Berliner Leben & Arbeit
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POLITIK<br />
Abgeordnetenhaus beschließt Ethikunterricht<br />
<strong>Berliner</strong> Schüler der Klassen 7 bis<br />
10 werden künftig zwei Mal in der<br />
Woche verpflichtenden Ethikunterricht<br />
haben. Nach anderthalb jähriger<br />
Diskussion stimmte das Abgeordnetenhaus<br />
mit großer Mehrheit einer entsprechenden<br />
Änderung des Schulgesetzes<br />
zu. Während die Koalitionsparteien<br />
SPD und Linkspartei.PDS zusammen<br />
Dem mit rund 60 Mrd. Euro verschuldeten<br />
Berlin muss nach Ansicht<br />
von Finanzwissenschaftlern durch<br />
zusätzliche Bundesmittel geholfen werden.<br />
Allerdings dürfe Berlin kein Präzedenzfall<br />
werden, betonten Prof. Kai A.<br />
Konrad und Beate Jochimsen mit Blick<br />
auf die Verhandlungen Ende April vor<br />
dem Bundesverfassungsgerichts zur Klage<br />
Berlins. Die steigende Verschuldung<br />
der öffentlichen Haushalte sei inzwischen<br />
zur „Schicksalsfrage“ in Deutschland<br />
geworden. Als Lösung schlagen die<br />
Wissenschaftler ein Insolvenzrecht für<br />
Gebietskörperschaften vor.<br />
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mit den Bündnisgrünen das Vorhaben<br />
des Senats unterstützten, bekräftigten<br />
CDU und FDP ihre Ablehnung.<br />
Wie die Kirchen fordert die Opposition<br />
einen Wahlpflichtbereich und damit<br />
eine Abwahlmöglichkeit zu Gunsten<br />
des Religionsunterrichts. Der Senat<br />
hat den Religionsgemeinschaften aber<br />
nur eine Kooperation im Rahmen des<br />
neuen Faches angeboten.<br />
In welcher Form die Zusammenarbeit<br />
umgesetzt wird, sollen die Schulen<br />
entscheiden. Einen Rechtsanspruch<br />
auf Beteiligung haben die Religionsgemeinschaften<br />
zumindest aus Sicht<br />
der Koalitionsparteien nicht. ■<br />
„Berlin hat Anspruch auf Bundeshilfe“<br />
Die beiden Volkswissenschaftler vom<br />
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung<br />
sind Herausgeber des Buches<br />
„Finanzkrise im Bundesstaat“, das<br />
sie am Freitag vorstellten. Darin untersuchen<br />
Ökonomen und Juristen die besondere<br />
Lage Berlins, aber darüber hinaus<br />
die Problematik der übermäßigen<br />
Verschuldung von Bund und Ländern.<br />
Berlin könne sich trotz aller Haushaltskonsolidierung<br />
wegen seiner extrem<br />
hohen Zinslasten nicht mehr allein von<br />
seinem Schuldenberg befreien, sagte<br />
Jochimsen. Doch nach Berlin habe<br />
bereits das Saarland Klage in Karlsruhe<br />
eingereicht und Bremen überlege<br />
dies auch. Zusätzliche Hilfen für ein<br />
Bundesland dürften nicht zu dem „verheerenden<br />
Anreizeffekt“ führen, dass<br />
Landespolitiker nicht mehr sparten<br />
im Vertrauen darauf, „dass letztlich<br />
andere die Zeche zahlen“, betonte<br />
© www.pixelquelle.de<br />
Konrad. Die Tendenz der Politiker in<br />
Deutschland, ständig neue Schulden<br />
aufzunehmen, müsse umgekehrt werden.<br />
Dieser ungebrochene Hang zeige<br />
sich auch daran, dass Deutschland<br />
fünf Mal in Folge den Maastrichter<br />
Stabilitätspakt breche.<br />
Die weitere Neuverschuldung<br />
ließe sich am wirksamsten<br />
begrenzen, wenn öffentliche<br />
Haushalte keine Kredite mehr<br />
bekämen, sagte Konrad. ■<br />
© www.pixelquelle.de<br />
Grünes Licht für Schönefeld<br />
WIRTSCHAFT<br />
Nach Jahrelangem Rechtsstreit darf der Großflughafen in Schönefeld gebaut werden.<br />
Der neue Hauptstadtflughafen<br />
Berlin Brandenburg International<br />
(BBI) darf in Schönefeld gebaut<br />
werden. Der Planfeststellungsbeschluss<br />
vom August 2004 hat Bestand,<br />
muss aber im Bereich des Lärmschutzes<br />
erheblich nachgebessert werden.<br />
Das entschied das Bundesverwaltungsgericht<br />
in Leipzig.<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />
(CDU) begrüßte die Entscheidung:<br />
„Der neue BBI ist für die wirtschaftliche<br />
Entwicklung der Region Berlin-<br />
Brandenburg und die Bundeshauptstadt<br />
von großer Bedeutung.“ Sie<br />
erwarte, „dass jetzt zügig die Auflagen<br />
für den Lärmschutz in die Planungen<br />
eingearbeitet werden, damit<br />
die <strong>Arbeit</strong>en für den Ausbau bald beginnen<br />
können“. Berlins Regierender<br />
Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD)<br />
bezeichnete die Entscheidung für den<br />
Bau des neuen Großflughafens als<br />
Meilenstein für die Entwicklung der<br />
Region.<br />
Der Zeitplan für den Airport mit<br />
der Eröffnung am 30. Oktober 2011<br />
bleibe bestehen, so Wowereit. „Diese<br />
Entscheidung ist die wichtigste<br />
Entscheidung in meiner Tätigkeit als<br />
Regierender Bürgermeister“, sagte er.<br />
Umgekehrt wäre es auch die größte<br />
Niederlage gewesen. Brandenburgs<br />
Ministerpräsident Matthias Platzeck<br />
(SPD) sagte erleichtert: „Das ist vielleicht<br />
die wichtigste Entscheidung seit<br />
der Wiedervereinigung für die ganze<br />
Region Berlin-Brandenburg.“ Für ihn<br />
sei der zukünftige Airport „das Brandenburger<br />
Tor zur Welt“.<br />
Der Vierte Senat des Bundesverwaltungsgerichts<br />
hatte zuvor vier Musterklagen<br />
von betroffenen Anwohnern<br />
und den vier Anrainergemeinden<br />
Blankenfelde/Mahlow, Großbeeren,<br />
Schulzendorf und Eichwalde zum<br />
überwiegenden Teil abgewiesen. Er<br />
erteilte aber scharfe Auflagen. So<br />
muss in der Zeit von null bis fünf<br />
Uhr ein „weitestgehendes Nachtflugverbot“<br />
gelten. Damit wurde der von<br />
der Flughafengesellschaft geplante<br />
24-Stunden-Betrieb gekippt. Überdies<br />
monierte das Gericht Defizite beim<br />
Konzept für den passiven Lärmschutz<br />
und verlangte Nachbesserungen. So<br />
sollen die Anwohner zum Beispiel<br />
Schallschutzfenster erhalten.<br />
Die Entscheidung für den Standort<br />
Schönefeld, die die Kläger wegen der<br />
hohen Lärmbelastung für die Anwohner<br />
im Vergleich zum südlicher gelegenen<br />
Sperenberg in Frage gestellt<br />
hatten, bestätigte dagegen das Gericht.<br />
„Es gibt hier keinen Rechtsverstoß“,<br />
urteilte der Vorsitzende Richter<br />
Stefan Paetow. Damit folgte das<br />
Bundesverwaltungsgericht nicht dem<br />
Urteil des Oberverwaltungsgerichts,<br />
das die Landesplanung im Februar<br />
2005 wegen Abwägungsmängeln bei<br />
der Standortauswahl für unwirksam<br />
erklärt hatte.<br />
Die im Gericht anwesenden 150 Anwohner<br />
und Kläger, die bereits während<br />
der Urteilsverkündung ihrem<br />
Unmut Luft machten, zeigten sich<br />
enttäuscht von dem Urteil. Viel zu<br />
gering seien die Auflagen ausgefallen,<br />
so der Tenor. „Ich bin maßlos vom<br />
Gericht enttäuscht. Offenbar hat es<br />
sich dem politischen Druck gebeugt.<br />
Das Urteil ist eine Riesenkatastrophe<br />
und eine enorme Belastung für unsere<br />
Gemeinde. Wir werden jetzt beraten,<br />
ob wir vor den Europäischen<br />
Gerichtshof ziehen“, sagte der Bürgermeister<br />
der Gemeinde Blankenfelde/Mahlow,<br />
Ortwin Baier (SPD).<br />
Flughafenchef Dieter Johannsen-<br />
Roth dagegen zeigte sich zufrieden:<br />
„Die Auflagen in Art und Umfang<br />
haben wir erwartet. Diese müssen wir<br />
jetzt bewerten, um dann zu wissen,<br />
was sie uns zusätzlich kosten werden.<br />
Alles was zählt ist, dass wir jetzt bauen<br />
können.“<br />
Der Luftrechtsexperte der Technischen<br />
Universität Berlin, Professor<br />
Elmar Giemulla, rechnet mit Kosten<br />
im dreistelligen Millionenbereich. Er<br />
sprach gegenüber dieser Zeitung von<br />
„einschneidenden Auflagen“ für den<br />
Flughafenbau.<br />
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