädagogischen<br />

Angeboten mit der Pädagogik der allgeme<strong>in</strong>en Schule gegeben.<br />

45<br />

Re<strong>in</strong>hard Stähl<strong>in</strong>g postuliert: „Wird die strukturierte<br />

Klassenführung vernachlässigt, kommen Nachteile stark<br />

heterogener Lerngruppen zum Vorsche<strong>in</strong>. LehrerInnen fühlen<br />

sich dann überfordert und die Lernchancen „geme<strong>in</strong>samen“<br />

Unterrichts werden vertan. Auffällige K<strong>in</strong>der werden zu<br />

Störern und fühlen sich <strong>in</strong> ihrer Klasse nicht mehr zugehörig<br />

…“ 46 Classroom management lediglich auf die Ebene e<strong>in</strong>er<br />

strukturierten Klassenführung, auf die Gesamtheit aller<br />

Unterrichtsaktivitäten und Verhaltensweisen e<strong>in</strong>er Lehrkraft<br />

zu begrenzen, mit der Zielsetzung e<strong>in</strong> optimales Lernumfeld<br />

für Schüler bereitzustellen, ist nicht im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven<br />

Schulentwicklung, die deutlich auf die Entwicklung aller<br />

Beteiligten zielt, Teamprozesse betont und die Ausbildung<br />

professioneller Lerngeme<strong>in</strong>schaften als besonders förderlich<br />

erachtet. 47 Als Richtschnur für <strong>in</strong>klusive Schulentwicklung<br />

wird vielfach der „Index für Inklusion“ zitiert. 48 Speziell für<br />

den Indikator „Unterstützungssysteme bei psychischen und<br />

Verhaltensproblemen werden mit denen bei Lernproblemen<br />

und mit der <strong>in</strong>haltlichen Planung koord<strong>in</strong>iert“ wird dort die<br />

Notwendigkeit formuliert, dass H<strong>in</strong>dernisse für das Lernen<br />

und die Teilhabe <strong>in</strong> Schulstrukturen und Kulturen sowie<br />

Schulpraktiken zu erkennen und abzubauen s<strong>in</strong>d. 49<br />

E<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer theoretischer H<strong>in</strong>tergrund, basierend auf<br />

e<strong>in</strong>em classroom management Modell, welches die aktuelle<br />

Unterrichtsentwicklung und die Strukturpr<strong>in</strong>zipien zur<br />

<strong>Förderung</strong> der sozial-emotionalen Entwicklung verknüpft,<br />

bietet e<strong>in</strong>e tragfähige Basis der Zusammenarbeit aller am<br />

Förderprozess Beteiligten. Geme<strong>in</strong>sam kann so e<strong>in</strong> pädagogisches<br />

Feld geschaffen werden, welches jedem Schüler<br />

wichtige Entwicklungsimpulse gibt.<br />

Langfristig kann Inklusion nur im Rahmen von geme<strong>in</strong>sam<br />

angestrengten Schulentwicklungsprozessen gel<strong>in</strong>gen. Der<br />

Schulentwickler Hans-Günter Rolff beschreibt, dass Schulen<br />

sich Prioritäten für ihren Entwicklungsprozess setzen müssen,<br />

welche sie aus e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Vision abgeleitet<br />

haben. 50 Mit dem Gedanken der Inklusion ist nicht nur<br />

allen Schulen, sondern der gesamten Gesellschaft e<strong>in</strong>e<br />

Vision vorangestellt, die es zu verfolgen und e<strong>in</strong>zulösen gilt.<br />

Rolff beschreibt, dass Schulen sich zu lernenden Schulen<br />

entwickeln, dass sie systemeigene Lernkapazitäten und<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 31


Susanne Eßer<br />

Lernstrukturen schaffen müssen, um ihre Visionen zu verfolgen.<br />

Die dafür notwendigen Methoden und Werkzeuge müssen<br />

erworben werden und die Entwicklung der E<strong>in</strong>zelschule<br />

setzt e<strong>in</strong>e „Steuerung des Gesamtzusammenhanges voraus,<br />

welche die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen festlegt, die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Schulen bei ihrer Entwicklung nachdrücklich ermuntert und<br />

unterstützt. 51<br />

Es wäre wenig hilfreich, wenn dabei nur die re<strong>in</strong>e<br />

Managementebene <strong>in</strong> den Blick genommen würde, wie z.B.<br />

das Erstellen von Checklisten, um den e<strong>in</strong>zelnen Lehrer <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Vorbereitung zu entlasten. Wichtig im geme<strong>in</strong>samen<br />

Lernen mit e<strong>in</strong>er heterogenen Schülerschaft, die sich durch<br />

<strong>in</strong>klusive Schulentwicklungsprozesse weiter ausfächert, ist<br />

die Etablierung von Strukturen auf der Organisationsebene,<br />

die dem E<strong>in</strong>zelnen auch emotionalen Rückhalt geben:<br />

Teamstrukturen, die gegenseitige Hospitation, kollegiales<br />

Feedback, Intervision umfassen. Teamstrukturen, die dazu<br />

angelegt s<strong>in</strong>d, Unterricht geme<strong>in</strong>sam vor- und nachzubereiten,<br />

die geme<strong>in</strong>sames Unterrichten ermöglichen, s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>e wenn nicht die wichtigste Voraussetzung, damit das<br />

geme<strong>in</strong>same Lernen aller Schüler gel<strong>in</strong>gen kann 52 . Dann<br />

kann auch der von vielen Lehrern als große Herausforderung<br />

gesehenen <strong>in</strong>klusiv/<strong>in</strong>tegrativen <strong>Förderung</strong> von Schüler mit<br />

e<strong>in</strong>em sozial-emotionalen Förderbedarf gestärkt entgegengesehen<br />

werden.<br />

An dieser Stelle ist aber auch die adm<strong>in</strong>istrative Ebene <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em solchen Schulentwicklungsprozess gefordert, die den<br />

Schulen dafür Gestaltungsräume zur Verfügung stellen muss.<br />

Ressourcen für die Personalentwicklung haben dafür zu<br />

sorgen, dass die Beteiligten den Prozess erfolgreich formen<br />

können.<br />

Hillenbrand und Hennemann sehen <strong>in</strong> den Strategien<br />

des classroom managements e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag zur<br />

<strong>Förderung</strong> der sozial-emotionalen Entwicklung als präventive<br />

Maßnahme. Sie weisen auf dessen Verankerung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Schulsystem h<strong>in</strong>, welches dadurch e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag zur<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>er „präventiven Schule“ leistet, die auch <strong>in</strong><br />

der Arbeit mit Schülern mit Gefühls- und Verhaltensstörungen<br />

erfolgreich se<strong>in</strong> kann. 53 Wichtig ist aber auch der H<strong>in</strong>weis der<br />

beiden Autoren, dass zu e<strong>in</strong>em effektiven classroom management<br />

auch die Kooperationsfähigkeit der Lehrer gehört,<br />

die sich <strong>in</strong> schwierigen Situationen Unterstützung durch<br />

Fachkräfte, wie z.B. Förderschullehrer holen. 54 Hierzu ist es<br />

s<strong>in</strong>nvoll, bereits im Schulentwicklungsprozess Netzwerke<br />

von Schulen und anderen E<strong>in</strong>richtungen der psycho-sozialen<br />

Versorgung e<strong>in</strong>zurichten.<br />

–––––<br />

1 http://www.bmas.de/DE/Themen/Teilhabe-beh<strong>in</strong>derter-<br />

M e n s c h e n / Po l i t i k - f u e r- b e h i n d e r t e - M e n s c h e n /<br />

Uebere<strong>in</strong>kommen-der-Vere<strong>in</strong>ten-Nationen/rechte-von-menschen-mit-beh<strong>in</strong>derungen.html<br />

2 Gender-H<strong>in</strong>weis: In der deutschen Sprachregelung ist die<br />

ausschließliche Verwendung der männlichen Form allgeme<strong>in</strong><br />

anerkannt. Aus Gründen der Lesbarkeit wird <strong>in</strong> dieser Arbeit<br />

nur die männliche Form verwandt. Die weibliche Form ist dabei<br />

immer e<strong>in</strong>geschlossen.<br />

3 Preuss-Lausitz: Verhaltensauffällige K<strong>in</strong>der <strong>in</strong>tegrieren, Zur<br />

<strong>Förderung</strong> der emotionalen und sozialen Entwicklung, Beltz,<br />

We<strong>in</strong>heim und Basel 2005, S. 14<br />

4 Helmke, Andreas: Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität,<br />

Seelze, Kallmeyer, 2009, S. 174<br />

5 Die Schule <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen: Schule für Erziehungshilfe,<br />

Richtl<strong>in</strong>ien Nr. 6051, Greven Verlag, Köln 1978, S.12f<br />

6 Hillenbrand, Clemens: E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Pädagogik bei<br />

Verhaltensstörungen, Re<strong>in</strong>hardt UTB, München 2006, S. 131<br />

7 Bergsson, Marita und Luckfiel, Heide: Umgang mit „schwierigen”<br />

K<strong>in</strong>dern, Cornelsen Scriptor, Berl<strong>in</strong> 1998, S. 50ff<br />

