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Qindie-Mag Traum und Trauma.pdf

Das erste Qindie-Magazin Herbst 2014

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Herbst 2014

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dammte Schreiben mit allem was dazu gehört. Die Kopf-auf-den-Tisch-hau-<br />

Phasen, die Jedes-Wort-das-ich-je-schrieb-ist-Bullshit-Phasen, die Ich-werdedie-verfluchten-Handlungsstränge-nie-zusammen-bekommen-Phasen,<br />

nicht zu<br />

vergessen die Es-wird-sowieso-kein-Schwein-kaufen-Phasen <strong>und</strong> was sonst<br />

gerade so ansteht.<br />

Aber immer, wenn ich gerade eine dieser Phasen durchmache <strong>und</strong> ganz unten<br />

bin, kommt der Protagonist <strong>und</strong> sagt: Hey, hör doch einfach auf mit dem Mist,<br />

schüttel mal die Finger aus <strong>und</strong> schreib endlich meine Geschichte zu Ende. Sie<br />

ist doch bereits da, du musst sie nur noch tippen.<br />

Und dann ist es wieder als gäbe es diese andere, die dunkle Seite des Schreibens<br />

gar nicht <strong>und</strong> alles ist so, wie es sein soll. Die Worte finden ganz von selbst<br />

zueinander, die Fäden verknüpfen sich wie von zauberhafter Knüpferinnenhand<br />

<strong>und</strong> alles passt ganz selbstverständlich zusammen. Und natürlich tut es das, die<br />

Geschichte war ja bereits da, ich musste sie nur aufschreiben.<br />

Dann frage ich mich immer, warum ich doch jedes Mal wieder in die <strong>Traum</strong>a-<br />

Phasen verfalle, wenn ich doch einfach innerhalb des <strong>Traum</strong>s bleiben <strong>und</strong> den<br />

Roman ohne dramatisch-kapriziöse-dichterdunkle Phasen abschließen könnte.<br />

Vielleicht ist es wie mit dem Wetter. Man weiß die Sonne einfach mehr zu<br />

schätzen, wenn sie nach einem schweren Unwetter zum ersten Mal wieder ins<br />

Fenster scheint. Vielleicht sind AutorInnen verrückt. Vielleicht bin ich einfach<br />

nur verrückt.<br />

Wie auch immer, alle Tiefs der Welt könnten mich nicht davon abhalten,<br />

mich auch ins nächste Abenteuer Roman zu stürzen. Denn am Ende bekommt<br />

man weit mehr, als man gegeben hat. Wenn letztendlich alles zusammenfand,<br />

wenn man sieht, wie die Wörter an genau den Platz gef<strong>und</strong>en haben, an den sie<br />

gehören, dann ist das ein <strong>Traum</strong>. Und in Wahrheit ist es besser als ein <strong>Traum</strong>,<br />

denn es ist die Realität, schwarz auf weiß auf die Festplatte gebrannt.<br />

Selbst wenn ich mit dem Schreiben aufhören wollte, ich könnte sowieso nie<br />

in Ruhe leben, irgendwer klopft doch immer an <strong>und</strong> nervt solange, bis ich seine<br />

Geschichte aufschreibe. Und es ist ihm vollkommen egal, ob ich mir dabei wie<br />

im <strong>Traum</strong> oder im <strong>Traum</strong>a vorkomme.<br />

Simone Keil<br />

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