Heft 2 + 3 / 2011 - UniversitätsVerlagWebler
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P-OE<br />
C. Böckelmann • Co-Professuren – ein Modell struktureller Entlastung<br />
zu verringern. Zum einen hat die Aufgabenvielfalt nicht nur<br />
ein Belastungspotenzial, sondern stellt für viele eine wichtigemotivationale<br />
Ressource bei der wissenschaftlichen Arbeit<br />
an Hochschulen dar (Unnold, 2005). Zum anderen<br />
würden dadurch Synergie- und Transfermöglichkeiten in<br />
der inhaltlichen Arbeit eingeschränkt und bereits bestehende<br />
unterschiedliche Wertigkeiten der einzelnen Leistungsbereiche<br />
würden vermutlich verstärkt (zu den Reputationsunterschieden<br />
zwischen Lehre und Forschung vgl. Schaeper,<br />
1997 oder Bourdieu, 1988, S. 184f). Entwicklungsmöglichkeiten,<br />
welche die Anforderungen realistischer werden<br />
lassen, bieten vorallem Schwerpunktbildungen und<br />
Aufgabendifferenzierungen innerhalb der Leistungsbereiche,<br />
die klarere Ausschilderung von Laufbahnmodellen in<br />
Verbindung miteiner Differenzierung von Personalkategorien,<br />
die besser auf die Realität in Hochschulen angepasst ist<br />
sowie die Etablierung eines kompetenzbasierten Personalmanagements<br />
(Böckelmann, 2009). Ein weiterer möglicher<br />
Ansatzpunkt ist die Schaffung von „Co-Professuren“<br />
bei der sich zwei Professorinnen/Professoren eine Professur<br />
teilen. An der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule<br />
Nordwestschweiz (FHNW) wurden 2009 zwei solche<br />
Co-Professuren eingerichtet.<br />
3. Aufteilung von Führungsaufgaben und Job-<br />
Sharing<br />
In vielen Führungsfunktionen besteht das Arbeitsportfolio<br />
aus einer Kombination von eigentlichen Führungsaufgaben<br />
(strategische Aufgaben, Managementaufgaben) und operativen<br />
Tätigkeiten, welche die Mitarbeitenden in ähnlicher<br />
Art und Weise ausführen. Dies ist auch bei einer Professur<br />
so: Bei der Durchführung von Lehrveranstaltungen und in<br />
Forschungsprojekten führen Professoren und (oberer) Mittelbau<br />
oftmals vergleichbare Tätigkeiten aus. Sie gehören<br />
nicht spezifisch allein zur Führungsaufgabe der Professoren.<br />
Bei einer Aufteilung zwischen zwei Personen kann damit<br />
unterschieden werden, ob dies die ganze Stelle betrifft,<br />
oder ob der Fokus der Aufteilung primär auf der Führungsaufgabe<br />
liegt:<br />
• Wird die ganze Stelle aufgeteilt, so handelt es sich um<br />
ein Job-Sharing-Modell. Zwei Personen sind je teilzeitlich<br />
angestellt und ihre Pensen ergänzen sich in der<br />
Regel zu einer vollen Stelle. In diesem Rahmen teilen sie<br />
sich sowohl die eigentlichen Führungsaufgaben, als auch<br />
die operativen Tätigkeiten 1 .<br />
• Wenn die Aufteilung nur die eigentlichen Führungsaufgaben<br />
innerhalb der Führungsfunktion betrifft, dann ist<br />
die Frage offen, mit welchem Pensum die beiden beteiligten<br />
Personen angestellt sind, d.h. in welchem Umfang<br />
daneben operative Tätigkeiten in den Leistungsbereichen<br />
übernommen werden. Es ist also zum Beispiel<br />
denkbar, dass sich zwei Personen mit je einer vollen Stelle<br />
die spezifischen Führungsaufgaben einer Führungsfunktion<br />
teilen. Der Effekt ist, dass sie daneben in einem<br />
grösseren Umfang operativ in den verschiedenen Leistungsbereichen<br />
tätig sein können, als jemand, der die<br />
Führungsfunktion alleine ausfüllt.<br />
P-OE 2+3/<strong>2011</strong><br />
Bei den beiden Co-Professuren an der Pädagogischen<br />
Hochschule FHNW betrifft die Aufteilung nur die Führungsaufgaben.<br />