8 Wood, Mary M.: Developmental Therapy <strong>in</strong> the Classroom,<br />

(2nd ed.) Aust<strong>in</strong>, Texas, Pro-ed, 1986<br />

9 ebd., S. 22<br />

10 ebd., S. 45ff<br />

11 Bergsson, Marita: E<strong>in</strong> entwicklungstherapeutisches Modell<br />

für Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten – Organisation e<strong>in</strong>er<br />

Schule, Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-Wiedenhöft-Verlag/Progressus-Verlag<br />

für Pädagogische Praxis, Essen 1995<br />

12 Quelle: Institut für Entwicklungstherapie/<br />

Entwicklungspädagogik (ETEP)-Europe, Stand April 2012<br />

13 Wood, Mary M. u.a.: Developmental Therapy-Developmental<br />

Teach<strong>in</strong>g, pro-ed, Aust<strong>in</strong> Texas 1996<br />

14 Bergsson, Marita: Entwicklungspädagogik im Klassenunterricht,<br />

Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-Wiedenhöft-Verlag, Progressus, Düsseldorf<br />

2006 und Bergsson, Marita und Holze, Anke: Ziele-Arbeit im<br />

entwicklungspädagogischen Unterricht, , Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-<br />

Wiedenhöft-Verlag, Progressus, Mönchengladbach 2011<br />

15 Erich, Reg<strong>in</strong>a: K<strong>in</strong>der mit Verhaltensschwierigkeiten gezielt<br />

fördern, Raabe, Stuttgart 2007, S. 89f<br />

16 Erich, 2007, S. 87<br />

17 Erich, 2007, S. 17<br />

18 Koun<strong>in</strong>, Jacob S.: Techniken der Klassenführung, Waxmann<br />

Münster, 2006<br />

19 ebd. S. 148<br />

20 ebd. S. 149f<br />

21 Helmke, Andreas: Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität,<br />

Seelze, Kallmeyer, 2009, S. 172ff<br />

22 ebd. S. 173f<br />

23 ebd. S. 174<br />

24 http://www.schulm<strong>in</strong>isterium.nrw.de/BP/Inklusion_<br />

Geme<strong>in</strong>sames_Lernen/Auf_dem_Weg_zum_Inklusionsplan.<br />

pdf<br />

25 Hillenbrand, Clemens: Schüler unter hohen Entwicklungsrisiken:<br />

Was tun? <strong>in</strong>: <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> –<br />

Mitteilungen des Verbandes Sonderpädagogik e.V. –<br />

Landesverband <strong>NRW</strong>, Heft 2/2009, S. 14<br />

26 Helmke 2009, S. 173<br />

27 Evertson, Carolyn M. – Edmund T.Emmer: Classroom<br />

Management for Elementary Teachers, Pearson Education<br />

2009<br />

28 Eikenbusch, Gerhard: Classroom Management für Lehrer und<br />

Schüler <strong>in</strong>: Pädagogik Heft 2/2009, S. 9f<br />

32<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Die Strukturpr<strong>in</strong>zipien der Entwicklungspädagogik als e<strong>in</strong> wirksames classroom management<br />

29 Evertson 2009, S. 122ff<br />

30 Helmke 2009, S. 184 f.; Brägger, Gerold und Posse, Norbert:<br />

Instrumente für die Qualitätsentwicklung und Evaluation <strong>in</strong><br />

Schulen, IQES, Unfallkasse Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, 2007, S.114<br />

31 Koun<strong>in</strong>, S. 148<br />

32 Evertson 2009, S. 224<br />

33 ebd.<br />

34 Schönbächler, Marie-Theres: Klassenmanagement, Haupt Berne<br />

2008, S. 51<br />

35 Evertson, Carolyn, Neal, Kristen W: Look<strong>in</strong>g <strong>in</strong>to Learn<strong>in</strong>g-<br />

Centered Classrooms, Implications for Classroom Management,<br />

National Education Association, Wash<strong>in</strong>gton 2006, S. 4 ff<br />

36 ebd. S. 1<br />

37 ebd. S. 4<br />

38 Hennemann, Thomas und Hillenbrand, Clemens: Klassenführung<br />

– Classroom Management <strong>in</strong>: Hartke, Bodo u.a. (Hrsg.):<br />

<strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> der schulischen E<strong>in</strong>gangsstufe, Kohlhammer,<br />

Stuttgart 2010, S. 259<br />

39 Wood, Mary M. u.a.: Teach<strong>in</strong>g Responsible Behavior, Pro-ed,<br />

Aust<strong>in</strong>, Texas 2007, S. 126ff<br />

40 Hillenbrand, Clemens: E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Pädagogik bei<br />

Verhaltensstörungen, Re<strong>in</strong>hardt UTB, München 2006, S. 149ff<br />

41 Schule <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen: Schule für Erziehungshilfe,<br />

Richtl<strong>in</strong>ien Nr. 6051, Greven Verlag, Köln 1978, S. 15f;<br />

Hillenbrand, Clemens: E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Pädagogik der<br />

Verhaltensstörungen, Re<strong>in</strong>hardt UTB, München 2006, S. 131f.<br />

42 Stähl<strong>in</strong>g, Re<strong>in</strong>hard: „Du gehörst zu uns“ Inklusive Grundschule,<br />

Schneider Hohengehren, Baltmannsweiler 2006, S. 140ff<br />

43 ebd.<br />

44 Reicher, Hannelore: Sozial-emotionales Lernen im Kontext<br />

<strong>in</strong>klusiver Pädagogik: Potenziale und Perspektiven, Grazer<br />

Universitätsverlag, Graz 2010<br />

45 Deutsche Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz: Inklusive Bildung von<br />

K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen mit Beh<strong>in</strong>derungen <strong>in</strong> Schulen,<br />

2010, S. 6<br />

46 Stähl<strong>in</strong>g, S. 143<br />

47 Klose, Birgit: Inklusion – Welche Rolle kann die<br />

Sonderpädagogik übernehmen? <strong>in</strong> Verband Sonderpädagogik:<br />

<strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong>, 4/2011, S. 11<br />

48 Boban, Ines und H<strong>in</strong>z, Andreas: Index für Inklusion – Lernen<br />

und Teilhabe <strong>in</strong> der Schule der Vielfalt entwickeln, Mart<strong>in</strong>-<br />

Luther-Universität Halle Wittenberg, 2003<br />

49 ebd. S. 77<br />

50 Rolff, Hans-Günther: Konzepte und Verfahren der<br />

Schulentwicklung, Studienbrief Nr. 0710 des Master-<br />

Fernstudiengangs Erwachsenenbildung der TU Kaiserslautern.<br />

Unveröffentlichtes Manuskript, Kaiserslautern, S.25f<br />

51 ebd., S. 29<br />

52 Konietzko, Gerd und Brün<strong>in</strong>g, Ludger: E<strong>in</strong>e symbiotische<br />

Beziehung, Schulmanagement als Voraussetzung erfolgreichen<br />

Klassenmanagements <strong>in</strong>: Praxis Schule 4-2010, S. 24ff<br />

53 Hillenbrand/Hennemann 2010, S. 275<br />

54 ebd. S.276<br />

Literatur<br />

Bergsson, Marita und Luckfiel, Heide: Umgang mit “schwierigen”<br />

K<strong>in</strong>dern, Cornelsen Scriptor, Berl<strong>in</strong> 1998<br />

Bergsson, Marita: E<strong>in</strong> entwicklungstherapeutisches Modell<br />

für Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten - Organisation<br />

e<strong>in</strong>er Schule-,Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-Wiedenhöft-Verlag, Essen<br />

1995<br />

Bergsson, Marita: Entwicklungspädagogik im Klassenunterricht,<br />

Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-Wiedenhöft-Verlag, Progressus,<br />

Düsseldorf 2006<br />

Bergsson, Marita und Holze, Anke: Ziele-Arbeit im entwicklungspädagogischen<br />

Unterricht, Bergsson-Bill<strong>in</strong>g-<br />

Wiedenhöft-Verlag, Progressus, Mönchengladbach 2011<br />

Boban, Ines und H<strong>in</strong>z, Andreas: Index für Inklusion – Lernen<br />

und Teilhabe <strong>in</strong> der Schule der Vielfalt entwickeln, Mart<strong>in</strong>-<br />

Luther-Universität Halle Wittenberg, 2003<br />

Deutsche Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz: Inklusive Bildung von<br />

K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen mit Beh<strong>in</strong>derungen <strong>in</strong> Schulen,<br />

2010<br />

Die Schule <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen: Schule für Erziehungshilfe,<br />

