FRS-13014_Systembiologie_8_2014
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ei Lungenkrebs. Über HepatoSys und das aktuelle Förderprogramm<br />
Virtual Liver Network kam sie zudem zurück zur Leber,<br />
die sie schon in ihrer Zeit als Doktorandin interessierte. Diese<br />
Forschungsfelder, die sie auch zusammen mit der Arbeitsgruppe<br />
von Jens Timmer bearbeitet, erscheinen recht unterschiedlich –<br />
doch die Systembiologin betont, dass die Bereiche sehr voneinander<br />
profitieren. „Das Grundprinzip, also die Signalweitergabe<br />
von einem Zelloberflächenrezeptor bis in den Zellkern, ist allen<br />
Projekten gemein. Wir untersuchen die verschiedenen Strategien,<br />
wie Zellen in unterschiedlichen Kontexten diese Aufgabe<br />
gelöst haben“, erklärt Ursula Klingmüller.<br />
Interdisziplinäre Forschung auf Distanz<br />
Jens Timmer ist heute Professor für Theoretische Physik an der<br />
Universität Freiburg und leitet die Abteilung „Datenanalyse und<br />
Modellierung Dynamischer Prozesse in den Lebenswissenschaften“.<br />
Ursula Klingmüller zog es 2003 zurück nach Heidelberg.<br />
Am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) leitet sie die<br />
Abteilung „<strong>Systembiologie</strong> der Signaltransduktion“, und koordiniert<br />
als Professorin für <strong>Systembiologie</strong> gemeinsam mit Ursula<br />
Kummer den Masterstudiengang „Major Systems Biology“. Zwischen<br />
beiden Arbeitsgruppen besteht ein reger Austausch. Beim<br />
jährlichen Studentenpraktikum in Heidelberg dürfen stets auch<br />
Modellierer aus Jens Timmers Gruppe Gele gießen und die Pipette<br />
schwingen, während sich die Experimentatoren aus der Klingmüller-<br />
Gruppe in Freiburg an den Computer setzen. Trotzdem ist die<br />
Distanz das größte Handicap. „Wenn wir in einer Stadt oder<br />
gar in einem Haus wären, könnten wir noch erfolgreicher und<br />
schneller vorankommen“, betont Ursula Klingmüller, ideal seien<br />
interdisziplinäre Institute. Kommunikationsprobleme gibt es<br />
aber dank der langjährigen Kooperation keine mehr. Meistens<br />
arbeitet ein „Pärchen“ aus Experimentator und Modellierer an<br />
einem Projekt. Was dann per Skype nicht geklärt werden kann,<br />
wird auf regelmäßigen Treffen diskutiert – oder bei einem<br />
gemeinsamen Retreat, wie letztes Jahr im Schwarzwald.<br />
Von der Grundlagenforschung zur medizinischen<br />
Anwendung<br />
Nachdem die vergangenen Jahre von Grundlagenforschung<br />
und Methodenentwicklung geprägt waren, „öffnet sich nun<br />
ein Fenster in Richtung der medizinischen Anwendung“, so<br />
Jens Timmer. In mehreren Projekten bestehen Kooperationen<br />
mit klinischen Partnern, und beide Forscher möchten in ihrem<br />
weiteren Forscherleben mindestens einen Ansatz entwickeln,<br />
der wirklich einem Patienten am Krankenbett hilft. „Die einzige<br />
Möglichkeit, wie wir wirklich etwas beitragen können, ist es,<br />
die Dinge von Grund auf und Schritt für Schritt aufzubauen“,<br />
erklärt Ursula Klingmüller, „und das braucht Zeit.“ Die dynamische<br />
Modellierung sei jetzt so weit, dass man sie mit anderen<br />
Modellierungsansätzen verknüpfen kann. „Wir fragen uns, ob<br />
es ein Limit gibt“, beschreibt Ursula Klingmüller diese neue<br />
Herausforderung, denn die resultierenden Modelle sind sehr<br />
groß. Ein neues Massenspektrometer trägt neuerdings in der<br />
Klingmüller-Gruppe dazu bei, noch mehr Komponenten sehr<br />
genau zu quantifizieren und wird damit den Wünschen der<br />
Modellierer gerecht. Die Messung biologischer Phänomene auf<br />
unterschiedlichen Zeitskalen – die Signalweitergabe ist nach<br />
wenigen Minuten messbar, Zellteilung erst nach vielen Stunden<br />
oder Tagen – gestaltet sich hingegen weiterhin als Herausforderung.<br />
Beide Forscher denken, dass die <strong>Systembiologie</strong> in Zukunft eine<br />
breitere Anwendung in der Grundlagenforschung, aber auch in<br />
Abbildung 1: Schema des durch Erythropoietin (Epo)-Bindung aktivierten JAK2-STAT5-Signalwegs<br />
Epo<br />
Epo bindet an der Zelloberfl äche an seinen Rezeptor, den EpoR (blau). Daraufhin<br />
wird die Rezeptor-gebundene Kinase JAK2 im Zellinneren aktiviert.<br />
Sie phosphoryliert (P) sich zunächst selbst, und dann den EpoR. Auf diese<br />
Weise entstehen Bindungsstellen für STAT5. Nach der Bindung an den<br />
JAK2<br />
P<br />
JAK2<br />
P<br />
Rezeptor werden STAT5-Moleküle ebenfalls phosphoryliert und wandern<br />
paarweise in den Zellkern. Dort aktivieren sie Zielgene, die das Überleben<br />
STAT5<br />
STAT5<br />
P<br />
P<br />
der Zellen unterstützen. Zwei dieser Zielgene, CIS und SOCS3, können den<br />
Signalweg wiederum drosseln. STAT5-Paare werden im Kern dephospho-<br />
Zytoplasma<br />
Zellkern<br />
P<br />
STAT5<br />
P<br />
STAT5<br />
CIS<br />
SOCS3<br />
ryliert und zerfallen dabei in einzelne STAT5-Moleküle. Diese können wieder<br />
in das Zytoplasma transportiert werden und stehen dort erneut für die Signalweiterleitung<br />
zur Verfügung (Grafi k: Svantje Braun und Lorenz Adlung).<br />
STAT5<br />
P<br />
STAT5<br />
P<br />
STAT5<br />
Zielgene<br />
Überleben<br />
46 Porträt Ursula Klingmüller & Jens Timmer www.systembiologie.de