Es handelt sich also nicht um ein Job-Sharing-Modell,<br />
sondern um ein reines Co-Leitungsmodell. Bei<br />
der einen Co-Professur an der Pädagogischen Hochschule<br />
FHNW haben die beiden Professoren je eine volle Stelle,<br />
bei der anderen eine volle und eine halbe Stelle.<br />
4. Das „Aufteilungspotenzial“ einer Funktion<br />
Studien zur Aufteilung von Führungsfunktionen gehen häufig<br />
von Job-Sharing-Modellen mit Teilzeitanstellungen aus,<br />
die sich zu einer vollen Stelle ergänzen. Ein massgebliches<br />
Kriterium für die Realisierbarkeit ist dabei das „Aufteilungspotenzial“<br />
eines Arbeitsfeldes. Dieses hat auch für Co-Leitungsmodelle<br />
Relevanz, was die Befunde auch für die Co-<br />
Professuren an der Pädagogischen Hochschule FHNW interessant<br />
macht. Unterschieden werden können Aufgabenmerkmale<br />
und Organisationsmerkmale sowie Personenmerkmale,<br />
die bedeutsam für die Teilbarkeit von Führungsaufgaben<br />
sind.<br />
Bei den Aufgaben- und Organisationsmerkmalen erweist<br />
sich als relevant, wie stark die Verschränkungen von Arbeitshandlungen<br />
innerhalb der eigenen Organisationseinheit<br />
und zwischen verschiedenen Organisationseinheiten<br />
sind (Schultes-Jaskolla, 1993; Zölch, Wodtke&Haselwander,<br />
2002). Dabei geht es um den zeitlichen, inhaltlichen<br />
und organisatorischen Aufwand, der zu leisten ist, wenn<br />
eine Arbeit aufgeteilt wird. Je höher die Koordinationserfordernisse<br />
sind, desto kritischer ist es, eine Aufgabe aufzuteilen.<br />
Weiter sind die Störanfälligkeit und der Zeitdruck innerhalb<br />
eines Arbeitsfeldes ein wichtiger Faktor. Eine hohe<br />
Qualifikation der Mitarbeitenden sowie eine starke Formalisierung<br />
der Aufgaben begünstigt die Substitution von direkter<br />
Führung durch strukturelle Führungsäquivalente und<br />
erleichtert damit die Aufteilung von Führungsaufgaben<br />
(Friedel-Howe, 1993).<br />
Einhellig ist der Befund, dass – neben aller Relevanz von<br />
Aufgaben- und Organisationsmerkmalen – Personenmerkmale<br />
der Betroffenen und Beteiligten schlussendlich eine<br />
entscheidende Rolle spielen, ob eine Aufgabe aufgeteilt<br />
werden kann oder nicht (Domsch, Kleiminger, Ladwig &<br />
Strasse, 1994; Schultes-Jaskolla, 1993). Die Wahrnehmungen,<br />
Erfahrungen, Haltungen und Wertstrukturen derjenigen,<br />
die sich eine Aufgabe teilen, aber auch ihrer Vorgesetzten<br />
sowie ihrer Kolleginnen und Kollegen, prägen<br />
deren Beurteilung der Teil- und Delegierbarkeit von<br />
Führungsaufgaben und damit die Akzeptanz von Aufteilungsmodellen.<br />
Dabei geht es u.a. um die subjektive Wertigkeit<br />
von Machtpositionen, um Laufbahn- und Karriereorientierungen,<br />
um das Führungsverständnis (z.B. „sich für<br />
unersetzbar halten“) oder um den Umgang mit (befürchteten)<br />
Informationsdefiziten. Weiter ist die soziale Kompetenz<br />
derjenigen, die sich eine Aufgabe teilen, aber auch<br />
diejenige der Personen im Umfeld, ein wesentliches Kriterium,<br />
ob ein Teilungsmodell umgesetzt werden kann.<br />
1 Zum Teil wird unterschieden zwischen Job-Splitting (zeitliche Aufteilung<br />
ohne Interaktions- und Kooperationsbedarf) und Job-Pairing (gemeinsame<br />
Abstimmung in Bezug auf die Aufgabenerfüllung erforderlich, gemeinsame<br />
Verantwortung). Wenn das Job-Sharing bzw. das Job-Pairing eine<br />
Führungsfunktion betrifft, wird auch von Top-Sharing gesprochen (Baillod,<br />
2001; Muszalik, 2005).<br />
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