Richtl<strong>in</strong>ien Nr. 6051, Greven Verlag, Köln 1978<br />

Erich, Reg<strong>in</strong>a: K<strong>in</strong>der mit Verhaltensschwierigkeiten gezielt<br />

fördern, Raabe, Stuttgart 2007<br />

Evertson, Carolyn M. und Edmund T. Emmer: Classroom<br />

Management for Elementary Teachers Pearson Education<br />

2009<br />

Evertson, Carolyn, Neal, Kristen W: Look<strong>in</strong>g <strong>in</strong>to Learn<strong>in</strong>g-<br />

Centered Classrooms, Implications for Classroom<br />

Management, National Education Association, Wash<strong>in</strong>gton<br />

2006<br />

Helmke, Andreas: Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität,<br />

Seelze, Kallmeyer, 2009<br />

Hillenbrand, Clemens: E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Pädagogik bei<br />

Verhaltensstörungen, Re<strong>in</strong>hardt UTB, München 2006<br />

Institut für Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik:<br />

Curriculum für pädagogische Fachkräfte, ETEP Europe,<br />

Mönchengladbach 2000<br />

Koun<strong>in</strong>, Jacob S: Techniken der Klassenführung Neudruck:<br />

Waxmann 2006<br />

Preuss-Lausitz, Ulf: Verhaltensauffällige K<strong>in</strong>der <strong>in</strong>tegrieren,<br />

Zur <strong>Förderung</strong> der emotionalen und sozialen Entwicklung,<br />

Beltz, We<strong>in</strong>heim und Basel 2005<br />

Reicher, Hannelore: Sozial-emotionales Lernen im Kontext<br />

<strong>in</strong>klusiver Pädagogik: Potenziale und Perspektiven. Grazer<br />

Universitätsverlag, Graz 2010<br />

Schönbächler, Marie-Theres: Klassenmanagement, Haupt<br />

Berne 2008<br />

Stähl<strong>in</strong>g, Re<strong>in</strong>hard: „Du gehörst zu uns“ Inklusive Grundschule,<br />

Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler 2006<br />

Wood, Mary M.: Developmental Therapy <strong>in</strong> the Classroom,<br />

(2nd ed.) Aust<strong>in</strong>, Texas, Pro-ed, 1986<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 33


Susanne Eßer<br />

Wood, Mary M. u.a.: Developmental Therapy-Developmental<br />

Teach<strong>in</strong>g, pro-ed, Aust<strong>in</strong> Texas 1996<br />

Wood, Mary M. u.a.: Teach<strong>in</strong>g Responsible Behavior, Pro-ed,<br />

Aust<strong>in</strong>, Texas 2007,<br />

Beiträge <strong>in</strong> Sammelwerken / Aufsätze<br />

<strong>in</strong> Zeitschriften<br />

Eikenbusch, Gerhard: Classroom Management für Lehrer und<br />

Schüler <strong>in</strong>: Pädagogik Heft 2/2009,<br />

Hennemann, Thomas und Hillenbrand, Clemens:<br />

Klassenführung – Classroom Management <strong>in</strong>: Hartke, Bodo<br />

u.a. (Hrsg.): <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> der schulischen E<strong>in</strong>gangsstufe,<br />

Kohlhammer, Stuttgart 2010<br />

Hillenbrand, Clemens: Schüler mit hohen Entwicklungsrisiken:<br />

Was tun?<br />

<strong>in</strong>: <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong>, Mitteilungen des<br />

VDS Landesverbandes <strong>NRW</strong> e.V., Heft 2/2009<br />

Konietzko, Gerd und Brün<strong>in</strong>g, Ludger: E<strong>in</strong>e symbiotische<br />

Beziehung, Schulmanagement als Voraussetzung erfolgreichen<br />

Klassenmanagements <strong>in</strong>: Praxis Schule 4-2010<br />

Lütje-Klose, Birgit: Inklusion – Welche Rolle kann die<br />

Sonderpädagogik übernehmen? <strong>in</strong> Verband<br />

Sonderpädagogik: <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>NRW</strong>, 4/2011<br />

Wern<strong>in</strong>g, Rolf: Inklusive Pädagogik, E<strong>in</strong>e Herausforderung für<br />

die Schulentwicklung <strong>in</strong>: Lernende Schule 55/2011<br />

Rolff, Hans-Günther: Konzepte und Verfahren der<br />

Schulentwicklung, Studienbrief Nr. 0710 des Master-<br />

Fernstudiengangs Erwachsenenbildung der TU<br />

Kaiserslautern. Unveröffentlichtes Manuskript,<br />

Kaiserslautern<br />

URL / Internet-Quellen<br />

Klemm, und Preuss-Lausitz, Ulf: Auf dem Weg zur schulischen<br />

Inklusion <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, veröffentlicht<br />

unter: http://www.schulm<strong>in</strong>isterium.nrw.de/BP/Inklusion_<br />

Geme<strong>in</strong>sames_Lernen/Gutachten__Auf_dem_Weg_zur_<br />

Inklusion_/<strong>NRW</strong>_Inklusionskonzept_2011__-_neue_<br />

Version_08_07_11.pdf (letzter Zugriff am 07.05.2012)<br />

Übere<strong>in</strong>kunft der Vere<strong>in</strong>ten Nationen über die Rechte von<br />

Menschen mit Beh<strong>in</strong>derungen<br />

http://www.bmas.de/DE/Themen/Teilhabe-beh<strong>in</strong>derter-<br />

Menschen/Politik-fuer-beh<strong>in</strong>derte-Menschen/<br />

Uebere<strong>in</strong>kommen-der-Vere<strong>in</strong>ten-Nationen/rechte-vonmenschen-mit-beh<strong>in</strong>derungen.html<br />

(letzter Zugriff am<br />

03.04.2012)<br />

Ausbildungsordnung <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong><br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, onl<strong>in</strong>e im Internet unter:<br />

http://www.schulm<strong>in</strong>isterium.nrw.de/BP/Schulrecht/APOen/<br />

AO_SF.pdf<br />

(letzter Zugriff am 29.03.2012)<br />

Ausbildungsmodule der Moderatoren für Inklusion der<br />

Kompetenzteams <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen, onl<strong>in</strong>e im<br />

Internet unter:<br />

http://www.schulm<strong>in</strong>isterium.nrw.de/BP/Inklusion_<br />

G e m e i n s a m e s _ L e r n e n / A u f _ d e m _ We g _ z u m _<br />

Inklusionsplan.pdf (letzter Zugriff am 30.04.2012)<br />

Susanne Eßer M.A. (Schulmanagement)<br />

Lehrer<strong>in</strong> für Sonderpädagogik<br />

Nationale Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> für Entwicklungspädagogik<br />

Will<strong>in</strong>grott 35<br />

48157 Münster<br />

34<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Herma Friedrich<br />

Die Rolle des Musiklehrers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven Lernumfeld<br />

an Regelschulen – Umfang und Nutzung von Unterstützungssystemen<br />

1. Problemaufriss: Musik <strong>in</strong> Zeiten der Inklusion –<br />

e<strong>in</strong> Fach mit „unbegrenzten Möglichkeiten“?<br />

Sechs Jahre nach E<strong>in</strong>führung der neuen Richtl<strong>in</strong>ien für das<br />

Fach Musik an Grundschulen (MSW <strong>NRW</strong>, 2008) und der<br />

damit verbundenen Aufgabe, diese im Rahmen e<strong>in</strong>es schuleigenen<br />

Curriculums an der eigenen Schule zu implementieren,<br />

wird das Fach mit neuen Aufgaben konfrontiert: „Heutzutage<br />

müssen sich Lehrkräfte vielen neuen Herausforderungen<br />

stellen und die Lehrerbildung muss die Studierenden angemessen<br />

auf diese vorbereiten. Inklusion ist e<strong>in</strong>e dieser<br />

Herausforderungen, deren E<strong>in</strong>führung gefordert und gleichsam<br />

kritisch beobachtet wird“ (Monitor Lehrerbildung,<br />

2013). Der Unterricht und damit also auch das Fach Musik<br />

sollen <strong>in</strong>klusiv gestaltet werden. Da <strong>in</strong>zwischen landesweit<br />

ca. 36 % aller Schüler und Schüler<strong>in</strong>nen* mit sonderpädagogischem<br />

Förderbedarf am Förderort Grundschule <strong>in</strong> <strong>NRW</strong><br />

verbleiben (Klemm, 2013), muss sich auch das Fach Musik<br />

mit dieser neuen Realität ause<strong>in</strong>andersetzen.<br />

Die Frage nach wirksamen Steuerungsmechanismen für<br />

Gruppenprozesse mit zu <strong>in</strong>tegrierenden Schülern mit sonderpädagogischem<br />

Förderbedarf bestimmt die Diskussionen<br />

<strong>in</strong> Lehrerzimmern und <strong>in</strong> der Öffentlichkeit. E<strong>in</strong> häufig<br />

wiederkehrendes Stichwort ist der des Wissenstransfers:<br />

,,Die Regelschulen brauchen die Kompetenzen der<br />

Sonderpädagogen, um Förderschüler angemessen unterrichten<br />

zu können. Aber auch die Regelschullehrer müssen ihre<br />

Kompetenzen erweitern, um ihren Unterricht auf die Vielfalt<br />

der Schülerschaft besser e<strong>in</strong>zustellen und jedes K<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dividuell<br />

fördern zu können“ (Monitor Lehrerbildung, 2013). Die<br />

Umsetzung der UN-Beh<strong>in</strong>derten-Konvention vom März 2009<br />

erfordert e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tensiven Arbeits- und Realisierungsprozess<br />

