Heft 2 + 3 / 2011 - UniversitätsVerlagWebler
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P-OE<br />
R. Kordts-Freudinger & E. Geithner • Online- versus Papier-Evaluation<br />
Robert Kordts-Freudinger, Eva Geithner<br />
Online- versus Papier-Evaluation in der<br />
Hochschuldidaktik. Ein Erfahrungsbericht.<br />
Robert<br />
Kordts-Freudinger<br />
Eva Geithner<br />
Viele hochschuldidaktische Einrichtungen evaluieren ihre<br />
Weiterbildungen, indem sie die Teilnehmer an ihren Veranstaltungen<br />
befragen. Diese Art der summativen (Abschluss-)<br />
Evaluation kann sehr sinnvoll sein: Sie gibt Auskunft über<br />
den Blickwinkel der Teilnehmer, den wir als hochschuldidaktische<br />
Koordinatoren üblicherweise nicht einnehmen.<br />
Der Artikel befasst sich schwerpunktmäßig mit den Methoden<br />
der Evaluation und soll Orientierung geben bei der<br />
Methodenwahl. Es stellt sich nämlich spätestens bei der<br />
Planung einer Evaluation die Frage: Wie evaluiert man gut?<br />
Das heißt, wie evaluiert man so, dass die Qualitätskriterien<br />
von Befragungen eingehalten werden (Objektivität, Reliabilität,<br />
Validität, Normierung, Ökonomie und Nützlichkeit,<br />
z.B. Lienert und Raatz 1994, Reischmann 2006) und dass<br />
man bei der Evaluation sinnvolle Ergebnisse erhält?<br />
Zu einem guten Teil hängt die Gestaltung der Evaluation<br />
von den mit ihr verfolgten Zwecken ab. Grundsätzlich kann<br />
Evaluation primär der Legitimation bzw. Vergewisserung<br />
über einen bestimmten Gegenstand dienen (wenn Sie z.B.<br />
nach außen zeigen wollen, dass Ihre Seminare gut angenommen<br />
werden). Diese Prozessoptimierungs-Zwecke<br />
werden in der Regel über formative, lehrveranstaltungsbegleitende,<br />
Evaluationen realisiert. Besondere neuere Formen<br />
dieses Evaluationszweckes sind die Evaluation des Lernens<br />
Studierender (z.B. Webler 2005) oder der Kompetenzen<br />
der Studierenden (Braun 2007).<br />
Evaluation kann aber auch primär der Verbesserung bzw.<br />
Innovation dienen (wenn Sie als Trainer oder Koordinator<br />
z.B. kritisches Feedback über Ihre Seminare erhalten möchten;<br />
zur Unterscheidung der verschiedenen Funktionen<br />
siehe z.B. Gutknecht-Gmeiner 2009). Diese Zwecke werden<br />
in der Regel über summative Evaluationen realisiert,<br />
die auf ein abschließendes Urteil abzielen.<br />
Bei der Erstellung, Durchführung und Auswertung von Fragebögen<br />
hilft eine Reihe neuerer theoretisch fundierter<br />
Praxisratgeber. Exemplarisch hierfür sei Reischmann (2006)<br />
erwähnt.<br />
Online- oder Papier-Evaluation?<br />
Neben der Entscheidung für eine summative oder formative<br />
Evaluation bleibt eine weitere Grundsatzfrage: Über welches<br />
Medium sollen die Teilnehmer befragt werden? Da die<br />
mündliche Befragung oft zu aufwändig erscheint, wird in<br />
der Regel die Evaluation mit Papierfragebögen gewählt. Die<br />
Entwicklung des Internets bietet uns aber eine Alternative:<br />
Online-Befragungen (siehe Kuckartz und Kollegen 2009).<br />
Die Entscheidung zwischen traditioneller Papier- und<br />
neuartiger Online-Befragung wird jedoch oft intuitiv, „aus<br />
dem Bauch heraus“ gefällt.<br />
Doch gibt es eigentlich gute, wissenschaftlich fundierte,<br />
Gründe für die Wahl zwischen Papier- und Online-Befragung?<br />
Fischer (2005) nennt in ihrer Untersuchung der Online-Befragung<br />
Zeitvorteile (die Befragung kann schneller<br />
durchgeführt werden), die höhere Ökonomie (weniger Unterstützung<br />
bei der Durchführung und Auswertung ist<br />
nötig), eine höhere Reichweite, technische Vorteile und die<br />
Möglichkeit zur kontinuierlichen Feldstatistik (man erhält<br />
vorläufige Auswertungen schon während der Datenerhebung;<br />
für ein Beispiel des E-Mail-unterstützten Lerntransfers<br />
siehe Flender 2003).<br />
Vergleichbarkeit Online-Papier<br />
Trotz der Argumente, die für die Online-Methode sprechen,<br />
können Fragen und Probleme auftauchen, die gegen<br />
diese Methode sprechen: Mit welchen Unterschieden ist<br />
bei der Online-Methode zu rechnen? Ist es so, dass die die<br />
Online-Methode zu anderen Ergebnissen führt als die traditionelle<br />
Papier-Methode?<br />
Naheliegend wäre zum Beispiel, dass sich an Online-Evaluationen<br />
weniger Seminarteilnehmer beteiligen, das heißt,<br />
dass der Rücklauf niedriger ist als bei der Papier-Evaluation<br />
im Seminar. Dies wurde für studentische Lehrveranstaltungsevaluationen<br />
bereits mehrfach gezeigt (z.B. Fuchs und<br />
Brunner, 2005, Meinefeld 2010, Soucek und Göritz 2006).<br />
Ferner könnte es sein, dass dieser geringere Rücklauf zu anderen<br />
Ergebnissen führt. Speziell für geschlossene Fragen,<br />
Ratingfragen mit vorgegebenen Antwortoptionen, könnten<br />
Online-Evaluationen zu negativeren Beurteilungen führen,<br />
wenn sich gerade die „kritischen Teilnehmer“ an der Evaluation<br />
beteiligen (Belege für die studentische Lehrveranstaltungsevaluation<br />
z.B. bei Dresel und Tinsner 2008).<br />
Damit hängt die Frage der Selbstselektion der Befragten zusammen.<br />
Evtl. könnte es sein, dass sich gerade die Studierenden<br />
an der Befragung beteiligen, die eine kritische Einstellung<br />
haben und Studierende, die eher eine neutrale Einstellung<br />
haben, nicht teilnehmen. Damit würde das Ergebnis<br />
insgesamt natürlich negativer ausfallen.<br />
Ferner könnte es sein, dass Online-Evaluationen bei offenen<br />
Fragen (bei denen keine Antwortoptionen vorgegeben<br />
sind) zu längeren Antworten führen (z.B. Soucek und Göritz<br />
2006): Auch Hochschuldozenten sind es heutzutage viel<br />
eher gewohnt, am PC zu schreiben als auf Papier. Ein eher<br />
statistisches Thema betrifft die Frage, ob die Zuverlässigkeit<br />
der Daten (sog. Reliabilität) bei Online-Evaluationen ge-<br />
P-OE 2+3/<strong>2011</strong><br />
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