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Vom Deutschland-Besuch de Gaulles zum ... - Charles de Gaulle

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Lan<strong>de</strong>szentrale für politische Bildung Ba<strong>de</strong>n‐Württemberg<br />

Klaus Pfiffer/Eduard Schön, <strong>Vom</strong> <strong>Deutschland</strong>‐<strong>Besuch</strong> <strong>de</strong> <strong><strong>Gaulle</strong>s</strong> <strong>zum</strong> Élysée‐Vertrag ‐ Vorschläge für <strong>de</strong>n Unterricht, 2012<br />

Mat 4/6<br />

23. Januar 1963: Fernsehansprache von Bun<strong>de</strong>skanzler Konrad A<strong>de</strong>nauer<br />

anlässlich <strong>de</strong>r Unterzeichnung <strong>de</strong>s Vertrages über die <strong>de</strong>utschfranzösischen<br />

Zusammenarbeit<br />

Gestern Abend um diese Zeit haben wir in Paris einen Vertrag unterzeichnet, <strong>de</strong>r die<br />

Zusammenarbeit <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Völker für unbegrenzte Zeit regeln soll. Auf französischer Seite<br />

haben unterschrieben <strong>de</strong>r Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Französischen Republik, <strong>de</strong> <strong>Gaulle</strong>, <strong>de</strong>r<br />

Ministerpräsi<strong>de</strong>nt Pompidou, <strong>de</strong>r französische Außenminister Couve <strong>de</strong> Murville; auf<br />

<strong>de</strong>utscher Seite ich als Bun<strong>de</strong>skanzler und Außenminister Dr. Schrö<strong>de</strong>r. Dieser Vertrag ist in<br />

monatelanger sehr sorgfältiger Arbeit vom Auswärtigen Amt Frankreichs und vom<br />

Auswärtigen Amt <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik <strong>Deutschland</strong> vorbereitet wor<strong>de</strong>n. Der Vertrag ist in<br />

seiner Art, glaube ich, einzigartig in <strong>de</strong>r Geschichte, und zwar <strong>de</strong>swegen, weil er die Pflege<br />

freundschaftlicher Beziehungen zwischen bei<strong>de</strong>n Völkern auf unbegrenzte Zeit hinaus<br />

vorsieht. In allen Schichten und in allen Stän<strong>de</strong>n soll diese Freundschaft gepflegt wer<strong>de</strong>n.<br />

Der französische Staatspräsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong> <strong>Gaulle</strong> hat <strong>de</strong>n Vorgang <strong>de</strong>r Unterzeichnung als einen<br />

einmaligen Vorgang in <strong>de</strong>r Geschichte bezeichnet, nach meiner Meinung mit Recht. Wir<br />

müssen uns darüber klar sein, wenn wir diesen Vertrag sehen, was vorangegangen ist. Seit<br />

über vier Jahrhun<strong>de</strong>rten bestehen zwischen <strong>Deutschland</strong> und Frankreich Spannungen,<br />

Streitigkeiten, die oft genug zu blutigen Kriegen führten. Ich darf daran erinnern, daß <strong>de</strong>r<br />

letzte Krieg mit Frankreich ja noch gar nicht so lange vorbei ist, <strong>de</strong>r Krieg, in <strong>de</strong>m wir die<br />

Besiegten waren. Ich darf auch daran erinnern, daß damals eine große Gefahr für <strong>Deutschland</strong><br />

bestand, die Gefahr nämlich, daß <strong>Deutschland</strong> aufgeteilt und zerstückelt wur<strong>de</strong>. Wir sind auch<br />

jetzt noch nicht miteinan<strong>de</strong>r vereint, und <strong>de</strong>swegen enthält dieser Vertrag auch die Berlin-<br />

Klausel, die in allen Verträgen mit an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn steht.<br />

Aber wenn man geschichtlich <strong>de</strong>nkt und wenn man sich die Wen<strong>de</strong> vor Augen hält, die<br />

nunmehr <strong>zum</strong> Teil schon in <strong>de</strong>n Beziehungen zwischen diesen bei<strong>de</strong>n Völkern eingetreten ist,<br />

<strong>zum</strong> Teil weiter, durch diesen Vertrag geför<strong>de</strong>rt, eintreten wird, dann muß man in <strong>de</strong>r Tat<br />

sagen: Welch großartiger Fortschritt in <strong>de</strong>r Geschichte dieser bei<strong>de</strong>n Völker, die mitten in<br />

Europa gelegen sind, die Nachbarn sind, die von gemeinsamen Gefahren bedroht sind, <strong>de</strong>ren<br />

Schicksal, so wie die Welt sich entwickelt hat, dasselbe sein wird, welch ein großes Glück,<br />

daß diese bei<strong>de</strong>n Völker nun zueinan<strong>de</strong>r gefun<strong>de</strong>n haben!<br />

Meine verehrten Zuhörerinnen und Zuhörer, es wür<strong>de</strong> kein Europa geben, wenn nicht diese<br />

wirkliche Aussöhnung zwischen Frankreich und <strong>Deutschland</strong> vorangegangen wäre. Alle die<br />

europäischen Institutionen, die wir bisher schon geschaffen haben, wären un<strong>de</strong>nkbar ohne<br />

eine Zusammenarbeit zwischen Frankreich und <strong>Deutschland</strong>. Ich sage wohlüberlegt, daß die<br />

Bun<strong>de</strong>srepublik <strong>Deutschland</strong> ihre Stellung in <strong>de</strong>r Welt, die sie jetzt innehat, nicht innehaben<br />

wür<strong>de</strong>, wenn noch <strong>de</strong>r Spannungszustand mit Frankreich bestän<strong>de</strong>, wie er bei Ausgang <strong>de</strong>s<br />

Krieges bestan<strong>de</strong>n hat.<br />

Ich bin fest davon überzeugt, daß dieser Vertrag später einmal von <strong>de</strong>r Geschichtsschreibung<br />

als eines <strong>de</strong>r wichtigsten und wertvollsten Vertragswerke <strong>de</strong>r Nachkriegszeit bezeichnet<br />

wer<strong>de</strong>n wird, und ich bin fest davon überzeugt, daß er sich <strong>zum</strong> Nutzen bei<strong>de</strong>r Völker<br />

auswirken wird und <strong>zum</strong> Nutzen Europas und <strong>zum</strong> Frie<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Welt.<br />

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