<strong>in</strong>nerhalb der Schulentwicklung, der nur mit vere<strong>in</strong>ten<br />

Kräften bewältigt werden kann.<br />

Aktuelle Studien, teilweise <strong>in</strong> mehreren Bundesländern<br />

durchgeführt, verweisen darauf, wie groß der positive E<strong>in</strong>fluss<br />

von musikalischen Aktivitäten auf das Lernen und das<br />

Sozialklima der Schüler se<strong>in</strong> kann (vgl. Bertelsmann-Projekt<br />

„Musikalische Grundschule“ im Zeitraum 2011-2014).<br />

Der praktizierende Musiklehrer sieht sich also enormen<br />

Erwartungen an se<strong>in</strong> Fach ausgesetzt, denn vielfach herrscht<br />

die Me<strong>in</strong>ung vor, Musik sei (neben Sport und Kunst) das<br />

Fach der „unbegrenzten Möglichkeiten“ (Claßen, 2013).<br />

Lehrerrolle also als e<strong>in</strong>e „Entwicklungschance“ – oder eher<br />

als „Kreuz“ (Carle, 2001)?<br />

Da kl<strong>in</strong>gt die Überschrift zu e<strong>in</strong>er Expertenrunde des<br />

Fernsehsenders ARD vom 23.08.2013 doch sehr viel nüchterner:<br />

„Lehrer“ seien im deutschen Schulsystem <strong>in</strong>zwischen<br />

„am Limit“ (Spiegel onl<strong>in</strong>e, 2013). Doch wer nimmt sich<br />

der veränderten Situation im Musikunterricht an? Haben<br />

Musiklehrer eigentlich e<strong>in</strong>e Lobby?<br />

2. Überforderung im Musikunterricht – e<strong>in</strong> Anliegen<br />

empirischer Forschung <strong>in</strong> der Musikpädagogik?<br />

Das Fach Musik sche<strong>in</strong>t wie bereits dargelegt <strong>in</strong> der öffentlichen<br />

Wahrnehmung nahezu „überladen“ zu se<strong>in</strong> mit<br />

Erwartungen an se<strong>in</strong>e musikalischen und nichtmusikalischen<br />

positiven Auswirkungen auf die Schülerpersönlichkeit (vgl.<br />

Bertelsmann-Studie 2009), hat dabei jedoch als besonderes<br />

Bedarfsfach mit zunehmendem Nachwuchsmangel<br />

zu kämpfen (vgl. KMK 2012). Bislang gibt es kaum explorative<br />

Studien, die diese Zuspitzung thematisieren und<br />

erforschen, <strong>in</strong>wieweit Musiklehrer die Gestaltung e<strong>in</strong>es<br />

Musikunterrichts <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Lernumfeldern eher als Krise<br />

oder als Chance wahrnehmen. Besonders wichtig ist hierbei,<br />

auf die Rollendef<strong>in</strong>ition e<strong>in</strong>es Musiklehrers zu achten:<br />

Empf<strong>in</strong>det er sich von jeher eher als „Künstler“, s<strong>in</strong>d Schüler<br />

folgerichtig „Rezipienten“. Sieht er sich eher als Musiker,<br />

der musikalische Prozesse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er – durchaus immer schon<br />

- heterogenen Schülerschaft anstoßen und verfe<strong>in</strong>ern will?<br />

Geht er die Herausforderungen möglicherweise auf der Basis<br />

se<strong>in</strong>er bereits erworbenen Kenntnisse über <strong>in</strong>dividualisierte<br />

Lernprozesse an? Didaktisch versierte Kollegen nähern sich<br />

der Thematik vielleicht über die Recherche von best practice-<br />

Beispielen oder im kollegialen Austausch. Doch stellen diese<br />

unterschiedlichen Herangehensweisen Schüler wie Lehrer<br />

gleichermaßen zufrieden? Und – ganz banal gefragt: Wie<br />

def<strong>in</strong>ieren sich all diejenigen fachfremd unterrichtenden<br />

Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer, die dem Fach Musik trotzdem Raum<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 35


Herma Friedrich<br />

geben und sich mit Fortbildungen weitergebildet haben,<br />

um den Ansprüchen wenigstens e<strong>in</strong>igermaßen genügen zu<br />

können?<br />

Auf dem ersten Bundeskongress Musikunterricht <strong>in</strong><br />

Weimar 2012 wurde die Frage nach den unterschiedlichen<br />

Lehrerrollen daher folgerichtig im „Jungen Forum“ thematisiert<br />

und aus Sicht von Berufsanfängern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiterführenden<br />

Workshop erarbeitet.<br />

Angesichts der drängenden Aktualität dieser Thematik bleibt<br />

zu fragen, <strong>in</strong>wieweit e<strong>in</strong> Problembewusstse<strong>in</strong> <strong>in</strong>zwischen<br />

<strong>in</strong> Praxis und Forschung gleichermaßen entstanden ist<br />

und dokumentiert wird und ob beispielsweise der Bereich<br />

der musikpädagogischen Diagnostik als „zuständige“<br />

Bezugswissenschaft ausreichende Konzepte liefert, die den<br />

Betroffenen Unterstützung bieten könnten. Reichen also<br />

musikpädagogisch-diagnostische Grundkenntnisse, für deren<br />

Vermittlung sich Greuel (2003, 2004) seit langem e<strong>in</strong>setzt,<br />

um der Komplexität beim Erwerb musikalischer Kompetenzen<br />

und ihrer Überprüfung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven Umfeld gerecht zu<br />

werden?<br />

E<strong>in</strong> noch größerer Bedarf stellt sicherlich der souveräne<br />

Umgang mit Unterrichtsstörungen dar. Eberhard (2010)<br />

nimmt Unterrichtsstörungen im Musikunterricht aus Sicht der<br />

Beteiligten <strong>in</strong> den Blick und entwirft e<strong>in</strong>en Fragebogen zur<br />

Metakommunikation Im Unterricht. Solcherlei Instrumente<br />

können dem Praktiker zwar Aufschluss über das „Warum?“<br />

und „Was passiert?“ geben, nötiger ersche<strong>in</strong>en jedoch<br />

Handlungskonzepte zur Professionalisierung der Situation.<br />

3. Veränderte Bed<strong>in</strong>gungen erfordern neue<br />

Kooperationen zwischen Rehabilitationswissenschaften<br />

und Allgeme<strong>in</strong>er Musikpädagogik<br />

Unterricht <strong>in</strong> Musik ist die Domäne der Musikpädagogik,<br />

gerade auch des aktuellen Konzepts des Aufbauenden<br />

Musikunterrichts. Seit vielen Jahren versuchen ausgebildete<br />

Sonderpädagogen mit dem Unterrichtsfach Musik jedoch<br />

verstärkt, den „Mehrwert“ des Faches angesichts der<br />

Möglichkeiten, mit Musik auch außermusikalische Fähigkeiten<br />

bzw. Kompetenzen zu fördern, zu fokussieren (vgl. Amrhe<strong>in</strong>,<br />

Albers, Schuchardt, Tischler etc.). Auch die rhythmisch-musikalische<br />

Erziehung weist mit ihrer ganzheitlichen <strong>Förderung</strong><br />

von Musik, Sprache und Bewegung weit über e<strong>in</strong>en engen<br />

Ansatz des Faches Musik h<strong>in</strong>aus. Inwieweit lassen sich<br />

Regelschullehrer im Fach Musik durch Sonderpädagogen,<br />

Heilpädagogen, Rhythmiker oder Musikschullehrer (JeKI,<br />

JeKisS) unterstützen oder bereichern? Gibt es Vorbehalte<br />

– oftmals nur im „sicheren Kollegenkreis“ geäußert –<br />

im H<strong>in</strong>blick auf Doppelbesetzungen und Team-Teach<strong>in</strong>gs?<br />

Welcher Musik-Kollege ist bereit, se<strong>in</strong> Unterrichtskonzept<br />

mit e<strong>in</strong>em möglicherweise fachfremden Sonderpädagogen<br />

im Team zu erörtern? Oder umgekehrt: Wird der ausgebildete<br />

Förderpädagoge mit Fach Musik nicht allzu gern als<br />

„Fachlehrer“ e<strong>in</strong>gesetzt und darf dann die Doppelrolle im<br />

Alle<strong>in</strong>gang übernehmen?<br />

Obwohl die Inklusion bereits seit 2009 Gesetzesgrundlage<br />

<strong>in</strong> Deutschland ist, lautet die neue Marschrichtung <strong>in</strong><br />

