Jahresbericht 2012 - Fritz Thyssen Stiftung
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In den letzten Jahrzehnten<br />
haben sich Wandlungsprozesse<br />
in den Wissenschaften<br />
durch die zunehmende<br />
Globalisierung und das<br />
Vordringen der elektronischen<br />
Medien noch weiter<br />
beschleunigt und zugleich<br />
qualitativ verändert. Auf die<br />
Wandlungsprozesse in den<br />
Geisteswissenschaften will<br />
die <strong>Fritz</strong> <strong>Thyssen</strong> <strong>Stiftung</strong><br />
dabei mit angemessener<br />
Offenheit reagieren.<br />
48 Ein Prozess zunehmender Spezialisierung ist für die Geschichte und Gegenwart aller<br />
Fächer und Wissensbereiche kennzeichnend. Er führt fachintern immer wieder zu einem<br />
Überdenken des Wissenskanons und der Methoden, die in einer Disziplin als verbindlich<br />
angesehen werden, und zur Neuordnung der Gegenstandsbereiche, mit denen sich<br />
ein Fach befasst. Fachextern wird dieser Prozess von einer Neubestimmung der Beziehungen<br />
zu anderen Fächern begleitet, die veränderte Disziplinkoalitionen und die<br />
Bildung neuer Fächer zur Folge haben kann.<br />
In den letzten Jahrzehnten haben sich diese Wandlungsprozesse in den Wissenschaften<br />
durch die zunehmende Globalisierung und das Vordringen der elektronischen Medien<br />
noch weiter beschleunigt und zugleich qualitativ verändert. Der Kulturenkontakt wird<br />
enger. Zugleich entwickeln sich Medien universaler Kommunikation, die Sprach- und Kulturgrenzen<br />
immer durchlässiger und Gleichzeitigkeit zu einem bestimmenden Merkmal<br />
des wissenschaftlichen Austauschs machen.<br />
bezeichnet werden können und insbesondere den interdisziplinären Kontakt mit den<br />
Sozialwissenschaften suchen. Sie will ihr Augenmerk auf Forschungsvorhaben richten,<br />
die auf eine Kooperation mit den Naturwissenschaften – insbesondere den kognitiven<br />
Neurowissenschaften – abzielen. Zugleich will sie die Forschungstraditionen »klassischer«<br />
geisteswissenschaftlicher Disziplinen – insbesondere der Philosophie und der Theologie –<br />
weiterhin fördern, die allen Fächern im weiten Bereich der Geistes- und Kulturwissenschaften<br />
zur Anregung dienen können.<br />
49<br />
Geschichte, Sprache und Kultur<br />
Stärker noch als in der Vergangenheit versuchen einzelne Disziplinen, auf diese Wandlungsprozesse<br />
mit neuen Nomenklaturen und nicht zuletzt Umbenennungen des Fachnamens<br />
zu reagieren. Für die Geisteswissenschaften gilt dies in besonderem Maße – nicht<br />
nur in Deutschland, sondern auch dort, wo es um die »Humanities« oder die »Sciences<br />
humaines« geht.<br />
Im Förderbereich »Geschichte, Sprache und Kultur« soll auf die eben genannten Wandlungsprozesse<br />
der Geisteswissenschaften mit angemessener Offenheit reagiert werden.<br />
Unstrittig ist, dass sich die klassischen Geisteswissenschaften deutschen Ursprungs nicht<br />
zuletzt unter dem Einfluss der angelsächsischen Forschung zu Kulturwissenschaften entwickelt<br />
haben. Sie haben ihre eurozentrische Perspektive abgelegt und nutzen seit Langem<br />
Theorie- und Methodenangebote aus anderen Fachgruppen zu ihrem eigenen Vorteil.<br />
Sie sind nicht länger darauf konzentriert, ein erkenntnistheoretisches Paradigma in Absetzung<br />
von den Naturwissenschaften zu entwickeln, sondern sehen, um nur ein Beispiel zu<br />
nennen, die Fruchtbarkeit der Kooperation mit den kognitiven Neurowissenschaften. Nicht<br />
zuletzt der Querschnittbereich »Bild und Bildlichkeit« soll Forschungen unterstützen, die<br />
nicht nur verschiedene Fächer, sondern Fachkulturen in der Orientierung an einem neuen<br />
»ikonischen Erkenntnismodell« miteinander vernetzen.<br />
Auf die Wandlungsprozesse in den Geisteswissenschaften will die <strong>Stiftung</strong> dabei mit angemessener<br />
Offenheit reagieren. Sie will auf der einen Seite Projekte fördern, die – nicht<br />
zuletzt unter dem Einfluss angelsächsischer Forschung – als »kulturwissenschaftlich«