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Damals in Graz - Styriabooks.at

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Die „gema<strong>in</strong>en Weiber“ von <strong>Graz</strong><br />

Das lebenslustige Spätmittelalter nahm am ältesten Gewerbe<br />

der Welt, dem der „freien Frauen“, ke<strong>in</strong>en besonderen<br />

Anstoß – man förderte es vielmehr durch die E<strong>in</strong>richtung<br />

von Frauenhäusern. Schließlich warfen die für<br />

die Stadt <strong>Graz</strong> e<strong>in</strong>en ganz schönen Gew<strong>in</strong>n ab, auf den<br />

man ke<strong>in</strong>esfalls verzichten wollte.<br />

Auch Bäder waren damals e<strong>in</strong>e beliebte Stätte der freien<br />

Liebe und der Gelage. 1317 wird bereits e<strong>in</strong>e Badestube<br />

im Sack an der R<strong>in</strong>gmauer gegenüber dem Re<strong>in</strong>erhof erwähnt.<br />

In der B<strong>in</strong>dergasse ist 1359 e<strong>in</strong>e zweite mittelalterliche<br />

Badestube aktenkundig. Die Dirnen wurden als<br />

„vensterhennen“, „gema<strong>in</strong>e Weiber“ und „freie Töchter“<br />

bezeichnet. Kirche und Obrigkeit sahen die Prostitution<br />

als notwendiges Übel an, um die ehrsamen, frommen<br />

Frauen und Mädchen vor Ehebruch, Jungfrauenschändung<br />

und anderen Sünden zu beschützen. Die Ursachen<br />

für die weitverbreitete Prostitution <strong>in</strong> dieser Zeit waren<br />

meist im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen<br />

Bereich zu suchen. Denn die Mehrheit der Bevölkerung<br />

des Mittelalters war bitterarm, dazu kam e<strong>in</strong><br />

gewaltiger Frauenüberschuss im Spätmittelalter. Und:<br />

Handwerksgesellen, Knechten und Mägden blieb damals<br />

lebenslang die legitime Ehe versagt. Manche von<br />

ihnen g<strong>in</strong>gen zwar e<strong>in</strong>e feste Beziehung e<strong>in</strong>, die sie aber<br />

im Freien pflegen mussten, man sprach dann von e<strong>in</strong>er<br />

„Maien- oder Sommerehe“. Viele Männer aber waren auf<br />

die „gema<strong>in</strong>en Frauen“ angewiesen.<br />

Um 1490 – also etwa zur Zeit der Entdeckung Amerikas<br />

durch Kolumbus – wurden die <strong>Graz</strong>er Prostituierten im<br />

Haus des Hutmachers Re<strong>in</strong>perger <strong>in</strong> der heutigen Frauengasse<br />

untergebracht. Doch zur Zeit der Reform<strong>at</strong>ion<br />

war man wieder sittenstrenger geworden, und so verschwand<br />

das Frauenhaus um 1535 wieder. Doch was<br />

passierte? Es fand bloß e<strong>in</strong>e lokale Verschiebung st<strong>at</strong>t.<br />

„Nunmehr breitete sich das Laster <strong>in</strong> den Gassen aus<br />

oder fand Unterschlupf <strong>in</strong> Vorstadthäusern bei Kuppler<strong>in</strong>nen“,<br />

berichtet Fritz Popelka <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er „Geschichte<br />

der Stadt <strong>Graz</strong>“. Um 1607 war die Wohnung der Margarethe<br />

Khürchperger<strong>in</strong> und ihrer Tochter Anna, „die<br />

man sonst <strong>in</strong>gma<strong>in</strong> Duc<strong>at</strong>enmädl nent“, im Sack berüchtigt.<br />

Dort wurde „bißweillen die ganze Nacht ... tanzt<br />

und gesprungen“, auch kamen allerlei Raufhändel vor.<br />

1648 forderte die Regierung vom Stadtrichter, „lasterhafte<br />

Weibsbilder“ abzuschaffen, welche „bey Tag und<br />

Nacht junge Leith von Manßpersohnen zu sich lokhen,<br />

von allerhand Ippigkeiten ohne allen Scheuch und nit<br />

ohne ger<strong>in</strong>ger Ergernuß der Nachparschafften treiben“.<br />

1677 wurde die Maria Elisabeth Khräner<strong>in</strong>, weil sie<br />

„schlechte Leith und Mentscher“ bei sich beherbergte,<br />

aus der Stadt verwiesen, im Wiederholungsfall sollte<br />

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