Schule, Universität und den Zentren für schulpraktische<br />

Lehrerausbildung noch längst nicht unisono „Wissenstransfer<br />

zwischen den Professionen der Rehabilitationspädagogik<br />

und der Allgeme<strong>in</strong>en Regelschulpädagogik“.<br />

Im Gegenteil, das Fach „Musik“ verschw<strong>in</strong>det nahezu<br />

vollständig aus dem Fächerkanon der Lehramtsstudenten.<br />

E<strong>in</strong> Beispiel: In <strong>NRW</strong> legen seit Jahren nur noch ca. fünf (!)<br />

Förderpädagogen pro Jahr ihr Examen im Fach Musik ab.<br />

Damit steht nicht nur die Versorgung mit Musikunterricht<br />

an den noch verbleibenden Förderschulen <strong>in</strong> Frage, sondern<br />

auch die Machbarkeit e<strong>in</strong>es solchen Wissenstransfers. Wer<br />

ke<strong>in</strong>e Fachleute mehr ausbildet, verschuldet e<strong>in</strong>e nachhaltige<br />

Verarmung unserer Schullandschaft!<br />

4. Soziale Inklusion, e<strong>in</strong>e „künstlerische und<br />

musikpädagogische Herausforderung“ (Greuel)<br />

Um befriedigenden und motivierenden Musikunterricht<br />

angesichts e<strong>in</strong>er heterogenen Schülerschaft praktizieren zu<br />

können, müssen alle sechs Lehrerfunktionen professionell<br />

abgedeckt werden:<br />

• Unterrichten<br />

• Erziehen<br />

• Diagnostizieren<br />

• Beraten<br />

• Kooperieren<br />

• Innovieren<br />

Daran schließt sich die Frage an, ob und wie Musiklehrer<br />

sogenannte sonderpädagogische Unterstützungssysteme<br />

nutzen (Reiser, 2007), die <strong>in</strong>zwischen auch an jeder Schule<br />

vorhanden se<strong>in</strong> soll(t)en: Vielleicht hilft e<strong>in</strong> Blick auf die<br />

diagnostischen und sonderpädagogischen Kompetenzen<br />

respektive Aufgaben des Förderschullehrers, um die vielfältigen<br />

Dimensionen <strong>in</strong>klusiver Unterrichtsvorbereitung und<br />

-durchführung darzustellen:<br />

<strong>Sonderpädagogische</strong> Unterstützungssysteme<br />

• Team-Teach<strong>in</strong>g (gleichberechtigte Ausführung des<br />

Unterrichts von zwei Kollegen)<br />

• Doppelbesetzungen bzw. Unterrichtsassistenzen<br />

• Unterrichtsplanung <strong>in</strong> Teams, hier auch Erstellung von<br />

<strong>in</strong>dividuellen Förderplänen<br />

• Kollegiale Beratung<br />

• „Helferkonferenzen“ auch mit außerschulischen Kooperationspartnern<br />

zur genauen Planung von verhaltensregulierenden<br />

Maßnahmen, Belohnungssystemen, Hilfen etc.<br />

• Fachkonferenzen Musik – Fortbildungsangebote zum<br />

Classroom-Management bzw. zum souveränen Umgang<br />

mit herausforderndem Schülerverhalten<br />

36<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Die Rolle des Musiklehrers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven Lernumfeld an Regelschulen<br />

5. Planungshilfen für Musikstunden <strong>in</strong> heterogenen<br />

Lerngruppen<br />

Oberste Priorität müsste e<strong>in</strong> Unterrichtskonzept haben,<br />

das sowohl für die sonderpädagogische Fachkraft als auch<br />

für die Musikfachkraft größtmögliche Aufgabenklarheit<br />

br<strong>in</strong>gt. Zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er solchen Kooperation könnte z.B.<br />

e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sam erstelltes Planungsraster wie abgebildet die<br />

Aufgabenverteilung erleichtern:<br />

Neue Aufgaben aus der Sicht der Förderpädagogen entstehen<br />

durch die Etablierung <strong>in</strong>dividueller Entwicklungsziele<br />

für die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mit sonderpädagogischem<br />

Förderbedarf. Diese können sich <strong>in</strong>nerhalb der gewählten<br />

Thematik e<strong>in</strong>es Faches wiederf<strong>in</strong>den, müssen es aber<br />

nicht. Sie werden je nach <strong>in</strong>dividuell erstelltem Förderplan<br />

zusätzlich, während des Klassenunterrichts oder <strong>in</strong> räumlich<br />

getrennten Kle<strong>in</strong>gruppen umgesetzt.<br />

Die Verknüpfung der fachlichen Ziele aus dem<br />

Kerncurriculum erfordert e<strong>in</strong>e spezifische Aufbereitung der<br />

Unterrichtsgegenstände an das Auffassungsniveau und die<br />

<strong>in</strong>dividuellen Fähigkeiten der Förderschüler. Hier ist zu<br />

unterscheiden zwischen den zieldifferent unterrichteten<br />

Schülern mit Lernbee<strong>in</strong>trächtigungen und den zielgleich<br />

unterrichteten Schülern, die möglicherweise Körper- oder<br />

S<strong>in</strong>nesbeh<strong>in</strong>derungen haben. Während zieldifferent unterrichtete<br />

Schüler eigene Lehrpläne haben und demzufolge andere<br />

Abschlüsse erreichen können, haben zielgleich unterrichtete<br />

Schüler – etwa aufgrund e<strong>in</strong>er emotionalen oder sozialen<br />

Auffälligkeit oder e<strong>in</strong>er S<strong>in</strong>nesbeh<strong>in</strong>derung – die Möglichkeit,<br />

mit entsprechender Unterstützung den Schulabschluss<br />

der Regelschule zu erlangen. Inselbegabungen, Autismus-<br />

Spektrum-Störungen oder Mehrfachbeh<strong>in</strong>derungen bedürfen<br />

e<strong>in</strong>er sorgfältigen Diagnose und Förderplanerstellung,<br />

um Überforderungen im Alltag der allgeme<strong>in</strong>en Schule zu<br />

verh<strong>in</strong>dern. Hier kann es bedeutsam se<strong>in</strong>, hauptsächlich<br />

basale Fähigkeiten wie die der Wahrnehmung, der Motorik,<br />

der Aufmerksamkeit oder der Sprache zu fördern. Des<br />

Weiteren benötigen Förderschüler oft aufgrund ihres verlangsamten<br />

Lerntempos mehr Pausen, Wiederholungs- und<br />

Übungsphasen und e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>sgesamt stark durchstrukturierten<br />

Tagesablauf.<br />

Manchen K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen bietet besonders der<br />

Musikunterricht die Gelegenheit, Spannungen, Konflikte und<br />

motorische Unruhe abzubauen, besitzt also kompensatorische<br />

Funktion. E<strong>in</strong>e Steigerung des Selbstwertgefühls, der<br />

Selbststeuerungsfähigkeit oder der Selbstwirksamkeit s<strong>in</strong>d<br />

förderbezogene Ziele, die ebenfalls im Kontext der <strong>in</strong>dividuellen<br />

Entwicklungsförderung ihren Platz haben.<br />

Grundlage zur fachlichen und ressourcenorientierten Förderund<br />

Unterrichtsplanung und der konkreten Durchführung<br />

von Unterricht und Fördermaßnahmen s<strong>in</strong>d fortlaufende und<br />

strukturierte Schülerbeobachtungen (Pathe, 2010). Ziel e<strong>in</strong>es<br />

Musikunterrichts <strong>in</strong> heterogenen Lerngruppen muss also<br />

se<strong>in</strong>, sowohl aufgrund dieser vorausgehenden und begleitenden<br />

Diagnostik sowohl Schülern mit handicap als auch<br />

Schülern mit e<strong>in</strong>er außergewöhnlich hohen Begabung beim<br />

Musikhören oder beim Bewegen zur Musik, beim Sprechen<br />

über Musik oder beim <strong>in</strong>strumentalen Musizieren vielfältige<br />

musikalische Erfahrungen auf ihrer Niveaustufe zu ermöglichen.<br />

Auch wenn das Ziel der Inklusion die geme<strong>in</strong>same wohnortnahe<br />

Beschulung aller K<strong>in</strong>der ist, dürfen die bisher noch nicht<br />

idealen Bed<strong>in</strong>gungen an vielen Schulen nicht ausgeblendet<br />

werden. Nur wenn die <strong>in</strong>dividuellen Entwicklungsziele weiter<br />

verfolgt werden, kann man Schüler mit e<strong>in</strong>em Handicap vor<br />

e<strong>in</strong>er Überforderung <strong>in</strong> <strong>in</strong>klusiven Systemen bewahren und<br />

ihre Lernfreude langfristig sichern. Angesichts der enormen<br />

Bedeutung dieses sonderpädagogischen Know-hows<br />

ersche<strong>in</strong>t es zw<strong>in</strong>gend, dass <strong>in</strong>klusive Unterrichtsplanung<br />

<strong>in</strong> multiprofessionellen Teams durchgeführt und evaluiert<br />

werden muss.<br />

Weitere Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>klusiv gestalteten Unterrichts im<br />

Fach Musik können se<strong>in</strong>:<br />

• permanente Stunden- und Reihenpräsenz<br />

• ritualisierte warm ups und cool down-Phasen<br />

• geme<strong>in</strong>schaftsstärkende Methodenkonzepte wie<br />

Klassenmusizieren, Classroom-Management<br />

• lernförderliche Gestaltung des Musikraums <strong>in</strong> räumlich<br />

gut unterteilte Zonen – Bereiche zum konzentrierten<br />

Zuhören, Entspannen, Bewegen, Arbeitstische für<br />

Gruppenarbeiten<br />

• reizreduzierte Ausstattung: geeignete Bestuhlung,<br />

ausreichend Bewegungsfläche, verschließbare<br />

Instrumentenaufbewahrung, s<strong>in</strong>nvolle Möblierung<br />

• funktionale Trennung: möglichst ke<strong>in</strong>e „Gleichzeitigkeit“<br />

als Unterrichtsraum, Aula, Abstellraum, Theatersaal,<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 37


Herma Friedrich<br />

Regenpausenhalle etc.<br />

• angepasste Akustik (besonders wichtig bei hörgeschädigten<br />

Schülern)<br />

• Anschaffung von Resonanz<strong>in</strong>strumenten für e<strong>in</strong>e basale<br />

<strong>Förderung</strong> bzw. für sensomotorische Aktivitäten wie<br />

Cajon, Klangschaukel, Ocean drum, Steelpans<br />

• geeignete Dokumentationsformen wie Lerntagebücher,<br />

Portfolios, CD- und Video-Aufnahmen<br />

Diese allgeme<strong>in</strong>en Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>klusiv gestalteten<br />

Musikunterrichts würden die Chancen auf Teilhabe am<br />

vielfältigen musikalischen Geschehen für alle K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>er<br />

heterogenen Lerngruppe erhöhen.<br />

6. Ausblick<br />

Fühlt der Musiklehrer sich heute schon genügend unterstützt<br />

für die Aufgaben von morgen? Wer e<strong>in</strong>en Musikunterricht mit<br />

Zukunft wünscht, darf und soll alle Möglichkeiten des Faches<br />

Musik, das gesamte Förderpotential <strong>in</strong> und durch Musik, <strong>in</strong><br />

den Blick nehmen, damit Unterricht, Ganztagsbetreuung und<br />

Schulleben von den zahlreichen musikalischen Begabungen,<br />

die trotz Lern- und Entwicklungsstörungen vorhanden s<strong>in</strong>d,<br />

profitieren können.<br />

Die <strong>in</strong>teressierte Öffentlichkeit wird sicherlich von e<strong>in</strong>zelnen<br />

Leuchtturm-Projekten wie geme<strong>in</strong>samen Theateroder<br />

Opernbesuchen, <strong>in</strong>klusiven Schulbands, Instrumentalunterricht<br />

für beh<strong>in</strong>derte Menschen oder schulübergreifenden<br />

Patenprojekten zwischen Gymnasien und Förderschulen<br />

bee<strong>in</strong>druckt se<strong>in</strong>.<br />

Doch nur durch e<strong>in</strong> Fachstudium Musik mit der betonten<br />

Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit Heterogenität<br />

wird es gel<strong>in</strong>gen, den Musikunterricht auf breitere Füße zu<br />

stellen, so dass wirklich JEDER Schüler <strong>in</strong> der Ausbildung<br />

se<strong>in</strong>er musikalischen Kompetenzen gefördert wird. Wenn<br />

Musiklehrer <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er veränderten Schullandschaft vielfältige<br />

Unterstützungssysteme f<strong>in</strong>den und nutzen, wenn kompetenzorientierte<br />

Standards zugunsten der Erlebnisfähigkeit<br />

von Musik erneut reflektiert und auch ergänzt werden, kann<br />

auch im <strong>in</strong>klusiven Handlungsfeld Musik-Unterricht für alle<br />

Schüler gel<strong>in</strong>gen. Zum jetzigen Zeitpunkt existieren leider<br />

erst wenige „best practice“-Beispiele <strong>in</strong>klusiver Ausprägung,<br />

die wirklich konkrete Konzepte für adäquates Handeln im<br />

Musikunterricht liefern können. Da e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividualisierte<br />

<strong>Förderung</strong> auch immer an e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zigartige Situation<br />

anknüpft, die ihre ganz spezifischen räumlichen, materiellen<br />

und personellen Voraussetzungen hat, wird noch e<strong>in</strong>mal ausdrücklich<br />

vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Wer „guten<br />

Unterricht“ langfristig sichern möchte, darf nicht übersehen,<br />

dass e<strong>in</strong>e zentrale Gel<strong>in</strong>gensbed<strong>in</strong>gung der Inklusion der<br />

Aufbau von Akzeptanz und Toleranz <strong>in</strong> den Köpfen und<br />

Herzen der beteiligten Lehrpersonen ist.<br />

* Der Begriff „Schüler“, „Lehrer“ etc. wird im Text der<br />

E<strong>in</strong>fachheit <strong>in</strong> der männlichen Form verwandt, umfasst<br />

jedoch sowohl Personen männlichen als auch weiblichen<br />

Geschlechts.<br />

Literatur<br />

1. Bundeskongress Musikunterricht Weimar, 19.-23.09.2012<br />

(verfügbar unter: http://www.bundeskongress-musikunterricht.de/fileadm<strong>in</strong>/bkmu/Downloads/Programm_JFM_<br />

Weimar_02.pdf).<br />

Albers, S.: Medium mit Mehrwert - Musik an der Förderschule<br />

ist mehr als Unterricht. In: <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>NRW</strong>, 2 (2009).<br />

Bertelsmann-Stiftung: Geme<strong>in</strong>sam lernen. Auf dem Weg<br />

zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>klusiven Schule (²2012). Gütersloh: Verlag<br />

Bertelsmann-Stiftung.<br />

Bertelsmann-Studie: Musikalische Grundschule. (verfügbar<br />

unter: http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/<br />

SID-521510A5-7ECC90C5/bst/hs.xsl/102263.htm, abgerufen<br />

am 24.11.2013)<br />

Carle, U.: LehrerInnenrolle - Entwicklungschance oder<br />

Kreuz? Handout vom Vortrag am 23.01.2001. (verfügbar<br />

unter: http://www.grundschulpaedagogik.uni-bremen.<br />

de/lehre/2001ws/gspaed/literatur/Lehrerrolle%204.pdf,<br />

abgerufen am 23.11.2013)<br />

Claßen, A. (2013): Classroom-Management im <strong>in</strong>klusiven<br />

Klassenzimmer. Mülheim: Verlag an der Ruhr.<br />

Eberhard, D. (2010): „http://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2010/1623/“<br />

Unterrichtsstörungen<br />

im Fach Musik aus Sicht der Beteiligten und Entwurf<br />

e<strong>in</strong>es Diagnosebogens zur Metakommunikation im<br />

Musikunterricht der Bayerischen Realschule. OPUS-<br />

Hochschulschriftenserver der Universität Augsburg.<br />

Eberhard, D. (2013): „Und, wie läuft‘s bei Dir <strong>in</strong> Musik?“<br />

- Plädoyer für mehr Teamarbeit im Umgang mit<br />

Unterrichtsstörungen In: Nimczik, O. / Terhag, J. (Hg.):<br />

musikunterricht 1. Bildung • Musik • Kultur. Zukunft<br />

geme<strong>in</strong>sam gestalten. Kassel/Hannover: AfS/VDS-<br />

Eigenverlag.<br />

E<strong>in</strong>siedler, W; Föll<strong>in</strong>g-Albers, M.; Kelle, H.; Lohrmann, K.<br />

(2013): Standards und Forschungsstrategien <strong>in</strong> der empirischen<br />

Grundschulforschung. Münster: Waxmann.<br />

Greuel, T. (2003): „was zu lernen die K<strong>in</strong>der imstande<br />

s<strong>in</strong>d.“ Musikpädagogische Diagnosefähigkeit als Ziel der<br />

Musiklehrerausbildung. In: Kruse, Matthias; Schneider,<br />

Re<strong>in</strong>hard; Musikpädagogik als Aufgabe (Hg.): Festschrift<br />

zum 65. Geburtstag von Siegmund Helms. Kassel: Bosse,<br />

S. 67-90.<br />

Greuel, T. (2004): Übungen zur Entwicklung musikpädagogisch-diagnostischen<br />

Problembewusstse<strong>in</strong>s <strong>in</strong> der<br />

38<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Die Rolle des Musiklehrers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>klusiven Lernumfeld an Regelschulen<br />

Musiklehrerausbildung. In: Heß, F. (Hg.): Qualität von<br />

Musikunterricht an Schule und Musikschule. Ergebnisse<br />

und Methoden aktueller Unterrichtsforschung. Kassel:<br />

Bosse, S. 55-75.<br />

Greuel, T.; Schill<strong>in</strong>g-Sandvoß, K. (Hg.) (2012): Soziale<br />

Inklusion als künstlerische und musikpädagogische<br />

Herausforderung. Aachen: Shaker.<br />

Heimlich, U.; Wember, F. (2007): Didaktik des Unterrichts im<br />

Förderschwerpunkt Lernen. Stuttgart: Kohlhammer.<br />

Klemm, K. (2013): Inklusion <strong>in</strong> Deutschland. E<strong>in</strong>e bildungsstatistische<br />

Analyse. Gütersloh: Bertelsmann.<br />

Sekretariat der ständigen Konferenz der Kultusm<strong>in</strong>ister der<br />

Länder <strong>in</strong> der Bundesrepublik Deutschland: Kunst- und<br />

Musiklehrerausbildung. (verfügbar unter: HYPERLINK<br />

„http://www.kmk.org/fileadm<strong>in</strong>/veroeffentlichungen_<br />

beschluesse/2012/2012_12_06-Kunst-und-Musiklehrer.<br />

pdf“ http://www.kmk.org/fileadm<strong>in</strong>/veroeffentlichungen_<br />

beschluesse/2012/2012_12_06-Kunst-und-Musiklehrer.<br />

pdf).<br />

M<strong>in</strong>isterium für Schule und Weiterbildung (2008): Richtl<strong>in</strong>ien<br />

und Lehrpläne für die Grundschule <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen.<br />

Frechen: Ritterbach.<br />

Monitor-Lehrerbildung (2013). (verfügbar unter: http://www.<br />

monitor-lehrerbildung.de/web/im-blickpunkt/Inklusion/,<br />

abgerufen am 24.11.2013).<br />

Müller, A.: Lernen ist e<strong>in</strong>e Dauerbaustelle. Kompetenzraster<br />

als Arbeits-, Selbstführungs- und Evaluations<strong>in</strong>strumente.<br />

(verfügbar unter: http://www.bertelsmannstiftung.de/<br />

bst/en/media/5_3_2_lehrerrollen.pdf, aufgerufen am<br />

23.11.2013).<br />

Pathe, R.: Anregungen für strukturierte Schülerbeobachtungen<br />

im Musikunterricht zur Förderdiagnostik und<br />

Unterrichtsplanung. In: ZfH 4 (2010).<br />

Reiser, H.; Willmann, M.; Urban, M. (2007): <strong>Sonderpädagogische</strong><br />

Unterstützungssysteme bei Verhaltensproblemen <strong>in</strong> der<br />

Schule. Bad Heilbrunn: Kl<strong>in</strong>khardt.<br />

S<strong>in</strong>ha, C. (2010): Wie f<strong>in</strong>de ich mich als Lehrer? Rolle und<br />

Wirkung im Schulalltag gestalten. We<strong>in</strong>heim: Beltz.<br />

Wember, F: Herausforderung Inklusion: E<strong>in</strong> präventiv orientiertes<br />

Modell schulischen Lernens und vier zentrale<br />

Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>klusiver Unterrichtsentwicklung. In: ZfH<br />

10 (2013).<br />

Herma Friedrich<br />

Sonderpädagog<strong>in</strong> mit den Fächern Musik<br />

und Ev. Religionslehre für Sek. I,<br />

tätig im Geme<strong>in</strong>samen Lernen und <strong>in</strong> der<br />

Lehrerausbildung von Sonderpädagogen im Fach<br />

Musik im Regierungsbezirk Arnsberg<br />

Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung<br />

Sem<strong>in</strong>ar Lehramt für sonderpädagogische<br />

<strong>Förderung</strong><br />

Otto-Hahn-Straße 37<br />

44227 Dortmund<br />

E-Mail: hermafriedrich@web.de<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 39


Call for Papers<br />

Der Landesverband <strong>NRW</strong> des vds plant se<strong>in</strong>en nächsten Landeskongress für den 9. Mai 2015 <strong>in</strong> Düsseldorf.<br />

Er steht unter dem Motto:<br />

Mite<strong>in</strong>ander Unterricht entwickeln –<br />

für Schüler/<strong>in</strong>nen mit und ohne sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf<br />

Unterschiedliche Professionen, <strong>in</strong>sbesondere Lehrkräfte mit und ohne sonderpädagogische Qualifikation, gestalten geme<strong>in</strong>sam<br />

und <strong>in</strong> Absprache mite<strong>in</strong>ander Unterricht. Das koord<strong>in</strong>ierte und verschränkte geme<strong>in</strong>same Arbeiten <strong>in</strong> Entwicklung,<br />

Planung, Durchführung und Reflexion von Unterricht von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem<br />

Unterstützungsbedarf müssen beide Professionen noch lernen. Das betrifft vor allem die Entwicklung systemischer Sett<strong>in</strong>gs<br />

für das Geme<strong>in</strong>same Lernen von Gruppen, aber auch e<strong>in</strong>zelnen Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern mit sonderpädagogischem<br />

Unterstützungsbedarf <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>en Schulen.<br />

In unserem Schulsystem wird es außerdem auch schulisches Lernen <strong>in</strong> anderen E<strong>in</strong>richtungen geben. Auch diese stehen im<br />

Kontext von <strong>in</strong>klusiven Sett<strong>in</strong>gs. Gesellschaftliche Teilhabe gilt als Auftrag für diese Schülergruppe.<br />

Unser Kongress soll zum Austausch, Diskutieren und Reflektieren anregen. Wir werden nach e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>führungsreferat <strong>in</strong> zwei<br />

Zeitblöcken praktisch orientierte Workshops anbieten. Die e<strong>in</strong>zelnen Workshops werden jeweils <strong>in</strong> der Regel zwei Mal angeboten.<br />

Wenn Sie e<strong>in</strong>en Workshop anbieten möchten <strong>in</strong> diesem thematischen und organisatorischen Kontext, melden Sie sich bitte<br />

beim Landesvorstand.<br />

Wolfgang Franz<br />

40<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 41


Ihre<br />

Ansprechpartner<br />

des<br />

vds-<strong>NRW</strong><br />

Vorsitzender Wolfgang Franz<br />

Kleiststr. 25, 50321 Brühl, Tel. 0 22 32 / 94 27 50, Fax 0 22 32 / 94 27 51<br />

1. Stellvertreter<strong>in</strong> Angelika Frücht<br />

Eligiusstr. 2, 47574 Goch, Tel. 0 28 23 / 62 84, Fax 0 28 23 / 97 55 84<br />

2. Stellvertreter Peter Rieger<br />

Baeumerstr. 3, 44141 Dortmund, Tel. 02 31 / 10 49 01, Fax 02 31 / 47 79 88 11<br />

Geschäftsführer Dirk Wasmuth<br />

Wilhelm-Canaris-Str. 6, 59348 Lüd<strong>in</strong>ghausen, Tel. 0 25 91 / 94 94 77, Fax 0 25 91 / 94 95 62<br />

Schriftleiter Re<strong>in</strong>hard Leben<br />

Im Sundern 11, 45731 Waltrop, Tel. 0 23 09 / 78 32 19<br />

Kassenführer Dirk Wasmuth<br />

Wilhelm-Canaris-Str. 6, 59348 Lüd<strong>in</strong>ghausen, Tel. 0 25 91 / 94 94 77, Fax 0 25 91 / 94 95 62<br />

Fachreferenten im Landesverband <strong>NRW</strong><br />

Autismus Maria Franzke-Zöllner<br />

Heidestr. 45, 58285 Gevelsberg, Tel. 0 23 32 / 8 38 04<br />

Emotionale und Soziale Entwicklung Susanne Eßer<br />

Will<strong>in</strong>grott 35, 48157 Münster<br />

Hören und Kommunikation N. N.<br />

Körperliche und motorische Entwicklung Frank Zöllner<br />

Heidestr. 45, 58285 Gevelsberg, Tel. 0 23 32 / 8 38 04<br />

Lernen Heike Grüter<br />

Eichenholzhof 94, 45149 Essen<br />

Geistige Entwicklung Michael Rösch<br />

Engelbertstr. 12, 57439 Attendorn, Tel. 0 27 22 / 63 24 40<br />

Schule für Kranke Cornelius Busch<br />

Drususdeich 15, 47533 Kleve<br />

Sehen Bernadette He<strong>in</strong>z<br />

Am Mühlenberg 12, 47647 Kerken<br />

Sprache Heike Raffalski<br />

T<strong>in</strong>khofstr. 19, 45731 Waltrop, Tel. 0 23 09 / 4 07 17<br />

Berufliche Bildung Peter-Paul Marienfeld<br />

Alsenstr. 8, 58511 Lüdenscheid<br />

Sonderpädagogik <strong>in</strong> der Lehrerausbildung, -fortbildung und -weiterbildung<br />

Ralph Diehm<br />

Br<strong>in</strong>kmannstr. 2, 33428 Harsew<strong>in</strong>kel, Tel. (d) 05 21 / 106 22 77<br />

Sonderpädagogik <strong>in</strong> Lehre und Forschung Frauke Jagfeld-Hölzl<br />

Weberstr. 5, 52349 Düren, Tel. 0 24 21 / 4 39 87<br />

RV Aachen Christiana Roob<br />

Reuleauxstr. 14, 52249 Eschweiler, Tel. 0 24 03 / 83 82 38<br />

RV Bergisch Land Manfred Diethert<br />

Gustav-Bohm-Str. 97, 58256 Ennepetal, Tel. 0 23 33 / 83 35 72<br />

RV Detmold Gudrun Beckmann-Zander<br />

Stedefreunder Str. 5, 33729 Bielefeld, Tel. 05 21 / 76 37 91, Fax 0 52 31 / 17 11 744<br />

RV Dortmund Anke Schulte<br />

Am Höhweg 11, 44149 Dortmund, Tel. 02 31 / 17 41 36<br />

RV Düsseldorf Günter Benn<strong>in</strong>ghaus<br />

Haus-Endt-Str. 89, 40593 Düseldorf, Tel. 02 11 / 7 00 57 68<br />

RV Emscher-Lippe Michael Röder<br />

Grünberger Str. 24, 45699 Herten, Tel. 0 23 66 / 8 12 96<br />

RV Köln Uwe Bongard<br />

Klettenberggürtel 15, 50939 Köln, Tel. 02 21 / 40 71 31<br />

RV Niederrhe<strong>in</strong> Angelika Frücht<br />

Eligiusstr. 2, 47574 Goch, Tel. 0 28 23 / 62 84<br />

RV Münster Bernhard Witte<br />

Dahlienweg 40, 48712 Gescher, Tel. 0 25 42 / 28 29<br />

RV Westl. Ruhrgebiet Christoph Hegener<br />

Mart<strong>in</strong>-Heix-Platz 5, 46045 Oberhausen, Tel. 02 08 / 2 99 35 42<br />

RV Südwestfalen Frank Zöllner<br />

Heidestr. 45, 58285 Gevelsberg, Tel. 0 23 32 / 8 38 04<br />

Die E-Mail-Adresse ist immer:<br />

1. Buchstabe des Vornamens.Nachname@verband-sonderpaedagogik-nrw.de<br />

42<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Melissa Schrieber<br />

Hundertwasser – Die besonderen Elemente se<strong>in</strong>er Architektur<br />

Der Beg<strong>in</strong>n<br />

Nach den Sommerferien 2013 entschied ich zusammen mit<br />

den Schülern der Oberstufe 4 der Schillerschule <strong>in</strong> Oberhausen<br />

mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, den<br />

Künstler Friedensreich Hundertwasser zum Gegenstand des<br />

Kunstunterrichtes zu machen.<br />

Das Interesse der Schüler wurde vor allen D<strong>in</strong>gen deshalb<br />

geweckt, weil sie se<strong>in</strong>e farbenfrohe Gestaltung und die<br />

besonderen Elemente se<strong>in</strong>er Architektur, wie die Säulen, die<br />

unterschiedlichen Dächer, die grüne Bedachung, die schwarzen<br />

Umrandungen und die Fenstergestaltung, <strong>in</strong>teressant<br />

fanden.<br />

Die Vorbereitung<br />

Nach den Herbstferien 2013 entschied ich zusammen mit<br />

den Schülern, e<strong>in</strong>e Hundertwasserlaterne mit den besonderen<br />

Elementen der Architektur zu erstellen. Vorab lernten die<br />

Schüler den Künstler selber kennen: Sie erstellten zu se<strong>in</strong>em<br />

Künstlernamen e<strong>in</strong>e Collage, sie lernten se<strong>in</strong>e Biographie<br />

kennen, sie erkannten/erstellten typische Spiral-Motive und<br />

setzten die Bedeutung der fünf Häute, die das Ich des<br />

Menschen umgeben, um: die natürliche Haut, die Kleidung,<br />

das Haus, das soziale Umfeld und die globale Haut.<br />

Die Umsetzung<br />

Um das Ziel – die Hundertwasserlaterne – zu erreichen,<br />

entschied ich mich, e<strong>in</strong>zelne Elemente der Architektur aufzusplitten,<br />

damit am Ende der Reihe e<strong>in</strong> großer Lernerfolg der<br />

Schüler zu sehen war. Die Unterrichtsreihe wurde <strong>in</strong> sieben<br />

Unterrichtsstunden mit je 60 M<strong>in</strong>uten durchgeführt.<br />

In der ersten Unterrichtsstunde lernten die Schüler die<br />

Säulen nach Hundertwasser kennen. Sie erstellten nicht nur<br />

eigene Hundertwassersäulen, sondern sie verstanden auch,<br />

warum er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Architektur Säulen verwendet hat.<br />

In der zweiten Unterrichtsstunde g<strong>in</strong>g es um die unterschiedlichen<br />

Dächer nach Hundertwasser. Hierbei wurden<br />

Bilder se<strong>in</strong>er Architektur verwendet, auf denen Satteldächer,<br />

Runddächer, e<strong>in</strong> Flachdach mit Säulen, Stufengiebeln mit<br />

Säulen und der Zwiebelturm herauskristallisiert wurden.<br />

Besonders im Vordergrund stand der Zwiebelturm. Die<br />

Schüler lernten hier die besondere Bedeutung des Turms<br />

kennen: als Symbol für Reichtum und Glück.<br />

In der dritten Unterrichtsstunde g<strong>in</strong>g es um die grünen<br />

Dächer nach Hundertwasser. Dabei lernten die Schüler,<br />

warum Hundertwasser die Dächer mit Bäumen und Rasen<br />

bestückt hat. Sie bekamen dabei die Aufgabe, e<strong>in</strong> normales<br />

Haus umzugestalten, <strong>in</strong>dem sie das Dach mit Bäumen<br />

und Rasen begrünten. Als zweiten Schritt bekamen sie die<br />

Aufgabe, die unterschiedlichen Dächer auf das von mir vorgezeichnete<br />

Architektenpapier zu übertragen.<br />

In der vierten und fünften Unterrichtsstunde g<strong>in</strong>g<br />

es um die schwarzen Umrandungen und die leuchtenden<br />

Farben. Die Schüler haben dabei die Dächer, Türen und<br />

Wände der Laterne auf dem Architektenpapier schwarz<br />

umrandet. Dabei lernten sie, dass durch die Farbe „schwarz“<br />

die leuchtenden Farben <strong>in</strong> Hundertwassers Architektur besser<br />

zur Geltung kommen.<br />

In der sechsten Unterrichtsstunde wurde die<br />

Fenstergestaltung nach Hundertwasser besprochen.<br />

Die Schüler erarbeiteten sich hier an Hand von unterschiedlichen<br />

Postkarten Merkmale der unterschiedlichen<br />

Fenstergestaltungen nach Hundertwasser (wie z.B. Spiralen<br />

oder Mosaikste<strong>in</strong>e um das Fenster usw.). Diese wurden <strong>in</strong><br />

der H<strong>in</strong>führungsphase aufgelistet, besprochen und <strong>in</strong> der<br />

Durchführungsphase auf das Architektenpapier übertragen.<br />

In der siebten Unterrichtsstunde wurde die Fassade mit<br />

den leuchtenden Farben zu Ende gestaltet und die Laterne<br />

mit den Schülern zusammen geklebt.<br />

Fazit<br />

Insgesamt ist bei den Schülern e<strong>in</strong> Lernerfolg sichtbar gewesen.<br />

Sie konnten mit Hilfe ihrer eigenen Hundertwasserlaterne<br />

die Besonderheiten der Architektur herauskristallisieren.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs war die Vorbereitung des Baumaterials mit<br />

e<strong>in</strong>igem Aufwand verbunden. Großformatiges, sperriges<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014 43


Melissa Schrieber<br />

Architektenpapier musste auf e<strong>in</strong> praktisches Maß zugeschnitten<br />

werden. Danach faltete ich es <strong>in</strong> vier Teile, denn<br />

dieses Papier ist nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Richtung faltbar, da es <strong>in</strong><br />

der anderen Richtung brechen würde. Besonders gut zum<br />

Bemalen des Architektenpapiers eigneten sich leuchtende<br />

Filzstifte.<br />

Melissa Schrieber<br />

Friedrich-von-Bodelschw<strong>in</strong>gh Schule<br />

mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung<br />

Königslandwehr 116<br />

59192 Bergkamen-Heil<br />

Telefon: 0 23 89-404<br />

44<br />

VDS · <strong>Sonderpädagogische</strong> <strong>Förderung</strong> <strong>in</strong> <strong>NRW</strong> 2/2014


Die Umgestaltung e<strong>in</strong>es normalen Hauses nach Hundertwasser<br />

Verschiedene Säulen nach Hundertwasser<br />

Umsetzung der besonderen Dächer und der<br />

Fenstergestaltung nach Hundertwasser<br />

Fertige Hundertwasserlaternen


Mitteilungen 2/2014<br />

Juniausgabe<br />

Postvertriebsstück K 1544<br />

Entgelt bezahlt<br />

www.verband-sonderpaedagogik-nrw.de

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